„Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe.
Laßt uns nun die Werke der Finsternis ablegen
und die Waffen des Lichts anziehen.“

(Röm.13:12)

Aktuelles

Kommen Christen eigentlich in den Himmel?

 

„Unser Bürgertum ist in den Himmeln, von woher wir auch den HErrn Jesus Christus als Heiland erwarten.“  (Phil.3:20)

Man findet heute im Internet unzählige Predigten, die sich mit der Endzeit und der Wiederkunft Christi beschäftigen. Wir wissen heute mehr denn je zuvor, auf was wir genau achten müssen und wie wir uns verhalten müssen, wenn der Antichrist kommt. Viele Gläubige kennen sich nicht nur über die genaue zeitliche Abfolge der Ereignisse aus, sondern können sogar schon ziemlich sicher voraussagen, wann in etwa die siebenjährige Drangsal beginnen müsste. Daraus leiten einige von ihnen sogar Konsequenzen ab, wenn es um die Frage geht, ob sich z.B. bestimmte Investitionen noch lohnen oder nicht. Denn wenn erstmal der HErr gekommen ist und die Entrückung stattgefunden hat, dann spielen alle irdischen Belange ja ohnehin keine Rolle mehr, weil wir dann am Ziele sind. Aber: Wie geht es dann eigentlich weiter?


Kommen Christen eigentlich in den Himmel?

Die Formulierung „in den Himmel kommen“ ist heute so geläufig, dass man eigentlich davon ausgehen müsste, dass sie aus der Bibel ist. Tatsächlich steht aber an keiner einzigen Stelle in der Heiligen Schrift, dass wir Gläubigen „in den Himmel kommen“. Der HErr spricht zwar von einem „Eingehen ins Reich der Himmel“ (Mt.5:20, 7:21) oder ins „Reich Gottes“ (Mk.9:47, 10:23-25), aber zugleich betont Er, dass das Reich Gottes nicht an einem bestimmten Ort lokalisierbar ist, sondern dass es „mitten unter euch ist“ (Luk.17:21). Das bedeutet, immer dann, wenn Gläubige gemeinsam den Willen Gottes tun, verwirklichen sie das Reich Gottes. In Matthäus 13 z.B. beschreibt der HErr in sieben Gleichnissen das Reich der Himmel als einen Ort hier auf Erden, wo Gott am Wirken ist, aber wo der Feind u.a. immer wieder versucht, dieses Werk zu zerstören (Mt.13:24-33). Man könnte also sagen, dass das „Reich der Himmel“ alles und jeden umfasst, der sich mal bekehrt hat und dadurch in das Reich Gottes eingegangen ist.

Interessanterweise lesen wir auch von unserer Entrückung, dass diese nicht in den Himmel erfolgt, sondern „in Wolken dem HErrn entgegen in die Luft“ (1.Thes.4:17). In früheren Zeiten war es ein Ausdruck der Liebe und Ehrerbietung, wenn man einem König oder geliebten Besucher kurz vor seiner Ankunft schon einmal entgegenkam, um ihn das letzte Stück seiner Reise zu begleiten (1.Mo.18:2, 19:1, 24:65, 46:29, 2.Mo.18:7, 1.Sam.10:10, 13:10, 16:4, 21:1, 25:32 usw. Im NT: Apg.10:25, 28:15, Hebr.7:1). Ob und wenn ja wie lange sich dadurch die Ankunft des HErrn u.U. verzögert (z.B. eine halbe Stunde, laut Offb.8:1, um vorher noch die Hochzeit zu feiern?), wissen wir nicht, aber persönlich halte ich es eher für unwahrscheinlich, wenn diese Verzögerung die gesamten letzten 3 ½ Jahre andauern würde. Wir begegnen dem HErrn in der Luft und dann kommt Er mit uns und allen Heiligen auf die Erde (1.Th.3:13).

Nun spricht die Bibel aber auch von einem „himmlischen Jerusalem“, von „Wohnungen im Haus des Vaters“ und von „Hütten im Himmel“, in denen zu wohnen wir begehren (Joh.14:2-3, Offb.3:12, 13:6). Was hierbei jedoch zu beachten ist, ist, dass diese Wohnungen im Himmel derzeit nur „bereitet“ werden (Joh:3, Offb.21:2), aber erst dann bezugsfähig sind, wenn die Stadt Gottes aus dem Himmel auf die Erde kommt. Deshalb spricht Paulus von dieser „Behausung“ nicht im Himmel, sondern „aus dem Himmel“ (2.Kor.5:2). Unser Erbteil und unsere Hoffnung ist derzeit für uns nur „aufbewahrt“ und „aufgehoben in den Himmeln“ (Kol.1:5, 1.Petr.1:4). Von uns Gläubigen, die der HErr durch Sein Blut aus jedem Stamm, Sprache und Volk für Gott erkauft hat, lesen wir, dass wir als Könige und Priester „über die Erde herrschen werden“ (Offb.5:9). Dies stimmt auch mit den Worten des HErrn in Luk.19 überein, wo Er Seine Verwalter zur Belohnung die Herrschaft über bestimmte Städte überträgt (Luk.19:12-27). Von daher ist unser Erscheinen im Himmel nur vorübergehend, wenn wir als Gemeinde mit dem HErrn vermählt werden. Danach werden wir dann mit Ihm regieren auf der Erde während des 1000-jährigen Reiches.


Wie ist eigentlich der Himmel?

Da nur Derjenige, der aus dem Himmel herabgestiegen ist, wissen kann, wie es im Himmel ist (Joh.3:13), haben wir nur die Aussagen vom HErrn Jesus, sowie die Beschreibungen von Micha (1.Kön.22:19-23),  Jesaja (Jes.6:1-3), Hesekiel (Hes.1:4-28) und Johannes (Offb.4-22). Von Paulus wissen wir, dass es drei Himmel gibt (2.Kor.12:2), was erklären würde, warum von den „Himmeln“ häufig in der Mehrzahl gesprochen wird. Zu den Himmeln, die der HErr in 1.Mo.1:1 schuf, gehören auch alle Engelwesen. Der erste Himmel ist vermutlich der natürliche Luftraum, den man auf Englisch „sky“ nennt. Der zweite und dritte Himmel (engl. haeven) ist die unsichtbare Engel- und Geisterwelt sein, die Paulus im Epheserbrief mit „himmlische Örter“ bezeichnet (Eph.1:3+20, 2:6, 3:10, 6:12). Um eine blasse Vorstellung zu haben, wie diese unsichtbare Welt ist, hat die Bibel diese mit unserem Himmel verglichen, von dem man bis vor etwa 400 Jahren ebenso nichts wissen konnte, bis Galileo das Fernrohr erfand. Als der Sowjetrusse Juri Gagarin 1961 als erster Mensch ins All flog, soll er ja angeblich gesagt haben, dass er dort Gott nicht begegnet sei, – was sich später als Verleumdung der Sowjetpropaganda erwies, denn Juri hatte als überzeugter Christ genau das Gegenteil gesagt. Aber unabhängig davon glaubt außer den Mormonen heute niemand, dass sich Gott und die Engelwelt irgendwo an einem bestimmten Ort im Universum aufhalten. Heute wissen die Physiker, dass es nicht nur mehr als vier Dimensionen gibt, sondern auch die Quantenmechanik und die sog. „dunkle Materie“, die die Welt im Innersten zusammenhalten soll.

Nach der Auferstehung bekommen wir einen unsterblichen Leib geschenkt (1.Kor.15:53). Ob wir dann noch unser Geschlecht behalten, wissen wir nicht, sondern nur, dass es dann keine Ehen mehr gibt und folglich wohl auch keine Fortpflanzung (Luk.20:36-36). Wir werden dann die Herrlichkeit unseres HErrn sehen, wie Er es vom himmlischen Vater erbat (Joh.17:24), und diese Herrlichkeit ist nicht zu vergleichen mit den Leiden der Jetztzeit (Röm.8:18). Was wir aber dann für Aufgaben haben und wer wir überhaupt sein werden, das „ist noch nicht offenbar geworden“ (1.Joh.3:2). Die Vorstellung, dass wir dann den ganzen Tag im Himmel nur auf einer Harfe spielen, ist biblisch nicht belegbar, noch nicht einmal, ob wir uns dann immer nur im Himmel aufhalten. Denn dass wir laut Offb.7:15 einmal „vor dem Throne Gottes sind und Ihm Tag und Nacht in Seinem Tempel dienen“, ist sicherlich vor allem geistlich zu verstehen, indem wir Ihm geistliche Schlachtopfer darbringen durch das Tun Seines Willens – egal wo auch immer.


Was bedeutet es, dass unsere Namen „in den Himmeln angeschrieben sind“?

In Luk.10:20 erinnert uns der HErr daran, dass wir uns vor allem freuen sollen, dass unsere Namen in den Himmeln angeschrieben sind. Schon Mose wusste, dass Gott ein Buch geschrieben hat, aus dem all jene gelöscht werden, die gegen den HErrn gesündigt haben (2.Mo.32:32-33). Nach Psalm 69:28 sind in diesem Buch die „Gerechten“ eingetragen, und offenbar ist es jederzeit möglich, dass Menschen in dieses Buch eingetragen und auch wieder gelöscht werden können (Offb.3:5). Wir wissen aus Offb.20:12+15, dass am Ende das Eingetragensein eines Namens ins „Buch des Lebens“ abschließend darüber entscheidet, ob jemand in den Feuersee geworfen wird oder nicht. Da Gott aber grundsätzlich will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen, wird Er auch nach dem Tod eines bis dahin noch nicht gläubig Gewordenen Sein Vorhaben nicht einfach vorzeitig aufgeben, sondern dem Verlorenen weiter nachgehen, bis Er es findet (Luk.15:4). Deshalb finden seit dem ersten Predigen des HErrn im Totenreich Massenbekehrungen statt, die zwar ausreichend deutlich bezeugt sind in der Schrift, aber kaum beachtet werden von den heutigen Predigern: Joh.5:24-25, Röm.14:9, 1.Petr. 3:18-20, 4:6, Jes.21:11-12, Ps.107:10-16, Hes.16:53-63 u.a. Wenn also das Gericht am großen weißen Thron stattfinden wird, dann werden die allermeisten Menschen bereits im Buch des Lebens stehen.

Nun wird von einigen Predigern wie etwa Roger Liebi die Theorie vertreten, dass alle Menschen von Anfang an im Buch des Lebens stehen und dann bei ihrem Tod aufgrund mangelnder Bekehrung wieder gelöscht werden. Grund für diese Annahme ist wohl die falsche Prämisse, dass ein Gläubiger nicht mehr verloren gehen könne und dies ja aufgrund von Offb.3:5 doch noch möglich wäre, da der HErr Jesus ja dort von der Möglichkeit spricht, dass Gläubige noch aus dem Buch des Lebens gelöscht werden können. Dass diese Annahme aber äußerst fragwürdig ist, möchte ich an Hand von drei Bibelstellen belegen:

  1. Laut Luk.10:20 ist das Angeschriebensein eines Namens im Himmel ein Privileg, dass Anlass zur Freude geben soll. Wenn aber ohnehin alle Menschen im Buch des Lebens stünden, dann wäre das nichts Besonderes mehr, sondern eher etwas Banales, das keinen Anlass zur Freude gäbe.
  2. Laut Phil.4:3 spricht Paulus von seinen „übrigen Mitarbeitern, deren Namen im Buch des Lebens sind“. Wenn dieses Vorrecht aber für alle Menschen gilt, wären entweder alle Menschen seine Mitarbeiter oder er erwähnt ein Attribut seiner Mitarbeiter, das alle Menschen besitzen, so als würde er sagen: „die eine Nase im Gesicht haben“. Beides wäre gleichermaßen widersinnig.
  3. Laut Offb.13:8 werden alle Menschen das Tier anbeten, „deren Namen nicht geschrieben ist in dem Buch des Lebens des Lammes von Grundlegung der Welt an“. Wenn alle Namen der Menschen von Grundlegung der Welt an im Buch des Lebens stehen würden, dann würde demnach niemand das Tier anbeten können und der Satz würde keinen Sinn mehr ergeben.

 

Wenn der Irrsinn Methode hat – Eine kritische Betrachtung des Wokeismus

 

Ab November 2024 tritt in Deutschland das neue Selbstbestimmungsgesetz in Kraft, das den Menschen u.a. die Möglichkeit geben soll, ohne Prüfung das eigene Geschlecht zu ändern, wenn man das Gefühl hat, im falschen Körper zu leben. Sogar Kinder und Heranwachsende sollen von nun an die Erlaubnis erhalten, mit (oder ohne) Einverständnis ihrer Eltern ihr Geschlecht zu wechseln – bis zu einmal im Jahr – und sich entsprechend chirurgisch zu verstümmeln. Jeder, der das neu gewählte Geschlecht danach nicht anerkennt und die Person entsprechend falsch anspricht, muss künftig mit einem Bußgeld wegen Beleidigung rechnen. Hierbei spielt es im Zweifelsfall keine Rolle mehr, ob der Sprecher die Beleidigung beabsichtigt hat oder nicht, sondern allein, wie der Zuhörer das Wort interpretiert. Der Empfänger einer Botschaft sei mit seiner Wahrnehmung des Gesagten also immer (!) ernstzunehmen, egal wie realitätsfern diese auch sein mag.

Wir finden uns momentan in einer Gesellschaft wieder, die sich in den letzten 10-15 Jahren in rasendem Tempo verändert hat. Überall sieht man z.B. auf einmal Flaggen oder Busse in den Regenbogenfahnen, so als ob die Diskriminierung von sexuellen Minderheiten ein reales Problem darstellen würde und alle beweisen müssten, dass bei ihnen niemand benachteiligt werde. Auf Plakaten in Deutschland sieht man statt Weiße plötzlich nur noch Schwarze oder Braunhäutige. Da gibt es einen Norweger, der sich nicht nur als Transfrau sieht, sondern trotz körperlicher Gesundheit gerne ein Querschnittgelähmter sein will und sich deshalb nur noch im Rollstuhl fortbewegt. Oder es gibt Holländerinnen, die mit dem Islam nichts am Hut haben und sich trotzdem freiwillig bunte Burkas anziehen, indem sie behaupten, dass nicht etwa die Burka repressiv sei, sondern deren Verbot. Und dann sieht man auf Schwulenparaden immer häufiger junge Männer, die mit Hundemasken herumlaufen und das Recht einfordern, von der Gesellschaft als völlig normal angesehen zu werden. Man könnte diese Beispiele als den kindlichen Wunsch nach Verkleidung abtun, so wie etwa beim Karneval. In Wirklichkeit steckt dahinter eine totalitäre und völlig intolerante Ideologie, die den Menschen vorschreiben möchte, wie sie in Zukunft zu reden und zu denken haben. Im Folgenden werde ich die Ursprünge dieser neuen Erscheinungsform von Gesetzlosigkeit aufzeigen und eine jeweilige biblische Bewertung abgeben.

Die Leugnung der Realität

Als sich im 18. und 19.Jh immer mehr Philosophen und Intellektuelle vom Christentum abwandten, stellte der russische Schriftsteller Dostojewski in seinem Roman „Schuld und Sühne“ zurecht die Frage, ob es denn ohne Gott und Seine Gebote überhaupt noch einen Bewertungsmaßstab bzw. die Notwendigkeit geben könne für ein moralisches Verhalten. Der Philosoph Friedrich Nietzsche verneinte dieses und forderte deshalb eine „Umwertung aller Werte“. Für ihn galten Habsucht, Selbstsucht und Wollust als die höchsten menschlichen Tugenden. Ihm war jedoch bewusst, dass er mit seinen Ideen noch lange kein Gehör finden werde, sondern diese erst 100 Jahre später auf fruchtbaren Boden fallen würden: „Ich bin zu früh und bin noch nicht an der Zeit“ (aus „Der tolle Mensch“). In den 50er und 60er Jahren gab es dann eine ganze Reihe an Philosophen, allen voran Jacques Derrida und Michel Foucault, die nicht nur die Beziehung von Begriffen auf die reale Welt in Frage stellten, sondern Wahrheit als Produkt eines Diskurses sahen, die immer wieder neu ausgehandelt werden müsse. Derrida bezeichnete seine Lehre als Dekonstruktion, was im Grunde Zerstörung bedeutet. Die Infragestellung und Ablehnung aller realen, gesellschaftlichen Gegebenheiten wie etwa Wissen, Vernunft, Moral, Sinnhaftigkeit oder Individualismus wurde später auch Postmodernismus genannt.

Der Postmodernismus leugnet die Existenz einer objektiven Wahrheit und unterstellt, dass allen menschlichen Taten ausschließlich Machtinteressen zugrunde liegen. Die Annahme dieser These bewirke wiederum ein angebliches Erwachtsein und eine damit verbundene Wachsamkeit, woraus das englische Wort Woke = Wachsein zum Namensgeber dieser neuen Ideologie geworden ist. Nach dieser Lehre dienen Normen und Werte nur dem Machterhalt einer unmoralischen, dominanten Unterdrücker-Gruppe, nämlich den weißen, heterosexuellen Männern westlicher Herkunft. Seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts wird diese Ideologie nun durch konkrete, gesellschaftspolitische Forderungen in die Tat umgesetzt, wobei man es besonders auf die Sprache als Motor der Unterdrückung abgesehen hat. Wer sich z.B. weigert, das Vorhandensein diverser sexueller Identitäten anzuerkennen und durch das Gendern (d.h. die Verwendung des Anhängseln -*Innen oder des Partizips wie Studierende) die fehlende Repräsentation bestimmter Identitäten zu berücksichtigen, wird entweder als homophob, rassistisch und transfeindlich diffamiert oder von vornherein gecancelt (d.h. mundtot gemacht, indem man ihn aus einer Debatte ausschließt). Dass diese Intoleranz ganz im Widerspruch zur eingeforderten Toleranz steht, wird dabei nicht bemerkt. Daher schrieb die Transgender-Kritikerin Helen Joyce trefflich in ihrem Buch „Trans“: „Wenn man glaubt, dass die Welt nur so funktioniert, ist es nicht nur sinnlos, sondern sogar schädlich, seinen Gegnern zuzuhören. Liberale Argumente für die freie Meinungsäußerung, z.B. dass man durch eine lebhafte Debatte auf Argumente stößt, die man bis dato nicht bedacht hatte, und die einem helfen, die eigene Argumentation zu schärfen, werden als irrelevant abgetan. Die Äußerungen der Gegner verstärken die Ungerechtigkeit, und sie zum Schweigen zu bringen, ist moralisch, selbst wenn dazu (die Androhung von) Gewalt nötig ist. Wer den Diskurs kontrolliert, kontrolliert auch die Realität!

Biblische Bewertung: Gott schuf den Menschen in Seinem Bilde als Mann und Frau, und Er gebot ihnen, sich zu mehren (1.Mo.1:27-28). Mann und Frau sollen Christus und die Versammlung darstellen (Eph.5:25-32). Deshalb hat der Teufel ein großes Interesse daran, diese Darstellung durch praktizierte Homosexualität oder Ehebruch zu zerstören, also durch Sünden, die Gott ausdrücklich verboten hat (3. Mo.18:22, 20:13, 5.Mo.5:18, Mal.2:16). Die heutige Menschheit glaubt aber mehrheitlich nicht mehr an Gott und an die Verbindlichkeit Seiner Gebote. Deswegen ist ihnen die Bevormundung durch die Christenheit ein Gräuel: „Lasset uns zerreißen ihre Bande, und von uns werfen ihre Seile!“ (Ps.2:3). Alle Errungenschaften des Christlichen Abendlandes stehen nun zur Debatte, alles wird in Frage gestellt, neu verhandelt und die bisherige Ordnung „dekonstruiert“. Die Welt möchte gerne zurückkehren in die ursprüngliche Barbarei – bevor das Christentum kam – und sich nicht mehr durch Religion, Wissenschaft und Moral bevormunden lassen. Im Grunde will der Mensch wieder ein Tier sein, und nicht zufällig wird der Antichrist aus der Offenbarung als „Tier“ bezeichnet. Gott hingegen möchte aus uns Menschen Engelwesen gestalten.

Da sie sich für weise hielten, sind sie zu Narren geworden“ (Röm.1:22). Wie die Pharisäer stellen die Woken ihre eigenen Gesetze auf, um die Leute unter ihre irrsinnige Ideologie zu versklaven (Gal.5:1). Dabei stört es sie nicht, dass sie ständig mit zweierlei Maß messen, indem sie z.B. von anderen eine Toleranz einfordern, die sie selbst nicht bereit sind, zu üben. Da es für sie keine unveränderlichen Normen und Regeln gibt, fühlen sie sich auch nicht an Tugenden wie Ehrlichkeit und Fairness gebunden, obwohl sogar schon der natürliche Menschenverstand einem sagt, dass man von anderen keine Akzeptanz und Gehör erwarten kann, wenn man selbst auch nicht bereit ist zuzuhören (Röm.2:1-4, Spr.21:28).

Dekolonialismus durch Verfälschung der Geschichte

Obwohl die Kolonialzeit eigentlich schon vor 100 Jahren endete und die meisten Kolonialmächte sich in den 60er Jahren aus ihren Kolonien zurückgezogen haben, existiert für die woken Postmodernisten die Unterdrückung der anderen Kulturen noch heute fort, nämlich in den Köpfen und in der Sprache. Und da nach ihrem Verständnis Wissen nur eine Konstruktion von Macht sei, halten sie es für völlig legitim, die Weltgeschichte umzuschreiben, da nach ihrer Auffassung ja auch die historischen Fakten von Europäern angeblich einseitig, tendenziös und z.T. fiktiv seien. Ihrer Überzeugung nach, müsse man „für immer auf den Gedanken verzichten, dass Wissen wertfrei produziert werden könne“, so Kehinde Andrews, Professor für Black Studies an der Universität Birmingham. Für die Dekolonialisten ist objektives Wissen, das unabhängig der eigenen Identität für jeden wahr ist, nicht erreichbar, weil Wissen für sie nichts weiter als ein innerkulturelles Narrativ ist, gleichgültig, wie verlässlich das Wissen produziert wurde. Da die objektive Realität für die woken Theoretiker sowieso nur eine untergeordnete Rolle spielt, kann mittlerweile jede noch so absurde Fantasie in ihre Geschichtsforschung eingeflochten werden.

So wurde beispielsweise die ptolemäische Königin Cleopatra in einer 2023 veröffentlichten Netflix-Serie fälschlich als Schwarze dargestellt, obwohl sie nachweislich eine weiße Europäerin war. Dagegen wehrten sich ausgerechnet die Ägypter, die nach der woken Ideologie ja eigentlich als „Unterdrückte“ galten, und forderten durch eine Petition, dass man die Geschichte nicht einfach durch einen „Afrozentrismus“ verfälschen dürfe. Den Vogel schoss indes der englische Fernsehsender BBC ab, als er den weißen König Richard III. aus dem 15.Jh. 2022 von einer schwarzen Schauspielerin spielen ließ. Nach Meinung der postkolonialen Theoretiker sei die weitverbreitete Unterdrückung der Frauen in islamistischen Ländern nicht etwa – wie die Islamisten selbst bezeugen – auf eine strenge Auslegung des Koran zurückzuführen, sondern angeblich eine Folge des westlichen Imperialismus, der jene Kulturen pervertiert und dadurch die Übergriffe erst ermöglicht habe. Diese Verfälschung historischer Fakten und die Umdichtung gemäß dem eigenen Wunschdenken könnte man als lächerlich abtun (wie Pipi Langstrumpf, die „sich die Welt machte, wie es ihr gefällt“). Je vergesslicher und gleichgültiger die Menschen jedoch werden, desto mehr entwickeln wir uns in eine Zeit wie die von George Orwell beschriebene im Buch „1984“, in welchem Winston Smiths tägliche Aufgabe im Wahrheitsministerium darin bestand, alte Pressemeldungen der Partei nach deren Vorgabe nachträglich abzuändern, damit niemand die Lügen der Regierung bemerkt.

Eines der bekanntesten „Forschungsergebnisse“ des woken Geschichtsrevisionismus ist die willkürliche Behauptung, dass aller Wohlstand der reichen Länder einzig auf ihrer kolonialen Vergangenheit beruhen würde und die heutigen Menschen westlicher Nationen deshalb auf Kosten der ehemaligen Kolonien leben würden. Deshalb seien die europäischen Länder geradezu verpflichtet, als Reparation sowohl Entwicklungsgelder an die teils hochgradig korrupten afrikanischen Staaten zu überweisen, als auch die Millionen an Armutsmigranten durch ihre Sozialkassen zu alimentieren. Zudem fordere man, die Lehrstellen an Hochschulen bevorzugt mit Personal aus ehemaligen Kolonien zu besetzen, für die weiße Lehrkräfte weichen müssen. Diese woken Dekolonialisten werden dann bevorzugt von den Öffentlichen Medien und Politikern als Experten befragt, wenn es um Fragen der Migration und Integration geht. Als sich in den USA zuletzt Supermarkt-Plünderungen von Schwarzen immer mehr häuften, entschieden diese Experten, dass man diese nicht strafrechtlich verfolgen dürfe aufgrund all der Benachteiligungen, die diese über Jahrhunderte erlitten hätten. Vielmehr wurde daraufhin das Supermarktpersonal verklagt, wenn es versucht hatte, die Diebe am Diebstahl zu hindern, da es als rassistische Diskriminierung galt. Ebenso wurde auch der US-Rapper Kayne West als Rassist beschimpft, als er den Slogan „Black lives matter“ auf seinem Pullover provokativ in „White lives matter“ umwandelte. Denn nach der Critical Race Theory gilt es als „Akt des Hasses“, wenn man auch weißes Leben als lebenswert verkündigen will.

Biblische Bewertung: Vom Antichristen lesen wir in Dan.7:25, dass „er darauf sinnen wird, Zeiten und Gesetz zu verändern“. Da Menschen ihre Entscheidungen auf Grundlage der Informationen treffen, die ihnen zur Verfügung gestellt werden, ist es besonders perfide, wenn man sie durch Hetze und Propaganda manipuliert und verführt (2.Mo.23:1-3). Die Behauptung, Geschichtsschreibung könne nicht objektiv sein, da sie von den Siegern geschrieben wurde, hat zwar einen wahren Kern; jedoch den gesamten Historikern zu unterstellen, sie seien nicht in der Lage, sich der geschichtlichen Wahrheit weitestgehend anzunähern, ist nichts weiter als ideologische Verblendung. Es ist zudem absurd, den weißen Menschen heute die Sklaverei der Schwarzen von vor 300 Jahren in Rechnung zu stellen, erst recht nicht durch die erzwungene Gewährung von Straftaten. Sklaverei hat es schon immer gegeben. Selbst Schwarze haben sich untereinander versklavt. Aber es war gerade der Verdienst eines weißen Politikers aus England, dass die Sklaverei in der ganzen Welt ab dem Jahr 1800 schrittweise abgeschafft wurde, nämlich des gläubigen Christen William Wilberforce, der über mehrere Jahre trotz massiver Widerstände dafür eintrat.

Die Kolonialisierung von unterentwickelten Ländern durch das christliche Europa hat zwar teilweise viel Unrecht verursacht, aber zugleich Milliarden Menschen aus der Steinzeit in die moderne Zivilisation geführt. Die Unterernährung weltweit ist zwar heute durch die Medien bei uns viel präsenter geworden; statistisch gesehen verringert sich diese aber schon seit Jahrzehnten, trotz Zunahme der Bevölkerung. Hierin erfüllte sich die Verheißung an Jakob, dass in ihm und seinen Nachkommen alle Geschlechter der Erde gesegnet werden würden (1.Mo.28:14). Der Teufel möchte diesen Segen heute als Fluch auslegen, indem er die Christen als Ursache für alles erdenklich Böse darstellt. Durch Transferleistungen an die illegalen Einwanderer beraubt er sie indirekt ihres hart erarbeiteten Geldes und Wohnraums. Statt aber dass die vielen Migrationsforscher nach Lösungen suchen, wie man mit technischem und sozialem Fortschritt in den Heimatländern die Ursachen für Migration bekämpfen kann, bewegen diese sich in einem vollkommen theoretischen und lebensfernen Denkrahmen, in welchem die echten Probleme gar nicht erkannt, geschweige denn beseitigt werden können.

Die „Queer-Theorie“ und das Verdrängen biologischer Tatsachen

Wenn man in früheren Zeiten sprichwörtlich nicht mehr weiß, „ob man Männlein oder Weiblein ist“, wollte man damit die Verwirrtheit und Desorientierung eines Menschen beschreiben. Heute scheint dieser Ausnahmezustand bei vielen jedoch zum Normalfall geworden zu sein, denn bekanntlich wissen besonders Jugendliche immer weniger, welchem von beiden Geschlechtern sie angehören. Anlass dafür ist eine beispiellose Medien-Kampagne in den letzten zehn Jahren, die angefangen in den Kindergärten über die Grundschulen und bis in die Universitäten, Kindern und Heranwachsenden suggeriert, dass ihr biologisches Geschlecht keinerlei Bedeutung habe und sie zwischen 60-70 möglichen Identitäten die passendste aussuchen können. Da Pubertierende aber ohnehin oft an Orientierungsschwierigkeiten leiden, ist es kein Wunder, dass gerade unter Jugendlichen die angebliche Zahl der „Transmenschen“, die sich im falschen Körper wähnen und deshalb ihr Geschlecht operativ ändern möchten, sprunghaft angestiegen ist. Auffällig analog ist auch die Selbstmordrate unter diesen um ein Vierfaches angestiegen. Das steht aber im Widerspruch zu der queeren Verheißung, dass Menschen in einer „befreiten“ und „bunten“ Gesellschaft, wie wir sie heute haben, glücklicher sein müssten durch ihre Selbstverwirklichung.

Von solchen Widersprüchen wollen die Vertreter der Queer-Theorie in der Regel nichts wissen. Sie halten schon die bloße Existenz von herkömmlichen Kategorien für Geschlecht, Geschlechtsidentität (engl. gender) und sexuelle Orientierung für repressiv. Biologische Kenntnisse interessieren sie nicht, da sie davon ausgehen, dass durch Kategorisierung automatisch Unterdrückung und Diskriminierung entsteht, und zwar immer dann, wenn die Sprache ein Gefühl dafür vermittle, was „normal“ sei. Jede Kategorie wird immer gleich mit Zwang und Unterdrückung in Verbindung gebracht, da man diese ja den Menschen gewaltsam „zuschreibe“. Dadurch werde der Einzelne gezwungen, sich einzuordnen und zu limitieren. All die Biologen und Psychologen, die teils unbestreitbar dargelegt haben, wie sich die Geschlechter biologisch und psychologisch unterscheiden, werden durch die Anhänger der Queer-Theorie im besten Fall missachtet und im schlimmsten Fall aufs übelste persönlich angegriffen. Sven Lehmann, der „Queer-Beauftragte“ der Bundesregierung, behauptet dreist: „Welches Geschlecht ein Mensch hat, kann kein Arzt von außen attestieren.“ Auffällig ist, dass er – wie auch die meisten Queer-Gläubigen – nicht in der Lage ist, die simple Frage zu beantworten, was denn eigentlich dann ein Mann und eine Frau sei. Sie können noch nicht einmal sagen, wie viele Geschlechtsidentitäten es nach ihrer Auffassung eigentlich gibt. Die Möglichkeiten für sog. „non-binäre“ Identitäten müssen per Definition unendlich sein, da sie auf keiner realen Grundlage beruhen, sondern reine Fantasie-Produkte sind.

Judith Butler, die wohl einflussreichste Vertreterin der Queer-Ideologie behauptet, dass die Gesellschaft den Kindern von klein auf ein Geschlecht aufbindet und sie wegen des enormen Sozialisationsdrucks und der Zwanghaftigkeit der Geschlechterrollen gar nicht anders können, als diese „richtig“ zu spielen, ganz so, als würden sie ein vorgeschriebenes Drehbuch verinnerlichen und als einzige Realität betrachten. Entsprechend wird eine Geschlechterrolle ihrer Überzeugung nach nur „aufgeführt“ und die normative Heterosexualität sei nur „erzwungen“. Ihr gehe es darum, jedes Gefühl von Normalität zu überwinden, um die Menschen von den Erwartungen, die durch herrschende Normen geweckt werden, zu „befreien“. Unsere links unterwanderten Medien sind von Beginn an dieser pseudowissenschaftlichen Ideologie gefolgt, indem sie wie selbstverständlich inzwischen das Wort „Mutter“ vermeiden und stattdessen von „entbindendender Person“ oder „gebärende Person“ sprechen. Als sich die Harry-Potter-Autorin J.K. Rowling einmal über die Formulierung „people who menstruate“ amüsierte, wurde sie sofort von den Tugendwächtern der woken Inquisition geächtet und zum Boykott ihrer Bücher aufgerufen. Der irische Lehrer Enoch Burke, der sich aufgrund seines christlichen Glaubens weigerte, eine „Trans-Person“ mit neuem Pronomen anzusprechen, wurde nach der Ignorierung seiner Suspendierung vom Gericht sogar zu elf Tagen Haft verurteilt (Lehrer verweigert Anerkennung einer Trans-Person | kurier.at). Hier wurde also den fragwürdigen und gnadenlos konfrontativen Überzeugungen einer neuartigen Quasi-Religion mehr Vorrang und Rechte eingeräumt, als den christlichen Glaubensüberzeugungen.

Mehrere erfolglose Sportler haben inzwischen den Wechsel zum anderen Geschlecht als Chance erkannt, mit ihren körperlich überlegenen Muskeln in den Frauendisziplinen Olympia-Medaillen einzuheimsen, die nach der woken Lehre ja eigentlich den „systemisch unterdrückten Frauen“ zugestanden hätten. Die seit 2015 gesetzlich verpflichtende Frauen-Quote in Führungspositionen im Öffentlichen Dienst hat einigen weniger qualifizierten Männern, die sich als Frauen ausgaben, unmittelbar zu einem enormen Karrieresprung verholfen. Der grüne Politiker Markus Ganserer wäre z.B. heute nicht im Bundestag, wenn er sich 2021 nicht als Frau geoutet hätte und damit einen für Frauen reservierten Mandatsplatz besetzte. Seit es in den USA zu ersten sexuellen Übergriffen und sogar Vergewaltigungen in Frauengefängnissen und Umkleidekabinen durch angebliche Transfrauen (biologische Männer) gab, hat ein Umdenken begonnen. Damit Soldaten im Kriegsfall sich nicht mit Hilfe das Selbstbestimmungsgesetzes für Frauen erklären und dadurch den Kriegsdienst verweigern können, hat der Bundestag für diesen Fall schon mal eine Ausnahmeregelung ins Gesetz geschrieben.

Biblische Bewertung: Die Queer-Theorie ist selbstverständlich als durch und durch antichristlich zu bewerten – nicht nur weil sie sich über die biblischen und biologischen Fakten hinwegsetzt, sondern weil sie die Kinder heute in den Kindergärten und Schulen völlig verwirrt und als seelisch-orientierungslose Krüppel ins Verderben führt. Satan hat es schon immer auf die Kleinsten abgesehen: 2.Mo.1:16, Mat.2:13, Offb.12:4 – und wer die Kleinsten und Wehrlosesten verführt, dem wäre es besser, dass er mit einem Mühlstein im Meer versenkt werde (Mat.18:6). Die Queeren haben es aber auch auf die Erwachsenen abgesehen, indem sie durch Verleumdungen (z.B. „homophob“, „transfeindlich“), Stigmatisierung und Ausgrenzung (neudeutsch: „Cancel-Culture“) die Gesellschaft spalten und die Menschen gegeneinander aufhetzen. Natürlich darf sich jeder – solange es nur ihn selbst betrifft – fühlen und wahrnehmen, wie er möchte. Aber eine Wahrnehmung gleicht nicht zwangsläufig der Wahrheit. Wenn sich jemand z.B. früher für Napoleon hielt, wurde er in eine Nervenheilanstalt eingewiesen. Erst recht darf nicht erwartet werden, dass sich andere solch eine subjektive Meinung zu eigen machen müssen, denn jeder Mensch hat das Recht auf seine eigene Wahrnehmung. Es ist geradezu demokratiegefährdend, wenn sich eine kleine, fanatische Minderheit erdreistet, durch das Gendern wie eine Sprachpolizei den Leuten vorzuschreiben, wie sie zu reden und zu denken haben. „Werdet nicht der Menschen Sklaven“ (Gal.5:1).

Seit im Zuge der anwachsenden Gesetzlosigkeit das Phänomen der Homo-, Bi- und Transsexualität immer mehr zunahm, hat dieses nicht nur in der ohnehin schon völlig verdorbenen Evangelischen Kirche Einzug gehalten, sondern leider auch unter den Evangelikalen. Das biblische Verbot, dass Männer keine Frauenkleider tragen dürfen (5.Mo.22:5), wird aber noch weitestgehend eingehalten (wenn auch die meisten Glaubensschwestern das Verbot, Männerkleidung zu tragen, schon seit 50 Jahren missachten). Ein ausgesprochen bibeltreuer Christ vertraute mir einmal an, dass in ihm ein Mädchen wohne, weshalb er sich in seiner Jugend auch als Mädchen kleidete. Er räumte ein, dass dies dämonisch sei, fügte jedoch hinzu: „Was nützt mir das?“ Da der HErr nicht für die Gesunden, sondern für die Kranken gekommen ist, sollten auch wir mit Menschen milde und barmherzig sein, die diesem Irrwahn verfallen sind, sofern sie diesen als Sünde erkannt haben und Befreiung anstreben. Jemand sagte mal, dass die Gemeinde der barmherzigste Ort auf Erden sein sollte. Das denke ich auch.

