„Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe.
Laßt uns nun die Werke der Finsternis ablegen
und die Waffen des Lichts anziehen.“

(Röm.13:12)

– „Einmal auf dem Schoß Gottes sitzen“ Teil 14, 2004

Januar – Juni 2004

 „Immer auf der Suche“

 Anfang 2004 bekam ich eine Einladung vom Fernsehsender SAT1, um als Talk-Gast in einer Mittags-Show teilzunehmen. Zuvor hatte ich mich in verschiedenen Internetforen gegen die Abtreibung ausgesprochen und dies mit vielen rechtlichen und biologischen Argumenten begründet. Jemand vom Fernsehen muss das wohl mitgelesen haben, weshalb ich gefragt wurde, ob ich als Abtreibungsgegner mich in einer Sendung zum Thema Abtreibung beteiligen würde. Man bot mir eine Aufwandsentschädigung von 150,- € und eine kostenlose Hotelübernachtung in Hamburg an, was ich gerne annahm.

 Solche Sendungen werden zwar mittags ausgestrahlt, aber schon Wochen zuvor abends aufgenommen. Kurz bevor ich auf die Bühne gehen sollte, kam ein Mann in den Warteraum, der mich offensichtlich „scharf machen“ sollte, indem er mir in einem kurzen Gespräch beipflichtete und mich bat, meine Meinung rigoros und knallhart zu vertreten. Das tat ich dann auch. Auf die erste Frage der Moderatorin Sonja Zietlow, warum ich gegen Abtreibung sei, antwortete ich: „Weil es eindeutig MORD ist, eine staatlich legalisierte, aber nicht legitime Hinrichtung eines wehrlosen Kindes im Mutterleib!“ Als das aufgebrachte Publikum mich dann beschimpfte, fragte mich die Moderatorin, ob man denn einen Zellklumpen schon als Menschen betrachten könnte. „Biologisch gesehen ist ein Mensch schon vom Moment der Befruchtung der Eizelle an ein Mensch, da es danach keine Zäsur mehr gibt, sondern der Embryo schon das vollständige Entwicklungspotential eines Menschen besitzt.“ – „Aber der Embryo ist doch noch gar nicht allein lebensfähig, sondern noch völlig vom Stoffwechsel der Mutter abhängig. Warum sollte sie dann nicht entscheiden dürfen, ob sie ein Kind haben will oder nicht?“ – „Nicht, wenn das Kind bereits da ist. Außerdem hatte sie die Empfängnis ja schon mindestens billigend in Kauf genommen, als sie das Risiko eines ungeschützten Geschlechtsverkehrs auf sich nahm. Sobald aber ein neuer Mensch gezeugt wurde, hat die Mutter nicht mehr die Berechtigung, über das Lebensrecht ihres Kindes entscheiden zu dürfen, sondern trägt zumindest bis zur Geburt ihres Kindes eine Fürsorgepflicht. Wenn sie es nicht behalten will, kann sie es ja ohne Probleme in eine Pflegefamilie geben lassen, aber sie hat nicht das Recht, Ihr Baby aufgrund ihrer niederen Beweggründe zerstückeln zu lassen! Wenn man Menschen, die noch nicht eigenständig atmen und essen können, ihr Recht auf Leben abspricht, könnte man genauso gut auch alle Schwerstkranken, Behinderten oder Komapatienten umbringen.“ Die Diskussion ging dann hitzig hin und her, und mir wurde bald klar, dass man die Abtreibungsgegner gerne als herzlose Pharisäer hinstellen wollte, denn alle beschimpften mich auf die übelste Art und Weise. Als die Sendung dann zu Ende war, klopften die Fernsehleute mir dann aber auf die Schulter und lobten mich für meine Tapferkeit. Ich hatte meine Aufgabe als „nützlicher Idiot“ zu ihrer vollsten Zufriedenheit erfüllt.

 Als im Frühjahr wieder die Nachfrage für Malerarbeiten gestiegen war und sich mein Auftragsbuch prall gefüllt hatte, stellte ich wieder Paul und Jörg ein, die ich im Vorjahr entlassen hatte. Auch meldete ich mich für einen neuen Lehrgang bei der Handwerkskammer an, der sich „Energieberater im Handwerk“ nannte und ein halbes Jahr in Abendkursen angeboten wurde. Da wir immer mehr Dämmaufträge bekamen, wollte ich mich auf diesen Bereich spezialisieren und den Kunden zusätzlich das Angebot machen, sog. Energiegutachten zu erstellen. Und wenn ich diesen Kurs hinter mir hätte, würde ich mich auch noch für den Lehrgang „Umweltberater im Handwerk“ einschreiben, denn Wissen ist Macht!

 Eines Abends rief mich ein Reporter vom Weser Kurier an, der bei uns in der Nachbarschaft wohnte und gerne mal einen Artikel über meine Firma schreiben wollte. So lud ich Herrn Caron-Bleiker zu mir ein, und er machte ein Interview mit mir. Ich erzählte ihm, dass ich ursprünglich als Missionar und Kinderheimleiter in Südamerika arbeiten wollte, aber nach dem Scheitern des Projekts mich nun als Malermeister versuche, am Markt zu etablieren. Der Reporter machte dann einen wunderbaren Artikel mit der Überschrift „Immer auf der Suche“, der so positiv über meine Malerfirma berichtete, dass ich ihn ausschnitt und auf die Rückseite meines Werbeflyers drucken ließ. Da er ebenso im DIN A5-Format war, passte er auch genau da drauf.

 Unterdessen hatte mich mein Mitarbeiter Leonid Albrecht (24) zu seiner Hochzeit eingeladen in seine russlanddeutsche Pfingstgemeinde, was ich aus Neugier gerne annahm. Der Gottesdienst in der mit ca. 1.000 Gläubigen gefüllten Halle in Bremen-Mahndorf dauerte 3 Stunden, aber die vielen Kinder und Jugendlichen waren überaus ruhig und artig. Beim Gebet auf den Knien betete jeder gleichzeitig für sich, so dass ein großer Krach entstand, was ich gar nicht gewohnt war. Fast alle weinten im Gebet, auch der Leonid. Am Ende des Gottesdienstes bildeten die Geschwister dann eine lange Schlange, um das Brautpaar zu beglückwünschen. Dabei fiel mir auf, dass der Leonid den Männern immer auf den Mund küsste, was in Russland wohl eine ganz normale Begrüßungsgeste war. Als ich in der Schlange jedoch immer weiter aufrückte, wurde ich allmählich immer unruhiger. Der Leonid wird mich doch jetzt nicht auch gleich auf den Mund küssen? Schließlich bin ich doch sein Chef! Aber wenn er es gleich doch tut, weil er mich für seinen Bruder hält? Mein Herz klopfte und ich wurde immer nervöser. Als nur noch 10 Leute vor mir in der Schlange standen und das Küssen immer weiterging, stahl ich mich heimlich hinweg, ging hinaus und fuhr wieder nach Hause. Der Leo wird doch sicherlich Verständnis haben, dass ich schon etwas eher gegangen bin!

