„Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe.
Laßt uns nun die Werke der Finsternis ablegen
und die Waffen des Lichts anziehen.“

(Röm.13:12)

– Reisetagebuch Peru 01.12.19 – 30.01.20 (Teil 2)

Lima, 01.01.2020 Heute morgen lasen wir in 2.Tim.1 von der Liebe und Besorgnis des Paulus um seinen Ziehsohn Timotheus. Er erinnert ihn an das Gelernte und ermutigt ihn, das gute Gewissen und den ungeheuchelten Glauben trotz aller Betrübnisse weiter fest zu halten. Dabei erwähnt er den Glauben seiner Großmutter und Mutter, die Paulus offensichtlich gut gekannt haben muss. Hier wird wieder deutlich, dass der Verantwortungsbereich der Mütter bei ihren Kindern liegt, da sie ihren Glauben in das Herz der Kinder einpflanzen. Meine Mutter war zwar noch keine wiedergeborene Christin, aber sie hat mit uns als Kinder immer abends gebetet. Dabei faltete sie ihre großen Hände über unsere gefalteten Kinderhände und umhüllte sie auf diese Weise. Sie schloss die Augen und betete mit heiliger Ehrfurcht und aus ganzem Herzen, so dass wir die Gegenwart Gottes als Kinder spürten. Zum Frühstück luden wir Walter ein, der uns Tamales mitbrachte, das ist ein warmer Maisbrei, der in die nassen Blätter vom Mais eingewickelt und eingeschnürt wird, um auf diese Weise gekocht zu werden. Trotz seiner 70 Jahre kleidet sich Walter noch immer wie ein Jugendlicher und redet auch genauso. Auf einmal klopfte auch unser Nachbar Antonio an die Tür. Er hatte mir einen Panetón (Brotkuchen mit Rosinen) gekauft als Dankeschön, weil ich seine Fassade gleich mitgestrichen hatte. Zusammen sprachen wir über die Endzeit und die Situation der Gemeinde heute. Walter saß nur still da, als ob es ihn nicht betreffen würde.

Dann ging ich wieder an die Arbeit und rührte Mörtel an, um den Rest von der Mauerzinne zu verputzen. Julio war so nett, mir noch mal einen Sack Zement und einen Sack Sand zu besorgen. Da ich nun genug hatte, verputzte ich gleich auch noch den Mauersockel, aus dem schon viel Putz herausgefallen war. Zum Schluss machte ich noch eine Mischung aus reinem Zement mit etwas Silikonpulver, um die Abplatzungen und Risse im Fussboden zu verfüllen und auszugleichen. Da heute ein Feiertag ist, konnten Ruth und Eva nicht viel unternehmen, außer ein wenig Hausarbeit. Dennoch unterhielten sie sich stundenlang so gut, dass sie sich nicht langweilten. Am Abend haben wir dann einen gemeinsamen Spaziergang gemacht und bei der Gelegenheit auch versucht, den Ehemann der verstorbenen Schwester Wilma zu besuchen; Carlos war jedoch nicht zuhause. Am Abend hatte Ruth leider wieder eine starke Schmerzattacke. Sie weinte bitterlich und sagte: „Wenn ich wenigstens für Christus leiden würde, dann hätten meine Schmerzen wenigstens noch irgendeinen Sinn. Oder wenn Gott mir wenigstens zeigen würde, für was Er mich mit den Schmerzen bestrafen will, dann könnte ich sofort damit aufhören. Aber so ist mein Leid doch völlig sinnlos!“ Ich sagte: „Nein, unser Leiden ist nie sinnlos. Gerade wenn Du trotz Deines Leids am HErrn festhältst und Ihn beständig im Gebet suchst, dann war es nicht umsonst, sondern Du hast Gott durch die Bewährung Deines Glaubens verherrlicht.“ Ich massierte sie und tröstete sie mit den Worten in Römer 8:32 „Er, der doch Seines eigenen Sohnes nicht geschont, sondern Ihn für uns alle hingegeben hat: wie sollte Er uns mit Ihm nicht auch alles schenken?“ Dazu erklärte ich: „Gott hat uns mit dem HErrn Jesus eine Währung gegeben, mit der wir alles im Laden Gottes einkaufen können, was wir zu unserem Leben brauchen. Und dieses Zahlungsmittel ist unerschöpflich, d.h. wir bekommen immer wieder neues dazu, um weiter einzukaufen. Das einzige, was wir jetzt nur noch tun brauchen, ist zum Laden Gottes zu gehen, d.h. zum Thron der Gnade.“

Lima, 02.01.2020 Heute wollen wir einen Tag fasten, um uns vorm HErrn zu demütigen und Gnade zu erflehen für Ruth, dass der HErr sie doch von dem Joch ihrer Schmerzen befreien möge. Ich betete und las die Worte in Jes.58:6-8 vor: „Dies ist ein Fasten, an dem Ich gefallen habe: dass man löse die Schlingen der Bosheit, dass man losmache die Knoten des Joches und Gewalttätig Behandelte als Freie entlasse, und dass ihr jedes Joch zersprenget? Besteht es nicht darin, dein Brot zu brechen dem Hungrigen, und dass du verfolgte Elende ins Haus führst? Wenn du einen Nackten siehst, dass du ihn bedeckst und deinem Fleische dich nicht entziehst? Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird eilends sprossen; und deine Gerechtigkeit wird vor dir herziehen, die Herrlichkeit des HErrn wird Deine Nachhut sein...“ Mangelndes Mitleid und Hilfsbereitschaft für die Bedürftigen können also Hinderungsgründe sein für Gottes Heilung und Segen. Im Moment kann ich noch nicht sagen, inwieweit wir die Möglichkeit haben, das Joch eines Gebundenen zu lösen, aber auch das wird der HErr uns noch zeigen. Ruth und Eva beschlossen, heute Morgen mal die Edilvina zu besuchen, die mit ihrem schwerstbehindertem Kind einmal pro Woche ins Krankenhaus nach Lima fährt. Ruth möchte ihr eine größere Spende übergeben, da sie sehr arm ist, und auch noch Spielsachen für ihr Kind. Wir lasen noch schnell den heutigen Bibeltext in 2.Tim.2, wo wir auch eine Antwort fanden, was mit dem „Joch“ gemeint sein kann, denn in Vers 26 ist ja von einer „Fangschlinge des Teufels die Rede„. Wir sollen mit Irrenden und Verführten keine Gemeinschaft haben, aber sie zurechtweisen. Heute geschieht es oft genau anders herum: man hat mit Irrenden Gemeinschaft, aber weist sie nicht zurecht. Dabei hatten wir auch in Jes.58 gelesen, dass wir uns nicht entziehen können von unserer Verantwortung. In unserem Text lasen wir auch, dass wir „an den Trübsalen teilnehmen“ sollen (V.3), und sogar auch Paulus Trübsal litt „wie ein Übeltäter“ (V.9). Das hat also nicht immer was mit Schuld zu tun, sondern ist etwas ganz Normales (vergl. Apg.4:12).

Als Eva und Ruth gegen Mittag zurückkamen, hatte ich nochmal dunkelblaue Farbe gekauft für die Betonstürze der Balkondecken und hatte diese dann gestrichen. Da ich noch genug Farbe hatte, nutzte ich die Gelegenheit, um auch noch den Sockel und Pfeiler des Gemeinschaftseigentums mitzustreichen, damit dieser Bereich vollständig erneut sei und die Nachbarn einen guten Eindruck hätten im Sinne von Mt.5:16. Dann mischte ich den Sockel-Farbton an und strich diesen von beiden Seiten der Mauer. Ruth machte sich indes nochmal auf den Weg, um Don Eulogio zu besuchen, den 86-jährigen Vater ihrer Freundin Raquel. Kurz darauf kam sie wieder und erzählte, dass es ihm sehr schlecht ginge, da seine Prostata völlig verstopft sei („Stufe 4“ – d.h. die höchste Stufe) und er dringend Medizin brauche, da sein Arzttermin erst nächste Woche sei. Ruth kaufte ihm das nötige Medikament und brachte es ihm. Als sie zurückkam, fragte ich Ruth, wie es ihr ginge, und sie sagte: „Leider geht es mir sogar schlechter als heute Morgen, als wenn ich eine Blockierung hätte im Rücken„. Wir gingen nochmal ins Haus, um zu beten. „HErr, was willst Du uns zeigen? In uns ist keine Kraft, und wir wissen nicht, was wir tun sollen, aber auf Deich sind unsere Augen gerichtet„. Dann massierte ich Ruth mit Rheumasalbe und redete tröstend auf sie ein.

Am Abend kam Ricardo wie verabredet zu uns, um gemeinsam mit ihm zur Bibelstunde nach Bruder Francisco Lopez (60) zu fahren, dem Tierarztkollegen von Ruth. Es war das erste Mal, dass ich in der Privatwohnung von Francisco war, und ich war überrascht, wie kärglich sie eingerichtet war. Ganz offensichtlich schien Francisco tatsächlich nicht viel zu verdienen, weil er viel zu wenig Kunden hatte. Es kam noch ein weiterer Bruder namens Heracles (65), aber sonst kein anderer. Da dies die erste Bibelstunde im Haus von Francisco war, hatte er sich gut vorbereitet auf das Thema in Mt.5:1-16 (Der Gelähmte vom Teich Bethesda). Er hatte Kommentare gelesen und sich auch selbst ein Frage-und-Antwort-Konzept geschrieben und hielt sich streng an sein Manuskript, wobei er selbst nicht nur als Lehrer, sondern zugleich als Moderator auftrat. Da Francisco hochbegabt ist, machte er seine Sache sehr gut, und es war eigentlich schade, dass wir nur zu 6 waren. Auch Franciscos Frau beteiligte sich mit sehr guten Beiträgen, während Ruth sich eher zurückhielt, weil sie Schmerzen hatte. Ricardo vertrat wie üblich seinen Standpunkt: „Wir sollen keine humanistischen Sozialwerke tun, sondern nur das Evangelium verbreiten. Es ist nicht unsere Aufgabe, der Welt zu helfen, die ja auch von Gott gar nichts wissen will. Die Ungläubigen wollen unsere Hilfsbereitschaft nur ausnutzen, um uns von unseren eigentlichen Aufgaben abzuhalten und uns das Geld aus der Tasche zu ziehen.“ Ich vertrat den gegenteiligen Standpunkt: „Unser Evangelium ist völlig unglaubwürdig, wenn es nicht auch mit guten Werken verbunden ist. ‚Wer sie aber TUT und lehrt‘ sagt der HErr Jesus. Wir können uns nicht jetzt schon in unserer Arche abschotten und sagen: ‚Nach uns die Sintflut‘. Solange wir noch nicht verfolgt werden, sollen wir jedem guten Werke nachgehen und Ausschau halten nach entsprechenden Gelegenheiten.“

Zum Glück war auch Francisco meiner Ansicht und betonte ebenso, dass Gott ein Erretter aller Menschen sei, die sich jedoch nicht nur auf das geistliche, sondern auch auf das leibliche Wohl eines Menschen erstrecke. Doch gab er auch Ricardo recht, dass der HErr Jesus den gelähmten nach der Heilung aufsuchte, um ihn auch noch eine geistliche Botschaft auf seinen Lebensweg mitzugeben. „Die Nacharbeit wird heute landläufig vernachlässigt in evangelikalen Kreisen. Man begnügt sich mit der Bekehrung ohne eine Person auch noch weiter zu begleiten.“ Dieser Vorwurf traf mich, denn auch ich hatte mich ja um die Neubekehrten bisher gar nicht weiter gekümmert, ja sie noch nicht einmal mehr angerufen. Ich nahm mir vor, dies morgen nachzuholen. Zum Schluss wurde noch die Frage aufgeworfen, ob Mutter Theresa errettet sein könnte. Ich meinte Ja, denn sie hat Barmherzigkeit geübt und wird gemäß der Worte des HErrn Barmherzigkeit empfangen. Wir wurden uns am Ende einig, dass der HErr die Seinen ja kenne und uns dies genügen sollte. Dann lud uns Chio, die eigentlich Rocio („Tau„) heißt, zu einer Tasse heißer Schokolade und einem selbstgemachten Kuchen ein (sie ist von Beruf Konditorin und verdient sich gelegentlich etwas durch den Verkauf von Kuchen). Wir sprachen noch etwas über den Selbstmord von Präsident Alan Garcia, der sich vor 6 Monaten umbrachte, als man ihn wegen Korruption verhaften wollte; weil Ricardo behauptete, dass die Leiche nicht Garcia gewesen war, sondern dieser in Wirklichkeit untergetaucht sei. Als wir uns um 23:30 Uhr verabschiedeten, waren wir uns einig, dass es ein schöner Abend war und wir uns ab jetzt jeden Donnerstag hier treffen sollten. Auch gefiel uns die Idee gut, dass sich Francisco jeden Samstagmorgen um 6:00 Uhr mit seinen Brüdern eine Stunde zum gemeinsamen Gebet trifft seit nunmehr zwei Jahren. Sicher ist dies der Grund, warum der HErr die Chio errettet hat und sie seit einem Jahr wieder ihre Rolle als Ehefrau und Mutter einnimmt.

Lima, 03.01.2020 Heute morgen um 7:00 Uhr kam Ricardo zum Gebet zu uns, denn wir hatten uns gestern dazu verabredet. Danach aßen wir gemeinsam Frühstück und sprachen über die heutigen Gemeinden. Ich sagte: „Ricardo, es gibt zwei Dinge, wo ich Dich bitten wollte, doch einmal vor Gott zu prüfen, ob Du darüber nicht Buße tun solltest: Das eine ist Dein ständiges, leichtfertiges und unangebrachtes Verurteilen von anderen Christen, und das andere ist, dass Du noch immer häufig weltliche Musik hörst aus Deinem alten Leben und uns diese immer wieder vorspielen willst.“ Diese unerwartete Kritik wollte Ricardo nicht auf sich sitzen lassen: „Wir werden immer wieder im Wort Gottes aufgefordert, die Früchte zu prüfen und die Geister zu unterscheiden. Auch der HErr Jesus und die Apostel haben stets Kritik geübt an den Pharisäern oder falschen Christen. Es ist der heutige Zeitgeist, dass man keine Kritik mehr hören will...“ Ich unterbrach ihn: „Ich habe doch nicht behauptet, dass Du zu viel Kritik übst, sondern dass Du ständig Dinge behauptest, die Du gar nicht beweisen kannst. Z.B. könnte man Dich verklagen wegen böser Verleumdung, weil Du immer wieder behauptest, dass die Denominationen alle von Freimaurern gegründet wurden.“ – „Aber das stimmt ja auch! Ich habe das schon mehrfach im Internet gelesen. Du musst das nur mal überprüfen.“ – „Nein, Ricardo, sondern DU musst das beweisen können, wenn Du das behauptest, denn sonst machst Du Dich angreifbar.“ – „Ich weiß, dass es so ist, und jeder kann sich davon überzeugen, wenn er will.“ – „Nein, Ricardo, wenn Du nicht genau eine seriöse Quelle benennen kannst, dann machst Du Dich schuldig an diesen Brüdern. Wir dürfen laut 2.Mo.23 keinen faschen Gerüchten Glauben schenken. Und wenn Du Brüder verurteilst, weil sie lau sind, dann verurteilst Du Dich damit selbst, wenn Du das gleiche tust und gibst dem Verkläger der Brüder das Recht, Dich und Deine Familie zu schädigen.“

Als Ricardo gegangen war, ging auch Ruth zur Arbeit. Ich räumte indes den großen Hof leer, fegte ihn aus, kratzte Putzreste weg und saugte den Boden nochmal, bevor ich begann, ihn zu streichen. Die 2-komponentige-Epoxidharzfarbe musste man innerhalb von 40 Minuten verstreichen, sobald man den Härter hinzugegeben hatte, weshalb ich immer nur kleine Mengen anmischen konnte. Da es sehr heiß war, vielen ständig Schweißtropfen auf den zu streichenden Boden. Ich war in höchster Anspannung und befürchtete, der Lacktopf würde am Ende nicht reichen. Er reichte auch tatsächlich nicht ganz, weshalb ich am späten Nachmittag noch einmal mit Ruth zum Baumarkt fuhr und einen Liter nachbestellte. Leider ging es Ruth wieder sehr schlecht, so dass sie am Nachmittag sogar von Francisco ins Krankenhaus gebracht werden musste, weil sie ungewöhnlich starke Schmerzen in den Beinen hatte, so dass sie gar nicht mehr gehen konnte. Zudem hatte sie einen merkwürdigen Ausschlag im Gesicht bekommen mit Verdacht auf Herpes Zoster. Es war jedoch nur eine allergische Reaktion auf ein bestimmtes Steroid, weil sie am Nachmittag Codein gegen ihre Schmerzen genommen hatte. Ruth war auf jeden Fall völlig am Ende ihrer körperlichen und seelischen Kräfte und wollte nicht länger als Tierärztin arbeiten, weil sie den Eindruck hatte, dass Gott selbst sie durch diese Schmerzattacken daran hindere. Am Abend kam uns Walter besuchen und erzählte uns, dass sein Enkel Aldahir (24), der seit sechs Jahren wegen Mordes an einem Taxifahrer im Gefängnis ist, möglicherweise demnächst wegen guter Führung freigelassen wird. Zumindest habe dies sein Anwalt gesagt. Er sagte noch vieles Belangloses, aber Ruth ließ sich nicht anmerken, dass sie eigentlich wollte, dass er gehe, weil sie todtraurig war. Stattdessen machte sie lange Zeit eine gute Miene.

Lima, 04.01.2020 Mitten in der Nacht wachte ich auf und bemerkte, dass Ruth mal wieder nicht schlief, sondern vor Schmerzen aufrecht im Bett saß und weinte. Ich massierte sie wieder, aber sie war vor Schmerz sehr gereizt und schimpfte mit mir. Es kamen die üblichen Sätze, die sie mit bitteren Tränen hervorbrachte: „Der HErr hat mich verworfen“ oder „Ich möchte endlich sterben. Ich halte das nicht länger aus. Warum lässt Gott mich nicht einfach sterben„. Ich flehte innerlich zum HErrn, dass Er mir doch die rechten Worte des Trostes schenke und dachte an die Verheißung, dass der himmlische Vater uns doch nicht Steine geben wird, wenn wir Ihn um Brot bitten. Aber scheinbar geschah doch genau dieses, denn obwohl wir Gott immer wieder um Heilung bitten, wird Ruths Krankheit immer schlimmer. Warum erhört Gott unser Gebet nicht? Doch dann fiel mir etwas ein und ich sagte: „Vielleicht hast Du wie Mose mal vor langer Zeit eine schlimme Sünde begangen, weshalb der HErr Dir die Schmerzen als Strafe auferlegen musste; auch Mose flehte immer wieder zum HErrn, dass Er ihn doch das verheißene Land betreten lassen möge, aber Gott sagte: ‚Lass es genug sein; rede mir fortan nicht mehr von dieser Sache‘ (5.Mo.3:26). Vielleicht sollten auch wir aufhören, für Deine Heilung zu beten, da der HErr Dich ja ganz offensichtlich nicht mehr heilen will, sondern es einfach als Entscheidung Gottes akzeptieren.“ Ich erinnerte sie auch an die Leiden von Paulus und der übrigen Gläubigen, aber sie war völlig verzweifelt und tief in Depressionen gefallen, weshalb ich am Ende lieber schwieg.

Um 7:00 Uhr rief uns Eva an. Sie weinte an Telefon, weil sie wieder einen schlimmen Streit mit ihrem Mann hatte und fragte, ob sie gleich zu uns kommen dürfe zusammen mit ihrem Sohn Elias (21). Als sie kamen, lasen wir zusammen das 3. und 4. Kapitel vom 2. Timotheusbrief, wo es um den Abfall in der Endzeit geht und dass wir Christen uns davon nicht einschüchtern lassen sollten. Paulus Zeit auf Erden war abgelaufen, und nun übergab er den Stab des Staffellaufs an seinen Zögling Timotheus, damit er sein Werk fortsetze, nämlich durch unser Leben den Charakter Gottes und Christi darzustellen. Elias schaute mich die ganze Zeit nur völlig starr an. Schon beim letzten Mal vor einem Jahr fiel mir auf, dass er sehr introvertiert und gefühllos ist wie ein Roboter. Sein Händedruck glich dem eines 5-jährigen Mädchens, was nicht verwundert, denn er war ja ein typischer Computer-Nerd und studierte Informatik. Wir beteten zusammen und wollten dann frühstücken, aber Eva wollte lieber mit ihrem Sohn allein sein auf dem Zimmer. Wir hörten, wie sie vor ihm weinte und schluchzte. Kein Wunder, dass ihr Sohn ein Autist geworden ist, der sich in seine eigene Welt zurückgezogen hat, denn bei so vielen emotionalen Schwankungen der Mutter ist es ja eine Art Schutz, wenn man sich innerlich einschließt und blockiert, um all diese Einflüsse nicht an sich rankommen zu lassen. Im Grunde überforderte und missbrauchte Eva ihren Sohn als Seelsorger und Eheberater. Als angehende Psychologin sollte sie das eigentlich wissen, und als Christin ohnehin.

Zu meiner großen Freude ging es Ruth gegen 8:00 Uhr wieder einigermaßen besser, so dass sie sich aufmachte, denn sie hatte zwei OP-Termine bei Francisco. Eva und Elias blieben noch eine Weile und unterhielten sich, bis sie sich auf dem Weg in ihre Adventgemeinde machten, da ja heute Sabbat ist. Da ich wie die Kirchenväter den Sabbat immer jeden ersten Tag der Woche halte (was ja im Grunde auch dem 6 +1-Tage-Zyklus entspricht), machte ich mich daran, noch das andere kleine Hofstück leerzuräumen und mit der neuen Fußbodenfarbe zu streichen. Leider war es heute sehr heiß, so dass mir ständig der Schweiß aus dem Gesicht tropfte und ich mich zweimal zwischendurch duschen musste. Am Ende war ich aber sehr froh, dass endlich alles fertig geworden ist und ich das Vorhof-Projekt endlich abhaken konnte. Am Abend kam mich Julio besuchen. Wir aßen zusammen Chirimoya und sprachen darüber, wie man Menschen von dem HErrn Jesus überzeugen kann. Julio sagte, dass er zunächst gar nicht mit der Erwartung rangehe, dass sich jemand bekehren möge, sondern dass er einfach nur irgendeine der vielen Weisheiten aus der Bibel vermittle, um die Menschen zu belehren (vergl. Mt.28:19). Auch der HErr Jesus habe ja hauptsächlich gelehrt und nicht nur evangelisiert. Diesen Gedanken fand ich ganz gut und nahm ihn gerne an. Dann kam auch Ruth und erzählte, dass der HErr ihr heute viel Gelingen geschenkt habe bei den OPs und sie auch kaum Schmerzen mehr hatte. Sie freute sich, dass der Hof jetzt so pikobello aussah und machte sich am Abend daran, auch die Wohnung mal gründlichst aufzuräumen und durchzuwischen. Dem HErrn sei Dank, dass sie diesmal auch gut schlafen konnte!

Lima, 05.01.2020 Heute morgen nach dem Gebet erzählte Eva der Ruth, warum sie gestern so verbittert und niedergeschlagen war. Sie hatte mit der Geliebten ihres Mannes Efraín telefoniert. Diese Frau, die ebenso Adventistin ist, hatte Eva beschimpft, sie sei alt und hässlich und solle Efraín endlich freigeben, damit sie mit ihm ein neues Leben führen könne; Efraín liebe nur sie und würde sehr darunter leiden, dass er so lange schon ein Doppelleben führen müsse. Ich hörte das Gespräch vom Wohnzimmer aus mit und dachte: Wie kann man nur so gottlos reden und sich trotzdem für gläubig halten! Ruth hatte nun die Idee, dass wir uns mit Efraín anfreunden sollten, um ihn zu uns in die Wohnung einzuladen. Eva fand die Idee gut und rief ihren Mann an. Sie sprach kurz mit ihm und reichte das Handy dann weiter an Ruth: „Guten Morgen, Efraín, hier ist Ruth, die Cousine von Eva. Wir wollten Dich nur mal grüßen und Dir Gottes Segen wünschen.“ Ich dachte: Was soll bloß diese Heuchelei! Man muss ihm doch gleich sagen, dass er Buße tun müsse, sonst geht er verloren. Auf einmal sagte Ruth: „Ich gebe Dir hier auch noch mal meinen Mann Simon, um ihn zu grüßen. Einen Moment...“ Ruth ging zu mir und reichte mir das Smartphone. Efraín sagte: „Guten Morgen, Bruder Simon, ich grüße Dich herzlich und wünsche Dir Gottes Segen, Bruder!“ Ich sagte: „Lieber Efraín, ich weiß nicht, ob ich noch einmal eine Gelegenheit haben werde, es Dir zu sagen, deshalb sage ich es Dir lieber jetzt: Du wirst in die Verdammnis gehen, denn Du bist ein Hurer und Heuchler, und die Bibel sagt klar, dass kein Hurer und Ehebrecher ins Reich Gottes eingehen wird...“ Während ich redete, fuchtelten Ruth und Eva aufgeregt mit den Armen, aber ich schaute sie gar nicht an, sondern redete weiter: „All Deine Sünden gegen Deine Frau Eva und gegen das Volk Gottes werden ans Licht kommen, deshalb fordere ich Dich hiermit im Namen des HErrn Jesus auf, Buße zu tun und Deine Hurerei zu beenden, denn sonst wird Deine Strafe immer größer werden.“ Ich hielt kurz inne, um ihn zu Wort kommen zu lassen. Efraín sagte: „Nun, lieber Bruder, ich kann im Moment nicht gut sprechen, da ich hier mit einem anderen Bruder im Auto bin…“ Ich unterbrach ihn: „Ich bin nicht Dein Bruder, denn Du bist vom Glauben abgefallen und ein Gesetzloser geworden!“ Efraín sagte: „Lass uns das Gespräch lieber zu einem anderen Zeitpunkt weiterführen, und dann kann jede Seite in Ruhe ihre Vorwürfe äußern und alles kann nach und nach geklärt werden. Ich wünsche Dir noch einen schönen Sonntag.“ Ich entgegnete noch schnell: „Tu Buße!“ bevor er auflegte.

Eva fasste sich vor Scham an den Kopf aber lachte zugleich, weil sie im Grunde schon dankbar war, dass ich gleich mit der Tür ins Haus gefallen war. Das war zwar nicht gerade die feine peruanisch-diplomatische Art, aber ich war ja auch Deutscher, und wir sind nun einmal etwas direkter. Ich sagte zu den beiden: „Wir dürfen nicht heucheln, sondern müssen Efraín offen und ehrlich sagen, wie die biblische Sachlage aussieht, weil sonst sind wir genauso unehrlich wie Efraín.“ Ruth lächelte ebenso und stimmte mir still zu. Dann zogen sie sich zurück und unterhielten sich weiter. Ich ging auf die Knie, weil ich mit dem HErrn reden wollte, aber konnte mich kaum konzentrieren, weil ich noch selbst ganz aufgeregt war von dem Telefonat mit Efraín. Ich bat den HErrn um Gnade für ihn, und dass der HErr doch meine Botschaft gebrauchen möge, um ihm ins Gewissen zu reden (obwohl Eva ja mal sagte, dass Psychopathen wie Efraín überhaupt keinen Zugang mehr haben zu ihrem Gewissen). Wir beschlossen dann, dass wir heute nicht mehr zum Gottesdienst gehen wollten, sondern stattdessen lieber hier zusammen eine Andacht halten wollen. Doch kurz bevor wir anfingen, rief Efraín erneut auf dem Handy von Eva an. Ich hörte wie Eva sagte: „Nein, ich bin allein. Ich stehe hier außerhalb der Wohnung, Du kannst gerne mit mir reden...“ Dann redete er sehr viel, was ich nicht hören konnte. Eva antwortete: „Wie kannst Du behaupten, dass Simon mit mir ein Verhältnis in Deutschland hatte! Er ist ein Mann Gottes und nicht so ein Schmutzfink wie Du.“ Er redete weiter was ich nicht verstand. Eva sagte: „Nein, er ist ein Diener Gottes! Warum unterstellst Du ihm das? Bei all dem, was Du mir angetan hast, kannst Du doch nicht erwarten, dass ich ihnen das nicht erzählt habe… Simon hat auch mitbekommen, dass Du ihm unterstellt hattest, wir würden gemeinsame Orgien in Deutschland feiern. Warum behauptest Du auch so etwas! Er ist ein Mann Gottes. Du kannst gerne direkt mit ihm reden. Glaubst Du wirklich, dass ich sie wie meine Familie halten würde, wenn sie so pervers wären, wie Du denkst? Wir beten gemeinsam und Simon geht regelmäßig hinaus zum evangelisieren…“ Er sagte wieder viel und Eva antwortete: „Nein, er ist kein Pastor, aber er liebt die Seelen. Du kennst ihn doch gar nicht! Er hat seine Frau noch nie betrogen. Warum behauptest Du solche Sachen?

Das Gespräch ging noch eine ganze Weile weiter. Eva machte aber nicht auf laut, sondern sagte, er solle das doch mir selber sagen. Dann verabschiedet sie sich, lief zu mir und sagte: „Efraín wird Dich gleich anrufen! Er ist sehr wütend auf Dich. Bitte sage ihm nicht, dass ich Dir das gesagt habe, sondern dass Du das von Ruth weißt.“ In dem Moment rief Efraín an: „Hallo, Bruder Simon, ich wünsche Dir zunächst einmal Frohe Weihnacht und ein gutes neues Jahr..“ Ich unterbrach und sagte: „Efraín, lass bitte die Heuchelei, sondern lass uns gleich auf den Punkt kommen!“ – „Aber warum bist Du so unfreundlich, wenn ich Dir doch etwas Gutes wünsche?!“ – „Weil ich weiß, dass Du ein Heuchler bist, der mit den Zunge einer Taube reden kann, aber innerlich ein Wolf im Schafspelz ist. Wir wollen ja nicht über Weihnachten reden, sondern über Deine Sünden.“ – „Ja, aber Du kennst mich gar nicht und hast mir heute sehr viele Vorwürfe und Anschuldigungen gemacht. Hast Du für diese irgendeinen Beweis?“ – „Efraín, lass bitte Deine Spielerei! Du kannst Menschen täuschen, aber nicht Gott. Ich weiß, was Du Eva angetan hast und glaube ihr, weil sie keinen Grund hat, zu lügen. Statt Deine Sünden zu leugnen, solltest Du sie lieber bekennen, und nicht weiter in Heuchelei anderen etwas vormachen, was nicht der Realität entspricht!“ – „Bei allem Respekt, aber Du hast überhaupt nicht das Recht, mich anzuklagen, erst recht nicht, wenn Du überhaupt keinen Beweis hast für Deine Anschuldigungen.“ – „Hör doch auf, Deine Sünden an Deiner Frau einfach abzustreiten, Efraín! Gott sieht doch alles und Du darfst den Heiligen Geist in mir nicht belügen! Deshalb frage ich Dich jetzt in Anwesenheit des HErrn Jesus Christus und aller heiligen Engel als Zeugen: Hast Du Deine Frau Eva in all den Jahren Deiner Ehe immer wieder mit anderen Frauen betrogen? Sag einfach Ja oder Nein!“ – Efraín kam ins Schwitzen: „Ich finde das nicht in Ordnung, dass Du mich hier bloßstellen willst. Denn wir haben alle unsere Fehler und Schwächen, und ich habe nie behauptet, dass ich vollkommen sei.“ – „Darum geht es doch gar nicht. Wir reden hier nicht von ‚Fehlern und Schwächen‘, sondern von einer sehr schweren Sünde, ja sogar eine Todsünde, die Du offensichtlich gar nicht wirklich bereust, sondern versuchst, sie kleinzureden. Das ist aber keine Bagatelle, sondern Du bist ein Schwerverbrecher, Efraín, deshalb frage ich Dich nochmal: Hast Du die Ehe gebrochen? – Ja oder Nein?“ – „Ich muss Dir die Frage nicht beantworten.“ – „Mir nicht, aber vor dem HErrn wirst Du Dich einmal verantworten müssen, und dann wirst Du Dich nicht mehr herausreden können. Seit drei Jahren erzählt Eva uns regelmäßig und in allen Details von Deiner Hurerei. Sie hat Deine Telefonate heimlich mitgehört und auch Deine SMSs gelesen, wo Du mit anderen Frauen geflirtet hast. Du hast es ihr gegenüber ja auch längst bekannt und wolltest mit ihr schlussmachen. Du hast gesagt, dass sie hässlich sei und Du sie nie geliebt hättest, nach all dem was sie für Dich getan hat! Sie hat Dein Theologiestudium bezahlt, und anstatt ihr dankbar zu sein, verkehrst Du mit anderen Frauen! Du hast Schande auf den heiligen Namen unseres HErrn Jesus gebracht, denn Du bist ein Adventistenpastor und verspottest den HErrn durch Deine Hurerei vor der unsichtbaren Welt. DU SOLLTEST DICH SCHÄMEN!