Der gefährliche Siegeszug des Wokeismus

Der Wokeismus hat alle Bestandteile einer neuen Religion: Er hat z.B. einen Wahrheitsanspruch, der nicht hinterfragt werden darf und sich zwangsläufig einer wissenschaftlichen Prüfung entzieht. Dann gibt es sowohl „Gebote“ als auch einen eigenwillig zusammengestellten Sündenkatalog, der jedes Jahr erweitert wird. Es gibt ein Heilsversprechen und sogar eine Art Sündenablass (wenn man z.B. auf dem Firmen- oder Einkaufsmarktgelände im vorauseilenden Gehorsam die LGBTQ-Flagge hisst als Bekenntnis zum Antirassismus- und Antitransfeindlichkeit). Und dann gibt es natürlich auch Tugendwächter, die nötigenfalls auch bereit sind, Bannsprüche gegen Einzelpersonen zu verhängen oder sogar gleich einen medialen Religionskrieg zu erklären gegen andersdenkende Gruppen. Ich würde mich nicht wundern, wenn in naher Zukunft all jene, die sich weigern zu gendern oder die Geschlechtsumwandlung eines Menschen nicht beachten (engl. Deadnaming), sofort als Rechtsextreme oder Nazis verunglimpft werden. Abweichende Meinungen werden in der Regel nicht mehr toleriert; bestenfalls werden sie als Unvermögen angesehen, sich mit der woken Theorie richtig auseinanderzusetzen – geradeso, als müsse Auseinandersetzung notwendigerweise Übereinstimmung zur Folge haben. Wer nicht glaubt, hat den Text nicht richtig gelesen oder ist eben ein unbelehrbarer Sünder.

Es wird zukünftig auch vermehrt eine Diskriminierung von Weißen geben, da man diesen grundsätzlich Rassismus oder Sexismus unterstellt, selbst wenn sie diese Absichten oder Überzeugungen gar nicht wirklich haben. Das woke Weltbild problematisiert unablässig die Gesellschaft und findet keinen Aspekt unseres Lebens, der nicht mit Kritik überzogen werden kann (und sollte). Nur ein Tabu existiert: die Theorie der Woken darf niemals angezweifelt werden. Obwohl reale Akte von Rassismus immer seltener werden, gibt der Staat immer mehr Steuergelder an Spezialisten, die die die angebliche Ungerechtigkeit zwischen Privilegierten und den angeblich Unterdrückten in den noch so geringen Formulierungen ausfindig machen sollen, Wobei es noch immer mehrheitlich die Weißen sind, die diese Steuern durch echte Arbeit aufbringen müssen. Wir Deutschen werden also gezwungen, mit unserem eigenen Geld Verleumdungen und Vorurteile gegen uns selbst zu finanzieren. Das erinnert mich an den Roman „Die Zeitmaschine“ von H.G. Wells, wo in ferner Zukunft die Weißen als Sklaven unter der Erde alle Arbeit verrichten müssen für eine Minderheit, die über der Erde ein arbeits- und sorgenfreies Leben führen darf.

Da die Privilegierten angeblich verblendet seien, brauche man ihnen auch nicht mehr zuhören. Ihr Wissen bestehe ja nur aus dummen Vorurteilen, weshalb sie in ihren kognitiven Fähigkeiten degeneriert seien. Wenn sich jedoch mal ein Schwarzer („Unterdrückter“) zu Wort meldet und abstreitet, dass er unterdrückt werde, dann habe dieser angeblich seine Unterdrückung internalisiert (verinnerlicht) oder aber er hoffe unbewusst auf Anerkennung und Begünstigung durch das dominante System, indem er sich diesem unterwürfig anbiedert. Wer sich im Besitz der einzig gültigen Wahrheit dünkt, für den kann es keine Widersprüche und Anfechtungen geben. Daher wird auch gleich auf ergebnisoffene Debatten verzichtet und die Widersprechenden auch nicht zu Gesprächen eingeladen. Anstatt Brücken zu bauen, werden die Fronten zwischen unterschiedlichen ethnischen, geschlechtlichen oder sonstigen Gruppen verhärtet. Man verzichtet darauf, an gemeinsamen Lösungen zu arbeiten. Die Andersdenkenden werden zu einem unverbesserlichen Feind erklärt, mit dem es sinnlos ist, zu reden (z.B. Putin). Man will lieber nur unter sich bleiben und zieht sich zurück in die eigene Echokammer. Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung Sven Lehmann bezeichnet Kritik von einer „privilegierten“ Gruppe – und sei sie noch so richtig – ohne weitere Begründung als „Transfeindlichen Müll“, mit dem er sich gar nicht erst beschäftige.

Nachdem hauptsächlich den Weißen jahrzehntelang Rassen- und Völkerdenken, das im Grunde in der gesamten Menschheit normal und vorherrschend ist, aberzogen wurde, ist die nächste, oberflächlich widersprüchlich wirkende Stufe, es ihnen wieder anzuerziehen, Jedoch mit der festen Bedingung, dass sie  sich darin als bösartig anerkennen müssen. Das was Linke eigentlich immer der rechten Seite unterstellen, nämlich Gleichschaltung, Kollektivismus und Denkverbote, sind nun jene Methoden geworden, mit denen sie selbst Unterdrückung und moralischen Terror verbreiten. So passiert es immer häufiger, dass sich Regierungen und Großkonzerne weltweit dafür entschuldigen, dass sie angeblich diskriminierendes und vorurteilbehaftetes Verhalten verübt hätten, ohne dass es dafür überhaupt eine statistische Evidenz gäbe. Unter anderem war der Nationale Rat der Polizeichefs von Großbritannien dazu bereit, sich in einem Bericht über Diskriminierung und Voreingenommenheit in den eigenen Reihen zu „schämen“ und sich daraufhin zu verpflichten, „institutionell antirassistisch“ zu sein. Der Kniefall vor der woken Ideologie, ihren Vertretern und deren Forderungen wird mittlerweile selbst in den höchsten Institutionen öffentlichkeitswirksam durchgeführt. Was kommt wohl als nächstes?

Biblische Bewertung: Im Hinblick auf das angekündigte Kommen des Antichristen ist es fast irrelevant, mit welchen Mitteln dieser versucht, die Menschheit gleichzuschalten und durch totalitäre Forderungen zu unterjochen. Bei den alten Herrschern im Babylonischen, Persischen oder Römischen Weltreich war es die Forderung, allein den König oder Kaiser als göttlich zu verehren. Der Wokeismus hingegen kommt in Lammesgestalt daher, indem er sich das Einsetzen für Minderheitenrechte auf die Fahnen geschrieben hat. Er bedient sich eines biblischen Symbols, der Regenbogenfahne, und argumentiert mit Rücksicht und Toleranz – also im Prinzip auch biblische Tugenden. Aber in Wirklichkeit verbirgt sich hinter der frommen Fassade der Wokeness der feuerspeiende Drache aus Offb.13:11, der alles Normale und Gesunde verbrennen möchte, indem er es auf den Kopf stellt. Aber noch gibt es auch von Seiten konservativer Wissenschaftler vereinzelt Stimmen, die sich diesem Diktat und der Bevormundung entgegenstellen. Einer von ihnen schrieb in der NZZ: „Das Menschenrecht auf Meinungs- und Gewissensfreiheit darf nicht zugunsten der psychischen Bedürfnisse einer Minderheit ausgehebelt werden.“

So dient der Wokeismus im Grunde nur als Mittel zum Zweck, um die Menschheit zu Konditonieren und Abzurichten, damit sie möglichst unkritisch allem glauben und gehorchen sollen, was ihnen von der Obrigkeit als alternativloses Gebot der Stunde verkauft wird – so wie wir es ja gerade erst bei den Covid-Maßnahmen und in der Klimawandelhysterie gesehen haben. Interessant ist, dass Paulus in 1.Tim.3:1 für die „späteren Zeiten“ den Begriff „hysterisch“ (gr. hYSTÄROIS) verwendet. In der Tat leben wir heute in Zeiten übertriebener Emotionalität und übersteigerter Aufmerksamkeitssuche, was man besonders bei der Klimahysterie der „Letzten Generation“ sehen kann. Das Wort Hysterie kommt von dem griech. Wort hYSTÄRA = „Gebärmutter“, da man bis zum 19. Jh. annahm, dass dieser aufgeregte Eifer etwas mit einer Störung in der Gebärmutter zu tun haben müsste. Hysterie ist ein Zeichen geistiger Unreife. Wenn sie aber deshalb staatliche Organe erreicht, ist es um die Zukunft eines Landes schlecht bestellt: „Es gibt ein Übel, gleich einem Versehen, das vom Machthaber ausgeht: Die Torheit wird in große Würden eingesetzt, und Reiche sitzen in Niedrigkeit“ (Pred.10:5-6). Was aber sollen Christen tun, wenn diese Torheit in repressive Gesetze einfließt, die uns Gläubige immer mehr gängeln und schikanieren? Das lesen wir im Vers zuvor: „Wenn der Geist des Herrschers gegen dich aufsteigt, so verlass deinen Platz nicht! Denn Gelassenheit verhindert große Sünden“ (Pred.10:4).

– Was ist mit den anderen Religionen?

 

„Was geht es dich an?“ (Joh. 21:22).

 

Liebe Geschwister,

die Gnade und der Friede unseres Vaters und des HErrn Jesus Christus seien mit Euch!

Petrus wollte wissen, in welcher Beziehung Johannes zum Herrn steht. Die Rangordnung unter den Jüngern war für diese immer wieder ein Thema, obwohl der Herr Jesus zu ihnen gesagt hatte, dass sie besser nicht nach hohem Ansehen trachten sollten, sondern lieber einander dienen mögen. Auch uns interessiert es immer wieder, was mit den anderen ist. Wir haben aber keinen Einfluss auf sie, sondern unser einziges Interesse sollte unsere eigene Beziehung zu Gott sein. Auf dem schmalen Pfad können wir nicht nebeneinander gehen, sondern nur hintereinander. Jeder steht für sich allein vor Gott.

Folge DU mir nach!“ In einem weiteren Sinne könnte dieser Vorwurf – „was geht es dich an!?“-auch auf ganz andere Beziehungen anwendbar sein. Was ist zum Beispiel mit den Menschen aus anderen Religionen? Sind diese von vornherein ausgeschlossen von Gottes Gnade, weil sie nichts von Jesus wissen (wollen)? Werden wir – wie Jona – auch beleidigt reagieren, wenn sich Gott ihrer am Ende erbarmt, wenn sie Buße tun, gleichwie der Stadt Ninive? Ist Gott etwa nicht der „Gott der Götter“!? Kann er ernsthaft die Götter anderer Religionen als Rivalen betrachten, wo Er doch der einzige und absolute Gott ist? Ich glaube, dass Gott jedem Menschen eine Religion oder eine Weltanschauung zugeteilt hat (5.Mo.4:19), und wie Er zu ihnen spricht, ist nicht unsere Sache.

Und nicht nur die Menschen, sondern auch zu den Tieren oder Pflanzen steht Gott in irgendeiner Verbindung, die uns zwar faszinieren kann, aber die uns im engeren Sinne nichts angeht. Es geht ohnehin über unser Vorstellungsvermögen hinaus. Was für ein Leben führt zum Beispiel ein Maulwurf? Oder ein Tiefseefisch? Und welch eine Verbindung hatten die Dinosaurier zu Gott? Wir können das alles nicht fassen – aber es betrifft uns ja auch nicht. Gottes Licht scheint auch in die finsterste Dunkelheit hinein. Er vergisst keines seiner Kreaturen. Dies kann uns trösten, nützen tut es uns aber erst, wenn Gottes Licht uns selbst erreichen kann. Und dann verändert sich alles.

Petrus hatte zunächst das getan, was ihm gerade gut und sinnvoll erschien. Er sagte: „Ich gehe fischen!“ (Joh.21,3). Der HErr Jesus erklärte ihm später, dass er in seiner Unreife noch immer wieder nur das tun würde, was er selber will, dass aber Gott ihn eines Tages dort hinbringen würde, das zu tun, was er von seiner Natur nicht unbedingt getan hätte. Dabei spricht uns der HErr nicht unseren guten Willen ab, weshalb er dem Petrus auch nicht widersprechen wollte, als dieser ihn seine Liebesbereitschaft bezeugte.

Aber unser Wille ist schwach. Unsere menschliche Natur verleitet uns immer dazu, dass wir uns von unseren Liebeswillen zu Gott ablenken lassen und stattdessen anderen, für unser Leben ebenso wichtige Interessen den Vorrang geben. Petrus hatte den HErrn verraten, indem er aus Angst um sein Leben seine Zugehörigkeit zum HErrn verleugnet hatte. Und jedes Mal, wenn wir uns von der innigen Beziehung zu Gott ablenken lassen, dann stehen auch wir in größter Gefahr, unsere Liebe zu Gott zu verraten. Am Sonntag singen wir noch: „Großer Gott wir loben Dich“, und tags darauf jubeln wir über ein Tor unserer Nationalmannschaft und sind stolz auf einen Sieg, obwohl diese Begeisterung für diesen „Fuß-Baal“ überhaupt nicht zur Ehre Gottes dienen kann, sondern sogar zu Gottes Verleugnung.

Unsere Liebe zu Gott ist leider in der Regel nie völlig ungeteilt. Sie ist menschlich. Petrus drückt diese resignierende Einsicht in der Formulierung aus: „HErr, du weißt alles, du weißt auch, dass ich Dich gern habe (gr. „PhILOo“). Dem HErrn aber genügte dieses Bekenntnis, weil es ehrlich ist. “HErr, wer ist es, auf das ich an ihn glaube…“ (Joh.9:36), mit anderen Worten: „Ich will glauben – aber ich weiß nur nicht, an was bzw. an wen.“ „Herr, ich glaube, hilf meinem Unglauben!“ waren die Worte eines anderen Geheilten. Wir können nur das geben, was Gott uns zuvor geschenkt hat, sowohl den Glauben als auch die Liebe zu Gott. Es ist wie ein Energiefluss, der von Gott kommt und wieder zu Gott hinführt. Und wir haben genug daran zu tun, wenn wir alle Hindernisse aus dem Weg räumen, um Gottes Liebe in unserem Leben fließen zu lassen – uns bleibt dabei keine Gelegenheit, dass wir uns fragen, was mit all den anderen ist, den Menschen, die z.B. anderen Religionen angehören. Woher sollen wir wissen können, dass Gott nicht auch irgendwie zu ihnen redet? Auf eine ganz andere Weise vielleicht…? Aber es geht uns nichts an. Und das ist der Punkt!

Wir haben schon genug zu tun, wenn wir uns völlig mit unserer eigenen Umgestaltung beschäftigen. Diese vollführen wir zwar nicht selbst, aber die Mitwirkung an unserer Seligkeit fordert unsere volle Aufmerksamkeit: „Folge du mir nach!“ Es ist ungefähr so, wie wenn man mit seinem Wagen abgeschleppt wird: Der gezogenen Fahrer muss immer darauf achten, dass das Abschleppseil unter Spannung bleibt da es sonst zu unangenehmen Ruckstößen kommt. Er muss darauf achten, wenn der Vordermann gleich abbremsen muss und ebenso schon voraussehen und bremsen. Dadurch entsteht ein wunderbarer Gleichklang, eine Synchronisation. Gott will uns dahin bringen, dass wir mit Seinen Gedanken denken. In den entscheidenden Anfechtungen des Lebens gilt es nämlich, dass wir SOFORT Gottes Willen erkennen und ausführen. Es bleibt in einem solchen Moment keine Zeit, Gottes Gedanken zu erforschen – dieser muss sofort abrufbereit sein, sonst fallen wir stattdessen in alte Verhaltensmuster.

Petrus hatte den HErrn dreimal verleumdet – wie konnte das passieren? Sein Wunsch, Ihn nicht zu verraten, war ehrlich gemeint, aber er genügte nicht. Jesus macht ihm aber keinen Vorwurf, sondern fragt ihn nach seiner Liebe: „HErr, du weißt, dass ich dich liebhabe. Natürlich weiß Er das, – aber ist sich auch Petrus bewusst, dass es nur die Liebe ist, die uns hilft, die Schwachheit unseres Fleisches zu überwinden? Die Liebe ist die einzige Motivation, die es schafft, sogar für jemanden zu leiden und zu sterben, nur, um diesen vor Leid und Tod zu beschützen. Der HErr hatte es ihnen ja vorgelebt. Er war diesen Weg vorausgegangenen und nun sollten Seine Jünger Ihm folgen. Aber war auch ihre Liebe stark genug? Und warum fragte der HErr nur Petrus? Er war ja der Führer unter den Jüngern. Aber als solcher hatte gerade er kläglich versagt. Der HErr gibt ihm hier aber Gelegenheit, es wiedergutzumachen. Jedes Mal, wenn er Ihm in seiner Antwort seine Liebe bezeugt, wird er dafür mit einem höheren Hirtenamt belohnt und geadelt.

Ein kleines Detail ist mir hier aufgefallen, dass eventuell Zufall ist, vielleicht jedoch von Bedeutung: Jesus nennt Petrus „Simon, Sohn Jonas“. War Petrus wirklich nur der Sohn eines Jona? Oder war es hier vielleicht auch eine Anspielung auf jenen Jona, der ähnlich wie Petrus zunächst in seiner Aufgabe versagt hatte, dann aber von Gott erneut berufen wurde, um seine Aufgabe zu erfüllen? Petrus sollte Menschen fischen und nicht länger nur bloß einfacher Fischer bleiben. Im Gegensatz zu den anderen hatte er aber gewisse Führungsqualitäten. Diese allein nützten aber nicht, wenn sie nicht verbunden sind mit eigener Ergebenheit zum HErrn. Aber der HErr kannte Simon in der Tat, sogar noch viel besser als dieser sich selbst kannte. Er wusste deshalb, dass Simons Treueschwüre allein nicht ausreichen würden, um in der Stunde der Versuchung Bestand zu behalten, – was sich ja auch bewahrheitet hatte. Aber er wusste auch, dass Simon Ihn im tiefsten Inneren aufrichtig liebte, weshalb Er ihn auch weiterhin in den Dienst stellen wollte.

Die eigentliche Besonderheit am Glauben ist es eben, dass es sich in Wirklichkeit um eine Liebesbeziehung handelt. Nur die Inbrunst einer echten und aufrichtigen Liebe zu einer Person vermag es schließlich, sich aus Liebe zu dieser selbst zu opfern, wenn es sein muss – ohne dabei durch Angstgefühle und Zweifel davor abgeschreckt zu werden.

Dies war insofern neu, als dass die Juden bisher davon ausgegangen waren, dass Gott ein zorniger Gott sei, den man durch Gehorsam und durch gute Taten besänftigen müsse. Der HErr Jesus zeigte den Jüngern, das es nunmehr nicht mehr um Strenge und Zucht geht – das war früher – sondern das von nun an nur noch die Liebe als einzige Motivationsquelle gelten solle. Aus Liebe hatte sich der HErr als guter Hirte stellvertretend für Seine Schafe geopfert, damit nicht auch sie grauenvoll hingerichtet werden würden, noch bevor sie freiwillig dazu bereit sein würden. Aber nicht erst durch Seinen Tod, sondern vor allem durch Sein Leben ist Er ihnen und uns ein Vorbild, indem Er vorgelebt hat, worin sich die wahre Liebe zeigt, nämlich im DIENEN. Sind auch wir schon bereit, unser Leben zu opfern (d.h. auf ein eigenes, von unseren eigenen Bedürfnissen geleitetes Leben zu verzichten)? Die Liebe zu Gott und vor allem Gottes Liebe zu uns vermag es, alle anderen Bedürfnisse zu ersetzen oder zumindest als unwesentlich erscheinen zu lassen. Und sie befähigt uns, dass wir auch unsere Mitmenschen so sehr lieben können, als wären es unsere engsten Freunde oder Verwandte.

Liebe Brüder und Schwestern, wie ich es Euch schon angekündigt hatte, reisen meine Frau Ruth und ich auch in diesem Winter wieder nach Peru, wo meine Frau herkommt, und zwar vom 10.01. bis 25.02,24, wenn Gott will. Deshalb wird es im nächsten Monat ausnahmsweise keinen Rundbrief geben, sondern erst wieder Anfang März. Wie Ihr wisst, werden wir auch diesmal wieder Spenden an die Bedürftigen verteilen. Wenn jemand von Euch auch etwas geben möchte, kann er/sie es auf folgendes Konto überweisen mit dem Hinweis „Spende für Peru“:

IBAN: DE09 2905 0101 0082 0657 56 bei der Sparkasse Bremen BIC: SBREDE22XXX

Ich will ich Euch dann gerne wieder im nächsten Rundbrief berichten, was wir dort mit dem HErrn erlebt haben.

Seid dem HErrn befohlen!

Simon

 

– „Such, wer da will, ein ander Ziel“  Teil 7

 


Juli bis Dezember 2017

Schicksalhafte Fügungen

Anfang Juli stieg ich eines Nachmittags nach einem Kundenbesuch in meinen Wagen und fuhr nach Hause, als mich auf einmal eine Architektin anrief, um mit mir über den weiteren Ablauf bei einem Dämmauftrag zu sprechen, der in der nächsten Woche beginnen sollte. Ich bog vom Sielwall auf den Osterdeich, als – von mir unbemerkt – eine Polizeistreife auf mich aufmerksam wurde, wie ich während des Autofahrens telefonierte. Sofort fuhren die beiden Polizisten hinter mir her und gaben mir mit einer Leuchtschrift über dem Autodach ein Stop-Signal. Ich war indes so vertieft in mein Gespräch, dass ich gar nicht in den Rückspiegel schaute, um die Halteaufforderung zu sehen. So wunderte sich die Polizei, dass ich den ganzen Osterdeich runterfuhr entlang der Weser, ohne die vielen Gelegenheiten zu nutzen, um rechts ranzufahren. Bei einer Ampel fuhr ich dann auf die Carl-Carstens-Brücke und beschleunigte, so dass die Polizisten dachten, ich wollte fliehen. Immer wieder blinkte die Halteanzeige, aber ich merkte nichts. Unten bei der Bekenntnisschule fuhr ich dann rechts auf die Habenhauser Landstraße und dann wieder rechts in die Fontanestraße, so dass die Polizisten dachten, ich hätte sie endlich bemerkt. Als ich gerade mein Telefonat beendet hatte, fuhr ich wie gewohnt links an der Verkehrsinsel herum, hielt den Wagen, schaute rechts in den Außenspiegel und setzte den Wagen zurück, um möglichst eng an der Bordsteinkante zu parken. Plötzlich machte es einen lauten Krach, und erst in dem Moment sah ich den Streifenwagen, der unmittelbar hinter mir gehalten hatte, weshalb ich ihn nun frontal gerammt hatte.

Wie abgebrüht ist denn dieser Kerl!? dachten sich die Polizisten und stiegen erschrocken aus, wobei sie vorsichtshalber die Hand schon mal an ihr Halfter legten. Als ich dann ebenso herzrasend aus dem Wagen stieg, riefen die Polizisten mir zu: „Wir haben alles aufgezeichnet auf der Dash-cam – Sie brauchen es also nicht zu leugnen, dass Sie es waren, der uns rückwärts gerammt hat!“ Voller Scham hob ich meine Hände und sagte ganz unterwürfig: „Entschuldigung, Entschuldigung! Das wollte ich nicht! Es tut mir so leid…“ – Irritiert fragte mich einer der beiden: „Wieso haben Sie eigentlich gar nicht angehalten? Wir verfolgen Sie schon seit zehn Minuten!“ – „Entschuldigen Sie bitte vielmals – ich war einfach so zerstreut durch das Telefongespräch, dass ich gar nicht in den Spiegel schaute.“ – „Allerdings! Den Eindruck hatten wir auch. Aber jetzt sind wir Unfallbeteiligte und können Ihre Fahrzeugpapiere nicht mehr einfordern, sondern müssen jetzt mal selbst eine Streife rufen, die den Fall aufnimmt.“ Einer von ihnen rief bei der Zentrale an, während ich mit dem anderen ein wenig plauderte. Ich weiß nicht mehr, über was wir sprachen, aber irgendwie musste ich wohl auf die beiden sympathisch gewirkt haben. Denn noch bevor der andere Polizeiwagen eintraf, sicherten mir die beiden zu, dass sie den Vorwurf des Handytelefonierens einfach unter den Tisch fallen lassen würden, so dass ich nur den Unfallschaden am Polizeiauto erstatten solle. Ich bedankte mich sehr und gelobte Besserung für die Zukunft. Durch dieses Erlebnis hatte mir Gott mal wieder vor Augen geführt, wo meine Schwächen sind und wie weit ich noch immer entfernt war von dem Vorbild, das ich als Christ eigentlich für andere sein sollte.

Kurz darauf erfuhren wir durch Ruths Bruder Israel, dass ihre Mutter Lucila in Peru heimgegangen war. Israel versicherte seiner Schwester, dass ihre Mutter nicht litt, sondern in der Nacht friedlich eingeschlafen war.  Trotzdem war Ruth dadurch natürlich emotional sehr aufgewühlt – vor allem, weil sie ihre Mutter nicht begleiten konnte. Aber letztlich hatte sie es auch erwartet und war froh, dass ihre Mutter jetzt nicht mehr leiden brauchte, sondern beim HErrn war. Wir erinnerten uns an die vielen schönen Erlebnisse, die wir gemeinsam mit ihr hatten, wie sie uns immer zum Lachen brachte und wir miteinander scherzten. Zugleich war sie aber für uns alle ein ganz großes Vorbild im Erdulden von Demütigung und Benachteiligung, da sie es als Analphabetin und Opfer häuslicher Gewalt nie leicht hatte im Leben. Sie war immer äußerst bescheiden und genügsam. Sie nahm wenig und gab so viel. Obwohl sie wegen ihres geringen IQs noch nicht mal sagen konnte, wie die vier Evangelienschreiber hießen, bestand für uns kein Zweifel, dass sie beim HErrn einen Ehrenplatz im Paradies erhalten würde.

Mitte Juli kam dann sogleich die nächste emotionale Veränderung in unserer Familie: Dennis, der Freund von Rebekka, kam uns eines Abends besuchen und bat uns nach einem Gespräch um die Hand unserer Tochter. Mir gefiel es sehr, dass er uns nicht vor vollendete Taten stellte, sondern uns respektvoll fragte, ob auch wir mit der Heirat einverstanden sind. Selbstverständlich waren wir das, obwohl Dennis nicht wirklich wiedergeboren war, sondern eher ein Mitläufer, was den Glauben angeht. Aber bei unserer Tochter war es ja auch nicht anders, sodass man nicht von einem „ungleichen Joch“ sprechen konnte (vergl.2.Kor.6:14). Wir waren ja schon froh, dass die beiden gelegentlich in eine Gemeinde gingen und zusammen abends beteten. Zudem hatten beide vorher noch nie eine Beziehung gehabt, weshalb sie füreinander jeweils die erste große Liebe waren. Am darauffolgenden Wochenende machte Dennis dann Rebekka einen Heiratsantrag.


Matthias verlässt mich

Im August erfüllte sich unser peruanischer Bruder Ricardo Pineda (62), der uns 1988 schon einmal besucht hatte, einen jahrzehntelang gehegten Wunschtraum, nämlich noch ein einziges Mal nach Deutschland zurückzukehren, dem Land, mit dem er so viele schöne Erinnerungen verband. Er nahm seine Tochter Sara (26) mit und hatte einen sehr eng getakteten Zeitplan, um auf einer Rundreise durch Europa in relativ kurzer Zeit möglichst viel gesehen zu haben. Sein größter Wunsch – als er nach Bremen kam – war, noch einmal alle Geschwister des damaligen Hauskreises wiederzusehen. So fuhr ich mit ihm zunächst nach Blumenthal in das Haus bei den Böhnkes, wo wir uns damals versammelten. Bruder Edgard war ja inzwischen schon 2010 heimgerufen, aber Schwester Hedi (84) war noch da und freute sich sehr, den Ricardo nach 29 Jahren wiederzusehen. Dann fuhren wir zusammen nach Schwester Alice (77), die Ricardo damals ganz besonders ins Herz geschlossen hatte wegen seiner fröhlichen Art. Am zweiten Tag fuhren wir vormittags zunächst zum Valentinsbunker, wo die Nazis im Krieg mithilfe von Zwangsarbeitern einen riesigen U-Boot-Bunker bauen ließen. Dann machten wir einen Spaziergang durch die mittelalterliche Innenstadt Bremens, damit sie Fotos machen konnten. Am dritten Tag fuhren wir mit ihnen nach Hamburg, um ihnen den Hafen mit Elbphilharmonie, sowie die Innen- und Außenalster zu zeigen.

Nachdem mich in den letzten Jahren über die Hälfte meiner Mitarbeiter verlassen hatte, machte ich auch mit meiner relativ kleinen Mannschaft von vier Gesellen und vier Lehrlingen immer noch einen Jahresumsatz von rund 350.000,- €, wobei ich dem Matthias trotz seines Meistertitels noch immer nur einen Gesellenlohn zahlen konnte, wenn auch über Tarif. Da ich ihm blind vertraute, gab ich Matthias als meinen zukünftigen Nachfolger Einblick in alle Geschäftsgeheimnisse, z.B. in die Einheitspreise aller Leistungspositionen, damit er schon jetzt eigenständig Angebote und Rechnungen für mich schreiben konnte. Damit er mehr verdienen könne, empfahl ich ihm, dass er sich schon jetzt selbstständig machen sollte, um für mich statt als Geselle als Subunternehmer zu arbeiten, was er dann auch Anfang September tat. Was ich jedoch nicht ahnte, war, dass er schon seit Monaten hinter meinem Rücken schlecht über mich redete, sich aber nicht traute, über seine Kritik an mir persönlich mit mir zu sprechen. Mitte September musste ich aber dann einmal sehr mit ihm schimpfen, da er vor dem Tapezieren bei einem Kunden einfach ein langes Kabel aus der Wand hängen ließ, obwohl er dies eigentlich unter Putz legen sollte. Daraufhin erschien Matthias auf einmal vier Wochen nicht mehr zur Arbeit ohne jede Begründung und ging auch nicht mehr ans Handy, so dass ich mir Sorgen machte, ob ihm etwas zugestoßen sei.

Nach vier Wochen erhielt ich plötzlich eine sehr lange WhatsApp-Nachricht, in welcher er mir eine ganze Menge Vorwürfe machte. Vor allem missfiel ihm, dass ich ihn jetzt schon fast zwei Jahre mit dem Versprechen hingehalten hätte, dass ich ihm meine Firma geben würde, aber es noch immer nicht getan hatte. Deswegen sei er zuletzt immer frustrierter geworden, worunter die Qualität seiner Arbeit gelitten hätte. „Du bist schuld daran, dass ich schon längst nicht mehr die Leistung abrufen kann, die ich normalerweise bringen könnte“ schrieb er mir, „und je länger ich für Dich arbeite, desto schlechter werde ich, so dass ich mich selbst nicht mehr im Spiegel anschauen kann“. Er schrieb auch, dass er schon viele Male versucht hatte, mir seinen Frust von der Seele zu reden, aber dann immer wieder einknickte aus Furcht, ich würde ihn manipulativ zum Bleiben überreden. „Deine Art tut mir nicht gut“, folgerte er, weil ich zwar immer lieb und freundlich sei, aber am Ende doch immer nur meinen Willen durchsetzen würde. Dann zählte er noch viele kleine Beispiele auf aus den letzten Monaten, wo ich ihm seiner Ansicht nach Unrecht getan hatte und schloss mit dem Fazit, dass wir ab jetzt getrennte Wege gehen würden. Dieser unerwartete Schwall an Kritik war für mich etwas zu viel auf einmal, und ich hätte mir gewünscht, dass er doch lieber offen zu mir gewesen wäre, anstatt alles in sich hineinzufressen. Meine Mitarbeiter bezeugten, dass er schon seit vielen Monaten über mich abgelästert hatte und sie ihn immer wieder fragten, warum er dann nicht einfach gehe, wenn er es nicht ertragen würde. Für mich hingegen war dieser plötzliche Verlust von Matthias aber ein herber Rückschlag, denn ich stand auf einmal wieder ohne Nachfolger. Aber letztlich nahm ich es aus Gottes Hand und vertraute auf Seine Führung.

Und dann kam der 23.09.2017, der aus Sicht vieler Christen weltweit ein bedeutsamer Tag werden müsste (https://www.youtube.com/watch?v=BZ4fna0lbr4 ), da sich an diesem Tag eine Prophetie aus Offb.12:1 erfüllen sollte. Aber es passierte an jenem Tag nichts, absolut gar nichts. Es war ein Tag wie jeder andere. Kein himmlischer Posaunenklang (wie ein Jahr zuvor über Jerusalem: https://www.youtube.com/watch?v=o1CVB_swsvA), keine Entrückung und auch keine weltweite Belebung des Volkes Gottes. Es war der Tag vor der Bundestagswahl und entsprechend ging es in Deutschland vor allem um Wahlprognosen. Aber auch international gab es kein Ereignis, das in irgendeinem Zusammenhang mit der biblischen Prophetie zu deuten wäre. Von daher war die Sternenkonstellation zwar durchaus verblüffend übereinstimmend mit dem Wortlaut in Offb.12:1, aber hatte trotzdem nichts mit diesem zu tun. Da ich aber im Vorfeld vielen Gläubigen von diesem Zusammenhang erzählt hatte, nannte mich Bruder Richard scherzhaft einen „falschen Propheten“.


Der schwarzfahrende Schriftgelehrte

Anfang Oktober war ich eingeladen auf einer Straßenprediger-Konferenz in München (30.09.-05.10.17), die von den Brüdern Alan Haufe und Alois Böck in einer Offenen Brüdergemeinde abgehalten wurde. Neben Predigten und Workshops (evangelistischer Unterricht), gab es auch täglich Straßeneinsätze an verschiedenen Plätzen in München, was sich besonders gelohnt hat, weil gerade das Oktoberfest begonnen hatte. Dem HErrn sei Dank, dass auch ich viele gute Gespräche haben konnte und neue Geschwister kennengelernt habe. Übernachten durfte ich wieder im Haus von Jonathan und Carolyn Minko, die mir schon sehr ans Herz gewachsen waren. Die Redner auf dieser Konferenz, u.a. Arno Backhaus und Alois Böck, wirkten eher lässig, locker und humorvoll. Doch am dritten Tag ging ein junger Mann mit Anzug und Krawatte ans Rednerpult. Er war blass, trug eine altmodische Brille und Manschettenknöpfe. Er wirkte wie aus der Zeit gefallen, und ich befürchtete, dass er sich gleich ziemlich blamieren würde vor allen. Aber genau das Gegenteil war der Fall: Schon bei seinem Gebet spürte jeder im Raum, dass Peter Schild ein Mann Gottes war, der in engster Verbindung mit Seinem HErrn lebte. Und als er dann predigte, bekam ich regelrecht eine Gänsehaut durch seine kräftige, beschwörende und leicht weinerliche Stimme, die mich an Paul Washer bzw. an Paulus erinnerte, der jeden einzelnen Bruder in Ephesus unaufhörlich „Nacht und Tag mit Tränen ermahnte“ (Apg.20:31). Er predigte zwar etwas pathetisch, aber mit Vollmacht. Peter Schild – diesen Namen musste ich mir merken.

Im Anschluss an die Konferenz fuhr ich weiter nach Augsburg, wo ich von den Brüdern Harald und Nadim erwartet wurde, sowie auch von Bruder Friedemann, der zu diesem Zweck extra von Stuttgart aus angereist war, um Harald mal kennenzulernen. Am nächsten Tag besuchten wir zusammen einen Hausgemeindeleiter namens Shah AlSaifuddin (aus Afghanistan gebürtig), den ich durch seine aufklärenden Internet-Videos kennen- und schätzen gelernt habe. Wir verbrachten den ganzen Tag zusammen im Austausch über diverse Lehrfragen (Verlierbarkeit des Heils, Allversöhnung etc.). Er berichtete, dass er zum Hauskreisbesuch nach München früher immer schwarzgefahren sei, da im Zug so selten kontrolliert werde, dass es trotz eines gelegentlichen Bußgeldes wirtschaftlich gesehen günstiger sei, als jedes Mal ein Ticket zu kaufen. Ich sagte, dass ich das früher auch immer so gemacht hätte, aber ich damals auch noch nicht gläubig war. Als Christen sollten wir „jedem geben, was ihm gebührt“ (Röm.3:7), da es sonst Betrug und Diebstahl sei. Dann erzählte er uns, wie er mal einen Bruder, dem der Weg zur Hausgemeinde zu weit war, in eine Falle gelockt habe, indem er ihn von einer frei erfundenen Stellenausschreibung in seiner Nähe erzählte. Als dieser sich dann sofort bereit erklärte, seinen Wohnort für die Stelle zu wechseln, beschämte der Schah ihn mit den Worten: „Für eine Arbeitsstelle wärst du also dazu bereit gewesen, nicht aber, um regelmäßig mit uns Gemeinschaft zu haben!“ Auch hier korrigierte ich den Bruder, dass wir weder lügen sollen, noch einen Bruder hinterhältig bloßstellen dürfen. Sein ganzes Verhalten sei lieblos und selbstgerecht gewesen, weshalb er Buße tun sollte.

Ein paar Wochen später teilte mir Shah Alsaifuddin mit, dass er mich nicht mehr als Bruder betrachten könne, da ich angeblich nicht an die Göttlichkeit Jesu glauben würde. Ich fragte ihn, wie er darauf käme und erklärte ihm, dass ich selbstverständlich an die Dreieinigkeit glaube. Er sagte, dass ich ja die ewige Herkunft Jesu geleugnet hätte, indem ich den HErrn als geschaffenes Wesen betrachten würde. Ich korrigierte ihn, dass ich nicht „geschaffen“, sondern „gezeugt“ gesagt hatte, so wie es in Psalm 2:7 geschrieben stehe. Schah entgegnete, dass es egal sei, ob jemand gezeugt oder geschaffen sei, denn solange er einen Anfang in der Zeit habe, könne er nicht von Ewigkeit her existiert haben. Zudem sei es bei dieser geistlichen Zeugung in Psalm 2:7 um die Auferstehung Jesu gegangen, da Paulus diese in Apg.13:33 in diesen Zusammenhang brachte. Darauf erwiderte ich, dass der HErr Jesus gemäß 1.Kor.1:30 die „Weisheit von Gott“ sei und als diese gemäß Spr.8:22-31 die Welt geschaffen habe. Dort heißt es aber auch, dass Er „geboren“ wurde vor Urzeiten (V.24), was ja auch schon durch die Bezeichnung „eingeborener Sohn“ zum Ausdruck komme. Abgesehen davon werden nach Hebr.7:9-10 auch solche Geschöpfe als existent gesehen, wenn sie noch ungezeugt, aber schon „in der Lende des Vaters“ sind. In diesem Sinne ist der HErr Jesus von Ewigkeit her existent, und zwar in dem Vater (Joh.14:20). AlSaifuddin wollte diese Erklärung jedoch nicht gelten lassen, sondern behauptete auf einmal, dass ich schon aufgrund von Hebr.6:4-6 kein echter Christ mehr sein könne, da ich schon einmal vom Glauben abgefallen sei. Meine Entgegnung, dass es nur bei Menschenunmöglich“ war, mich zur Buße zu erneuern, aber dass es für Gott möglich war, wollte er nicht anerkennen, da er den Zusatz „bei Menschen“ als eine unerlaubte Hinzufügung zum Wort Gottes betrachtete (vergl. Luk.18:27).