 

Tabula rasa

 Inzwischen war meine Auftragslage so stark gestiegen, dass ich noch einen weiteren Mitarbeiter einstellte. Andrey Tschernyaschuk (32) war zwar kein gelernter Maler, aber als Russe war er ziemlich begabt und lernte sehr schnell das Malerhandwerk. Wegen der Trennung von seiner Frau, hatte er in den Monaten zuvor ein massives Alkoholproblem, aber er war durch Marco jetzt Christ geworden und wollte nun ein neues Leben beginnen. Ein weiterer Neuzugang war Jens Kellner (39), der wegen seiner krankhaften Hyperaktivität seine Stelle bei der Bundeswehr verloren hatte, aber ebenso als Christ jetzt einen Neuanfang wagen wollte. Jens war mir von Anfang an absolut sympathisch, weil wir den gleichen Humor hatten und meistens auch die gleiche Meinung. Jens wunderte sich über meinen liberalen Führungsstil und war der Meinung, dass ich nicht streng genug mit den Mitarbeitern umgehe, da sie sich viel zu viel erlauben würden. Besonders die ständige Schreierei zwischen Marco und Patrick hätte er an meiner Stelle nicht durchgehen lassen, zumal Patrick als Lehrling viel jünger war und deshalb nicht so vorlaut sein dürfe. Da ich mich aber selber oft mit Marco stritt und mir bewusst war, dass er wegen seiner übertriebenen Strenge bei allen Lehrlingen unbeliebt war, hielt ich die Reibungen zwischen den beiden zunächst noch für nützlich, damit sie dadurch ihre eigenen Grenzen erkennen können.

 An einem Tag explodierte jedoch die Situation: Patrick hatte mal wieder verschlafen und war wegen einer durchzechten Nacht verkatert, weshalb er sich zunächst krank meldete. Ich zwang ihn jedoch zu kommen und drohte ihm mit Kündigung. Wir tapezierten ein Treppenhaus über 3 Etagen, so dass Patrick sich im Keller während der Arbeitszeit des Öfteren heimlich zurück zog, um seinen Rausch auszuschlafen. Marco hatte das bemerkt, weshalb er Patrick nun an die ganz enge Leine nahm, um ihn zur Arbeit anzutreiben. Patrick fragte mich auf einmal: „Simon, könntest Du mir für diesen Monat noch mal einen Vorschuss geben? Das wäre echt nett, denn ich hatte viele Ausgaben…“ Ich sagte: „Ja, weil Du ständig in die Disco gehst. Du musst lernen, mit Deinem Geld auszukommen, deshalb kriegst Du keinen Vorschuss mehr. Wenn Du unbedingt Geld brauchst, dann mach doch einfach mal wieder einen Einbruch!“ Was eigentlich als übermütiger Scherz gemeint war, hatte Patrick wohl als ernst gemeinte Aufforderung zum Diebstahl verstanden, denn während wir weiterarbeiteten, nahm sich Patrick heimlich ein Bündel mit Geldscheinen, das er in einem Glas im Regal des Kunden fand und steckte es sich ein. Auf einmal entstand ein heftiger Streit zwischen Jens und Marco, in dessen Folge bei Jens die Sicherungen durchbrannten, so dass er hyperventilierend die Baustelle verließ. Ich lief ihm hinterher, um ihn zu beruhigen, aber Jens sah sich außer Stande, noch länger in meiner Firma zu arbeiten, da er diesen lauten und rauen Ton auf Baustellen nicht gewohnt war. Er meinte, Marco würde als ehemaliger Erzieher jeden Menschen nach seinen streng konservativen Ansichten erziehen wollen, und das könne er nicht ertragen.

 Zwei Tage später riefen mich die Kunden an und teilten mir mit, dass sie bestohlen wurden. Da Patrick den Diebstahl nicht zugeben wollte, erstattete ich den Kunden den Verlust, aber erteilte Patrick eine fristlose Kündigung. Ich hatte nun endgültig die Nase voll von seinen Unverschämtheiten und wollte mich nicht mehr mit ihm rumnerven. Auch meinem Lehrling Volkmar gab ich zu verstehen, dass ich seine bereits verlängerte Ausbildung nicht noch einmal verlängern würde, falls er im Sommer durchfalle, nachdem er mich mal „Arschloch!“ nannte bzw. nach einer Moralpredigt einfach sagte:„Mach den Kopf dicht, Alter“. Ich wollte in Zukunft überhaupt keine deutschen Lehrlinge mehr ausbilden, weil die meisten strohdumm sind und z.T. auch noch rotzfrech. Mein palästinensischer Lehrling Fadi hingegen oder der Russe Andrey waren in jeder Hinsicht vorbildlich, sowohl ihre Leistung als auch ihre Umgangsformen.

Ich wollte meine Firma von Grund auf erneuern und machte einen Termin bei der zuständigen Unternehmensberaterin. Frau Heinemann (ca. 60) schaute sich meine Unternehmenszahlen der letzten 3 Jahre an und stellte fest, dass meine Firma sowohl im Umsatz als auch im Gewinn jedes Jahr um 50 % gestiegen sei. Was könne man da also noch verbessern? Am Ende fiel ihr dann noch eine „Verbesserungsmöglichkeit“ ein: „Schreiben Sie doch einfach auf Ihren Handzettel: ‚Bei uns arbeiten nur Deutsche!‘ Das könnte bei der älteren Kundschaft ein entscheidendes Verkaufsargument sein.“ Ich erschrak über diesen unverhohlenen Rassismus, obwohl sie es nur gut meinte. „Aber ich habe auch Ausländer unter meinen Mitarbeitern. Soll ich diese etwa entlassen, damit meine Firma wieder rein arisch wird?“ Wir verabschiedeten uns.

 

 „Es gibt keinen Weg zurück“

 Damit Rebekka Freundinnen in einer christlichen Gemeinde findet, wollten Ruth und ich neben der spanischen Gemeinde, wo wir samstags hingingen, auch noch in eine deutsche Gemeinde gehen. Wir entschieden uns für die „Bibelgemeinde“, eine Art freie Brüdergemeinde, die ganz in der Nähe von uns war, um dort von nun an regelmäßig hinzugehen. Ruth freundete sich bald mit einer Schwester Ilse an, die immer sehr freundlich und hilfsbereit war, und ich suchte den Kontakt zum Prediger Peter Groll, um mit ihm ein seelsorgerisches Gespräch zu haben. Mir ging es nämlich seelisch nicht mehr so gut, da ich mich ziemlich überlastet fühlte. Der neue Lehrgang hatte begonnen, und ich kam nach der Arbeit kaum noch mit der Büroarbeit nach, zumal auch immer mehr Kundenanfragen kamen.

Ich bekannte dem Peter, dass ich in Wirklichkeit gar kein Christ mehr sei, aber dass er das niemandem verraten solle, da es mir sehr peinlich wäre. Denn alle in der Gemeinde hielten mich ja für einen Bruder, und ich genoss dieses herzliche Klima und wollte nicht, dass sie von mir enttäuscht wären. „Ich habe ja auch einen Glauben, Peter, aber dieser wird von den allermeisten Christen leider nicht anerkannt. Ich fühle mich deshalb wie das hässliche junge Entlein oder wie der Hitlerjunge Salomon.“ – „Aber warum kehrst Du dann nicht einfach zu Gott zurück und bittest Ihn, dass Er Dir erklären möge, was Du jetzt noch nicht verstehst?“ – „Nein, Peter, das ist leider unmöglich; es gibt keinen Weg zurück mehr. Ich hatte es schon versucht, aber es funktioniert einfach nicht. Es kann schon sein, dass es einen Gott gibt, aber die Bibel kann unmöglich sein Wort sein, denn sie hat aus meiner Sicht zu viele Logikfehler“. Peter versuchte dann noch kurz, mich vom Gegenteil zu überzeugen, merkte dann aber auch, dass es keinen Sinn hat. Wir verabschiedeten uns.