Ruth gab mir ein Zeichen, dass ich nicht so wütend reden sollte, sondern ruhig bleiben solle. Efraín antwortete: „Es trifft zu, dass wir in unserer Ehe seit langem Probleme haben, aber ich finde es nicht gut, dass Du Dich hier einmischt und nur immer die eine Seite gehört hast. Ich weiß ja nicht, was sie Dir alles erzählt hat. Außerdem sprichst Du von Fehlern, die ich in der Vergangenheit getan habe und für die ich längst Buße getan habe.“ Eva winkte mit dem Finger und flüsterte mir ins Ohr, dass er sich nach wie vor mit seiner Geliebten schreibt. Deshalb fragte ich ihn: „Wann hast Du Dich denn das letzte Mal mit Deiner Geliebten geschrieben?“ – „Das weiß ich nicht mehr, aber ist schon eine Weile her.“ – „Und hast Du mit Ihr schlussgemacht und Ihr gesagt, dass Du den Kontakt zu Ihr abbrechen willst.“ – „Ja.“ Eva sagte: „Mentira!“ („Lüge“) – „Hast Du auch ihre Nummer gelöscht und sie blockiert?“ – „Das kann ich noch machen. Aber wir haben als Christen alle unsere Anfechtungen und dürfen uns nicht gegenseitig verurteilen oder uns in fremde Sachen einmischen.“ – „Solange man bei Dir keine Früchte der Buße sehen kann, bist Du für mich kein Christ, sondern ein falscher Pastor, der seit 20 Jahren ein Doppelleben führt. Wie ein Schauspieler versuchst Du, Dich vor der Außenwelt von der besten Seite zu zeigen. Aber ich sorge mich um Dein Seelenheil, denn Du wirst definitiv in die Hölle gehen, wenn Du den Anstoß zu Deiner Sünde nicht restlos aus Deinem Leben entfernst. Gott kannst Du nichts vorheucheln, denn Er kennt Dich besser als Du!“ Im Nebenzimmer sah ich, wie Ruth und Eva auf den Knien beteten, dass der HErr mir die richtigen Worte gebe. Efraín sagte: „Was weißt Du über meine Beziehung zum HErrn?! Du hältst mich für einen Perversen, ein Psychopath und ein Heuchler. Aber Du hast nie gesehen, wie ich im Gebet vor Gott gerungen habe. Ich habe längst Buße getan und habe den HErrn um Vergebung gebeten für meine Seitensprünge. ER kennt meine Schwachheit im Fleisch. Du hast keine Ahnung, wie sehr ich gelitten habe...“ Er fing an zu weinen und zu schluchzen.

Du hast erst vor 15 Minuten der Eva gegenüber Deine Behauptung wiederholt, dass wir in Deutschland mit ihr zu Dritt Sex gehabt hätten. Wie verfinstert musst Du in Deiner Phantasie sein, dass Du überhaupt erst auf solch eine perverse Unterstellung kommen kannst! Durch diese bösartige Verleumdung hast Du Dich aber auch an mir und Ruth versündigt! Tu Buße!“ „So habe ich das nicht gemeint; da hat mich Eva vielleicht falsch verstanden. Sondern ich wollte nur sagen, dass die Menschen in Deutschland allgemein viel perverser sind als in Peru und sogar Gruppensex miteinander treiben. Das hatte ich nur als allgemeine Warnung gesagt.“ – „Du hast auch immer wieder zu Eva gesagt, dass Du Dich von ihr scheiden lassen willst, weil Du lieber mit der anderen zusammenleben möchtest“ – „So was sagt man manchmal, wenn man sich streitet, aber das habe ich nicht so gemeint.“ – „Du hast auch mindestens zwei Deiner Geliebten regelmäßig jeden Monat heimlich Geld überwiesen und erst in dem Moment damit aufgehört, als Eva es herausfand und Dir gedroht hat, Dich mit den Kontoauszügen als Beweis vor der Ältestenschaft anzuklagen. Wenn Du wirklich bereust, was Du Eva angetan hast, dann bekenne es jetzt vor Gott, dass Du Dich nicht mehr von ihr scheiden lassen willst und sie noch immer liebst!“ Jetzt weinte er wieder voller Selbstmitleid und sagte schluchzend: „Ich liebe Eva noch immer, trotz all dem was war, und ich würde auch mit ihr zusammen bleiben, wenn sie mich überhaupt noch will…“ – „Dessen kannst Du gewiss sein. Es hängt allein von Dir ab, Efraín, ob Du wirklich glaubwürdig Werke der Reue zeigst. Rufe Deine Geliebte an und sage ihr, dass Du mit ihr endgültig jeden Kontakt abbrechen wirst und fordere auch sie auf, dass sie Buße tun soll, da sie sonst verloren gehen wird. Gerade wenn jemand bekennt, gläubig zu sein, wird die Strafe für solche Sünden um ein Vielfaches größer sein, als wenn man nie gläubig war.

Eigentlich hätte ich mich wundern müssen, dass Efraín die ganze Zeit geduldig meine Vorwürfe anhörte, denn er hätte ja auch einfach das Gespräch mit mir beenden können. Erst später wurde mir klar, dass auch er die ganze Zeit etwas von mir wollte und nun die Gelegenheit dafür nutzte: „Bruder Simon, es gibt da etwas, was ich Dich schon immer mal fragen wollte…“ Plötzlich lief Eva wie aufgeschreckt auf mich zu und gestikulierte, dass ich nicht antworten solle. Sie schrieb schnell auf einen Zettel, dass jener „Brief nicht den Tatsachen entspräche“ („No es cierto„). Was sie damit meinte, erfuhr ich dann von Efraín selbst: „Es geht nämlich um einen Brief, den Du mal vor 3 oder 4 Jahren geschrieben hattest über die Vergangenheit von Eva, dass sie als Mädchen angeblich zwei Jahre lang täglich von ihrem Schwager vergewaltigt wurde…“ Eva fuchtelte wild mit den Armen und schaute mich mit Panik in den Augen an, dass ich nichts sagen möge. „…und ich wollte Dich einfach mal fragen, ob das alles wirklich stimmt, denn Eva hat mir gegenüber behauptet, dass dies alles frei erfunden sei„. Ich sagte: „Dann habe ich mal eine Gegenfrage an Dich...“- „Gerne„, sagte er. „Wenn ein Mädchen zwei Jahre lang von einem 20 Jahre älteren Mann regelmäßig täglich vergewaltigt wurde und von den Tätern als ‚Hure‘ und ‚Schlampe‘ beschimpft wurde, hat sie dann das Recht, über ihre Vergangenheit zu schweigen, um sich nicht weiteren Demütigungen aussetzen zu müssen?“ – „Selbstverständlich“ sagte er. „Dann habe ich noch mal eine Frage: Nachdem ein Mädchen so vieles gelitten hat, wie würdest Du das dann nennen, wenn ihr eigener Ehemann sie dann auch noch jahrelang mit anderen Frauen betrügt und ihr dadurch das Gefühl vermittelt, dass sie wirklich nur eine billige Schlampe sei, die keine Würde und keinen Respekt verdient habe?“ Eva war aufgebracht und gestikulierte wie wild umher. Efraín sagte: „Ja, das wäre wirklich nicht in Ordnung.“ – „Nicht in Ordnung? ich würde eher sagen, das wäre SATANISCH, nicht wahr! Nun, ich werde Dir nicht sagen, ob der Bericht den Tatsachen entspricht oder nicht, denn ich habe Eva versprochen, dass ich Dir nichts sagen soll.“ Nun war Eva nicht mehr nur aufgebracht, sondern schaute mich mit wütendem Blick an. Ich schrieb ihr auf einen Zettel: „Ich werde nicht lügen.

Efraín hatte meine Botschaft aber verstanden und hatte nun Gewissheit, dass der Bericht den Tatsachen entsprach und dass Eva ihn aus Scham angelogen hatte. „Wir wollen jetzt nicht mehr über Eva sprechen, sondern über Deinen Ehebruch in der Vergangenheit. Wärest Du bereit, Deine Schuld vor Gott zusammen mit mir im Gebet zu bekennen und Gott um Vergebung zu bitten als Zeugnis vor der sichtbaren und unsichtbaren Welt?“ – „Ja, das würde ich machen.“ sagte er. Ich legte mir ein Kissen auf den Boden, gab Eva ein Zeichen, dass ich alleine sein wollte und sagte: „Ok, Efraín, dann lass uns jetzt zusammen beten.“ Ich kniete mich nieder und begann, dem HErrn dafür zu danken, dass Er dem Efraín noch einmal die Gelegenheit zur Buße gegeben habe und Er ihm doch jetzt auch helfen möge, dass er alles bereinigen und alles bekennen möge, was er Eva angetan habe. Dann betete Efraín und bat Gott unter Tränen um Vergebung für all seine Sünden und bat sogar darum, dass Gott ihn noch einmal „bekehren“ möge, um noch einmal ganz neu mit Gott anfangen zu können. Ich freute mich über dieses Bekenntnis und versicherte ihm, dass ich sein Gebet für glaubhaft halte, zumal „die Liebe alles glaubt und auch alles hofft. Dann gab ich ihm noch ein paar allgemeine Ratschläge, mit welchen Tricks er seine Sexsucht überwinden könne: „Gott kommt dem entgegen, der den ersten Schritt im Glauben macht und sich bildlich gesprochen das Auge ausreißt, um nicht mehr zu sündigen (Jes.64:5). Aber Du solltest jetzt sofort den Zugang zu Deinen Sexkontakten verunmöglichen, indem Du die Nummern löscht. Und Du musst Eva um Vergebung bitten und sie über alles aufklären, was sie als Deine Frau wissen sollte.“ Efraín stimmte zu, versprach mir aber nichts, sondern wir verabschiedeten uns.

Eva freute sich jedoch ganz und gar nicht über die Buße von Efraín, denn er habe schon öfter Buße getan unter Tränen, aber danach genauso weiter gemacht wie bisher. Mit tränenerstickter Stimme sagte sie: „Er hat behauptet, ich sei schon von Kind auf pervers gewesen, weil ich mich mit diesem Mann eingelassen hatte! Aber er hat mich doch gegen meinen Willen vergewaltigt und ich war noch ein Kind von 11 Jahren! Wie hätte ich mich denn wehren können?!“ – „Du konntest nichts dafür, das ist doch völlig klar!“ – „Aber warum nennt er mich dann PERVERS?! Und warum erzählt er der ganzen Verwandtschaft, was er in dem Bericht gelesen hat, so dass alle mich jetzt verachten? Deshalb habe ich alles abgestritten, damit sie mich nicht mehr demütigen! Und tatsächlich hatte er mir geglaubt und mir keine Vorwürfe mehr gemacht. Aber jetzt hast Du ihm indirekt gesagt, dass ich ihn angelogen habe, so dass er mich wieder verachten wird! Ich würde mich am liebsten lieber heute als morgen von diesem Psychopathen scheiden lassen.“ – „Weißt Du, Eva, menschlich kann ich das nachvollziehen, aber durch Deine Lüge hast Du alles nur noch viel schlimmer gemacht. Die Wahrheit macht frei. Aber durch Deine Lüge hast Du Dich nun völlig unglaubwürdig gemacht.“ – „Aber David hat auch gelogen, um sich vor den bösen Attacken zu schützen.“ – „Deswegen war es vielleicht auch keine Sünde, was Du getan hast, aber Du hast auch keine Freiheit geschenkt bekommen, denn nur die Wahrheit macht frei. Du musst Dir mal vorstellen, wie verdorben dieser Efraín ist, dass er – anstatt Dich zu trösten für das erlittene Leid – Dich auch noch anspuckt! Und solch einem Menschen willst Du gefallen und vor ihm etwas gelten? Auch der HErr wurde von seinen Feinden zu Unrecht verleumdet, dass Er z.B. durch den Beelzebub die Dämonen austreiben würde; aber Er hat sich deshalb nicht verletzt gefühlt, weil Er wusste, dass das dummes Zeug ist. Warum aber ist Dir das Urteil eines Mannes so wichtig, der Dich so gering schätzt?“ Während ich redete, hörte mir Eva überhaupt nicht mehr zu, sondern weinte die ganze Zeit. Dann stand sie auf, nahm ihren kleinen Rucksack und sagte: „Ich muss jetzt allein sein mit Gott im Gebet. Ich fahre jetzt zu meinem Sohn und komme erst mal nicht hier her.“ Und dann ging sie weg.

Unterdessen kam Ruth zurück, die in der letzten halben Stunde den alten Eulogio besucht hatte, um sich nach ihm zu erkundigen. Sie sagte, dass er vorgestern fast gestorben sei, weil seine Prostata inzwischen völlig angeschwollen und er seine Blase nicht mehr entleeren konnte. Er war alleine in die Klinik gefahren und man habe ihm einen Katheder gelegt. Jetzt würde sich entscheiden, ob man ihn operieren müsse oder nicht. Ruth hatte ihn eingeladen, heute Abend zur Bibelstunde zu kommen. Ich erzählte Ruth, dass Eva wütend und verbittert abgehauen sei. Ruth warf mir vor, dass ich dem Efraín überhaupt keine Auskunft hätte geben dürfen. Doch ich erklärte ihr, dass mich Eva ihm gegenüber zum Lügner gemacht habe, als habe ich mir die Geschichte von ihrem Kindesmissbrauch einfach nur ausgedacht. Nun aber solle er sich um so mehr schämen, dass er dem Leid seiner Frau noch viel mehr weiteres Leid hinzugefügt habe. Ruth gab mir recht, befürchtete jedoch, dass Eva nun vor lauter Gram gar nicht mehr kommen würde. „Dann schreib ihr doch liebevoll, dass sie zurückkommen möge. Lade sie zum Mittagessen ein.“ Ruth tat es, und prompt kam die Antwort per SMS: „Simon hat mich diesem Psychopathen nun ans Messer geliefert. Am liebsten würde ich jetzt gar nicht mehr leben. Ich kann ihm jetzt unmöglich mehr unter die Augen treten.“ ich sagte zu Ruth: „Eva ist im Moment total fleischlich. Sie muss jetzt genauso Buße tun, weil sie dem HErrn nicht vertraut hat, sondern sich selbst durch ihre Leugnung zum Gespött gemacht hat.“

Am Abend kamen ungewöhnlich viele zur Bibelstunde, d.h. neben mir, Ruth und Ricardo kamen auch noch Eulogio (84), Julio (55), Walter (70), Edilberto (74) und Tomás (75). Ich sprach über das Thema: „Wozu will Gott uns erretten?“ und gab nach einer Auswahl von möglichen Antworten meine Antwort aus 1.Mose1:26, dass Gott jeden Menschen in Sein und der Engel Ebenbild verwandeln möchte und dass dies nicht einfach durch die Schöpfung möglich war, sondern sich bis heute fortsetzt in Jesus Christus durch die Wiedergeburt und Erneuerung des Heiligen Geistes. Alle beteiligten sich sehr rege und es war wirklich eine Freude zu sehen, wie der HErr unser Gebet erhört hatte und allmählich eine kleine Hausgemeinde entstehen ließ. Ricardo gab dem Eulogio zum Schluss auch noch mal eine evangelistische Botschaft mit auf den Weg, da er sich ja noch nicht bekehrt hatte, sondern noch Katholik war. Dann aßen wir den Kuchen, den Ruth bei Chio zuvor in Auftrag gegeben hatte und verabschiedeten uns alle von einander.

Lima, 06.01.2020 Ruth hat in dieser Nacht wieder kaum geschlafen und fühlte sich am Morgen entsprechend verspannt und gereizt. Selbst beim Lesen des Bibeltextes konnte sie vor Schmerzen kaum zuhören. Wir haben heute das Buch der Sprüche angefangen von Kap.1:1-19. Hierbei handelt es sich um eine Sammlung von Alltagserfahrungen, die nicht nur Salomo aufschrieb, sondern auch einige andere kluge Männer herausfanden (Vers 6). Einige von diesen Mitautoren werden ja später auch namentlich genannt, nämlich Agur (Kap.30) und Lemuel (Kap.31). Manche Sprüche sind so schlicht und simpel, dass sie wirklich jeder verstehen kann, und dennoch können sie sogar auch einem bereits Weisen an eine konkrete Alltagssituation erinnern, wo er diese Wahrheit bestätigt fand. Worin sich alle Weisen einig sind, ist, dass alle Weisheit mit der Furcht Gottes beginnt (Vers 7). Sie ist zugleich aber auch die höchste aller Weisheiten. Das spanische Wort „principio“ bedeutet nämlich sowohl „Beginn“ als auch „Vorrangiges„, d.h. an erster Stelle Stehendes; das englische Wort „first“ (erst, -er) ist ja auch abgeleitet vom Wort „Fürst“ (span. „principe„) und bedeutet zugleich der oberste Balken eines Hauses, von wo aus die beiden Dachschenkel hinabverlaufen (Dachfirst). Man kann also auch sagen, dass sich aus der Gottesfurcht jede Weisheit entwickelt und ableiten lässt. Wer Gott fürchtet, wird auf Dauer automatisch weise.

Nachdem Ruth nochmal bei unserem krankem Nachbarn Eulogio vorbeigeschaut hatte, ging sie wieder zur Arbeit. Ich wollte am Morgen mit Ricardo ins Schwimmbad, aber das war leider vormittags nur für Schulklassen geöffnet. Da ich erst am Nachmittag evangelisieren konnte, nutzte ich die Zeit bis dahin und lackierte noch das Gestänge der Eingangsüberdachung mit weißer Farbe. Oben zwischen dem Dach und dem Eingangstor brütete gerade eine Taube über zwei Taubenbabys, die bereits geschlüpft waren. In regelmäßigen Abständen wechselte sich die Mutter mit dem Vater ab, damit immer einer von beiden Nahrung besorge. Leider machten die Tauben auch ständig ihr Geschäft auf meinem frisch lackierten Fußboden, sodass ich schließlich eine Plexiglasplatte hinlegte, von der man den Taubenkot besser abbekam. Wegen des Kakerlakengifts, das Ruth an die Türschwelle unserer Wohnung ausgestreut hatte, ist der ganze Fußboden jeden Morgen übersät mit toten Kakerlaken (span. Cucaracha). Mir tun sie wirklich leid, aber Ruth hat nun mal eine totale Panik vor diesen etwa 6 cm langen Viechern, seit sie vor Jahren einmal mitten in der Nacht aufwachte und eine Kakerlake auf ihrem Mund stand und mit ihren langen Fühlern ihre Nase kitzelte (da sie sich von Müll und Kot aus der Kanalisation ernähren, war diese Vorstellung der reinste Horror). Für die Peruaner ist es zu einer natürlichen Reaktion geworden, dass sie eine Cucaracha sofort zertreten müssen, sobald sie eine sehen. Ich hingegen lasse sie meist am Leben, weil ich sie als Geschöpfe Gottes respektieren möchte. Wer den Schöpfer liebt, sollte auch Seine Geschöpfe lieben.

Als ich vor rund einer Woche die Holzplatten vom Eingangsdach gegen neue austauschte, sägte ich mir auch eine Platte von 2,35 m x 0,60 m zurecht, lackierte sie in Weiß und wollte darauf einen Bibelvers malen. Doch dann entschied ich mich, die Buchstaben lieber am Computer zu entwerfen und dann zu plottern, d.h. digital schneiden zu lassen, um dann die selbstklebenden Buchstaben mit Hilfe einer Trägerfolie zu übertragen. Heute Mittag wollte ich mir diesen Vers besorgen, aber ich musste mir erst mal überlegen, welchen Vers ich nehme. Ich betete und dachte, dass der überwiegend katholischen Nachbarschaft nicht bloß mit der schlichten Evangeliumsbotschaft kommen dürfe, denn diese glauben sie ja auch. Was aber unterschied sie von uns? Möglicherweise die Wiedergeburt. Und da kam mir auch schon der richtige Bibelvers: „Jesus antwortete ihm: ‚Wenn jemand nicht geboren wurde aus Wasser und Geist, kann er nicht in das Reich Gottes eingehen‘ (Joh.3:5).“ Und dann kam mir die Idee, dass ich die Gelegenheit nutzen sollte um auch noch ein neues Traktat zu entwerfen, da mir von dem anderen nicht mehr so viele blieben. Ich überlegte, dass es diesmal eines sein sollte, das die Unzufriedenheit der Menschen über die peruanischen Politiker und dem Wunsch nach einem gesellschaftlichen Umbruch thematisiert. Da fiel mir ein, dass in drei Wochen Wahlen sind in Peru und ich daran anknüpfen sollte. Hier die wörtliche Übersetzung aus dem Spanischen:

„Weißt Du schon, für wen Du Dich entscheiden willst bei den anstehenden Wahlen?
Wenn Du Dich für Jesus Christus entscheidest, dann wirst Du ein Bürger Seines Reiches werden,
und Sein Reich wird schon bald anbrechen! JESUS KOMMT SCHON SEHR BALD !!!
‚Glücklich dürfen sich die Armen im Geiste schätzen, denn ihnen gehört das Reich der Himmel.
Glücklich dürfen sich die Weinenden schätzen, denn sie werden getröstet werden.
Glücklich dürfen sich die Demütigen schätzen, denn sie bekommen das Land als Erbe.
Glücklich dürfen sich diejenigen schätzen, die Hunger und Durst nach Gerechtigkeit haben,
denn sie werden gesättigt werden.
Glücklich dürfen sich die Erbarmenden schätzen, denn man wird Erbarmen mit ihnen haben.
Glücklich dürfen sich die reinen Herzens sind schätzen, denn sie werden Gott sehen.
Glücklich sind, die für den Frieden arbeiten, denn sie werden Söhne Gottes genannt werden.
Glücklich die Verfolgten wegen der Gerechtigkeit, denn ihnen gehört das Reich der Himmel.‘
(Mat.5:3-10)
Simon & Ruth Poppe, Unidad Vecinal de Matute Block 59 A-3, La Victoria, Lima, Tel.:959813220
Versammlungen: Sonntags 18:00 Uhr, Dienstags 20:00 Uhr, Donnerstags 20:00 Uhr.“

Ruth und ich fuhren dann in die Innenstadt zu einem Laden, der mir den Schriftzug plottern konnte. Dort ließ ich dann auch 1000 Traktate drucken in DIN A5-Format für 40 Soles (12,-€). Dann fuhren wir in eine Straße, wo man medizinischen Bedarf kaufen kann, weil Ruth diese für ihre OPs brauchte (sterile Mullbinden, Jod, Desinfektionsmittel etc.). In den Städten Perus kann man die jeweiligen Produkte ja immer in bestimmten Straßen finden, wo es dann ausschließlich nur von dieser Kategorie gibt. Während ich auf sie wartete, sprach ich eine Ceviche-Verkäuferin an: „Entschuldigen Sie, ich habe eine gute Nachricht für Sie!“ Dann gab ich Ihr eines meiner Traktate. Sie schaute drauf und sagte, dass sie auch gläubig sei. Ich setzte mich und sie erzählte mir von sich: Aidita (32) kommt aus Ancash im Gebirge und hat schon mit 13 Jahren angefangen, in die Jugendstunden einer Pfingstgemeinde zu gehen. Doch dann verliebte sie sich in einen Jungen und wurde mit 16 Jahren schwanger. Die Verwandten legten ihr eine Abtreibung nahe, aber sie wollte nicht, weil dies Mord sei. Der Junge verließ sie, und sie musste nun mit ihrem Sohn Essen verkaufen, um über die Runden zu kommen. Dann lernte sie wieder einen jungen Mann kennen, der sie heiraten wollte, sie jedoch erst mal erneut schwängerte. Ihr neuer Geliebter knüpfte sein Eheversprechen jedoch dann an die Bedingung, dass sie ihren ersten Sohn Jeremia zur Adoption geben solle. Dazu war sie jedoch nicht bereit, so dass auch dieser sie verließ. Mit Unterstützung ihrer Eltern verdient sie sich ihren Lebensunterhalt nun als Essenverkäuferin und kann davon ganz gut leben. Am Ende sagte ich: „Ich hoffe, dass Du inzwischen aus Deinem Fehler gelernt hast und erst einmal heiratest, bevor Du wieder mit einem Mann ins Bett steigst. Wie viel Leid und Elend kann in der Welt dadurch vermieden werden, wenn die Menschen einfach nur die Gebote Gottes beachten, insbesondere die Gläubigen.“ Ich empfahl ihr, sich eine verantwortungsvolle Gemeinde zu suchen, wo die Geschwister auf einander Acht hätten und sie ausreichend geistliche Belehrung aus der Schrift bekäme. Wenn sie wolle, könne sie natürlich auch gerne zu uns kommen. Sie lächelte freundlich, wollte mir aber nichts versprechen, und dann verabschiedeten wir uns.

Ich verteilte dann noch weiter Traktate und fuhr dann mit Ruth nach Hause. Sie hatte wieder mal sehr starke Schmerzen und war todmüde, weil der Tag lang war. Doch als ich später auf dem Sofa lag und mich mit Ruth unterhielt, sah ich auf einmal in 30 cm Entfernung eine große Cucaracha auf dem Kopfende des Sofas, die nur ihre langen Fühler rauf und runter bewegte. Sofort begann eine Jagd nach ihr, aber sie entkam mir immer wieder, bis ich sie endlich mit einem Lappen zu fassen bekam und sie nach draußen brachte. Draußen aber lagen auch schon wieder so viele Cucarachas auf dem Rücken, einige lebten sogar noch, waren aber durch das Gift wie gelähmt. Woher kommen die nur alle her. Ruth meinte, dass sie durch den Geruch der Mangokiste angelockt werden, ins Haus zu kommen. Aber ich hatte doch alle Fenster mit Fliegengitter versehen… Der eigentliche Horror begann allerdings erst spät um 23:00 Uhr, als ich schon eingeschlafen war, denn Ruth hatte den Küchenschrank aufgemacht und sah schon wieder eine Cucaracha an der Innenseite der Tür; als Ruth sie töten wollte, verschwand sie blitzschnell hinter die Töpfe und Behälter. Diese aber waren alle verunreinigt mit dem Kot der Cucarachas, so dass Ruth bis um 1:00 Uhr nachts damit beschäftigt war, alle Töpfe zu waschen und zu desinfizieren mit Alkohol. Erst als alles sauber war, konnte sie beruhigt einschlafen.

Lima, 07.01.2020 Am Morgen ging der Cucaracha-Terror weiter. Aber diesmal beobachtete ich, wie eine von draußen über das Wohnzimmerfenster hineinkroch; und zwar war das Netz im unteren Bereich überhaupt nicht richtig verklebt, so dass die Cucarachas ungehindert hindurch krabbeln konnten. Ruth forderte von mir, dass ich vor der Morgenandacht erst alle Schlupflöcher mit Acryl abdichten solle, weil sie sonst keine Ruhe mehr hätten – was ich dann auch tat. Dann beteten wir und lasen gemeinsam den Text in Spr.1:20-33, wo von dem HErrn die Rede ist, der personifizierten „Weisheit von Gott“ (1.Kor.1:30), der die Menschen auf den Gassen und Plätzen der Stadt zuruft, sich bereitwillig Seiner Zucht zu unterstellen. Ja, darum geht’s: Gläubig werden bedeutet, sich von Gott bereitwillig erziehen zu lassen. Dazu sind die meisten Menschen aber nicht bereit, obwohl Sein Joch doch sanft ist, denn sie empfinden Seine wenigen Verbote als lust- und lebensfeindich, als ob Gott uns alle Früchte Seines Gartens verboten hätte. Und dann lasen wir von dem „Schrecken„, der plötzlich über die Lauen und Oberflächlichen kommt. Dann erst beten sie, aber werden vom HErrn nicht erhört. Sie hätten Ihn suchen sollen, solange Er zu finden war. Weil sie Gott nicht fürchten wollten, um weise zu werden, wird Gott sie zur Strafe mit anderen Dingen schrecken. Sie sollen „die Frucht ihres Weges essen“ (Vers 31), damit sie ihren Fehler einsehen und bereuen. Das gilt auch für Gläubige: Wir sollen nicht die Furcht der Untreuen haben und uns an dem erschrecken, was sie erschrickt (Jes.8:12-13), ob nun die Kriminalität auf der Straße oder auch nur die Überfälle von Kakerlaken! Ich sagte zu Ruth: „Dass wir uns nicht fürchten sollen, ist nicht nur ein Trost, sondern auch ein Befehl Gottes! Jedes Mal, wenn wir uns vor irgendetwas fürchten oder sorgen, dann verunehren wir den HErrn, weil wir Ihm in diesem Moment nicht vertrauen, sondern Seinen Beistand einfach ignorieren. Deshalb schrieb Petrus, dass wir erst dadurch Abrahams Kinder geworden sind, ‚wenn ihr Gutes tut und KEINERLEI SCHRECKEN FÜRCHTET.‘ (1.Petr.3:6) und weiter sagt er: ‚Fürchtet aber nicht ihre Furcht, noch seid bestürzt…‚ (1.Petr.3:14), d.h. wir ehren Gott dadurch, dass wir all unsere Furcht nur noch Ihm opfern und keiner anderen Person oder Sache, also auch nicht dem Teufel.“

Ruth sagte: „Ja, das stimmt. Aber dann solltest Du auch mal den ersten Teil des Satzes beherzigen, wo es heißt: ‚…wenn ihr Gutes tut…‘. Du hast ja mitbekommen, dass ich mich in den letzten Tagen um den kranken Don Eulogio gekümmert habe. Er ist schon 84, schwerkrank und muss zusätzlich noch seinen Schwager pflegen, der bei ihm wohnt und im Rollstuhl ist. Eulogio bekommt kaum Unterstützung, außer einem Pfleger, der Morgens kommt und seinen Schwager wäscht und anzieht. Nachmittags muss aber Eulogio sich um seinen Schwager kümmern, obwohl er selber alt ist und durch seine Prostata geschwächt ist. Ihm wird am Freitag der Katheder entfernt. Was hältst Du davon, wenn Du gleich mal zu ihm hochgehst und ihm anbietest, dass Du ihn am Freitag ins Krankenhaus begleitest? Dann tust Du ein gutes Werk, das viel mehr überzeugt als Deine ganzen Traktate.“ – Ja, Du hast recht,“ sagte ich. „Ich werde das gleich mal machen.“ – „Und bitte verputze doch auch mal die linke Seite vom Treppensockel draußen, denn dort sind noch überall Löcher, wo die Cucarachas aus der Kanalisation nach oben kommen!“ – „Ja, mach ich auch, versprech ich Dir!“ Dann machte Ruth sich fertig und ging mit ihrem Material wieder zu Francisco zum ehrenamtlichen Katzenkastrieren.

Als erstes ging ich wie versprochen nach Eulogio Jauregui, aber da machte keiner auf. Dann nahm ich den geplotterten Schriftzug und die weiße Platte, fixierte ihr mittig und zog vorsichtig die hintere Folie ab, so dass die Buchstaben an der Trägerfolie und auf der Platte blieben. Da ich das Gleiche erst kürzlich in der Martinigemeinde gemacht hatte mit Hebr.13:8 in unserem Gemeinderaum, fühlte ich mich einigermaßen sicher, war aber am Ende auch sehr froh, dass der HErr mir wieder Gelingen geschenkt hatte (denn allzu oft hatte ich das auch noch nicht gemacht). Dann ging ich zum Farbenladen, um mir eine kleine Dose silbergrauen Lack zu besorgen, denn der Fußboden vom Eingangsbereich hatte zu viele Macken, die ich nicht mehr ausbessern konnte, da ich von dem 2-K-Lack keinen Rest mehr hatte. Während ich wartete, dass der Lack angemischt wurde, betrat ein junger Mann den Laden und sagte mit venezolanischem Akzent: „Entschuldigen Sie, haben Sie vielleicht Arbeit für mich, denn ich bin gerade aus Tumbes gekommen und suche dringend Arbeit„. Der Chef winkte ab. „Haben Sie denn vielleicht etwas zu Essen für mich?“ fragte er weiter. „Auch nicht“ sagte der Besitzer. Auf einmal merkte ich, dass ich am Zuge war. „Wenn Du noch einen kleinen Moment wartest, dann kann ich Dir gleich helfen. Du bist Venezolaner, nicht wahr?“ – „Nein, ich bin Peruaner, aber ich komme aus dem äußersten Norden von Peru, deshalb spreche ich etwas mit Akzent.“ – Ich bezahlte meinen Lack und ging dann mit ihm raus. „Wie heißt Du?“ fragte ich. „David“. „Und wie alt bist Du?“ – „23“. „Und bist Du mit Deinen Eltern hier nach Lima gekommen?“ – „Nein, ich bin alleine und übernachte im Moment auf der Straße.“ – „Hast Du Hunger?“ – „Ja, ich habe heute noch nichts gegessen.“ – „Dann komm mit zu mir, ich gebe Dir was.“ Wir überquerten die Hauptstraße. Ich erklärte ihm, dass ich Christ sei, und dass ich ihm vielleicht auch mit Arbeit helfen könnte. „Ich bin auch Christ!“ sagte er, „aber ich habe mich sehr von Gott entfernt.“ – „Und warum kehrst Du nicht einfach zu Gott zurück?“ – „Weil das sehr schwierig ist…“ – „Warum schwierig? Gott ist nur ein Gebet von Dir entfernt. Du brauchst Ihm nur aufrichtig um Vergebung beten.“ – „So einfach ist das nicht„, sagte er, „denn wenn man Jesus folgen will, dann muss man auch das tun, was Er sagt. Aber das fällt mir sehr schwer, denn ich habe es schon oft versucht, aber die Versuchungen sind einfach zu groß und ich bin zu schwach.“

Und das heißt, dass Du es gar nicht mehr versuchen willst? Kennst Du die Geschichte von den zwölf Kundschaftern? Die haben auch gesagt, dass das verheißene Land zwar gut sei, aber sie hatten nicht den Glauben, dass sie es mit Gottes Hilfe auch zu erobern vermögen. Wir können aus unserer Kraft alle nichts, aber der HErr vermag uns die Kraft zu geben, dass wir die Sünde überwinden können. Das ist aber ein geistlicher Wachstumsprozess. Da darf man nicht so schnell aufgeben, sondern muss Gott vertrauen. Du bist ja auch noch sehr jung.“ Als wir angekommen waren, sagte ich Ruth bescheid, dass sie für ihn etwas zu Essen bereiten möge. Ich setzte mich draußen mit ihm hin und erzählte ihm die Geschichte vom „Verlorenen Sohn„, da er diese noch nicht kannte. Dann schenkte ich ihm eine Bibel und war mir sicher, dass er sich nun bekehren würde. Aber von wegen: David beharrte darauf, dass er im Moment einfach überfordert sei und gab mir auch die Bibel wieder zurück, da er nicht lesen konnte. Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Ich drängte auf ihn ein, aber er sagte nur: „Ich will ja auch zu Gott umkehren, aber noch nicht jetzt, denn die Bibel sagt ja auch, dass es für jede Sache einen bestimmten Zeitpunkt gäbe, und meine Rückkehr zu Gott ist im Moment noch nicht dran.“ Dies ließ ich natürlich nicht gelten, sondern zitierte aus Hebr. 3: „Heute, wenn ihr Seine Stimme hört, verhärtet euch nicht...“ Ich erklärte ihm, dass Glauben auch Gehorsam mit einschließe und dass wir nicht mit Gott spielen können. Doch dann merkte ich, dass ich gerade gar nicht geistlich war, sondern fleischlich ungeduldig, wie wenn ich mit einem meiner Lehrlinge schimpfe, weil er zu schwer von Capé ist und zu lange braucht für seine Arbeit. Wir sollen zwar Seelen gewinnen, aber der Zweck sind die Seelen und nicht der Gewinn.