Meine letzte Station auf dieser diesmal verkürzten Reise war dann bei meinem geistlichen Vater Bernd (78) und seiner Frau Brigitte in Ludwigsstadt. So wie er mir bisher immer half bei meinen Hahnenschrei-Ausgaben, indem er sie durchlas und korrigierte, bevor sie veröffentlicht werden, konnte auch ich ihm wieder helfen bei seinen PC-Problemen (er schrieb noch mit einem MS-DOS Betriebssystem). Da sein Arbeitsspeicher schon völlig überlastet war, kaufte ich einen Laptop für ihn in Saalfeld. Auf Spaziergängen in der malerischen Landschaft sprachen wir dann u.a. über die sog. Nachtwachenlehre von Arthur Muhl, und abends hatten wir wieder Wortbetrachtungen mit Bernds Schwestern im thüringischen Nachbardorf Lichtentanne.


Ruths lebensbedrohliche Bauchfellentzündung

Am Abend des 12.10. rief mich meine Frau Ruth an, die in jener Woche mal wieder ihren Chef als Tierärztin vertreten hatte: Sie klagte über starke Schmerzen im Unterleib, die sie schon seit drei Tagen hatte und immer schlimmer wurden. Wir beteten für sie und baten den HErrn um Linderung und Bewahrung. Nachdem ich am nächsten Tag nach Bremen zurückgefahren war, wollte sie am darauffolgenden Samstag vormittags noch ein letztes Mal ihren Chef in der Praxis vertreten und dann anschließend mit mir ins Krankenhaus fahren. Schließlich fuhren wir aber doch erst am Sonntagnachmittag in die Klinik. Man untersuchte sie und erkannte zunächst nur eine akute Blinddarmentzündung. Sie sollte aber noch am gleichen Nachmittag operiert werden. Dabei stellte sich heraus, dass sie eine lebensbedrohliche Infektion im gesamten Bauchraum hatte, weil ihr Blinddarm geplatzt war und Darminhalt entwich. Nach der OP sagte der Oberarzt zu meiner Frau: „Wenn Sie einen Tag später gekommen wären, dann wären sie jetzt nicht mehr auf der Erde…

Doch dann gab eine Krankenschwester der Ruth versehentlich ein viel zu schwaches Antibiotikum, so dass Ruth drei Tage nach der OP immer noch sehr starke Schmerzen im Bauch hatte, bis der Fehler endlich bemerkt wurde. Da sich inzwischen wieder sehr viel Eiter im Bauch angesammelt hatte, musste Ruth erneut operiert werden, um den Bauchraum zu reinigen. Doch dem HErrn sei Dank, dass Er die ganze Zeit auf meine Ruth achtgehabt hat! Nach zwei Wochen Krankenhaus-Aufenthalt konnte ich Ruth dann wieder nach Haus bringen, da es ihr inzwischen wieder besser ging. Wie dankbar dürfen wir sein, dass wir in einer Zeit leben, wo solche schweren Entzündungen nicht mehr ein Todesurteil sind wie noch in all den Jahrhunderten zuvor, sondern mittlerweile durch Antibiotika unzählige Menschenleben gerettet wurden. Auch das ist ja Gottes Güte, dass Er den Ärzten Weisheit geschenkt hat, dass sie dieses Heilmittel aus der Schöpfung entdeckt haben. Sonst wäre meine Frau abberufen worden wie zuvor ihre Mutter. Dort ist es zwar „weit besser“, aber ihr vorläufiges Bleiben auf Erden war ebenso wichtig, weil meine Tochter und ich sie noch brauchten und sie zudem ihren Lauf noch nicht vollendet hatte (Phil.1:23).

Anlässlich ihrer schmerzhaften Bauchfellentzündung und der damit verbundenen, gerade noch rechtzeitigen Verhinderung ihres Todes, stellte Ruth sich trotzdem die Frage, ob es vielleicht nicht doch das Beste gewesen wäre, wenn der HErr sie abberufen hätte. Denn sie litt ja noch immer jeden Tag an Schmerzen wegen ihrer Fibromyalgie und hatte tief im Inneren den Wunsch, dass Gott sie doch endlich sterben ließe, um ihr Leiden zu beenden. Vielleicht war jetzt der Zeitpunkt gekommen, dass Gott ihren Wunsch erhören wollte, und wir hatten durch diesen ärztlichen Eingriff die Entscheidung Gottes sabotiert. Aber war es überhaupt möglich, dass man Gottes Plan vereiteln konnte (Luk.7:30)? Oder lässt Gott einem die Freiheit wie bei Hiskia, den er auf seinen Wunsch hin von seiner Todeskrankheit wieder gesund machte und ihm weitere 15 Jahre Lebenszeit schenkte (Jes.38)? Ruth war indes fest entschlossen, dass sie nur noch weiterleben wollte, wenn es irgendwie eine Aussicht auf Heilung für sie gab. Wir waren ja schon bei vielen Ärzten und Schmerztherapeuten gewesen, aber sie konnten Ruth nicht helfen (Mk.5:26). Manche vermuteten sogar, dass Ruth sich die Schmerzen nur einbilden würde und empfahlen ihr eine Psychotherapie. Eine iranische Ärztin verordnete ihr viel Sport, und dass sie ihre Opiate einfach mal schrittweise absetzen sollte, ohne überhaupt sich vorstellen zu können, dass Ruth dazu gar nicht in der Lage war. Mit anderen Worten: Ruth fühlte sich von niemand mehr ernstgenommen. Wir beschlossen deshalb, dass ich ab jetzt möglichst nur noch vormittags arbeiten sollte, um wenigstens am Nachmittag für sie da zu sein und sie zu massieren. Statt nach Peru auszuwandern, wo man für die Schmerzmittel Woche für Woche viel Geld bezahlen müsste, wollten wir von nun an nur noch im Winter nach Peru reisen, wo es ihr seelisch besser geht und sie sogar als Tierärztin arbeiten könnte bei ihrem Kollegen und Glaubensbruder Francisco Lopez. Und so kauften wir uns Flugtickets nach Peru für den 10.01-09.02.2018, um dort auch unseren 25. Hochzeitstag zu feiern.


Der asketische Evangelist

Eines Tages bekam ich eine E-Mail von einem Bruder namens Wolfgang Ruland, der auf meine Internetseite aufmerksam wurde und mich gerne mal besuchen kommen wollte, um gemeinsam zu evangelisieren. Wolfgang trug einen Anzug, hatte schneeweiße Haare und dunkelbraune Haut. Als ich ihn vom Hauptbahnhof abholte, war ich sehr beeindruckt von seinen vielen Kästen mit Verteilmaterial, die alle mit Aufrufen zur Bekehrung beschriftet waren. Auf einem seiner selbstverfassten Traktate wurden sämtliche Sünden aufgelistet; unter diesen fand sich auch das Wort „Schwulitäten“. – „Meinst Du damit Homosexualität?“ fragte ich. „Ja, natürlich“ sagte Wolfgang, „also im Grunde alles, was unter schwule Taten fällt. Deswegen sagt man ja auch ‚Schwuli-täten‘“ – „Aber das Wort bedeutet ja eigentlich etwas ganz anderes, nämlich ‚Verlegenheit‘ oder ‚Stress‘. ‚Jemanden in Schwulitäten bringen‘ bedeutet, ihn in Bedrängnis zu bringen.“ – „Ja, das gibt es auch. Vielleicht habe ich mich da geirrt. Aber ich denke, dass das wohl trotzdem jeder versteht.“ Er bedankte sich herzlich dafür, dass ich ihn für ein paar Tage bei uns übernachten ließ und freute sich besonders darüber, dass er mit mir zusammen beten konnte.

Ja, Wolfgang war wirklich ein Beter, d.h. er verbrachte einen großen Teil seiner freien Zeit im Gebet. Wenn wir gemeinsam auf die Kniee gingen, dann konnte er problemlos über eine Stunde lang laut beten, so dass ich meine Arme abstützen musste, um keine Rückenschmerzen zu bekommen. In seinem Gebet sprang er immer von einer Bibelstelle zur nächsten, die er nach 50 Jahren im Glauben natürlich alle auswendig kannte. Mich wunderte nur, dass er eigentlich kaum eine Bitte an Gott richtete, sondern einfach nur von seiner Beziehung zu Gott erzählte. Wolfgang schenkte mir auch ein Buch von Ole Hallesby über das Beten, dass ihm sehr geholfen habe. Er litt jahrelang unter seiner sexuellen Neigung und habe durch sein streng asketisches Leben gelernt, diese zu unterdrücken. So ernährte er sich z.B. nur von Wasser und Brot, und zwar ein solches, das er selbst herstellte und das wirklich nur aus Mehl und Wasser bestand. Zu den Mahlzeiten bei uns aß er dieses morgens, mittags und abends. Auf meine Frage, ob das nicht ungesund sei, erwiderte er, dass Mehl etwa 10 % Eiweiß enthalte und dies zum Leben genüge. Er sagte, dass sein Brot ihm nach so vielen Jahren wie die leckerste Speise schmecke.

Am Samstag gingen wir zusammen in die Bremer Innenstadt an einer bestimmten Stelle in der Fußgängerzone, wo ich sonst immer predigte. Schon auf dem Weg dorthin, als ich mit Wolfgang an einer roten Ampel stand zusammen mit etwa 30 anderen Passanten, fing er auf einmal laut an, zu singen: „LOB UND DANK! LOB UND DANK! LOB UND DAHAHANK, GOTTES KINDER SAGEN IMMER LOB UND DANK!“ Die Leute drehten sich belustigt zu ihm um und sahen, wie er mit seinem zahnlückenreichen Mund eine Strophe nach der anderen sang, ganz ohne Scheu. Wolfgang ermutigte mich, mitzusingen, was ich dann auch mit etwas leiserer Stimme tat: „Jedes Weh wurde gut durch des Heilandes Blut. Sieg im Blut, Sieg im Blut, Sieg im Bluhuhut, Gottes Kinder haben immer Sieg im Blut. – Satan flieht, Satan flieht, Satan fliehihit, wenn er Gottes Kinder unterm Kreuze sieht…“ Als wir ankamen, beteten wir gemeinsam, dass der HErr doch die Menschen ziehen möge. Dann fing ich an und predigte etwa 15 Minuten, während Wolfgang Traktate verteilte.

Dann stieg Wolfgang auf sein Podest und sang zunächst ein mir unbekanntes Kirchenlied. Dann rief er die Menschen zur Buße auf und zählte alle möglichen Sünden auf, durch welche die Menschen vor Gott schuldig würden.  Plötzlich tauchte mein Bruder Marcus auf, der wohl gehört hatte, dass wir beide evangelisieren würden. Er hörte Wolfgang eine ganze Weile von ferne zu. Als dieser eine Pause machte, ging Marcus auf ihn zu und erklärte ihm, dass Wolfgang aus seiner Sicht kein Zeugnis sei durch sein Auftreten, sondern eher abschreckend wirke. Wolfgang schaute Marcus einfach nur starr an ohne etwas zu sagen. Als Marcus fertig war, sah er ihm in die Augen: „Sag doch mal was dazu!“ Noch immer blickte Wolfgang ihn einfach nur an, wobei er wohl innerlich betete. Dann sang er auf einmal laut: „Lob und Dank, Lob und Dank, Lob und Dahahank, Gottes Kinder sagen immer Lob und Dank. Alles Weh‘ wurde gut, durch des Heilandes Blut. Halleluja! Lob und Dank…“ Marcus wandte sich wütend von ihm ab und sagte zu mir: „Der ist ja völlig irre! Der nimmt mich überhaupt nicht ernst.“ – „Vielleicht will er aber auch einfach nicht mit Dir diskutieren“ entgegnete ich, „denn es ist doch gerade wirklich kein geeigneter Moment, um sich vor den Leuten zu streiten.“ Marcus ging frustriert weg, und wir machten munter weiter.

Eine Woche später standen wir wieder an der gleichen Stelle und wechselten uns mit dem Predigen ab. Diesmal war auch Bruder Daniel Pyka mitgekommen, der ganz wunderbar predigen konnte. Auf einmal kam ein schwarzer Afrikaner zu mir und fragte mich, um was es denn ginge. Ich erklärte ihm die Evangeliumsbotschaft und fragte ihn, ob er den HErrn Jesus aufnehmen wolle. Er sagte, dass er Muslim sei, aber auch an Jesus glaube. Er heiße Alpha Diallo und komme aus Guinea. Es hatte angefangen, zu schneien und mir fiel auf, dass er viel zu dünn angezogen war, so dass ihm die Zähne klapperten. Deshalb fragte ich ihn, ob er nicht zu uns in das Auto steigen wolle, um sich aufzuwärmen, – was er dankbar annahm. Im Wagen erklärten Daniel und ich ihm noch einmal ganz ausführlich die Botschaft des Heils in Christus und beantworteten seine Fragen. Dann fragten wir ihm, ob er jetzt zusammen mit uns beten wolle, um Buße zu tun und den Heiligen Geist zu empfangen. Er willigte ein, und wir beteten reihum, wobei wir auch Gott dankten. Mir wurde bewusst, dass dies das erste Mal war in den letzten zwei Jahren, dass sich auch mal jemand in Bremen bekehrte. Mein Lehrling Basamba aus Gambia stand zwar auch schon einmal kurz davor, aber im letzten Moment hatte er gekniffen und sagte flehentlich zu mir: „Ich kann nicht, denn meine ganze Familie würde mich verwerfen…“


Der Streit um die Wiederheirat

Eines Abends nach der Bibelstunde setzte ich mich noch einmal mit Bruder Wolfgang in die Küche, weil ich ihn zu einer bestimmten Aussage von ihm mal befragen wollte. Er hatte nämlich gesagt, dass gläubige Männer nach der Bibel zwar nach der Bekehrung eine gläubige Frau heiraten dürfen, auch wenn sie früher als Ungläubige schon in Hurerei mit anderen Frauen gelebt hatten; eine Frau die gläubig wird, muss hingegen warten, bis jener junge Mann, mit dem sie einmal vorehelichen Verkehr hatte, sich bekehrt oder aber stirbt, um dann zu heiraten; denn eine andere Möglichkeit zu heiraten habe sie sonst nicht. Wie er auf diese Idee kam, war mir völlig schleierhaft. Er brachte Stellen aus dem Alten Testament und erklärte, dass eine Frau, die ihre Jungfräulichkeit verliert, sozusagen entsiegelt ist und dadurch nicht mehr das Recht hat, einen anderen Mann zu nehmen, außer dass ihr erster Mann stirbt. Ich fragte ihn, wie das in unserer heutigen Zeit praktisch gehen soll, wo Beziehungen doch schon nach kurzer Zeit enden können und man manchmal noch nicht einmal eine Adresse hat. Außerdem sei es doch völlig lebensfern, dass der erste Sexpartner auf einmal in eine Ehe einwilligt. Wolfgang bestand jedoch darauf, dass eine verlassene Frau sich nach Röm.7:1-6 und 1.Kor.7:10-11 + 39 nur dann neu verheiraten dürfe, wenn der vorige Mann sich wieder mit ihr versöhnt oder stirbt.

Ich hatte mich bis dahin der Lehrauffassung von Bruder Bernd angeschlossen, dass einer, der gegen seinen Willen von seiner Frau geschieden wurde, grundsätzlich nicht sündigt, wenn er erneut heiratet, auch wenn Paulus dies in 1.Kor.7:27-28 nicht empfiehlt. Wolfgang erwiderte, dass mit dieser Auslegung der Vers 39 für ungültig erklärt werde, wo Paulus doch ausdrücklich erklärt, dass eine Frau sich nur durch den Tod neu verheiraten dürfe. Hier war ich tatsächlich dann etwas aus der Bahn geworfen, denn ich hatte mir über diese Stelle bisher noch gar nicht so viel Gedanken gemacht. „Mir fällt auf, dass Paulus hier ja nur von den Frauen spricht, nicht aber von gläubigen Männern. Dies würde ja dann Deine These bestätigen, dass Männer mehr Rechte haben vor Gott als Frauen…“ – „Nein,“ entgegnete Wolfgang, „die gläubigen Männer dürfen nach einer Scheidung erst recht nicht nochmal heiraten, denn das lehrt der HErr Jesus ja an vielen Stellen, z.B. in Luk.16: 18, wo der HErr sagt, dass JEDER die Ehe bricht, wenn er sich nach einer Scheidung neu verheiratet oder wenn er eine Geschiedene heiratet!“ – „Aber was ist mit der Ausnahme in Matth.5:32, wo der HErr sagt, dass bei nachgewiesener Hurerei eine Wiederheirat möglich ist?“ – „So sagt Er das ja gar nicht, sondern nur, dass man eine Entjungferte nicht heiraten braucht, sondern die Ehe annullieren darf. Dies kann der Verlobte wie Joseph feststellen, wenn seine Verlobte auf einmal schwanger wird oder aber spätestens in der Hochzeitsnacht.“

Irgendwie klang mir die Auslegung von Wolfgang sehr schlüssig und widerspruchslos. Da fiel mir ein, dass ich gerade vor fünf Monaten in Meiner „Hahnenschrei“-Ausgabe vom August begründet hatte, welche Ausnahmen es gibt zum Thema Wiederheirat. Wenn ich mich nun geirrt hatte, dann könnte ich theoretisch schon Gläubige zum Ehebruch verführt haben! Sofort machte ich mich daran, meinen Aufsatz auf meiner Internetseite abzuändern, indem ich für ein ausnahmsloses Wiederheiratsverbot plädierte. Als ich meinen Sinneswandel jedoch meinem Lehrer Bernd bekannte, geriet dieser außer sich und schrieb mir einen 16 Seiten langen Brief, in welchem er mir u.a. vorwarf, dass ich mich durch Wolfgang zu einer „dämonischen Irrlehre“ habe verleiten lassen, von einem Mann, der aus Erbarmungslosigkeit und Heuchelei „sein Gewissen wie mit einem Brenneisen gehärtet habe, indem er verbietet zu heiraten“ (1.Tim.4:2-3), obwohl es doch solche gäbe, die nicht die Gabe der Ehelosigkeit hätten und deshalb dazu verleitet werden, in Hurerei oder Pornographie zu verfallen (1.Kor.7:2+7-9). Auch das leuchtete mir ein, weshalb ich meinen Artikel ein wenig abänderte, um ihn um diesen Aspekt zu ergänzen. Bernd reichte dies aber noch immer nicht und verlangte von mir, dass ich diese falsche Lehre ersatzlos streichen möge, da ich andernfalls das endgültige Verderben über die laue Christenheit bringen würde, indem ich ihnen eine Last auferlege, der sie zu tragen gar nicht imstande sind.

Nun geriet ich immer mehr in einen inneren Konflikt, denn ich hatte Angst, dass es vielleicht mein geliebter Bruder Bernd sei, der mich zur Lauheit und falschen Kompromissen verleiten könnte. Immer wieder telefonierte ich mit ihm, manchmal über zwei Stunden, um mir Klarheit in dieser Frage zu verschaffen. Zum Beispiel leuchtete mir nicht ein, warum der HErr angeblich Rücksicht nehmen würde auf die Schwäche von ungewollt Geschiedenen, wenn doch auch der schuldige Partner nach einer Scheidung in Gefahr steht, in Hurerei zu fallen. Und was war mit all den Homosexuellen? Oder was ist mit den Pädophilen? Mussten nicht auch diese nach der Schrift auf eine erfüllte Sexualität verzichten? Der Konflikt sollte Bernd und mich noch Monate beschäftigen.

– „Stich-Worte“ Teil 6

 

  1. Zorn

„Zürnet, und sündiget nicht. Die Sonne gehe nicht unter über eurem Zorn und gebet nicht Raum dem Teufel (Eph.4:26-27)

Das Komma zwischen den Worten „Zürnet“ und „und“ war mir viele Jahre nie aufgefallen. Ich ging immer davon aus, dass wir Menschen grundsätzlich nie das Recht haben, zu zürnen, zumal es ja auch heißt: „Eines Mannes Zorn wirkt nicht Gottes Gerechtigkeit“ (Jak.1:20). Mit dem Komma erscheint das Wort „Zürnet“ aber eher als Aufforderung, die jedoch durch die Warnung „sündiget nicht“ dann doch mehr als Zugeständnis wirkt: Ihr dürft zwar gelegentlich zürnen, aber habt acht darauf, dass ihr dadurch nicht in Sünde fallt.

Wenn der Zorn selbst schon eine Sünde wäre, dann wäre theoretisch auch der Zorn Gottes eine Sünde, was natürlich nicht möglich ist. Das griechische Wort ORGÉ meint einen Erregungszustand (vergl. Orgasmus oder Orgie), bei dem sich angestaute Energie kontrolliert entlädt. Verständlich wird uns dies in der Offenbarung, wo die Menschen den über Jahrhunderte angestauten Zorn Gottes auf einmal zu spüren bekommen, so als ob ein Staudamm brechen würde und sich ins Tal ergießt. Zorn ist also ein entlastendes Ventil, damit die Langmut (engl longsuffering = „langes Leiden“) nicht überstrapaziert wird. Zu Gottes Wesen gehört es ja bekannterweise, dass Er „langsam zum Zorn“ ist (diese Formulierung kommt übrigens zehn Mal in der Bibel vor: 2.Mos.34:6, 4.Mo.14:18, Neh.9:17, Ps.86:15, 103:8, 145:8, Joel 2:13, Jona 4:2, Nah. 1:3, Jak.1:19).

Wer seinen Unmut und Unwillen zurückhält, d.h. einem natürlichen Drang/Trieb keinen Raum gibt, sammelt im Grunde eine Handlungsenergie an, die er bei gegebener Zeit dann zielgerichtet einsetzen kann, um Missstände abzuschaffen und Fehler zu korrigieren. Dies wird deutlich in den Worten von Paulus in 2.Kor.7:11 „Seht doch, wie vieles dieser gottgewollte Schmerz bei euch ausgelöst hat: eifriges Bemühen (um Wiedergutmachung), Erklärung (eures damaligen Verhaltens), Empörung (über das was geschehen war), Furcht (vor Gottes Zorn), Sehnsucht (nach einem Wiedersehen mit mir), leidenschaftlicher Einsatz (für mich) und schließlich sogar Bestrafung (des Schuldigen)“ (NeÜ). Wenn sich jemand empört, dann hebt er sich empor, d.h. er hat vorher willen- und tatenlos auf dem Boden gelegen.

Aus unserer täglichen Erfahrung wissen wir jedoch, dass es uns selbst sehr schwerfällt, Kränkungen zu ertragen und Wut über jemanden zurückzuhalten. Hier sehen wir übrigens den Unterschied zwischen Zorn und Wut: die Wut ist immer unkontrolliert und kann deshalb sehr zerstörerische Folgen haben. Zorn hingegen ist ein Ärger, der bestrebt ist, einen ungerechten oder unhaltbaren Zustand zu beseitigen, indem der Zornige sich und andere zur aktiven Veränderung drängt (siehe der HErr Jesus, als Er im Tempel die Wechsler herauswarf).

Allerdings löst der Zorn anderer bei fleischlichen oder unreifen Menschen bekanntlich selbst Wut und Empörung hervor, weil sie aufgrund von Projektionen ihrer eigenen Befindlichkeit dem anderen keine positiven Motive zu unterstellen vermögen. Deshalb lesen wir in Spr. 17:14 „Der Anfang eines Zankes ist, wie wenn einer Wasser entfesselt; so lass den Streit, ehe er heftig wird.“ Provokation und Streitlust lassen sich zwar leicht mit frommen und sogar biblischen Motiven verbrämen, haben aber psychologisch betrachtet in der Regel ihren Urgrund in dem fleischlichen Geltungstrieb, dem anderen die eigene Überlegenheit zu beweisen. Das griech. Wort PhILO’NÄIKOS in 1.Kor.11:16 bedeutet wörtlich „sieg-liebend“, d.h. man möchte unbedingt in einem Streit als Sieger hervorgehen. Diesen „Brauch“, wie er in der Welt üblich ist, sollten aber auch wir nicht mehr haben.

Wenn wir selbst wissen, wie leicht wir uns durch andere provozieren und zum Zorn reizen lassen können, sollten wir auch selbst auf Provokationen, Kränkungen und Überlegenheitsdemonstrationen verzichten, sondern den anderen durch Sanftmut und Demut beschämen. Dies ist aber leichter gesagt als getan. Das Wort Gottes ist aber diesbezüglich klar: „Sag dich los vom Zorn, leg deine Wut ab! Lass dich von deiner Entrüstung nicht beherrschen; es führt nur zum Bösen“ (Ps.37:8). Sogar im eingangs erwähnten Epheserkapitel 4 schreibt Paulus weiter: „Bitterkeit, Aufbrausen, Zorn, wütendes Geschrei und verleumderisches Reden haben bei euch nichts verloren, genauso wenig wie irgendeine andere Form von Bosheit. Geht vielmehr freundlich miteinander um, seid mitfühlend und vergebt einander, so wie auch Gott euch durch Christus vergeben hat“ (V.31-32).

Wer wütend oder zornig ist, dem ist der „Duldungs-Akku“ ausgegangen und er verfügt nicht mehr über weitere Ressourcen, um der Situation Herr zu werden. Die Bibel spricht deshalb immer wieder von der Zornesglut, die entbrennt, d.h. außer Kontrolle gerät. Wir kennen das alle zu Genüge. Aber was können wir vorbeugend tun, damit wir nicht in diesen Kontrollverlust geraten? Ich möchte im Folgenden mal eine Reihenfolge an Maßnahmen vorschlagen, die vielleicht helfen können:

    1. Erkenne an, dass Dein Zorn in der Regel zwar gerechtfertigt sein mag in Deinen Augen, aber noch lange nicht gerecht und fruchtbar ist. Ruben und Simeon z.B. waren davon überzeugt, dass sie allen Grund dazu hatten, Rache an Hemor und Sichem zu üben wegen ihrer Schwester. Aber ihr Vater Jakob sagte später: „Verflucht sei ihr Zorn, denn er war gewalttätig, und ihr Grimm, denn er war grausam“ (1.Mo.49:7). Wenn Du auch noch so aufgebracht bist, lass dich vom HErrn fragen: „Ist es recht, dass du zürnest?“ (Jon.4:4).
    2. Erkenne, dass Dein Zorn immer auch etwas Mörderisches an sich hat, denn in dem Moment, wenn Du Dich über das Verhalten einer Person empörst und ihr „die Leviten liest“, neigst Du dazu, diese Person innerlich abzuschreiben und willst mit ihr nichts mehr zu tun haben. Damit aber hast Du sie nach den Worten Jesu aus Deinem Leben verbannt und de facto getötet. Der HErr unterscheidet hier jedoch noch nach einem Intensitätsgrad der Verwerfung: ein bloßes Zürnen kann u.U. noch völlig gerechtfertigt sein und soll deshalb gerichtlich untersucht und beurteilt werden. Wer seinen Bruder z.B. als „Nichtsnutz“ (RAKA) abqualifiziert, hat ihm damit einen persönlichen Nutzen abgesprochen und kommt deshalb einmal vor den „Hohen Rat“ (SYN’hÄDRION); wer ihn jedoch sinngemäß als MORä’H bezeichnet, d.h. als „Schädling der Menschheit“ (w: „Widerspenstiger“), der hat ihm jeglichen Wert abgesprochen und sieht in ihm nur noch ein lästiges Ungeziefer, das es zu vertilgen gilt. So in etwa hatten die Nazis über die Juden gedacht. Wenn aber ein Gläubiger in dieser Weise über seinen Bruder denkt und darüber keine Buße tut, dann kommt er eines Tages mit 100%-iger Sicherheit in die Gehenna des Feuers, ohne vorher auch nur angehört zu werden (Mt.5:21-22).
    3. Meide den Umgang mit Menschen, die sich bei jeder Gelegenheit erzürnen, also jähzornig sind, denn sie verleiten Dich und andere zur Sünde. David z.B. sah eine Gefahr in den Söhnen der Zeruja und sprach: „Ich aber bin heute schwach, obschon zum König gesalbt; und diese Männer, die Söhne der Zeruja, sind zu hart für mich. Der HErr vergelte dem, der das Böse tut, nach seiner Bosheit!“ (2.Sam.13:39). Immer wieder sagte er sich und ihnen, dass er nichts mit ihnen zu schaffen habe, denn sie wurden ihm zu „Widersachern“ (2.Sam.19:22).
    4. Zieh Dich ganz zurück aus den „Streitigkeiten des Volkes“ (Ps.18:43), z.B. auf Facebook, wo es letztlich oft nur noch um sinnlose Besserwisserei geht, denn im Grunde sind sie nicht nützlich für die Zuhörer, sondern sogar „zum Verderben“ (2.Tim.2:14), weil sie dadurch zwar Bibelwissen, aber keine göttliche Weisheit lernen.
    5. Tanke jeden Tag neue Kraft auf, indem Du Dich an Jesu Brust lehnst und völlig in Seine Ruhe eingehst. Am Ende wirst dann auch Du sagen: „Ich habe meine Seele besänftigt und beruhigt? Wie ein gestilltes Kind an der Brust seiner Mutter, so zufrieden ist meine Seele bei Dir“ (Ps.131:2). Selbst wenn Dir noch so ein schlimmes Unrecht angetan wurde, kannst Du es dennoch getrost Gott überlassen, dass Er Dir eines Tages Recht schafft.
    6.  Nutze die durch die Vermeidung von Streit eingesparte Energie, um sie zum Heil des anderen zu verwenden. Dies kann z.B. dadurch geschehen, indem Du durch Demut und Sanftmut genau das Gegenteil tust von dem, was Dein Feind von Dir erwartet und Du ihn dadurch beschämst (Mich.7:8, Röm.12:20).
  • Lenke die Aufmerksamkeit Deines zornigen Gegenübers auf den HErrn Jesus, indem Du ihm von Seiner Liebe, Barmherzigkeit und Weisheit erzählst, ohne ihn zu beschämen und zu demütigen. Er wird dann schon von ganz allein darauf kommen, wie weit er von dem Wesen Gottes entfernt ist und zur Besinnung kommen. Und selbst wenn dies nicht sofort geschieht, so kann Gott ihn durch ein Lebensschicksal in einen Zustand bringen, dass ihm jeder Halt entschwindet, er all seine Klugheit infrage stellt und seinen völligen Bankrott vor Gott erklären muss. Dann wird er sich an Dich erinnern.

 

 

  1. Zweifel

Erbarmt euch derer, die zweifeln; rettet sie, indem ihr sie aus dem Feuer reißt… (Jud.22-23)

Zweifel haben tatsächlich etwas Verzehrendes wie das Feuer, weshalb man ja auch von Ver-zweifeln spricht, wenn jemand keinen Ausweg mehr sieht. Das Feuer vernichtet alles Unbeständige, was ja gewissermaßen auch etwas Gutes ist, um sich vor haltlosen Illusionen und Enttäuschungen zu schützen (1.Kor.3:13.15). Deswegen wird der Zweifel heute als etwas Positives gesehen in unserer modernen Welt, weil er den Menschen vor Betrug bewahrt oder ihn dazu drängt, sich nicht mit Annahmen zufrieden zu geben, sondern sich Gewissheit zu verschaffen. Für einen zweifelnden Christen kann dieser Zustand der Unsicherheit und Angst jedoch unerträglich werden, da dieser ihn nicht nur lähmt, sondern ihm sogar der Grundfesten seines Denkens beraubt: „Wenn die Grundpfeiler umgerissen werden, was tut dann der Gerechte?“ (Ps.11:3). Zusätzlich zu seinem inneren Leid und der Unordnung in seinem Kopf, traut er sich oft nicht, seine Schwachheit vor anderen Gläubigen zu bekennen, da er fürchten muss, auf Unverständnis und mangelndes Erbarmen zu stoßen: „Dem Verzagten gebührt Milde von seinem Freunde, sonst wird er die Furcht des Allmächtigen verlassen … Erbarmet euch meiner! erbarmet euch, ihr meine Freunde! denn die Hand Gottes hat mich angetastet“ (Hiob 6:14, 19:21).

Da es für einen Gläubigen ganz unterschiedliche Ursachen von Zweifeln gibt, macht es Sinn, sie einmal nach folgenden Kategorien und Intensitäten zu klassifizieren:

  1. Zweifel aus Angst vor dem Scheitern

Die zehn Kundschafter zweifelten daran, dass sie genug Kraft haben würden, das verheißene Land einzunehmen und vertrauten nicht auf Gottes Beistand, dass Er ihnen Gelingen schenken würde (4.Mos.13:31-33). Genauso ergeht es aber auch uns, wenn wir mit dem Anspruch Gottes konfrontiert werden, ein Leben in vollkommener Heiligkeit und ohne Sünde zu führen (Mt.5:48, Hebr. 12:14). Da wir die Sündlosigkeit bisher noch nie geschafft haben, sagt uns der Verstand: „Das wirst du auch niemals schaffen, es wird sich nie etwas ändern, denn du bist nun mal ein unvollkommener Mensch. Aber Gott macht sich nichts daraus. Dieser Frömmigkeitsanspruch führt letztlich immer nur zu Frust. Es reicht doch völlig, dass wir durch das Blut Christi gerecht gesprochen sind.“

Diese scheinbar biblisch klingende Beschwichtigung ist in Wirklichkeit eine teuflische Lüge, welche die Macht Gottes in Frage stellt. Denn tatsächlich belehrt uns Gott doch schon durch die Natur, dass wir überhaupt gar nichts von Anfang an vermochten, weder gehen, noch Fahrradfahren, noch Autofahren, und dennoch konnten wir alles erlernen. Derselbe Gott, der uns schon in der Natur die Fähigkeiten zum Erlernen einer Sache mitgegeben hat, dem dürfen wir auch glauben, wenn Er uns die Vollkommenheit versprochen hat (1.Petr.5:10).

  1. Zweifel aus Angst vorm Verstoßensein

Die Angst, dass man die Geduld Gottes inzwischen schon Überstrapaziert habe, führt über kurz oder lang jeden Gläubigen zu der bangen Frage, ob man nicht vielleicht schon von Gott verstoßen bzw. aus dem Mund ausgespuckt wurde (1.Sam.15:23+26, Offb.3:16). Es gibt wohl nichts Schlimmeres als zu glauben, dass man von Gott verworfen wurde! Dabei vergisst man leicht, dass „Gott darauf sinnt, dass der Verstoßene nicht (dauerhaft) von Ihm weg verstoßen bleibe“ (2.Sam.14:14).

Wir blicken zwar „voll Beugung und Staunen hinein in das Meer Seiner Gnad‘“ – wie es in einem Lied heißt, aber wenn es nicht mehr um die Bekehrung sondern um die Nachfolge geht, dann stellen sich viele Gläubige vor, als wenn Gott sich inzwischen in einen unerbittlichen Schuldeneintreiber verwandelt hat, den man schon zu oft enttäuscht habe, als dass Er noch ein weiteres Mal vergeben könnte. Heißt es nicht auch entsprechend in Luk.13:7 und Joh.15:2+6, dass der HErr mit den Seinen nicht unendlich geduldig ist, sondern einen Christen, der keine Frucht bringt, beizeiten verwirft? Und heißt es etwa nicht im Hebräerbrief, dass ein Land, das nur noch „Dornen und Disteln hervorbringt, unbewährt ist und dem Fluche nahe, und sein Ende ist die Verbrennung“ (6:8)? Und ist es nicht so, dass „wenn wir mit Willen sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben, kein Schlachtopfer für Sünde mehr übrig bleibt“ (Hebr.10:26), und damit keine Vergebung?

Wer diese Sorgen hat, zeigt damit, dass ihm sein Heil und damit sein Erstgeburtsrecht nicht egal ist wie Esau. Selbst wenn ein Christ sich in nichts von anderen Hurern unterscheidet, so erkennt der HErr in Seiner Weisheit doch das willige Herz wie König Salomo, als er zwischen den beiden Huren urteilen musste (1.Kön.3:25-28). Schon allein, wenn einem Gläubigen noch das schlechte Gewissen quält, zeigt er damit, dass ihm die Ehre Gottes ein Herzensanliegen ist und er noch nicht abgestumpt ist. Auch das bittere Weinen wie bei Petrus ist ein Zeichen aufrichtiger Reue, die dem HErrn bewusst macht, wie sehr wir Ihn trotz allem noch lieben. Vor allem müssen wir uns immer wieder vor Augen führen, dass wir Gott NIE ENTTÄUSCHEN können, denn das würde ja bedeuten, dass man Gott täuschen könnte. Gott hat stets unser Lebensziel im Blick und verlässt uns nicht einfach im Moment unseres Versagens. Vielmehr gebraucht Er unsere Verlorenheitsängste, um uns Seine Furcht beizubringen (Ps.34:11, 119:120).

  1. Zweifel am Wort Gottes

Es gibt wohl kaum etwas Unangenehmeres für ein Kind Gottes, wenn es Zweifel am Wort Gottes hat. Wenn es schon erschreckend ist, sich selbst diese einzugestehen, so kostet es umso mehr Überwindung, solche Zweifel vor anderen Gläubigen zu bekennen, weil man Angst hat, von ihnen verachtet zu werden. Dabei sollte die Gemeinde doch eigentlich der barmherzigste Ort auf Erden sein, wo man im Grunde all seine Not bekennen können sollte! Oft ist es aber gar nicht die Intoleranz der anderen, sondern der eigene Stolz, der einen Gläubigen daran hindert, über seine Glaubenszweifel offen zu reden.