 Ironischerweise lief in jenen Tagen häufig ein Lied von Peter Heppner im Radio, dass den Titel trug „Kein zurück“. Darin hieß es u.a.:

Dein Leben dreht sich nur im Kreis

So voll von weggeworfener Zeit

Deine Träume schiebst du endlos vor dir her

Du willst noch leben irgendwann

Doch wenn nicht heute, wann denn dann?

Denn irgendwann ist auch ein Traum zu lange her

Immer vorwärts Schritt um Schritt

Es geht kein Weg zurück

Was jetzt ist wird nie mehr ungeschehen

Die Zeit läuft uns davon

Was getan ist ist getan

Und was jetzt ist wird nie mehr so geschehen.

Ach und könnte ich doch

Nur ein einz’ges Mal

Die Uhren rückwärts drehen

Denn wie viel von dem

Was ich heute weiß

Hätte ich lieber nie gesehen…“

 Während ich nach Feierabend täglich mit unserem Hund Bobby spazieren ging, um den großen See in der Nähe unseres Hauses zu umrunden, wollte meine Tochter Rebekka (8) mich immer begleiten, damit ich ihr eine Geschichte erzähle. Meistens erzählte ich ihr Geschichten aus der Bibel, aber oft auch einfach nur, was ich früher als Kind oder Jugendlicher erlebt hatte. Rebekka war ein sehr aufgewecktes Mädchen und hatte in der Schule auch schon ihren ersten Freundeskreis, von dem sie mir immer ausführlich berichtete, wenn wir spazieren gingen. Aber ihre mit Abstand beste Freundin war ihre Klassenkameradin Marlene, mit deren paraguayischen Eltern Carlos und Olga wir gut befreundet waren. Eines Tages kam Rebekka nach Hause und sagte: „Papa, die Klassenlehrerin Frau Linz hat heute ein Kind gehauen!“ Ich dachte: „Na ja, was Kinder immer so erzählen…“ Wie sich später noch herausstellen sollte, würde dies kein Einzelfall bleiben. Ein paar Wochen später, als ich gegen Mittag von der Arbeit nach Hause kam, war Ruth sehr aufgebracht. Sie erzählte mir, dass Rebekka heute von ihrer Klassenlehrerin geschlagen wurde und sogar noch eine rote Wange hatte, als Ruth sie nach der Schule abholte. Ich war fassungslos und konnte es kaum glauben. Wir leben doch nicht mehr im 19. Jh. sondern im 21. Jh., wo jede Lehrerin wissen sollte, dass sie sich strafbar macht, wenn sie ein Kind schlägt. Susanne Linz war zudem gläubig und unterrichtete an einer christlichen Schule – was für ein Skandal und Rufschädigung, wenn das die Öffentlichkeit erfahren würde! Ruth war so wütend, weil dies ja auch nicht das erste Mal war, dass dies passiert sei. Sie verlangte, dass ich sofort den Leiter der Grundschule, Herrn Seggelmeier, anrufen möge, um mich zu beschweren.

 Ich rief dann an und beklagte mich, dass wir es ungeheuerlich fänden, dass unsere Tochter von der eigenen Lehrerin geschlagen wurde, und das auch noch in einer christlichen Schule! Er lud uns ein zu einem gemeinsamen Gespräch mit Susanne Linz. Dies fand dann auch kurz darauf statt. Susanne beschwor uns dann aber, dass sie Rebekka nicht geschlagen hätte, sondern nur gesehen habe, wie Rebekka und ihre Freundin Marlene, die nebeneinander saßen, mal wieder während des Unterrichts miteinander Kopf an Kopf getuschelt und gekuschelt hätten. Sie habe dann einen Schritt auf die beiden zubewegt und „die Köpfe von einander weggedrückt“, um den beiden zu signalisieren, dass sie nicht so viel schwatzen sollten, während des Unterrichts. Dieses „Wegdrücken“ müsse wohl etwas energischer gewesen sein, so dass Rebekka es als Ohrfeige empfunden haben müsse. Da wir mit Susanne Linz über meine Mutter miteinander befreundet waren, haben wir uns mit dieser Erklärung zufrieden und ließen es dabei bewenden. Als Christ soll man ja vergeben und niemandem etwas nachtragen…

 

Krankhafte Rachegedanken

 Obwohl ich inzwischen alles erreicht hatte und meine Firma recht gut lief, war ich dennoch unzufrieden und misslaunig. Vielleicht lag es an der aggressiven Musik, die ich ständig hörte, oder aber an der schlechten Zahlungsmoral von einigen meiner Kunden, keine Ahnung. Aber ich hatte ständig eine rasende Wut in mir, die ich kaum noch zu unterdrücken wusste. Ähnlich wie bei König Saul konnte allein die Musik meine gestaute Aggression in mir bändigen, aber irgendwann merkte ich, dass dies nicht mehr normal war. Zunächst dachte ich an einen „Burn out“ (d.h. eine Überlastungsdepression), weshalb ich mit Ruth und Rebekka eine weitere Reise nach Peru plante für den Sommer. Doch Ablenkung allein konnte meinen tiefliegenden Frust nicht beseitigen.

 Ich hatte z.B. sehr häufig Rachephantasien, wie ich es Kunden heimzahlen könnte, die mich ganz oder teilweise um meinen Lohn geprellt hatten. Auf der letzten Seite meines Tagebuches hatte ich eine Liste von sämtlichen Leuten, an denen ich mich irgendwann demnächst rächen müsste, um meinen Zorn wieder zu besänftigen. Ich stellte mir vor, dass ich an einem Tag X – einen Tag, bevor wir auf Nimmerwiedersehen nach Südamerika fliegen – eine „Nacht der Rache“ ausüben würde, in welcher ich an allen Personen, die mir Schäden zugefügt hätten, eine von mir individuell ausgedachte Bestrafung vollstrecken würde, z.B. einen Eimer schwarze Bitumenfarbe auf deren Terrasse gießen, oder Abbeizer auf das Autodach kippen oder deren Auto am besten gleich mit Benzin übergießen und anzünden würde. All diese Vorstellungen gaben mir eine Genugtuung und Erleichterung. So muss es wohl auch Saul ergangen sein, als er David verfolgte. Z.T. hatte auch ich sogar Folter- und Mordphantasien, so dass mir irgendwann klar wurde, dass ich mal einen Psychologen aufsuchen sollte. Als ich dies mal meiner Mutter anvertraute, empfahl sie mir den Psychologen Dirk Ludorf aus Osterholz-Scharmbeck, weil er bibelgläubig sei und sie bei ihm auch schon in Therapie war. Ich rief ihn also an und vereinbarte einen Termin. Bei dem ersten Treffen erzählte ich ihm 50 Minuten lang meine Geschichte, und dann erklärte er mir 10 Minuten lang, was mit mir los sei. Diese 10 Minuten waren für mich aber äußerst aufschlussreich, so dass sich der Stundensatz von 60,-€ für mich voll gelohnt hatten:

Zunächst einmal, Herr Poppe, muss ich Sie darauf hinweisen, dass ich für den Fall, dass Sie eine Straftat begehen wollen und ich Sie nicht davon abhalten kann, verpflichtet bin, dies den polizeilichen Behörden zu melden und in diesem Fall auch von meiner Schweigepflicht entbunden bin.“ Ich grinste und erklärte mich einverstanden. Dann fuhr er fort: „Die Ursachen für Ihre extremen Richtungsänderungen liegen in Ihrer Angst begründet. Früher hatten Sie Angst vor dem Licht, weshalb Sie sich dieser Angst stellen wollten und Christ wurden. Als Sie dann ‚im Licht‘ ankamen und feststellten, dass diese Angst unbegründet war, wollten Sie als nächste die Finsternis kennenlernen, um auch Ihre Ängste vor dieser zu überwinden. Solange man nicht die äußersten Extreme ausgekundschaftet hat, bleibt bei Angstpatienten immer eine latente Unsicherheit bestehen, dass noch irgendetwas ausgelassen wurde. Es könnte also sein, dass sich Ihr Drang nach dem ‚ultimativen Kick‘ noch zu irgendeiner furiosen Tat steigern könnte, sich aber dann Ihr inneres Pendel wieder in die entgegengesetzte Richtung bewegen wird, bis Sie sich innerlich allmählich ‚auspendeln‘, um schließlich Ruhe und Frieden zu finden. Als christlicher Therapeut kann ich Ihnen versichern, dass dieser Friede allein in Gott zu finden ist, auch wenn Sie noch nicht an diesen glauben können. So wie auch der Heilige Augustinus mal sagte: ‚Rastlos ist unser Herz, bis es Ruhe findet in Gott‘.“ Er gab mir noch viele weitere Impulse, und ich verabschiedete mich in Dankbarkeit. Jetzt wusste ich endlich, wo ich stand und machte mir keine Sorgen mehr, dass ich vielleicht ein Psychopath wäre, der Lust am Bösen hätte. Ich bräuchte lediglich noch stärkere Reize, um irgendwann endlich genug zu haben von allem.

 

Juli – Dezember 2004

Schindler und Franziskus

 Auf unserer 5. Perureise im Juli 2004 wollten wir auch mal einen Abstecher nach Ecuador machen. Doch als ich nun nach 9 Jahren mein Landhaus in Guayaquil besuchte, erkannte ich es kaum wieder: das von mir frisch gestrichene Dach war abgewittert und voller Algen und Pilze, überall im Haus hatte der Hauswächter Apollo seine Gerätschaften eingelagert und das gesamte Grundstück war voller Müll und gebrauchtem Toilettenpapier. Ich schimpfte mit Apollo, dass er ein schlechter Verwalter sei und wies ihn darauf hin, dass ich das Haus möglicherweise demnächst verkaufen würde. Aber auch wenn ich noch keinen Käufer hatte, wollte ich bei der Gelegenheit mit Apollo Sanchez wenigstens ein notariell beglaubigtes Abkommen schließen, dass er das Haus mit seiner Familie wieder verlassen würde, sobald sich ein Kaufinteressent fände. Eigentlich wäre dies ja eine Selbstverständlichkeit, zumal er in den letzten 12 Jahren auch keinerlei Miete zahlen musste für das Haus und das 3,6 ha große Grundstück. Aber Apollo verlangte darüber hinaus von mir eine Entschädigung – dafür dass er all die Jahre mein Haus kostenlos gehütet habe, und da er arm war, bin ich damit einverstanden gewesen. Wir gingen also gemeinsam mit ihm zu einem Notar, wo er gegen eine sofortige Zahlung von 100 $ und einer späteren Entschädigung von einmalig 800,- $ sich einverstanden erklärte, das Haus und Grundstück in Stand zu setzen und sich von den 800,- $ später eine neue Pfahlhütte zu bauen, um darin zu wohnen sobald eine deutsche Auswandererfamilie mein Haus kaufen würde. Er unterschrieb das Dokument mit seinem Fingerabdruck, da er nicht schreiben konnte. Auf der weiteren Reise besuchten wir noch viele Glaubensgeschwister und fuhren dann wieder nach Deutschland zurück.

 Zuhause wartete jede Menge Arbeit auf mich, zumal mein Werbeflyer mit Zeitungsartikel mir massenweise neue Kunden beschert hatte. Da Patrick und Volkmar nicht mehr da waren, annoncierte ich bei der Handwerkskammer, dass ich wieder einen neuen Lehrling nehmen könne. Es stellte sich ein schlanker junger Mann namens Peter Schönholz (26) vor, der bisher von dem großen Erbe seiner verstorbenen Eltern gelebt hatte, aber nun endlich eine Ausbildung machen wolle. Ich fragte ihn: „Warum trägst Du ein großes Kreuz um Deinen Hals?“ – „Weil ich an Gott glaube“ sagte Peter. Diese Antwort gefiel mir gut, und ich nahm ihn. Um die deutlich gestiegene Büroarbeit aber überhaupt noch bewältigen zu können, bot ich bei der Stellenbörse der HWK zugleich auch noch einen Ausbildungsplatz zur Bürokauffrau an. Da fragte mich die Ausbildungsberaterin bei der HWK, wie groß denn mein Büro zuhause sei. „9,00 m²“ antwortete ich. „Dann können Sie leider niemanden ausbilden, denn die Arbeitsstättenverordnung schreibt vor, dass ein Büro mindestens 10,00 m² groß sein muss, damit Sie dort jemanden ausbilden können.“ Also inserierte ich beim Jobcenter für eine Bürokauffrau, woraufhin sich viele Damen bewarben. Zufällig las aber auch die Ehefrau meines Freundes Richard Werner aus der Christusgemeinde mein Stellenangebot, und da Ingrid auch gerade einen Wiedereinstieg ins Berufsleben beschlossen hatte, nahm ich sie (als „Geringfügig Beschäftigte“). Zugleich stellte ich aber auch noch meine bisherige Buchhalterin Helga Sander ein, die bisher (seit 2001) meine monatliche Einnahme/Überschussrechnung auf Honorarbasis angefertigt hatte, da es sonst zu teuer wäre.