Dann bot ich ihm an, dass ich ihm zwar finanziell unterstützen würde, er sich aber auch nützlich machen könne, indem er das kleine Fassadenstück von Walters Kiosk streiche. Ich ging mit ihm rüber und erklärte ihm die Arbeitsschritte. Doch anstatt mir zuzuhören, fing er sofort an mit dem Streichen, so dass ich ihm mehrfach anfahren musste: „GUCK DOCH ERSTMAL!“ Der neue „Lehrling“ erwies sich schon mal als ganz schön störrisch und sagte mit phlegmatischer Stimme: „Ich kenn das alles schon, hab ich alles schon oft gemacht.“ Als ich dann später zur Kontrolle nochmal vorbeikam, hatte er jede Menge Fehlstellen (wo keine Farbe hingelangt ist) und die Kante war nicht gerade beschnitten (gestrichen). Dann machte ich ihm vor, wie es richtig gemacht wird, und diesmal war er aufmerksam und machte es danach auch gut, so wie ich es ihm gezeigt hatte. Als ich wieder zurück war, rührte ich eine Mischung Zement an, um den linken Treppensockel zu verputzen, wo immer die Kakerlake herauskamen. In dem Moment kam Don Eulogio und sagte, dass er dringend ins Krankenhaus müsse, da sein Urin voller Blut sei und sein Katheder seit Stunden wieder verstopft ist. Ruth machte sich sofort bereit, um mit ihm loszugehen und ich sprach mit ihm. Er erzählte, dass er das gleiche Problem schon mal in der Nacht hatte und dann mit dem Taxi ins Krankenhaus gefahren sei (deswegen konnte ich ihn heute früh auch nicht erreichen). Ein Quagulum (geronnenes Blut) hatte den Katheder verstopft, so dass nichts mehr durchkam. Nun bestand die Gefahr einer Sepsis (Blutvergiftung). Ruth machte sich mit ihm auf den Weg, und ich lackierte anschließend auch den Fußboden noch ein zweites Mal. Als Ruth um 20:00 Uhr noch nicht zurück war, ging ich allein zur Bibelstunde.

Ricardo hielt als Hausherr die Andacht. Bevor er anfing, dachte ich bei mir: „Hoffentlich wird Ricardo jetzt nicht schon wieder jene EINE (und einzige) Predigt vortragen, die ich bisher schon dreimal von ihm gehört hatte, ob nun vor zwei Jahren in Ecuador oder vor drei Jahren bei seinem Besuch in Deutschland oder vor vier Jahren in einer Bibelstunde in Lima.“ Leider wurde ich jedoch in meiner Hoffnung enttäuscht, denn Ricardo hatte wieder genau den gleich Zettel aus seinem Ordner geholt mit genau den gleichen 26 Bibelstellen, durch welche er wieder und immer wieder belegen wollte -bis es auch der letzte begriffen hat – dass wir „nicht menschlicher Lehre und Theologie folgen sollen, sondern nur der durch den Geist Gottes offenbarten Erkenntnis“. Zweifellos gehörte Ricardo in seinen Augen zu denjenigen, die stets nur durch Geistesleitung das Wort austeilen, während er solche wie mich, die immer alles besser wissen, zu denen zählt, die nur „menschliches Wissen“ verbreiten. Dass es sich hierbei jedoch um eine rein willkürliche Interpretation handelt. zu dieser Einsicht reichte es bei Ricardo offensichtlich nicht. Für ihn galt der Grundsatz: Je gelehrter, desto verkehrter, basta. Hatte etwa nicht auch der HErr Jesus die „Schriftgelehrten“ kritisiert? Hatte ich ihn vielleicht inzwischen genervt, weil ich immer mit dem griechischen Grundtext kam? Aber wie „geistlich“ ist es denn – wo er sich doch selbst als geistlicheren von uns beiden sieht – wenn man immer und immer wieder die gleiche Predigt hält? Und vor allem arbeitet er eine Liste von Bibelstellen ab, die alle genau die gleiche Aussage machen (1.Kor.2, etc.), weshalb man schon nach der Hälfte der Liste sagen könnte: ‚Danke, aber die Botschaft ist inzwischen angekommen.‘ Ich muss mit Ricardo sprechen, denn solch eine Predigt ist im Grunde absolut ungeistlich. Aber wenn ich das tue, wird er beleidigt sein, und dann würden wir uns wieder nur streiten, und wir haben uns in letzter Zeit viel zu oft gestritten. Ricardo ist mir intellektuell deutlich unterlegen, weshalb es unfair wäre, wenn ich ihn mit meiner Kritik demütige. Er würde sich innerlich dann nur noch mehr verhärten und ich würde ihn gar nicht mehr erreichen. Der Geist Gottes sagt: „Die Starken sollen die Schwachheit der Schwachen ertragen und nicht sich selbst gefallen„. Aber mache ich die Sache nicht noch viel schlimmer, wenn ich gar nichts sage? Wie oft war eine klärende Aussprache nicht schon heilsam?

Als ich um 22:00 Uhr von der Bibelstunde zurück kam, war Ruth immer noch nicht da. Es waren schon 5 Stunden vergangen, seit sie mit Eulogio ins Krankenhaus fuhr. Als sie dann kurz darauf kam, erzählte sie, dass sie eine Odyssee hinter sich hat. Zuerst fuhren sie in ein staatliches Krankenhaus. Dieses war in einen erschreckend schäbigen Zustand, als wenn schon jahrelang nicht mehr investiert wurde. Als Ruth dann endlich an der Reihe war, rief man den zuständigen Urologen an, aber der ging lange nicht ans Telefon. Als er nach mehreren erneuten Versuchen endlich ranging, erfuhr die Dame am Empfangsschalter, dass der Urologe gerade in eine OP in einem anderen Krankenhaus mache und nicht da sei. Daraufhin schickte man Ruth und Eulogio in ein anderes Krankenhaus, das weit entfernt war und durch zahlreiche Baustellen auch für den Taxifahrer kaum erreichbar war. Während der Fahrt, jammerte Eulogio über starke Schmerzen im Bauch; aber auch Ruth hatte sich sehr verspannt und litt unter Rücken- und Beinschmerzen. Im anderen Krankenhaus konnte Eulogio schon kaum mehr die Treppen hochsteigen. Dann kam hinzu, dass dieses moderne Krankenhaus so groß wie ein Flughafen war, dass man sich auf der Suche nach der richtigen Station schnell verirren konnte. Die Empfangsdame sagte: „Gehen sie hier den Gang runter, dann hinten rechts, denn gleich wieder links, dann durch die Glastür, dann ist rechts ein Fahrstuhl, der sie in die 3. Etage fährt, dann müssen sie durch einen Gang in den anderen Trakt gehen und dort fragen sie noch mal nach dem Labor 1.12., weil das etwas zu kompliziert wäre zu erklären…“ Eulogio quälte sich langsam durch die zahlreichen Gänge und immer wieder musste Ruth nachfragen, bis man ihr schließlich sagte: „Das ist rechts neben der Pathologie.“ Schon wieder mussten sie eine Stunde warten in der Notaufnahme bis er endlich abgeholt wurde. Man setzte ihm einen neuen Katheder und verschrieb ihm ein anderes Medikament (Hämostatikum), das wohl die Blutverklumpung verhindern sollte. Im Nu fühlte sich schon Eulogio deutlich besser. Jedoch besteht die Gefahr, dass sich das Ganze in den nächsten Tagen noch öfter wiederholen kann…

Lima, 08.01.2020 Wie schon zu hören, wenn Ruth morgens im Bett neben mir schnarcht. Dann lobe ich Gott und danke Ihm, dass Er Ruthi den Schlaf geschenkt hat, denn das ist ja keineswegs selbstverständlich. Ich hatte heute einen merkwürdigen Traum. Ich träumte, dass ich durch einen Unfall in Lima meine Wirbelsäule mehrfach gebrochen hatte. Doch die Ärzte machten mir Hoffnung: „Sie brauchen einen Spender. Vielleicht haben Sie einen Angehörigen, der vor kurzem gestorben ist und eine intakte Wirbelsäule hat. Dann könnten wir eine Exhumierung vornehmen und dessen Wirbelsäule in ihre verpflanzen.“ [im Traum ist ja alles möglich]. Ich sagte: „Ja, meine Schwiegermutter Lucila ist vor zwei Jahren gestorben; es wäre mir eine Ehre, wenn ich ihre Wirbelsäule weiter nutzen dürfte.“ Man grub sie also aus, entnahm ihre Wirbelsäule und verpflanzte sie in mir, so dass ich am Ende wieder völlig gesund war. Meine Schwiegermutter war zwar rund 40 cm kleiner als ich, 84 Jahre alt und litt unter Osteoporose, aber das war für die Ärzte offensichtlich kein Hindernisgrund für den abenteuerlichen Eingriff. Wenn man bedenkt, dass im Traum Pharaos die mageren Kühe sogar die fetten „verschlingen“ konnten, obwohl sie doch eigentlich Grasfresser waren und keine Raubtiere, dann merkt man, dass Träume häufig rein symbolische Bedeutung haben.

Das Thema, um dass es heute in Sprüche 2 ging, würde ich als „Schutz“ bezeichnen. Der Sinn und Zweck der Weisheit ist Schutz und Bewahrung in dieser Welt vor allem Bösen. „Der HErr ist ein Schutzschild denen, die in Lauterkeit wandeln“ (Vers 7). Jede Erziehung verfolgt das Ziel, dass man nicht erst auf unnötigen Umwegen aus Fehlern lernen muss, sondern dass man vor diesen möglichst bewahrt bleibt. Insbesondere waren die „fremden Frauen“ für den Schreiber immer wieder Anlass, die jungen Leser zu warnen, da man im Moment sexueller Versuchung schnell seinen Verstand ausschaltet und alles vergessen kann, was man sich über Jahre an Weisheit angeeignet hat. Die Sexualität muss durch das Gebot Gottes in die rechte Bahn gewiesen werden, damit nicht sie uns beherrscht, sondern wir sie beherrschen. Am Beispiel Salomons lernen wir aber auch, dass selbst reife und erfahrene Gläubige auch in späteren Jahren noch schwach werden können und man sich z.B. aus Mitleid mit seiner Frau von bestimmten biblischen Weisungen und sogar klaren Geboten abbringen lassen kann, die man Jahre zuvor noch kompromisslos vertreten hat. Bei mir war es z.B. das Fernsehen: Nach zwei Jahren Ehe bettelte meine Frau mich an, dass ich ihr doch einen Fernseher kaufen möge, weil sie sich nachmittags nach der Arbeit immer so langweilen würde. „Der Verheiratete ist für die Dinge der Welt besorgt, wie er der Ehefrau gefallen könnte“ (1.Kor. 7:33). Und es dauerte nicht lange, da schaute ich wieder fleißig mit und wurde immer lauer.

Heute Vormittag hatte meine Frau auch einen Wunsch, der zwar nichts mit „bewegten Bildern“ zu tun hat, wohl aber mit einer Fototapete, die wir aus Deutschland mitgebracht hatten und die ich ihr an die eine Wand im Schlafzimmer tapezieren solle, damit der Eindruck entsteht, dass wir im Wald übernachtet hätten. Zum anderen sollte ich aber auch mal endlich den Hof aufräumen, der nach all den Malerarbeiten aussah wie ein Schlachtfeld und kein gutes Zeugnis für die Nachbarn sei, wo doch jetzt ein 2 Meter breiter Bibelvers an unserem Haus hing. Und dann sollte ich auch noch die Steinplatte vom Abwasserkanal draußen versiegeln, damit von dort keine Cucarachas mehr heraus kommen könnten. Als ich alles gegen Mittag erledigt hatte, kam Ruth von der Arbeit. Wir aßen Mittag, ruhten uns kurz aus und fuhren dann in die Stadt zum Evangelisieren. Ich hatte etwa 700 Traktate mitgebracht und verteilte etwa 600 von diesen auf dem Plaza de San Martín, der um diese Uhrzeit mal wieder voll war mir Menschen. ich sorgte dafür dass etwa 90 % der Anwesenden einen Zettel von mir bekamen. Ein feiner Herr, dem ich einen Zettel gab, erzählte mir, dass er ein berühmter Schriftsteller in Peru sei und morgen wieder ein Interview im Fernsehen geben würde über sein letztes Buch, das ein Bestseller wurde. Ich fragte mich, warum er mir das überhaupt erzählt. Er holte aus seiner Tasche eines seiner Bücher heraus über die Präsidenten von Peru und er sagte zu mir: „Dieses Buch kostet normalerweise 40 Soles, aber ich biete es Ihnen für 10 Soles an!“ Ich bedankte mich mit einem Lächeln und erklärte, dass ich auch ein Buch verbreiten würde, aber dessen Botschaft sei mir so wichtig, dass ich es sogar verschenken würde. Ich holte eine meiner Bibel raus und gab sie ihm. Er bedankte sich, und ich dachte in dem Moment: Eigentlich verdient er die Bibel nicht, weil er bestimmt genug Geld hat, um sich selber eine Bibel zu kaufen.

Nun sprach mich ein anderer an, und ich begann, ihm Fragen aus der Bibel zu beantworten. Diese waren z.T. sehr trivial („Warum sind die Menschen heute so böse und gewalttätig geworden, wie man es durch die Medien erfährt?„). Schon bald gesellten sich etwa 6 – 8 weitere Zuhörer um mich herum und stellten ebenso Fragen. So hätte es jetzt theoretisch zwei Stunden lang weiter gehen können, aber es war so laut durch all die anderen politischen Agitatoren, die alle mit Megaphon oder Verstärker redeten, dass ich kaum die Fragen der Leute verstand. Ich bat deshalb die Gruppe, dass wir gemeinsam etwas weiter östlich vom Platz gehen sollten, wo es nicht ganz so laut ist. Aber die Gruppe, die inzwischen auf 12 – 15 Personen angewachsen war reagierte gar nicht auf meine Bitte (oder hatte sie vielleicht auch nicht verstanden). Da der Lärm aber nicht länger zu ertragen war, sagte ich so laut ich konnte: „Ich gehe jetzt mal weiter dort hinten hin, denn hier ist es mir zu laut. Man versteht ja sein eigenes Wort nicht mehr. Wer möchte, kann ja mit mir zusammen dorthin mitkommen“. Dann machte ich mich ohne Zögern auf den Weg – in der Hoffnung, dass alle anderen mitkommen würden. Doch zu meinem Erstaunen blieben die allermeisten einfach stehen und diskutierten untereinander weiter. Als ich an ruhigerer Stelle angekommen war, drehte ich mich um und sah zwei Männer, die mit mir gekommen waren. Der eine sprach mich an und fragte, ob in der Gemeinde, wo wir uns hier in Lima versammeln, auch andere Gringos seien. Denn er lerne gerade Englisch und würde sich gerne mit mir oder anderen auf Englisch unterhalten um seine Sprachkenntnisse aufzubessern. ich sagte ihm, dass das zwar theoretisch möglich wäre, aber dass es mir jetzt vorrangig darum gehe, die „Sprache Gottes“ zu sprechen, d.h. Sein Wort, und zwar so, dass möglichst alle es verstehen könnten. Dann fragte mich der andere, welchen Namen meine Gemeinde habe und was für Lehren sie vertrete. Ich erklärte ihm, dass wir uns nach dem Vorbild der Apostel und der Urgemeinde keinen anderen Namen gegeben hätten als die der ersten Gläubigen, die sich einfach nur „Christen“ nannten, und dass wir nach bestem Wissen und Gewissen nur das glauben und lehren würden, was in der Bibel geschrieben stehe. Als ich dann noch die RKK erwähnt, hakte er nach und wollte von mir genau wissen, welche der katholischen Dogmen denn unbiblisch sei. Ich sagte: „Leichter wäre die Frage zu beantworten, welches katholische Dogma denn überhaupt wirklich biblisch sei, nämlich im Grunde keines„. Ich bot ihm an, mir doch mal irgendeine katholische Lehre zu nennen, die er für biblisch halte. Als wir dann nach und nach verschiedene Dogmen gemeinsam anschauten, stellte ich fest, dass Roberto (37), so hieß er, ein erstaunlich gutes Bibelwissen hatte und mich so manches Mal in Verlegenheit brachte. Beispiel:

Roberto: „Das Bilderverbot bezieht sich nur auf die Herstellung fremder Götterbilder, denn auch Mose sollte ja ein Abbild von der Schlange machen„.
Ich: „Gott hatte aber grundsätzlich auch verboten, dass die Israeliten sich ein Abbild von Gott machen, z.B. in 5.Mo.4 . Aaron hatte z.B. das ‚goldene Kalb‘ gemacht, um dadurch Jahwe darzustellen, der sie aus Ägypten herausführte. Trotzdem war das aber ein Gräuel für Gott!
Roberto: „Nein, er hatte ein ägyptisches Götterbild gemacht.“
Ich: „Nein, sondern er sagte: ‚Dies ist Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat.“
Roberto: „Das glaube ich nicht. Schauen wir die Stelle mal nach:...“
Und dann lasen wir in der spanischen Bibel gemeinsam: „Israel, dies sind deine Götter, die dich aus dem Lande Ägypten geführt haben“ (2.Mo.32:4). Dann triumphierte er und sagte: „Siehst Du, hier steht Götter in der Mehrzahl! Also sind da die ägyptischen Götter gemeint!
Ich: „Aber Aaron sagt im nächsten Vers: ‚Morgen ist ein Fest Jahwes‘. Außerdem steht Gott im AT sehr häufig in der Mehrzahl, nämlich Elohim.“
Wir sprachen dann auch über die Taufe und das Abendmahl und ein paar andere katholische Irrtümer. Aber es gelang mir kaum, auf das Thema Wiedergeburt näher einzugehen, obwohl ich es immer wieder ansprach, denn Roberto lenkte durch weitere Fragen ständig von dem ab, was ich ihm eigentlich auf den Weg mitgeben wollte. Ehe ich mich versah, waren es schon 19:15 Uhr und Ruth war immer noch nicht gekommen! Ich machte mir Sorgen, war aber auch dankbar, dass sich Roberto so viel Zeit nahm, dass ich ihm vieles aus der Schrift erklären konnte. Es war aus durchaus nicht so, dass er mir ständig widersprach, sondern sogar ein Großteil war für ihn offensichtlich ganz neu, weshalb er mir sehr interessiert zuhörte. Ich war aber die ganze Zeit beunruhigt, warum Ruth immer noch nicht zurück sei, denn um 20:00 Uhr sollte doch Bibelstunde bei Francisco sein. Als Ruth dann um 19:50 Uhr endlich kam, fiel mir ein Stein vom Herzen. Sie beruhigte mich auch und sagte: „Die Bibelstunde bei Francisco ist erst morgen, denn heute ist erst Mittwoch.“

Lima, 09.01.2020 Heute morgen mussten wir schon früh aufstehen, denn Ricardo wollte uns schon um 6:00 Uhr mit seinem Wagen abholen, um nach Lurín zu fahren, einem Ausflugsort außerhalb von Lima, der direkt am Meer liegt, damit wir nicht in den morgendlichen Berufsverkehr kämen. Nach einer verkürzten Gebetsgemeinschaft mussten wir auch schon los, weshalb ich die Bibel mitnahm, damit wir sie im Auto lesen könnten. In Spr.3:1-18 erinnert Salomo wieder eindringlich an die Notwendigkeit der Weisheit an, da er wie ein Vater besorgt ist um seinen geistlichen Schüler („Sohn„). Weisheit ist eben keine Option oder einer von vielen Lebensentwürfen, sondern die einzige Möglichkeit, ein Leben in Reinheit und Gerechtigkeit vor Gott zu führen. Dies begründet auch die Unverzichtbarkeit der täglichen Bibellese, die wir normalerweise VOR dem gemeinsamen Gebet machen, um uns ganz auf Gott zu besinnen. Aber auch während des gesamten Tages, soll unser Sinnen stets auf den HErrn gerichtet sein, den wir auch in allem erkennen sollen, was uns auf unseren Wegen begegnet (Spr.3:6). Zugleich sollen wir aber auch auf die Bedürfnisse unseres Nächsten achten und „den HErrn ehren mit unserem Vermögen„, weil sich erst dann auch unsere „Speicher füllen werden“ durch Gottes Güte (V.9-10). Und wir sollen die Zucht des HErrn nicht gering achten (V.11-12), weil Er uns dadurch Seine Liebe erweist. Wenn wir nicht leiden würden, dann stimmt etwas nicht mit unserer Beziehung zum HErrn (Offb.3:19).

Gegen 8:00 Uhr kamen wir in Lurín an. Der Strand war wunderschön, aber es war noch zu kühl, um zu schwimmen. Wir gingen also spazieren und unterhielten uns über die Ehe von Ricardo und Esperanza. Während Ricardo mal wieder alle möglichen Details berichtete, was alles in den letzten Jahren vorgefallen war. Ging ich etwas voraus und beobachtete die vielen Seevögel, die eifrig damit beschäftigt waren, sich Fische und Krabben aus dem Meer zu angeln. Neben Pelikanen, und Möwen, gab es auch ein ganzes Heer von sehr kleinen Vögeln, die mit dem Hin und Her der Brandung auch immer wieder rauf und runter liefen, um sich beim Zurückziehen des Meeres schnell kleine Tierchen rauszupicken (sie heißen wohl Strandläufer). Draußen am Horizont sah man viele riesige Felsinseln aus dem Meer herausragen. Das Meer hatte eine grünliche Färbung vom vielen Plankton und roch leicht nach Fisch. Ricardo erklärte uns, dass Peru eine der besten Meeresfauna der Welt besitze (als Fischagraringenieur, der für das peruanische Meereswirtschaftsministerium arbeitet, ist es seine Aufgabe, regelmäßig die Fischbestände und die Wasserqualität an der gesamten Küste Perus zu untersuchen und Ursachen für Umweltverschmutzung ausfindig zu machen). Wir waren die einzigen weit und breit, weshalb man nur das Rauschen der Brandung und das Kreisch der Möwen hörte. Ich betete und dankte dem HErrn, das ich hier sein durfte. Am Strand fand ich zwei große rötliche Quallen. Ricardo sagte, dass seien „Medusas marinas„; sie gehören zu den ältesten Lebewesen überhaupt in der Schöpfung Gottes. Obwohl sie wirbellos sind und noch nicht mal ein Gehirn besitzen, sind aber trotzdem hochintelligent, indem sie sich durch Nervenrezeptoren orientieren und gegen Feinde verteidigen durch ein hochwirksames Gift. Ich wurde selber schon zweimal von einer solchen Medusa gestochen und hatte einen fürchterlichen Schmerz im Bein.

Wir gingen zum Wagen zurück und fuhren in die Kleinstadt Lurín, die ebenso sehr geeignet war, um dort Urlaub zu machen. Sie hatte einen schönen Park und sogar eine kleine Fußgängerzone. Wir fuhren zunächst an den Stadtrand, um mit Blick auf die Felder unser Frühstück zu essen, dass aus Kuchen und Mango bestand. Dann gingen wir in die Fußgängerzone, wo ich meine Traktate an die Passanten verteilte. Als wir in den Park kamen, sah ich einen Bruder, der gerade mit aufgeschlagener Bibel einem jungen Mann etwas erklärte – offensichtlich ein Evangelist. Wie schön, dass der HErr auch hier Seine Leute hat! Wir gingen weiter und fanden einen christlichen Buchladen, wo wir uns eine Weile aufhielten. Ruth kaufte sich Bibelsprüche für zuhause und auch 4 christliche Filme über Geschichten aus der Bibel. Dann gingen wir in ein kleines Lokal und aßen zu Mittag. Ein gebratener Fisch mit Bohnensoße, Zwiebeln und Reis kostete 10 Soles (2,70 €). Während des Essens erzählte uns Ricardo weiter von all den Fehlern und der Undankbarkeit seiner Frau und wie er selber doch immer alles richtig gemacht hatte: „Ich habe sie vor 20 Jahren aus der Armut herausgeholt, als sie noch ein unschuldiges Mädchen vom Land war ohne Schulbildung; ich habe sie auch nie gedemütigt, sondern immer versucht, ihre Persönlichkeit zu fördern und sie seelisch aufzubauen, indem ich ihr jede Menge Kurse und Lehrgänge bezahlt habe, ob nun Fußpflege oder Kosmetik. Ich habe ihr auch immer die Ausstattung und alles was sie brauchte bezahlt, damit sie irgendwann ihr eigenes Geld verdient. Aber alles, was sie begann, gab sie schon nach kurzer Zeit wieder auf, wenn sich nicht bald ein Erfolg einstellte. Und nach all dem, was ich für sie getan habe, ist sie heute immer noch unzufrieden mit ihrem Leben und redet schon seit einem Jahr kein Wort mehr mit mir!“

Ricardo ließ mich mal wieder nicht zu Wort kommen, sondern redete pausenlos, so dass sein Essen kalt wurde, während wir schon längst fertig waren. Irgendwann unterbrach ich ihn nach vielen Anläufen und sagte: „Lass mich doch auch mal was sagen, Ricardo! Du hast jetzt schon über zwei Stunden lang nur von den Fehlern Deiner Frau gesprochen ohne dass Du auch mal ein einziges selbstkritisches Wort über Dich gesagt hast. Vielleicht ist aber gerade dies eine der Ursachen Eurer Eheprobleme, dass Du bisher die Kritik Deiner Frau an Dir nie ernst genommen hast, ja vielleicht ihr noch nicht mal Aufmerksamkeit geschenkt hast, sondern immer nur Dich selbst gerne reden gehört hast. Eine Ehe ist aber immer ein Geben und Nehmen, und das gilt auch für die Kommunikation: Du kannst nicht erwarten, dass Deine Frau auf Dich hört, wenn Du ihr auch nie zuhörst.“ Ricardo warf kurz ein: „Das stimmt nicht, denn ich habe ihr immer zugehört„. Ich ging nicht darauf ein, sondern fuhr fort: „Zudem war es meiner Meinung nach ein Fehler, dass Du versucht hast, Deine Frau ‚aufzubauen‘ – wie du es nennst – denn dies geschah ja offensichtlich nicht im geistlichen Bereich, sondern nur im materiellen, damit sie beruflich erfolgreich ist. Stattdessen hättest Du ihr eher die Vorzüge des Mutterseins schmackhaft machen sollen vom Wort Gottes her, denn wenn man drei Kinder hat, hat man eigentlich genug zu tun, um sie in der Furcht Gottes aufzuerziehen und muss nicht auch noch berufliche Ambitionen entwickeln.“ Ruth stimmte mir zu und betonte ebenso, wie wichtig es sei, die Versäumnisse der Vergangenheit auch jetzt noch nachzuholen, solange die Ehe noch nicht geschieden sei. „Aber sie will doch gar nicht mehr mit mir reden!“ wandte Ricardo ein. Dann machte ich einen Vorschlag: „Sprich doch mal mit Deiner Tochter Sara, ob sie nicht als Mittlerin eintreten kann, da sie das Vertrauen von Esperanza genießt, und biete Deiner Frau an, zunächst einmal nur einen freundschaftlichen Umgang zu pflegen. Und dann bekenne ihr, dass Du in der Vergangenheit ihr viel zu wenig zugehört hast und dass Du jetzt bereit bist, auf ihre berechtigten Wünsche mehr einzugehen. Schließe mit ihr Frieden und handle mit ihr Bedingungen des Dialogs aus, damit sie sieht, dass es Dir ernst ist mit einer Versöhnung.“ Ricardo entgegnete: „Sie wirft mir ja u.a. vor, dass ich ihr zu wenig bieten würde und dass die Ex-Männer ihre Freundinnen z.B. viel bessere Autos fahren oder größere Wohnungen hätten. Soll ich etwa auf solche dummen Forderungen eingehen?!“ – „Nein, natürlich nicht. Aber Du kannst ihr vom Wort Gottes her erklären, dass ein solch eitler Tand überhaupt keinen wirklichen Wert besitzt, sondern dass es um den Reichtum geht, den wir bei Gott haben durch gute Werke.“

Ich bekannte Ricardo, dass ich selbst früher sehr egoistisch war und zu wenig Rücksicht auf Ruths Bedürfnisse genommen habe: „Was glaubst Du, wie oft Ruth mir schon gesagt hat, dass sie sich von mir scheiden lassen will! Aber ich habe das nie als Drohung sondern als Hilfeschrei verstanden und dann auch mehr Rücksicht auf Ruth genommen, so dass sich die Situation bald schon wieder beruhigte. Frauen sind nun einmal das ’schwächere Gefäß‘, wie die Bibel sagt, und als Männer müssen wir lernen, auf sie Rücksicht zu nehmen.“ Als wir aufstanden und bezahlten, sagte Ruth: „Es wäre schön, wenn Du Dich mit Bruder Francisco anfreundest, denn er hatte bis vor einem Jahr genau die gleichen Probleme wie Du, aber er fleht seit zwei Jahren jeden Morgen im Gebet für seine Frau Chio, und der HErr hat sein Gebet erhört und seine Frau von ihrem krankhaften Egoismus und ihrem mangelnden Verantwortungsbewusstsein befreit. Früher hat sie bis mittags geschlafen, anstatt sich um ihre Kinder zu kümmern, so dass Francisco neben seinem Beruf als Tierarzt sich auch noch um seine beiden Töchter kümmern musste. Aber er hat immer wieder auch mit anderen Brüdern für seine Frau gebetet, und das hat der HErr anerkannt und ihm geholfen.“ Auf der Rückfahrt im Auto sprachen wir davon, dass Francisco auch sehr fleißig ist im Werk des HErrn, indem ständig Gläubige bei ihm in die Seelsorge gehen. Allerdings vernachlässigt er schon seit langem seine Praxis, so dass er kaum genug Kunden hat, um seine Familie finanziell über Wasser zu halten. Francisco habe auch bekannt, dass er überhaupt keine Lust mehr habe zu seinem Beruf, sondern am liebsten nur noch als Pastor im Werke des HErrn arbeiten wolle, zumal er dafür auch sehr begabt sei. Aber da auch Chio mit dem Verkauf von Kuchen kaum Erfolg habe, sei er gezwungen, weiter als Tierarzt zu arbeiten. Mir kam dieses Dilemma sehr bekannt vor aus meiner eigenen Erfahrung, und ich sagte: „Im Grunde steht Francisco kurz vor einem ‚burn out‘. Wir sollten dringend für ihn beten.“

Als wir nach Haus kamen, beteten wir, und dann ging Ruth wieder zu Don Eulogio, während ich mein Tagebuch schrieb, mit dem ich inzwischen um 2 Tage im Rückstand war. Dann kam sie wieder und sagte, dass Eulogio mitten in der Nacht schon wieder als Notfall ins Krankenhaus musste und dass man ihm für morgen Nachmittag um 14.00 Uhr einen neuen Termin gegeben habe. „Simon, ich möchte, dass Du ihn morgen dort hinbringst und ihn später auch wieder abholst, denn ich habe das schon einmal gemacht, und jetzt bist Du dran!“ Ich sagte: „Ja, kein Problem, mach ich gerne.“ Dann wollte Ruth mit mir noch zu einem Laden fahren, wo sie einen schönen Spiegel gefunden hatte, den sie mit mir zusammen kaufen wollte, was wir dann auch taten. Als wir jedoch zurückkamen, ging es schon wieder los mit Ruths Schmerzen und ihrem Gejammer. Ich massierte sie wieder und sagte: „Du bist ja auch schon den ganzen Tag auf den Beinen und hast Dich nicht richtig ausgeruht„. Sie sagte, dass sie heute nicht zur Bibelstunde mitkommen möchte, und dass ich ja mit Ricardo zu Francisco fahren könne, was wir dann auch taten. Auf dem Weg im Bus sagte Ricardo zu mir: „Simon, es tut mir zwar in der Seele weh, aber ich möchte Dir bekennen, dass Du recht hattest und dass ich mich entschieden habe, meine Pläne, eine Band zu gründen mit meinen ungläubigen Freunden, um weltliche Musik zu machen, aufgeben werde.“ Ich war ganz irritiert, denn ich konnte mich zunächst gar nicht daran, erinnern, dass er mir überhaupt von einer Musikband erzählt hätte, der er beitreten wollte. „Ja, wir haben sogar schon eine gemeinsame CD geplant. Aber erinnerst Du Dich, als Du mir vor einer Woche sagtest, dass Du es nicht in Ordnung fändest, dass ich noch weltliche Musik höre? Das hatte mich zunächst sehr gekränkt, aber insgeheim wusste ich, dass Du recht hast und dass ich in Bezug auf die Musik und die Freundschaft mit Ungläubigen schon seit langem inkonsequent bin. Ich hätte jetzt wirklich liebend gern eine Band gegründet, aber das wäre nicht der Wille Gottes.“ – „Aber Du kannst doch mit Francisco eine Band gründen, denn der spielt auch Gitarre und kann auch so gut singen wie Du. Und dann singt Ihr einfach auf der Straße für den HErrn christliche Lieder. Ihr könnt sogar Melodien von weltlichen Liedern nehmen, und sie mit christlichem Texten singen, die ihr Euch selbst ausgedacht habt.“ – „Das habe ich sogar schon gemacht! Ich habe etwa schon vier bekannte Lieder mit christlichem Text umgedichtet.“

Wir kamen an und stiegen aus dem Bus. Als wir das Haus von Francisco betraten, unterhielten sich denn auch Ricardo und Francisco gut eine halbe Stunde miteinander, während ich mich mit Luis Hurtado (65) unterhielt, einem chinesisch stämmigen Bruder, der beim letzten Mal nicht da war. Er erzählte mir, dass er seit Jahren unter Kopfschmerzen und Bluthochdruck leide und deshalb auch regelmäßig das Opioid Tramadol nehme, das auch meine Frau nimmt. Er stehe kurz vor der Rente, sei aber nicht versichert, so dass er alle Medikamente selber bezahlen müsse. Als wir dann gebetet hatten, sprach ich über Elia in der Höhle (1.Kön.19), und dass wir alle immer mal das Bedürfnis nach Flucht aus einer Belastungssituation haben. Gott gibt uns neue Kraft, um neue Aufgaben zu bewältigen. Irgendwie brachte uns ein Einwand von Ricardo dann auf das Thema des sündlosen Lebenswandels (Chio hatte zuvor gefragt, ob man denn auch am Abendmahl teilnehmen dürfe, wenn man in der Woche zuvor gesündigt habe). Ricardo vertrat mal wieder den Standpunkt, dass man an den Früchten der anderen Christen erkennen könne, dass sie keine echten Christen seien, und ich fragte mich, welches eigentlich bisher die Früchte von Ricardo sind. Wir verabredeten zum Schluss, dass wir uns am Samstag um 6:30 Uhr bei Francisco zur Gebetsstunde treffen wollen. Francisco begleitete uns dann abends zur Bushaltestelle, als plötzlich zwei Schüsse zu hören waren. Später vielen noch weitere Schüsse. Erst am nächsten Tag erfuhren wir, dass drei Männer in unmittelbarer Nähe in das McDonald-Restaurant eingetreten waren und dort gezielt einem 49-jährigen Geschäftsmann in den Kopf schossen und dann flüchteten. Es waren sog. „Sicarios“ d.h. Auftragsmörder, die für 200 Soles (60,-€) mal eben eine Person erschießen), ohne dass sie je zuvor etwas mit ihr zu tun gehabt haben. Als ich dies am nächsten Morgen hörte, dachte ich an Psalm 91, dass – wenn auch 10.000 zu meiner Rechten fallen, es mich nicht treffen wird, weil der HErr auf uns achthat.