Dabei gibt es jede Menge schwieriger Fragen, die Anlass geben können, an der Unfehlbarkeit der Heiligen Schrift zu zweifeln: Warum z.B. passt der Schöpfungsbericht nicht mit den Forschungsergebnissen der Wissenschaft überein? Warum hat Gott Adam und Eva der Gefahr ausgesetzt, vom Baum der Erkenntnis zu essen, anstatt diesen außerhalb ihrer Reichweite zu pflanzen? Warum gibt es homosexuell empfindende Menschen, wenn die Ausübung ihrer Neigung von Gott verboten wurde? Was soll an der Ermordung unschuldiger Kinder gerecht gewesen sein, die Gott bei der Eroberung Kanaans ja nicht nur erlaubt, sondern sogar ausdrücklich angeordnet hat? (z.B. 4.Mo.31:17-18, Jos.7:15+24-26). Warum hat Gott Seinem unschuldigen Knecht Hiob nie erklärt, warum er leiden sollte? Warum ist Gott nicht sichtbar oder hörbar für alle Menschen? Warum hat Gott den Glauben zur Bedingung gemacht, um errettet zu werden, wo dieser doch eine Gabe Gottes ist? Wieso will Gott, dass wir an Wunder glauben sollen? Und warum haben die einen ein gutes Leben und die anderen ein schlechtes? Und warum hat Gott Menschen geschaffen, von denen Er wusste, dass sie einmal im Feuersee landen werden?

Die Unfehlbarkeit der Bibel anzuzweifeln, nur weil man (noch) nicht alle Fragen beantwortet findet, ist sicherlich auch ein Zeichen von mangelnder Dankbarkeit, wo man doch so viele Beweise hat für die Zuverlässigkeit der Heiligen Schrift (man denke nur an all die erfüllten Prophezeiungen in Bezug auf Jesus Christus). Vielmehr sollten uns doch die Rätsel der Bibel Ansporn sein, um noch tiefer zu forschen, um eine Auflösung der scheinbaren Widersprüche zu finden. Sich frustriert abzuwenden vom fundamentalistischen Glauben, um Ausschau zu halten nach einem liberaleren Bibelverständnis, ist im Grunde wie ein Ehebruch, weil man nicht mehr an die Heilbarkeit und Beantwortbarkeit der ungelösten Fragen glaubt. Umso wichtiger ist es, sich an erfahrene und schriftkundige Brüder zu wenden, die einem jungen Bruder Hilfestellung geben können in ihrem Dilemma.

  1. Zweifel an Gottes Existenz

Der Umstand, dass Gott weder sichtbar noch akustisch hörbar, sondern nur durch den Glauben erfahrbar ist, führt einen rational denkenden Menschen oft an seine Grenzen des Denkens. Wie tröstend ist es umso mehr, wenn Gott hin und wieder durch ein einschneidendes Erlebnis Kontakt zu uns aufnimmt und das quälende Schweigen unterbricht. Wie sehr sehnen wir uns alle nach Gottes Eingreifen in unserem Leben! Besonders der Umstand, dass Gott offenbar unsere Gebete häufig nicht erhört, irritiert uns, da es scheinbar die Zusage des HErrn infrage stellt, dass Er all unsere Bitten erhören wird, die wir im Namen Jesu erbitten. Tatsächlich nennt die Schrift aber bestimmte Bedingungen, z.B. dass wir nicht in Sünde leben dürfen (Joh.9:31 „Wir wissen, dass Gott Sünder nicht hört“), dass wir nichts aus übler Lust erbitten sollen (Jak.4:3) oder dass wir unsere Ehefrauen ehren müssen, damit unsere Bitten nicht verhindert werden (1.Petr.3:7). Wenn aber alle diese Voraussetzungen erfüllt sind und wir trotzdem keine Gebetserhörung erfahren, gibt es noch die Möglichkeit, dass Gott uns wie in 2.Kor.12:8-9 eine Bitte zu unserem Wohl versagen muss. Aber tröstet uns das, wenn der HErr doch immer wieder verspricht, dass er uns doch nicht einen Stein geben wird, wenn wir Ihn um Brot bitten (Mt.7:9)?

Ein Hauptgrund für unerhörte Gebete mag auch an unserem Kleinglauben liegen, wie wir in Jak.1:6-8 lesen. Dort spricht Jakobus von den „Wankelmütigen“ (griech. DI-PsYCh´OS = „Doppelseeligen“, d.h.  sie haben eine geteilte Seele, haben zwei sich widersprechende Interessen, zwischen denen sie sich nicht entscheiden können). Auch in dem Wort „zweifeln“ DIA-KRI´Noo, wörtlich „(durch)-urteilen“ steckt das Wort „teilen“ bzw „geteilt sein“ drin. Der Zweifel entsteht nämlich nicht in der „Einfalt“ (2.Kor.11:3), sondern in der Vielfalt von Wünschen und Attraktionen, zwischen denen man sich entscheiden muss (Mt.6:24). Deshalb lautet der Rat an alle Zweifler: „Naht euch Gott, so wird Er sich euch nahen. Reinigt die Hände ihr Sünder und läutert entschieden) die Herzen, ihr Doppelseeligen“ (Jak.4:8).

 

 

  1. Engel

„Denn sie können auch nicht mehr sterben, denn sie sind Engeln gleich und sind Söhne Gottes, da sie Söhne der Auferstehung sind… (Luk.20:36)

In unserer modernen Welt sind die Engel heute nahezu völlig aus der Vorstellung und dem Interesse der Menschen verschwunden, aber leider oftmals auch aus dem Bewusstsein der Gläubigen. In früheren Zeiten hat man den HErrn immer wieder um den Schutz und die Bewahrung durch Engel gebeten (Psalm 91:11-12). Aber da sie ihrer Natur nach unsichtbar sind, ist es bei den Engeln wie mit allen Dingen: Aus dem Auge, aus dem Sinn. Möge Gott uns die Augen öffnen wie in 2.Kön.6:17, dass wir wieder der Gegenwart der Engel gewahr werden!

In vielen Kirchen hat man die Engel („Boten“) meist als Frauen oder gar Kinder mit Flügeln dargestellt, obwohl sie nach  der Bibel eigentlich eher wie Männer aussehen (vergl. 1.Mo.18:2 mit 19:1, 2.Mo.32:24 mit Hos.12:4, Ri.13:6-99) und sie haben auch keine Flügel – mit Ausnahme der Cherubim und Seraphim. Häufig sind Engel ja bewaffnet und führen sogar Kriege in der unsichtbaren Welt, wie wir es aus Dan.10:13-21 erfahren. Paulus spricht von „Thronen oder Herrschaften oder Fürstentümern oder Gewalten“ (Kol.1:16), die sich in der unsichtbaren Welt befinden (Eph.3:10). 270 Mal lesen wir von Gott als dem HErrn der „Heerscharen“, die im Himmel sind (Luk.2:13) bzw von „Zehntausende mal Zehntausende“ (Offb.5:11), wobei schon ein einziger Engel um ein Vielfaches stärker ist als ein Mensch (2.Petr.2:11).

Früher dachte ich immer, dass nur Kinder bis zu einem bestimmten Alter Schutzengel haben (Mt.18:10), bis mich ein Bruder auf Apg.12:15 aufmerksam machte, wo scheinbar auch jeder erwachsene Christ einen eigenen Engel hat. Von ihnen heißt es ja auch, dass sie „alle dienstbare Geister sind, ausgesandt zum Dienst um derer willen, welche die Seligkeit ererben sollen“ (Hebr.1: 14). So wie damals bei Jakob, steigen sie auch heute auf und nieder, um uns zur Seite zu stehen (1.Mo.28:11-13, Joh.1:51). Man stelle sich das nur mal vor: Gott stellt uns allen einen persönlichen Bodyguard zur Verfügung, und wir machen so gut wie keinen Gebrauch davon!

Als wir letztens in der Bibelstunde 1.Petr.1 betrachteten, sprach ein Bruder bei Vers 21 etwas despektierlich über die Engel, als hätten die „keine Ahnung“ und bekämen „nichts auf die Reihe“. Ich wies ihn darauf hin, dass wir aufgrund von 1.Petr.2:10 nicht herablassend über die Engel sprechen dürfen, sondern im Gegenteil wertschätzend und demütig, zumal sie unsere „Mitknechte“ sind (Offb.22:9). In der Heilsordnung habe Gott ja uns Menschen „ein wenig niedriger gemacht als die Engel“ (Ps.8:6), aber uns in Aussicht gestellt, dass auch wir einmal nach der Auferstehung „den Engeln gleich“ sein dürfen, da auch wir dann wie sie Söhne Gottes sind. Hier widersprach man mir: „Wo steht denn, dass die Engel Söhne Gottes sind?“ Ich wies auf Psalm 82 hin und erklärte, dass die Engel als „Söhne des Höchsten“ in Sünde fallen können und dann wie Menschen ihre Unsterblichkeit verlieren (Vers 7). Von daher sei jenes Lied von Carl Brockhaus fehlerhaft, wenn es in der 3.Strophe von den Engeln heißt: „doch Söhne sind sie nicht. Kein Tod hat sie gekettet, kein hoher Preis gerettet“ etc. Selbstverständlich können auch Engel sündigen (Hiob 4:18, 2.Petr.2:4) und dann durch Christus errettet werden (Luk.5:32, 1.Tim.2:5).

Hier erhob sich wieder starker Widerspruch von Seiten der Brüder, zumal sie diese Auslegung noch nie gehört hatten. Ich erinnerte sie daran, dass der HErr Jesus nicht nur für unsere Sünden gestorben sei, sondern auch für die des ganzen Kosmos (1. Joh.2:2), zu dem auch die Engel gehören (1.Kor.4:9). Ich erklärte dann noch, dass Hebr.2:16 ungenau übersetzt sei, da das griechische Wort ἐπιλαμβάνεται laut der Elb. Studienbibel eigentlich „jemanden ergreifen, anpacken“ i.S.v. von „verhaften“ bedeutet (Mt.14:31, Mk.8:23, Lk.9:37, 23:26, Apg.9:27). Die Engel brauchen nicht vom HErrn angepackt werden, um sie wie ein Schaf vor dem Sturz in den Abgrund zu erretten, denn sie sind allezeit vor Ihm, um Ihn um Vergebung zu bitten. Wie schrecklich wäre es ansonsten, wenn Gott zwar den Engeln die Fähigkeit zum Sündigen gab, aber angeblich keine Vorkehrung getroffen hätte, damit sie Vergebung und Errettung erlangen könnten.

Wir sollen die Engel als unsere Brüder lieben und respektvoll von ihnen reden, zumal sie sich ständig um uns bemühen. Als Gott sprach „Lasset uns Menschen (zurecht-)machen“ (1.Mo.1:27), sprach Er die Engel an. Denn mit der Erschaffung unseres Seins, das aus Geist, Seele und Leib besteht, waren wir noch längst nicht vollkommene Wesen, die Gott aus uns machen will. Die göttlichen Eigenschaften, die in Gal.5:22 als Frucht des Geistes aufgezählt werden, erlangen wir nicht durch die natürliche, sondern durch die geistige Geburt von oben. Und dann sind es die Engel, die durch verschiedene Eingriffe in unser Leben uns erziehen durch den Geist. Der HErr Jesus, der unser eigentlicher Schöpfer war, trat im Alten Testament immer nur verdeckt als „Engel des HErrn“ auf, obwohl Er die Worte Gottes immer wieder in der Ich-Form sagte (z.B. 2.Mo.3:2, Richt.2:1 usw.). Es ist nicht auszuschließen, dass auch wir schon manches Mal Engeln begegnet sind, die sich als Menschen ausgaben und denen wir ahnungslos halfen, indem wir sie z.B. beherbergt haben (Hebr.13:6). Ich bin auch schon mal einem jungen Bruder begegnet, zu dem ich sagte: „Du scheinst mir nicht von dieser Welt zu sein, denn Du bist einfach zu vollkommen!“ Auf der einen Seite freut es mich, wenn ich solchen heiligen Brüdern begegnen darf, aber auf der anderen Seit beschämt es mich, weil ich ja schon längst genauso ein heiliges Leben führen sollte.

 

  1.  Das Kreuz

„Wer nicht sein Kreuz aufnimmt und Mir nachfolgt, ist Meiner nicht würdig“ (Mt.10:38)

Das Wort „Kreuz“ erscheint in dieser Aussage des HErrn zum ersten Mal im Neuen Testament. Trotzdem waren die Jünger nicht verwundert, sondern es scheint damals schon eine bekannte Metapher gewesen zu sein für das bereitwillige Ertragen eines von Gott auferlegten Leids. Sein Kreuz zu tragen bedeutet, das von Gott Gebotene, aber der Seele Unangenehme zu tun und die daraus folgenden Konsequenzen auf sich zu nehmen. Wer nicht bereit ist, dem HErrn auch im Leiden zu folgen, ist des HErrn nicht würdig.

  1. Das Kreuz in Bildern des AT

Als Paulus den Korinthern seine gesamte Botschaft, die er in allen Gemeinden und Synagogen, sowohl Gläubigen als auch Ungläubigen, über die Errettung und über die Nachfolge, in einem einzigen Begriff zusammenfassen wollte, nannte er diesen „das Wort vom Kreuz“ (1.Kor.1:18). Bis heute hält die Welt unseren Glauben an die Erlösung von unseren Sünden durch das Sühneopfer Jesu für eine Torheit, so als hätten die Jünger nach Seiner unerwarteten Kreuzigung sich mal eben schnell eine Geschichte zurechtgelegt, nur um Seinen Tod noch irgendwie sinnvoll erscheinen zu lassen. In Wirklichkeit haben die Propheten im Alten Bund schon von jeher das Leiden, das Sterben und die Auferstehung des Messias vorausgesagt, insgesamt sollen es etwa 65 im AT sein (Luk.24:26). Hinzu kommen jede Menge symbolische Bilder, durch die das Stellvertreterwerk unseres HErrn veranschaulicht wird. Das fängt an bei den „Fellröcken“ in 1.Mo.1:21, mit denen Gott die Blöße von Adam und Eva bedeckte, indem ein Tier sterben musste.  Bekleidungsstücke stehen symbolisch immer für die Gerechtigkeit (Hi.29:14, Ps.132:9, Jes.61:10), die ja die Blöße eines Sünders bedecken soll. Als Jakob sich vor seinem Vater Isaak als Esau ausgab, waren es die Ziegenfelle, die ihn vor der Anklage seines Vaters schützten – gleichwie auch uns die Gerechtigkeit Jesu schützt vor dem kommenden Zorn Gottes (1.Thes.1:10, 1.Mo.27:23). Deutlicher als kaum ein anderes Bild von der Kreuzigung haben wir im AT die eherne Schlange, die Moses machen sollte, damit jeder, der zu dieser aufschaute, gerettet wurde (4.Mo.21:9). Der HErr bestätigt diese Bedeutung ja auch in Joh.3:14-15.

Eine eher weniger bekannte Allegorie zur Kreuzigung finden wir in 2.Kön.6:1-7. Der Jorden steht in der Bibel immer für den Tod, weshalb man ja auch sagt „über den Jordan gehen“ = sterben (Jos3:15). Deshalb hat Johannes der Täufer die Menschen im Jordan in den Tod getauft, wie damals Naeman (Mt. 3:5-16, 2.Kön.5:10, Röm.6:3). Das verlorengegangene Eisen des Beils steht für das Leben bzw. die Seele, die Gott uns anvertraut hat, die wir Ihm aber eines Tages zurückgeben müssen (Hes.18:4). Eisen hat als unedles Metall zwar einen vorübergehenden Nutzen, wird aber schnell rostig, wenn es nicht geläutert und veredelt wird.

Um die Seele nun aus der Tiefe der Sünde und des Todes herauszuholen und ans Licht zu bringen, musste der Prophet nun ein grünes Holz abschneiden. Das „grüne Holz“ erinnert uns an Luk.23:31. Der HErr Jesus war ja „abgeschnitten aus dem Lande der Lebendigen“ (Jes.53:8). In Dan.9:26 heißt es: „Der Messias abgeschnitten und nichts haben“. Das Holz musste sterben, damit der Sünder leben kann. Erst durch dieses Opfer kann die verlorene Seele jetzt wieder vereint werden, um ein nützliches Werkzeug in der Hand seines Herrn zu sein. „Er streckte Seine Hand aus von der Höhe, Er nahm mich, Er zog mich aus großen Wassern“ (Ps.18:16).

  1. Das Kreuz Jesu

Um einen Menschen nicht bloß hinzurichten, sondern sein Martyrium auch noch möglichst abschreckend für andere zur Schau zu stellen, wurde er im Altertum gekreuzigt. Kreuzigungen wurden aber nicht nur bei den Römern durchgeführt, sondern auch in Israel (5.Mo.21:22-23), in Ägypten (1.Mo.40:19) und in Persien (Ester 2:23). Was jedoch den meisten Christen nicht bewusst ist, ist die Tatsache, dass der HErr Jesus splitternackt gekreuzigt wurde. Denn es heißt ja in Joh.19:23-24, dass sie Ihm nicht nur Sein Gewandt raubten, sondern sogar auch Seine Unterwäsche, den Leib-rock. Aus Scham und Respekt hat man diese Tatsache auf den vielen Gemälden von der Kreuzigung nicht zeigen wollen. Wie furchtbar muss es für den HErrn gewesen sein, dass man sogar Seine Genitalien sah! „Der Hohn hat Mein Herz gebrochen, und Ich bin ganz elend…“ (Ps.69:20).

Nicht nur die Zeugen Jehovas, sondern auch einige Schriftkundige glauben, dass der HErr Jesus gar nicht gekreuzigt, sondern gepfählt wurde, denn das griechische Wort für Kreuz STAUROS bedeutet eigentlich „Pfahl“, und zwar nicht der Querbalken, sondern ein aufrecht stehender Pfahl, an dem der Verurteilte mit seinen Händen über dem Kopf angenagelt wurde. Tatsache ist, dass es in römischer Zeit beide Varianten gab und dass griechische Begriffe im Laufe der Zeit eine Bedeutungsanpassung erfahren können. Dass der HErr aber nicht mit den Händen überkreuzt an einem einzigen Nagel ans Holz angebracht wurde, geht aus Joh.20:25, wo der Thomas von dem Mal der Nägel in Seinen Händen spricht (Mehrzahl!). Zudem ist auf einer der frühesten Abbildungen der Kreuzigung aus dem Jahr 123 n.Chr. im sog. Paedagogium auf dem Palatin in Rom deutlich ein Kreuz zu sehen. Diese Ritz-Zeichnung hatte ein Mitschüler eines gewissen Alexamenos angefertigt, um diesen zu verspotten, indem er den HErrn Jesus mit Eselskopf zeichnete.

  1. Das Kreuz als Schmuckstück

Das eigene Kreuz zu tragen, wird heute von vielen Christen insofern missverstanden, indem sie es sich als Kettchen um den Hals hängen. Das Kreuz ist heute längst zum weltläufigen Mode-Accessoire verkommen. Es ist heutzutage noch nicht einmal mutig oder gar ein Bekenntnis, eine Kreuzkette zu tragen, da selbst Ungläubige dieses Schmuckstück für sich entdeckt haben. Vor allem ist das Kreuz als Massenware und Allerweltsartikel belanglos und billig geworden. Hierzu schrieb der Kommentator der Wuppertaler Studienbibel Werner de Boor einmal trefflich: „Es ist eine Frage bis hin zu den Bachschen Passionen, ob dieses Sterben mit Seinem Schrei der Gottverlassenheit überhaupt künstlerisch verklärt und damit verharmlost werden darf. Es ist zum Erschrecken, dass die Leidensgeschichte zum ästhetisch-musikalischen Genuss werden konnte.

In einem islamischen Land mag das Tragen eines Kreuzes sicherlich noch ein mutiges Bekenntnis zum christlichen Glauben sein. Wenn man sich hier in Deutschland jedoch zum Glauben bekennen will, sollte man lieber gleich einen Bibelvers wählen, um ihn z.B. aufs Auto zu kleben. Mein peruanischer Schwiegervater, durch den viele in den Anden zum Glauben fanden, sagte einmal ironisch: „Die Kreuze über einer Kirche zeigen nur, dass diese Kirchen tot sind.“ Die Atheisten fragen sich indes, warum die Christen sich ausgerechnet ein grausames Hinrichtungsinstrument als Symbol gewählt haben. Einer fragte mal spottend, ob die Christen auch eine Axt verehrt hätten, wenn ihr Herr mit einer solchen erschlagen worden wäre. Wie sehr ein ursprünglich von Gott gebotenes Symbol zu einem Götzen werden kann, lesen wir über die Eherne Schlange Nechustan in 2.Kön.18:4, Moses Schlange hatte ja längst ihre Aufgabe erfüllt in 4.Mose 21, aber danach wurde sie immer noch jahrhundertelang in abergläubischer Weise verehrt.

  1. Unser Kreuz

Immer wieder wird heutzutage gepredigt, dass der HErr Jesus für unsere Sünden gestorben ist; aber kaum ein Prediger traut sich, auch mal über die Konsequenzen zu sprechen, dass wir durch ein Überwinderleben zeigen, dass auch wirmit Ihm gekreuzigt“ sind (Röm.6:6), und dass wir „täglich“ unser eigenes Kreuz tragen sollen (Luk.9:23). Durch den Glauben hängen wir nämlich wie die Räuber geistlich mit dem HErrn am Kreuz, unfähig zum Sündigen und wartend auf die Erlösung unseres Leibes. Die Welt kann mit uns nichts mehr anfangen, weil wir ihr gekreuzigt sind (Gal.6:14). „Ich bin mit Christo gekreuzigt, und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir“ (Gal.2:20).

Praktisch sieht das nun so aus, dass wir bereitwillig alles geduldig tragen, was Er uns auferlegt hat. „Wer aber ausharrt (wörtl. unten bleibt) bis ans Ende, dieser wird errettet“ (Mt.24:12). Das griechische Wort EIS bedeutet hier „in Richtung auf“, nämlich auf die „Vollendigung“. Es geht hier also nicht um irgendein sinn- und zielloses Warten, sondern um ein aktives Mitwirken an unserer Vollendung, indem wir das Leid als ein Erziehungsmittel Gottes begreifen. Simon von Kyrene dachte wie viele Gläubige heute auch erst, dass die Christusnachfolge sich schon allein auf ein passives Zugucken beschränken würde, bis er zum Kreuztragen gezwungen wurde (Mt.27:32). Und dem anderen Simon kündigte der HErr an, dass er irgendwann nicht mehr auf eigenen Wegen wandeln, sondern durch den Geist Gottes dazu gebracht werde, seine Hände eines Tages bereitwillig auszubreiten, um ebenso gekreuzigt zu werden (Joh.21:18).

 

– „Such, wer da will, ein ander Ziel“  Teil 6


April bis Juni 2017

Anderes fiel auf das Steinichte

Seit über einem Jahr arbeitete Bruder Matthias (29) nun schon als angestellter Malermeister in meiner Firma und ging regelmäßig zu uns in den Hauskreis. Wir verstanden uns so gut, dass wir gemeinsam beschlossen, dass er mein Nachfolger werden sollte, wenn Ruth und ich irgendwann in den nächsten Jahren nach Peru auswandern würden. Matthias hatte eine schlimme Vergangenheit. Da er von seinen Eltern kaum Liebe empfing, verfiel er den Drogen, die er so exzessiv konsumierte, dass sie ihn bis zum Rand des Todes brachten. Zuletzt schickte er einen Abschiedsbrief an seine Mutter mit Geld für seine Beerdigung, weil er sich das Leben nehmen wollte. Aber in der tiefsten Tiefe angekommen, erkannte er auf einmal den HErrn Jesus als seinen Retter und erlebte die Wiedergeburt. Bald darauf lernte er seine Frau kennen und heiratete. Dann machte er eine Ausbildung zum Maler und Lackierer und gleich im Anschluss die Meisterschule, die er im Dezember 2015 als einer von ganz wenigen seines Lehrgangs bestand. Er war so ehrgeizig, wie ich noch kaum einen anderen kennenlernte. Er wollte alles nachholen, was er bis dahin versäumt hatte. Nur von der Zigarette kam er einfach noch nicht los. Er sagte: „Ich rauche seit 20 Jahren und habe schon viele Male versucht, aufzuhören, aber hab es inzwischen ganz aufgegeben.“ Doch dann kippte er plötzlich auf der Arbeit zusammen und wurde bewusstlos ins Krankenhaus gebracht. Man stellte bei ihm eine seltene Erbkrankheit fest, das sog. Marfan-Syndrom, was aber nichts mit seinem Zigarettenkonsum zu tun hatte. Trotzdem hatte Matthias solche Angst zu sterben, dass er sofort mit dem Rauchen aufhörte, zumal er ein 1-jähriges Kind hatte.

Matthias hatte auch in der Bibelstunde immer gute Ansichten und war begierig dazuzulernen. Ich erklärte ihm, wie ich Angebote und Rechnungen mit Excel schreibe und gab ihm Hausaufgaben, damit er in Zukunft selbst Angebote schreiben könne. Ich empfahl ihm, auch selbst ein Gewerbe anzumelden, damit er meine Aufträge dann auf eigene Rechnung abarbeiten könne, aber er fühlte sich noch nicht bereit dazu. Stattdessen hatte er große Pläne, wie er unsere Firma qualitativ aufpäppeln wollte durch Investitionen, modernere Ausstattung und Professionalisierung. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass er schon ein halbes Jahr später ohne Vorwarnung für immer verschwindet, seine eigene Firma aufbaut, seine Frau verlässt und kurz darauf auch vom Glauben abfällt, weil ihm irdischer Ruhm, Geld und Macht wichtiger geworden war als alles (dazu später mehr). Der HErr spricht ja von jenen, die das Wort zunächst mit Freude aufnehmen, aber „keine Wurzel in sich haben“ und sich dann bei Prüfungen und Drangsalen am Wort ärgern (Mk.4:16-17).

Aber Matthias war nicht der einzige, der mich später schwer enttäuschen sollte. Ein Jahr zuvor hatte sich ja mein Lehrling Simeon (20) bekehrt, der aus einer russlanddeutschen Großfamilie kam. Leider zerbrach diese zehn Jahre zuvor, weil der Vater immer mehr dem Alkohol verfallen war. Ohne Halt und Orientierung kamen die Söhne teilweise auf die schiefe Bahn, nahmen Alkohol und Cannabis, schlugen sich in Discotheken und erhielten Bewährungsstrafen. Ihre gläubige Mutter Lydia war völlig überfordert mit der Erziehung, zumal sie die meiste Zeit für den Lebensunterhalt arbeiten musste als Bäckereiverkäuferin. Aus lauter Verzweiflung kam sie nun zu unserem Hauskreis und klagte über ihre Not. Simeon hatte im Vorjahr schon kurz nach seiner Bekehrung mit massiven, psychischen Problemen zu kämpfen, so dass er häufig nicht zur Arbeit kam oder aber mitten während der Arbeitszeit einfach mit dem Wagen zur Nordsee fuhr, um mit Gott allein zu sein. Simeon war 2016 im dritten Lehrjahr und an sich ein sehr guter Arbeiter, aber in der Berufsschule waren seine Noten so schlecht, dass er absolut keine Chance hatte, die Gesellenprüfung zu bestehen. Ich gab ihm und den anderen Lehrlingen Nachhilfeunterricht in Mathe. Aber bei Simeon ging alles in ein Ohr rein und ins andere wieder hinaus. Er war unfähig, irgendetwas aufzunehmen. Ich bot ihm an, dass wir die Lehre einfach verlängern könnten um ein Jahr, aber er hatte so viel Scham und Minderwertigkeitskomplexe, dass er im Sommer 2016 einfach verschwand. Keiner wusste, wo er war. Auch über Handy war er nicht mehr erreichbar.

Doch dann tauchte er im Frühjahr 2017 plötzlich wieder auf. Er erzählte, dass er auf einem Autobahnrasthof zufällig die Bekanntschaft mit einer Psychologin machte, die ihn mit einer Flasche Alkohol in der Hand in all seinem Elend sah, ihn ansprach und ihn dann wie der barmherzige Samariter zu sich nach Haus nahm, um ihn seelisch aufzupäppeln. Sie war zwar nicht gläubig, aber hatte ein tiefes Mitleid mit Simeon. Nach vielen Telefonaten mit ihr, meldete ich Simeon wieder bei der Handwerkskammer und der Berufsschule an, um nochmal vom zweiten Lehrjahr an zu beginnen, damit er nicht so gestresst sei. Simeon erzählte mir, dass er eine große Wut auf seine Eltern habe, weil sie ihn damals einfach auf einer Sonderschule entsorgt hätten, anstatt ihn geistig und seelisch zu fördern. Da es dort keinen Unterricht gab, sondern mit den Kindern nur gespielt wurde, habe er überhaupt keine Bildung erfahren. Zudem „leide“ er unter seiner außergewöhnlichen Schönheit und seinem athletischen Körper, weil ihn seine Familie und Freunde nur darauf reduziert hätten. Er wolle aber nicht nur wegen seines guten Aussehens geliebt und bewundert werden, sondern auch weil er innere Werte habe. Stattdessen schäme er sich jedes Mal, wenn er etwas zu Erwachsenen sage, weil er dachte, dass sie ihn alle für dumm hielten. Sogar die Eltern seiner Freundin lehnten ihn ab, weil er unter dem Niveau ihrer Tochter sei. Deshalb wollte er gerne auf seine Schönheit verzichten und lieber seine Bildungsdefizite nachholen.

Mit Gottes Hilfe hatte Simeon es inzwischen geschafft, keinen Alkohol und Zigaretten mehr anzurühren. Ich erklärte ihm, dass er dringend geistliche Begleitung brauche, damit er nicht wieder rückfällig werde und empfahl ihm, sich einen Seelsorger aus der russlanddeutschen Pfingstgemeinde in Mahndorf zu suchen, wo er als Kind mit seiner Familie hinging. Simeon aber scheute sich davor, denn er fürchtete, alle würden auf ihn herabsehen wegen seiner Eltern. Dann schlug ich ihm vor, doch mal den gläubigen Psychotherapeuten Ludorf in Schwanewede aufzusuchen, der auch mir damals geholfen hatte. Wichtig sei ja vor allem, dass er keinen Umgang mehr pflegen sollte mit Gesetzlosen, die ihn wieder zum Alkohol verführten. Zuletzt bot ich ihm an, dass er mich auf meiner Deutschland-Rundreise in den Osterferien begleiten könne, was er sofort dankbar annahm. Seit nämlich unsere Tochter Rebekka im Jahr zuvor zum Studieren nach Hannover zog, war es für meine Frau umso wichtiger, möglichst jeden Vormittag in ihrem Beruf als Tierärztin zu arbeiten, um sich nicht einsam zu fühlen. Da ihr Chef sie nur als Geringfügig Beschäftigte bezahlte, erlaubte er ihr, jedes Mal, wenn er verreiste, ihn als Ärztin zu vertreten, und gab ihr dann für diesen Zeitraum die kompletten Einnahmen als Ausgleich. Und da Ruth mir nur in solchen Wochen erlaubte, eine Besuchsreise durch Deutschland zu machen, nutzte ich möglichst jedes Mal, wenn Ruth mal wieder ihren Chef vertreten sollte, um dann meine Geschwister zu besuchen. Und diese Gelegenheit ergab sich nun in den Osterferien.


Allerlei kostbare Edelsteine

Am Samstagmorgen den 08.04.17 fuhren Simeon und ich zunächst zu einem Bruder namens Hikmet Khan (23) aus Fallingbostel, den ich durch Facebook kennengelernt hatte. Als er uns die Tür öffnete, dachte ich im ersten Moment, König Nebukadnezar würde vor uns stehen: dunkle Augen, schwarzer Vollbart und eine Kette mit einem großen, silbernen Kreuz auf seiner Brust. Hikmet war ein kurdischer Ex-Jezide und berichtete uns, auf welch dramatische Weise er vier Jahre zuvor zum Glauben an den HErrn Jesus kam. Sein Bruder hatte versucht, ihn mit einem Messer zu erstechen, und er zeigte uns die Narbe auf seiner Brust. Er bestätigte, dass die Jeziden auch an den Teufel glauben. Dieser habe aber das Feuer der Hölle mit seinen Tränen ausgelöscht und bei Gott Vergebung erlangt. Satan sei nun ein Vermittler-Engel, dargestellt durch einen blauen Pfau, zu dem die Jeziden beten. Der HErr habe Ihn aber wie durch ein Wunder von diesem Irrglauben befreit und er diene jetzt dem HErrn Jesus in einer kurdischen Gemeinde in Soltau. Nachdem wir noch zusammen gebetet hatten, fuhren wir weiter nach Arenborn bei Kassel, um Bruder Christian (41) zu besuchen.

Christian war ein adoptierter Mulatte und in einer Adventistenfamilie aufgewachsen. Als selbstständiger Baudesigner kaufte er verfallene Häuser, renovierte sie und verkaufte sie weiter. Er hatte so viel Fantasie und Kreativität, dass ich schmunzeln musste über seine verrückten Ideen. So hatte er eines seiner Zimmer zu einer Art Kinoraum hergerichtet, wo er sich im Liegestuhl bei hoch eingestellter Heizungswärme Filme von Urlaubsländern auf großer Leinwand anschaute und sich beim Wind eines Ventilators vorstellte, er würde gerade am Strand liegen. Wir sprachen lange über den bevorstehenden 23.09.2017, an welchem sich durch die extrem seltene Sternenkonstellation aus Offb.12:1-2 ein Ereignis ankündigen könnte, das möglicherweise dem Beginn der absoluten Endzeit entsprach. Zum Mittagessen servierte er uns Kartoffelsalat von Aldi – nichts weiter. Nachdem er gedankt und unsere Teller gefüllt hatte, wünschte er uns einen guten Appetit. Und als ob er unsere Gedanken lesen konnte, holte er noch schnell eine Flasche Maggi und sagte: „Mit Maggi schmeckt der Kartoffelsalat richtig lecker. Esse ich fast jeden Tag so.“   Er war wirklich reinen Herzens.

Nach dem Mittagessen fuhren wir dann weiter nach Ludwigsstadt (Nord-Bayern), zu den Geschwistern Bernd und Brigitte Fischer, meinen geistlichen „Eltern“, wo wir über drei Tage blieben. Bernd (78) ist ein wahrer Schriftgelehrter, der schon seit über 50 Jahren den biblischen Grundtext studiert und viele Artikel zu biblischen Themen verfasste hatte; u.a. hat er auch eine grundtextnahe Übersetzung des Neuen Testaments (www.gtü-bibel.de) herausgegeben. Bei schönen Waldspaziergängen in traumhafter Berglandschaft beantwortete er unsere Fragen aus der Bibel. Der junge Simeon hatte wohl zuvor noch nie so viel auf einmal aus der Bibel gelernt. Bis spät in die Nacht hinein sprachen wir z.B. über die schattenhafte Bedeutung des Gesetzes oder die prophetische Bedeutung der Lebensgeschichte Josephs mit ihren Parallelen zum Leben Jesu. Ich machte mir jede Menge Notizen und wollte das Gelernte für meine Hahnenschreiseite verwenden.

Am Dienstagvormittag fuhren wir dann nach Nürnberg zu einer Schwester namens Susanne, die ich ebenso durch Facebook kennengelernt hatte. Da wir sehr verspätet ankamen, blieb uns kaum noch Zeit für biblische Gespräche. Wir aßen gegen 15:30 Uhr mit Ihr und ihrem Mann Siegfried ein aufgewärmtes Mittagessen und fuhren dann in die Nürnberger Innenstadt, um das Evangelium zu predigen. Sofort machte sich der Feind auf in Form eines Landstreichers, der uns mit seiner lauten Musik hinterherging um mich zu übertönen, aber der HErr schickte uns einen Engel in Form einer Schwester, die Ihn im Namen des HErrn davonjagte.

Nach einigen guten Gesprächen fuhren wir am Abend nach München zu den Eheleuten Jonathan und Carolyn, einer weiteren FB-Bekanntschaft. Jonathan (27) und seine Frau haben sich vor ein paar Jahren nach langer Suche den Old German Brethren angeschlossen, einer Art Mennonitenkolonie in den USA von vormals deutschen Auswanderern, weil diese zu den wenigen bibeltreuen Christen gehörten, die noch die Fußwaschung praktizieren. Der Schwester Carolyn sah man in ihrer typischen Mennonitentracht und ihrem Käppchen nicht an, dass sie vor fünf Jahren noch eine Punkerin war mit Piercings und Tatoos. Auch dem Jonathan (von Beruf Zahntechniker), hätte ich nicht zugetraut, dass er vor seiner Bekehrung aktives Mitglied einer Neonazi-Kameradschaft war und jede Menge Drogen nahm. Trotz seines jungen Alters besaß er inzwischen eine außerordentliche Kenntnis der Kirchengeschichte und der heutigen christlichen Szene. Seine Liebe zu den Kirchenvätern wurde durch die Bücher des amerikanischen Historikers David Bercot geweckt, der sich nach einem Studium der anglikanischen Theologie den Täufern anschloss und für eine Reform der Kirchen eintrat. Während des Gesprächs stand Jonathan plötzlich auf, öffnete die Terrassentür und zündete sich eine Zigarette an. Ich war irritiert: „Du bist ein strenger Christ und rauchst noch?“ – „Ja, leider. Es ist eine Altlast. Aber der HErr hat uns schon von vielen anderen Lastern frei gemacht und wird es auch noch von dieser tun.“ Am Abend luden sie uns zu einem „Liebesmahl“ aus Spaghetti ein mit anschließendem Abendmahl und einer vorangehenden Fußwaschung. Dies war für uns wirklich ein ganz besonderes Erlebnis mit dem HErrn, das eine starke emotionale Wirkung auf alle hatte. Wir fühlten uns einfach völlig eins im HErrn.