Im August 2004 hatte ich dann auf einmal ein Schlüsselerlebnis: Eines Abends sahen wir uns einen Videofilm an über das Leben des Franz von Assisi. Besonders bewegend war für mich die Szene, in welcher er eines Abends am Strand einem Leprakranken seinen wertvollen Mantel schenkte, weil dieser fror, und ihn danach auch noch umarmte. Diese Begebenheit am Anfang des Films war wohl sein Bekehrungserlebnis, denn danach hatte er sein Leben ja radikal geändert und wurde vom Sohn eines schwerreichen Tuchhändlers zum asketisch lebenden Bettelmönch, der den Rest seines Lebens nur noch für die Armen und Schwachen da sein wollte. Obwohl Franciskus nur 42 Jahre alt wurde, hatte er ein sinnvolles und erfülltes Leben geführt, um das ich ihn beneidete. Verglichen mit ihm, war mein Leben bisher völlig bedeutungslos und sinnentleert, da ich ja bisher nur für mich und meine Familie gelebt hatte und mich eigentlich schämen sollte, weil ich bisher so gut wie nichts für die Armen in der Welt übrig ließ. Dabei hatte ich doch jetzt als Selbstständiger so viele Möglichkeiten, Gutes zu tun, indem ich überschüssige Gewinne spende, anstatt sie z.B. für sinnlose Urlaubsreisen zu verplempern. Vielleicht besteht ja gerade im Helfen das Geheimnis des Glücks, weil man nicht mehr in Wohlstand, sondern in Menschen investiert, denn solche würden mir immer dankbar sein. Ich erinnerte mich auch an den Film „Schindlers Liste“, den ich 10 Jahre zuvor mit Ruth im Kino sah. Oskar Schindler war ein Großindustrieller, der während der Zeit des 2. Weltkriegs Juden als kostenlose Arbeitskräfte in seiner Fabrik beschäftigte und sie auf diese Weise vor der Vernichtung in Auschwitz bewahrte. Seine Fabrik wurde zur letzten Rettung für etwa 1.100 Juden, die danach noch viele Kinder und Kindeskinder bekamen. Auch meine Firma könnte zum Zufluchtsort werden für gestrandete Existenzen, um Ihnen eine neue Perspektive zu geben, z.B. Ausländer, Strafgefangene oder psychisch Kranke. Schindler hatte nichts verdient an seiner Munitionsfabrik, sondern im Gegenteil all sein Vermögen investiert, um die Juden freizukaufen. Aber am Ende sagte er unter Tränen sogar: „Ich hätte noch mehr tun können! Hätte ich dieses Abzeichen hier noch verkauft, hätte ich für den Erlös zwei weitere Juden kaufen können! Oder mein Auto hier hätte bestimmt noch 10 weitere Menschenleben retten können!“ Das wollte ich auch! Oskar Schindler sollte mein neues Vorbild werden!

Ich sprach mit meinem Zwillingsbruder Marco, da dieser ja nebenbei auch ehrenamtlich als missionarischer Streetworker arbeitete. Marco erzählte, dass sich gerade ein manisch-depressiver Jugendlicher zum HErrn Jesus bekehrt habe namens Roman Pilka (19), den er kurz zuvor bei einem Besuch in der Psychiatrie kennengelernt hatte, und dass ich diesem doch einen Ausbildungsplatz anbieten könne. Außerdem sei auch sein früherer Klassenkamerad, Christian Gärtner (36), wegen psychischer Probleme als arbeitsunfähig dauerhaft krankgeschrieben. Auch er brauche dringend noch mal eine Chance, da er sonst zuhause in seiner Misanthropie versauern würde. Ich besuchte Christian und stellte erfreut fest, dass wir uns sehr gut verstanden, zumal auch er Atheist war und zudem genauso alt wie ich. Leider wollte Christian keine Ausbildung bei mir machen, so dass ich ihn mit Händen und Füssen dazu überreden musste. Am Ende willigte er ein, wenn auch mit großer Skepsis. Nun meldete sich auch der Wiederholungstäter Patrick Mücher bei mir und flehte mich an, ob ich ihm denn nicht doch noch eine 3. Chance geben könne, denn er hatte alle Malerbetriebe in Delmenhorst abgeklappert, aber keiner wolle ihm noch eine Chance geben, sein 3. Lehrjahr noch zu machen, da sich seine Einbrüche und Gefängnisstrafen inzwischen wohl rumgesprochen hatten. Er versprach mir hoch und heilig, dass er in diesem letzten Lehrjahr auch wirklich nichts mehr anstellen würde. Ich ließ mich (leider) erweichen und stellte ihn wieder ein (es sollte jedoch noch katastrophal enden…).

 Da mein Malerbetrieb inzwischen schon eine ansehnliche Größe erreicht hatte, entschied ich mich, nun auch Mitglied in der Bremer Maler-Innung zu werden. Die Mitgliedschaft dort ist freiwillig, kostet jedoch im Monat 50,- €, wobei man dadurch auch einige Vergünstigungen erhielt, gerade wenn man viele Lehrlinge hatte. Viele Meisterkollegen kannten mich schon, weil ich ja inzwischen schon in ganz Bremen meinen Flyer an die Briefkästen verteilt hatte. Bei der ersten Innungs-Sitzung ließ sich der vorsitzende Obermeister Arne Plaggenmeier es sich denn auch nicht nehmen, mir in einer Rede an die versammelten Meister einen Seitenhieb zu verpassen: „Liebe Kollegen. Wir alle leiden unter der konjunkturellen Schwäche und der schlechten Zahlungsmoral der Kunden. Umso ärgerlicher ist es dann, wenn wir feststellen müssen, dass es in unseren Reihen junge Kollegen gibt, die meinen, mit Dumpingangeboten unsere Preise kaputt zu machen, indem sie Werbeflyer verteilen, auf denen Preise stehen, die langfristig nicht am Markt zu halten sind. Solche Kollegen treiben auf Dauer lang eingesessene Malereibetriebe in den Ruin, da sie ihnen durch Dumpingpreise das Wasser abgraben und ihnen die letzten Stammkunden rauben. Sie missbrauchen Lehrlinge als billige Arbeitskräfte. Als Kollegen mag man sie kaum mehr betrachten!“ Mir schlug das Herz bis zum Hals, und ich fragte mich, ob auch die anderen im Saal wussten, dass Arne Plaggenmeier mich damit meinte. Einige Tage nach der Innungsversammlung rief mich Herr Bröker, der Lehrlingsbeauftragte der Handwerkskammer an, um mir mitzuteilen, dass ich mit inzwischen 6 Lehrlingen und nur 5 Gesellen ein Missverhältnis habe und deshalb unbedingt noch einen Gesellen zusätzlich einstellen müsse, um die Ausbildungsqualität nicht zu gefährden. Ich gehorchte und stellte auch noch einen Altgesellen namens Ralf Loop (56) ein. Über eine magere Auftragslage konnte ich mich ja wirklich nicht beklagen.

 

Der Fall Haferkamp (Teil 1)

Unter den vielen neuen Kunden war auch ein Rechtsanwalt, dem ein Mehrfamilienhaus in Bremen-Findorff gehörte. Herr Haferkamp wollte, dass ich es ab September von vorne und hinten dämmen sollte mit 14 cm Styroporplatten. Ich bot ihm die 327 m² für rund 25.000,- € brutto an und erhielt den Auftrag (normalerweise lag der Preis für Wärmedämmung eher bei 100,-€/ m² netto, so dass mein Preis etwa um 35 % unter dem Marktdurchschnitt lag). Doch als wir Ende September die Vorderseite des Gebäudes fertig hatten und das Gerüst umgebaut werden sollte auf die Rückseite, teilte mir Herr Haferkamp mit, dass er tags zuvor sich mit einem anderen Malermeister nach Feierabend getroffen hätte, der unsere Arbeiten beurteilen sollte, und dieser hätte „nur mit dem Kopf geschüttelt“ und unsere Leistungen in Bausch und Bogen schlecht geredet. „Wie hieß denn der Malermeister?“ fragte ich. Erst wollte mir Herr Haferkamp den Namen nicht verraten, aber dann gab er zu: „Das war Herr Plaggenmeier, der Obermeister von der Malerinnung“. Ich sagte: „Dann wundert mich seine scharfe und unsachliche Kritik nicht, denn er mag mich ganz und gar nicht, da ich in seinen Augen ein Preisdumper bin.“ Er zeigte mir dann ein paar Stellen, wo wir noch nachbessern sollten, und wir machten dann in der darauffolgenden Woche auf der Rückseite weiter.