Lima, 10.01.2020 Nachdem wir gebetet und gefrühstückt hatten, lasen wir die 2 Hälfte von Spr. 3, ab Vers 19. Wir sollen Dinge, die wir anderen schulden – ob nun Geld oder versprochene Handlungen – möglichst noch am gleichen Tag begleichen oder wenigstens schnellstmöglich dem Nächsten erstatten, „wenn es in der Macht deiner Hand steht„. Unterlassungssünden sind wahrscheinlich die häufigsten Sünden, die wir täglich begehen, ohne dass uns dies überhaupt bewusst ist. Man denke nur mal an all die Möglichkeiten im Alltag, die wir ungenutzt lassen, um etwas für den HErrn und Sein Reich zu tun! Als Selbstständiger muss ich ständig Prioritäten setzen, welcher der unterschiedlichsten Verpflichtungen ich als nächste tun sollte, so dass ich häufig ganz den Überblick verliere und Menschen enttäusche. Denn die Kunden sehen ja jeweils nur ihre eigene Beziehung zu mir und nehmen nicht wahr, dass ich mich zugleich auch um viele andere Kunden kümmern muss. Deshalb habe ich mir angewöhnt, morgens vor Arbeitsbeginn zusammen mit meinem gläubigen Lehrling Simeon zu beten, dass der HErr mir Weisheit schenke und einen klaren Kopf, damit ich nichts übersehe. „Befiehl dem HErrn deine Wege, und deine Gedanken werden zustandekommen“ (Spr.16:3). In Vers 19 heißt es, dass „der HErr die Erde mit Weisheit gemacht hat“. Man stelle sich nur mal vor, wie viele Überlegungen bei jedem einzelnen Detail allein schon bei der menschlichen Anatomie erforderlich waren! Es gab ja unzählige Möglichkeiten, uns herzustellen, und jede musste gegeneinander abgewogen werden, welche besser ist. Da die Tiere ja vor uns erschaffen wurden, kann ich mir vorstellen, dass der HErr bei diesen auch „experimentiert“ hat, um zu sehen, welcher Entwurf auf Dauer überlebensfähig sein würde. Das sieht man schon allein daran, dass die genetischen Baupläne Tier relativ ähnlich sind.

Ruth und ich haben für morgen eine Reise nach Arequipa geplant, wo wir ein paar Tage verbringen wollten, und anschließend dann nach Ica zu ihrem Bruder Israel, wo nächsten Sonntag auch eine Taufe geplant ist. Ricardo will uns nach Ica diesmal auch begleiten, um seinen damaligen Freund Israel nach Jahren wiederzusehen. Sie hatten sich infolge einer Abspaltung 1993 miteinander zerstritten, aber nach all den Jahren ist sozusagen „Gras über die Sache gewachsen„, zumal der Verursacher der Trennung, mein Schwiegervater Luis, bereits 2006 heimging. Für die Reise hatte ich heute Vormittag noch einige Vorbereitungen zu treffen und musste auch nochmal ins Internetcafe, um einige Nachrichten nach Deutschland zu verschicken. Dann bat Gott noch einmal für Ruth und für Luis, dass Gott sie doch heilen möge. Um 13.30 Uhr sollte ich dann bei Don Eulogio sein, um ihn ins Krankenhaus zu bringen, damit man ihm den Katheder wieder entfernt. Als ich jedoch ankam, sagte mir der Nachbar Felix, dass Eulogio bereits vor einer halben Stunde alleine losgegangen sei, weil ich nicht gekommen war. Ich erschrak, denn Ruth hatte mir extra eingeschärft, pünktlich zu sein, was ich ja auch war, aber Eulogio hatte sich wohl mit der Uhrzeit vertan. Ich machte mich also alleine auf den Weg ins Krankenhaus, das sehr weit entfernt war und schwer zu finden. Ich musste bei ca. 35 C Hitze rund 2 km zu Fuß laufen, um dorthin zu gelangen. Als ich dann endlich ankam und mein Anliegen schilderte, konnte man ihn noch nicht einmal im Computer finden. Leider hatte sich nämlich Felix geirrt und mir den Namen eines falschen Krankenhauses genannt, so dass ich ganz umsonst hingefahren war. ich nahm es jedoch aus Gottes Hand ohne zu wissen, wofür es gut war, außer dass es für irgendetwas gut gewesen sein muss, ja sogar „zum Besten“ (Röm.8:32).

Als Ruth dann nach Hause kam, erzählte ich ihr das Missgeschick, und wir gingen beide zu Don Eulogio, der in der 3. Etage in der Nachbarschaft wohnt und inzwischen wieder zurückgekommen war (das richtige Krankenhaus war nämlich nur wenige Häuserblocks weit entfernt). Ruth sprach mit ihm, wertete die Blutergebnisse aus und telefonierte mit seiner Tochter Carmen. Während ich im Flur wartete, sah ich im Zimmer nebenan den Schwager von Eulogio, Don Augusto (74), der nach einem Schlaganfall vor sechs Jahren die meiste Zeit des Tages im Bett verbringt, da er nur mit Mühe gehen kann. Von Ruth wusste ich, dass er ein eingefleischter Atheist sei, mit dem Ruths Freundin Raquel, d.h. Augustos Nichte, schon viele Male vergeblich Gespräche über den Glauben geführt hatte. Ich klopfte an die Tür und fragte, ob ich mich zu ihm setzen dürfe. Sofort fing er an zu weinen und dankte mir immer wieder, dass ich ihn besuchen wolle. Er klagte mir, dass er seit 6 Jahren wie in einem Gefängnis völlig alleine sei und nur morgens und abends mal Besuch von Felix (62) bekommen würde, ein Schwarzer, der sein Pfleger sei und ihn bei den körperlichen Bedürfnissen behilflich sei. Mit diesem teile er sich seine geringe Rente, habe aber ansonsten absolut keine Freunde, die sich mal nach ihm erkunden würden. Er weinte wie ein kleines Kind, so dass ich ihn streichelte und mit liebevollen Worten tröstete. Ich sagte: „Der HErr Jesus liebt Sie, deshalb hat Er es so geführt, dass ich Sie besuchen komme. Glauben Sie auch an den HErrn Jesus?“ Er verzerrte sein Gesicht zu einem wimmernden Weinen und sagte: „Ja, ich glaube jetzt auch an Jesus Christus!“ Ich war etwas verwundert und fragte weiter: „Beten Sie auch zu Gott?“ – Wimmernd und stotternd sagte er: „Ja, ich bete immer wieder zu Gott, dass Er mir doch meine Sünden vergeben möge und mir gnädig sei, denn ich fühle mich so unendlich einsam hier...“ Ich dachte: Diese Einsamkeit muss für ihn die Hölle geworden sein, die sein Herz gebrochen hat. Sein ganzer Stolz ist jetzt zerbrochen und er ist weich geworden wie ein kleines Kind. All dies musste passieren, damit der HErr ihn zur Buße führen konnte. Aber jetzt wurde mir klar, dass ich mich um ihn kümmern solle.

Ich fragte Don Augusto, ob ich ihn mal spazieren fahren solle im Rollstuhl. Er sagte sofort: „Ja, das wäre ganz lieb von Dir, bitte, bitte!“ Dann hob ich ihn aus dem Bett und schnürte ihm die Schuhe an. Vorsichtig zog ich ihn hoch und ging mit ihm in langsamen Schritten auf den Flur. Nun mussten wir die Treppe runter, was nicht ganz einfach war. Als wir endlich unten waren, rief ich Ruth hoch, dass ich mal eben mit Augusto im Rollstuhl spazieren fahren würde. Sofort schlug Eulogio Alarm und sagte: „Auf keinen Fall!“ Ich könne unmöglich mit ihm von der 3. Etage zu Fuß die Treppen runter gehen, da dies viel zu gefährlich sei. Zu Augusto gewandt sagte Eulogio: „Por favor, Augusto, no abuse la situación!“ („Bitte, Augusto, nutz die Gelegenheit nicht aus!„). Ruth ermahnte mich eindringlich, dass ich ihn mit dem Rollstuhl nur auf der 20 m langen Loggia (Balkongang) hin- und herschieben dürfe, aber nicht die Treppen hinunter bringen solle. „Versprich mir vor Gott, dass Du das nicht tust!“ – Sie schien mein Störrigkeit zu kennen. Ich versprach es ihr, obwohl mir das sehr leid tat. Ich schob ihn etwas hin und her und ging dann wieder mit ihm in die Wohnung. Dann setzte ich ihn auf das Sofa und fragte ihn, ob ich ihm etwas aus der Bibel vorlesen dürfe. Er bat darum. Zuerst las ich ihm die Geschichte vom barmherzigen Samariter vor und erklärte ihm, dass dies auch seine Geschichte sei, da auch er gerade „halbtot“ am Boden liege und der HErr ihn retten wolle. Dann las ich ihm die Geschichte des Gelähmten von Bethesda vor, der 38 Jahre keine Hilfe bekam bis der HErr Jesus ihn von seiner Krankheit heilte (Joh. 5). „Möchten Sie, dass der HErr Jesus Sie retten soll?“ fragte ich ihn. „Ja, das möchte ich.“ sagte er unter Tränen. „Darf ich für Sie beten?“ – „Ja, bitte„. Ich kniete mich nieder und bat den HErrn, dass Er Augusto doch retten und wenn möglich auch heilen möge. Dann las ich ihm noch die Geschichte vom Blindgeborenen vor (Joh.9) und von Lazarus (Joh.11), aber ihm überkam immer wieder die Müdigkeit, so dass er nicht lange zuhören konnte. Als Ruth dann gehen wollte, verabschiedete ich mich von Augusto und bot ihm an, dass ich morgen wiederkommen würde zusammen mit Bruder Ricardo. Er freute sich sehr und wir gingen.

Lima, 11.01.2020 Schon um 5:30 Uhr weckte mich Ruth, da um 6:00 Uhr Ricardo Pineda kommen würde, da wir uns mit Francisco um 6:30 Uhr zum Gebet verabredet hatten. Wir fuhren mit dem Bus nach Francisco Lopez und setzten uns ins Wohnzimmer, das zwar karg eingerichtet war, aber überflüssigerweise einen großen Fernseher und einen künstlichen Tannenbaum mit Krippenfiguren hatte (Ich dachte: „Das wird der HErr dem Francisco auch noch zu gegebener Zeit zeigen„). Als erstes wollte Francisco mit uns eine kleine Andacht halten über die Verheißung des HErrn in Joh.14:14, dass Er uns alles geben würde, wofür wir den Vater in Seinem Namen bitten würden. Wirklich alles? Nein, natürlich nur das, was nützlich für uns ist. Wir unterhielten uns über die verschiedenen Stellen zum Thema Gebet bis endlich auch die beiden anderen Brüder gegen 7:00 Uhr kamen, so dass wir anfangen konnten. Wir knieten uns nieder und beteten der Reihe nach für all die Anliegen, über die wir uns zuvor ausgetauscht hatten. Besonders lang und herzzerreißend war das Gebet von Bruder Francisco Lopez, der auf einmal in Tränen ausbrach und laut zu Gott rief wegen all der Gewalt und dem Unrecht auf den Straßen Limas, dass der HErr doch eingreifen möge und der HErr dem peruanischen Volk bei den anstehenden Wahlen gerechte und weise Politiker schenken möge, damit die Armut der Menschen ein Ende habe und nicht mehr so viele Morde passieren würden. Im Gebet erwähnte er einen befreundeten Bruder aus der Pfingstgemeinde, mit dem Francisco immer zusammen musizierte und der vor einem Monat auf offener Straße ermordet wurde, weil er sich weigerte, Schutzgeld zu bezahlen. Am Ende machte Francisco eine Sammlung für Bruder Luis, der schon seit anderthalb Jahren weder ein Einkommen noch eine Rente bezieht (in Peru gibt es ja weder HartzIV noch Arbeitslosengeld), da er aufgrund seiner Cluster-Kopfschmerzen nicht mehr als Schweißer arbeiten konnte. Seither wurde er von den beiden Brüdern finanziell unterstützt und bekam ein kleines Zimmer im Haus von Francisco, um dort zu leben. Ich war sehr bewegt von der Hilfsbereitschaft der beiden Brüder und versprach, dass auch wir ihn mit einer größeren Spende unterstützen wollen. Vor etwa einem Jahr bekam Luis einen kleinen Erbanteil von seiner verstorbenen Mutter und schenkte diesen komplett seinem Bruder Francisco als Gegenleistung für alle empfangene Hilfe. Dadurch konnte Francisco den Eingangsbereich seiner Tierarztpraxis modernisieren. Insgesamt sieht das Haus, das Francisco von seiner Mutter geerbt hat, allerdings von außen katastrophal aus, da es seit 70 Jahren nicht mehr renoviert wurde. Und auch jetzt hat Francisco kein Geld, um sich einen Maler zu leisten, so dass ich wahrscheinlich meine nächste Reise zeitweise der Renovierung seines Hauses widmen muss.

Nach der Gebetsstunde verabschiedeten wir uns von den Brüdern und Ricardo und ich gingen zum Bus, während Ruth bei Francisco zum Arbeiten blieb. Plötzlich sprach uns ein junger Mann an, der ungewaschen und sehr schäbig gekleidet war, ob wir ihm ein Almosen geben könnten. Ich gab ihm 2 Soles und Ricardo gab ihm den Rest von dem Kuchen, den er unterwegs gegessen hatte. Da der Mann mit portugiesischem Akzent sprach, fragte ich ihn, ob er Brasilianer sei. Es stellte sich dann heraus, dass Ivo (33) ein drogenabhängiger Portugiese war, der fließend Deutsch sprach, da er von seinem 14. bis 24. Lebensjahr in Deutschland lebte und zur Schule ging. Dann aber sei er mit seinem Vater und Geschwistern nach Peru ausgewandert und dort auf die schiefe Bahn gekommen, indem er im Drogenhandel gearbeitet und zunächst viel Geld verdient hatte. Nachdem er aber eines Nachts von seinem Drogenboss angegriffen wurde, habe er diesen in Notwehr getötet. Daraufhin kam er ins Gefängnis und die Drogenmafia habe aus Rache seine ganze Familie umgebracht. Als er das sagte, brach er völlig in Tränen aus und konnte gar nicht mehr weiterreden. Nun sei er wieder aus dem Gefängnis raus, aber von Crack abhängig, dass schon seinen ganzen Körper zerstört habe (er zeigte uns überall offene Wunden an seinem Körper). Er bekäme das Crack von einem Mann, dem er wie ein Sklave völlig unterworfen sei. Schon wieder weinte er und sagte, dass dieser Mann ihn nach Strich und Faden ausbeute und wie einen Hund behandle. ich sagte ihm, dass der HErr Jesus ihm ein neues Leben schenken wolle und lud ihn ein, mit uns zu kommen, um ihn in aller Ruhe Näheres von Gottes Liebe zu erzählen. Er aber sagte, dass er jetzt nicht kommen könne, weil er noch etwas erledigen solle, aber gerne am Nachmittag käme. Ich gab ihm unsere Telefonnummer, die er sich im Kopf gemerkt hatte. Dann verabschiedeten wir uns. Ricardo war sehr skeptisch und hielt ihn für einen Lügner und Aufschneider, da er doch nur ein fauler Bettler sei. Ich jedoch glaubte ihm.

Leider hatte sich Ivo am Nachmittag dann doch nicht mehr gemeldet, warum auch immer, aber ich hatte mich ja inzwischen schon dran gewöhnt. dass Verabredungen in Peru nicht so viel gelten. Im Grunde war es aber auch gut, dass er nicht mehr kam, denn um 15:00 Uhr hatte ich ja mit Ricardo die Verabredung bei Don Augusto. Wir gingen die 9 Treppen hoch in die dritte Etage, und Felix machte uns die Tür auf, weil er zufällig gerade da war. Bei Gott gibt es ja aber bekanntlich keine Zufälle, und das wurde auch mir bewusst, als sich Felix wie selbstverständlich zu uns ins Wohnzimmer setzte, um mitzuhören, was wir dem Augusto sagen wollten. Ich begann, indem ich Augusto noch einmal eine Zusammenfassung der Evangeliumsbotschaft gab und auch ein persönliches Zeugnis. Dann machte Ricardo weiter, der sehr bewegend und nachvollziehbar von die Tristesse des menschlichen Lebens sprach um dann überzuleiten zu der Freude und dem Frieden, den der Mensch erfährt, wenn er sich unter die Herrschaft des HErrn Jesus stellt. Ricardo hat wirklich eine Gabe, die Dinge mit schönen Worten zu beschreiben. Die beiden hörten die ganze Zeit aufmerksam zu. Am Ende fragte ich den Felix, wie denn sein Verhältnis zu Gott sei. „Ich bete immer jeden Abend, bevor ich ins Bett gehe“ – „Bist Du Katholik?“ – „Ja natürlich“ – „Aber Dir ist klar, dass nicht die Kirche Dir die Sicherheit des Heils vermitteln kann, wie sie behauptet, sondern allein der HErr Jesus?“ – Er nickte, schaute mich aber unsicher an. Ricardo erzählte dann, dass die katholische Kirche die Menschen durch viele Riten den Menschen in einer faschen Sicherheit wiegen würde, indem sie ihn glauben ließe, er könne sich das Heil durch bestimmte Übungen selbst verdienen. Wir wechselten uns so noch eine Weile ab, als plötzlich Ruth aufgeregt an die Tür klopfte, dass es schon 16:15 Uhr sei und wir um 16:30 Uhr von unserem Taxifahrer abgeholt werden würden und mein Koffer noch immer nicht gepackt sei. Ich verabschiedete mich schnell, aber Ricardo blieb noch, um weiter über den Glauben zu sprechen. Während der einstündigen Taxifahrt zum Flughafen konnte ich dann auch dem Alfredo noch ausführlich das Evangelium und die bevorstehenden Ereignisse vor der Wiederkunft des HErrn Jesus beschreiben, wobei mir Alfredo gezwungenermaßen zuhören musste. Um 21:40 Uhr kamen wir dann durch Gottes Güte wohlbehalten in Arequipa an. Wir fanden ein Hostal, gingen auf die Knie und dankten Gott für alle Bewahrung und Seinen Segen.

Arequipa, 12.01.2020 Arequipa liegt im Süden von Peru im Gebirge auf etwa 2.300 m in einem Tal, das von drei 6000 m hohen schneebedeckten Vulkanen umschlossen ist. Da das Klima hier das ganze Jahr über mit 23 C sehr angenehm ist, haben die Spanier im 17. und 18. Jahrhundert diese Stadt als bevorzugten Wohnort gewählt, so dass heute 70 % der 55.000 Einwohner eher hellhäutig sind Wegen ihrer vielen schönen Gebäude aus der Kolonialzeit wurde sie zum Weltkulturerbe gewählt. Die meisten Häuser und Kirchen sind aus weißem „Sillar“ gebaut, einem leichten Vulkangestein, das sich gut verarbeiten lässt und dennoch stabil genug ist, um den zahlreich Erdbeben standzuhalten. Die Stadt ist durch den Abbau von Kupfer, Silber und Gold reich geworden; heute sind es aber auch Fleisch- und Käseprodukte, Kartoffeln, Zwiebeln und Spargel (Peru ist der größte Spargelexporteur der Welt), die den Bewohnern ein überdurchschnittliches Einkommen beschert haben, sodass sich die Stadt in der Vergangenheit sogar schon vom restlichen Peru für unabhängig erklären wollte, ähnlich wie Barcelona. In der Nähe von Arequipa ist der Colca-Canyon, der mit Schluchten von bis zu 3000 m Tiefe zu den größten der Welt zählt. Hier ist der Anden-Kondor beheimatet, der größte Vogel der Welt.

Als wir am Morgen in der Herberge aufwachten, hatte Ruth starke Kopfschmerzen, was wohl an der Höhenluft lag, die deutlich dünner ist, d.h. sauerstoffärmer. Wir beteten und lasen unseren Bibeltext in Spr.4, wo es wieder darum ging, aufmerksam auf die Unterweisung des Vaters zu hören. Ab Vers 3 scheint es so zu sein, als wenn der HErr Jesus selbst berichtet, wie die Erziehung war, die Er von Seinem Gott und Vater erfahren hatte, und wiederholt dann all die Ermahnungen Seines Vaters, die Er nun durch Salomo selber an uns heutige Söhne vermitteln will. Diese Wiederholungen sind wohl deshalb unerlässlich, weil wir ständig so vergesslich sind und in Alltagssituationen immer wieder kläglich versagen. Da wir gestern Abend nichts mehr gegessen hatten, gingen wir erst mal in die Markt, der hier sogar am Sonntag geöffnet hatte. Ein „normales“ Frühstück gab es hier jedoch nicht, sondern stattdessen Schweinefleisch mit Kartoffeln und Zwiebeln. Eigentlich wollte ich ja kein Fleisch mehr essen. Aber ich hatte solch einen Hunger, dass ich mir dies Essen bestellte. Ruth hingegen nahm nur einen Ananassaft und ein Brötchen dazu. Dann gingen wir ins historische Stadtzentrum auf der Suche nach einer Gemeinde. Als wir plötzlich vor einer katholischen Kirche standen, fragte ich Ruth: „Was hältst Du davon, wenn wir uns mal solch einen Gottesdienst anschauen?“ Wir gingen hinein. Die Kirche war zwar alt, aber weiß gestrichen und hell erleuchtet. Rechts und links standen auf Säulenpodesten lebensgroße Statuen der Apostel und Propheten. Einige Besucher standen oder knieten andächtig vor dem goldglänzenden Altar. Dann fing die Messe an und ein junger Priester erschien in weiß gekleidet und begann mit der Liturgie. Ich versuchte mich auf den HErrn zu konzentrieren, aber mir kam auf einmal die Erinnerung wie ich mal als Siebenjähriger neben anderen Kindern in der Schlange stand, um die Hostien- Oblate zu empfangen und eine Nonne mich aus der Schlange zog, dass ich mich wieder hinsetzen solle, da ich als evangelisches Kind nicht an der Eucharistie teilnehmen dürfe. Meine Mutter hatte uns damals 1975/1976 zu einer 6-wöchigen Kinderverschickung vom Caritas in den Allgäu geschickt in ein von Nonnen geleitetes Kinderheim. Dort sind wir Opfer der sog. „Schwarzen Pädagogik“ geworden, indem die Nonnen uns 7 Wochen lang eingeschüchtert, gedemütigt und schikaniert haben. Wir durften ab 20:00 Uhr nicht mehr das Bett verlassen, auch nicht zu Pipimachen. Wir mussten unsere Teller leer essen, weil wir sonst nicht spielen durften und mussten bei Sonnenschein, während alle Kinder draußen spielten einen Brief abschreiben, und uns auch abends im Fernsehzimmer – als alle Kinder einen Kinderfilm sahen – uns nicht zum Fernseher hinwenden, weil wir noch immer nicht den langen Brief abgeschrieben hatten. Es war der reinste Horror, was sie damals mit uns machten. Ich schlug meine Bibel auf und las, dass wir nicht auf dem Sitze der Spötter sitzen sollen (Psalm 1:1). Verspottet die RKK den HErrn? Nein, aber sie verspottet die Seinen, indem sie auf alle Evangelikalen und freikirchlichen Christen mit Spott und Hohn herabschaut und nur sich als legitimiert ansieht, so wie die Pharisäer sich damals auf Abraham beriefen und nicht erkannten, dass Gott sich aus Steinen Kinder zu erwecken vermag. Auf einmal konnte ich nicht länger in der Katholischen Kirche sein, sondern bat Ruth, dass wir wieder hinaus gehen mögen.

Wir gingen weiter und fragten in einer Apotheke, wo es hier eine evangelische Gemeinde gäbe. Sie sagte uns, wo und fügte noch hinzu: „Darf ich fragen, warum Sie sich entschieden haben, evangelisch zu sein?“ Das war natürlich eine Steilvorlage für mich und ich erklärte ihr mir wenigen Worten das Evangelium und gab ihr dann auch noch ein Traktat. Dann gingen wir zu der genannten Adresse und fanden zum Glück eine nicht loadizäisch-verdorbene evangelische Freikirche, die sich nach dem Namen von John Wesley benannte. Der Gottesdienst hatte schon angefangen und die 150 Plätze fassende Kirche war fast bis auf den letzten Platz besetzt. Es war sehr heiß in der Kirche, so dass viele sich Luft zufächelten. Der ältere Prediger sprach über den unwandelbaren Charakter Gottes, dass Er also immer gütig und barmherzig, aber auch gerecht und strafend sei. Er sagte: „Unsere Vorfahren, die Inkas, hielten die Götter für böse und meinten deshalb, dass sie ihren Zorn besänftigen müssten durch Menschenopfer. Jahrzehntelang hat die Wissenschaft geleugnet, dass die Inkas Menschen opferten, aber in den letzten 25 Jahren hat man immer mehr mumifizierte Kinder gefunden, die von den Inkas den Göttern geopfert wurden, wie z.B. jene Juanita, die man auf dem Vulkan Ampato gefunden hat.“ Dann brachte er an die 30 Bibelstellen, die alle die Unwandelbarkeit der Güte Gottes bestätigten, und ich fragte mich, warum die meisten Christen heute dennoch glauben, dass mit der Strafe im Feuersee das Erbarmen Gottes mit dem Sünder plötzlich aufhöre und Gott nicht mehr die Möglichkeit hätte, gemäß Jes.57:16 oder Hes.16:53-63 am Ende Begnadigungen auszusprechen. Das scheint irgendwie doch ein blinder Fleck in der evangelikalen Theologie zu sein, wo man sich selbst ein Denkverbot auferlegt hat. Nach dem Gottesdienst gingen wir nach Haus, denn durch die dünne Luft war ich kreislaufmäßig ziemlich schlapp geworden. Das deftige Essen am Morgen hatte mir sehr auf den Magen geschlagen, so dass ich nur noch schlafen wollte. Ruth kaufte mir in der Apotheke ein Mittel gegen Schwindelgefühl und Brechreiz, dann beteten wir, und am späten Nachmittag ging es mir auch schon besser, so dass wir spazieren gingen.

Auf dem Marktplatz hörte man laut, wie eine Gruppe von sog. „Israeliten“ Werbung machte für ihre Partei FREPAP. Männer mit Bärten und Frauen mit langen Kopftüchern schwenkten ihre Fahnen und sangen dabei im Chor. Ich ging auf einen der älteren Männer zu, der sich wie ein Prophet im Alten Testament gekleidet hatte, und fragte ihn, aus welcher Bibelstelle sie denn das Recht ableiten würden, eine politische Partei zu gründen, die eine irdische Theokratie anstrebe. Sofort sprang ihm ein jüngerer Anhänger dieser Sekte zur Seite, der vermeintlich mehr Ahnung zu haben glaubte und versuchte, das Gespräch mit Gegenfragen in die gewünschte Richtung zu lenken. ich bestand jedoch beharrlich auf eine Antwort meiner Frage und bat ihn, nicht vom Thema abzulenken. Doch statt mir auch nur eine einzige Bibelstelle zu nennen, konzentrierte sich der junge Bursche offensichtlich ganz auf ein bestimmtes Frage-und-Antwort-Schema wie bei den Zeugen Jehovas, bei dem er mir nur die Möglichkeit geben wollte, Ja oder Nein zu sagen. So kam er z.B. immer wieder mit den zehn Geboten und dass der HErr Jesus diese ja nicht aufgelöst habe. Inzwischen hatten sich sehr viele Besucher des Parks um uns herum versammelt, so dass ich die Gelegenheit nutzte, ihm mal einen Vortrag über die Bedeutung der Gebote im Neuen Bund zu halten, dass sie nämlich größtenteils nur noch eine schattenhafte Bedeutung hätten, die wir wie David herausfinden sollen: „An Brandopfern hast Du kein Wohlgefallen. Die Opfer Gottes sind ein zerbrochener Geist; ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst Du, Gott, nicht verachten“ (Ps.51:16b-17). Ich verteilte dann noch von meinen Schriften und wir machten uns auf den Weg zu einem Reiseveranstalter, um die nächsten Tage zu planen. Wir buchten zwei Ausflüge, und zwar in den Sillar-Canyon und in das Colca-Tal, bei dem auch eine Übernachtung mit Frühstück inkl. war für 125 Soles. Als wir abends wieder auf unserem Zimmer waren, erfuhren wir, dass ein evangelikaler Pastor gesternabend in einem Restaurant von zwei Venezolanern gezielt ausgeraubt und dann erschossen wurde. Man fand aber dann heraus, dass er wochenlang um Schutzgeld erpresst wurde von der Mafia und er sich weigerte, dieses zu bezahlen.

Arequipa, 13.01.2020 Als wir heute früh den Text in Spr.5 lasen, wurde ich an Efraín erinnert. Denn wie eindringlich wird hier vor den „fremden Frauen“ gewarnt. Was veranlasst einen Mann, immer und immer wieder die Treue zu der „Frau seiner Jugend“ aufzugeben und dadurch sein Seelenheil aufs Spiel zu setzen? Aus meiner Sicht, kann es sich hierbei nur um einen Lolch-Christen handeln, der nie wirklich wiedergeboren war oder wenn dann nur für eine kurze Zeit (Mt.13:21+38-39). Denn normalerweise würde der Heilige Geist einen Gläubigen doch schon nach dem ersten Ehebruch zur Buße leiten und züchtigen wie bei David, so dass er dies nie wiederholen würde. Erst recht, wenn jemand Prediger ist und die Bibel besonders gut kennt, wird er doch auch immer wieder an all die Stellen erinnert werden, die sein Verhalten aufs Schärfste verurteilen. Und Efraín soll angeblich sogar ein ziemlich guter Prediger sein! – es ist einfach unbegreiflich. Wir beteten dann für Eva und Efraín und auch all die anderen Ehen, die kurz vor dem Scheitern stehen oder bereits zerbrochen sind, dass der HErr doch Buße und Demut wirke in diesen Geschwistern, damit sie ihr eigenes Versagen erkennen und nicht immer die Schuld beim Partner suchen.

Kurz vor 8:00 Uhr gingen wir dann zum verabredeten Ort, wo uns der Reisebus mitnahm zum Canyon von Sillar, wo wir durch eine 800 m lange und 2 m breite Felsenschlucht gingen, die früher mal ein Flussbett war, als es noch genügend Gletschereis gab auf dem Vulkan Misti, das aber inzwischen größtenteils abgeschmolzen ist durch die Erderwärmung und zu einer Bodenerosion geführt hat. Dann fuhr der Kleinbus in den berühmten Steinbruch von Sillar, der sich über 18 km erstreckt und vor etwa 2,5 Millionen Jahren durch einen Riss in der Erdplatte entstanden war und das Tal mit einem Gemisch aus geschmolzenem Stein, Geröll und Gas zu einem 30 m hohen „Steinbrei“ aufgefüllt hat. Seither wird dieses Tuff-Gestein von den Steinmetzen vieler Generationen von Hand abgebaut. Einer von diesen zeigte uns, wie man einen Steinblock mit Hammer und Meißel innerhalb von 5 Minuten in die richtige Form meißelt. Er ließ auch mich dann mal einen Steinblock spalten und bearbeiten, aber das war so anstrengend, dass ich nach 10 Minuten völlig erschöpft war. Wenn man bedenkt, dass er für einen Stein von 40 x 30 x 20 cm Größe gerade einmal nur 5 Soles (1,35 €) erhält, dann kann man gut verstehen, warum er sagte, dass er zur „letzten Generation“ von Steinmetzen zähle, da sich immer weniger dazu bereit erklärten, die kräfteaufreibende Arbeit zu machen.