Am nächsten Tag fuhren wir mit Jonathan in die Münchener Innenstadt, wo ich das Evangelium predigte und wir Schriften verteilten. Später fuhren wir weiter nach Augsburg, wo uns schon Bruder Nadim (21) erwartete, ein ehemaliger Muslim, der sich vor zwei Jahren bekehrt hatte. Er arbeitete im Hotel seiner muslimischen Eltern, denen er noch nichts von seiner Bekehrung verraten hatte, da er fürchtete, dass sie ihn verstoßen könnten. Mit ihm und Bruder Harald (59), den wir abgeholt hatten, sind wir dann am Abend wieder ins Zentrum von Augsburg gefahren. Ich fühlte mich sehr mutlos und flehte Gott um Beistand an. Auf einem großen Platz wo ich schon einmal predigte, saßen etwa 100 Punker in kleinen Gruppen, alle schwarz gekleidet und verwahrlost, als wären sie gerade einem Grab entstiegen. Ich stellte mich mitten auf dem Platz und begann zu predigen, aber meine Stimme war zu leise, um gehört zu werden. Es war irgendwie auch gar keine Kraft da, so schien es mir. Aber dann kamen auf einmal mehrere Jugendliche auf mich zu und sprachen mich an, auch zwei Muslime, die ich dann an Nadim weiterverwies, der sich dann noch lange mit ihnen unterhielt. Ein gewisser Jannik (22), der gerade aus der Psychiatrie entlassen war, erzählte mir, dass er sich umbringen wolle, weil er noch nie Liebe erfahren hatte in seinem Leben. Obwohl er meinen tröstenden Worten ständig widersprach, ging er trotzdem nicht weg, so als ob zwei Geister gerade in ihm die Vorherrschaft erringen wollten. Im Anschluss sprach ich dann noch lange mit einer Punkerin namens Miriam, die mir erzählte, dass sie eigentlich katholisch gläubig sei und auch öfter mal in der Bibel lese. Wenn sie Fragen habe, wende sie sich immer an ihren verständnisvollen Priester, mit dem sie befreundet sei. Egal was ich ihr auch erklärte, immer sagte sie: „Hab ich doch!, „Tu ich doch!“ Am Ende wusste ich mir nicht anders zu helfen, als sie an die biblische Kleiderordnung in 1.Petrus 3 zu erinnern und dass es für eine Glaubensschwester unschicklich sei, so halbnackt auf der Straße rumzulaufen. Da erschrak sie und versprach mir, dies zu prüfen.


„Deine Frau trägt ja noch Ohrringe!“

Am nächsten Morgen fuhren wir weiter nach Stuttgart. Da fiel mir plötzlich mit Schrecken ein, dass wir noch gar keine Übernachtungsmöglichkeit für den Raum Stuttgart hatten. Ich hatte die Reise nicht bis ins Detail geplant und erinnerte mich, dass mein Freund und Bruder Friedemann (57), den ich ja schon seit über 25 Jahren kannte und der inzwischen mit einer Schwester Doris verheiratet war, mir zuvor am Telefon ausdrücklich gesagt hatte, dass er mir nur einen Schlafplatz anbieten könne, wenn ich allein käme, da seine Wohnung zu klein sei für einen zweiten Gast. Ich bekannte dem Simeon meine Sorge und wir beteten dafür, dass der HErr doch eine Lösung schenken möge. „Zur Not könnten wir ja auch im Wald übernachten,“ sagte ich, „das hab´ ich auch schon gemacht, ist gar nich´ so schlimm.“ Simeon sagte nichts. Als wir in der Stuttgarter Innenstadt ankamen, predigte ich, während Simeon Traktate verteilte. Später gingen wir in den Park, um gezielt Leute anzusprechen, die nicht auf ihr Handy starrten. Wir hatten ein langes Gespräch mit einer katholischen Studentin, die zwar gut fand, was wir glauben, sich aber selber nicht dafür entscheiden konnte.

Am Nachmittag fuhren wir nach Weil der Stadt zu Bruder Friedemann, der uns herzlich willkommen hieß. Wir hatten eine schöne Gemeinschaft miteinander, aßen Abendbrot und lasen gemeinsam in der Bibel. Noch immer wusste ich nicht, wo wir in dieser Nacht schlafen könnten, dachte aber: „Der HErr wird sich ersehen…“ (1.Mo.22:8). Als es etwa 22:00 Uhr war, beteten wir noch einmal zum Abschied und zogen unsere Schuhe an. Da fragte Friedemann beiläufig: „Habt Ihr denn jetzt irgendwo bei Geschwistern eine Unterbringung gefunden?“ – „Nee, leider nicht, haben alle abgesagt“ antwortete ich. „Und habt ihr dann ein Hotel gebucht?“ – „Ehrlich gesagt nicht. Ich hatte bis zuletzt gehofft, dass der HErr uns noch eine Tür auftut.“ – „Und wo wollt ihr jetzt übernachten?“ – „Müssen wir mal gucken. Sonst übernachten wir halt im Wald.“ Ich spürte, wie dem Friedemann auf einmal das schlechte Gewissen plagte. Er zog sich für einen Moment mit seiner Frau zurück und kam dann wieder zu uns ins Treppenhaus: „Simon, das muss nun wirklich nicht sein. Ich hab´ gerade mit der Doris gesprochen, und wir würden euch dann doch lieber eine Übernachtungsmöglichkeit anbieten.“ – „Aber sagtest du nicht, dass ihr keinen Platz habt?“ – „Ja, das stimmt. Nicht hier in der Wohnung. Aber meine Frau hat ja hier im Ort noch ein ganzes Haus, das leer steht, und da gibt es im Keller ein Gästezimmer mit eigenem WC. Da steht zwar nur ein Bett, aber wir legen einfach noch eine Matratze dazu, dann geht es schon. Ist ja nur für eine Nacht.“ Wir waren hoch erfreut und dankten Friedemann. Als wir dann rübergegangen waren und das Zimmer betraten, sagte Simeon: „Ist doch wunderbar! Besser geht’s doch gar nicht!

Am nächsten Morgen machten wir nach dem Frühstück einen Spaziergang im Park. Auf einmal erklärte Friedemann, dass er mal persönlich mit mir reden wolle auf der Parkbank, ohne dass Simeon dabei wäre. „Kein Problem“, sagte dieser, „Ich mach in der Zwischenzeit etwas Jogging.“ Als er weg war, sagte Friedemann im verschwörerischen Ton: „Simon, ich muss dich leider ermahnen, weil wir etwas entdeckt haben, was uns ziemlich schockiert hat.“ Ich war ziemlich in Verlegenheit geraten und fragte mich, was jetzt kommt: „Und das wäre?“ Friedemann fuhr fort: „Als du uns letztens mit deiner Frau Ruth besucht hast, haben wir gesehen, dass Ruth noch Ohrringe trägt. Sie hatte zwar keine angelegt, aber wir sahen Löcher in ihren Ohren!“ – „Ja, das stimmt, sie trägt häufig Ohrringe“ sagte ich. „Und das lässt du einfach zu?!?“ fragte Friedemann entsetzt. „Warum sollte ich nicht?“ fragte ich zurück. „Ach, Simon, das muss ich dir doch nun wirklich nicht erklären, denn du kennst die Bibel weit besser als ich. Es steht doch klar geschrieben in 1.Petr.3:3, dass gläubige Frauen keinen Schmuck tragen dürfen.“ – „Ehrlich gesagt, lese ich das nicht dort, sondern Petrus schreibt lediglich, dass sich eine Frau nicht um ihr Äußeres sorgen sollte, sondern um ihr inneres Wesen.“ – „Oh nein, Simon, dann bin ich aber wirklich enttäuscht von dir, dass du jetzt so lau geworden bist und das nicht mehr erkennst! Nur Huren tragen Ohrringe nach der Bibel. Früher hattest du noch eine klare Sicht diesbezüglich. Wie schade!“ – „Nein, Friedemann, genau anders herum: Früher hatte ich nur eine oberflächliche und pharisäerische Haltung zum Thema Schmuck. Aber inzwischen weiß ich, dass sogar Gott selbst Seiner Braut Ohrringe angelegt hat, und zwar in Hesekiel 16:12. Also können Ohrringe nicht pauschal verboten sein.“ Friedemann war aufgestanden und trotz seiner Aufregung schwieg er.

Wir gingen eine Weile still nebeneinander spazieren. Dann sagte ich: „Meine Frau hatte die Ohrringe abgenommen, um niemandem ein Anstoß zu sein. Aber eigentlich solltest du sie wegen solch einer geringen Sache nicht richten, denn sie kommt nun mal aus einem anderen Kulturkreis, wo das Tragen von Ohrringen als völlig harmlos angesehen wird.“ – „Es ist doch nicht entscheidend, ob Menschen es als harmlos empfinden! Schmuck ist doch ein Zeichen von Eitelkeit. Man will noch Menschen gefallen. Verstehst du das nicht?“ – „Paulus spricht aber auch von den Schwachen, deren Schwachheiten wir ertragen sollen. Und wenn wir so streng mit anderen Gläubigen ins Gericht gehen, dann wird der HErr auch genauso streng mit uns sein. Du magst vielleicht konsequenter sein als ich, was die Absonderung von der Welt betrifft; aber was das Gebot der Gastfreundschaft angeht, warst du zunächst sehr unwillig und wolltest uns nicht aufnehmen, obwohl wir mit dem Evangelium unterwegs waren, und die Schrift uns dies gebietet in 3.Joh.8.“ – „Die Bibel warnt uns aber vor Brüdern, die unordentlich wandeln, und wenn ihr im Wald übernachten wollt, weil ihr euch nicht rechtzeitig um eine Übernachtung gekümmert habt, dann ist das ein unordentlicher Wandel!“ – „Ach was! Jakob hat auch öfters unter freiem Himmel übernachtet, ebenso David und der HErr Jesus. Nach der Bibel ist die Gastfreundschaft aber viel wichtiger als der Verzicht auf Ohrringe.“ Friedemann schwieg wieder. Dann kam Simeon zu uns, aber wir ließen uns nichts anmerken, dass wir gestritten hatten.

Nachdem wir uns wieder vertragen hatten, schlug ich vor, gemeinsam den Bruder Helmut (61) zu besuchen, der im Nachbarort Markgrönningen wohnte und den ich noch aus der alten Versammlung in Sachsenheim kannte. So rief ich Helmut an, und wir verabredeten uns in einer kleinen Lagerhalle, die er angemietet hatte. Da Helmut sehr viel missionierte, waren die Regale im Lager voll mit Traktate-Kartons. Wir unterhielten uns eine Weile über Facebook, wo Helmut ebenso aktiv war. Er erzählte mir, dass er dort ständig Anfragen bekäme von jungen Mädchen, die ihn zum Sex einluden. „Keine Ahnung, woher sie wissen, dass ich noch ledig bin. Aber diese Mädchen tun mir sehr leid, weil sie eine große Sehnsucht nach Liebe haben. Deshalb habe ich schon vielen von ihnen geschrieben und sie auf den Heiland hingewiesen. Ich habe sie auch gefragt, ob ich ihnen irgendwie helfen kann.“ – „Aber Helmut,“ sagte ich, „diese Bilder sind doch nur Betrug. Dahinter stecken kriminelle Organisationen, die nur an dein Geld wollen.“ – „Das glaub ich nicht. Sie haben mir sogar schon geantwortet und sich bedankt für meine Freundlichkeit.“ Simeon lächelte mich an und zwinkerte mit den Augen. Da beließen wir es dabei und freuten uns über Helmuts Arglosigkeit.

Am nächsten Morgen machten wir dann einem Kurzbesuch bei dem charismatischen Bruder Alfred Schmitz (73) aus Leonberg. Dieser erzählte uns, dass er den bekannten Prediger Rudolf Ebertshäuser schon kannte, als dieser noch ein Jugendlicher war. Dann fuhren wir weiter zu Bruder Ralf Daubermann nach Ludwigshafen, mit dem ich mich ebenfalls schon vor 27 Jahren angefreundet hatte und bei dem wir drei Stunden einen spannenden Austausch über aktuelle Ereignisse hatten.

Am Abend kamen wir dann zur Familie von Kurt Hoster nach Mönchengladbach, die ich 1991 auf einer Radtour durch Deutschland kennengelernt hatte und seither nie wiedersah. Wir durften bei der lieben Schwester Elke Hoster, der Hausmutter, übernachten. Ihr Mann Kurt war letztes Jahr vom HErrn heimgerufen worden. Seine Kinder, die damals alle noch Jugendliche waren, sind inzwischen alle erwachsen und haben Familien mit vielen Kindern. Eine besondere Freude war es für mich, beim Abendessen Daniel Hoster (48) und Kurts Schwiegersohn Daniel Ahner (50) wiederzusehen (mit Letzterem hatte ich in meiner Jugendzeit über Jahre eine Brieffreundschaft). Daniel Hoster, der inzwischen ein reicher Banker geworden war, predigte am nächsten Morgen im Gottesdienst ihrer Gemeinde. Doch dann wurde ich etwas stutzig, als er sagte: „Vor kurzem habe ich mir einen langersehnten Wunsch erfüllt und mir einen sehr teuren Sportwagen gekauft. Als ich einstieg und damit losfuhr, war ich so glücklich, dass mir der Gedanke kam, wie sehr der HErr sich jetzt ebenso mit mir freut, dass Er mir damit so eine Freude machen konnte!“  In dem Moment dachte ich, wie sehr sich der HErr gefreut hätte, wenn er das viele Geld nicht für solch einen sinnlosen Luxus, sondern lieber für die Armen in der Dritten Welt ausgegeben hätte. Nach dem Gottesdienst sind wir dann wieder heimgefahren nach Bremen. Für Simeon Berndt und mich war dies eine sehr gesegnete, aber auch anstrengende Reise. Oftmals standen wir vor Problemen und Gefahren, bei denen wir zunächst keinen Ausweg sahen, aber der HErr uns dann doch wunderbar hinaus half. Simeon hatte durch all dieses gelernt, dass es sich wirklich lohnt, mit dem HErrn Jesus zu leben und Seine Gebote zu befolgen. Allein darauf wollte er sich jetzt konzentrieren.


Vier Meter in die Tiefe

Anfang Mai sollte ich im Hinterhof eines Hauses eine Fassade streichen. Da sie nur sechs Meter hoch war, verzichtete ich auf ein Gerüst, sondern machte den Auftrag ausnahmsweise von der Leiter, was normalerweise kein Problem darstellt. Wie üblich legte ich die Schiebeleiter an und begann, die Fenster abzukleben. Doch auf einmal rutschte mir die Leiter weg, da der nasse Bangkiraiholzboden unter dem Abdeckvlies durch den Regen in der Nacht noch glitschig war. Ich versuchte mich noch irgendwo festzuhalten, griff jedoch ins Leere. In dem Bruchteil einer Sekunde dachte ich nur: „Hoffentlich falle ich wenigstens noch irgendwie günstig“. Ich fiel aus etwa vier Meter Höhe nahezu gerade auf den Rücken. In den ersten Sekunden konnte ich nicht mehr atmen. Ich drehte mich unter starken Schmerzen auf die Seite, um wieder Luft zu holen. Da sah ich, wie die Kundin aus dem Wohnzimmer auf die Terrasse lief und mit ihrem Handy den Notruf alarmierte. In diesem Moment dachte ich, dass das doch nicht nötig tat, da es mir doch wieder gut ging und ich weiterarbeiten wollte. Ungewöhnlich schnell war der Krankenwagen da. Die Notärztin prüfte zunächst, ob ich meine Beine noch spürte und gab mir erstmal eine Fentanyl-Spritze. Im Nu war ich dann auch schon im nahegelegenen Krankenhaus, wo man mir meine Malerhose aufschnitt und mich auf ein Krankenbett hob. Erst jetzt spürte ich sehr starke Schmerzen in meinem Rücken. Beim Röntgen stellte man fest, dass ich mir sieben Rippen und drei Wirbel gebrochen hatte. Ein Pfleger rief meine Frau an und berichtete ihr mit beruhigender Stimme, dass ich einen Unfall hatte. Sofort machte sie sich auf den Weg ins Krankenhaus.

Nachdem Ruth auch kurz meinen Bruder Marcus informiert hatte, rechnete dieser mit dem Schlimmsten. In Panik und völlig aufgelöst rief er sofort meinen Bruder Patrick an und sagte mit weinerlicher Stimme: „Simon ist von der Leiter gefallen! Eine Katastrophe! Wahrscheinlich ist er jetzt querschnittgelähmt und wird für immer an den Rollstuhl gebunden sein. Es ist einfach nur schrecklich! Wir müssen alle für ihn beten! Du musst dich sofort auf den Weg nach Bremen machen!“ Vor seinem geistigen Auge sah er schon, wie die Chirurgen gerade um mein Überleben kämpften und wie er mich künftig im Rollstuhl durch den Park schieben musste. Umso mehr freuten sich schließlich alle, als sie erfuhren, dass ich gar keine OP benötigte, weil die Rippen zwar durchgebrochen aber nicht versetzt waren, so dass alle wieder problemlos zusammenwachsen würden von ganz allein. Dem HErrn sei Dank! Es war alles doch nicht so schlimm. Dennoch war die erste Nacht auf der Intensivstation sehr unangenehm, da ich es gewohnt war, im Schlaf auf der Seite zu liegen, es aber vor Schmerz nicht konnte. Am nächsten Tag wollte ich mich nachmittags mal duschen, konnte mich aber kaum aus dem Bett bewegen. Schließlich wurde der Wunsch so dringlich, dass ich mich überwand und mit aller Kraft aus dem Bett hob, um in die Dusche hineinzugehen. Irgendwie hatte ich es am Ende hinbekommen.

Am nächsten Tag konnte ich schon ohne Mühe aus dem Bett aufstehen und mit Hilfe einer Physiotherapeutin den Flur auf- und abgehen. Und da ich jeden Tag Besuch bekam, wurde mir die Woche im Krankenhaus auch nicht langweilig. Besonders habe ich mich über den Besuch von Ismael gefreut, meinem kurdischen Freund, der immer als Subunternehmer für mich arbeitete. Ich fragte ihn, ob er immer noch an seine Zarathustra-Religion glauben würde, die er vor etwa fünf Jahren annahm, nachdem er den Islam aufgegeben hatte. Ismael antwortete lächelnd: „Nein, Simon, ich habe den Glauben an Ahura-Mazda inzwischen wieder aufgegeben, weil es auch kaum Anhänger dieser Religion gibt hier in Bremen. Deshalb bin ich jetzt mit meiner Frau auf der Suche nach einer neuen Religion.“ – „Das ist ja wunderbar!“ sagte ich, „Dann lade ich dich herzlich ein, Jesus Christus kennenzulernen, an den ich jetzt seit drei Jahren wieder glaube. Was hältst du davon, wenn wir Euch nächste Woche mal besuchen kommen? Dann könnte ich dir in aller Ruhe mal den christlichen Glauben erklären.“ – „Ja, das wäre sehr schön, Simon, wir laden euch gerne zum Essen ein.“

Nachdem ich eine Woche später wieder entlassen wurde, besuchte ich Ismael und seine Familie in Delmenhorst. Als ich Ismael 2010 kennenlernte, lebte er noch in sehr bescheidenen Verhältnissen. Aber inzwischen hatte er ein großes Bauunternehmen gegründet mithilfe der zahlreichen Flüchtlinge aus dem Irak, so dass er sich am Stadtrand von Delmenhorst ein sehr großes Haus leisten konnte. Ohne Frage: Ismael hatte mich wirtschaftlich inzwischen überholt, aber ich gönnte es ihm von Herzen. Er war ein Jahr jünger als ich sah aber älter aus und hatte stets das Benehmen eines Gentleman. Wenn er mich in meiner Werkstatt begrüßte, verbeugte er sich sogar und machte mir immer Komplimente, was ich überhaupt nicht gewohnt war. Wenn er uns zuhause besuchte, brachte er sogar Blumen und Geschenke mit. Ständig behauptete er, ich sei ein guter Mensch und wolle deshalb gern mein Freund sein. Da er mittlerweile viel erfolgreicher war als ich, konnte ich davon ausgehen, dass er dies aufrichtig meinte. Ismael und seine Frau hatten uns ein üppiges Abendessen bereitet und behandelten uns wie Ehrengäste. Nach dem Essen begann ich, Ismael den christlichen Glauben zu erklären, aber leider unterbrach er mich ständig und hielt mir lange Vorträge, um mir zu zeigen, was er schon alles wusste. Für ihn war Jesus Christus zwar göttlicher Natur, aber er verstand nicht, dass er ohne die Annahme des HErrn und Seines Opfertodes am Kreuz verloren sei, zumal er sich nicht als verdorbenen Sünder sah. Wir versuchten ihm, verständlich zu machen, dass es im christlichen Glauben nicht um eine besondere Erkenntnis gehe, sondern um die Erfahrung eines völlig veränderten Lebens, das durch eine Neugeburt erst möglich werde. Ismael verstand das Christsein eher als ein Tun von guten Werken, durch die man Gott wohlgefallen müsse. Ihm schwebte dabei auch etwas ganz Konkretes vor, und zwar wollte er einen großen Baukonzern im Kurdengebiet der Türkei gründen, um seinen kurdischen Landsleuten auf diese Weise Arbeit zu geben. Gott habe ihn so reich beschenkt, dass er den Rest seines Lebens im Dienst für andere leben wolle. Erdogan habe nämlich Fördergelder versprochen für ausländische Investoren, die in der Türkei Arbeitsplätze schaffen. Da ich als Deutscher mehr Respekt bekäme als er, wolle er mich als Partner für dieses Projekt gewinnen, um die Verhandlungen mit den türkischen Behörden zu führen. Für mich war dies jedoch reiner Größenwahn und ich lehnte dankend ab. Da er so viel redete und immer wieder abschweifte, gelang es mir kaum, das Gespräch wieder auf die Heilsbotschaft zu lenken. Nach zwei Stunden gab ich schließlich auf und dachte: „In ein volles Glas kann man nichts mehr einfüllen. Wer nicht will, der hat schon.“

Obwohl ich eigentlich mindestens einen Monat nicht mehr arbeiten sollte, ging es mir schon zwei Wochen nach meinem Sturz so gut, dass ich wieder voll arbeiten konnte. Da mich viele meiner Mitarbeiter verlassen hatten und mir nur noch sechs blieben, musste ich nun jeden Tag mitarbeiten, um die vielen Aufträge abzuarbeiten. Auf dem Arbeitsmarkt bekam man zwar kaum noch deutsche Arbeitsbewerber, dafür aber umso mehr Syrer, Afghanen, Iraner und Afrikaner, bedingt durch die Flüchtlingskrise. Ein Marokkaner gab sich als unbegleiteter Minderjähriger aus namens Said Bakali mit gefälschten Papieren, um in Deutschland bleiben zu können. Er sprach zwar kein Wort Deutsch, dafür aber Spanisch, so dass wir uns verständigen konnten. Nachdem ich ihm versprochen hatte, ihn als Lehrling zu nehmen, bekannte er mir, dass er eigentlich Mohammed Zayri heiße und schon 25 Jahre sei. Dies änderte jedoch nichts an meinem Angebot. Um nicht abgeschoben zu werden, gelang es ihm, eine junge Deutsche kennenzulernen, die er bald darauf heiratete. Die Ehe hielt jedoch nur ein Jahr, und auch seine Ausbildung brach er bereits nach zwei Jahren wieder ab.

Er kam, um die Gefangenen zu befreien

Über Pfingsten ergab sich erneut eine Gelegenheit zu einer kurzen Besuchsreise. Anlass war diesmal der Besuch eines adventistischen Predigers, den ich über Facebook kennengelernt hatte. Christopher Kramp war zwar erst Anfang 30, aber ausgesprochen begabt. Er leitete einen adventistischen Fernsehkanal in Stuttgart namens Joel Media TV, in welchem er sehr spannende Vorträge über die Katholische Kirche und die Charismatik machte. Da es mir schon lange ein Anliegen war, mit Gläubigen aus allen Gruppierungen in Kontakt zu treten, lud ich Bruder Christopher einfach zu uns nach Ludwigsstadt ein, um dort am Sonntag für uns zu predigen und gemeinsam den Tag zu verbringen. Ich war sehr erfreut, als ich erfuhr, dass er die Einladung annahm. Christopher hatte zwei Jahre zuvor einen sehr spannenden Vortrag gehalten, wie Papst Francisco eine Ansprache hielt per Videoübertragung auf einem Kongress in den USA, wo alle charismatischen Führer des Landes eingeladen waren. Der Papst erklärte den versammelten Pastoren, dass er ihr „verstoßener Bruder Joseph“ sei (analog zum biblischen Joseph) und dass er die Aufgabe habe, die zerstrittene Kirche Jesu zu vereinen. Er wolle nun in aller Demut seinen Brüdern die Hand zur Versöhnung reichen. Mit den Lutheranern habe die Römische Kirche sich bereits 1999 versöhnt, und jetzt seien die Evangelikalen und Charismatiker an der Reihe. Er lud alle Kirchenführer der Welt ein, in den Vatikan zu kommen und die bereits von Juristen aufgesetzten Vereinigungsverträge zu unterschreiben. Die charismatischen Führer gerieten außer Sich vor Freude und hatten sich seitdem im Vatikan die Klinke in die Hand gegeben. Christopher sah hierin die Prophezeiung von E.G. White bestätigt, dass der Papst der Antichrist sei und demnächst ein Sonntagsgesetz erlassen würde, d.h. ein Sonntagsottesdienstbesuchszwang.

Als Christopher am Sonntagvormittag in Ludwigsstadt ankam, war er wahrscheinlich überrascht, dass unsere kleine Hausgemeinde nur aus 5 Geschwistern bestand. Wir fühlten uns geehrt, dass er ganz aus Stuttgart mit dem Auto angereist kam und luden ihn ein, dass er am Wort dienen solle. Er brachte uns eine sehr erbauliche Wortbetrachtung und wir lobten gemeinsam unseren HErrn. Als wir nach dem Mittag dann noch etwa zwei Stunden spazieren gingen und uns über Gottes Wort austauschten, sagte Bernd, dass die Adventisten an und für sich sehr wertvoll seinen im endzeitlichen Kampf gegen die zunehmende Gesetzlosigkeit. Christopher erzählte, dass es auch im Adventistischen Weltbund Bestrebungen gäbe, die Frauenordination einzuführen und dass er für diesen Fall bereits angekündigt hatte, dass die deutschen Adventisten da nicht mitmachen würden. Dann kamen wir auf die Prophetin Ellen G. White zu sprechen, und dass sie ja im Grunde auch gelehrt hätte, es jedoch als Weissagung ausgegeben habe. Bernd betonte, dass man nach 1.Kor.14:29 einem Propheten nur dann glauben dürfe, wenn die Gemeinde die Botschaft anhand von Gottes Wort geprüft habe. Dass die Adventisten jedoch aus den „2.300 Abenden und Morgen“ aus Dan.8:14 einfach willkürlich 2.300 Jahre gemacht hätten, um die Wiederkunft Christi fälschlich auf das Jahr 1844 zu datieren, sei völlig haltlos. Der Umstand, dass der HErr nicht wiederkam, hätte die Adventisten zum Umdenken veranlassen sollen. Stattdessen beharrten sie auf ihrer falschen Auslegung und erklärten, dass Christus 1844 in das Allerheiligste im Himmel eingetreten sei, was aber auch nicht stimmen kann, da Er dies notwendigerweise schon gleich nach Seiner Auferstehung tat (andernfalls hätte es bis zum Jahr 1844 noch gar keine Vergebung gegeben).

Als Bruder Christopher sich am späten Nachmittag wieder auf die 4 Stunden langen Heimfahrt gemacht hatte, sprachen wir noch eine Weile über die Prophetie von Daniel 8. Bernd deutete die zwei Hörner des Widders neuzeitlich als das Auftreten des Islam im Nahen Osten, der sich ja in Sunniten und Schiiten aufspaltete. Eine Erklärung für die Bedeutung der 2.300 Tage aus Vers 14 hatte er jedoch nicht, weshalb ich folgende Deutung vorschlug: Nach der Entweihung und Zerstörung des 3. Tempels in Jerusalem würde es 2.300 Tage dauern, bis ein 4.Tempel, nämlich der aus Hesekiel 40-43, aufgebaut werden würde. Da die Schreckensherrschaft des Antichristen nach 42 Monaten mit der Wiederkunft des HErrn beendet sei, werde es noch weitere 1040 Tage dauern, also knapp 3 Jahre, bis die Erde im 1000-jährigen Reich wieder so weit hergerichtet ist, dass man auch diesen riesigen Tempel fertigstellen und einweihen könne. Bernd fand diese Auslegung sehr plausibel und nah am Text, weshalb er ihr zustimmte.

Am nächsten Tag kam uns Bruder Johannes (47) aus Nürnberg besuchen. Johannes kam aus gläubigem Elternhaus, war aber als Jugendlicher dämonisch belastet. Durch viel Gebet wurde er jedoch von Gott befreit. Seither hatte er sich viel mit dem Thema finstere Mächte bzw. Verschwörungen beschäftigt. Daher wusste er, dass der Feind sogar böse Arbeiter in die Gemeinden einschmuggelt, um sie von innen zu verderben, wie es Paulus in 2.Tim.3:6 schrieb: „…die sich in die (Gemeinde)-Häuser schleichen“. Er berichtete uns von einem ehemaligen Jesuiten namens Alfredo Romero Rivera, der vom Vatikan beauftragt wurde, die evangelikalen Gemeinden in Lateinamerika zu unterwandern und durch Intrigen und Sabotagen zu zerstören. Als dieser jedoch herausfand, dass der Vatikan in den Händen der Freimaurer sei, verließ er die Römische Kirche und wurde zum Verräter. Daraufhin habe man mehrere Mordanschläge an ihm verübt, um ihn zum Schweigen zu bringen. Dann erzählte er uns von einer Ärztin namens Rebekka Brown, durch welche sich viele Satanisten zum HErrn Jesus bekehrt hätten. Besonders eine Satanistin namens Elaine habe sehr viele Details über den Satanismus berichtet, u.a. bestätigte auch sie, dass die Satanisten Saboteure in die Reihen der christlichen Gemeinden entsenden, um diese von innen heraus zu zerstören. Sie habe über Erlebnisse drei Bücher geschrieben; das erste hatte den Titel „Er kam, um die Gefangenen zu befreien“. Da die deutsche Ausgabe inzwischen schon längst vergriffen sei, plante Johannes, dieses Buch neu aufzulegen. Er habe bereits mit einer Schwester aus der Schweiz gesprochen, die ihm die Urheberrechte für 500 Euro angeboten hätte. Leider erlaubte ihm seine Frau nicht, einen christlichen Verlag zu gründen, weshalb mich Johannes bat, ob ich nicht das Buch verlegen könnte im Selbstverlag. Da ich es zunächst erstmal selbst lesen wollte, gab mir Schwester Adelheit ein Exemplar leihweise. Als ich abends wieder im Zug nach Bremen zurückfuhr, las ich das Buch die ganze Zeit im Zug und war erschüttert über die Fülle an Informationen über diese schrecklichen Dinge.

Bibelkonferenz

Noch immer versammelten wir uns jede Woche mit unserem Hauskreis, der durch die Teilnahme unseres Bruders Daniel P. eine große Bereicherung erfuhr. Denn Daniel hatte nicht nur ein gutes Bibelwissen, sondern verfügte auch über die Gabe, die biblischen Geschichten sehr gut allegorisch auszulegen. Daniel hatte jedoch Probleme in seiner Ehe, da seine Frau sehr dominant war und ihn durch ihr Verhalten häufig zum Zorn reizte. Zudem litt er unter seiner starken Libido und damit verbundenen Schuldgefühlen gegenüber Gott, da es ihm noch immer nicht gelang, ein Überwinderleben zu führen. Ich ermutigte ihn, dass der HErr voller Mitleid, geduldig und barmherzig sei mit unseren Schwachheiten, da Er ja ebenso versucht wurde wie wir. Er solle doch nur nicht den Kampf aufgeben. Damit auch seine Frau unters Wort käme, verlagerten wir von da an unsere wöchentlichen Bibelstunden in Daniels Wohnung. Dort lernte ich auch junge russlanddeutsche Brüder kennen, die sich in einer kleinen Gemeinde in Achim-Bierden versammelten. Ich folgte ihrer Einladung und entschied mich schließlich, von nun an nur noch dort hinzugehen, da ich in der großen russlanddeutschen Gemeinde in Uphusen noch immer keinen Anschluss gefunden hatte. Das kleine „Gebetshaus“ in Bierden war mit gerade einmal 20 Gläubigen weitaus familiärer, so dass mir Geschwister schnell ans Herz gewachsen waren. Durch meinen Vollbart und mein Engagement auf Facebook erregte ich zwar etwas Anstoß bei den Brüdern, da sie viel konservativer waren, aber insgesamt fühlte ich mich bei ihnen viel wohler und angenommener. Ruth hingegen bevorzugte lieber, wieder in ihre frühere spanischsprechende Gemeinde zu gehen, zu der ich sie in den folgenden drei Jahren regelmäßig samstagnachmittags begleitete.

Über Facebook lernte ich immer mehr Brüder kennen, mit denen ich weitestgehend einer Meinung und eines Geistes war. So z.B. einen Lehrer namens Alexander Basnar aus Wien, der einer Täufergemeinde angehörte, die in Gütergemeinschaft leben wollte nach dem Vorbild der Urgemeinde. Wir telefonierten miteinander über den zerstrittenen Zustand der Evangelikalen heute und die Notwendigkeit einer Belebung. Mir kam die Idee, eine Bibelwoche zu veranstalten, zu der wir all jene Gläubigen aus allen Lagern einladen, die wir kennen, um gemeinsam über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu sprechen , so wie es in Maleachi 3:16 heißt: „Da unterredeten sich miteinander, die den HErrn fürchten, und der HErr merkte auf und hörte; und ein Gedenkbuch ward vor ihm geschrieben für die, welche den HErrn fürchten und welche Seinen Namen achten.“ Bruder Alexander hatte vorgeschlagen, am Anfang erst mal einen runden Stuhlkreis zu bilden, wo jeder sich vorstellen kann und auch seinen Hintergrund nennt. Dann sollten Regeln genannt werden, die für eine gemeinsame Woche unerlässlich sind, also die Art, wie Kritik geäußert wird, eine konstruktive Grundhaltung und Kritikfähigkeit, die in allem Gottes Ehre sucht. Gerade weil ja die teilnehmenden Geschwister zum Teil aus ganz heterogenen Gruppierungen kämen, sei es wichtig, dass man respektvoll und in Liebe miteinander umgehe. Am Beispiel von Apg.15 solle der biblische Umgang untereinander bei lehrmäßigen Unterschieden erlernt werden. Einig waren wir uns darin, dass heute Sola Fide („Glaube allein“) – der Hauptirrtum des Evangelikalismus sei, welcher den Glaubensgehorsam torpediert und weiteren Streit in die Gemeinden trägt: Warum solle man wirklich „allem“ gehorchen, wenn das doch gesetzlich und nicht heilsnotwendig sei? Hier gehe es um einen Heilsweg ohne treue Nachfolge, der mit der scheinbaren Autorität der großen Reformatoren gepredigt werde. So wie nur Paulus den sich auf Jakobus berufenden Judaisierern widersprach, so sind es heute nur wenige, die den Lehrern der Gesetzlosigkeit widersprechen, die sich auf Luther berufen.

Als ich die Idee dann auf Facebook vorstellte, waren sofort viele begeistert und versprachen zu kommen. Insgesamt 43 Geschwister äußerten ihr Interesse. Daraufhin setzte ich mich mit einem christlichen Seminar-Veranstalter in Verbindung, der mir ein Freizeitheim mit Konferenzraum in der Nähe von Osnabrück anbot. Ich schlug einen Zeitraum vom 05.08.-12.08.2017 vor und gestaltete einen Einladungsflyer, in welchem ich die Kosten von 11,50 €/ Nacht (bei Selbstversorgung) nannte. Dann bat ich die Geschwister, mir ihre Teilnahme bis zum 15.06. verbindlich zu bestätigen, um den Veranstaltungsort zu buchen. Aber dann ging´s los, dass auf einmal einer nach dem anderen absagte aus den verschiedensten Gründen: die einen hatten für diesen Zeitraum bereits eine Reise geplant, andere bekämen für diesen Zeitraum noch keinen Urlaub und wieder andere wollten nicht kommen, weil ihnen schlichtweg der Weg zu weit sei. Am Ende gab es nur so wenig Zusagen, dass sich der Aufwand nicht mehr lohnte und ich dem Veranstalter wieder absagen musste. Ich fragte die Geschwister auf Facebook daraufhin, ob wir nicht einen neuen Termin ins Auge fassen sollten fürs nächste Jahr, damit alle genügend Vorlaufzeit zur Planung hätten. Aber leider kam so gut wie keine Resonanz mehr. Die anfängliche Begeisterung war plötzlich wieder verflogen. Dieses Anliegen schien den meisten wohl doch nicht so wichtig, um dafür einen Teil ihrer Zeit zu opfern.

Unterdessen entbrannte auf einmal ein Streit auf Facebook über die Frage, ob es richtig sei, die AfD zu wählen anlässlich der bevorstehenden Bundestagswahl 2017. Bruder Alexander aus Österreich hatte sich mit vielen anderen für einen sofortigen Stopp der Masseneinwanderung von Migranten nach Deutschland und Österreich ausgesprochen, sowie eine Rückführung der Eingewanderten in ihre Heimatländer. Ich hingegen war der Auffassung, dass wir uns als Christen gar nicht in die weltliche Politik einmischen und daher auch gar nicht erst zur Wahl gehen sollten. Die Einwanderung von Muslimen sah ich hingegen sehr positiv, um ihnen das Evangelium predigen zu können, da es in den arabischen Ländern ja sonst kaum möglich sei zu evangelisieren. Bruder Alexander widersprach mir mit vielen anderen österreichischen Brüdern scharf und vermutete, dass ich noch immer eine linke Prägung habe, die mich blind gemacht hätte für die Ordnungen Gottes, der ja bewusst die Menschen von einander schied und die Grenzen der Völker festgesetzt habe laut 5.Mose 32:8. Die linken Paneuropäer hingegen wollten einen Bevölkerungsaustausch herbeiführen und riskierten dabei die Errichtung eines islamistischen Kalifats in Europa, zumal die Muslime ja jetzt schon deutlich mehr Kinder zeugten als die Europäer. Einige Brüder gingen sogar so weit, dass sie mich für einen sozialistischen Wirrkopf hielten, der die linke Propaganda nachplappere und vom Feind benutzt werde, um die Gläubigen zu spalten. In der Hitze der Debatte schrieb mir Alexander auf einmal, dass er sich von mir trennen wolle wegen meiner Uneinsichtigkeit und blockierte mich daraufhin. Dadurch aber verriet er seine eigenen Vorsätze, sich durch eine Bibelkonferenz für mehr Verständigung und Versöhnung unter den andersdenkenden Christen einzusetzen, wenn es ihm schon bei dieser politischen Kontroverse nicht gelang.