Doch Herr Haferkamp war verunsichert und entschied sich, unsere Arbeiten auch noch mal von einem richtigen Sachverständigen begutachten zu lassen. Und dies war ausgerechnet Herr Stoiber (!), mit dem ich ja in 2002 schon mal „das Vergnügen“ hatte und der mir bei unserem letzten Telefonat prophezeit hatte, dass er mir nur noch max. 1 Jahr gebe bis ich pleite sei, bevor er grußlos das Telefonat beendete. Herr Stoiber bat nun Herrn Haferkamp, dass er mir nicht verraten solle, dass er als Gutachter von ihm beauftragt sei, sondern er wollte sich erst mal regelmäßig heimlich nach Feierabend mit ihm auf der Baustelle treffen, um unsere Fehler während der einzelnen Arbeitsschritte genau zu dokumentieren. Er wollte dafür sorgen, dass Herr Haferkamp nach den bereits an mich gezahlten 12.000,- € keinen weiteren Cent mehr zahlen müsse, indem er jeden noch so kleinen Regelverstoß reklamieren würde. Als dann das Gutachten vorlag, wimmelte es nur so von Fehlern und Unterstellungen, die ich ihm dann in 29 Punkten mit Hilfe von Fachliteratur und Technischen Merkblättern des Herstellers Brillux auch nachweisen konnte. Erschreckenderweise wies das Gutachten neben Dutzenden Rechtschreibfehlern auch gravierende mathematische Fehler auf, ob nun bei einfachen Dreisatzaufgaben oder Verbrauchsberechnungen, so dass man sich fragen musste, wie so ein Mann überhaupt ein „öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger“ werden konnte.

Unter den zahlreichen, zum größten Teil unberechtigten Vorwürfen war jedoch auch einer, der tatsächlich berechtigt war, jedoch nichts mit der fachlichen Arbeit an sich zu tun hatte. Es ging um den Brandschutz. Nach der Landesbauordnung war es vorgeschrieben, dass Häuser, die über 7 m hoch sind, an den Fensterstürzen sog. „Brandriegel“ aus Mineralwolle benötigen. Da wir bisher fast ausschließlich nur einfache Privathäuser gedämmt hatten, war mir das Thema Brandschutz bisher nicht begegnet. Diesen aber nachträglich einzubauen, hieße, dass wir einen Großteil unserer Arbeit noch mal neu machen müssten. Herr Stoiber war sogar der Meinung, dass ohnehin die gesamte Dämmung noch einmal entfernt werden müsse, da sie angeblich nicht gut genug haften würde auf dem Untergrund. Er hatte seinem Auftraggeber Haferkamp deshalb einen Schadenersatzanspruch von über 32.000,- € ausgerechnet, auf den er mich verklagen solle. Ich sah mich deshalb genötigt, meinen Anwalt Herrn Lindemann einzuschalten, sowie einen eigenen vereidigten Gutachter zu beauftragen, in diesem Fall den Malermeister K.-H. Harmsen, um ein Gegengutachten zu erstellen. Herr Harmsen wies mich darauf hin, dass Herr Stoiber, nachdem er als Gutachter während der Bauphase hinzugezogen wurde, die Verpflichtung hatte, Schaden abzuwenden und gezielte Instruktionen an den Auftragnehmer zu erteilen, um seine Aufsichtspflicht nicht zu verletzen. Da dies jedoch nicht geschehen sei, sondern er und der Kunde mich quasi ins offene Messer laufen ließen, bestünde auch kein Nachbesserungsanspruch für die Rückfront, sondern ggf. ein Schadenersatzanspruch des Kunden gegenüber Herrn Stoiber.

Nun entbrannte ein offener Streit zwischen den beiden Gutachtern, in welchem sich beide Seiten fehlende Kompetenz vorwarfen. Zudem widersprachen sie sich gegenseitig bei der Ermittlung der sog. Abreißfestigkeit, die Harmsen mit 0,08 Nmm² als ausreichend gemessen hatte, während Stoiber nur 0,03 Nmm² festgestellt hatte. Da jedoch auch Harmsen die Nachrüstung der Brandriegel einräumte, errechnete er einen Aufwand von 13.732,40 €, der fast genau meinem restlichen Werklohn von 13.727,25 € entsprach. Nun waren die Einzelpreise natürlich auch von Harmsen sehr hoch angesetzt, so dass ich mit meinen Leuten wahrscheinlich nur die Hälfte für die Nacharbeit investieren müsste, aber hinzu kämen dann ja noch die ganzen Anwalts- und Gutachterkosten, die ich zu zahlen hätte. Außerdem war es unwahrscheinlich, dass Herr Haferkamp sich als Rechtsanwalt nur mit der Nachrüstung der Brandriegel zufrieden geben würde, sondern er würde bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag gegen mich prozessieren, bis er all seine Forderungen durchgesetzt bekäme.

Und tatsächlich nahm sich auch Herr Haferkamp dann einen Anwalt, der ein sog. Beweissicherungsverfahren bei Gericht beantragte, um einen weiteren Gutachter zu benennen, der Dritte also schon, der dann für das Gericht eigenständig und neutral den Aufwand zur Nacharbeit ermitteln sollte, und zwar den renommierten Architekten und Baugutachter Dipl.-Ing. Thomas Toussaint. Da ein solches Beweissicherungsverfahren jedoch immer sehr langwierig ist, sollte es am Ende noch bis ins Jahr 2008 dauern, bis schließlich der ganze Streit mit Herrn Haferkamp durch eine gemeinsame Vereinbarung endlich beendet war (Fortsetzung folgt).

Der beste Ausbildungsbetrieb Deutschlands

Nachdem ich ja im Jahr 2003 die „Meistergründungsprämie“ in Höhe von 5.000,- € gewonnen hatte, war ich guten Mutes, dass ich auch zukünftig bei der Teilnahme an ähnlichen Wettbewerben erfolgreich abschneiden könnte. Deshalb ergriff ich die Gelegenheit beim Schopf, als ich im Spätsommer 2004 erfuhr, dass erneut ein Wettbewerb ausgeschrieben wurde, und zwar diesmal von den Wirtschaftsjunioren Deutschlands unter der Schirmherrschaft der Bundesbildungsministerin, bei dem es diesmal allerdings nur max. 2.500,- € zu gewinnen gab, wenn man den 1. Platz erreichte. Dafür aber winkte einem der Ruhm, sich „bester Ausbildungsbetrieb Deutschlands“ nennen zu dürfen. Gesucht wurden Betriebe, die sich besonders in der Qualifizierung von Auszubildenden verdient gemacht haben, sei es durch eine innovative Idee im Bereich der Nachhilfe oder durch eine Investition in neuartige Ausbildungsförderungen. Man sollte auch hier auf mehreren Seiten sein Konzept vorstellen und dabei darlegen, warum dieses Projekt zukunftsfähig sei und zur Nachahmung empfohlen, damit auch andere Betriebe dadurch motiviert werden.