Als wir mittags wieder in Arequipa waren, aßen wir Mittag für 7 Soles (2,-€) und ruhten uns erst mal lange aus, dann beteten wir zusammen und machten uns auf den Weg, um wieder in die Innenstadt zu gehen. Wir besuchten zunächst ein Museum, wo es u.a. auch die berühmte Mumie der 12-jährigen Juanita zu besichtigen gab, die 1995 durch Zufall auf dem vom Gletschereis befreiten Ampato-Vulkan von einem Amerikaner in 6000 m Höhe gefunden wurde. Die Mumie war durch die kalte, trockene Luft so gut erhalten geblieben, dass man nicht nur ihre Haare und Kleidung noch nahezu unversehrt vorfand, sondern sogar durch Untersuchung ihres Mageninhalts wusste, dass sie vor ihrem gewaltsamen Tod noch einen Gemüseeintopf gegessen hatte. Die Inkas hatten Juanita vor 500 Jahren auserwählt, um als reines und unschuldiges Opfer den Göttern geweiht zu werden, damit ihr Volk nicht von Plagen und Vulkan-Ausbrüchen heimgesucht werde. Sie starb freiwillig (wenn auch durch Gehirnwäsche manipuliert) und wurde mit einem gezielten Schlag an die Schläfe angeblich nahezu schmerzfrei erschlagen. In der Folgezeit entdeckte man dann auch weitere Mumien auf dem gleichen Vulkan und auch noch auf 14 weiteren Vulkanen in Peru und Chile, die alle mit sehr vielen Grabbeigaben freigelegt wurden, wie z.B. wertvolle Ponchos und feingewebte Decken, Figuren aus Silber und Kupfer etc. Man konnte in den Vitrinen auch genau die Sandalen sehen, mit denen sie damals den 6000 m hohen Berg bestiegen waren bei Frosttemperaturen.

Als wir wieder draußen waren, wollte sich Ruth Kunsthandwerk anschauen, während ich auf den großen Platz ging zum Traktate verteilen. Ich hatte gerade erst drei zettel verteilt, als mich plötzlich ein Junge ansprach, der mit seiner Freundin auf den Treppenstufen der großen Kathedrale saß: „Hallo, Mister, Sie haben mir noch keinen Zettel gegeben. Was steht denn da drauf? Worum geht es? Setzen Sie sich doch bitte einen Moment zu uns und erzählen Sie uns, was Sie da verteile, denn das würden wir echt gerne wissen.“ Während ich ihnen dann erklärte, was meine Mission ist und was jeder Mensch tun müsse, um errettet zu werden, schaute mich Jonatán (22) mit großen Augen und offenem Mund an. Als auf einmal ein Kaffeeverkäufer vorbei kam, rief ihm Jonatán zu, er wolle mir einen Kaffee ausgeben. ich lehnte zunächst ab, weil das doch nicht nötig täte, aber er bestand darauf, mir die 2 Soles für den Kaffee zu spendieren. Es fing leicht an zu nieseln, und ich erklärte den beiden Frischverliebten das Evangelium an Hand der Geschichte vom barmherzigen Samariter. Doch scheinbar war dem Jonatán die Geschichte zu lang, weshalb er mich immer wieder unterbrach und mir Fragen stellte, die sich auf die Katholische Kirche bezogen. Er erzählte mir, dass er als Kleinkind mal von einem Kobold unter das Bett gezogen wurde, aber dass sein Vater ihn dann im letzten Moment wieder rausgezogen hat. Dann habe er ihn taufen lassen, und seitdem wurde er nicht mehr von Kobolden oder dämonischen Wesen bedrängt. Ich versuchte, das Gespräch wieder auf die Notwendigkeit der Bekehrung zu lenken, da merkte ich, dass die beiden leicht angeschwipst waren und sah auch eine Flasche Alkohol. In dem Moment kam Ruth zu mir und hörte das Gespräch mit an. Ruth sprach dann seine Freundin Stefani (22) an, die ihr offen bekannte, dass sie Probleme mit Alkohol und Drogen habe, und dass sie schon oft versucht hatte, damit aufzuhören, aber durch ihre Freundinnen immer wieder neu dazu angestiftet werde. Ruth empfahl ihr, die evangelische Kirche zu besuchen, wo wir gestern waren und beschrieb ihr den Weg. Ich ermahnte den Jonathan unterdessen, dass er sein bisheriges Leben aufgeben und sich bekehren müsse. Mit glasigen Augen bekannte er mir dann jedoch, dass er dazu derzeit nicht in der Lage sei.

Chivey, 14.01.2020 Da ich viel am Nachmittag geschlafen hatte, wurde ich schon um 3:00 Uhr wach und konnte nicht mehr einschlafen. Ich setzte mich draußen in den Flur und schrieb an meinem Tagebuch weiter, bei dem ich mal wieder deutlich im Rückstand war. Als Ruth aufstand, breiteten wir unsere Sachen, denn wir mussten das Zimmer für einen Tag räumen, da wir wegen der langen Reise nach Colca dort auch übernachten würden. Als alles verpackt war, beteten wir gemeinsam und lasen Spr. 6. Wie könnten wir uns heute für jemanden verbürgen? Buchstäblich hatte ich das mal für einen rumänischen Mitarbeiter gemacht, weil er sonst keinen Mietvertrag bekommen hätte. Als er jedoch bei mir kündigte, forderte der Vermieter von mir, dass ich die Miete weiter zahlen solle. Erst da merkte ich, auf was ich mich da eingelassen hatte. Zum Glück fand Horaciu dann bald eine neue Arbeit und konnte seine Miete dann selbst bezahlen. Heute könnte ein leichtfertiges Verbürgen wohl auch darin bestehen, dass man für einen Menschen „die Hand ins Feuer hält„, z.B. wenn ich einem meiner Kunden einen Handwerker empfehle, der den Kunden aber dann schwer enttäuscht. Oder aber, wenn wir uns für die Treue eines Bruders verbürgen, obwohl wir ihn gar nicht gut genug kennen. Und dann ist am Ende noch von jenen sieben Todsünden die Rede, bei denen man denken könnte, dass sie alle nur ein aktives Handeln voraussetzen. Aber die letzte von diesen „Wer Streit ausstreut zwischen Brüdern“ kann man auch so übersetzen: „Wer freien Lauf lässt dem Streit unter Brüdern„, d.h. wer sich nicht einmischt und dadurch den Streit erst recht eskalieren lässt, anstatt ein Friedensstifter zu sein.

Wir wurden am Morgen abgeholt und fuhren mit dem Kleinbus 4 Stunden lang die Bergserpentinen rauf und runter bis wir auf 4.910 Meter angelangt waren. Dort oben sah man nur noch eine Steinwüste und schneebedeckte Bergspitzen. Die Luft war noch viel dünner und die Temperatur betrug trotz Sonnenschein nur noch 7 C. Wir sahen große Alpaka- und Vicuña-Herden die auf der der kargen Pampa das wenige Wildgras, Ichhu genannt, abfraßen. Wir fuhren in eine kleine Stadt, die auf 3.750 m im Tal lag, wo man uns ein Hotelzimmer zuwies. Wir aßen dort dann zu Mittag. Uns gegenüber war etwa eine 70 Jahre alte Frau aus der Schweiz namens Elisabeth, die mit ihrer Nichte Manuela (ca. 27 J.) zum ersten Mal in Peru war. Als sie mir sagte, dass sie 30 Jahre lang in Papua-Neuguinea gearbeitet hatte, stellte sich heraus, dass sie Missionarin ist und mit ihrer Nichte dem Schweizer Brüderverein angehört. Da haben wir uns natürlich sehr gefreut. Wir freundeten uns an und unterhielten uns dann in den weiteren zwei Tagen viele Male während der weiteren Ausflüge auf Deutsch. Nach dem Essen wurden wir in ein kleines Dorf am Fluss gefahren, wo es 73 C heißes Wasser gab, das aus einer sehr mineralhaltigen Vulkanquelle kam und wo man deshalb ein Thermalbad errichtet hat, in dem wir 1 Std lang baden konnten. Umgeben war das Freibad von riesigen Felswänden, die in den reißenden Fluss endeten, der durch eine Hängebrücke überquert werden konnte – eine wirklich malerische Landschaft! Dann fuhren wir wieder zurück zum Hotel, wo uns der Reiseleiter mitteilte, dass es heute Abend noch ein Folklorefest gäbe, bei dem wir zu Abend essen konnten. Ruth fühlte sich aber nicht so gut und wollte lieber auf dem Zimmer bleiben.

Arequipa, 15.01.2020 Am nächsten Morgen mussten wir schon um 5:00 Uhr aufstehen, da wir um 6:40 Uhr abgeholt werden sollten. Wir beteten zusammen und lasen unseren Text in Spr.7, wo es um den einfältigen jungen Mann geht, der sich von einer Ehebrecherin verführen ließ und dadurch am Ende sein Leben verlor, möglicherweise, weil der Ehemann sich an ihm rächte. Er wurde als abschreckendes Beispiel vorgestellt, damit sich andere Jünglinge vor der Gefahr der Verführung warnen lassen mögen. Man könnte diesen Fall aber auch übertragen auf viele andere Verführungen, die auch uns möglicherweise betreffen. Interessant ist die Aussage der Hure, dass sie ihre Friedensopfer und Gelübde erfüllt habe und deshalb nun mit einem vermeintlich „gutem Gewissen“ den Ehebruch begehen könne. Hier wird deutlich, dass selbst ein/e Verbrecher/in das Bedürfnis hat, dass religiöse Bedürfnisse erfüllt werden ohne dass diese Einfluss hätten auf die Entscheidung, weiter in Sünde leben zu wollen. Und wieder muss ich an Efraín denken, der scheinbar ebenso seine Persönlichkeit gespalten hat in eine fromme und eine ehebrecherische ohne damit irgendwie ein Problem zu haben. Hier kommt mir Gänsehaut…

Nach dem Frühstück wurden wir dann abgeholt und zum Canyon de Colca gefahren, der mit 3000 Metern größten Schlucht der Welt, in welcher sehr viele Anden-Kondore zu sehen sind. Es war ein fantastischer Ausblick, so tief ins Tal zu blicken, während Wolken wie Nebelschwaden an uns vorbeizogen, und über uns sah man die schneebedeckte Bergkette. Der Reiseleiter sagte uns, dass man geduldig warten müsse, bis ein Kondor an einem vorbeifliege. Doch auch nach einer dreiviertel Stunde sahen wir zwar ein paar Kondore, aber nur aus ganz weiter Entfernung. Erst als wir wieder weggefahren waren, sahen wir plötzlich am Wegesrand eine ganze Kondorfamilie in unmittelbarer Entfernung, so dass der Kleinbus anhielt, um Fotos zu machen. Dann fuhren wir in ein Dorf namens Maca, wo der Reiseführer uns eine Plantage von Feigenkakteen (Opuntien) zeigte, die nicht nur zur Feigenernte genutzt wurden, sondern an denen auch die wertvolle Kaktuslaus Cochenille angesiedelt war, aus der der wertvolle Farbstoff Karmesin gewonnen wurde. Dann sollten wir auch noch alle einen Kaktus-Likör trinken und ein Kaktus-Eis essen, was sehr nach Kiwi aussah und nach Zitrone schmeckte. Dann fuhren wir in ein Lokal zum Mittagessen und von dort nach Arequipa zurück. Zum Schluss verabschiedeten wir uns besonders von Elisabeth und Manuela und tauschten unsere Adressen aus. Leider hatte ich heute vergessen, meinen Sonnenhut zu tragen und mich einzucremen, da es erst ab dem Mittag sonnig wurde. Dadurch hatte ich mir aber dann einen starken Sonnenbrand zugezogen, so dass ich knallrot war im Gesicht. Als wir wieder im Hotelzimmer waren, erfuhren wir durch die Nachrichten, dass schon wieder zwei Menschen aus nichtigsten Gründen von venezolanischen Gangstern erschossen wurden. Die beiden Auto-Mechaniker hatten mit einem der Venezolaner geschimpft, weil er einfach an eine Wand vor der Werkstatt gepinkelt hatte. Daraufhin betraten die Venezolaner die Werkstatt und schossen auf die vier Arbeiter, von denen zwei dann starben. Man kann sich nur wundern, dass es in Peru nicht eine PEGIDA-Bewegung gibt, die gegen die ständigen Verbrechen der Venezolaner auf die Straße geht. Das liegt wohl auch ein wenig an der Mentalität der Peruaner, die einem Streit eher aus dem Wege gehen. Wenn ein Polizist z.B. jeden Besucher einer Behörde um ein „Trinkgeld“ von 2 Soles bittet, dann geben sie es einfach, um „keine Scherereien“ zu haben. In Deutschland würde man einen solchen Polizisten wohl sofort seines Dienstes entheben. Man muss allerdings auch bedenken, dass es sich bei diesen Venezolanern, die kaltblütig Menschen erschießen, um echte Verbrecher handelt, die von Präsident Maduro ganz bewusst aus den Gefängnissen entlassen wurden, um Kosten zu sparen, so wie Fidel Castro 1980 all seine Verbrecher entlassen hat und sie in die USA entsandte, um die Amerikaner auf diese Weise zu schädigen.

Lima, 16.01.2020 Am Morgen erzählte Ruth mir das Zeugnis von einem gewissen Hanibal, das ihr der Francisco erzählt hatte. Hanibal war ein eifriger Evangelist und zudem auch noch Kinderarzt und Tierarzt zugleich, bis er vor 15 Jahren einen schweren Verkehrsunfall erlitt. Ein Wagen hatte ihn mit dem Fahrrad angefahren und Unfallflucht begangen. Hanibal war viele Monate im Krankenhaus und blieb zunächst halbseitig gelähmt. Er musste wegen seiner starken Schmerzen immer wieder operiert werden, was ihn finanziell ruinierte. Zudem hatte ein Arzt einen sog. „Kunstfehler“ begangen, indem er die Nerven am Rücken dauerhaft beschädigte. Doch trotz all dieser Prüfungen verlor Hanibal nicht seinen Glauben, sondern wurde noch viel treuer im Gebet und in seiner Abhängigkeit vom HErrn. Er war damals verlobt, als der Unfall geschah und sagte zu seiner Verlobten: „Schatz, ich bitte Dich, dass Du Dir einen anderen suchen mögest, denn ich möchte Dich nicht belasten mit meiner Behinderung:“ Sie aber, die auch gläubig ist, sagte, dass sie ihm gerade jetzt um so mehr die Treue halten und ihn nicht in Stich lassen wolle. Sie schrieb dann sogar ein Buch über das Schicksal ihres Mannes, das inzwischen vergriffen ist. Hanibal aber wurde durch Gottes Güte nach vielen Reha-Maßnahmen wieder nahezu gesund und kann wieder als Tierarzt arbeiten. Ruth und ich wollen ihn in den nächsten Tagen mal besuchen gehen, denn dieses Zeugnis hat Ruth im Glauben sehr gestärkt.

Nachdem wir gefrühstückt hatten, lasen wir in Spr.8:1-21 wieder von der personifizierten Weisheit, die unser HErr Jesus ist. Jedes Mal wenn ein Bruder auf der Straße das Evangelium verkündigt, dann ist es im Grunde der HErr selbst, der die Menschen zur Einsicht aufruft (Verse 1-11). Bevor überhaupt ein Mensch den HErrn annehmen kann, muss er „von Gott gelehrt“ sein, d.h. sein Herzensboden muss zubereitet sein. Ich bin davon überzeugt, dass Gott dazu die RKK in Südamerika benutzt hat, um den Inkas erst einmal die Gottesfurcht zu lehren. Damit der Übergang zwischen Heidentum und Christentum nicht zu hart war, ließ der HErr zu, dass die Jesuiten den heidnischen Gottheiten erst einmal menschliche „Heilige“ zuordneten, die sie anstelle der anderen verehren durften. Auch der Islam war im Vergleich zu dem Götzendienst der Heiden und den Blutsfehden der arabischen Stämme schon mal eine „Verbesserung„, denn sonst hätten es die christlichen Missionare noch viel schwerer gehabt, das Evangelium gegenüber den heidnischen Traditionen und den starken Familienbanden durchzusetzen. ich glaube sogar, dass die „Aufklärung“ im 17. und 18. Jh. gewisse Verbesserungen gebracht hat in Bezug auf die Toleranz und das friedliche Nebeneinander von Glaubensüberzeugungen, auch wenn sie später durch den wachsenden Rationalismus vieles auch wieder zerstört hat. Ohne die Aufklärung und die Demokratie hätte sich das Evangelium nicht so weit ausbreiten können.

Kurz vor 7:00 Uhr fuhren wir dann mit einem Taxi zum Flughafen und von dort um 10:00 Uhr nach Lima, wo uns der Taxifahrer Alfredo wieder abholte. Auf dem Weg in die Matute-Siedlung erzählte uns Alfredo, dass man jetzt 124 Venezolaner in einer Ferienanlange in Punta Negra verhaftet hätte, denen die Polizei schon lange auf der Schliche war. Zudem fand man jede Menge Bargeld und Waffen bei ihnen. An 80 von ihnen befanden sich Bleispuren an den Fingern, die einen weiteren Hinweis gaben, dass sie Mörder waren. Dann sprachen wir über die überdurchschnittlich hohe Anzahl von Frauenmorden in Peru (schon allein im Jahr 2020 sind bis jetzt 42 Frauen von ihren Partnern ermordet worden). Die meisten Männer fühlten sich offensichtlich hilflos gegenüber der wortmächtigen Kritik ihrer Ehefrauen oder leiden unter Minderwertigkeitsgefühlen, so dass sie die Erniedrigung kaum ertragen können, wenn sie von ihren Frauen betrogen werden. Alfredo erzählte, dass er auch mal 7 Jahre verheiratet war, aber dass seine Frau ihn ständig nur kritisiert habe. Darauf hatte er dann immer sehr beleidigt reagiert, so dass sich der Dauerstreit immer weiter hochschaukelte. Damals hatte er noch keinen Führerschein und wurde viermal von seiner Frau ohne Busgeld mitten in der Stadt ausgesetzt, so dass er kilometerweit zu Fuß nach Haus gehen musste. Ich habe Alfredo gesagt, dass eine Ehe nur funktionieren kann, wenn beide Partner sich auf das Wort Gottes als „Schiedsrichter“ einigen würden. Da sagte Alfredo sofort: „Ja genau, das hat uns damals gefehlt. Wir wollten auch immer eine Ehetherapie machen, aber am Ende war es schon zu spät, weil sie mir nicht mehr vergeben wollte. Da hab´ ich mir gesagt: ‚Wenn sie unbedingt gehen will, dann soll sie doch gehen!'“ – „Und bereust Du inzwischen Deine damalige Gleichgültigkeit?“ – „Allerdings. Ich hätt um sie kämpfen sollen. Aber ich war damals leider so stolz und empfindlich, dass sich jeder Streit gleich immer hochgeschaukelt hat.“ – „Wir Männer dürfen uns nicht so leicht provozieren lassen, sondern sollten Rücksicht auf die Frauen nehmen, weil sie nach der Heiligen Schrift das ’schwächere Gefäß‘ sind.“

Nachdem wir angekommen waren, wusch ich die Wäsche und hängte sie auf, während Ruth Fisch kaufte und Essen bereitete. Dann unterhielten wir uns am Tisch über unsere Reise nach Ica zu Ruths Bruder Israel, die für den nächsten Tag geplant war. Wir hatten dafür Ricardo eingeladen mitzukommen und überlegten nun, auch Eva einzuladen, um uns auf diese Weise mit ihr zu versöhnen. Auf einmal hatte Ruth die Idee, auch Francisco zu fragen, ob er mit seiner Familie mitkommen will. „Erst müssen wir Israel fragen, denn wir wären ja dann 8 Personen, und die haben vielleicht gar nicht genügend Platz für so viele Gäste„. Doch Israel beschwichtigte mich am Telefon, dass das gar kein Problem sei und sie sich sehr freuen würden, wenn möglichst viele kämen. Also rief ich Francisco an und fragte ihn, ob er so kurzfristig mitkommen könnte. Zunächst zögerte er, aber dann sagte er zu. Wir gingen dann zusammen mit Ricardo am Abend zur Bibelstunde. Francisco hatte diesmal auch seine Schwägerin Maria eingeladen zusammen mit ihrem Mann José, der Krebs hat. Beide sind erst seit kurzem gläubig. Auch hatte Francisco seinen gläubigen Freund Wilberto eingeladen. Das Thema war die gekrümmte Frau in Lukas 13:10-17, die der HErr gegen den Willen der Pharisäer am Sabbat geheilt hatte. Francisco machte wieder die Moderation, indem er nur Fragen stellte, um die Geschwister zur Beteiligung anzuregen und machte es sehr gut. ich und Francisco waren mal wieder völlig eines Sinnes, dass wir nur glaubhaft das Evangelium verbreiten können, wenn es auch mit guten Werken verbunden ist, während Ricardo sich eher gegen ein „soziales Evangelium“ aussprach, weil es dem HErrn nicht um der Leib gingen, sondern um die Seele. Auch José und Chio beteiligte sich viel.

Schließlich gab Francisco noch ein sehr berührendes Zeugnis, was er vor 30 Jahren mal während seiner Studienzeit erlebt hatte. Damals in den 80er Jahren hatten die maoistischen Terroristen vom Sendero Luminoso („leuchtender Pfad„) die Universitäten unter Beschlag genommen, so dass fast jeden Tag in den Aulas politische Propaganda gegen den imperialistischen Staat geübt wurde. Da auch viele Dozenten und Professoren vom kommunistischen Geist infiziert waren, wurde diese Manipulation auch geduldet. An einem Tag hatte Francisco mit einigen gläubigen Studenten den Prediger Alex Chan eingeladen zu einer Evangelisation. Während er vor den Studenten das Evangelium predigte, stürmte ein Senderista (Terrorist) auf die Bühne und versuchte, ihm das Mikrophon zu entreißen, indem er am Kabel zog. Geistesgegenwärtig sprang auch eine junge Schwester namens Estella auf die Bühne und versuchte, den Terroristen daran zu hindern. Dann kam ein Bruder namens Benjamin dazu und schubste den Terroristen weg. Francisco war entsetzt, denn es entstand eine Prügelei, die kein gutes Zeugnis war für den Glauben. In diesem Moment ging der Jugendleiter Hanibal (damals etwa 22 J.) auf den Senderista zu, aber statt ihn zu bekämpfen, umarmte er ihn inniglich und ließ ihn nicht mehr aus der Umarmung. Der Terrorist war darüber so überrascht, dass er wie versteinert war und sich nicht mehr wehrte. Dieses Zeugnis sprach sich dann schnell in der ganzen Uni rum, so dass die Christen von den Studenten ein sehr hohes Ansehen bekamen. Da dachte ich: den Hanibal würde ich gerne mal kennenlernen, denn das ist schon das zweite schöne Zeugnis, das ich von ihm höre.

Ica, 17.01.2020 Am Morgen lasen wir nach dem Gebet den zweiten Teil von Spr.8, ab Vers 22, wo der HErr Jesus als Weisheit von Seiner Geburt vor Grundlegung der Welt spricht (Vers 25) und wie Er danach alles für Gott erschuf als „Werkmeister„. Die Erwähnung der einzelnen Werke Gottes soll uns Ehrfurcht einflößen: Wie alt ist unser Planet? Was musste alles geschehen, damit er heute so ist, wie er heute ist? Wie genau mussten alle chemischen und physischen Komponenten gegeneinander austariert und gegeneinander abgewogen werden, um die Geschöpfe dauerhaft am Leben zu halten. Wie viel Volumen an Luft und wie viel Liter Wasser gibt es auf der Welt? Wie viel Gewicht hat unser Planet? Der HErr hat alles genau festgelegt und gestaltet. Wie viel Aufwand hat Er allein bei der Erschaffung des Menschen betrieben! So komplex ist jedes einzelne Organ, so viel musste Er dabei beachten, damit der Bauplan auch über Jahrhunderte Bestand hätte und der Mensch „funktioniert„! Der HErr Jesus hatte Seine „Freude an den Menschenkindern„, so wie vielleicht ein Kind, das sich an seiner Playmobil-Stadt erfreut, die es selbst gebaut hat. Und diese Freude hat Er in das Herz jedes Kindes gelegt, damit wir uns dies vorstellen können. „Wie wunderbar sind Deine Werke, und meine Seele weiß es sehr wohl“ sagt der Psalmist. Und der Mikrobiologe Prof. Siegfried Scherer sagte einmal: „Mein Beruf ist es, dass ich den ganzen Tag die Schöpfung Gottes erforschen darf, und ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus.“

Da wir heute nach Ica abreisen wollen, mussten wir noch einmal in die Stadt, um Geld zu wechseln, insbesondere von den Spendengeldern, denn in Ica gibt es die meisten der bedürftigen Geschwister. Ich wollte die Gelegenheit nutzen, bei dieser Gelegenheit auch noch mal die zweite Hälfte der 1000 Traktate zu verteilen, da in einer Woche die Wahlen sind und das Traktat ja speziell auf die Wahlen zugeschnitten ist. Nachdem wir also unsere Koffer gepackt hatten, beteten wir, dass der HErr doch die Saat segnen möge, die wir jetzt verteilen würden. Draußen ist es heute wieder deutlich über 30 Grad, so dass ich schon am Vormittag klitschnass geschwitzt war und mich nochmal duschen musste. Auch heute machten Ruth und ich die Erfahrung, dass uns die Handzettel regelrecht begierig aus der Hand gerissen wurden, so dass schon nach einer halben Stunde alle Zettel weg waren. ich hatte einige kurze Gespräche mit Leuten auf der Straße, die näheres wissen wollten über unsere Gruppierung; aber es gab auch einige Spötter, die sich über den Vergleich mit den politischen Wahlen aufregten und mich als Weißen beschimpften, dass ich das Volk durch die Religion einlullen würde, damit die Reichen es weiter ausbeuten könnten. Als wir dann Geld gewechselt hatten, fuhren wir sofort wieder nach Haus.

Um 15:20 Uhr kam Ricardo Pineda mit seinem Reisegepäck und wir machten uns auf den Weg zur Busstation, wo wir dann auch Francisco und seine Familie antrafen. Dann gab es zunächst ein kleines Problem, denn der 16:00 Uhr-Bus, für den wir bereits am Morgen Fahrkarten gekauft hatten für Ruth mich und Ricardo war inzwischen ausgebucht, so dass Francisco Lopez und seine Familie den nächsten Bus nehmen mussten. Wir versprachen ihnen aber, dass wir die eine Stunde dann in Ica auf sie warten würden und bezahlten für sie die Fahrkarten. Als wir dann nach 4,5 Stunden abends um 20:30 Uhr in Ica ankamen, aßen wir ein Abendessen in einem Imbiss und warteten auf Francisco. Als er dann kam, spendierten wir auch für ihn und seine Familie ein Abendessen, wobei Chio etwas skeptisch war, ob die Küche des Imbiss auch ausreichend sauber sei. Um 22:00 Uhr holte uns dann Joel (32), der Sohn von Israel, mit seiner Frau Karelia (27) und seinen beiden Kindern Jared (5) und Derek (7 Monate) von der Busstation ab mit seinem Transporter. Als wir dann im Dunkeln am Stadtrand von Ica ankamen, sahen wir, dass Straßenarbeiter die gesamte Zuwegung zum Haus aufgegraben hatten, um einen Wasser- und Abwasserkanal zu legen. Chio war etwas entsetzt über die ärmlichen Verhältnisse hier auf dem Land, ließ sich aber zunächst nichts anmerken. Als wir dann im Haus von Israel ankamen, war die Freude über das Wiedersehen groß, denn Ricardo und Francisco hatten den Israel fast 30 Jahre lang nicht gesehen. Während sie sich dann angeregt unterhielten, dachte ich bei mir: „Wir sollten jetzt erst einmal beten und Gott für die Bewahrung auf der Reise danken. Aber ich sollte dies besser nicht vorschlagen, denn das könnten die Geschwister so auslegen, als würde ich mich ihnen gegenüber als besonders fromm geben wollen.“ Dieser Gedanke erwies sich später jedoch als fataler Fehler, denn wie sich herausstellen sollte, nutzte der Feind dies auf einmal, um Zwietracht und Bitterkeit zu sähen von einem Moment zum anderen.

Nach Prediger 10:20 und Offb.18:2-3 treten Dämonen und unreine Geister häufig in Form von Vögeln und fliegenden Insekten auf. In Horrorfilmen von Alfred Hitchcock wurden diese Tiere deshalb bevorzugt verwendet, um den Menschen Angst und Schrecken einzujagen. Besonders die bis zu 7 cm großen Cucarachas (Kakerlaken) mit ihren glänzenden Flügeln sind für die meisten Peruaner ein Zeichen von Ekel und Ungeziefer. Als Israel der Familie Lopez dann am Abend ihr Zimmer zeigte mit einem Doppelbett und einem Etagenbett für die Mädchen, sah Chio auf einmal zwei Cucarachas auf dem Boden lang laufen. Israel hatte nämlich zuvor die Außentür des Zimmers offen gelassen, damit frische Luft in den Raum hineinkäme, und durch die Kanalarbeiten vorm Haus waren viele Kakerlaken aus der Kanalisation ins Haus gewandert auf der Suche nach Nahrung. Die Töchter schrien vor Ekel, aber Israel zertrat die Cucarachas schnell mit der Fußsohle. Doch für Chio war in diesem Moment klar, dass das Zimmer nicht sauber sei und dass sie hier nicht übernachten könne. Sie bat um Verständnis, dass sie für sich und ihre Familie lieber in einem Hotel schlafen möchte. Israel versuchte dann die Situation zu retten und bot Chio ein anderes Zimmer an, aber Chio wollte sich nicht überreden lassen. Darauf ließ sich Israel leider zu der unbedachten Bemerkung hinreißen, Chio möge sich „doch nicht so anstellen„, zumal es doch ohnehin nur 3 Nächte seien. Chio verbat sich indes diese – aus ihrer Sicht – rücksichtslose Bevormundung und erinnerte Israel daran, dass sie schließlich eine Verantwortung für ihre beiden kleinen Töchter hätte. Sie rief dann Ruth und mich und bat uns, sie zum Taxi zu begleiten, damit sie sich ein Hotelzimmer für die Nacht suchen könnten. Francisco war mit dieser Situation völlig überfordert und versuchte gar nicht erst, seine Frau zum Einlenken zu bewegen, da er aus Erfahrung wusste, dass sie dann eine Szene vor allen machen würde und alles nur noch schlimmer käme. Mit niedergeschlagenem Gesicht ging er mit uns und seiner Familie zur Hauptstraße, die um diese nächtliche Stunde nur spärlich beleuchtet war, und glücklicherweise kam dann auch schon bald ein Taxi in dieser einsamen Gegend, das sie in die Stadt fahren konnte. Ruth gab Francisco noch einmal 100 Soles für die Hotelübernachtung, da sie sich diese selbst kaum leisten konnten. Aber wie sollte es jetzt weitergehen?

Israel und sein Sohn Jonatan (33) nahmen diesen Konflikt jedoch mit Gelassenheit und waren sich auch keiner Schuld bewusst. Wer nicht will, der hat schon. Ruth hingegen sagte: „Ya no van a venir“ („Die kommen nicht mehr„). Darauf sagte ich: „Wenn das so käme, dann hätte der Feind auf der ganzen Linie gesiegt; und das nur, weil wir ihm Raum gaben, indem wir nicht gebetet haben. Wir hätten sie gar nicht gehen lassen sollen, denn dadurch haben wir ihnen im Grunde Gleichgültigkeit signalisiert, die schlimmer ist als offener Hass. Wir sollten Buße tun und Gott bitten, dass er diese Verbitterung doch wieder heilen möge.“ Stattdessen aber unterhielten sich die Brüder noch lange bis Mitternacht über die alten Zeiten, so daß ich kaum Hoffnung hatte, dass es noch zu einer Versöhnung käme. Ich bat den HErrn indes um Vergebung dafür, dass ich jämmerlich versagt hatte, indem ich nicht rechtzeitig auf ein gemeinsames Gebet gedrängt hatte.

Ica, 18.01.2020   Beim Frühstück las ich mit den Geschwistern aus Sprüche 9 vor, und wir sprachen über die Notwendigkeit, das Wort Gottes auf den Straßen zu verbreiten. „Denn wenn die Diener der ‚Weisheit‘ es nicht tun, dann tun es die Diener der ‚Torheit‘, wie man ja beispielhaft auf dem Plaza de San Martín sehen kann. Diese Kommunisten sind viel fleißiger und beharrlicher als die Evangelisten, deshalb haben sie auch schon viel mehr Anhänger gewonnen als wir. Das sollte uns beschämen und dazu anregen, wieder viel mehr hinauszugehen, solange wir noch Gelegenheit dazu haben, denn der HErr Jesus kommt schon bald wieder.“ In der Tat gab es mal eine Zeit, in welcher Israel mit seinen beiden Söhnen fleißig Traktate verteilt hatten; aber dieser Eifer ist seit langem zum Erliegen gekommen. Ich ermahnte Bruder Israel und seinen Sohn Jonathan deshalb, doch wieder häufiger hinauszugehen mit der Frohen Botschaft, wie sie es früher taten, denn ich sehe seit vier Jahren bei Israel drei Vitrinen voller Traktate, ohne dass sich der Bestand seither vermindert hätte, sondern sie stauben förmlich vor sich hin, während jedes Jahr in Ica Tausende Menschen sterben und verloren gehen, weil sie vielleicht nicht rechtzeitig mit dem Evangelium erreicht wurden. Nach meiner kurzen Ansprache spürte ich ein beredtes Schweigen, und ich erinnerte mich an die Worte von Ruth, dass die Peruaner es nicht gewöhnt sind, wenn man sie so scharf und direkt mit Kritik konfrontiert, wie es die Deutschen gewohnt sind. Ein Peruaner sagt das, was er sagen will, immer “durch die Blume”, d.h. mit vielen Kringeln und Schleifen. Mein subjektiver Eindruck war ohnehin, dass die ganze Arbeit am Haus Gottes in Ica in den letzten Jahren zum Erliegen gekommen ist. Während früher der Versammlungsraum mit etwa 40 Geschwistern überfüllt war, kommen heute nur noch maximal 6-8 Geschwister regelmäßig zu den Versammlungen. Israel ist alt und müde geworden. Seit der Heirat seines Sohnes Joel (32) vor 4 Jahren und seiner Adoptivtochter Rossana (44) vor 7 Jahren ist nicht nur die Gemeinde sondern auch das Grundstück in Ica ziemlich verwahrlost und im Verfall begriffen. Es wird nichts mehr erneuert, sondern alles nur noch verwaltet. “Das Krumme wird nicht mehr begradigt, und das Fehlende kann nicht gezählt werden” heißt es irgendwo im Predigerbuch. Niemand scheint mehr die Kraft und den Elan zu haben, das Haus und die Gemeinde wieder auf Vordermann zu bringen. Das Haus von Israel ist hier sprichwörtlich ein Abbild für das geistliche „Haus Israel“ heute, indem jeder nur noch auf das Seinige schaut und nicht auf das, was Jesu Christi ist (Phil.2:21). Aber dies offen anzusprechen, dazu fehlte mir der Mut.