 

 

– Hat Israel den Angriff der Hamas absichtlich zugelassen?

 

„Du sollst keine wahnhaften Gerüchte weiterverbreiten und auch nicht deine Hand den Frevlern reichen, um ein ungerechter Zeuge zu sein. Du sollst auch nicht der Mehrheit folgen zu Boshaftem, und du sollst auch nicht der Masse beitreten, um mit der Mehrheit(smeinung) zusammen das Recht zu beugen.“                (2.Mo.23:1-2)

 

Liebe Geschwister im HErrn Jesus,

die Gnade und der Friede Gottes sei Euch vermehrt.

Anlässlich der vielen Gerüchte und Lügen, die derzeit verbreitet werden über den derzeitigen Nahost-Krieg, haben sich leider nicht wenige Gläubige auf die Seite der Feinde Israel gestellt, weil sie lieber antisemitische Verschwörungstheorien ernstnehmen als das Wort Gottes, das vielfach die Rückkehr der Juden in ihr von Gott verheißenes Land verheißen hat. Eine dieser frei erfundenen Märchen ist z.B. aus einem Buch von Arthur Koestler „Der dreizehnte Stamm“ (1976), in welchem behauptet wird, dass das sog. aschkenasische (osteuropäische) Judentum überwiegend von den Chasaren abstamme. Die Antisemiten haben daraus die Idee weitergesponnen, dass die Juden im heutigen Israel angeblich gar keine echten Abkömmlinge des Stammes Juda seien, sondern Anhänger einer pseudojüdischen, kabbalistischen Sekte namens Chabad Lubawitsch, die den Armageddon-Weltuntergang herbeiführen wollen, um ihren Herrscher als Messias und Weltretter präsentieren zu können.

Wie wir im oben genannten Gebot Gottes aus 2.Mo.23:1-2 lesen, ist es einem Gläubigen untersagt, der Hetze und Propaganda einer Streitpartei einfach ungeprüft Glauben zu schenken, nur weil es vielleicht in das bereits vorgefasste Bild oder Narrativ gepasst hätte, dass man ohnehin schon seit Jahren pflegt. „Glaubet nicht jedem Geist, sondern prüfet die Geister, ob sie aus Gott sind“ (1.Joh.4:1). Wes´ Geistes Kind diese Feinde Israels sind, konnte man zuletzt auf deutschen Straßen hören: „Hamas, Hamas, Juden ins Gas!“ Wenn ein Christ also diesem Märchen vom „Freiheitskampf der Palästinenser gegen einen zionistischen Terrorstaat“ Glauben schenkt, dann hat er sich mit gesetzlosen Faschisten einsgemacht (2.Chr.19:2, Spr.1:10-19) und nach 1.Mo.12:3 einen Fluch Gottes über sich gebracht. Deshalb möchte ich im Folgenden mal einige Lügen der Israelhasser widerlegen:

  1. Haben die Juden den Arabern das Land gestohlen?

Nein, ganz und gar nicht. Mal abgesehen davon, dass dem Hause Juda genauso wie allen anderen Stämmen Israels das Land Kanaan vor etwa 3.500 Jahren von Gott zum Eigentum gegeben wurde, haben auch die Juden aus der Diaspora schon seit 1000 Jahren zusammen mit Arabern friedlich in Palästina gewohnt unter osmanischer Herrschaft. Jerusalem war über Jahrhunderte sogar mehrheitlich jüdisch. Palästina ist die Bezeichnung einer Region (nicht eines Staates!), die nicht nur das heutige Gebiet von Israel umfasst, sondern auch das des heutigen Jordanien. Der Begriff Palästinenser wurde in den 60er Jahren von Jassir Arafat erfunden und ist irreführend; besser ist der Begriff Araber, denn es gibt in Palästina sowohl arabische wie auch israelische Palästinenser.

Nach vielen Pogromen gegen die Juden, besonders in Russland, beschlossen sog. Zionisten wie Theodor Herzl auf einer Konferenz in Basel 1897 einen eigenen Judenstaat zu gründen. Dieser wurde ihnen vom britischen Außenminister Balfour 1917 auch zugesagt. Bereits seit 1882 wanderten Juden ins verheißene Land und kauften von den Arabern Grundstücke. Im Jahr 1920 beschloss der Völkerbund in Sanremo, die Balfour-Deklaration umzusetzen (Schaffung einer Heimstätte für Juden in Palästina) und erteilte den Briten ein Mandat zur Umsetzung. Dieses sah vor, dass den 600.000 Juden aufgrund ihrer Geschichte das Gebiet westlich vom Jordan gehören solle (ca. 25 %), während die 1,2 Millionen Araber das viel größere Gebiet des Britischen Mandats östlich vom Jordan bekämen (ca. 75 %). Dieser Teilungsplan wurde dann 1947 noch einmal von der UNO mit der Resolution 181 mehrheitlich genehmigt. Sowohl die Araber als auch die Juden erhielten das Recht, auf ihren Gebieten jeweils einen eigenen Staat zu gründen, sobald die britischen Truppen das Besatzungsgebiet am 14.Mai 1948 geräumt hätten. Noch am selben Tag erklärte Israel am Nachmittag seine Staatsgründung, während die Araber dieses Recht verweigerten. Schon damals begnügten sie sich nicht mit 75 % des Landes, sondern wollten 100 %.

  1. Ist Israel ein Apartheitsstaat?

Ganz im Gegenteil. Während Juden und Christen in den meisten arabischen Staaten (Diktaturen) diskriminiert und teilweise auch verfolgt werden, ist Israel ein multikultureller, pluralistischer und demokratischer Rechtsstaat, übrigens der einzige im Nahen Osten. Seit der Staatsgründung leben etwa 20 % muslimische Araber in Israel, d.h. 2 Millionen, die die israelische Staatsbürgerschaft haben und überaus glücklich und zufrieden sind. Viele dieser muslimischen Araber verdienen gut, haben ein hohes Ansehen und bekleiden z.T. hohe Ämter als Richter oder Abgeordnete der Knesset. Es gibt sogar Araber bei den Israelischen Streitkräften (IDF), die aus voller Überzeugung den Staat Israel verteidigen! Die Möglichkeit, ein Bürger Israels zu werden, hatte der israelische Staat seit seiner Gründung allen Arabern angeboten. Aber die meisten weigerten sich und folgten dem Aufruf der arabischen Länder, das Land zu verlassen mit der Hoffnung, es durch einen Krieg der Araber wieder ganz zurückzuerlangen. Auf diese Nakba („Katastrophe“) haben die arabischen Länder seither mit vielen Terroranschlägen und Kriegen reagiert, die sie alle verloren haben, sei es 1949, 1956, 1967 (6-Tage-Krieg), 1973 (Yom-Kippur-Krieg), 1982, 1987 (Intifada), 2006 (Libanonkrieg) und jetzt im Massaker vom 07.10.2023.

Israel hat den Arabern immer die Hand gereicht, aber sie wurde jedes Mal von ihnen ausgeschlagen. Israel kann sagen: „Ich will nur Frieden; aber wenn ich rede, so sind sie für Krieg“ (Ps.120:7). Das Friedensabkommen von 1993 zwischen Arafat und Rabin hat nur kurze Zeit gehalten. Die Kinder im Gazastreifen lernen ja von Geburt an schon in Kindergärten und Schulen, die Juden als Erzfeinde zu hassen. Die meisten Kinder im Westjordanland spielen mit ausrangierten Waffen; ihr Berufswunsch ist, als Soldaten Juden zu töten und als Märtyrer zu sterben. Juden würden im Gazastreifen sofort verhaftet oder umgebracht und auch im Westjordanland gibt es viele Städte, wo man sie sofort umbringen würde, wenn sie nicht aufpassen. Da in den letzten Jahrzehnten ständig Terror-Anschläge auf jüdische Wohngebiete verübt wurden, haben die Israelis ihr Staatsgebiet 1994 durch eine Sperranlage geschützt, die entlang des Gazastreifens verläuft. Gleichzeitig hat man den Bewohnern des Gaza-Streifens völlige Autonomie gegeben, indem die israelischen Soldaten 2005 abgezogen sind. 120.000 überprüfte Palästinenser aus dem Westjordanland dürfen täglich in Israel arbeiten. Außer diesen darf aber keiner Palästinenser nach Israel rein, aber auch kein Israeli in die besetzten Gebiete. Mit Apartheit hat dies aber nichts zu tun, denn zum einen gilt gleiches Recht für alle und zum anderen geschieht die Abriegelung ja nicht aus rassistischen Gründen wie damals in Südafrika, sondern aus Sicherheitsgründen. Die verschärften Sicherheitsmaßnahmen sind aber den ständigen Terrorangriffen der arabischen Palästinenser geschuldet.

  1. Hat Israel die Palästinenser in einem Freiluftgefängnis eingesperrt?

Nein, das ist nur typische arabische Propaganda (Wer wären denn dann die Wärter in solch einem „Gefängnis“? Doch wohl die Hamas!). Auf Fotos vom Gazastreifen vor dem Krieg sieht man vielmehr Strandpromenaden, volle Märkte, Luxushotels, feinste Restaurants, Freizeitparks, Autohäuser und Basare (https://www.israelnetz.com/26-stunden-gaza/). Es stimmt auch nicht, dass der Gazastreifen mit 5.749 Einwohnern/km² angeblich der „am dichtest besiedelten Gebiete der Welt“ sei. Hongkong hat z.B. 6.890/km², Singapur hat 7.867/km² und Monaco sogar 18.832 Einwohner/km². Seit dem Osloer Friedensabkommen von 1993 haben die Palästinenser unglaubliche 8,3 Milliarden Euro an Unterstützung aus der EU erhalten. Das meiste Geld ist ihnen jedoch nicht zugutegekommen, sondern wurde von der Hamas-Führung gestohlen und zweckentfremdet, indem statt Schulen und Krankenhäuser lieber Waffen gekauft und Tunnel gebaut wurden. Zudem sind die Hamas-Führer durch ihre Selbstbedienung zu Millionären geworden und leben in Luxusvillen in Katar.

Hätte die Hamas die 400 Millionen Dollar, die sie jedes Jahr aus Katar bekommen haben, nicht für Waffen ausgegeben, dann wäre Gaza heute vielleicht ein Urlaubsland mit Vollbeschäftigung. Die Palästinenser sind auch keine „Flüchtlinge in 6.Generation“, wie das UN-Flüchtlingswerk UNRWA behauptet. Sonst wären ja die Nachfahren von deutschen Vertriebenen heute auch noch „Flüchtlinge“. Und wenn es hier in Bremen Stadtteile gäbe mit den Nachkommen der Ostpreußer oder Schlesier, dann würde man diese ja heute auch nicht „Flüchtlingslager“ nennen. Davon abgesehen haben 50 % der Araber im Gazastreifen gar keine palästinensischen Wurzeln, sondern stammen aus Ägypten und Syrien und wurden von den Briten damals eingeladen, um dort zu arbeiten. Ursprünglich lebten über Jahrhunderte hauptsächlich Juden im Gazastreifen, sie wurden jedoch 1929 durch ein Pogrom von den Arabern vertrieben und ermordet. Seit 2005 ist Gaza politisch völlig unabhängig, sie können also machen, was sie wollen. Aus humanitären Gründen schenkt ihnen Israel Wasser, Strom, Medikamenten und Lebensmittel. Jeden Tag beliefert Israel den Gazastreifen mit 1000 LKW an Hilfsgütern – völlig kostenlos! – sogar auch jetzt noch, um sie zu versorgen. Der Dank ist, dass die Hamas sich mit EU-Mitteln und Geldern aus dem Iran und Katar hochgerüstet hat, um ständig Raketen auf Israel zu schicken.

  1. Verüben die Israelis Kriegsverbrechen oder gar einen Genozid im Gazastreifen?

Nein, auf keinen Fall. Nur dass Israel gegenüber der professionelle Lügen-Propaganda der arabischen Medien kaum dagegen ankommt. Man bedenke: Israel befindet sich seit zwei Monaten in einem Krieg, den Israel nicht begonnen und nicht gewollt hat! Seit dem 07.10.23 hat die Hamas schon 12.000 Raketen auf Israel abgefeuert. An einem einzigen Tag haben die Kassam-Brigaden ein Massaker an unschuldigen Zivilisten und schlafenden Soldaten verübt, bei dem ca. 1.300 Israelis ermordet und 260 als Geiseln verschleppt wurden. Unter Drogeneinfluss haben die Qassam-Brigaden Frauen vergewaltigt, ihnen z.T. die Brüste abgeschnitten und sie auf grausame Weise ermordet. Kleinkinder als Geiseln in Käfigen gesperrt, Babys wurden geköpft, andere mit Flammenwerfern bei lebendigem Leibe verbrannt, (die Fotos u. Augenzeugenberichte sind nichts für schwache Nerven!: https://www.ruhrbarone.de/israel-das-grauen-sichtbar-gemacht/226516/). Hier findet also eine typische Täter-Opfer-Umkehrung statt.

Auch wenn man bei all den Gräueln nachvollziehen könnte, dass einige israelische Politiker eine Vertreibung aller arabischen Palästinenser aus dem Gazastreifen fordern, so ist dies nicht das erklärte Ziel der israelischen Streitkräfte. Demokratien sind an den Rechtsstaat und an die Menschenrechte gebunden; sie haben nicht die bequeme Situation wie die gottlose Hamas, dass sie machen können was sie wollen. Den Israelis geht es aber darum, die Hamas ein für alle Mal unschädlich zu machen, indem die IDF ihre Stellungen und Waffenlager zerstört und die Kämpfer entweder tötet oder zur Aufgabe zwingt. Da die Hamas aber ihre Operationszentren perfiderweise in Tunneln unter Moscheen und Krankenhäusern errichtet hat, ist es für Israel sehr schwer, die Stellungen der Hamas auszuschalten.  Hätte Israel den Gazastreifen ausrotten wollen, wie seine Gegner behaupten, dann bräuchten die israelischen Streitkräfte dafür nicht zwei Monate sondern nur 24 Stunden.

Nun wird immer wieder gesagt: „Der Angriff der Hamas auf Israel war nicht in Ordnung, aber das gibt Israel nicht das Recht, das palästinensische Volk zu vernichten!“ Der Eindruck eines Genozids an den Bewohnern Gazas ist im Grunde den frei erfundenen Opferzahlen der Hamas geschuldet, die ungeprüft einfach von den Medien übernommen wurden. Eigentlich sollte sich jeder vernünftige Mensch denken können, dass in einem Krieg immer gelogen wird. So hatte die Hamas z.B. behauptet, dass Israel am 17.10. das al-Ahli-Arab-Krankenhaus in Gaza bombardiert habe, bei welchem angeblich 500 Menschen ums Leben kamen. Eine Untersuchung des Falles von Human Rights Watch ergab jedoch am 26.10., dass es sich um eine fehlgeleitete Rakete des islamischen Dschihad handelte, die versehentlich auf dem Parkplatz des evakuierten Krankenhauses landete und dabei lediglich ein paar Autos und eine geringe Zahl Menschen tötete. Die Hamas ist skrupellos und lügt wie gedruckt. Dabei ist nicht nur das Schießen von Raketen auf Wohngebiete, Schulen und Krankenhäuser ein Kriegsverbrechen, sondern auch der Abschuss von Raketen aus Wohngebieten. Im Gegensatz zur Hamas führt die Israelische Armee keine willkürlichen Flächenbombardements aus, sondern grundsätzlich nur gezielte Angriffe auf Stellungen der Hamas. Die Rakete auf den Krankenhaus-Parkplatz konnte schon deshalb nicht aus Israel sein, da die israelische Armee zum Schutz ziviler Opfer die Zerstörung eines Gebäudes immer drei Stunden vorher ankündigt durch eine kleine Explosion auf dem Dach des Hauses, um seinen Bewohnern genügend Zeit zu geben, das Haus rechtzeitig zu verlassen. Das ist auch der Grund, warum der Einschlag einer israelischen Rakete häufig live gefilmt werden konnte, denn die Hamas konnte immer rechtzeitig ihre Kamera-Stative aufstellen, um bei der Explosion rechtzeitig alles zu filmen.

Der Schutz von Zivilisten hat für Israel aus ureigenstem Interesse oberste Priorität, um die Unterstützung ihrer Partnerländer nicht zu verlieren. Deshalb hat Israel lange gewartet mit der Bodenoffensive, hat SMS-Warnungen verschickt und Flyer abgeworfen, damit die Zivilbevölkerung sich durch eigens geplante Fluchtkorridore in den Süden retten konnte. Die Hamas hingegen hinderte die Flüchtenden teilweise und forderte sie auf, in ihren Häusern zu bleiben, um als Märtyrer zu sterben. Im letzten Rundbrief hatte ich ja bereits jenes Al-Arabiya-Interview verlinkt, wo der Ex-Hamas-Sprecher Khaled Mashal zugibt, dass es aus seiner Sicht wünschenswert wäre, wenn sich alle 2 Millionen Araber im Gazastreifen für die Vernichtung Israels opfern würden, da ja schließlich auch Russland im 2.Weltkrieg 30 Millionen Russen geopfert habe, um Deutschland zu besiegen. Für die Hamas ist die Täuschung der Massen ein probates Mittel, um die arabische Welt gegen Israel aufzuhetzen. Die zwei Milliarden Muslime weltweit glauben nämlich lieber den inszenierten „Pallywood“-Videos der Hamas als bestätigte Augenzeugenberichte. Die aufgehetzten Palästinenser feierten am 07.10. Partys auf der Berliner Sonnenallee und verteilten Baklava (Süßgebäck) an die Passanten. Israel hingegen jubelt nie, wenn palästinensische Opfer zu beklagen sind.

  1. Hat Israel den Angriff der Hamas absichtlich zugelassen?

Die Hamas hatte die israelischen Geheimdienste durch eine Kriegslist reingelegt, indem sie absichtlich einen abgehörten Angriffsplan aus dem Westjordanland vorgetäuscht haben, damit die Israelis ihre Truppen aus dem Süden in den Norden verlagern. Daher kam der Angriff am 07.10. völlig überraschend für die israelische Armee, die an jenem Feiertag zudem völlig unterbesetzt war. Obwohl Israel eine der am besten bewachtesn Grenzanlagen der Welt hat, ist sie nicht uneinnehmbar gewesen. Die Hamas nutzte die neuartige Drohnentechnologie, um an jenem Morgen die Kameras und die Stromversorgung des Grenzzauns durch gezielte Sprengungen auszuschalten. An diese Möglichkeit hatten die Experten der IDF überhaupt nicht gedacht. Es war ein genialer und von langer Hand geplanter Husarenstreich. Um die IDF abzulenken, schoss die Hamas an jenem Morgen 5000 Raketen auf einmal auf Israel, so dass Israels Abwehrschirm Iron Dome völlig überfordert war.

Zudem ist diese häufig vermutete Strategie der absichtlichen Selbstverletzung, um einen dadurch einen Vorwand zur Selbstverteidigung zu schaffen bei näherer Betrachtung unlogisch:  Mal abgesehen davon, dass eine solche widerwertige Bereitschaft, die eigenen Landsleute unkontrolliert der Bosheit der Feinde Israels zu überlassen viel zu riskant gewesen wäre, da sich patriotische Mitwisser sofort verweigert und die Planer des Hochverrats angezeigt hätten – Warum sollte sich ein so dermaßen gefährdeter Staat wie Israel vor den Augen der arabischen Staaten so verletzbar zeigen und sich derart vor der Welt blamieren wollen, nur um einen kleinen Landstrich zu erobern, den sie bisher mühelos nach jedem der gewonnenen Kriege hätten einnehmen und behalten können? Stattdessen hat sich Israel immer treu an das Völkerrecht gehalten und auf solch eine Willkür verzichtet.

Liebe Geschwister, lasst uns für unseren Bruderstamm Juda beten, aber auch für das arabische Volk im Gazastreifen und im Westjordanland, dass sie Buße tun mögen und den Messias Jesus erkennen! Erst dann wird wahrer Friede sein!

Seid dem HErrn befohlen!

Simon

 

 

 

– „Such, wer da will, ein ander Ziel“  Teil 5

Oktober bis Dezember 2016

Der mafiose Pfingstler

Noch immer gingen Ruth und ich in den Hauskreis zu Bruder Jens Kellner, der nach der Bibelstunde regelmäßig ein üppiges Abendessen servierte, bei welchem wir oft noch bis spät abends in geselliger Runde beisammensaßen. Eines Abends war eine polnische Schwester in der Bibelstunde namens Maria (ca. 63) mit ihrem italienischen Freund Salvatore. Beide waren Pfingstler, unterstützten mich jedoch in meiner Überzeugung, dass der HErr jene „Täter der Gesetzlosigkeit“ aus Mat.7:23 durchaus kannte, sie jedoch verleumdete, da sie Ihm immer wieder verleumdet hatten durch ihre Werke. Diese Ansicht hatte einen Streit ausgelöst, bei welchem sich auf einmal alle anderen im Hauskreis gegen mich wandten, dass ich „gesetzlich“ sei und dass es schlicht unmöglich sei, ein Leben ohne Sünde zu führen. Die Wut der anderen auf mich hatte sich schon lange angestaut, so dass es nun zum Eklat kam. Als wir uns spät in der Nacht verabschiedeten, sagte mir Schwester Maria auf der Straße, dass sich heute Abend die Geister voneinander geschieden hätten und sie nicht mehr zu solch lauen Christen hingehen wolle, die ständig die Sünde verharmlosen oder rechtfertigen würden. Ich stimmte ihr zu und bot ihr an, dass wir doch bei uns zuhause einen neuen Hauskreis eröffnen könnten mit Gottes Hilfe. Sie war darüber hoch erfreut und wir verblieben so, dass sie ab nächsten Mittwoch zu uns kommen könnten.

Daraufhin machte ich Flyer und verteilte sie am Wochenende im Süden Bremens, um zu unserem neuen Hauskreis einzuladen. Tatsächlich meldete sich u.a. ein gläubiges Ehepaar aus Sri Lanka, das fortan zu uns kommen wollte. Ich lud auch meine gläubigen Mitarbeiter zum Hauskreis ein, d.h. Matthias, Bartosz, Jörg, Simeon und Jakob, die daraufhin z.T. kamen und eine Weile blieben. Marcus wiederum kam mit seiner Frau Christine, die wir nun endlich persönlich kennenlernten und lud noch zwei Brüder namens Daniel Pyka und Sergej Borgardt ein, die er noch von früher kannte. Sogar meine Schwester Diana kam mehrere Wochen lang regelmäßig, sodass unser Wohnzimmer manches Mal richtig voll war. Bei unserem ersten Treffen Anfang Oktober schlug ich vor, dass wir gemeinsam jedes Mal ein Kapitel aus dem Römerbrief behandeln sollten, womit alle einverstanden waren. Als wir dann aufstanden, um gemeinsam zu beten, blieben Marcus und Christine zu unserer Überraschung sitzen. Nachdem Gebet wollte ich anfangen, aus Kapitel 1 vorzulesen, aber Marcus unterbrach mich: „Simon, ich würde den Anwesenden nur einmal kurz den Grund nennen, warum wir eben gerade sitzen geblieben sind. Denn ich und Christine sind der Meinung, dass es sich bei dem Aufstehen zum Gebet um ein religiöses Ritual handelt, das uns nirgendwo in der Bibel geboten wird. Wir wollen uns aber nicht an religiösen Übungen und Traditionen orientieren, sondern allein auf das, was geschrieben steht.“ Ich entgegnete: „Eigentlich sollte man sich vor Gott hinknien zum Gebet, aber auch das Stehen zum Gebet wird bezeugt. Nirgendwo aber haben Gläubige in der Bibel beim Gebet gesessen.“ – „Ja, der Pharisäer hat beim Gebet gestanden“ sagte Marcus, „aber wir haben nirgends ein Gebot, dass wir uns beim Gebet hinknien sollen!“ – „Das brauchen wir auch nicht, weil uns die Ehrfurcht vor Gott dazu drängt, nicht einfach sitzen zu bleiben vor der höchsten Majestät…“ Marcus unterbrach mich, aber ich ließ es nicht zu: „Lass uns bitte jetzt nicht weiter darüber diskutieren, sondern jetzt gemeinsam den Bibeltext lesen!

Leider geschahen solcherlei Einwände von Marcus fortan regelmäßig, und jedes Mal hielt Marcus einen sehr langen Vortrag, ohne mal einen Punkt zu machen, so dass ich ihm zwangsweise ins Wort fallen musste, um solche Abschweifungen zu vermeiden. Mal war es die Frage, ob die Gebote des Alten Bundes noch Gültigkeit haben, dann war es die Frage, ob es heute noch Zungenrede geben konnte – ständig widersprach mir Marcus und hielt seine langen Vorträge, die jedes Mal in einem Streit zwischen mir und ihm endeten, so dass einige neue Geschwister schon nicht mehr kommen wollten. Deshalb kam der Tag, an dem ich sagte: „Marcus, es tut mir leid, aber so kann das nicht weitergehen. Du und ich vertragen uns einfach nicht, da wir einfach völlig entgegengesetzte Standpunkte vertreten. Ich respektiere, dass Du die Dinge anders siehst, aber Du weißt auch, dass wir nach der Schrift Streitigkeiten vermeiden sollen. Deshalb mache ich Dir einen Vorschlag: Geh du mit Christine zur Rechten, dann gehe ich zur Linken. Und wenn Du zur Linken gehst, dann gehe ich zur Rechten, – so wie Abram zu Lot sagte in 1.Mose 13:9.“ Daraufhin standen Marcus und Christine auf und verließen das Wohnzimmer.

Doch leider war damit noch keine Ruhe eingekehrt, sondern einige Wochen darauf begann noch ein viel dramatischer Angriff vom Feind: Schon lange war mir aufgefallen, dass Salvatore während des Gebets immer leise in Zungen redete und dabei in ekstatische Verzückung geriet. Jedes Mal, wenn wir das Thema Zungenrede ansprachen, versuchte Schwester Maria mich davon zu überzeugen, dass ich doch auch die „Geistestaufe“ bekommen müsse, damit mein Dienst noch gesegneter sei. Eines Abends nach dem Hauskreis wandte sich Schwester Maria an mich und sagte: „Lieber Simon, Du denkst vielleicht, dass Salvatore und ich verheiratet sind, weil wir jedes Mal zusammen zum Hauskreis kommen. Aber in Wirklichkeit sind wir nur befreundet, haben aber vor, noch in diesem Jahr zu heiraten. Wir möchten aber, dass Du weißt, dass wir beide schon einmal verheiratet waren, aber jetzt geschieden sind. Deshalb möchten wir wissen, wie Du darüber denkst.“ Ich fragte sie, ob sie unfreiwillig geschieden wurden oder ob sie sich auf eigenen Wunsch haben scheiden lassen. Maria erklärte mir, dass ihr erster Mann ein Trinker war, der sie immer wieder betrogen hatte und sie schließlich endgültig für eine andere Frau verließ. Salvatore hingegen, der früher für die sizilianische Mafia gearbeitet hatte, war zuletzt mit einer gläubigen Ehefrau verheiratet, die ihn immer wieder kritisiert hatte wegen seines schlechten Benehmens. Als ihm die Schimpferei eines Tages zu viel war, ließ er sich von seiner Frau scheiden – gegen ihren Willen und ist seither mit Maria zusammen. Für mich war der Fall daraufhin klar: „Theoretisch dürftest Du, liebe Maria, noch einmal heiraten, jedoch nicht den Salvatore, weil er ja selbst die Ehe gebrochen hat und deshalb verpflichtet ist, sich mit seiner Frau zu versöhnen.“  Daraufhin gestikulierte Salvatore vor mir aufgeregt mit seinen Armen und sagte laut: „Mi dispiace, aber das kannst du vergesse! Isch werde auf jede Fall die Maria heirate, che ti piaccia o no – ob du willst oder nich! Ich kann ohne diese Frau nicht mehr lebe!” – “Es geht ja nicht darum, was ICH will, sondern was die Schrift sagt!” erwiderte ich. Maria schlug vor: “Deswegen lass uns doch gemeinsam dafür beten, dass der HErr es mir zeigen möge, Simon. Und wenn der HErr mich nicht daran hindert, dann werde ich den Salvatore noch in diesem Jahr heiraten.” – “Nein, das geht nicht” sagte ich, “denn dann würdest Du den HErrn versuchen. Er hat ja ganz klar in Seinem Wort geboten, dass man einen Ehebrecher nicht heiraten darf, und wenn Du es doch tust, dann versündigst Du Dich. Außerdem bringst Du mich dadurch in ein echtes Dilemma, denn eigentlich dürfte ich Euch dann auch nicht mehr ins Haus aufnehmen, da Ihr beide in Sünde lebt.” „Du kanns sage, was Du wills, Simon eh! Abe isch werde die Maria heirate!“ rief Salvatore.

Eine Woche später, nachdem wir viel gebetet haben, kam Maria schluchzend zu uns und bat uns um Vergebung, dass sie nicht gleich auf uns gehört habe. Sie berichtete, dass Salvatore häufig sehr aggressiv sei und sie und ihre Söhne sogar schon öfter mit dem Tod bedroht habe. Beim letzten Streit habe sie ihm dann gesagt, dass sie ihn nicht mehr heiraten wolle, und da habe er sie mit den Worten angebrüllt: „WENN DU MICH VERLÄSST, DANN NEHME ICH DEINEN KOPF UND SCHLAGE IHN AN DIE WAND!“ – „Das ist ja furchtbar!“ sagte Ruth, „aber dann ist er auch nie wirklich von neuem geboren worden, denn so redet kein echtes Kind Gottes.“ – „Ja, das habe ich manchmal auch schon gedacht“, sagte Maria, „aber er kann auch ganz liebevoll sein und geisterfüllt. Ich habe vermutet, weil er ja früher bei der Mafia war, dass er deshalb noch so eine ungehobelte Ausdrucksweise hat, aber wie kann er so reden, wenn er mich doch liebt?!“ – „Nein, Maria, das hat nichts mehr mit Liebe zu tun, geschweige denn mit Christsein.“ – „Ja, das glaube ich jetzt auch nicht mehr. Letztens haben meine beiden Söhne Martin und Emmanuel ihn aus dem Haus werfen wollen und da brüllte er sie an: ‚FASST MICH NICHT AN; SONST JAGE ICH EUCH EINE KUGEL IN DEN KOPF!‘

Maria wollte sich jetzt endgültig von ihm trennen, hatte aber Angst um ihr Leben. Deshalb kam sie zu uns und bereute zutiefst, dass sie sich überhaupt auf ihn eingelassen hatte. Wir beschlossen, dass wir wegen dieser Morddrohungen nicht zur Polizei gehen wollten, sondern stattdessen Gott darum bitten, dass Er dem Satan erlauben möge, den Salvatore daran zu hindern, diese Sünde zu begehen, sei es durch eine schwere Krankheit oder durch Tod. Denn so schrieb es Paulus an die Korinther in einem ähnlichen Fall, dass man „einen solchen im Namen unseres HErrn Jesus dem Satan überliefern solle zum Verderben des Fleisches, damit der Geist gerettet wird am Tage des HErrn“ (1.Kor.5:5). So beteten wir zum HErrn und übergaben den Salvatore in Satans Hand, damit der HErr ihn dadurch richten möge. Dann erzählte uns Maria, dass sie jetzt nach Polen reisen würde, um sich dort vor ihm zu verstecken, dass sie ihm aber vorher einen Brief schicken wolle, um ihm zu sagen, dass es jetzt endgültig aus sei und sie nicht mehr zu ihm zurückkehren würde. Einige Wochen später erfuhren wir, dass Salvatore ihr geantwortet hatte, dass er die Trennung akzeptiere, zumal er inzwischen auch schon eine andere Frau gefunden habe.

 

Gibt es eine jüdisch-freimaurerische Weltverschwörung?

Seit dem Sommer 2016 ging es meiner Schwiegermutter Lucila (83) gesundheitlich zunehmend schlechter. Schon während ihres letzten Aufenthalts bei uns in Deutschland im Jahr 2015 spürte sie, dass dies ihr letzter sein würde, wollte aber nicht in Deutschland sterben, um uns nicht zur Last zu fallen, wie sie sagte. Da sie Pflege brauchte, konnte sie aber auch nicht mehr allein in ihrer Wohnung in Lima bleiben, sondern wurde von ihrem Sohn Israel zu sich nach Ica gebracht. Israels Adoptivtochter Rossana hatte jedoch den Eindruck, dass Israel mit der Pflege überfordert war, da Lucila inzwischen völlig abgemagert war. Ruth machte sich große Sorgen und wollte unbedingt den Winter über bei ihrer Mutter in Peru verbringen, um sie bis zu ihrem Tod zu pflegen. Und da Eva ohnehin wieder zurück nach Lima musste, flog Ruth im November 2016 gleich mit ihr hin. Wir vereinbarten, dass ich in Deutschland bleiben solle, um mich um das Haus und die Firma zu kümmern. Schon lange hatte ich vor, unser Haus mal wieder von Grund auf zu renovieren, und das wäre dann mal eine Gelegenheit.

Zu jener Zeit wurde ich auf YouTube zum ersten Mal auf einen christlichen YouTuber namens Markus Müller aufmerksam, der unter dem Pseudonym InfoKriegerMCM bzw. EndzeitreporterMCM ziemlich interessante Videos veröffentlichte über weltpolitische Ereignisse, die er anhand der Bibel kommentierte. Er stand zwar lehrmäßig den Judaisierern bzw. Armstrong-Anhängern („Klar und wahr“) nahe, aber das störte mich nicht, da ich nur an den Informationen interessiert war. Besonders reizte mich die Frage, ob es eigentlich wirklich eine jüdisch-freimaurerische Weltverschwörung gäbe. Denn der Umstand, dass diese Frage von nahezu allen Medien vehement verneint wurde, war für mich noch lange kein Beweis, dass es wirklich keine gab, da ja die Medien der Legende nach alle in der Hand der Verschwörer waren und entsprechend Einfluss auf die Berichterstattung hatten. Als ich dann auf die Videos des Historikers Wolfgang Eggert stieß, war ich mir sicher, dass die jüdische Verschwörung keine Fiktion war, sondern auf jede Menge historischer Fakten beruhte. Obwohl Eggert kein Christ war, glaubte er wie wir, dass demnächst ein antichristliches Reich entstehen und eine unaufhaltsame Apokalypse über die Welt hereinbrechen würde. Diese käme aber seiner Ansicht nach nicht von Gott, sondern würde von Kabbalisten inszeniert werden, um der Welt dann ihren Messias als Retter zu präsentieren, der die Welt vor dem Bösen schützen würde. Bei der Herbeiführung des totalen Chaos auf allen Ebenen seien aber nicht nur jüdische Kabbalisten, sondern auch christliche Freimaurer beteiligt.

Da sich diese dystopische Weltdiktatur nicht mehr verhindern ließe, empfahl Eggert, Deutschland zu verlassen und irgendwo im Ausland auf dem Land autark als Selbstversorger zu leben, bis irgendwann der Spuk vorbei sei. Ich war ganz erstaunt, wie sehr sich diese Prognose mit den Aussagen der Bibel deckte. Denn die biblische Prophetie spricht ja ebenso von einem Weltreich des Antichristen, durch welches die Gläubigen verfolgt werden und in die Wüste fliehen müssen (Offb.12). Wie war es aber möglich, dass selbst Ungläubige dies erkannten, während die Gläubigen nahezu gleichgültig waren oder schliefen? Aber auch Eggert war enttäuscht über das Desinteresse der Menschen und entschied sich, keine weiteren Bücher oder Videos mehr zu machen. Stattdessen übergab er sein Geheimwissen in die Hände seiner libertären Schüler Oliver Janich und Tilmann Knechtel, die auf ihren Video-Kanälen weitere verblüffende Fakten lieferten über den Einfluss einer geheimen, satanischen Oligarchie auf die Politik, aber auch auf die Medien und Musikbranche. Einige reiche Juden wie die Rothschilds und Rockefellers hatten scheinbar mit Satan einen Bund geschlossen, damit dieser ihnen die Herrschaft über die Welt gebe (Mt.4:8-9), wie geschrieben steht: „Wir haben einen Bund mit dem Tode geschlossen… die Lüge zu unserer Zuflucht gemacht und in der Falschheit uns geborgen“ (Jes.28:15). Deswegen nannte der HErr sie auch eine „Synagoge des Satans“ (Offb.2:9, 3:9). Dieser Verdacht hat nichts mit Antisemitismus (d.h. Hass auf alle Juden) zu tun, denn solch eine Vereinfachung wäre genauso naiv als würde man sagen, dass alle Deutschen Nazis sind, weil Hitler ein Nazi war.

Dass die Medien auch hierzulande keineswegs neutral und objektiv berichten, wurde im November 2016 besonders deutlich, als die Amerikaner vor die Wahl gestellt wurden, ob sie Donald Trump oder Hillary Clinton zum neuen Präsidenten der USA wählen sollten. Sowohl vor als auch nach den Wahlen taten die deutschen Medien so, als würde mit der Wahl Trumps die Welt untergehen. Dabei stellte sich am Ende heraus, dass Trump einer der friedlichsten und freiheitlichsten Präsidenten  der USA werden sollte, der im Gegensatz zu seinen Vorgängern nicht einen einzigen Krieg gegen andere Länder führte, sondern sich sogar um Frieden mit Russland und Nordkorea, den Erzfeinden Amerikas, bemühte. Da schon Wochen vor der Wahl alle Gläubigen in Facebook auf einen Sieg Trumps hofften, fieberte auch ich in der Wahlnacht vom 08.11.16, wer wohl die Wahl gewinnen würde. Die deutschen Medien waren einhellig der Meinung, dass Clinton siegen würde, weshalb mich eine gewisse Schadenfreude beschlich, als ich sah, dass schließlich Trump das Rennen machte. Die Verschwörungstheoretiker-Szene, auch Truther oder „Wahrheitsbewegung“ genannt, jubelte – allerdings nur kurz. Denn zu einer weltweiten Revolution kam es am Ende nicht. Die Politiker des Establishments wurden nicht verhaftet und vor Gericht gestellt, die Pädophilennetzwerke („Pizzagate“) nicht ausgehoben und der von den US-Evangelikalen gewählte Trump bekannte sich in seiner Biographie zur jüdischen Kabbala, konnte in einem Interview nicht einen einzigen Lieblings-Bibelvers zitieren und erklärte, dass er Gott noch nie um Vergebung gebeten habe.