Zunächst hatte ich keine Idee, denn meine Auszubildenden waren ja bisher alles andere als überdurchschnittlich gut ausgebildet, sondern eher ein Chaoten-Club. Wenn ich z.B. während der Arbeit in die Runde fragte, ob jemand wisse, wer Christoph Kolumbus sei, dann bekam ich die ernst gemeinte Antwort: „Das weiß ich, das weiß ich! Das ist doch der, der dieses große Schiff gebaut hat, wo die ganzen Tiere reingingen!“ Oder wenn ich nach Schiller fragte, dann sagte der andere: „Ja, Schiller kenn ich; das ist doch eine Musikband!“ Wenn es um Autos ging oder Fußball, dann kannten sie sich natürlich weit besser aus als ich, so daß man nicht sagen konnte, dass sie nicht intelligent wären, sondern sie waren einfach nur ungebildet. Deshalb erzählte ich ihnen während der Arbeit neben fachlichen Dingen auch immer wieder von Personen aus der Politik und der Geschichte, damit sie wenigstens ein bisschen mitreden konnten und sich nicht blamieren würden, wenn sie mal nach ihrer Meinung gefragt werden. Dabei musste ich die Inhalte immer möglichst knapp und spannend rüberbringen, sowie Zwischenfragen beantworten, damit die Aufmerksamkeit erhalten blieb.

Zwischendurch erzählten sie mir von ihrer Lebenssituation, von ihrer Kindheit, ihren Eltern und ihrer Schulzeit. Fast alle hatten schon Erfahrung mit Alkohol und Drogen gemacht, was dazu führte, dass sie in der Schule kaum etwas mitbekamen. Sie wurden meist aber auch nicht gefördert von ihren Eltern, die schon mit sich selbst genug zu tun hatten. Oftmals waren sie auch Scheidungskinder oder wuchsen z.T. in Heimen auf, so dass sie nicht genügend soziale Kompetenzen erlernten. Um ihre Minderwertigkeitsgefühle zu überwinden, machen viele von ihnen Muskeltraining oder Kampfsportarten, hören Rap-Musik und kaufen sich Markenkleidung. Dennoch ist ihnen bewusst, dass sie durch ihre mangelnde Bildung kaum eine Chance haben, in absehbarer Zeit auf den grünen Zweig zu kommen. Ihre praktischen Leistungen während der Ausbildung sind oftmals gut, z.T. sogar sehr gut, aber in der Berufsschule kommen sie fast nie mit, besonders im Rechnen. Ohne Nachhilfe fallen deshalb die meisten schon durch die Zwischenprüfung.

Eigentlich war dies aber eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, denn wenn doch ihre praktischen Leistungen gut waren, warum quälte man sie dann mit dem Satz des Pythagoras oder mit der Frage, wie viel Liter Farbe in einen zylinderförmigen Silo mit einem Durchmesser von 1,76 m und einer Höhe von 2,28 m hineingeht, und der nach unten hin kegelförmig in einen Trichter von 0,66 m Tiefe hinab läuft? Ist es nicht viel wichtiger, dass der Maler realitätsbezogene, fachliche und soziale Kompetenzen erlernt, damit er einem Kunden auch mal selbstbewusst eine Frage beantworten kann, die das Vertrauen in den Mitarbeiter stärkt? Und nicht wie einmal, als Kunde Haferkamp aufgeregt den Jörg fragte: „WARUM STREICHEN SIE DENN MEINE HAUSTÜR MIT SO EINER DUNKLEN LASUR, nachdem Sie diese doch gerade mühselig abgebeizt haben?!“ und Jörg dem Kunden einfältig antwortet: „Ich hab‘ diesen Topf hier genommen, weil der hier rumstand…“ – Nachdem der Kunde mich besorgt anrief und ich ihm in Ruhe erklären konnte, dass jedes Holz auch eine Eigenfarbe habe, die erst nach dem ersten Anstrich durch Dunkelfärbung erkennbar wird, beruhigte er sich und wies mich darauf hin, dass ich mir meine Mitarbeiter doch mal mehr zur Brust nehmen müsse. „Stellen Sie sich nur mal vor,“ sagte der Kunde, „wenn es zufällig nicht die richtige Lasur gewesen wäre, sondern irgend eine andere Dose, die ‚da eben gerade so rumstand‘! Z.B. blau oder Violett! Nicht auszudenken! Was für ein glücklicher Zufall, dass der Jörg die richtige Dose nahm!“

Auch wenn Herr Haferkamp dies nur zum Scherz sagte, hörte man doch unverkennbar ein Überlegenheitsgefühl aus seinen Worten heraus. Dabei hätte er dem Jörg in anderen Dingen nicht das Wasser reichen können, z.B. was seine Gabe der Fröhlichkeit und Unbeschwertheit betrifft. In Wirklichkeit hat nämlich jeder Mensch Begabungen, die ihn einzigartig machen, nur dass in unserer Marktwirtschaft immer nur bestimmte Fähigkeiten wie z.B. Intelligenz oder Schlagfertigkeit bevorzugt werden, während Tugenden wie Demut oder Genügsamkeit schon fast in Vergessenheit geraten sind. Von der Bibel kannte ich noch die Weisheit: „Wir nun, die Starken, sind schuldig, die Schwachheiten der Schwachen zu tragen und nicht uns selbst zu gefallen“ (Röm.15:1). Gott hatte ja gerade das Verachtete der Welt auserwählt, damit Er das Edle zu Schanden mache (1.Kor.1:28). Die Schwachen sind viel dankbarer als die Starken, deshalb konnte ich zu ihnen einen viel vertrauteren Umgang haben. Wer ein guter Lehrherr sein will, sollte seine Auszubildenden einfach lieben, wie ein Vater seine Söhne liebt, und dann kann man gemeinsam auch die Schwierigkeiten bewältigen.

Mir kam die Idee, dass ich für diejenigen Azubis, die ständig durch die Prüfung fallen oder gar nicht erst an den Prüfungen teilnehmen wollen, eine neue Qualifizierung schaffen sollte, die ganz auf eine schulische Bildung verzichtet und rein praktischer Art ist. Auch solche Delta- und Epsilon-Arbeiter – wie sie im Roman „Schöne neue Welt“ genannt werden, haben ein Recht auf einen gut bezahlten Beruf. Man könnte den Privatkunden anbieten, dass ich zusätzlich zu meinen Fachkräften auch noch ungelernte Mitarbeiter hätte, die ich den Kunden für einfache Hilfstätigkeiten rund ums Haus ausleihen kann für 15,- € /Std, z.B. für Hochdruckreinigung, Umzüge, einfache Malerarbeiten, oder schlicht alles, wofür man nicht unbedingt einen Fachmann braucht. Das könnten dann auch Ausländer mit schlechten Deutschkenntnissen sein, so wie auch Oscar Schindler in seiner Fabrik viele Juden arbeiten ließ, die eigentlich nichts konnten, aber bereit waren, alles zu machen.

Dies schrieb ich dann als mögliches Geschäftsmodell neben anderen Erfahrungen als Ausbilder in meinen Bericht. Ganz beiläufig erwähnte ich dann auch, dass zwei meiner Lehrlinge aus der Psychiatrie kämen und einer sogar aus dem Gefängnis. Interessanterweise war es dann schließlich genau dieser Hinweis, der am Ende ausschlaggebend war, dass ich im Oktober 2004 von meiner Ernennung zum sog. „Ausbildungs-Ass“ erfuhr, indem ich mit Platz 1 zum „besten Ausbildungsbetrieb Deutschlands“ gewählt wurde. Mir war sofort klar, dass ich das noch lange nicht bin, sondern mir diesen unverdienten Titel erst einmal in den nächsten Jahren verdienen müsse. Doch auch Barak Obama bekam durch den Friedensnobelpreis zu Beginn seiner Amtszeit Vorschusslorbeeren, die er sich selbst nach zwei Amtszeiten kaum verdient hatte. Vor allem sagte meine Wahl zum Gewinner des Ausbilder-Oscars weniger etwas über meine Person aus als über die Wahlkriterien der Jury, die damit ein Signal geben wollte für ein größeres gesellschaftliches Engagement in den Betrieben, das durch den Neoliberalismus vieler DAX-Konzerne in den letzten 20 Jahren zu sehr vernachlässigt wurde.