Nach dem Frühstück rief Ruth den Francisco an und erkundigte sich nach ihm. Francisco entschuldigte sich für das Verhalten seiner Frau, teilte jedoch mit, dass sie aus Rücksicht auf die Töchter nicht mehr zu uns kämen, sondern noch zwei Tage Ausflüge in der Gegend machen würden, um dann am Montag wieder nach Lima zurückzureisen. Ich dachte: Warum kommen sie nicht wenigstens mal am Abend zu unserer Versammlung? Ich konnte es beim besten Willen nicht verstehen. „Zwistigkeit sind wie der Riegel einer Burg“ heißt es irgendwo in den Sprüchen, weshalb wir aufgefordert werden, dass keine „Wurzel der Bitterkeit aufsprösse und viele dadurch verunreinigt werden„. Die Peruaner pflegen Probleme immer einfach unter den Teppich zu kehren, anstatt sie offen anzusprechen und einvernehmlich zu lösen. Mir war aber jetzt klar, dass es auf lange Sicht nicht mehr zu einer Aussprache und Versöhnung mit Israel kommen würde, und das nur wegen einer einzigen unbedachten Äußerung, Chio solle „sich nicht so anstellen“ – was man ja menschlich verstehen kann auf beiden Seiten! Ich muss unbedingt mal mit Francisco und Chio sprechen, dass sie diesem Vorfall doch nicht mehr solch eine Bedeutung beimessen und doch noch mal mit Israel sprechen mögen. Es wäre zu schade, wenn diese Wurzel der Bitterkeit nicht ausgerissen werden kann!

Jonatan fuhr uns am Vormittag zu seiner Arbeitsstelle in einem Einkaufszentrum, wo er zusammen mit Rossana einen kleinen gemieteten Laden besitzt, wo er Bankgeschäfte abwickelt und Handyverträge vermittelt. Dann ging er mit uns in die Banco de la Nación, wo er seinem Bruder Joel einen Arbeitsplatz vermittelt hatte. Wir sahen dort Joel, wie er hinter einem Schalter einer langen Schlange an Kunden Geld auszahlte, die ihm zu diesem Zweck ihre Bankkarte übergaben (die peruanische Staatsbank ist die einzige, die noch keine vollautomatischen Geldautomaten besitzt, wo die Kunden selber ihre Bankgeschäfte abwickeln können, wie es ja auch in Deutschland seit ca. 25 Jahren möglich ist). Dann fuhren wir wie immer wieder zur Oase nach Huacachina, die wir ja bisher jedes Mal besucht haben, wenn wir nach Ica kamen, damit auch Ricardo diesen einzigartigen See besichtigen kann, der von Palmen umgeben mitten in einer unendlich riesigen Wüste liegt vor den Toren der Stadt Ica. ich machte einen Spaziergang mit Ricardo, und wir sprachen über die Entstehung von Sand als das Endprodukt eines millionenlangen Zersetzungsprozesses von Gestein, was doch eigentlich ein Beweis ist, das zumindest die Erde viel älter sein muss als nur 6000 Jahre, weil sonst Gott die heutigen Geologen alle bewusst getäuscht hätte. Das sei aber nicht möglich, denn Gott ist nicht arglistig („Nicht täuscht das Vertrauen Israels“ heißt es in 5.Mo.32) und will Forscher auch nicht hinters Licht führen. Ricardo widersprach mir jedoch und hielt an einer Erschaffung der Erde in buchstäblich 6 Tagen fest. Damit er mich nicht falsch verstehe, ergänzte ich, dass dies auch nur eine alternative Theorie sei, und dass es durchaus auch möglich sei, dass Gott die Welt in buchstäblich 6 Tagen erschaffen habe. Gegen Mittag holte uns dann Joel mit seinem Transporter ab und fuhr uns in ein Restaurant. Ich war der einzige, der ein veganes Gericht bestellte.

Nach dem Essen bot Joel an, uns an einen Ort in der Wildnis zu fahren, nach Ocucaje, wo man auf etwa 300 Metern über dem Meeresspiegel vor einiger Zeit Dinosaurierfossilien gefunden hat, die so riesig waren, dass man sie einfach im Wüstensand gelassen habe. Das erstaunliche an diesen Dinosauriern sei, dass es Meeressaurier waren. Wie aber kommen dem Wal ähnliche Skelette auf über 300 Meter Höhe? Die Bibel hat eine Antwort darauf, aber wer will diese hören? Sofort war ich fasziniert von dieser Idee, und wir machten uns auf dem Weg in die Wildnis. Nach etwa einer Stunde kamen wir auf eine so staubige und holperige Piste, dass Karelia mit ihrem Mann schimpfte, weil die beiden Kinder anfingen zu jammern. Dann hielt er an einer Stelle an und sagte, dass hier schon mal ein paar Walköpfe zu sehen seien. Wir gingen eine Anhöhe aus Sand hoch und standen auf einmal vor einem riesigen Walschädel, bei dem man sogar die feine versteinerte Knochenstruktur sah. Dann gingen wir ein Stückchen weiter hoch und fanden den nächsten Walkopf, der aber eher wie der Kopf eines großen Krokodils aussah. Die Augen parallel und die Schnauze lief spitz und symmetrisch an. Ich konnte es kaum fassen. Joel erklärte uns, dass die Paläontologen in diesem staubtrockenen Gebirge bis jetzt schon Hunderte von Riesensauriern gefunden hätten in den letzten 10 Jahren, die aufgrund der Trockenheit erstaunlich gut erhalten seien. Aber man vermute in diesen vertrockneten Schlammschichten noch weit mehr Saurier. Man habe Haizähne gefunden, die mehr als zehnmal größer sind als die des weißen Hais. Der größte Raubsaurier der Meere aber sei so groß, dass man ihn einfach als Touristenattraktion an Ort und Stelle gelassen habe. Er sei aber noch rund 5 km entfernt. Ich nahm ein paar kuriose Steinproben mit und wir stiegen wieder in den Wagen, um dort hinzufahren. Ich fragte mich, wo denn in dieser Einöde überhaupt Touristen sein könnten. Man sieht hier ja über Kilometer keinen einzigen Menschen.

Nach etwa 20 Minuten sagte Joel, dass er sich möglicherweise verfahren habe, denn eigentlich hätte längst ein Hinweisschild kommen müssen. Es war inzwischen 17:00 Uhr, und die Versammlung sollte eigentlich um 18:00 Uhr beginnen (d.h. ca. 19:00 Uhr gemäß typisch peruanischer Unpünktlichkeit). Wir waren aber schon jetzt mindestens 1,5 Stunden weit von Ica entfernt. Plötzlich sahen wir von weitem einen Jeep, der eine große Staubwolke hinter sich ließ. Joel gab ihm Zeichen, anzuhalten und fragte, wo das große Leviatán-Skelett sei. „Noch etwa 1 km weiter hinten auf der rechten Seite“ sagte der Fahrer. Doch auch nach 10 Minuten war immer noch kein Schild zu sehen. Karelia bemerkte, dass die Kinder inzwischen hungrig seien und sie dringend Bananen kaufen müsse. Auch Ricardo wurde ungeduldig und sagte: „Wir müssen wieder zurück, denn die Geschwister warten auf uns.“ – „Aber wir sind doch schon fast am Ziel“ sagte Joel. Ich möchte Onkel Simon unbedingt dieses riesige Skelett zeigen… Was meinst Du, Onkel Simon?“ – Ich wollte dieses Fossil in der Tat auch gerne sehen, aber machte mir zugleich Sorgen wegen der Geschwister, die in Ica auf uns warten würden. „Schau mal, Joel, da hinten kommt ein weiterer Geländewagen. Frag den doch mal, wie weit es noch ist.“ Joel gab auch diesem Mann ein Zeichen und fragte ihn. „Noch ca. 5 km auf der rechten Seite“ sagte er. „Ach nein,“ sagte Karelia, „das dauert zu lange, denn die Kinder haben Hunger!“ Tatsächlich quängelten sie und wollten etwas essen. Ich sagte: „Lass mal gut sein, Joel, wir müssen auf die Kleinen Rücksicht nehmen. Außerdem wird es schon langsam dunkel. Wir können ja mal bei anderer Gelegenheit herkommen„. Joel antwortete: „Wir kommen morgen früh hier her, und dann kann ich Dir das in aller Ruhe zeigen.“ – „Aber morgen um 10:00 Uhr ist doch der Gottesdienst und die Taufe!“ sagte Ruth. Joel drehte den Wagen, und wir fuhren etwa eine halbe Stunde wortlos die Piste entlang. Doch auf einmal sah man in der Dämmerung verschiedene Wege, so dass Joel nicht mehr ganz sicher war, welcher Weg der richtige war. Die Kinder quängelten immer mehr, und Joel wurde langsam nervös. Auf einmal roch es merkwürdig verbrannt im Wagen. Ich dachte: Was machen wir, wenn der Wagen plötzlich in dieser Wildnis stecken bleibt? Oder wenn Joel auf der falschen Piste ist und sich verfährt? denn hier sehen die Berge doch alle gleich aus.

Allmählich wurde es dunkel und weit und breit war nur diese bergige Steppenlandschaft in Sicht. Ich hätte nicht gedacht, dass wir so weit schon weg waren. Endlich sah man am Horizont ein paar Palmen und Büsche. Ich war erleichtert und dankte Gott. Mittlerweile war es schon nach 18:00 Uhr und Karelia drängelte, dass sie etwas zu Essen brauche für die Kinder. Da kamen wir plötzlich auf einen Weg, der von Feigenbäumen und Weinreben gesäumt war. Sofort hielten wir an und ernteten zusammen eine ganze Tüte mit Weintrauben und Feigen. Aber die Kinder wollten die Früchte nicht essen, weil sie diese nicht gewohnt waren. Wir fuhren weiter und fanden endlich einen kleinen Laden, wo Joel Kekse und Bananen kaufen konnte. Um 18:30 rief Jonatán an und teilte mit, dass die ersten Geschwister gekommen seien. „Sag ihnen, dass wir in zwanzig Minuten da sind“ sagte Joel. Nach einer halben Stunde fragte ich Joel: „Wie weit ist es denn jetzt noch?“ – „Etwa noch 30 bis 40 Minuten.“ sagte er. „Aber sagtest Du nicht vorhin, dass wir gleich da wären?“ fragte ich. „Ja,“ sagte Joel „hätte ich gesagt, dass wir erst in einer Stunde da sind, dann wären sie wieder nach Hause gegangen. Aber wir Peruaner wissen, dass es immer noch etwas länger dauert, wenn einer einen Zeitpunkt nennt.“ Ich sagte dazu nichts.

Als wir ankamen, waren schon etwa sieben Geschwister da. Wir fingen sofort mit der Bibelstunde an. Ich hatte eigentlich eine Predigt vorbereitet über das Thema “Treue bis zum Ende”, aber ließ mich dann durch den Geist Gottes leiten, eine Liedzeile aufzugreifen, die wir zuvor gesungen hatten, wo es u.a. hieß: “Siehe, ich komme bald – sagt der HErr; ja, Amen, komm, HErr Jesus!” Ich wies die Geschwister darauf hin, dass das Wort “bald” (griech. TAChY) in Offb.22:20 wörtlich “eilig” bedeutet, im Sinne von “unverzüglich” bzw. “so schnell wie möglich” (vergl.Luk.15:22). Dabei knüpfte ich an unsere Verspätung an, als Joel die Geschwister vertröstet hatte mit den Worten: “Wir sind noch unterwegs, aber wir beeilen uns, so schnell es geht”, damit sie nicht die Geduld verlören. Dass das Kommen unseres HErrn schon seit fast 2000 Jahren andauert, läge nur daran, weil vorher noch so viel für Ihn zu erledigen sei, z.B. die Missionierung der ganzen Welt (Mt.24:14). Dann ging ich zu 2.Petr.3 und wies die Geschwister darauf hin, dass wir das Kommen unseres HErrn sogar “beschleunigen” könnten, indem wir möglichst unverzüglich “alle zur Buße kommen” (V. 9), je nachdem, wo er oder sie von den Gläubigen noch schwach oder gar untreu sei. Auch zeigte ich anhand der 1000-Jahre=ein Tag-Gleichung auf, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass der HErr Jesus in spätestens 10 bis 12 Jahren wiederkomme und wir deshalb all unsere Aktivitäten und Entscheidungen für die Zukunft unter diese Prämisse setzen sollten, da wir wirklich “die letzte Generation” seien. Nach der Bibelstunde baten mich Jonatan und Joel, dass ich doch mit ihnen und Ricardo ein Tischtennisturnier machen möge. Wir spielten etwas 12 Runden, und am Ende gewann überraschend “Deutschland”, wobei es nur ein einziges Mal gegen “Peru” verlor. Aber was ist schon ein Sieg im Tischtennis im Vergleich zu einem Sieg über die Sünde!

Ica, 19.01.2020 Während des gemeinsamen Frühstücks hielt ich es für unweise, sie wie am Vortag erneut auf eine gemeinsame Wortbetrachtung zu drängen, denn ich wollte mich nicht als frommer darstellen und sie dadurch demütigen. Stattdessen nahm ich an der bereits begonnenen Diskussion teil, wo es um die Frage ging, ob man alte Geschwister wie z.B. meine “geistliche Mutter” Hedi Böhnke (88), die inzwischen an Krebs erkrankt ist, in ein christliches Pflegeheim bringen sollte (wie es die Brüder ihrer Gemeinde versucht hatten, ihr nahezulegen), oder ob man sie lieber in ihrem trauten Heim sterben lassen sollte. Ricardo war ganz klar der Meinung, dass man “einen alten Baum nicht mehr verpflanzen dürfe”, vor allem, wenn solche Geschwister wie Hedi dies gar nicht wollen und dabei auch noch finanzielle Interessen eine Rolle spielen (da Hedi nämlich keine gläubigen Erben hat, hatte sie ihr Haus samt Besitz der Brüdergemeinde überschrieben in ihrem Testament). Ich sah’s hingegen so, dass es nicht gut sei, wenn ein alter Mensch allein sei, anstatt Gemeinschaft zu haben mit anderen alten Gläubigen. “Gott lässt Einsame in einem Hause wohnen, führt Gefangene hinaus ins Glück; die Widerspenstigen aber wohnen in der Dürre” (Ps.68:6). Die “Dürre” ist in diesem Fall die Einsamkeit, wenn man sich nicht raten lassen will, dass es besser sei, aus seinen eigenen vier Wänden hinaus zu kommen in die glückliche Freiheit der Kinder Gottes, die ihren Besitz rechtzeitig loslassen konnten und nicht daran festhielten. Der ehemalige Bremer Bürgermeister Henning Scherf (80) hatte sich z.B. schon vor ca. 20 Jahren entschieden, mit seiner Frau und seinen Freunden in eine Senioren-WG zu ziehen und hat seither in Büchern die Vorteile eines solchen Zusammenlebens angepriesen. Einsamkeit ist ja die größte Not für Menschen, wenn sie alt geworden sind; deshalb muss man rechtzeitig Vorsorge treffen.

Israel erklärte mir den Ablauf des heutigen Taufgottesdienstes und dass die Schwester Rosa Angela (ca.30) den Wunsch hatte, dass ich sie taufen lassen solle. Da es an diesem Morgen schon um 9:00 Uhr über 30°C heiß war, entschied sich Israel, dass wir den Gottesdienst draußen machen sollten auf der Fußballwiese. So bauten wir die Bänke und Stühle in einem großen Kreis auf, und gegen 9:45 Uhr kamen dann die ersten Geschwister. Israel machte die Einleitung und bat mich dann, ein paar Worte über die Taufe zu sagen. Ich las 1.Petr.3:21 vor und erklärte, dass es bei der Taufe auch um eine Art “Vertrag mit Gott” ginge, den man absolut ernst nehmen müsse: “Wenn ein Mensch heiratet oder sich ein Haus kauft und den Vertrag unterschreibt, kann er auch nicht auf einmal sagen: ̕̕ Ich habe mir das anders überlegt und will jetzt doch nicht mehr̕, sondern ist daran gebunden – wie viel ernster ist es, wenn jemand mit Gott ein Bündnis eingeht! Wenn man z.B. das islamische Glaubensbekenntnis (Schahada) spricht, dann ist man danach ein Muslim, selbst wenn man es nur zum Scherz aufgesagt hat. Deshalb sollten wir uns gut überlegen, was für Konsequenzen das hat, wenn wir Christ werden wollen!” Dann predigte ich über die Notwendigkeit, dass man als Christ wirklich die Welt verlassen müsse und nannte das Beispiel der ersten Siedler Amerikas, die – nachdem sie an Land gegangen waren – ihre Schiffe verbrannten, um nicht in Versuchung zu geraten, später in ihr altes Leben zurückzukehren. Genauso sollten auch Gläubige ihre Fernseher wegwerfen, denn durch diesen würde der Teufel sie heimlich immer wieder in die Welt zurückziehen. Ich erzählte ihnen dann die Geschichte vom Trojanischen Pferd, das die Danaer (die vom Stamme Dan waren) den Bewohnern Trojas angeblich als Geschenk gaben, und dadurch mit Schlangenlist Zutritt in die ansonsten uneinnehmbare Stadt Trojas bekamen, indem ihre Soldaten des Nachts heimlich aus dem Holz-Pferd stiegen und die Trojaner auf diese Weise heimtückisch überfielen (1.Mo.49:17). “Genauso lassen es auch gläubige Eltern zu, dass ihre Kinder jeden Tag 1- 2 Stunden vor dem Fernseher oder im Internet verbringen und wundern sich dann, dass sie die Fäkalsprache der Welt erlernt haben und am Ende auch nicht gläubig wurden, weil sie durch den weltlichen Einfluss ihre Kinder unbewusst dem Gott dieser Weltzeit geopfert haben. Ein Fernseher hat in einem für Gott geweihten Haus nichts mehr zu suchen!” – Das war natürlich ein direkter Affront auch gegen Israel und Ricardo, die beide noch Fernseher in ihren Heimen hatten. Aber mein geistlicher Ziehvater Bernd Fischer (80) erinnerte mich mal in solchen Situationen an die Mahnung von Paulus an Timotheus: “Predige das Wort, halte darauf in gelegener oder ungelegener Zeit; überführe, strafe, ermahne mit aller Langmut und Lehre” (2.Tim.4:2). Wenn ich noch Menschen gefallen wollte, könnte ich Christus nicht dienen.

Nach dem Gottesdienst gingen wir dann alle hinter das Haus, wo das kleine 3 x 7 m große Schwimmbecken war. Leider hatte ich vergessen, eine Ersatzhose mitzunehmen, aber ich dachte, dass meine Hose in der Sonne schon schnell genug wieder trocknen würde und stieg mit Ricardo ins Wasser. Was ich jedoch nicht wusste, war, dass die Schwester Rosa Angela nicht nur nicht schwimmen konnte (wie die meisten Peruaner), sondern auch wasserscheu war. Sie hatte also eine völlig irrationale Angst vor Wasser, weshalb sie sich schon beim Herabsteigen ins Becken sehr scheute. Während die Gemeinde ein Loblied sang, erklärte ihr Ricardo kurz den Ablauf. Sie nickte immer wieder, zitterte jedoch am ganzen Leib. Als das Lied dann verstummte, wollte ich beginnen, aber sie hatte solche Angst, dass sie noch mal um einen Aufschub bat. Die Geschwister sangen also ein weiteres Lied und mehrere Schwestern machten ihr vor, wie sie die Luft anhalten und sich sie Nase zuhalten müsse. Dann war es so weit, dass ich zu ihr sagte: “Liebe Rosa Angela, glaubst Du, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist, der auch für Deine Sünden am Kreuz von Golgatha starb und nach drei Tagen auferstand, um auch Dich zu retten und Dir Vergebung Deiner Sünden und das ewige Leben zu schenken, dann antworte mit ¨Ja¨!” Sie sagte: “Ja, ich glaube das!” Dann sagte ich: “Aufgrund Deines Bekenntnisses taufe ich Dich hiermit im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.” Ich griff sie, aber sie schreckte zurück und bat um eine weitere Unterbrechung, da sie noch nicht so weit sei. Ich dachte: Na sowas, was machen wir jetzt? Oder sollte ich sie vielleicht aus Rücksicht nur mit Wasser beträufeln? Doch dann gab sie mir ein Nicken und ich tauchte sie mit Schwung rücklings nach unten. Als ich sie dann sofort wieder hochzog, schnappte sie wie wild nach Luft und hängte sich verzweifelt an meinen Kragen fest aus Angst zu ertrinken. Die Geschwister klatschten und riefen: “Haleluja! Gracias al Señor!

Als die Taufe zuende war, wollte ich mir gerade ein anderes T-Shirt anziehen, da sagte Israel zu mir, ich solle noch damit warten, denn es gäbe da einen plötzlichen “Notfall”: Eine junge Schwester namens Natalia (26), die schon von klein auf in der Kinderstunde bei Israel war, aber dann vorübergehend auf Abwegen gekommen sei, habe sich mit 18 Jahren in einer Pfingstgemeinde “überrumpeln” und taufen lassen, obwohl sie damals “noch völlig in Sünden lebte”. Sie habe nun Angst, dass diese Taufe gar nicht richtig war vor Gott und wollte sich vorsichtshalber noch einmal taufen lassen, um nichts falsch zu machen. Ich sagte zu Israel, dass ich erst mal mit ihr sprechen würde. Dann kam Natalia, und ich erklärte ihr, dass eine wiederholte Taufe aus meiner Sicht nicht nötig sei, sofern diese biblisch korrekt durchgeführt wurde und sie vorher geglaubt habe. Sie erzählte mir dann sehr ausführlich, dass sie seit kurzem ständig von dämonischen Stimmen und Halluzinationen verfolgt werde, so dass lästerliche Zwangsgedanken in ihren Kopf stiegen. Sie glaube, dass dies irgendwie im Zusammenhang mit dem Tod ihrer Groβmutter stehen müsse vor vier Monaten, denn genau seit diesem Zeitpunkt werde sie von diesen Wahnvorstellungen verfolgt. Sie hatte nun bei der Taufe gedacht, dass der Teufel sie nachträglich peinigen würde, weil sie zum Zeitpunkt ihrer Taufe heimlich in Hurerei gelebt habe. Ich erklärte ihr, dass es durchaus möglich sei, dass sie durch eine schwere Sünde dem Teufel Anlass gegeben habe, sie bei Gott zu verklagen und Gott diese Wahnideen deshalb als Prüfung erlaubt habe. Aber sie könne diese Sünde nicht mit einer erneuten Taufe wiedergutmachen, sondern müsse Buβe tun und sich von Gott zeigen lassen, ob es nur wegen der Hurerei oder noch wegen einer anderen Gräuelsünde geschehen sei. Es könne aber auch möglich sein, dass nicht sie sondern ihre Groβmutter irgendeine Zaubereisünde begangen habe und der HErr diese Schuld nun heimsuche an ihr, weil sie die 3. Generation sei. Aber auch das müsse der HErr ihr klar machen und wir sollten dafür beten. Aber eine erneute Taufe sei in jedem Fall damit nicht gerechtfertigt.

Wir gingen dann rüber zu den anderen, die schon mit dem Mittagessen begonnen hatten auf der groβen Wiese, setzten uns, bekamen einen Teller und unterhielten uns beim Essen dann noch weiter über das Thema dämonischer Einflussnahme und Anfechtungen des Teufels. Letztlich war Natalia beruhigt, als ich ihr erklärte, dass der Teufel von ganz alleine weichen müsse, wenn wir ihm durch Gebet und durch Gehorsam zu den Geboten Gottes widerstehen. Nach dem Essen war ich eigentlich etwas müde, aber die Brüder wollten unbedingt, dass ich mit ihnen Fuβball spielen solle, während die alten Schwestern alle zuschauten. So bildeten wir zwei Mannschaften und spielten ein paar Runden, bei denen ich zwar immerhin zwei Tore schoss, aber im Übrigen sehr schlecht spielte. Dann luden mich Jonatan und Joel ein, zusammen mit Ruth und Eva im Schwimmbecken Volleyball zu spielen. Da es drückend heiβ war und ich vom Fußballspielen völlig nassgeschwitzt war, hielt ich das für eine gute Idee. Nach einigen Runden Volleyball züchtigte mich der HErr durch Rückenschmerzen. Ich musste wohl eine Sehne am mittleren Rückenwirbel überstreckt haben, so dass ich einen dauerhaften Druckschmerz spürte. Als ich mich nach zwei Stunden endlich ausruhen wollte, kamen die 3 – 6 Jahre alten Jungen der Gemeinde zu mir und bettelten, dass ich doch auch mit ihnen mal Fußball spielen solle. Obwohl ich mich eigentlich nur noch hinlegen und erholen wollte, konnte ich nicht Nein sagen und spielte nun auch noch mit den Kindern gut eine halbe Stunde, wobei einer der Pökse schon richtig gut dribbeln konnte, nämlich der Sohn von Natalia. Die Geschwister, die uns zuschauten, hatten dabei viel zu lachen, weil ich sehr schlecht spielte und viele Chancen durch Fehlschüsse vergab.

Gegen 18:00 Uhr sollte der Abendmahlsgottesdienst beginnen, aber ich musste mich unbedingt noch schnell vorher duschen, und da meine feuchte Hose durch das Fußballspielen sehr dreckig geworden war, duschte ich mich einfach mit der Hose. Doch auf einmal hörte ich vom Versammlungsraum, dass sie schon das erste Lied sangen und beeilte mich so schnell ich konnte. Da ich aber keine Hose zum Wechseln hatte, ging ich mit der nassen Hose barfuβ in den Versammlungsraum und hoffte, dass niemand daran Anstoß nehmen würde. Israel betonte, dass gemäß 1.Kor.14:26 jeder der Geschwister sich am Gottesdienst mit einem Beitrag beteiligen möge, so wie der Heilige Geist einem jeden eine Gabe geschenkt habe. Dieses Angebot wurde dann auch reichlich genutzt, indem viele Schwestern ein Zeugnis gaben oder ein Gedicht vortrugen. Unterdessen hatte sich auf dem Fliesenfußboden unter meinem Stuhl schon richtig eine Pfütze gebildet von meiner nassen Hose. Dann hielt Ricardo eine endlos lange Predigt über Joh.3:1-21, bei der er jeden einzelnen Vers noch mal mit eigenen Worten wiedergab und die Notwendigkeit der Wiedergeburt etwa 50 mal wiederholte, bis auch der Letzte im Raum sie verstanden haben musste. Da die Kinder immer unruhiger wurden, legte ich ein trockenes Tuch auf meine Hose und nahm den “Zappelphilipp” Jared (5) auf meinen Schoβ, wo er dann auch schon nach fünf Minuten einschlief. Wir feierten dann das Abendmahl mit ungesäuertem Brot und frischem Traubensaft, wie es dem Lehrverständnis dieser Geschwister entsprach. Nach dem Schlussgebet gab es dann noch Brotkuchen (Panetón) und “Chicha morada” (lila Maissaft) für alle, und wir unterhielten uns noch bis spät in die Nacht, während die Geschwister nach und nach gingen. Alle waren wir am Ende sehr glücklich und dankbar für den schönen Tag, den der HErr uns geschenkt hatte.

Lima, 20.01.2020 Die Nacht war wieder sehr schwülwarm, aber dadurch dass der Ventilator die ganze Nacht lief, konnten wir unter dem Moskitonetz ganz gut schlafen. Mit starken Schmerzen im Rücken und Muskelkater wachte ich am Morgen auf und lieβ mir von Ruth zwei Tabletten Ibubrofen 400 mg geben. Ich ging durch die Hintertür in den Garten, als ich auf einmal Rossana sah, wie sie Wäsche von Hand wusch. “Guten Morgen, Rossana! Du bist aber schon früh auf und schon so fleißig! Denn es ist ja gerade erst 6:00 Uhr.” Während ich an meinem Tagebuch schrieb, ging Rossana immer wieder an mir vorbei, um Bettlaken aufzuhängen und neue Schmutzwäsche zu holen. Ich dachte: Wieso wäscht sie die Wäsche überhaupt noch mit der Hand? Hat sie denn etwa keine Waschmaschine? Ich ging auf Rossana zu und sagte: “Hör mal, Rossana, es tut mir irgendwie leid, dass Du noch immer die Wäsche von Hand waschen musst. Deshalb würde ich Dir gerne eine Waschmaschine spenden, wenn wir wieder zurück sind, denn das geht wirklich wesentlich schneller.” – “Das ist sehr freundlich von Dir, Onkel Simon, aber das brauchst Du nicht, denn mein Papa Israel hat ja eine Waschmaschine, die wir auch immer mitbenutzen. Aber manche Wäsche wasche ich doch lieber von Hand, denn mein Sohn Dajiro hat sich gestern Nacht im Bett erbrochen, und das wollte ich lieber von Hand auswaschen. Aber wenn Du uns helfen möchtest, würde ich mich sehr über einen Tisch mit Stühlen freuen, denn wir haben so was noch nicht in unser kleinen Behausung.” (Hierzu eine kurze Erklärung: Rossana hatte von ihrem Adoptivvater Israel vor 7 Jahren zu ihrer Hochzeit ein etwa 30 qm großen Abschnitt auf seinem Grundstück bekommen, wo sie sich mit ihrem Mann Fredy ein kleines Häuslein gebaut hat. Fredy verdient als Taxifahrer nur sehr wenig, weshalb sie sich nicht so viel leisten können). Ich versprach Rossana, dass wir ihr eine Spende schicken würden, sobald wir wieder in Lima sind.

Mein Rücken war steif wie ein Brett, als wir uns an den Frühstückstisch setzten. Eigentlich wollte ich vor dem Essen noch aus Sprüche 10 vorlesen, aber als ich sah, dass Eva schon wieder kein Kopftuch aufsetzte beim Gebet, sah ich mich geleitet, ihr mal ausführlich zu erklären, warum gläubige Frauen eigentlich ein Kopftuch beim Gebet aufsetzen sollten. Wir lasen zusammen 1.Kor.11:1-16, und ich kommentierte dabei jeden Vers, damit es verständlich sei. Eva fragte, wieso dann nicht auch andere Glaubensschwestern ein Kopftuch trügen, wenn es doch so klar sei, sondern nur unsere Gruppierung. Ich antwortete, dass bis vor etwa 100 Jahren alle Frauen ein Kopftuch trugen, sogar die Katholiken, und das nicht nur im Gottesdienst, sondern immer. Aber dass man spätestens mit dem Aufkommen des Feminismus diese lästige Bürde von sich warf und man jede Menge Ausreden erfand, um diesen Text von Paulus umzudeuten und für ungültig zu erklären. Wenn sie aber ihren Mann zurückgewinnen wolle, dann müsse sie endlich diesem Gebot Gottes Folge leisten, denn durch ihren Ungehorsam schändet sie unbewusst ihren Mann vor der unsichtbaren Engelwelt, da dieser ja ihr Haupt sei und gebe dadurch dem Feind ungewollt die Möglichkeit, sie immer weiter zu schädigen. Eva hatte schlieβlich ein Einsehen, wollte aber noch wissen, warum auβer den Adventisten eigentlich keine evangelikale Gruppierung die Fuβwaschung praktiziere, obwohl doch auch diese als Symbol vom HErrn klar befohlen wurde. Ich gab ihr hierin recht und sagte, dass wir in Bremen auch schon die Fußwarschung praktiziert hätten und dass es wohl an der geistlichen Trägheit und Besserwisserei der heutigen Evangelikalen läge, dass sie heute kaum noch die Fußwarschung praktizieren.

Nach dem Essen hatten wir alle zusammen eine Gebetsgemeinschaft und fuhren dann mit dem Taxi nach Ica, wo Ruth wegen ihrer Grundstücksumschreibung zu einem Notar musste. Da sie aber die Sterbeurkunden ihrer Eltern nicht dabei hatte, beschied sie das Grundstücksamt, zu einem anderen Zeitpunkt noch einmal zu kommen. Wir verabschiedeten dann Ricardo beim Busbahnhof und aβen zu Mittag jeder einen riesigen Obstsalat (“Kalorienbombe”). Eva erzählte mir, dass ihr Mann Efraín in der Stadt sei und sich unbedingt heute mit treffen wolle wegen des Telefonats, das ich vor etwa einer Woche mit ihm hatte. Er sei inzwischen überzeugt, dass er seiner Frau groβes Unrecht angetan habe und wolle mit ganzem Herzen einen Neuanfang in seiner Ehe wagen. Ich freute mich darüber und versicherte Eva, dass ich auch wirklich nur über ihn und nicht über Evas Vergangenheit mit ihm sprechen würde. “Trotzdem bleibt es Dir nicht erspart, Eva, dass Du ihm bekennen must, dass Du ihn bezüglich des Briefes angelogen hattest. Denn wie kannst Du erwarten, dass Efraín Buβe tut, wenn nicht auch Du Deinen Fehler korrigierst?!” – “Ja, ich werde es ihm diesmal bekennen” sagte Eva, “wenngleich mein Fehler in keinem Verhältnis steht zu dem, was er mir all die Jahre angetan hat!” Sie rief Efraín an und erzählte ihm, dass auch ich gerne heute Nachmittag mit ihm sprechen würde. Er bot uns an, dass er uns mit seinem Wagen abholen und nach Israels Haus fahren könne, was wir gerne annahmen. Als er dann kam und ich ihn das erste Mal sah, wunderte ich mich, dass so viele Frauen schon ein Verhältnis mit ihm hatten, denn attraktiv war er nun wirklich nicht, auβer dass er ein Dauerlächeln im Gesicht hatte.