 

„Gott wollte, dass ich sterbe“

Nachdem Ruth und Eva nach Peru geflogen waren, sah ich die Gelegenheit, mein Haus für andere Brüder zu öffnen, und zwar zunächst für Jens aus Wittenberg und danach für Harald aus Augsburg. Harald (54), ein ehemaliger Missionar und Konditor, war schon einmal 2005 für mehrere Wochen bei uns, als er gerade seine Missionsarbeit in einem Kinderheim in Bolivien beendet hatte und eine neue Perspektive suchte. Er hatte zunächst versucht, bei mir zu arbeiten, fand aber dann Arbeit als Konditor. Als er aber dann immer wieder von seinen Kollegen gemobbt wurde, ließ er sich vorzeitig in Rente gehen lassen.

Seither sammelte er Hunderte an christlichen Filmen auf DVD in der Hoffnung, diese nach dem Anschauen an Gemeinden zu verleihen, fand aber so gut wie keine Interessenten dafür. Zudem sammelte er auf deutschen und amerikanischen Internetseiten unzählige Artikel und Videoclips über die antichristlichen Entwicklungen. Jedes Mal, wenn wir telefonierten, fragte ich ihn, für was er all diese Informationen sammeln würde. „Weil es immer noch viele Christen gibt, denen noch nicht klar ist, dass wir jetzt absolut in der Endzeit angekommen sind. Die Robotik ist z.B. schon so weit, dass es völlig menschliche Sexpuppen gibt, die sich mithilfe der künstlichen Intelligenz mit den Menschen unterhalten können, als wären sie echt. Durch den Transhumanismus ist man sogar schon so weit, dass man alle Gedanken und Informationen eines Menschen in die Cloud hochladen kann, wo die Daten nach dem Ableben des Menschen auf einen anderen übertragen werden können. Sogar das ewige Leben wird durch das Kopieren von Organen inzwischen eine realistische Option. Und bevor all diese Phantasien Wirklichkeit werden, wird Jesus wiederkommen und ihrem Irrwahn ein Ende setzen.“ – „Aber dass der HErr bald wiederkommt, das wissen wir doch längst aus der Heiligen Schrift und wird von kaum einem Gläubigen noch angezweifelt. Und warum sammelst Du denn auch all diese Hollywood-Filme, die überhaupt nichts mit dem christlichen Glauben zu tun haben, sondern reiner Schund sind?“ – „Weil die Eliten uns durch die Science-Fiction-Filme mitteilen wollen, was sie vorhaben und wie die Zukunft aussehen wird. Was glaubst Du wohl, warum es in letzter Zeit so viele Endzeitfilme gibt?

Im Sommer 2016 entdeckte man bei Harald dann einen bösartigen Tumor im Magen und verordnete ihm eine Strahlen- und Chemotherapie. Als Charismatiker wollte Harald sich aber nicht nur auf die Errungenschaften der modernen Medizin verlassen, sondern hoffte darauf, dass ein nigerianischer Wunderheiler ihn durch Handauflegung sofort heilen würde. Als er erfuhr, dass jener Geistheiler T.B. Joshua mit seinem Team gerade im griechischen Thessaloniki war, fuhr er dorthin und ließ sich heilen, wie er sagte. Zurück in Deutschland, rief er mich freudestrahlend an und sagte mir: „Ich habe morgen den Termin bei meinem Onkologen, und dann wird er zur Ehre Gottes feststellen, dass ich vollkommen geheilt bin vom Krebs!“ Am nächsten Tag rief Harald mich dann an, um mir das Ergebnis mitzuteilen: „Simon ich bin hier gerade im Krankenhaus und der Arzt hat mich untersucht“ – „Und was hat er gesagt?“ – „Er sagte, dass die ersten zwei Chemotherapien ja doch ganz gut angeschlagen hätten, und dass er mir vorsichtshalber auf jeden Fall noch eine dritte Chemotherapie empfehlen würde. Und jetzt ist er gerade rausgegangen und kommt gleich wieder, damit ich mir in Ruhe Gedanken machen könne, ob ich das wolle. Deshalb wollte ich Dich fragen, was Du mir raten würdest.“ – Ich antwortete: „Also, ich verstehe Dich nicht, Harald. Du hast doch selbst gesagt, dass der HErr Dich geheilt habe. Warum zweifelst Du jetzt und willst Deine Therapie fortsetzen?“ – „Ich bin mir halt unsicher, denn er hat mir doch dringend eine Fortsetzung empfohlen…“ – „Ja, aber wenn Du doch bereits geheilt bist, wie Du sagst, warum willst Du dann trotzdem die Therapie fortsetzen?!“ – Harald musste das Gespräch beenden, weil der Arzt gerade reinkam. Und weil er sich unsicher fühlte, willigte in eine Fortsetzung der Therapie ein.

Ich machte mir Sorgen um Harald, weil er noch immer den ganzen Tag vor dem PC saß und sich nach wie vor nur mit dem Antichristen beschäftigte, anstatt mit Christus. Deshalb kam mir die Idee, ihn einzuladen, um mir im Dezember bei den Renovierungsarbeiten im Haus zu helfen. Doch leider funktionierte das überhaupt nicht, denn während ich in der Küche, auf dem Flur und im Schlafzimmer am Tapezieren war, schaute Harald den ganzen Tag Reportagen auf dem iPad an und berichtete mir von seinen neuesten Erkenntnissen. Irgendwann platzte mir der Kragen und ich schimpfte mit Harald: „Du vertrödelst den ganzen Tag mit diesem Schund, anstatt mal etwas wirklich Sinnvolles zu tun. Du siehst doch, dass ich den ganzen Tag arbeite, aber kommst nicht auf die Idee, mir mal zu helfen! Wenn du wenigstens die Bibel lesen würdest, dann könnten wir uns darüber sinnvoll austauschen. Aber statt dessen schaust du immer nur auf die endzeitlichen Entwicklungen!“ – „Ja, Du hast recht,“ räumte Harald deprimiert ein. „Aber DU musst verstehen, dass ich einfach zu schlapp bin nach diesen Chemotherapien. Ich weiß auch überhaupt nicht mehr, was ich noch auf der Erde soll. Vielleicht war es ein Riesenfehler, dass ich mich habe heilen lassen, denn Gott wollte wohlmöglich, dass ich jetzt sterbe, weil meine Zeit gekommen war. Ich hatte ein gutes und erfülltes Leben gehabt und genug Lohn eingesammelt für die Ewigkeit. Aber jetzt weiß ich einfach nichts mehr mit meiner Zeit anzufangen.“ –

Diese Einschätzung schockierte mich und machte mich sehr traurig: „Ja, das kann gut sein, dass du recht hast. Aber wenn du das wirklich so erkannt hast, dann solltest du dich nicht damit abfinden, sondern umso mehr versuchen, Gutes zu tun.“ – „Aber wie denn? ich bin einfach zu schlapp. Früher war ich immer so aktiv, weil ich ADHS hatte, aber seit meiner Krebstherapie bin ich völlig antriebslos. Das einzige, was ich noch tue, ist, auf meine Tochter Steffi aufzupassen, damit sie nicht auf die Schiefe Bahn gerät. Aber seit sie volljährig ist, macht sie was sie will und steht kurz davor, ihre Wohnung zu verlieren, weil sie ihre Miete nicht regelmäßig zahlen kann. Sie hat gerade erst ihren Ausbildungsplatz verloren, weil sie ständig nur mit diesen arabischen Migranten rumhängt, die einen schlechten Einfluss auf sie haben. Ich weiß nicht mehr, was ich noch machen soll und fühle mich wie ein totaler Versager.“ – Harald tat mir sehr leid, und ich merkte, dass ich mich um ihn kümmern sollte, anstatt ihn nur zu kritisieren.

 

Kalter Entzug

Über die Weihnachtstage wollte ich wieder eine Besuchsreise machen zu Bernd (Ludwigsstadt), Johannes (Bautzen), Hans-Udo (Berlin) und Jens (Wittenberg) – also im Grunde einmal durch die neuen Bundesländer. Da kam mir die Idee, dass mich der junge Bruder Michael, der sich gerade erst bekehrt hatte, auf der Reise begleiten könnte, damit er etwas von der Bibel hört und auch mal andere Gläubige kennenlernt. Michael war sofort begeistert von der Idee und sagte zu. Als ich es im Hauskreis erzählte, fragte mich Bruder Dennis, ob ich vielleicht auch bei Schwester Brunhilde (55) in Asmushausen vorbeifahren könnte, um ihn bis dorthin mitzunehmen, denn er würde gerne ein paar Tage dort verbringen. Es lag zwar nicht genau auf meiner Strecke, aber ich war einverstanden. Als wir dann einen Tag vor Weihnachten zu Dritt losgefahren waren, bekannte mir Dennis, dass er in der dörflichen Abgeschiedenheit von Asmushausen einen sog. Kalten Entzug versuchen wolle, um von seiner Heroin-Abhängigkeit frei zu werden. Er hatte früh morgens vor Fahrtbeginn sich noch ein allerletztes Mal die Nadel gegeben und wolle jetzt über Weihnachten endlich frei werden von der Droge. Ich fand diesen Entschluss sehr gut, und wir beteten für ihn.

Als wir nach 4 Stunden ankamen, sahen wir zufällig Schwester Brunhilde, die gerade von einem Hauspflege-Einsatz nach Hause ging. Sie wohnte ganz allein mit ihren Katzen in einem abrissreifen Fachwerkhaus. Als sie uns sah, war sie sehr überrascht, denn Dennis hatte ihr scheinbar noch gar nichts von seinem Vorhaben erzählt. Sie führte uns zu einem leeren Bauernhaus, dass man „Einbecker“ nannte und zeigte ihm das Zimmer. Doch dann nahm sie mich zur Seite und vertraute mir an, dass es ihr eigentlich nicht recht sei, wenn Dennis als Drogenabhängiger hier übernachten würde, da es ein schlechtes Zeugnis für die Nachbarn sei, und bat mich, ihn wieder mitzunehmen. Wir überredeten daher Dennis, dass er lieber mit uns weiterfahren möge, da Brunhilde mit seinem Entzugswunsch überfordert sei und er besser bei Bruder Bernd aufgehoben sei. So fuhren wir weiter nach Ludwigsstadt, wo wir am Abend nach etwa 3,5 Stunden ankamen. Zum Glück hatten Bernd und Brigitte in ihrer kleinen Wohnung ein Gästezimmer mit zwei Etagenbetten, so dass wir drei ohne Probleme übernachten konnten – dem HErrn sei Dank für die Gastfreundschaft der Geschwister!

Nach dem Abendessen zog sich Dennis sofort zurück, während Bernd noch lange die Fragen beantwortete, die Michael ihm stellte. Dabei war es amüsant, dass ich zwischen den beiden immer „übersetzen“ musste, denn Michael redete immer mit einer Art Gossensprache, die Bernd nicht verstand, während Bernd sich immer so akademisch ausdrückte, dass ich es für Michael in eine einfache Ausdrucksweise erklären musste. Zum Beispiel erklärte ihm Bernd, dass Jakob kein Betrüger gewesen sei, wie es viele glauben, denn er hatte sich ja – wenn auch mit List – nur jenen Segen von seinem Vater erschlichen, der ihm durch den Verkauf des Erstgeburtsrechts eigentlich mit Fug und Recht zugestanden hatte und den sich stattdessen Esau durch Verschweigen ergaunern wollte. Als ich dann spät am Abend mit Bernd alleine saß, erklärte er mir die Bedeutung der Sendschreiben als Analogie der verschiedenen Epochen der Kirchengeschichte mit ihren jeweiligen Gemeindeausprägungen. Dieses sei eine wesentliche Erklärung zum Verständnis, wie der HErr die Gemeinde in ihren unterschiedlichen Haltungen beurteilt – nämlich ganz anders, als wir es vermuten würden. So schneidet die katholische Kirche des Mittelalters (Thyatira) z.B. im Vergleich zu den heutigen Evangelikalen (Laodizäa) deutlich besser ab, obwohl wir uns doch immer dünken, schon viel fortschrittlicher zu sein als jene. Bernd rügte mich in diesem Zusammenhang auch, weil ich in einem Aufsatz mal scharfe Kritik an Luther geübt hatte, der als Verursacher der Reformationszeit (Sardes) in einer viel raueren Zeit lebte, die wir humanistisch geprägten Christen von heute nicht nachvollziehen aber deshalb auch nicht beurteilen können. Vielmehr wird es die Aufgabe Elias sein, dass er gemäß Maleachi 4:5-6 in der bevorstehenden Drangsalzeit die Herzen der (Gemeinde-)Väter wieder zu uns „Söhnen“ und unsere Herzen wieder zu ihnen lenken werde, damit der HErr „nicht komme und das Land mit dem Banne schlage“. Ein Herz für die Väter zu haben, bedeute nicht nur, sich für ihre Schriften zu interessieren, sondern auch, ihre Blöße nicht unnötigerweise aufzudecken (1.Mo.9:22).

Am nächsten Tag machten Bernd, Michael und ich einen Spaziergang durch die traumhaft schöne Landschaft des Frankenwaldes und unterhielten uns weiter über das Wort Gottes. Als wir kurz vor Mittag zurückkamen, sahen wir, wie Dennis völlig blass, zitternd und schweißgebadet in der Stube fast liegend auf einem Stuhl saß und über einen Kopfhörer Musik hörte, um sich abzulenken. Er hatte inzwischen seit über 24 Stunden kein Heroin mehr gespritzt und war mitten im kalten Entzug. Wir fragten ihn, ob wir vielleicht einen Arzt anrufen sollten, aber er sagte, dass wir uns keine Sorgen machen brauchen, denn er habe das alles schon einmal so durchgemacht. Als wir uns aber nach dem Mittag kurz etwas hinlegen wollten, machte sich Dennis allein auf einen Spaziergang, von dem er selbst nach drei Stunden nicht zurückkehrte, so dass wir uns Sorgen machten. Gegen 17:00 Uhr rief uns Dennis an und erzählte, dass er auf dem Weg einen Schwächeanfall erlitten und daraufhin mit dem Krankenwagen in eine Klinik in der Nähe von Lichtenfels, südlich von Kronach gebracht wurde. Daraufhin machten wir uns auf den Weg, um ihn dort zu besuchen. Als wir ankamen erklärte uns Dennis, dass er noch länger bleiben müsse und der Arzt ihm jetzt zur Umstellung Methadon gegeben habe.

 

Hallodris und Traumtänzer

Da die Familie von Bernds Sohn Johannes gerade stark erkältet war und deshalb keinen Besuch empfangen konnte, änderte ich meinen Plan und fuhr am nächsten Tag mit Michael direkt nach Berlin weiter, um Bruder Hans-Udo zu besuchen. Auf halber Strecke sagte mir Michael, dass ich ihn in Berlin lassen könne, da er ohnehin vorhatte, dort eine Bekannte zu besuchen. Beiläufig fragte ich ihn, wer das denn sei. „Eine Freundin“ sagte er. „Und woher kennst Du sie?“ – „Wir ham‘ uns jetzt gerade erst kennengelernt durch´s Internet“ – „Ist sie denn gläubig?“ – „Nein, leider nich.“ – „Und was…“ – Doch bevor ich die Frage stellte, fiel bei mir der Groschen: „Sag mal, Michael, kann es sein, dass Du sie deshalb besuchen willst, um mit ihr intim zu sein?“ – Michael zögerte etwas: „Wenn ich ehrlich bin… ja.“ – Daraufhin setzte ich den Blinker, verlangsamte und fuhr auf einen Parkplatz. „Das ist wirklich schade, Michael. Denn Du solltest wissen, dass das eine Sünde ist“. – Michael senkte seinen Kopf: „Ja, ich weiß.“ – „Du weißt es und tust es trotzdem. Ist Dir eigentlich klar, dass Du mich damit jetzt selbst in ein Dilemma bringst? Denn wenn ich Dich jetzt weiter nach Berlin fahre, dann unterstütze ich das im Grunde. Warum hast Du mir das nicht gleich gesagt?“ – „Tut mir leid, Simon. Aber was soll ich denn machen? Ich hab´ ihr doch versprochen, dass ich jetzt komm´.“ – „Du kannst sie anrufen und ihr absagen, weil Du jetzt Christ bist und nicht mehr in Hurerei leben willst.“ – „Aber das schaff ich nicht. Ich hab´ mich so drauf gefreut.“ – „Du musst Dich entscheiden, was Dir wichtiger ist: Jesus oder das Mädchen; das Reich Gottes oder die alte Welt, die ins Verderben führt.“ – „Ich will ja Jesus folgen, aber ich bin noch nicht so weit.“ – „Dann kann ich Dich nicht mehr mitnehmen nach Berlin. Ich werde Dich in Potsdam rauslassen.“

Wir fuhren eine ganze Weile ohne ein Wort zu wechseln. Nach etwa 20 Minuten sagte Michael: „Oah, Simon, ich merke gerade, wie der Teufel mich richtig in Versuchung gebracht hat…“ – „Ja, das kann ich mir vorstellen. Rein menschlich betrachtet, verstehe ich Dich auch. Aber als Kind Gottes musst Du Dich jetzt auf die Seite Jesu stellen und solltest Dein Erstgeburtsrecht nicht für eine Linsensuppe verkaufen.“ – „Und wenn ich danach gleich sofort wieder Buße tu?“ – „So einfach ist das nicht, denn das hat immer Konsequenzen. Wer Hurerei betreibt, der verunreinigt ja den Leib, also den Tempel Gottes, und das wird Gott nicht ungestraft lassen, zumal Du genau weißt, dass es Sünde ist. Wir dürfen niemals mit Vorsatz sündigen, weil die Strafe dann besonders hart ist. Wenn Du sie liebst, dann erzähle ihr doch vom HErrn und lade sie ein, gläubig zu werden. Und wenn sie sich bekehrt hat, mach ihr doch einen Heiratsantrag und warte mit dem Sex bis zur Hochzeit. Gott wird Dich dafür reich belohnen.“ – „Glaubst du, dass ich wieder verloren gehe, wenn ich diese Sünde begehe?“ fragte Michael. „Damit musst Du rechnen, deshalb würde ich es nicht drauf ankommen lassen. Du spielst mit dem Feuer. Wenn Du Dich aber für diesen Weg entscheiden solltest, dann trennen sich auch unsere Wege, so leid es mir tut, und ich werde Dich auch nicht mehr als Lehrling nehmen.“ Trotz all meines Zuredens gelang es mir jedoch nicht, den Michael von seinem Vorhaben abzubringen. Als wir in Potsdam ankamen, nahm er seine Tasche aus dem Wagen und verabschiedete sich von mir.

Als ich wieder losgefahren war, wurde ich sehr traurig und betete: „HErr, ich weiß, dass auch mein Fleisch genauso schwach ist wie das von Michael und dass auch ich zu allem fähig bin. Deshalb bitte ich Dich um Gnade für ihn, dass Du ihm doch nachgehest und ihn wieder zurückbringst durch Reue und Buße. Amen.“ Kurz darauf kam ich in Berlin-Rudow bei den Geschwistern Hans-Udo und Elsbeth an, die mich herzlich aufnahmen und mich bei sich übernachten ließen. Wir hatten schöne Gespräche miteinander, und am nächsten Tag verabschiedete ich mich, um meine Reise fortzusetzen. Mein nächster Besuch sollte in der Lutherstadt Wittenberg sein bei Bruder Jens, der mich eingeladen hatte. Wir hatten uns beim Hauptbahnhof verabredet, weil Jens mir erstmal die Altstadt zeigen wollte. So sah ich jene berühmte Kirchentür an der Schlosskirche, an welcher Luther 500 Jahre zuvor seine 95 Thesen angeschlagen hatte. Anlässlich der Feierlichkeiten zum 500. Jubiläum, die im Sommer stattfinden sollten, hatte sich Jens etwas überlegt, wie man die vielen Besucher einladen könnte, um sie für die Evangeliumsbotschaft zu interessieren. Er führte mich in der Innenstadt zu einer Baulücke zwischen den alten Häusern der Fußgängerzone, die völlig verwildert war und sagte:

Schau mal, Simon, dieses Grundstück geht bis hinten zur Umgehungsstraße und eignet sich eigentlich phantastisch, um daraus einen Bibelpark zu machen. Ich habe so überlegt, dass hier vorne der Eingang ist und die Touristen dann auf einem Schlengelweg durch die Büsche von einer Erklärungstafel zur anderen gehen, um dann hier hinten auf die Schaukästen mit alten Papyrusrollen zu stoßen. Und hier in dieser Ecke gründen wir dann ein Bibelmuseum, wo wir ganz unterschiedliche Bibeln aus verschiedenen Jahrhunderten ausstellen. Du hast ja z.B. bei dir zuhause diese Lutherbibel von 1693 – die könnten wir ja schon mal nehmen. Und dann müssen wir uns noch einige Bibeln überall her besorgen, die besonders alt und interessant sind. Und dann habe ich überlegt, dass wir…“ – „Stopp mal bitte!“ unterbrach ich ihn. „Dieses Grundstück gehört uns doch gar nicht. Da können wir uns doch nicht einfach einen Bibelpark draus machen.“ – „Ich weiß. Wir müssen es uns natürlich erstmal kaufen.“ – „Und woher sollen wir das Geld herbekommen?“ –

Das ist ja genau der Punkt, weshalb ich mit dir reden wollte. Ich habe gedacht, Du könntest doch einen Kredit aufnehmen und Dein Haus als Sicherheit geben. Durch die Einnahmen könntest Du dann nach und nach den Kredit abbezahlen. Wir müssen uns jetzt aber schnell beeilen damit, denn uns bleiben nur noch vier Monaten dann kommen die Besucher aus der ganzen Welt hierher, und bis dahin müssen wir den Bibelpark fertig haben.“ – „Du sprichst die ganze Zeit immer von ‚wir‘. Wen meinst Du denn damit? Hast Du hier eine Gemeinde, die das Projekt unterstützen würde?“ – „Das nicht,“ sagte Jens, „aber es gibt hier noch drei Geschwister, die mir dabei helfen würden.“ – „Und könnten die etwas finanziell dazu beisteuern?“ – „Nein, denn die leben alle von Harz4. Aber die können mit anpacken, außer vielleicht Heinz, weil der schon zu alt ist. Und Paul hat leider ein Alkoholproblem, ist aber ansonsten ganz willig. Und dann gibt es noch die Gabi, die sehr nett ist und früher mal in einer Bäckerei gearbeitet hat. Mit ihr könnten wir z.B. auch eine Teestube gründen, um die Besucher anschließend zu Gesprächen einzuladen.“ – „Also, lieber Jens, das hört sich ja alles ganz fantastisch an, aber ich halte das für absolut unrealistisch.  Sowas wäre vielleicht eine Idee für eine große Gemeinde, wo alle etwas beisteuern, aber doch nicht für eine kleine Chaotentruppe. Und selbst dann bräuchte es mindestens 3 Jahre Planungs- und Vorbereitungszeit mit unzähligen Gesprächen mit der Stadtverwaltung. Denn die müssten das ja erstmal genehmigen mit entsprechenden Auflagen.“

Simon, Dein Problem ist, dass du keinen Glauben hast. Noah hat in kürzester Zeit die Arche gebaut, obwohl weit und breit kein Wasser zu sehen war. Und Gedeon hat ein ganzes Heer von Feinden verjagen können, obwohl er kaum Leute hatte. Du musst einfach mehr auf Gott vertrauen, der alles vermag, was Er will.“ – „Ja, da magst Du recht haben, dass es mir an Glauben fehlt. Es kann aber auch sein, dass Du einfach nur ein Träumer bist, der ständig neue Ideen hat, die er aber selbst nicht konsequent umsetzt, sondern dafür lieber andere einspannen will, die für ihn die Arbeit machen.“ – „Da irrst du dich gewaltig. Denn ich wandle immer im Glauben und lass mich von Gott leiten. Letztes Jahr hatte ich z.B. den Ruf, eine Zeltevangelisation auf die Beine zu stellen, und das habe ich ganz allein hingekriegt mit Gottes Hilfe. Wenn du also keinen Glauben hast, dann wird der HErr sich andere suchen, die Sein Werk vollbringen. Aber ich bin mir sicher, dass der HErr dich am Ende beschämen wird. Du wirst es sehen!“ Ich wünschte Jens Gottes Segen bei seinem Vorhaben und verabschiedete mich.

 

Januar bis März 2017

„Wenn ich etwas esse, dann bin ich verheiratet“

Da Ruth noch immer in Peru war, hatte ich im Winter, als die Auftragslage sehr niedrig war, viel Zeit, um auf Facebook Debatten zu verschiedenen Lehrfragen zu führen. Von den ca 3.000 „Freunden“, die ich inzwischen hatte, waren nur etwa 100 wirklich aktiv. Viele waren aus der Brüdergemeinde, manche aber auch Pfingstler oder Adventisten. Obwohl ich als „Allversöhner“ bei vielen mit einem Makel behaftet war, freute ich mich darüber, dass ich dennoch bei allen sehr beliebt war. Immer wieder erhielt ich Komplimente wegen meines Bibelwissens und meiner „freundlichen Art“. Zu einigen von diesen Geschwistern bestand eine so große Sympathie, dass wir regelmäßig miteinander telefonierten und sogar vereinbarten, dass wir uns nächstes Jahr mal besuchen kommen sollten, um uns persönlich kennenzulernen.

Einer der Facebookfreunde wohnte sogar in Bremen. Er hieß Max (25) und ging zur Martinigemeinde bei Pastor Olaf Latzel. Max rief mich eines Abends an und hatte viele interessante Fragen, die ich ihm von der Schrift her beantworten sollte, z.B. ob gläubige Männer ein Toupet tragen dürfen oder ob dieses eventuell als verbotene Kopfbedeckung galt gemäß 1.Kor.11:4. Er berichtete mir, dass er eine gläubige Freundin habe, mit der er vor kurzem zusammengezogen sei. Sie wolle ihn unbedingt heiraten, er aber fürchtete sich vor einer dauerhaften Bindung, da er unter Zwangsgedanken leide und seiner Freundin nicht zur Last fallen wolle. Er war auch schon bei Pastor Latzel in der Seelsorge, aber dieser habe ihm Angst gemacht mit der Aussage, dass Mann und Frau durch den Geschlechtsakt ein Fleisch geworden seien und deshalb vor Gott als verheiratet gelten würden, auch wenn sie es formal noch nicht seien. Deshalb habe sich Max bisher jedes Mal geweigert mit seiner Freundin zu schlafen, da er auf keinen Fall verheiratet sein wolle.

Doch im Verlauf unserer Freundschaft hatte sich Max leider immer weiter in dieses Thema hineingesteigert. Auf einmal redete er sich ein, dass er allein schon durch die gedankliche Frage, ob er mit ihr verheiratet sei, in der unsichtbaren Welt als verheiratet gelten könne. An manchen Tagen ging er schon gar nicht mehr aus dem Haus, weil er befürchtete, dass er durch irgendeine unbedachte Handlung plötzlich verheiratet sei. Ich redete immer wieder auf ihn ein, dass diese Zwangsgedanken dämonisch seien und er doch faktisch erst durch die Hochzeit vor Gott und der Welt offiziell als verheiratet gelte. Er nahm meine Belehrung jedes Mal dankbar an, hatte sie aber beim nächsten Treffen schon wieder vergessen. Eines Abends rief er mich plötzlich an, nachdem wir schon mehrere Tage keinen Kontakt hatten, und sagte mir: „Simon, meine Freundin ist inzwischen ausgezogen, weil ich ihr zu anstrengend sei, und ich habe in den letzten drei Tagen gar nichts mehr gegessen, weil ich Angst habe, dass – in dem Moment, wenn ich etwas esse – ich dann verheiratet sei. Ich weiß, das klingt für dich vielleicht bekloppt, aber ich bin mir einfach nicht sicher und habe solch eine panische Angst, einen Fehler zu machen, dass ich vorsichtshalber lieber nichts esse. Aber ich frage mich, wie das nur weitergehen soll, denn wenn ich weiterhin nichts esse, dann werde ich vielleicht verhungern…“

Wieder erklärte ich dem Max, dass diese Wahnideen vom Teufel seien, der ihn als Durcheinanderwerfer (lat. Diabolos) nur durcheinanderbringen und ängstigen wolle, um ihn dadurch geistig zugrunde zu richten. Er müsse dringend in psychiatrische Behandlung, damit er sich in seinem Wahn keinen Schaden zufüge. Max wollte diesmal aber nicht auf mich hören, sondern sagte, dass meine Worte ihn „triggern“ würden und er trotz der vielen Bibelstellen jedes Mal noch ängstlicher sei nach einem Gespräch mit mir. Stattdessen bat er mich, dass ich ihn doch mal an einen Exorzisten weitervermitteln möge, falls ich einen kennen würde. Ich telefonierte daraufhin mit meinem Freund Bernd, der mir die Telefonnummer von einem gewissen Bruder Johannes S. gab, der selber einmal von dämonischer Besessenheit befreit wurde und Kontakt zu Exorzisten habe. Leider verlief dann auch dieses Vorhaben am Ende im Sande, und ich hörte nie wieder etwas vom Max.

 

Die Liebe glaubt alles

Um neben unserem wöchentlichen Hauskreis auch wieder sonntags regelmäßig in einen Gottesdienst zu gehen, besuchte ich zu jener Zeit die Russlanddeutsche Baptistengemeinde in Uphusen. Außer meinen ehemaligen Lehrling Roman kannte ich dort aber niemanden. Dennoch gefielen mir die Gottesdienste sehr gut, besonders wegen der schönen Chorgesänge in Moll, durch die man das Gefühl hatte, man sei in Russland. Doch an einem Sonntag kam Roman nach dem Gottesdienst zu mir uns sagte: „Simon, ich habe mir gestern mal deine Internetseite angeschaut, und da habe ich bemerkt, dass du scheinbar an die Allversöhnungslehre glaubst, ist das richtig?“ – „Ja“ sagte ich. „Dir ist klar, dass ich das bei den Ältesten melden muss.“ – „Nein, das musst du gar nicht. Niemand zwingt dich dazu.“ – „Doch, ich muss das, sonst mache ich mich schuldig, wenn ich das nicht anzeige.“ Er wollte gerade zu ihnen gehen, da rief ich: „Warte!“ Dann flüsterte ich ihm zu: „Hör mal, Roman, ich bin so froh, dass der HErr mir hier endlich eine gute Gemeinde geschenkt hat, wo ich ab jetzt immer hingehen kann, und deshalb will ich nicht, dass du das jetzt durch eine unbesonnene Denunzierung alles wieder kaputt machst. Ich will nicht schon wieder auf die Suche gehen müssen.“ – „Das tut mir leid, Simon, aber dann hättest du das nicht auf deiner Internetseite erwähnen dürfen. Jetzt bin ich dazu verpflichtet gegenüber meinen Brüdern.“ – „Dann mach ich dir einen Vorschlag: Ich spreche nach der nächsten Bibelstunde am Mittwoch selbst mit den Ältesten, d.h. mit Bruder David, und werde ihm die Situation aus meiner Sicht erklären. Wenn er sich dann entscheidet, mich auszuschließen, dann nehme ich es aus Gottes Hand an.“ – „Ja, ist gut. Wenn du aber nicht mit ihm sprichst, werde ich es ihm sagen!“ – „Einverstanden.“

Am darauffolgenden Mittwoch war ein Bruder namens Andreas Steinmeister zu Gast, der mal ein Buch über die Kopfbedeckung der gläubigen Frauen geschrieben hatte. Als die Stunde zu Ende war, setzte ich mich neben Bruder David und bekannte ihm, dass ich seit meiner Umkehr zum HErrn auch an die Allversöhnung glaube und deshalb wissen wolle, ob ich dennoch weiter zur Gemeinde kommen dürfe. Auf einmal setzte sich Bruder Andreas neben uns und hörte sich meine Erklärungen mit an. Doch statt das David antwortete, übernahm nun Andreas die Diskussion und erläuterte mir in völlig unaufgeregter und beinahe väterlicher Weise, warum er nicht an die Allversöhnung glaube. Als ich ihm dann Bibelstellen nannte, die aus meiner Sicht die Allversöhnung beweisen, hörte er mir zu, ohne mir ins Wort zu fallen. Und so verlief das Gespräch fast eine Stunde lang, bis David die Lichter ausschaltete und uns bat, draußen weiterzureden, da er das Haus abschließen wolle. Auf dem Parkplatz fragte mich Andreas, woher ich all dieses Bibelwissen hätte und wer mein Lehrer sei. Wir verblieben so, dass wir in Kontakt bleiben wollen und verabschiedeten uns. Als ich spät um Mitternacht zuhause ankam, schrieb ich dem David per WhatsApp, ob ich denn nun bleiben dürfe oder nicht. Er schrieb zurück: „Selbstverständlich kannst du bleiben, denn die Liebe glaubt alles.“

 

Schmerzliche Wahrheit

Ende Januar war Ruth aus Peru zurückgekehrt. Sie berichtete, dass Eva inzwischen ihre Eltern im Gebirge besucht hatte und ihnen vorwarf, warum sie damals zugelassen hatten, dass sie von ihrer Schwester und ihrem Schwager als Sexsklavin entführt wurde und warum auch ihre Eltern in die Vertuschung dieses Verbrechens eingewilligt hatten. Ihr Vater Braulio entschuldigte sich bei Eva und versprach ihr, in dem Streit zwischen Eva und ihrer Schwester zu vermitteln. Dazu schrieb er einen Brief an Eva und Felix, in welchem er diese bat, dass sie seine Tochter um Vergebung bitten mögen, zumal sie andernfalls in der Gefahr stünden, für immer verloren zu gehen. Er sei ein alter Mann und wolle Frieden in seiner Familie. Mit einer Kopie dieses Briefes ging Eva dann zu ihren Brüdern Abad, Benigno und Santago mit der Bitte, dass auch sie als Zeugen einen Brief schreiben mögen, in welchem sie Melania und Felix zur Buße aufriefen – was diese dann auch taten. Als letzte diktierte nun auch die schon fast todkranke Lucila, die Mutter von Ruth und Tante von Eva einen Brief, in welchem sie die Untaten von Felix bezeugte und mit ihrem Fingerabdruck unterschrieb. Ruth bat mich nun, diese Briefe zu übersetzen und zusammen mit den Originalen an die Töchter Melanias in Deutschland zu verschicken.

Daraufhin rief mich Florian aus Hannover an und wir vereinbarten eine Aussprache bei ihm, um eine einvernehmliche Lösung zu finden. Er und seine Frau Yenny nahmen mich zunächst freundlich auf in ihre Wohnung, und wir sprachen erstmal gelassen über unsere Familien, zumal wir uns über ein Jahr lang nicht gesehen hatten. Doch dann kam ich auf den eigentlichen Grund meines Besuches zu sprechen, und es entstand eine spürbare Spannung im Raum. Yenny erklärte, dass die Anklageschrift von Eva so dermaßen schrecklich sei, dass es für sie kaum erträglich war, die Details zu lesen. „Das kann unmöglich die Wahrheit sein, denn meine Mutter ist ein Engel. Sie würde so etwas niemals tun. Das traue ich ihr nicht zu.“ Ich erwiderte: „Ich kann gut verstehe, dass du deine Mutter in Schutz nimmst und all dieses nicht glauben willst. Aber frag dich doch mal, warum deine Tante Eva all dies erfunden haben sollte und schon seit 35 Jahren die gleichlautenden Vorwürfe erhebt. Warum sollte sie das tun?

Florian gab zur Antwort: „Weil Melania sie damals oft geschlagen hat und sie zudem eifersüchtig ist auf den Erfolg ihrer Schwester!“ – „Das leuchtet mir nicht ein“ sagte ich, „denn es gibt unzählige Geschwister auf der Welt, die sich nicht mögen oder aufeinander eifersüchtig sind, aber sie gehen sich dann einfach aus dem Weg und denken sich nicht solche detaillierten Geschichten aus. Das würde keinen Sinn machen.“ Und an Yenny gewandt, fuhr ich fort: „Versuch dich doch mal zu erinnern, was damals war. Deine Schwester Fanny hat erzählt, dass du damals sehr wütend warst auf deinen Vater, weil er euch zu Pflegefamilien brachte und du laut geschrien hast. Weißt du das noch?“ – Yenny wollte mir etwas sagen, aber Florian spürte offenbar, dass seine Frau drauf und dran war, weich zu werden, weshalb er einwarf: „Was hat das jetzt damit zu tun? Bleib bitte sachlich und hör auf, Yenny zu manipulieren!“ – „Ich rede doch gerade mit Yenny. Lass sie doch selbst antworten.“ – Florian stand nun auf: „Nein, Simon, wir brechen das jetzt hier ab, denn das hat doch keinen Sinn. Hier steht Aussage gegen Aussage, und niemand kann mit letzter Wahrscheinlichkeit sagen, was damals geschah.“ – „Es geht hier aber um das Seelenheil von Deinen Schwiegereltern, selbst wenn du das nicht glauben kannst. Wenn nämlich Yenny und ihre Schwestern ihren Eltern signalisieren würden, dass sie bereit wären, ihnen dies zu vergeben, dann wären sie wahrscheinlich viel eher bereit, ihr Verbrechen zu bekennen, anstatt es immer noch zu leugnen. Oder stört es dich nicht, wenn sie verloren gehen?“ Nun sprach Florian ein Schimpfwort über mich aus und rief dann: „RAUS HIER AUS MEINER WOHNUNG!“ – Ich stand auf und zog meine Schuhe an. Yenny sagte nur: „Es ist alles so schrecklich. Warum kann nicht Frieden sein?“ – „Das liegt in deiner Hand“ sagte ich.