Anfang Dezember wurde ich dann zur Preisverleihung ins Bundesbildungsministerium nach Berlin eingeladen, wo ich von der damaligen Ministerin Edelgard Bulmahn den Preis in Höhe von 2.500,- € erhielt und vor der Presse auch eine kurze Rede halten sollte. Das Wirtschaftsmagazin „Impulse“ schrieb daraufhin einen Artikel mit der Überschrift „Chefs für schwierige Fälle“. Darin stand: „Simon Poppe wählt nicht unter den Besten aus. Der Malermeister nimmt die, die sonst nicht einmal zum Vorstellungsgespräch eingeladen werde: Einen Azubi holte er aus dem Knast, einen anderen aus der Psychiatrie. Nicht ausnahmsweise, sondern prinzipiell […] Absolut vorbildlich, urteilte die Jury des Ausbildungs-Asses, des alljährlich […] ausgeschriebenen Wettbewerbs und zeichnet Poppe für sein Engagement, das weit über das gesetzlich geforderte Maß hinausgeht, mit dem goldenen Ass in der Kategorie Handwerk aus.“

Mitte Dezember 2004 sollte ich dann auch meine Prüfung zum Gebäudeenergieberater ablegen. Dazu zählte als praktische Prüfung ein Energiegutachten mit Modernisierungsplan für ein Musterhaus, das wir mit einer speziellen Software erstellen sollten, und eine theoretische Prüfung, vor der mir sehr graute, da ich der schlechteste in der Klasse war. Am Ende fiel das Ergebnis dennoch besser aus als erwartet, und zwar im fachpraktischen Teil mit der Note 3 und im Fachgespräch sogar die Note 1. Im fachtheoretischen Teil schrieb ich Klausuren zu den Themen 1. Bauwerk und Baukonstruktion (Note: 2), 2. Technische Anlagen (Note: 2) und 3. Bauphysik (Note: 3). Am 15.12.04 erhielten wir dann unsere Urkunden, dass wir von nun an die Qualifizierung eines staatlich geprüften Energieberaters erlangt hätten. Während des halbjährigen Lehrgangs hatte ich mich mit zwei Architekten angefreundet, von denen ich von nun an regelmäßig Aufträge bekommen sollte, und zwar Jochen Corsten und Michael Pleus von Essen. Letzterer war sogar unser Dozent gewesen.

Ende Dezember beschlossen wir im Familienrat, dass Rebekka (9) von nun an Klavierunterricht bekommen solle und wir im Winter nun endlich auch mal unser Wohnzimmer und die Küche renovieren wollten. Denn als wir 2,5 Jahre zuvor ins Haus eingezogen waren, hatten wir noch nicht das Geld, um uns eine repräsentative Einrichtung zu leisten, die eines Malermeisters würdig wäre. Da wir unsere schweren, fliederfarbigen Fenstervorhänge Polstermöbel und unsere fliederfarbig gepolsterte Esstisch-Garnitur aus Delmenhorst mitgebracht hatten, hatte ich beim Einzug die Idee, die Wände mit einer Spachteltechnik in Fliederfarbtönen zu glätten. In Kombination zu unserer schwarzen, Ledercouchgarnitur und unserem schwarzen Lederschrank wirkte unser Wohnzimmer dadurch aber eher düster und melancholisch, weshalb meine Frau von Anfang an dagegen protestiert hatte. Auch hatten wir hinter unserem Wohnzimmerschrank Schimmel, da er direkt an der Außenwand stand und die Wände immer sehr kalt waren. Da unser Haus verklinkert ist, beschloss ich, die Wohnzimmerwände von innen zu dämmen mit 5 cm dicken Mineralschaumplatten. Auch riss ich die Auslegeware raus und kaufte Parkettholz, um es zu verlegen. Auch kauften wir uns neue Zimmertüren im Landhausstil und auch eine neue Küche durch meinen Bruder Patrick, der ja als Küchenverkäufer arbeitete. Doch nachdem ich die Wände im Wohnzimmer gedämmt, armiert und gestrichen hatte mit einem Streichputz, wollte ich das Parkett lieber von einem Profi verlegen lassen. Mein befreundeter Lieferant empfahl mir den Meisterkollegen Arno Jastrembski (37), der gerade Zeit hatte und mit seinem Mitarbeiter André Bindemann (40) das Parkett bei mir verlegte.

Während Arno kurz vor Weihnachten bei uns arbeitete, kamen wir uns im Gespräch näher. Er erzählte mir, dass er seinen Malerbetrieb samt Gesellen drei Jahre zuvor von seinem Vater übernommen hatte, aber in den letzten Monaten vom Pech verfolgt sei. Nachdem die Nachfrage durch die Stammkundschaft nachließ, häuften sich allmählich die Schulden. Schließlich verließ ihn dann auch noch seine Ehefrau, so dass er völlig in Problemen versank. Da die Insolvenz inzwischen unvermeidbar war, wollte er seine Firma zum Ende des Jahres abmelden. Ich bot ihm daraufhin an, in Zukunft für mich zu arbeiten, zumal ich mit 5 Lehrlingen und nur drei Gesellen ohnehin noch dringend eine Fachkraft gebrauchen konnte. Wir vereinbarten also, dass er ab 01.01.2005 bei mir als Vorarbeiter anfangen könnte zu einem übertariflichen Stundenlohn von 17,-€ (der tarifliche Ecklohn lag zu diesem Zeitpunkt bei 13,27 €/Std.). Später würde ich dann auch noch seinen Mitarbeiter André Bindemann einstellen, sobald die Auftragslage sich im Frühjahr verbessert hätte.

Am 2. Weihnachtstag schalteten wir abends den Fernseher ein und sahen plötzlich, dass ein Tsunami im Indischen Ozean eine der schlimmsten Naturkatastrophen der letzten Jahrzehnte angerichtet hatte. Die durch ein Erdbeben der Stärke 9 hervorgerufenen, gigantischen Flutwellen von 20 bis 30 m Höhe hatten in Indonesien, Thailand und Sri Lanka schätzungsweise 230.000 Menschen getötet, unter ihnen auch viele Touristen. Allein aus Deutschland starben mindestens 535 Urlauber. Aber auch die Schweden traf es hart, denn obwohl sie nur 9 Millionen Einwohner haben, hatten sie 523 Opfer zu beklagen. Aber viel härter noch traf es die Überlebenden, die z.T. schwerst verletzt ihr ganzes Hab und Gut verloren hatten und über viele Wochen lang kaum genügend zu Essen und zu Trinken hatten. Die Flutwelle war so gewaltig, dass sie sogar die 5.500 km entfernte Ostküste Afrikas erreichte und in Somalia über 180 Menschen tötete. Damals dachte ich nur: Mal gut, dass wir hier weit entfernt im sicheren Deutschland wohnen. Doch heute ist mir bewusst, dass dies nur ein kleiner Vorgeschmack auf die in der Bibel angekündigte und inzwischen nahe bevorstehende Apokalypse war , bei der ein Großteil der Menschheit überall auf der Welt ums Leben kommen wird.

 

 

 

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