Da mein Schwager Israel von dem Fall wusste, bat ich ihn, als Zeuge bei dem Gespräch dabei zu sein, was er auch tat. Wir setzten uns draußen auf die Wiese. Ich bedankte mich zunächst bei Efraín, dass er gekommen sei und erklärte ihm, dass seine Sünden durch sein Reuebekenntnis allein noch nicht aus der Welt geschafft seien: “Wenn es nur allein um Deinen jahrelangen Ehebruch ginge, den Du ja inzwischen bereust, dann können Bruder Israel und ich Dir gemäß Matth.18:16 und 18 heute unter bestimmten Bedingungen und Auflagen eine Freisprechung erteilen. Aber Du hast Dich ja auch als Prediger all die Jahre durch Heuchelei an Gottes Volk schuldig gemacht, und ein solches Vergehen kann man nicht einfach stillschweigend unter den Teppich kehren. Du selber weißt, dass man Sünden eigentlich gegenüber denen bekennen muss, an denen man sich versündigt hat und dass man Unrecht auch wieder gut machen muss.” – “Wenn ich dem Vorstand der Adventgemeinde meine Untreue bekenne, dann werde ich meines Predigeramtes enthoben.” – “Das ist gut möglich. Aber ich habe mal gehört, dass Gott von niemandem die Selbstzerstörung verlangt. Deshalb wäre es vielleicht auch in Ordnung, wenn Du Deine Sünden stattdessen einer anderen begrenzten Gruppe von Brüdern gegenüber bekennst, damit sie dann wie Geschworene in einem Gericht ein Urteil fällen und eine Strafauflage über Dich verhängen.” – Efraín war irritiert:“Wie meinst Du das? und wie stellst Du Dir das vor?” – Ich erklärte ihm: “Grundsätzlich ist die Gemeinde ja vom HErrn autorisiert, gemäβ Mt.18:18 oder 1.Kor.5:13 über einen Sünder in der Gemeinde Gericht zu halten, so wie es schon damals in Israel geschah, ʹdamit das Böse in Eurer Mitte ausgetilgt werdeʹ, wie es heißt. Das kann aber nicht ein einzelner entscheiden und auch nicht nur 2 oder 3 Brüder, sondern es sollten im besten Fall mindestens 10 Brüder sein, die stellvertretend für die Gemeinde Recht sprechen.” – “Wie kommst Du ausgerechnet auf 10?” fragte Israel. “Weil es bei den Juden üblich war, dass erst eine Gruppe von 10 Männern beschlussfähig ist, wie z.B. im Buch Ruth, im 4.Kapitel, wo 10 Zeugen das gesamte Volk Israel vertreten sollten. Die 10-Zahl als Stellvertretung finden wir an vielen Stellen im Alten Testament; aber auch im Neuen Testament heiβt es immer wieder, dass ʹeine ausreichende Menge zusammenkommen muss…ʹ (Apg.21:22).” – Daraufhin sagte Israel: “Na ja. Wir wissen ja, dass der Mensch eine Dreiheit bildet aus Geist, Seele und Leib. Wenn man diese Drei jetzt mal als eigenständige Persönlichkeiten berücksichtigt, von denen Du, Ruth, Eva und ich ja jeweils 3 besitzen, dann sind wir vier ja sogar schon 12!” Da mussten alle lachen…

Nein, diese Regel ist ja nicht in Stein gemeiβelt,” sagte ich, “sondern es geht letztlich nur darum, dass nicht wir allein die Gemeinde Gottes vertreten können, weil wir einfach zu wenig sind.” – “Aber ich möchte nicht, dass irgendwelche fremden Brüder von meiner Ehe erfahren,” sagte Eva, “sondern ich möchte selber entscheiden, wer von unserer Ehe etwas wissen darf.” – “Das verstehe ich gut”, sagte ich, “und bei einem Geschworenengericht ist es ja meines Wissens auch üblich, dass die Betroffenen bei der Auswahl der Geschworenen ein Wort mitreden dürfen.” Efraín hatte die ganze Zeit geschwiegen, aber sagte nun mit gedämpfter Stimme und demütigem Gesicht: “Ich frage mich, warum wir jetzt überhaupt so einen Aufwand betreiben müssen, denn ich habe doch meine Fehler eingeräumt und Gott um Vergebung gebeten. Ich weiβ zwar, dass es auch so etwas wie Gemeindezucht gibt, aber ich habe mich ehrlich gesagt noch nie ernsthaft damit befasst. Deshalb sind mir diese Stellen hier in 1.Kor.5 und 6 noch ziemlich neu und ich muss erst mal darüber nachdenken…” – “Du musst bedenken, lieber Efraín, dass Du in der Vergangenheit ja schon öfter Deine Taten bereut hast und danach immer wieder schwach und rückfällig geworden bist. Deshalb kann es nur in Deinem eigenen Interesse sein, wenn Du Brüder hast, die Dir aus Liebe helfen wollen, Deine guten Vorsätze auch konsequent beizubehalten, indem sie Dir Auflagen machen und in Zukunft auf Dich achten, dass Du sie auch wirklich einhältst. Wir sollen ja einander die Lasten tragen, nicht nur im Gebet, sondern auch ganz praktisch durch Rat und Beistand. Wir können das Thema Heuchelei ja auch erst mal beiseiteschieben und nur noch über das Thema Ehebruch reden, denn das ist ja sozusagen eine rein zivilrechtliche Angelegenheit, über die wir schon heute entscheiden können. Aber dazu wäre es nötig, dass Du vor Eva jetzt einmal alles bekennst, sie um Vergebung bittest und ihr versprichst, dass Du es nicht mehr tun wirst.” Dann wandte ich mich an Eva und sagte: “Wie wäre es, wenn Du jetzt mal das Wesentliche ansprichst, was Efraín gesagt oder getan hat und was er Dir gegenüber bisher nicht als Sünde bekannt hat?

Eva drehte sich zu Efraín, der neben ihr saß und sagte mit stockender Stimme: “Es fällt mir zwar sehr schwer, aber ich muss Dir zunächst mal bekennen, dass der Inhalt jenes Berichtes wirklich den Tatsachen entspricht. Ich wollte es Dir von Anfang an sagen, aber ich habe in Dir nie einen Menschen gesehen, dem ich wirklich vertrauen kann, denn Du hast meine Gefühle schon zu oft verletzt. Dabei solltest doch gerade Du als Pastor, der sogar einen Magister in Seelsorge und Eheberatung hat, einfühlsam sein und wissen, dass ein 11-jähriges Mädchen noch gar nicht in der Lage ist, eine Entscheidung über ihre Sexualität zu treffen. Ich wurde aber damals nicht gefragt, sondern fast zwei Jahre lang von meinem Schwager rücksichtslos vergewaltigt. Wie aber konntest Du sagen, als Du jetzt davon erfuhrst, dass ich angeblich eine ʹperverse Kindheitʹ hatte?!?” Eva fing an zu weinen, so dass Ruth einsprang mit den Worten: “Schau mal, Efraín: Auch ich wäre damals als 8-Jährige beinahe vergewaltigt worden von meinem Cousin Clypton, als dieser auf mich aufpassen sollte. Ich hatte mit meinen Puppen gespielt, als er mich auf einmal rief, dass ich in sein Bett kommen solle. Ich war absolut ahnungslos, weil ich damals noch gar nichts von Sexualität wusste, deshalb habe ich gehorcht. Aber als er dann von mir verlangte, dass ich seinen Penis anfassen solle, da spürte ich instinktiv, dass er irgendetwas Böses wollte und habe laut geschrien. Zum Glück war meine Tante noch im Haus, was Clypton nicht wusste, und kam mir zu Hilfe!” Ich beobachtete Efraín, wie er völlig starr da saß und fragte mich, was wohl gerade in ihm vorging. Warum umarmt er seine Frau jetzt nicht und bittet sie weinend um Vergebung? Ich erinnerte mich, wie Eva in dem Brief berichtete, wie ihr Schwager sie in jener Nacht mit einer Rasierklinge entjungfern wollte und ihr den Mund so sehr zuhielt, dass sie fast erstickt wäre. ”Vielleicht solltest Du den Brief einfach noch mal lesen, damit…” weiter kam ich nicht, denn Eva schrie mit entsetztem Blick: “NEIN!” Ich wollte es erklären, aber sofort redete sie und auch Ruth auf mich ein, dass niemand mehr jemals den Bericht lesen dürfe, weil er einfach zu schrecklich sei. Ich entschuldigte mich bei Eva, dass ich sie nicht verletzen wollte, sondern es mir nur darum ging, dass Efraín endlich aufwache.

Nun brach auch Efraín endlich sein Schweigen und sagte mit weinerlicher Stimme: “Es tut mir leid, Eva, alles was ich zu Dir gesagt hatte, und dass ich so hartherzig war. Bitte vergib mir noch einmal. Ich verspreche Dir, dass ich Dir von nun an immer treu sein werde und Dich liebevoll behandeln will mit Gottes Hilfe…” Wir schwiegen alle eine ganze Weile. Dann sagte ich: “Vielleicht sollten wir an dieser Stelle den Fall endgültig abschließen und das Vorgefallene nicht mehr erwähnen, damit die Wunden heilen können.” Daraufhin sagte Ruth: “Ja genau. Alle Worte aus der Vergangenheit sollten jetzt ein für alle mal begraben sein!” Eva schaute Efraín an, aber dieser war wohl noch zu verzagt und beschämt, um sie in den Arm zu nehmen. Ich sah viel Traurigkeit und Bitterkeit in Evas Gesichtsausdruck und erinnerte mich an Evas Worte, dass auch sie sich “am liebsten eher heute als morgen scheiden lassen” wollte von ihm nach allem, was er ihr angetan hatte. Deshalb sagte ich zu ihr: “Eva, ich muss Dich ermahnen, dass Du Deinem Mann jetzt auch wirklich vergeben musst um des HErrn willen und keinen Groll mehr gegen ihn hegen darfst. Ich weiß, dass das sehr schwer ist, aber der HErr wird Dir helfen, wenn Du Ihn darum bittest. Und Dich, Efraín, möchte ich ermahnen, dass Du Deine Frau von nun an wirklich lieben und Rücksicht auf sie nehmen solltest, selbst wenn sie Dir noch mal Vorhaltungen machen sollte, denn Frauen sind ja das schwächere Gefäß, deshalb sollen wir ihnen Ehre erweisen. Mach Deiner Frau doch einfach öfter mal ein Kompliment, wie schön sie ist, denn das mache ich auch regelmäßig bei meiner Frau. Frauen hören das gerne. Und Du hast wirklich eine ganz besondere Frau! Als Ruth und ich Eva vor vier Jahren wiedersahen, haben wir sie schon bald in unser Herz geschlossen. Wir lieben sie wie eine Tochter, gerade weil sie so arglos und einfältig ist wie ein Kind. Dir ist vielleicht gar nicht mehr so richtig klar, welch ein kostbarer Edelstein Deine Frau ist!” Hier sprang mir Ruth schnell zur Seite und bestätigte meine Worte, damit ich nicht fortfahre mit meinem Lob und Efraín am Ende noch eifersüchtig wird.

Es lag eine drückende Beklommenheit in der Luft, die zu dem dunkel-bewölkten Himmel und der schwülen Luft passte. Efraín war so sehr in sich zusammengesunken, dass ich lieber nichts mehr sagen wollte. Um die Stimmung etwas zu erhellen, wechselte Israel schließlich das Thema: “Ich glaube, Ihr müsst Euch jetzt langsam auf den Weg nach Lima machen, denn es ist schon 18:30 Uhr, und ihr habt noch 5 Stunden Busfahrt vor Euch!” Wir standen auf und holten unsere Taschen. Efraín bot an, uns zum Busbahnhof zu fahren, was wir gerne annahmen. Im Auto mieden wir weitere Worte, sondern unterhielten uns lieber über Belanglosigkeiten, denn das war sicherlich alles ziemlich viel auf einmal für Efraín, und es würde Jahre brauchen, bis ihre Ehe wieder völlig gesundet sein wird. Aber ich dankte Gott innerlich, dass er dem Efraín noch einmal diese Chance zur Umkehr gegeben hat und bat den HErrn, dass Er diese Entscheidung doch jetzt versiegeln und nicht mehr zulassen möge, dass Efraín wieder rückfällig werde. Um 23:30 Uhr kamen wir in Lima an. Als wir schließlich im Bett lagen, sagte mir Ruth, ich hätte diese ganze Einleitung mit den 10 Männern gar nicht machen sollen, denn dadurch habe ich in den Augen von Efraín sämtlichen Respekt wieder verloren. “Und wie konntest Du von ihm erwarten, dass er all seine Verfehlungen der letzten Jahre aufschreiben und unterschreiben solle?! Du hast ihn dadurch so sehr gedemütigt, dass er Dich in Zukunft nicht mehr ernst nehmen wird!”

Lima, 21.01.2020 Nach dem Frühstück las ich mit Ruth Sprüche 10:1-16. Das Buch der Sprüche heißt wörtlich “Die Vergleiche”, und in der Tat macht Salomo ja in jedem Satz eine Gegenüberstellung zwischen den gerechten und den Gesetzlosen, um sowohl ihr Verhalten als auch ihr Schicksal mit einander zu vergleichen. Dadurch soll definiert werden, was eigentlich den Gerechten zum Gerechten macht und was den Gesetzlosen zum Gesetzlosen, d.h. woran man sie jeweils erkennt. Dabei behandelt Salomo unsystematisch alle möglichen Varianten der Gesetzlosigkeit, ob nun Faulheit, Grausamkeit oder Geschwätzigkeit. Sinn und Zweck dieser Sprüche ist, dass der junge Leser diese “Vergleiche” auch mal mit seinem eigenen Leben vergleichen kann, wo sie ggf. Zutreffen, damit er sich selbst wiedererkennt und sein verhalten noch rechtzeitig korrigiert. Mich persönlich interessiert im Moment besonders das Thema “Geschwätzigkeit”, den gerade wenn man eine Lebensbiographie oder einen ausführlichen Reisebericht schreibt, sollte einem immer bewusst sein: Was darf ich eigentlich schreiben, und was nicht? Obwohl das Schweigen zwar oftmals empfohlen und vorgezogen wird gegenüber dem Reden, ist es keineswegs so, dass nur im Schweigen ein großer Segen liege, denn “Der Mund des Gerechten ist ein Born des Lebens” (Vers 11). Wir sollen die Wahrheit nicht verschweigen und unser Licht auch nicht unter den Scheffel stellen. Aber wenn es wie im Falle von Efraín um andere Personen und speziell um reuige Sünder geht, dann deckt die Liebe die Sünde zu. Allerdings können Zeugnisse auch durchaus hilfreich und erbaulich sein, weshalb es viel Weisheit bedarf, um zwischen nüchterner Berichterstattung wie in der Apostelgeschichte und reißerischer Geschwätzigkeit zu unterscheiden. Um keine Fehler zu machen, will ich mir in den nächsten Tagen mal vornehmen, besonders auf jene Stellen zu achten, die Ratschläge zum Thema Reden (bzw. Schreiben) geben. Was ist richtig und was ist falsch?

Heute Vormittag fuhren wir noch mal nach Gamarra, jenem Stadtbezirk, der nicht nur sprachlich an “Sodom und Gomorra” erinnert, sondern auch was der Menge an Menschen und visuellen Eindrücken betrifft. Weil die angebotenen Waren dort besonders billig sind, wimmelt es nur so von Menschen und Verkaufsständen, so dass das Gedränge und der Krach einen schon ganz schön nervlich strapazieren können. Dabei hat der neue Bürgermeister von La Victoria, George Forsyth, ja verfügt, dass der Straßenverkauf inzwischen verboten und polizeilich unterbunden wird, nicht nur weil sie keine Steuern zahlen, sondern auch weil der vorige Bürgermeister heimlich Schmiergelder von den Händlern kassiert hatte bis der Skandal aufflog und der Bürgermeister im Gefängnis landete. Seither betreiben die Händler mit den polizeilichen Stoßtrupps ein Katz-und-Maus-Spiel, denn wenn sie in einer Straße vertrieben wurden, verstecken sich die illegalen Händler kurz, um dann schon bald darauf ihr Tuch mit den Waren drin wieder hinzulegen. Auch heute wieder sahen wir, wie die mit Knüppeln bewaffneten Polizeimannschaften die Händler vertrieben und diese lächelnd und gelassen ihre Produkte zusammenräumten. Wegen der bevorstehenden Wahlen, die der Bürgermeister und Ex-Profifußballer George Forsyth (37), der auch mal bei Borussia Dortmund gespielt hat, wohl gewinnen wird, vermeiden die Polizisten wohl den Einsatz von Gewalt, obwohl sie mit Sicherheit schon ziemlich frustriert sein dürften von der Beharrlichkeit der illegalen Händler.

In einem bestimmten Bereich von Gamarra gibt es gesunde Lebensmittel kiloweise billig zu kaufen, insbesondere Körner und Heilkräuter in Hülle und Fülle. Daneben haben aber – wie ich schon mal berichtet hatte – auch viele Schamanen und Okkultisten ihre Verkaufsstände. Wenn man also als Christ wissen möchte, welche Symbole oder Bilder einen okkulten Hintergrund haben, dann braucht man sich hier nur mal die Vielzahl an Hokuspokus-Produkten anschauen und sich merken. Dass es hier überhaupt so viele Waren und Stände dieser Art gibt, zeigt nur, welch eine Beliebtheit der Okkultismus hier genießt. Während ich geduldig mit den Einkaufstaschen auf einem Hocker saß und auf Ruth wartete, kaute ich aus Langeweile die ganze Zeit auf den Coca-Blättern au seiner der Tüten, die Ruth gekauft hatte. Eigentlich soll das Kauen von Coca-Blättern leistungssteigernd und auch hungerstillend wirken, aber irgendwann spürte ich auf einmal meine Zunge gar nicht mehr. Als Ruth kam, fragte ich sie, ob das schlimm sei. Sie sagte, dass Coca zwar einige positive, medizinische Eigenschaften habe, die z.B. für die Indio-Bauern im Hochgebirge durchaus nützlich sind, aber dass Coca wie jede Droge auf Dauer auch verblöden würde. Da ließ ich es lieber sein.

Gegen Mittag fuhren Ruth und ich wieder nach Hause, aßen etwas und ruhten uns aus. Da mein Laptop seit gesternmittag nicht mehr richtig geht, wollte ich ihn am Nachmittag zur Reparatur geben lassen. Unterdessen fuhr Ruth noch mal los, um Geschenke für Deutschland einzukaufen. Als sie zurückkam, erzählte sie mir aufgeregt, dass sie Zeuge eines Überfalls geworden war. Eine Bande von Jugendlichen hatte direkt neben ihr auf einen 16-Jährigen eingeschlagen und eingetreten, weil dieser nicht sein Handy herausgeben wollte. Als ich dies hörte, stieg sofort Wut in mir auf und ich sagte: “Ich wäre sofort dazwischen gegangen und hätte die Burschen nach Strich und Faden verprügelt, um den Jungen zu befreien!” Entsetzt sagte Ruth: “Mach das bloß nie, denn es ist schon vorgekommen, dass sie dann eine Pistole hervorholten und den Helfer erschossen.” – “Das passiert mir nicht, weil der HErr mich davor bewahren wird!” – “Nicht unbedingt, wenn Du fleischlich bist und Gewalt anwendest, anstatt einfach für sie zu beten…” sagte Ruth. “Ja, das stimmt, das ist mein alter Mensch.”

Lima, 22.01.2020 Auch im 2. Teil von Spr.10 finden wir immer wieder Aussagen über das Reden: “Wer Hass verbirgt, hat Lügenlippen; und wer Verleumdung ausbringt, ist ein Tor” (V.18). Wir sollen also mit unseren Gefühlen ehrlich sein und sie auch bekennen, damit sie ans Licht kommen. Und wenn wir über andere Falsches verbreiten, dann schaden wir uns im Grunde selbst, weil es irgendwann ebenso ans Licht kommt. Im nächsten Vers wird vor der “Menge der Worte” gewarnt. Wenn ich also in eine Diskussion gerate, sollte ich mich lieber vorsichtshalber zurückhalten, denn es ist nur eine Frage der Zeit, dass ich etwas Verkehrtes sage. Und in den weiteren beiden Versen ist von der Zunge bzw. Den Lippen des Gerechten die Rede, die “auserlesenes Silber” sind und deshalb “viele weiden”, d.h. sie geistlich nähren und so am Leben erhalten. Und dann Vers 24, den ich auch schon oft erleben musste: “Wovor dem Gesetzlosen bangt, das wird über ihn kommen, aber das Begehren der Gerechten wird gewährt”. Wenn also genau das eintrifft, was ich befürchtet hatte, dann will mich der HErr auf eine Gesetzlosigkeit in meinem Leben hinweisen. Aber wenn ich absolut treu und gerecht bin, darf ich auch fest mit jeder Gebetserhörung rechnen und brauche mich vor nichts fürchten. Und zum Schluss wird in den letzten beiden Versen noch mal betont, dass der Mund eines Gerechten “Weisheit sprosst” und dass er sich “auf Wohlgefälliges versteht”, also im Sinne von geistlich Nützlichem für andere Gläubige.

Da ich wegen meines kaputten Laptops nichts schreiben konnte, machte ich zunächst die Wäsche und ging dann zu meinem Schwager Walter, um das Tor und die beiden Metalltüren von seinem Kiosk zu schleifen und schwarz zu lackieren, denn ich hatte es ihm versprochen. Dann nahm ich meine Bibel und ging hoch zu Augusto, um ihn etwas vorzulesen. Sein schwarzhäutiger Nachbar Felix schloss mir die Tür auf und ging dann wieder. Doch als ich in Augustos Zimmer kam, jammerte dieser, dass er dringend auf Toilette müsse. Ich zog ihn am Arm hoch und hielt ihn mit aller Kraft aufrecht, da er ja halbseitig gelähmt war. Vorsichtig mit kleinen Schritten schob ich ihn zur Toilette, zog ihm die Hose runter und setzte ihn auf die Klobrille ab. Inständig hoffte ich, dass er nur Pipi musste, aber dem war leider nicht so. Würde er sich selber den Po sauber machen können? Noch ehe ich den HErrn um Hilfe bitten konnte, hatte Er mir diese schon gesandt, indem ich plötzlich die Haustür hörte und Felix die Treppe hochkam. Er sah sofort, was los war, nahm souverän das Toilettenpapier in die Hand und kümmerte sich um den Rest, während ich draußen im Flur wartete. Ich dachte an meine Schwester Diana, die dies schon seit über 20 Jahren als Altenpflegerin macht, und ebenso mein Freund und Bruder Daniel Pyka. Was sind das für Helden! Und auch Felix, der noch nicht einmal Altenpflege erlernt hat, ist für mich ein Engel. Wir setzten uns in Augustos Zimmer und ich erzählte ihnen, wie ich vor sechs Jahren zum Glauben zurückfand durch Gottes Güte und wie dann anschließend meine Mutter heimging, die wir mit einer großen Gottesdienstfeier zuvor verabschiedet hatten. Beide saßen die ganze Zeit still da und hörten mir zu. Ich fragte mich, was sie wohl gerade denken. Dann verabschiedete ich mich und versprach, morgen wieder zu kommen. Ich unternahm am Nachmittag noch andere Dinge mit Ruth, aber da ich längere Zeit keinen Laptop hatte zum Schreiben, habe ich es inzwischen vergessen.

Lima, 23.01.2020 Nach dem Gebet lasen Ruth und ich Sprüche 11, wo es heißt: „Ein gefälschtes Gewicht ist dem HErrn ein Gräuel“ (V.1). Früher haben die Marktfrauen ja immer Gewichte auf die andere Seite der Waage gelegt, um die gewünschte Menge genau auszutarieren. Wenn aber diese Metallgewichte nicht korrekt „geeicht“ waren, konnte sich der Verkäufer über Jahre einen Vorteil erschleichen, weil der Kunde ja blind auf die Genauigkeit der Gewichte vertraut. In der heutigen Zeit, in welcher es Digitalwaagen gibt, bezieht sich ein „gefälschtes Gewicht“ eher auf die Kritik, die wir an anderen üben über Dinge, denen wir in unserem eigenen Verhalten ein viel geringeres Gewicht beimessen. Der HErr sagt ja: „Mit welchem Maß ihr messt, wird euch gemessen werden“ (Mt.7:1). Wir sollen also bei aller berechtigten Kritik den Mund nicht so voll nehmen, weil die Heuchelei dem HErrn ein Gräuel ist. Durch Heuchelei schädige ich meinen Nächsten (Vers 9 – dort heißt es im Spanischen nicht „Ruchloser“ sondern „Heuchler“). Auch in Vers 2 wird dieser Gedanke aufgenommen, wo wir von dem Hochmut bzw. der Arroganz lesen, die bei den Zuhörern ja bekanntlich genau das Gegenteil bewirkt, von dem was man sich insgeheim davon verspricht. Das ist genau mein Problem: ich wirke auf andere arrogant. Das hat Ruth auch schon oft mir vorgeworfen. Ich muss mich mehr zurückhalten und anderen den Vortritt geben, anstatt immer rechthaben zu wollen. „Der Verständige schweigt still“ (Vers 12). Und dann Vers 13: „Wer als Verleumder umhergeht, deckt das Geheimnis auf; wer aber treuen Geistes ist, deckt die Sache zu“. Das ist der Grund, warum ich manche Dinge, die ich in den letzten Tagen erfahren habe, hier nicht erwähnen kann, weil ich es Ruth versprochen habe, für mich zu behalten.

Heute wollte ich mal Ruth auf ihrer Arbeit begleiten, aber mich zuvor noch nach meinem Laptop erkundigen, ob er schon repariert sei. Der Händler erklärte mir, dass er zwar die Daten herausholen konnte auf dem USB-Stick, aber dass eine Reparatur des kaputten Bildschirms nicht möglich sei. Er gab mir also den Laptop zurück und verlangte für die Überprüfung 40 Soles, was ich ziemlich happig fand (zumal er ja keinen Erfolg hatte). Wir fuhren dann nach Francisco, und Ruth bereitete die erste Katze zur Sterilisation vor. Die Katze war relative klein, hatte jedoch ein Bäuchlein, das verriet, dass sie schwanger war. “Und was machst Du mit den Katzenbabys?” fragte ich Ruth. “Das sind noch keine Babys, sondern Embryos, die noch gar nicht lebensfähig sind.” – “Und warum last Ihr die Katze nicht ihre Babys bekommen?” – “Weil die Kätzchen auf Dauer nicht überleben würden, denn die Leben ja auf der Straße, finden oft nichts zu essen und sind voller Parasiten, mit denen sie ihre wenige Nahrung auch noch teilen müssen. Die Mutter ist z.B. durch einen massiven Parasitenbefall mit Bandwürmern und Flöhen so sehr geschwächt, dass sogar schon die OP ein Risiko darstellt, das wir aber eingehen müssen. Wir sterilisieren die Katzen ja gerade deshalb, damit sie nicht immer mehr neue Katzen produzieren, die ein Leben im Elend führen müssen.“ Während Ruth redete, hatte sie die betäubte und fixierte Katze auf dem Bauch rasiert und mit Jod desinfiziert. Dann legte sie ein steriles Papiertuch mit einer Öffnung auf den Buch und fixierte es mit Klammern. „Woher bekommt Ihr denn die Katzen?“ fragte ich. „Es gibt Tierfreunde, die uns regelmäßig wilde Katzen und Hunde bringen zum Sterilisieren bzw. Kastrieren. Eine von diesen ist z.B. Ana, die schon viele Katzen bei sich aufgenommen hat und ihnen zu essen gab. Sie hat schon viel Geld ausgegeben für Futter, und das nur aus Liebe zu den Katzen!“ Nun schnitt Ruth mit einem Skalpell vorsichtig die Bauchdecke auf, Schicht für Schicht, ohne dass Blut floss. Dabei hob sie die Haut mit einer Zange hoch, um nicht die Organe zu verletzen. Als der Schnitt etwa 4 cm lang war, fasste sie mit ihren Fingern in die Bauchhöhle, um die Gebärmutter zu ertasten. Mit einem Haken zog sie dabei einen Teil des Dünndarms heraus, der weiß-rosa glänzte. Dann fand sie die Gebärmutter und stellte überrascht fest, dass sie leer war. Die Katze hatte ihre Kinder wohl gerade geworfen.

In dem Moment kam Francisco mit seinem „Mitarbeiter“ Juan in die Praxis. Ruth erzählte mir, dass ich doch mal Juan fragen solle wegen meines Laptop, denn auch er verstehe viel von Computern. Juan (55), der nie geheiratet hat, arbeitet seit Jahren ehrenamtlich bei Francisco, da er Hunde über alles liebt und sich deshalb um die Fütterung und das Gassigehen der in Pflege gegebenen Hunde im Vorraum kümmert. Während Francisco nun der Ruth bei der OP assistierte, unterhielt ich mich mit Juan, der mir einiges über Computer erklären konnte. Er schraubte den Laptop auf und betrachtete ihn von innen. Dann sagte er mir, dass es sich bei einem „Ultra-Slim-Laptop“ nicht lohnt, den Bildschirm auszutauschen, erst recht nicht, wenn er schon 5 Jahre alt ist, denn es handelt sich bei ihm um einen „Einweg-PC“, d.h. ein Billigprodukt aus Fernost, wo man einzelne Komponenten nicht einfach austauschen kann. Das hätte mir der Händler natürlich auch gleich sagen können, aber dann hätte er nichts verdient. Juan empfahl mir, in der Av. Wilson einen schlichten Laptop für 900 Soles (270 Euro) zu kaufen, da ich ihn ja nur zum Schreiben verwenden würde. „Oder ich kann Dir auch einen gebrauchten von mir anbieten für 500 Soles, der ziemlich neu ist und sogar ein SSD-Laufwerk hat, wodurch er 10 mal schneller ist als einer mit herkömmlicher HDD-Festplatte“. Normalerweise würde so ein Laptop neu bis zu 1.500 oder 2000 Soles kosten, versicherte mir Juan, deshalb nahm ich sein Angebot mit den 500 Soles gerne an. Denn für umgerechnet 150,- € würde ich in Deutschland so schnell keinen PC finden.

Am Nachmittag ging ich wieder zum kranken Don Augusto (74), um ihm aus der Bibel vorzulesen. Auch sein Pfleger Felix (62) setzte sich wie selbstverständlich mit aufs Bett und hörte mit zu, während ich die ersten beiden Kapitel aus dem Johannesevangelium vorlas. Dann gab ich ein paar Erklärungen dazu ab und hoffte, dass sie mir vielleicht Fragen stellen oder Anmerkungen machen würden. Doch beide schauten mich nur mit ernster Miene an und sagten kein einziges Wort. Ich fragte mich, ob sie sich überhaupt in meiner Abwesenheit mal unterhalten würden. Offensichtlich scheint Felix einen psychischen Knacks zu haben, dass er vielleicht menschenscheu oder gar ein Autist ist. Ich fragte ihn, wie es überhaupt dazu kann, dass die beiden zueinandergefunden hätten. Mit der sparsamsten Wortwahl erklärte mir Felix, dass er vor 4,5 Jahren mal von William, dem Neffen von Augusto, angesprochen wurde, als dieser gerade zu Besuch war aus den USA, ob er die Pflege von Augusto übernehmen könne, indem er als Gegenleistung sich die Rente von Augusto mit ihm teilen würde. Doch kurz darauf bekam auch William (52) einen Schlaganfall, der ihn halbseitig lähmte und ihn daran hinderte, in die USA zurückzureisen. So hatte Felix auf einmal zwei Patienten, um die er sich jeden Tag kümmern musste, obwohl er dies nie zuvor gemacht hatte. Zu allem Unheil wurde Augusto dann auch noch von einer ehemaligen Freundin und Heiratsschwindlerin um seinen gesamten Besitz betrogen, der aus zwei Immobilien und einer Firma bestand. War dies die Strafe Gottes dafür, dass sich Augusto jahrelang über den christlichen Glauben lustig machte und stolzer Atheist war, so wie ihn mir Ruth beschrieb? Ich konnte ihn mir unmöglich als gewitzten Geschäftsmann vorstellen, denn vor mir saß nur noch ein Häuflein Elend, das bei jeder Frage wimmerte wie ein kleines Mädchen. Gott hatte ihn zerbrochen.