Was für eine Enttäuschung! dachte ich, als ich wieder zurückfuhr nach Bremen. Und dabei schien es mir, als wäre Yenny drauf und dran gewesen, um reinen Tisch zu machen. Denn im Gegensatz zu Florian war sie wirklich gläubig und wusste deshalb, dass man als Christ selbst die schlimmsten Untaten vergeben muss – und seien sie sogar von den eigenen Eltern begangen. Yenny spürte wohl auch, dass Florian kein echter Christ war, weshalb sie die ganze Wohnung mit evangelistischen Bibelversen vollgehängt hatte in der Hoffnung, dass sie dadurch den Florian für den HErrn gewinnen könnte. Dabei war auch Florian in seiner Jugend mal gläubig und hatte in seiner ersten Liebe sogar mal das gesamte Neue Testament von Hand abgeschrieben, um – wie er sagte – den Inhalt dadurch besser zu lernen. Aber als ich 1984 gläubig wurde, kehrte sich Florian allmählich immer weiter ab und wurde zum Skeptiker. Irgendwann las er mal die Werke des Theologen Paul Tillich (1886-1965), der einen rein philosophischen Zugang zu Gott hatte, als ob Gott nur ein Platzhalter für das Bedürfnis des Menschen nach Sinn sei. Florian sagte sich daraufhin: „Wenn Paul Tillich noch als Christ galt, dann würde ich mich auch wieder als Christ bezeichnen können.“ Als ich Florian einmal mit der Tatsache konfrontierte, dass er nach biblischer Sichtweise ungläubig sei, antwortete er mir: „Vielleicht habe ich sogar einen viel größeren Glauben als Du, Simon, denn ich glaube sogar, dass Gott mich trotz meines Unglaubens annimmt.“

Dies machte für mich keinen Sinn. Wie kann er denn glauben, dass Gott ihn annimmt, wenn Gott für ihn gar nicht existiert? fragte ich mich. Wenn jemand so kompliziert und verknotet ist im Kopf, dann wunderte es mich nicht, dass er auch Evas Leidensgeschichte nicht als echt erkennen wollte/konnte. Aber ich selbst hatte ja bis vor kurzem selbst so geredet. Auch ich war verfinstert am Verstand und entfremdet dem Leben Gottes, wie es in Epg.4:18 heißt. Als ich noch Gottesleugner war hatte ich ja sogar einen antichristlichen Büchertisch auf dem Kirchentag, mit einem großen Schild, auf dem stand: „Glaubst du noch oder lachst du schon?“ Und dann war da jenes Gemälde, auf dem ich den Feuersee gemalt hatte mit einer Kaimauer, auf der wie in Auschwitz Menschen aus Zügen geladen und in den Feuersee geworfen wurden, wodurch ich Gott mit Hitler gleichsetzte. Als ich 2014 zum Glauben kam, zerstörte ich dieses Bild sofort. Aber oben im Treppenhaus hingen noch immer viele andere abscheuliche Bilder, auf denen ich mich über die Religionen als Aberglaube lustig machte und religiöse Führer wie Osama bin Laden oder Papst Benedikt XIV verhöhnte. Auf einmal wurde mir klar, dass ich diese Gemälde, an denen ich mal viele Stunden gearbeitet hatte, nicht länger behalten durfte, sondern sie verbrennen musste. Deshalb fuhr ich mit Ruth am Samstag den 18.02.2017 nach Oyten auf die Parzelle meines Vaters und verbrannte dort alle diese Bilder zum Zeugnis vor der sichtbaren und unsichtbaren Welt (https://youtu.be/0wOhxqjiacM?si=lOkLU_7e_V5WPgHf).

 

 

– Zu wem sollen wir beten?

 

„Wenn ihr betet, so sprecht: ‚Unser Vater, der Du bist in den Himmeln, geheiligt werde Dein Name; Dein Reich komme…‘.“   (Mt.6:9)

Bremen, den 05.11.2023

Liebe Geschwister,

gepriesen sei der Gott und Vater unseres HErrn Jesus Christus!

Jedes Mal, wenn mir unsere Geschwister in Uganda schreiben oder mich anrufen, dann ist der erste Satz immer „Praise God….!“ Man könnte dies als eine Floskel abtun, die man ihnen beigebracht hat. Ich würde aber sagen, dass es an sich eine gute Angewohnheit ist, die ich mir nach monatelanger Skepsis inzwischen auch selber angeeignet habe von ihnen, denn auch Paulus und Petrus begannen ihre Briefe oft mit dieser Aufforderung: 2.Kor.1:3, Eph.1:3, 1.Petr.1:3. Dabei stellt sich die Frage, warum es ihnen immer so wichtig war, dass der himmlische Vater nicht nur unser Gott ist, sondern auch der Gott unseres HErrn Jesus Christus.

Wenn man als Unkundiger in unsere Brüdergemeinde oder unseren Hauskreis geht, könnte man beim Gebet denken, dass wir zu zwei Göttern beten, denn die einen beten zum Vater und die anderen zum HErrn Jesus (Wir können froh sein, dass es nicht auch noch welche gibt, die zu Maria oder zu den Heiligen beten, denn dann wäre das Chaos perfekt). Auch heute Vormittag war es wieder so im Gottesdienst: Ein Bruder predigte über Joh.15:1-17, wo der HErr in Vers 16 am Ende sagt: „…damit was auch immer ihr den Vater bitten werdet in Meinem Namen, Er euch gebe“. Und kurz darauf betet dann ein anderer Bruder: „HErr Jesus, wir beten Dich an, denn nur Dir allein gebührt alle Ehre und Anbetung! …“ Und dann sagen alle wie gewohnt „Amen!“, ohne dass einer sich mal fragt, ob das eigentlich stimmt. – Nein, es stimmt eben nicht! Denn es steht geschrieben: „Es kommt aber die Stunde und ist jetzt, da die wahren Anbeter den Vater in Geist und Wahrheit anbeten werden; denn auch der Vater sucht solche als seine Anbeter“ (Joh.4:23).

Man wird lange suchen müssen im Neuen Testament, um irgendeine Stelle zu finden, die uns erlauben könnte, zu Jesus zu beten, zumal uns dies auch nirgends geboten wird. Hingegen finden wir Dutzende Stellen, die uns lehren, zum Vater zu beten. Hier seien nur mal einige genannt:

Da spricht Jesus zu ihm: Geh hinweg, Satan! Denn es steht geschrieben: ‚Du sollst den HErrn, Deinen Gott, anbeten und Ihm allein dienen“ (Mt.4:10)

Du aber, wenn du betest, so geh in deine Kammer… Bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist, und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird dir vergelten“ (Mt.6:6)

Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wieder zur Furcht, sondern einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater! (Röm.8:15)

Damit ihr einmütig mit einem Munde den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus verherrlicht“ (Röm.15:6)

Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater,…“ (Eph.3:14)

Sagt allezeit für alles dem Gott und Vater Dank im Namen unseres Herrn Jesus Christus!“ (Eph.5:20)

Wir danken Gott, dem Vater unseres Herrn Jesus Christus, allezeit, wenn wir für euch beten“ (Kol.1:3)

Alles tut im Namen unseres HErrn Jesus Christus, danksagend Gott dem Vater, durch Ihn“ (Kol.3:17)

Mit ihr (der Zunge) preisen wir den HErrn und Vater…“ (Jak.3:9)

Der HErr Jesus hat nie mit sich Selbstgespräche geführt, als Er betete, sondern betete immer zu Seinem Vater (Mt.14:23, 26:36+39+42+44, Mk.1:35, 6:46, 14:32+35+39, Luk.3:21, 5:16, 6:12, 9:18+28+29, 22:41+44), und als Nachahmer Christi sollten doch auch wir zum Vater beten!

Nun gibt es immer wieder den Einwand, dass doch auch Stephanus scheinbar zu Jesus betete, als er in Apg.7 von den Juden gesteinigt wurde. Bei genauerem Hinsehen wird aber deutlich, dass er den HErrn Jesus zur Rechten Gottes SAH und Ihn deshalb direkt ansprach: „HErr Jesus, nimm meinen Geist auf!“ (Apg.7:55+59). Die gleiche Situation finden wir auch in Offenbarung 22, wo der HErr Jesus direkt zu Johannes sprach und dieser am Ende erwiderte: „Amen! Komm HErr Jesus!“ (V.20). Zuvor beugte er sich vor Ihm anbetend nieder und wurde überraschend ermahnt: „Siehe zu, tu es nicht. Ich bin dein Mitknecht und der deiner Brüder … Bete Gott an!“ (V.9-10).

In 1.Kor.1:2 lesen wir: „…samt allen, die an jedem Ort den Namen unseres HErrn Jesus Christus anrufen, sowohl ihres als unseres HErrn“. Was es bedeutet, den Namen des HErrn anzurufen, lesen wir in Psalm 116:4 „Und ich rief an den Namen des HErrn: ‚Bitte, HErr, errette meine Seele!“ Und wiederum steht geschrieben: „Jeder, der den Namen des HErrn anrufen wird, wird errettet werden“ (Joel 2:32, Apg.2:21, Röm.10:13). Durch die Anrufung des Namens des HErrn wird man also errettet, und die Schrift bezeugt ganz klar, dass einmal „alle“ den Namen des HErrn anrufen werden (Zeph.3:9, Phil.2:9-11). Der Name selbst bedeutet ja wörtlich: „Jahwe ist Rettung“, und jeder, der dies bezeugt, empfängt damit das Heil. Wenn man dann jedoch Christus angehört, dann sollen wir Ihm gehorsam sein und regelmäßig zum Vater beten, wie Er es uns geboten hat: „Bete zu deinem Vater!“ (Mt.6:6+9).

 

Nachrichten von unseren leidenden Geschwistern in:

Uganda

Auch im Oktober sind wieder insgesamt 3.110,- Euro von Deutschland aus an die armen Geschwister in Uganda geflossen durch Bruder Lawrence Ssentono. Leider ist diese Spende nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn man bedenkt, dass es hier um etwa 1000 Schulkinder, 70 Lehrerinnen und eine unbekannte Zahl an Witwen geht, die auf unsere Spenden angewiesen sind. Hier sind wieder ein paar Fotos, die mir Peter und Lawrence geschickt haben:

            

 

Israel

In einem Al-Arabiya-Interview (https://www.youtube.com/watch?v=DnPauU16L4s) bekannte ein Ex- Hamas-Führer, dass es der Hamas nicht vorrangig um die Befreiung des Gaza-Streifens geht, sondern um die Vernichtung der Juden. Der Tod von 2 Millionen Palästinensern wird von ihm dafür nicht nur ausdrücklich in Kauf genommen, sondern sei sogar als „Opfer“ erwünscht, damit die ganze Welt dann Israel den Krieg erklärt. Hier stellt sich die Frage, warum die Araber nicht gegen die Hamas protestieren und die Katarer die in Luxus lebende Hamas-Führung nicht an die Israelis zur Bestrafung ausliefert.

Trotzdem sollten wir bedenken, dass 50 % aller Menschen im Gaza-Streifen unschuldige Kinder sind, weshalb wir dafür beten sollten, dass sie nicht leiden müssen.

Seid dem HErrn befohlen!

Simon

 

 

 

– „Stich-Worte“ Teil 5

 

  1. Nachfolge

„Denk daran, was Amalek dir getan hat auf dem Weg, als ihr aus Ägypten zogt, wie er dir auf dem Weg entgegentrat und deine Nachzügler schlug, alle Schwachen hinter dir, als du erschöpft und müde warst, und dass er Gott nicht fürchtete.“ (5.Mo.25:17-18)

Dieses Gebot, das genau wie alles Geschriebene zu unserer Belehrung, Überführung, Zurechtweisung und Unterweisung in der Gerechtigkeit geschrieben wurde (1.Kor.10:11, 2.Tim.3:16), können wir nur befolgen, wenn wir es geistlich richtig verstehen. Auch wir sind ja vom HErrn aus der Welt hinausgeführt worden, um in das gelobte Land, d.h. ins Reich Gottes zu kommen. So wie der HErr jenen in einer Wolken- und Feuersäule voranging, führt der HErr uns auch heute. Aber in dieser Nachfolge werden auch wir von „Amalek“ angegriffen.

Der Name AMaLeQ leitet sich möglicherweise von hebr. AM = „Volk“ und LaQaQ = „lecken, saugen“ ab, also „der das Volk aussaugt“. Interessant ist, dass Amalek sich nicht an die Regeln des Krieges hielt, sondern feige eine Schwäche nutzte, indem es das Volk nicht von vorne, sondern von hinten angriff, wo die schwachen Nachzügler langsam und erschöpft nachzogen und beinahe den Anschluss verloren. Wir kennen das von den Krokodilen, die geduldig warten, bis die starken Gnus oder Garzellen durch den Fluss gezogen sind, um dann am Ende die unerfahrenen und wehrlosen Jungtiere anzugreifen. Dieses Verhalten ist absolut böse und teuflisch. Der Teufel sucht, wen er verschlingen kann (1.Petr.5:8), und wenn er ein Opfer erspäht hat, dann saugt er es innerlich aus.

An diese Heimtücke des Feindes sollen wir uns immer wieder erinnern. Zugleich sollen wir aber „die Erinnerung an Amalek unter dem Himmel auslöschen“ (V.19). Besteht darin nicht ein Widerspruch? Nein, denn wir können einen Gedanken oder eine Anfechtung nur dann bewusst bekämpfen und unter unsere Kontrolle bringen, wenn wir uns täglich neu der Gefahr bewusst werden, die von diesem ausgeht (2.Kor.10:5). Um Amalek zu besiegen, musste Mose stundenlang seine beiden Arme erheben, eine Pose des Gebets (vergl.1.Tim.2:8). In 2.Mo17:8-16 erfahren wir, dass das Erschlaffen der Hände immer zum Sieg Amaleks führte, weshalb Mose Unterstützung brauchte. Man könnte also sagen, dass Amalek für die körperliche Schwäche, sprich das Fleisch steht, das gegen unsere Seele streitet. Dies kann sich z.B. durch ein inneres Murren, durch Sorgen oder durch Wut auf Menschen äußern, deren Verhalten uns reizt und vergessen lässt, dass auch Prüfungen auf dem Weg zu Gott dazugehören und Gott alles unter Kontrolle hat.

Die erhobenen Hände stellen die Verbindung zu Gott dar wie ein geschlossener Stromkreis. Sie können symbolisch für die zwei Holme der Himmelsleiter stehen, auf der die Engel dem Jakob im Traum auf und abgestiegen sind (2.Mo.28:12, Joh.1:51). Solange wir auf den HErrn schauen, kann uns das Gift der alten Schlange nichts anhaben (Joh.3:14, Ps.34:5, Hebr.12:2). Aber wenn wir uns ablenken lassen, gewinnt der Amalek in uns wieder die Oberhand. Deshalb soll der Gedanke an Amalek ausgelöscht werden. Das Wort MaChaH kann man besser mit „ausradiert“ i.S.v. „unleserlich gemacht werden“ übersetzen, wie wenn ein Computer Daten überschreibt, so dass sie nicht mehr wiederhergestellt werden können. Wir sollen der Schlange den Kopf zermalmen bevor sie uns in die Ferse beißt (1.Mo.3:15).

In Mark.14:54 lesen wir: „Petrus folgte Ihm von ferne…“. Er folgte dem HErrn also nicht mehr auf dem Fuß, sondern mit Abstand, weil er sich fürchtete. Und kurz darauf kam die Versuchung. Als er gefragt wurde, ob nicht auch er einer von Jesu Jüngern sei, leugnete er bekanntlich, Ihn überhaupt zu kennen. In unserem Alltag muss eine Verleugnung des HErrn nicht notwendigerweise mit Vorsatz geschehen – schon allein durch das Schmähen von Politikern oder das Lachen über schlüpfrige Witze sagen wir im Grunde indirekt: „Ich kenne diesen Menschen nicht“. Denn die unsichtbare Welt beobachtet ganz genau, was wir tun und sagen, und sie bringt unsere leichtfertigen Worte zur Anklage vor Gott (Pred.10:20, Offb.12:10).

Amalek war der Urenkel Esaus, der für ein Linsengericht sein Erstgeburtsrecht an Jakob verkaufte. Die Verachtung und Gleichgültigkeit gegenüber allem Heiligen – das ist Amalek! Es ist jener Geist, der Dich von Deinen Verpflichtungen abhält, sei es irdischen oder geistlichen (z.B. Gebet). Seine „Frucht“ ist die Verheerung und das Chaos wie bei einer Heuschreckenplage (Richt.6:3-5). Aber so wie Saul Kompromisse machte in der gänzlichen Vernichtung Amaleks, so machen auch wir immer wieder Zugeständnisse an unser Fleisch, so dass wir unser Königtum verlieren können (1.Sam.15:3+15-28).

Um vor der Macht des Fleisches geschützt zu sein, empfiehlt uns der HErr sowohl das beständige Wachen im Gebet als auch den Wandel im Geist (Mk.14:38, Gal. 5:16). Im alten Bund sagte der HErr immer wieder zu den Kindern Israel, dass sie Ihn nicht nur fürchten, dienen und von Herzen lieben, sondern Ihm auch „anhangen“ sollen (5.Mo.10:20, 13:4, Jos.23:8). Jakobs Frau Lea hatte ja gehofft, dass ihr Mann ihr durch die Geburt ihres dritten Sohnes endlich anhangen würde und nannte ihn deshalb Levi, d.h. „Anhänglicher“ (1.Mo. 29:34). Und schließlich sollte gerade dieser Stamm als Besitzloser dem HErrn völlig anhänglich werden (5.Mo. 18:2). Was das Anhangen bedeutet, lerne ich gerade wieder in dieser Woche, wo wir unsere 2-jährige Enkelin bei uns haben. Sie erlaubt uns nicht, sie auch nur eine Minute aus den Augen zu lassen, sondern fordert unsere ständige Aufmerksamkeit, sei es beim Spielen, Rumtoben oder Schmusen. Und auch wir sollen wie die Kinder ganz nah beim HErrn bleiben durch das Gebet. Hierzu hatte Bruder Hans-Peter Royer eine der besten Predigten gemacht: https://youtu.be/6N5vQ1HupQE.

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  1. Geruch

„HErr, er riecht schon, denn er ist vier Tage hier“ (Joh.11:39)

Bei der Wärme im Orient kann man sich gut vorstellen, wie schnell eine Leiche anfängt, zu stinken. Wir wohnen hier ja in der Nähe eines Friedhofs und kennen daher den Geruch von Verwesung – besonders an einigen Sommertagen, wenn es vor dem Krematorium mal wieder einen Stau gibt. Aber das Wort Gottes kennt neben natürlichen Gerüchen auch geistliche Gerüche. In 2.Kor. 2:14-16 lesen wir: „Gott aber sei Dank, der…den Geruch Seiner Erkenntnis an jedem Ort durch uns offenbart!  Denn wir sind ein Wohlgeruch Christi für Gott in denen, die gerettet werden, und in denen, die verloren gehen; den einen ein Geruch vom Tod zum Tode, den anderen aber ein Geruch vom Leben zum Leben“. Von treuen und hingegebenen Gläubigen geht immer ein geistlicher Wohlgeruch aus, der von anderen Gläubigen „gerochen“ wird, da sie Christus in ihnen wahrnehmen; aber für einen Weltmenschen stinkt ein Kind Gottes, weil sein alter Mensch mit Christus gestorben ist. Aus Gottes Sicht sind es aber die Ungläubigen, die durch ihr Sündenleben übel riechen – so wie Moab, von dem es heißt: „Sorglos war Moab von seiner Jugend an, und still lag es auf seinen Hefen und wurde nicht ausgeleert von Faß zu Faß…, daher ist sein Geschmack ihm geblieben und sein Geruch nicht verändert“ (Jer.48:11).

Was ist aber, wenn ein Christ wieder anfängt, in Sünde und damit im Fleisch zu leben? Wenn er z.B. stolz wird auf seine Erfolge und wieder nach menschlichem Ruhm und Bewunderung strebt? Viele Christen glauben ja, das sei gar nicht möglich, zumal es ihrem Lehrverständnis widerspricht. Aber die Realität straft sie Lügen, denn nicht nur in der Bibel, sondern auch aus eigener Erfahrung kennen wir genügend Fälle, wo Gläubige mal ganz viel Eifer für den HErrn hatten, aber im Lauf der Jahre lau und weltangepasst wurden. Was sie früher noch als Sünde ansahen, hat dann inzwischen Einzug gehalten in ihr Haus und in ihr Leben. Der Sünde Sold ist aber der Tod (Röm.3:23), und wenn auch nicht sofort der irdische dann doch aber der geistliche Tod (Eph.2:1, Offb.2:23). Wenn z.B. Gläubige mit ihren irdischen Anschaffungen protzen oder sich gerne über gute Restaurants und leckere Gerichte unterhalten, dann spürt ein geistlicher Christ sofort einen gewissen „Fäulnisgeruch“, der ihn stutzig machen sollte. Es wird dann höchste Zeit, sich mit anderen Geschwistern zum Gebet zu treffen, damit der HErr einen solchen Gläubigen wieder aus den Toten auferweckt wie bei Lazarus.

Auf der anderen Seite wissen wir, dass von Gläubigen ein „duftender Wohlgeruch“ ausgeht, wenn sie z.B. barmherzig und großzügig sind wie die Philipper, die für bedürftige Gläubige gespendet haben (Phil.4:18). Opfer sind geistlich betrachtet für Gott schon immer ein „lieblicher Wohlgeruch“ (1.Mo.8:21, 3.Mo.1:9,13,17 etc.) und zwar nicht im olefaktischen Sinn, sondern weil Gott sich über die Liebe des Opfernden freut.

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  1. Lust

 „Liebet nicht die Welt noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm; denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt. Und die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit.“ (1.Joh.2:15-17)

Eigentlich braucht man einem echten Kind Gottes nicht erklären, was hier „Welt“ bedeutet, denn es weiß, dass es nichts anderes als das alte Leben ist, das „Sklavenhaus“, aus dem der HErr uns herausgeführt hat (2.Mo. 20:2). Es ist „dem Verderben entflohen, das in der Welt ist durch die Lust“ (2.Petr.1:4). Wer durch den Geist Gottes erneuert wurde, will „die im Fleisch noch übrige Zeit nicht mehr den Lüsten der Menschen, sondern dem Willen Gottes leben“. Die vergangene Zeit hat ihm gereicht, der Familie, alten Freunden, Nachbarn und Arbeitskollegen zu gefallen, als man in Ausgelassenheit, Partys, Alkohol-, Drogen- und heimlichem Pornokonsum lebte. „Wobei sie es merkwürdig finden, dass ihr auf einmal nicht mehr mitmacht bei ihren ausschweifenden Veranstaltungen und verspotten euch deshalb“ (1.Petr.4:2-4).

Es gibt im obigen Vers eine unheilige Dreifaltigkeit der Lust, der wir auch bei der Versuchung Jesu begegnen: Der Teufel erinnerte Ihn zunächst an seine leiblichen Bedürfnisse – der „Lust des Fleisches“. Dann zeigte er Ihm alle Reiche der Welt – die „Lust der Augen“. Und am Ende missbrauchte er sogar eine Bibelstelle, um dem HErrn zu einer Provokation gegen Gott zu verleiten – der „Hochmut des Lebens“. Ein weiteres Mal finden wir die drei Lüste bei der Verführung Evas: „Und die Frau sah, dass der Baum gut zur Speise [die Lust des Fleisches] und dass er eine Lust für die Augen [!] und dass der Baum begehrenswert wäre, um Einsicht zu geben [der Hochmut des Lebens]“ (1.Mo.3:6). Hier haben wir also drei Kriterien, durch die wir immer wieder herausfinden können, ob es sich bei einem Begehren um ein erlaubtes Bedürfnis handelt oder um eine böse Lust (Kol.3:5).

Interessant ist auch, dass der Baum der Erkenntnis auf einmal für Eva „in der Mitte des Gartens“ stand, wo dort doch eigentlich der Baum des Lebens sein sollte (vergl. 1.Mo.2:9 mit 3:3). Er war sozusagen in die Mitte ihres Interesses gerückt, denn das Verbotene hat ja eine magische Anziehungskraft. Dadurch hatte die Schlange ein leichtes Spiel, um der Eva einzureden, dass sie ausgerechnet diese Frucht unbedingt essen müsse, da sie für ihr Leben unverzichtbar sei. Ist es aber nicht auch bei uns so, wenn wir versucht werden, dass wir uns einreden: „Gott wird hier ein Auge zudrücken, denn Er kennt ja meine Schwachheit“. Ein Pastor, der das Jagen liebt, erklärte mir einmal: „Solche Hobbys und Leidenschaften sind uns von Gott erlaubt wie die Sexualität“. Da fragte ich ihn, ob wahre Christen denn nicht ihr Fleisch gekreuzigt haben sollten „samt den Leidenschaften und Lüsten“ (Gal. 5:24). Ein Banker erdreistete sich sogar mal in einer Predigt zu sagen: „Gott hat mir einen neuen Porsche geschenkt, weil Er wusste, welch eine Freude es mir macht, damit zu fahren“. Welcher Gott mag das wohl gewesen sein? Der biblische Gott hätte sich sicherlich mehr darüber gefreut, wenn er die 122.493€ für den Porsche lieber hungernden Kindern gespendet hätte.

Bruder Wolfgang sprach in diesen Tagen mal im Gebet von seiner „Lieblingssünde“, womit er in ironischer Weise andeuten wollte, wie schwer es ihm falle, von dieser zu lassen. Wenn man bedenkt, dass er schon über 50 Jahre im Glauben ist, kann man sich vorstellen, wie die Lust des Fleisches auch im Alter noch anficht. Um sie zu überwinden, zerschlägt er seinen Leib und führt ihn in Knechtschaft – im Bilde gesprochen – indem er sich seit sechs Jahren fast ausschließlich nur noch von Brot und Wasser ernährt (1.Kor.9:27). Man kann dies für übertrieben halten, aber wenn es nötig ist, sollen wir der Sünde bis aufs Blut widerstehen (Hebr.12:4).

Obwohl das Überwinden eigentlich ein zentrales Thema in den Sendschreiben ist (Offb.2+3), kommt es in den meisten Predigten heute so gut wie gar nicht mehr vor. Man spricht lieber von dem, was der HErr für uns am Kreuz von Golgatha getan hat und blendet unseren Teil an Verantwortung in der Nachfolge völlig aus. Dabei verhalten wir uns wie Adipöse (Fettleibige), die gerade noch rechtzeitig ins Krankenhaus eingeliefert wurden, um vor einem Herzinfarkt gerettet zu werden und dann anschließend ohne irgendwelche Ernährungsratschläge wieder entlassen werden, um unser bisheriges Leben in Völlerei und Rauschsucht weiterzuleben. Dabei ist der HErr doch deshalb für uns gestorben und auferstanden, damit Er Herr werde über unser Leben, d.h. alleiniger Besitzer und Entscheider über uns (Röm.14:9). Wie können wir nur auf die Idee kommen, unser Leben nicht ändern zu müssen?! „Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen, und unterweist uns, damit wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Lüste verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf“ (Tit.2:11-12).

Die Lüste zu verleugnen bedeutet natürlich nicht, dass wir anderen gegenüber so tun sollen, als hätten wir sie gar nicht mehr – das wäre Heuchelei -, sondern wir sollen uns durch den Geist Gottes daran erinnern, dass der HErr uns zur Freiheit berufen und befähigt hat, so dass wir verpflichtet sind, so rein und heilig zu leben, wie der HErr es uns vorgelebt hat (1.Joh.2:6). Um uns dabei zu helfen, beschneidet der HErr uns an „der Vorhaut unseres Herzens“ (5.Mo.10:16). Der HErr sagt: „Jede Rebe, die Frucht bringt, die reinigt er, dass sie mehr Frucht bringe“ (Joh.15:2b). Jetzt im Sommer schneiden die Winzer ja die wilden und fruchtlosen Triebe ihrer Reben weg, damit die Energie nicht mehr „ins Kraut schießt“, sondern in die Frucht. So hatte schon die Beschneidung der Vorhaut bewirkt, dass die männliche Sexualität gedrosselt wurde, um den Israeliten die Enthaltsamkeit zu erleichtern. Gott meint es nur gut mit uns.

Ach wie elend ist ein Leben, das der Freiheit mangeln muss!
Denn wer Gott nicht völlig dienet, hat nur Angst, Müh und Verdruss. Der nur kämpfet recht vergnügt, der die liebste Lust besiegt
.“

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  1. Fluchen

Göttern darfst du nicht fluchen und von den Obersten deines Volkes sollst du nicht übel reden (2.Mo.22:27)

Vor einem Monat betete der Prediger einer christlichen Sekte in Pforzheim am Ende einer Hetzpredigt, indem er Bruder Dr. Lothar Gassmann mit folgenden Worten verfluchte: „Ich bitte dich, Herr, dass Lothar Gassmann so schnell wie möglich sterbe und in die Hölle komme. Nimm seinen Namen aus dem Buch des Lebens! Wirf ihn zusammen mit dem Bösen hinaus. Herr, bevor du ihn in die Hölle schickst, bitte ich dich, dass du ihm zuerst alle Zähne und alle Knochen brichst, so schmerzhaft wie möglich…“ (http://youtu.be/tgBk0xENJMQ).

So erschreckend und absurd uns solch ein Fluch aus dem Mund eines Predigers erscheinen mag, bin ich mir sicher, dass er dies ohne ein schlechtes Gewissen tat, indem er sich auf mehrere Psalmen berufen konnte, wo auch David solche Verwünschungen gegen seine Feinde aussprach (z.B. Ps. 69:22-28). Da Bruder Lothar richtigerweise an die Verlierbarkeit des Heils glaubt, ist diese Sekte der Ansicht, dass er „ein anderes Evangelium“ verkünde und man ihn deshalb verfluchen dürfe. Dabei gebietet Paulus aber doch in Röm.12:14, dass wir „nicht fluchen“, sondern segnen sollen (vergl. Mat.5:44). Wie kann Paulus dann selbst einen Fluch aussprechen?

Das Wort ANA’ThÄMA in Gal.1:8-9 bedeutet wörtlich „Hinauf-Gesetztes“, d.h. dass man in einem Rechtsstreit die Streitfrage im Gebet Gott vorlegt zur richterlichen Entscheidung. David hat dies z.B. gegenüber Saul getan, als er sprach: „Der HErr richte zwischen mir und dir!“ (1.Sam.24:12+15). Das ist die Haltung eines Gläubigen, dass er sich nicht selbst recht verschafft, sondern es dem HErrn überlässt, das ihm angetane Unrecht zu richten und zu rächen (Röm.12:19). Leider geschieht es viel zu selten, dass ein Streit unter Gläubigen gemeinsam Gott zur Entscheidung vorgelegt wird, um dadurch eine schwelende Zwietracht beizulegen.

Das in 2.Mo.22:27 verwendete Wort für fluchen (hebr. QaLa´L) bedeutet wörtlich jemanden „leicht machen“ i.S.v. „geringschätzen“. Im Gegensatz dazu ist das hebr. Wort für „ehren“ (KaBhe´D) wörtlich eine Person „schwer machen“, also ihr Gewicht beimessen. Man muss also z.B. gar nicht buchstäblich einen Politiker geflucht haben, sondern es reicht schon, dass man sich über ihn lustig macht oder ihn als trottelig darstellt, um sich dadurch vor Gott zu versündigen. Denn Gott selbst hat ja die Obrigkeit eingesetzt, so dass sie von Ihm auch eine gewisse Immunität bekommen hat (Röm.13:1-7); und wer sich anmaßt, über sie zu richten, der erhebt sich dadurch nicht nur über sie, sondern auch über Gott. Saul z.B. war zwar ein sehr eigensinniger und ungehorsamer König, aber dennoch hat David nicht zugelassen, dass ihn irgendjemand seiner Würde beraubt, denn er war ja ein „Gesalbter des HErrn“ (2.Sam.1:14-16).

Bedeutet dies nun, dass man noch nicht einmal Kritik üben darf an einem Politiker oder Würdenträger? Nein, keineswegs. Aber es ist ein Unterschied, ob ich die Entscheidungen der Regierung sachlich beurteile oder ob ich den Amtsträger als Person herabwürdige, sei es durch Schmähworte oder durch Witzelei. Ein gutes Beispiel für diesen Unterschied finden wir in Richter 9. Dort lesen wir von Gaal in Vers 28, dass er den Herrschaftsanspruch von König Abimelech grundsätzlich infrage stellte: „Was ist Abimelech und wer ist der Sohn Sichems, dass wir ihm dienen sollen?“ Jotham hingegen, der als einziger den Mord an seinen 70 Brüdern überlebt hatte, verglich den Mörder zwar mit einem „Dornstrauch“ (V.14), überließ es aber Gott als gerechten Richter, über ihn und seine Anhänger zu urteilen und sie entsprechend zu bestrafen (V.16 – 20).

Wir leben heute in einer Zeit, in welcher die Auflehnung etwas Allgegenwärtiges ist. Aufruhr und Empörung ist aber nicht gleichzusetzen mit berechtigter Kritik. Das Wort „Aufruhr“ ist ja hergeleitet von „rühren“. Wenn ich als Maler z.B. Gipsspachtel mit Wasser verrühre, dann reagieren beide Komponenten miteinander und verwandeln sich in einen schnell reagierenden Werkstoff. Ebenso ist es aber auch mit Informationen: Wenn ich bestimmte (einseitige) Nachrichten immer wieder erzählt bekomme, dann können sie bei mir Unruhe bis hin zu Wut auslösen. ANregung führt zu ERregung, sei es im Guten wie im Bösen. Das hebr. Wort SchaNa´H heißt eigentlich „wiederholen“ und findet sich auch in Spr.17:9 „Wer Vergehen zudeckt, strebt nach Liebe; wer aber eine Sache immer wieder aufrührt, entzweit Vertraute“.

Durch das ständige Wiederholen von Narrativen in den Medien verfestigen sich Meinungen. Eigentlich sind die  öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verpflichtet, wahrheitsgetreu zu berichten; da sie jedoch in den letzten Jahren von Links unterwandert wurden, findet nur noch eine sehr einseitige Berichterstattung statt, die man als Propaganda und z.T. als Hetze bezeichnen kann, nicht nur gegen Rechte und Konservative, sondern auch gegen uns Christen. Dies hat gerade in den letzten drei Jahren dazu geführt, dass sich auch Gläubige an den z.T. irrationalen Entscheidungen der Regierung ereifert haben bis hin zur Schmähung der Politiker. Die Schrift sagt jedoch: „Nicht einmal in deinen Gedanken darfst du einen Regenten verfluchen, und nicht einmal im Schlafzimmer fluche nicht über den Reichen; denn die Vögel des Himmels werden die Stimme entführen und das Geflügelte wird das Wort anzeigen“ (Pred.10:20). Gemeint ist hier eine Anzeige bei Gott durch den „Verkläger unserer Brüder“ (Offb.12:10), und die „Vögel des Himmels“ stehen für die Dämonen (Luk.8:5+12, Offb.18:2).

Die Geschichte aus Richter 9 ist ganz aktuell, denn wir haben ja auch heute eine Regierung, die ihre Wähler aufgrund von Lüge („Keine Waffen in Kriegsgebiete“), zur Wahl verführt hat (V.2), die mit Hilfe der Medien Rufmord betreibt durch Verleumdungen gegen Andersdenkende (z.B. gegen die AfD) (V.4-5) und die aufgrund einer Klima-Ideologie „durch einen Hinterhalt … mit dem Volk machen kannst, was immer du willst“ (V.32-33), um es zugrunde zu richten, wie etwa Energiepreiserhöhung, Unterstützung der Klimakleber, Wärmepumpenzwang, Verbot von Verbrennerfahrzeugen ab 2035 etc. Auch in den Schulen und Kindergärten findet gerade eine von vielen Eltern noch nicht einmal bemerkte Kulturrevolution statt durch Genderzwang in Hochschulen, Kuschelecken in Kitas, Frühsexualisierung, Porno im Unterricht, Legitimierung von Pädophilie und staatlich unterstützte Geschlechtsverstümmelung von Minderjährigen.

Wir leben heute in einer Zeit, in welcher allmählich alle Dämme der Moral und des Anstands brechen und stehen in großer Gefahr, dass wir unsere von Gott eingesetzte Regierung nicht mehr anerkennen, sondern über sie spotten oder lästern, so wie es auch die Welt tut. Die Schrift sagt aber, dass wir noch nicht einmal schlecht über den Teufel sprechen dürfen, d.h. auch nicht gegen Allah, sondern müssen das Gericht Gott überlassen: „Sie erzittern nicht, Herrlichkeiten zu lästern, während Engel, die an Stärke und Macht größer sind, nicht ein lästerndes Urteil gegen sie beim HErrn vorbringen. Diese aber, wie unvernünftige, natürliche Tiere… lästernd über das, was sie nicht wissen…“ (2.Petr.2:9-12, Jud.8-10).

Wir können die Verirrten nicht dadurch für Christus gewinnen, indem wir sie verhöhnen oder ihnen beim CSD stolz unsere moralische Überlegenheit vor Augen führen, sondern indem wir in aller Demut und Selbstverleugnung herzliches Erbarmen und Mitgefühl für sie empfinden und uns daran erinnern, dass wir früher auch nicht besser waren: „Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend allen Menschen … Erinnere sie, staatlichen Gewalten und Mächten untertan zu sein, Gehorsam zu leisten, zu jedem guten Werk bereit zu sein, niemand zu lästern, nicht streitsüchtig zu sein, milde zu sein, an allen Menschen alle Sanftmut zu erweisen! Denn einst waren auch wir unverständig, ungehorsam, gingen in die Irre, dienten mancherlei Begierden und Lüsten, führten unser Leben in Bosheit und Neid, verhasst, einander hassend. Als aber die Güte und die Menschenliebe unseres Retter-Gottes erschien, rettete er uns, … nach seiner Barmherzigkeit“ (Tit.3:1-5).

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