Um 20:00 Uhr war wieder Bibelstunde im Haus von Francisco. Thema war diesmal Johannes 9. Ich wunderte mich etwas, da die Geschichte vom Blindgeborenen ja sehr der anderen Geschichte in Johannes 5 glich, die Francisco erst kürzlich behandelt hatte. Wieder hatte er sich ausgiebig vorbereitet und ging mit uns jeden noch so beiläufigen Gedanken durch, den man aus dieser Geschichte herausholen konnte. Ricardo hatte seine Bibel wieder nicht mitgenommen und beteiligte sich auffällig wenig. Vielleicht dachte er, dass es schon wieder gegen ihn ginge, da Francisco auch dieses Mal betonte: „Den HErrn interessiert nicht der Hintergrund eines Menschen und auch nicht irgendwelche oberflächliche Kritik und Vorurteile der frommen Elite, sondern Er ist nur darauf bedacht gewesen, einem Notleidenden aus der Not zu helfen; und solch eine Gesinnung sollten auch wir haben, wenn wir Jesus nachfolgen wollen. Am Ende entscheidet nur, was wir Gutes getan haben und nicht irgendein schönes Bekenntnis!“ Ich ergänzte diese an sich richtigen Gedanken noch mit der Bemerkung: „Ich glaube, dass am Ende viele Menschen aus Ost, West, Nord und Süd, die während ihres Lebens sich nie bekehren konnten, weil sie in einer falschen Religion aufgewachsen sind, vom HErrn ebenso gefragt werden: Glaubst da an den Sohn Gottes? Und sie dann genauso bereitwillig sagen werden: Wer ist es, Herr, damit wir an Ihn glauben können? Denn Glaube ist keine Leistung, auf die wir stolz sein können, sondern ein Geschenk, das Gott denen gibt, die Er liebt, egal was sie vorher geglaubt oder an bösen Dingen angestellt haben mögen. Ich hätte mir auch nie träumen lassen, dass ich noch einmal Christ werden würde. Es ist absolutes Erbarmen Gottes gewesen und nicht mein Wille.“

Lima, 24.01.2020 Schon als wir abends nach Hause gefahren waren, hatten wir im Radio des Taxis von einer schlimmen Katastrophe gehört: Ein LKW mit Flüssiggas war in Villa El Salvador (im Süden Limas) explodiert und hat viele Menschen in den Tod gerissen. Besonders tragisch war jedoch, dass unter den schwerverbrannten Überlebenden des Unglücks auch viele Kinder und Jugendliche waren im Alter von 9 bis 15 J. Diese würden jetzt ihr Leben lang mit entstellten Gesichtern oder verstümmelten Gliedmaßen leben müssen – wie schrecklich! Und all die Schmerzen, die sie jetzt erdulden müssen! Ich stand mit diesem Gedanken auf und wollte gleich für sie beten, dass der Herr ihnen beistehen und sie trösten möge. Mir war richtig schlecht und erst nach einer Weile bemerkte ich, dass es nicht nur wegen des Brandunglücks war, sondern weil ich schon wieder krank war. Aber auch Ruth hatte genauso wie ich Magenkolik und Durchfall, weil wir wohl das gleiche gegessen haben mussten? War es jenes Charqui-Fleisch (getrocknetes und gesalzenes Geschnetzeltes aus dem Gebirge), das Ruth tags zuvor gekocht hatte (was ich vermutete). Oder waren es die „anticuchos“, d.h. Schaschlickspieβe aus Rinderherz, die wir vor drei Tagen in Gamarra auf offener Straße unter eher weniger hygienischen Bedingungen gegessen hatten (was Ruth vermutete). Oder hätten wir lieber doch nicht eine ganze 1 Liter Flasche mit selbsthergestellter „Chicha de jora“ (Maisbier) auf dem Markt kaufen sollen? Doch dann kam mir die Frage der Jünger von gestern Abend in den Sinn und die Antwort des HErrn: „Nicht dieser hat gesündigt und auch nicht seine Eltern, sondern damit sich die Werke Gottes in ihm manifestieren mögen.“ Wir gingen also auf die Knie und dankten Gott für diese Prüfung, baten ihn aber zugleich um Heilung. Im Vergleich zu den Brandwunden jener Kinder war unser kleines Wehweh ja nur lachhaft. Dann lasen wir Sprüche 12, wo es wieder um die Gegenüberstellung vom schmalen und breiten Pfad geht mit seinen jeweiligen Folgen. Besonders hervorstechend war für Ruth (aber auch für mich) Vers 10: „Der Gerechte hat acht auf das Leben seines Viehs, aber das Herz der Gottlosen ist grausam.“ Dieser Satz steht bei Francisco über der Tierarztpraxis, und jeder Kunde darf dabei zusehen, wie Francisco vor Beginn einer Behandlung für das Tier betet, damit der Herr es heilen möge und ihn gebrauche.

Seit vielen Monaten ist Ruths Bruder Walter ständig am Husten. Da sein Kiosk rückseitig genau an unsere Wohnung grenzt und wir uns durch ein hinten liegendes Fenster sehen und hören können, bekommen wir jeden Nachmittag mit, wie er alle 10 Sekunden lang trocken hustet. Zudem hat er mehr als 10 Kilo verloren und geht schon seit Jahren nicht mehr zum Arzt. Deshalb hat Ruth schon oft versucht, ihn zu einem Arzttermin zu überreden. Eine gründliche Untersuchung kostet aber nicht nur Geld (das die Peruaner meist aus eigener Tasche bezahlen müssen), sondern Walter hatte auch eine panische Angst vor dem Ergebnis, da er früher Tuberkulose hatte und nicht schon wieder mit einer schlechten Nachricht überrascht werden wollte. Schließlich hatte Ruth ihn aber dazu überredet, mit ihm heute mal ins Krankenhaus zu fahren, während ich zuhause blieb und mich beim Schreiben meines Tagebuchs von meiner Darminfektion erholte. Ich wollte möglichst schnell wieder fit sein, denn nach dem Mittag wollten Ruth und ich in die Stadt fahren zum Zettelverteilen und Predigen (d.h. Ruth brauchte mal wieder Fäden zum Operieren). Da jedoch im Krankenhaus kein Termin mehr frei war für Walter und man ihm einen für Mittwoch gab, kam Ruth schon gegen 10:00 Uhr wieder. Dann rief sie Eva an, die eigentlich heute Mittag kommen wollte. Ruth wollte mit ihr zusammen in Gamarra einkaufen, aber sie ging nicht ans Handy. Daraufhin schrieb Ruth ihr eine Nachricht, dass sie entweder erst am Abend oder morgen Mittag kommen solle, da sie mit mir am Nachmittag in die Innenstadt fahren wolle.

Da der Himmel heute bewölkt und nicht mehr so heiß war wie die letzten Tage, wollte ich wieder auf dem Plaza de San Martín evangelisieren. Als wir ankamen, verteilte ich zunächst ein paar Traktate und setzte mich dann an die Seite eines Mannes namens Cesar (ca.35 J), den ich auf den HErrn Jesus ansprach. Leider zeigte er mir nur wenig Interesse, sondern sagte nur, dass er zwar an Jesus glaube, aber „kein Kirchgänger“ sei. Es hatte keinen Zweck, deshalb verabschiedet ich mich. Dann setzte ich mich neben jemanden, der Ohrringe trug und scheinbar homosexuell war. Er hörte mir eine ganze Weile zu und beantwortete auch meine Fragen; allerdings wurde er ständig angerufen und telefonierte zuletzt so lange, dass ich die Geduld verlor und ebenfalls weiterging.

Und dann brauchte ich gar nichts mehr machen, sondern wurde von jemandem angesprochen, der mich wiedererkannte. Sofort kam ein Zweiter und Dritter hinzu, so dass ich nach einander die Fragen beantwortete (z.B. Wenn Gott doch den Teufel geschaffen habe, ist Gott dann nicht auch für das Böse in der Welt verantwortlich? Oder: Wenn man durch die Wiedergeburt zu einem neuen Menschen wird, warum gibt es dann so viele Prediger, die durch den Zehnten zu Millionären wurden und dadurch einen ganz schlechtes Zeugnis abgaben für die katholische Öffentlichkeit). Ein junger Mann namens Polo (?) tat sich besonders hervor, indem er mir zunächst massiv widersprach, als ich über den Teufel sprach (so als ob er der Gnosis angehörte und Gott die Schuld geben wollte für das Böse in der Welt), aber dann plötzlich mich ganz und gar mit Argumenten unterstützte, als ich mich mit einem dicken Mann namens José über die Lehre des HErrn Jesus stritt. Dieser José kannte die Bibel auffallend gut, aber ich hatte bis zuletzt eigentlich keine Ahnung, warum er mir ständig widersprach und worin eigentlich seine eigenen Überzeugungen bestanden. Dem HErrn sei Dank, dass ich den inzwischen 30 bis 40 Zuhörern unseres Dialoges immer wieder die Evangeliumsbotschaft und die Notwendigkeit der Neugeburt bezeugen konnten. Viele erbaten zwischendurch mein Traktat über den Mariengötzendienst, wo auch eine Einladung zu unserer Bibelstunde war. Ehe ich mich versah, waren schon bald zwei Stunden vergangen und es war dunkel geworden. Zum Schluss erlaubten mir die Zuhörer noch, dass ich ihnen anhand des Gleichnisses vom barmherzigen Samariter noch einmal ausführlich sowohl das Evangelium als auch die baldige Wiederkunft des HErrn Jesus innerhalb der nächsten 10 bis 15 Jahre erklären konnte.

Als Ruth dann kam, gab ich ihr den Hinweis, sie solle noch kurz warten, da ich gleich zum Abschluss käme. Als ich dann gehen wollte, sprach mich ein junger Mann an, der mir bekannt vorkam. Er sagte: „Ich habe Dich schon viele Male auf dieser Telefonnummer auf dem Handzettel angerufen, aber da geht nie jemand ran. Weißt Du noch wer ich bin?“ Ich schaute ihn an und erkannte ihn wieder. Es war jener Doppelmörder, der sich vor einem Jahr auf diesem Platz bekehrt hatte und von dem ich seither nichts mehr gehört habe. „DU BIST MARIO!“ sagte ich überrascht. „Ja“ sagte er „und Du bist der Simon. Du hattest mich ja vor einem Jahr zu Dir nach Matute eingeladen.“ – „Ja genau. Ich freu‘ mich richtig, Mario, Dich wiederzusehen, und ich habe auch immer wieder für Dich gebetet, dass der HErr doch ein Wiedersehen schenken möge. Und nun hat der HErr mein Gebet erhört! Was machst Du denn jetzt? Bist Du noch im Glauben?“ Er antwortete: „Ja natürlich. Ich halte mich derzeit so über Wasser und verkaufe Süßigkeiten...“ Er zeigte mir eine geöffnete Tüte mit verpackten Schoko-Riegeln, wie sie die Straßenhändler in Lima typischerweise verkauften. Dann bat ich ihn, mitzukommen, damit ich ihn Ruth vorstellen konnte, die sich gerade mit einem der Zuhörer unterhielt. Auch Ruth war überrascht, als ich ihr sagte, wer er ist, und die beiden unterhielten sich dann eine Weile. Er soll ihr gesagt haben, dass er jetzt sogar in eine Gemeinde gehe, wie sie mir später sagte (ich konnte es kaum glauben). Ich sagte Mario, dass wir jetzt nur noch fünf Tage in Peru sind und dann nach Deutschland zurückfliegen, und dass ich mich deshalb freuen würde, wenn er am Sonntagabend um 18:00 Uhr in unsere Bibelstunde käme, damit auch die anderen Geschwister ihn kennenlernen könnten. Mario versprach, zu kommen.

Lima, 25.01.2020 Um 5:54 Uhr morgens klingelte das Handy. Ich ging ran, und es war Francisco. Er wollte uns nur daran erinnern, dass am heutigen Samstag um 6:30 Uhr bei ihm Gebetsstunde sei. Ich sagte, dass Ruthi noch schlafen würde, und ob es auch möglich wäre, dass wir erst um 7:00 Uhr kämen. Ruth stand auf und wir machten uns fertig, um zu ihm zu fahren. Bevor wir mit der Gebetsgemeinschaft begonnen, hielt Francisco mit uns und den Brüdern Luis Hurtado (65) und Heuraclio Figueroa (64) eine kurze Wortbetrachtung, in der er am Rande erwähnte, dass sich Rockefeller bekehrt habe und danach einen Großteil seines Vermögens für wohltätige Zwecke gespendet habe. Ich konnte es kaum glauben und hakte nach: „Aber Rockefeller war doch Jude!“ – „Von Geburt, ja,“ sagte Francisco, „aber er hat sich später zum christlichen Glauben bekehrt.“ Ich dachte: Das kann ich mir gar nicht vorstellen; das muss ich unbedingt mal im Internet überprüfen, wo doch alle immer so schlecht von ihm reden. Wir beteten dann fast eine Stunde lang für sämtliche Geschwister in ihrer Not, sowie für die Ungläubigen, wobei mir auffiel, dass Francisco einen besonderen Schwerpunkt auf die Obrigkeit und speziell für konkrete politische Entscheidungen legte, als würde er sich damit an einen himmlischen „Petitionsausschuss“ wenden. Ohne Zweifel war Francisco ganz und gar von der politischen Wirksamkeit unserer Gebete überzeugt, was mich sehr beeindruckte.

Anschließend wurde dann wie immer die Kollekte eingesammelt, die auch diesmal ausschließlich und direkt an den anwesenden Bruder Luis ging. Bei der Vorstellung, dass der schwerstkranke Halbchinese völlig darauf angewiesen war, dass wir drei Spender genügend einlegen mussten, damit er in der nächsten Woche überleben kann, hatte dieses Einsammeln vor seinen Augen schon geradezu etwas Archaisches. Ich fragte ihn deshalb, wie viel denn mindestens zusammen kommen müsse, damit er wenigstens grade genug zum Essen habe. Er sagte „70 Soles“, d.h. 10 Soles pro Tag (2,90 €). Wenn man bedenkt, dass schon ein einziges Ceviche-Gericht durchschnittlich 20 Soles kostet, dann können 10 Soles ja gerade mal für ein wenig Reis und Gemüse reichen. Wir hatten leider viel zu wenig mitgenommen, weil wir nicht an die Kollekte gedacht hatten. Ruth fragte, ob er denn noch das dringend benötigte Schmerzmittel Tramal bekomme gegen seine Cluster-Kopfschmerzen. „Nein, das kann ich mir nicht leisten. Aber ab Mitte Februar werde ich voraussichtlich wieder in die Krankenversicherung kommen.“ Ich fragte: „Wie kannst Du denn dann den Kopfschmerz ertragen ohne Schmerzmittel, denn der muss doch ganz furchtbar sein?“ Er sagte: „Wenn ich im Gebet ganz auf den HErrn schau und an nichts anderes als den HErrn denke, dann geht es auf einmal besser.“ Mir schossen die Tränen in die Augen, und wir versicherten dem Luis, dass wir ihm am Montag eine größere Spende zukommen lassen würden von den Geschwistern in Deutschland (es sind noch 550 € vorhanden).

Während Ruth dann dort blieb, um mehrere Katzen und Hunde mit Francisco zu sterilisieren, ging ich die 5 km zu Fuß nach Haus. Es war mal wieder brütend heiß und gleißend greller Sonnenschein. Zuhause angekommen, duschte ich mich erst mal und trocknete mich unter der kühlen Luft des Ventilators ab, während ich am Laptop den zweiten Teil meines Aufsatzes über die verschollenen 10 Stämme Israels schrieb. Gegen 10:30 Uhr kam überraschend Ricardo vorbei, der mit mir sprechen wollte. Ich bot ihm einen Coca-Tee an, und er sagte, dass da etwas gäbe, das er mir schon vor zwei Jahren mal sagen wollte, als wir zusammen in Ecuador waren, aber es nie eine Gelegenheit gab: „Das Wort Gottes sagt: ‚Einen Älteren fahre nicht hart an, sondern ermahne ihn wie einen Vater‘. Aber jedes Mal, wenn ich Dich mal korrigieren wollte, dann bist Du jedes Mal sehr aufgeregt und laut geworden. Du lässt überhaupt keine andere Meinung gelten, als nur Deine eigene und hältst Dich allen anderen gegenüber für überlegen, nur weil Du die Bibel etwas besser kennst. Aber Du musst bedenken, dass ich viel älter bin als Du und mehr Erfahrung besitze. Trotzdem hast Du keinen Respekt vor mir und willst Dir nichts sagen lassen. Du weißt zwar ganz genau, wo was in der Bibel steht, aber Du verhältst Dich selbst nicht danach, denn Deine Liebe ist nur eine Theorie, die Du in der Praxis nicht übst. Du bist also im Grunde ein Theoretiker, der aber nicht zu überzeugen vermag. Jedes Mal, wenn ich versucht habe, Dir etwas zu erklären, bist Du ungeduldig und willst mich unterbrechen, anstatt erst mal geduldig zuzuhören. Ganz offensichtlich interessiert es Dich aber gar nicht, was ich zu sagen habe, sondern Du willst mir sofort widersprechen. Das empfinde ich aber sehr hochmütig von Dir und auch respektlos, denn dadurch lässt Du gar keine berechtigte Kritik an Dich rankommen, weil Du sofort in die Verteidigung gehst. Deshalb haben Diskussionen mit Dir einfach keinen Sinn, da Du immer alles besser wissen willst!

Nachdem Ricardo etwa 10 Minuten ohne Unterbrechung mir Vorwürfe machte, fragte ich ihn, ob ich auch mal etwas dazu sagen dürfe. Um seine Argumente nicht zu bestätigen, blieb ich die ganze Zeit ruhig und sagte am Ende dann: „Weißt Du was, Ricardo: Du hast mit allem Recht, was Du sagst!“ Dann wartete ich einen Moment und fuhr dann fort: „Ich fürchte jedoch, dass all das, was Du mir vorwirfst, auch auf Dich zutrifft.“ Nun grinste Ricardo und sagte: „Siehst Du, jetzt versucht Du, wieder die Schuld Dafür wäre Francisco viel besser geeignet. Ich habe auch keine besonderen Führungsqualitäten, weil ich nicht so gut organisieren kann; – das kannst Du z.B. viel besser als ich, da Du sehr diszipliniert bist. Das einzige, was ich ganz gut kann, ist lehren, und das tue ich deshalb auch so viel wie ich kann. Deshalb sollten wir einander achten wie in einer Firma, wo jeder seine eigene Abteilung hat. Du bist in unserer ‚Firma‘ sozusagen der Geschäftsführer, weil Du das am besten kannst. Francisco ist der Personalchef, da er am besten mit Menschen umgehen kann. Und ich leite sozusagen die wissenschaftlich-technische Abteilung.“ Ricardo fand den Vorschlag sehr gut und hielt mir dann einen Vortrag, dass er tatsächlich schon immer ein großes Führungstalent hatte, weshalb er schon 1988 bei seinem Jahr in Deutschland trotz seines jungen Alters von 33 Jahren von den deutschen Firmenchefs sehr respektiert wurde. Zum Schluss las ich ihm noch einen Bibeltext in Phil.2:1-8 vor, den wir uns beide zum Leitbild nehmen sollten. „Wenn jeder von uns sich nur noch auf seinen eigenen Verantwortungsbereich konzentriert und nicht mehr in den Bereich des anderen hineinreden will, sondern stattdessen darauf bedacht ist, dass sich der andere wohlfühlt, dann wird es nie mehr Streit zwischen uns geben“ sagte ich. Ricardo war mit dieser Vereinbarung einverstanden. Da es sehr heiß war, fragte er, ob wir Lust hätten, morgen früh mit ihm und seiner Tochter Sara ans Meer zu fahren, um 6:30 Uhr, bevor es zu heiß ist. „Denk dran, dass Du ja der Chef und Organisator von uns bist. Du musst es einfach nur bestimmen, und ich werde Ruth überzeugen, dass sie sich ebenso Deinem Willen fügen sollte.“ Ricardo lächelte wieder und ging gut gelaunt wieder von dannen.

Gegen 16:00 Uhr kam Eva, aber Ruth war noch immer nicht zurück. Während sie sich ausruhte und an einem Pullover für Ruth weiterstrickte, unterhielten wir uns eine Weile über ihren Mann Efraín und ihre Vergangenheit. Dann verabschiedete ich mich und ging hoch zu Don Augusto, den ich gestern gar nicht besucht hatte. Auch Felix war wieder da, und ich erzählte den beiden von meiner gestrigen Begegnung mit dem Ex-Mörder Mario und was ich vor einem Jahr alles mit ihm erlebt hatte. Dann las ich ihnen die Kapitel 3 und 4 aus dem Johannesevangelium vor und gab dazu ein paar Kommentare. Nach etwa einer Stunde verabschiedete ich mich von den beiden und lud sie zur morgigen Bibelstunde ein. Da sie beide unbedingt mitkommen wollten, versprach ich, dem Augusto beim Herabsteigen aus dem 3.Stock zu helfen. Gegen 17:30 Uhr kam dann auch Ruth von der Arbeit, doch obwohl sie völlig erschöpft war, unterhielt sie sich dann noch bis Mitternacht mit Eva, während ich schon gegen 21:00 Uhr zu Bett ging. Allerdings ist es derzeit abends so drückend warm in der Nacht, dass man kaum schlafen kann.

26.01.2020 Heute finden in ganz Peru Kongresswahlen statt. Anlass war, dass nach mehreren Korruptionsskandalen im Vorjahr zuerst der amtierende Präsident Pablo Kuczynski zurücktrat und dann auch noch seine Oppositionsführerin Kaiko Fujimori wegen Bestechung verhaftet wurde. Als man dann auch noch den ehemaligen Präsidenten Alan García verhaften wollte, entzog sich dieser einer Verurteilung, indem er sich vor den Ohren der Polizisten in den Kopf schoss. Daraufhin protestierte das Volk wochenlang auf der Straße und verlangte eine Abschaffung der gesamten politischen Klasse, da sie alle der Korruption verdächtig waren. Schließlich gab Vizepräsident Vizcarra nach und löste gegen den vehementen Widerstand der Politiker den gesamten Kongress auf und setzte Neuwahlen an. Das wäre ungefähr so, als würde Angela Merkel sämtliche Politiker des Bundestages ihres Mandates entheben und durch Neuwahlen das Volk selbst bestimmen lassen, welche „neuen Köpfe“ fortan im Bundestag sitzen sollen. Das Volk war sehr dankbar für diese Entscheidung, obwohl viele auch der Meinung sind, dass sich auch mit einem völlig neuen Kongress nichts ändern würde, da die Peruaner schon von ihrer Mentalität her bestechlich seien. In Peru herrscht übrigens Wahlzwang, d.h. wer nicht wählen geht, muss eine hohe Geldstrafe bezahlen.

Um 6:00 Uhr las ich mit Eva zusammen Spr.13 vor (Ruth war noch nicht so weit). In Vers 2 ist von der „Frucht des Mundes eines Mannes“ die Rede, von der er sich „sättigen“ werde; – ob damit nur ein Predigergehalt gemeint ist? Oder geht es nicht viel mehr allgemein um die Folgen, die gute Worte auf die Umwelt eines Menschen allgemein haben. Tendenziell kann der Mund aber viel mehr zum Schaden für die Seele eines Menschen missbraucht werden (Vers.3), deshalb nahm ich mir auch heute vor, auf meine Worte zu achten und z.B. keine scherzhaften Bemerkungen zu machen. Für Eva hingegen war vor allem Vers 12 eine Realität: „Lang hingezogenes Harren macht das Herz krank, aber ein eingetroffener Wunsch ist wie ein Baum des Lebens“. Ja, wirklich, „ein eigetroffener Wunsch erfreut die Seele“ (V.19), und wie lange sehnte sich schon Eva nach Gerechtigkeit gegenüber ihren Widersachern! Aber sie wird eines Tages gesättigt werden (Mt.5:6). Dann mussten wir auch schon los, da Ricardo auf uns wartete, um mit ihm und Sara zum Strand zu fahren. Der Tag kündigte schon morgens an, dass er wieder sehr heiß werden würde. Ruth schärfte mir immer wieder ein, dass ich diesmal nicht wieder so weit hinausschwimmen solle, sondern immer in Sichtweite, da es neben hohen Wellen auch giftige Meerestiere gäbe wie Würfelquallen oder Seeigel. Der Strandabschnitt, der sich El Silencio nannte, deutsch „die Stille“, war alles andere als „still“, sondern mit einer starken Brandung und vielen Besuchern, die nach und nach kamen, doch ziemlich laut. Ich schwamm im angenehm milden Wasser ein paar Runden, schürfte mir aber dann durch die Wucht und den Sog der Wellen die Haut vom Knie auf. Ricardo, Eva, Ruth und Sara gingen zunächst nicht ins Wasser, sondern unterhielten sich lange, bis dann auch sie unter der schwül-warmen Luft eine Abkühlung im Meer suchten.

Gegen 10:00 Uhr fuhren wir wieder zurück nach Matute, und um 12:00 Uhr hatte uns Sara zum Ceviche-Essen eingeladen in einem Ceviche-Restaurant. Danach ruhten wir uns aus, und ich schrieb weiter an meinem Tagebuch und an dem 10-Stämme-Aufsatz.

Kurz vor 18:00 Uhr holte ich dann Augusto und Felix ab, indem ich den Rollstuhl runter trug, während Felix den halbseitig Gelähmten Schritt für Schritt langsam vom 3.Stockwerk nach unten begleitete. Zu meiner Freude kam neben Ricardo auch noch Julio und Walter, sowie etwas verspätet auch noch Heraklio. Als wir bereits begonnen hatten, kam schließlich auch noch Mario (der Ex-Doppelmörder), mit dem ich schon nicht mehr gerechnet hatte. Nachdem wir gebetet hatten, sprach ich über das Thema „Wenn Christen ein Doppelleben führen“ und bezog dieses auf Mt.7:22-23 und 2.Tim.2:12, wo es um das Verleugnen ging. „Jedes Mal, wenn wir Christen z.B. einen obszönen Witz machen, ist es gleichsam so, als würden wir den HErrn verleugnen und sagen: „Ich kenne diesen Menschen nicht!“ (Petrus). Wir sprachen dann auch kurz über „die Höhen, die nicht wichen“ – bezogen auf unser Leben: die verharmlosten Leidenschaften und Lüste, die wir von Anfang an noch mir in unser Glaubensleben mitgeschleppt haben, anstatt sie konsequent hinter uns zu lassen. Zum Schluss hielten wir uns noch sehr lange bei der Frage auf, wen der HErr eigentlich meint, wenn Er von den „Lauen“ spricht in Offb.3:15). Julio sagte mit einem breiten Lächeln: „Mit dieser Botschaft, Simon, sprichst Du mir so sehr aus dem Herzen! Ich merke, dass wir wirklich total eins sind im Geist. Ich möchte davon noch viel mehr hören! Hier in Peru hört man so eine Botschaft sonst nirgends!“ Das hat mich natürlich sehr gefreut.

Nachdem wir gebetet und alle ein Eis bekamen, bat ich Mario, doch einmal ein Zeugnis zu geben von seiner Vergangenheit und was der HErr vor einem Jahr in ihm gewirkt habe. Was er allerdings sagte, hat mich völlig überrascht, weil ich damit gar nicht gerechnet hatte: „Meine Kindheit war die Hölle auf Erden. Meine Eltern haben mich beide nicht gewollt. Mein Vater war nie da, sondern immer unterwegs wegen seiner Arbeit, und wenn er mal da war, hat er sich an meiner älteren Halbschwester vergangen und sie gequält – das kann ich hier jetzt gar nicht alles erzählen und es ist auch zu schrecklich. Meine Mutter hatte auch keine Lust, sich um mich zu kümmern, sondern ist stattdessen immer mit ihrer Freundin Einkaufen gefahren und hat mich dann bei deren Mann in Obhut gegeben, angeblich um Haare zu schneiden. Der hat mich dann regelmäßig sexuell vergewaltigt…“ Seine Stimme stockte und er konnte nicht weiterreden, weil er versuchte, die Tränen zu unterdrücken. „Ich hasse meine Mutter dafür, dass sie mir das angetan hat!“ Eva hakte nach: „Wusste Deine Mutter von dem sexuellen Missbrauch?“ – „Nein, bis heute weiß sie nichts…“ – „Und hast Du das Deinem Vater mal bekannt?“ – „Ja, aber der hat völlig gleichgültig reagiert und meinte nur, ich könne mich ja umbringen, wenn ich damit nicht klar komme, denn von solchen Nichtsnutzen wie mir gebe es ja sowieso schon genug in der Welt...“ Eva übernahm nun voll und ganz die Gesprächsführung, da dies ja nun schließlich IHR Thema war und erklärte ihm: „Du bist aber wertvoll, und Du hast an diesem Missbrauch auch keine Schuld. Lass Dir das von niemandem einreden, denn Du warst damals schließlich noch ein Kind!“ – „Ich weiß, “ sagte Mario, „aber ich kann mit diesen Hassgefühlen nicht leben. Ich werde immer wieder daran erinnert, und es macht mich völlig fertig. Ich denke unentwegt nur an Rache“. – „Wie hättest Du Dich denn rächen wollen?“ fragte ich „hättest Du ihn am liebsten umgebracht?“ – „Unmöglich, denn dieser Mann ist Polizist, und sogar ein hohes Tier.“ – „Du darfst Dich aber auch ohnehin nicht rächen, denn das Wort Gottes sagt: ‚Mein ist die Rache, ich will vergelten‘. Du musst die Sache ganz in Gottes Hände legen.

Eva erzählte ihm dann von einem Mädchen, das mit 10 bis 11 Jahren von ihrem Schwager zwei Jahre lang vergewaltigt wurde (ohne zu erwähnen, dass sie selbst das Mädchen war) und beschrieb dann, wie dieses Mädchen dann trotz dieses Traumas Frieden in Gott fand. Mario sagte daraufhin, dass er selbst auch die Erfahrung gemacht hatte, dass es ihm sehr hilft, wenn er in der Gemeinde Loblieder singen kann, weil es ihn beruhigt und auch ablenkt von sich selbst. Ich sagte dann: „Vielleicht solltest Du einfach mal weiter von Dir berichten, wie Dein Leben dann weiterging und wie Du am Ende den HErrn Jesus kennengelernt hast.“ Mario erzählte dann, dass er einige schwere Straftaten begangen hatte weshalb er zu einer Haftstrafe von 12 Jahren verurteilt wurde im berüchtigten Staatsgefängnis Cañete, jedoch wegen guter Führung schon nach 10 Jahren frei kam, das sei vor zwei Jahren gewesen. In dieser Zeit sei er aber an Tuberkulose erkrankt und habe Stufe 3 (von insgesamt 4) Risikostufen erreicht, so dass er drei Monate im Krankenhaus war. Er magerte völlig ab von ursprünglich 85 kg auf nur noch gegenwärtig 56 kg und mache sich Sorgen, weil er viel zu wenig esse. Er habe schon lange den Wunsch gehabt, mit den Raubüberfällen aufzuhören und ein normales Leben zu führen. Und da geschah es, dass er vor genau einem Jahr mich traf auf dem Plaza de San Martin. Er habe sich neben mich gesetzt, weil er mich mit jemandem verwechselt hätte und war neugierig, worüber ich mit jemandem sprach. Dann hatte ich ihm ja vom HErrn Jesus erzählt und das habe ihn sehr getroffen, so dass er mit mir beten wollte. Danach habe er wirklich aufgehört mit den Überfällen und auch versucht, sich wieder mit seinem Vater zu versöhnen. Er habe nun eine Ein-Zimmer-Wohnung in Lurigancho und halte sich mit dem Verkauf von Süßigkeiten über Wasser. Er träume davon, irgendwann eine richtige Arbeit und vielleicht auch eine eigene Familie zu haben, aber das sei im Moment für ihn noch in weiter Ferne.

Inzwischen waren Walter und Julio schon eingeschlafen, und Ruth gab mir den ernsten Hinweis, dass ich die Versammlung nun für beendet erklären solle, um die älteren Geschwister schon zu verabschieden, besonders Don Augusto. Ich könne ja danach noch weiter reden mit jenen, die noch bleiben wollen. Schließlich verabschiedeten sich jedoch alle außer Mario, und ich begleitete noch den Augusto mit Felix wieder nach oben. Dann sprachen Eva und ich noch etwa eine Stunde lang mit Mario, während Ruth ihm ein „Lunch-Paket“ bereitete und ihm eine etwas größere Spende in die Hand drückte. Wir verblieben so, dass er doch am Dienstag noch einmal kommen möge, um bis dahin auszuloten, wer ihn in der Zeit unserer Abwesenheit in Peru geistlich weiter betreuen könnte (z.B. Julio oder Francisco), damit er nicht länger alleine sei, sondern einen Ansprechpartner hätte. Ich begleitete ihn dann noch zur Bushaltestelle und sprach später noch bis 23:00 Uhr mit Ruth und Eva über ihre Eindrücke. Ruth und Eva hatte ihn nun auch völlig in ihr Herz geschlossen, während ich Zweifel hatte, ob seine Geschichten alle der Wahrheit entsprechen, denn sie weichen z.T. doch ziemlich von dem ab, was er mir vor einem Jahr erzählt hatte. In den Nachrichten am Abend erfuhren wir dann, dass bei den Wahlen überraschend die Israeliten-Partei FREPAP den Sprung in den Kongress geschafft habe.

Lima, 27.01.2020  Am heutigen Montag lasen wir in Spr.14: „Ohne Rinder bleibt die Krippe rein; aber durch die Kraft des Rindes gibt es eine Menge Brot“ (Vers 3). Da musste ich an die vielen Deutschen denken, die ihr Auto lieber in der Garage lassen, damit es nach einer aufwändigen Reinigung nicht gleich wieder schmutzig wird durch Benutzung, so als ob das Auto so ein Glastisch im Wohnzimmer wäre! Dabei ist ein Wagen doch nur ein Gebrauchsgegenstand, der uns nur Nutzen bringt, wenn wir ihn auch benutzen. Von nichts kommt nichts. Ebenso bringen uns auch nichts drei Vitrinenschränke voller Traktate, wenn sie nicht möglichst bald unters Volk kommen. Wir müssen darauf achten, dass das Evangelium in unseren Händen nicht zu einer Zierde oder einer Attrappe verkommt, um andere Christen zu beeindrucken. Bibelverse gehören nicht in Holz eingebrannt an die Wand, sondern im realen Leben ausgelebt!

Da ich nicht immer zeitnah alles aufschreiben kann, was gerade passiert, kann ich im Nachhinein mich nicht mehr richtig erinnern, was an diesem Montag geschah. Ich weiß nur noch schwach, dass ich an diesem Tag gegen Mittag mit Ricardo im Hallenbad war und dass Ruth und ich am Abend einen Besuch bei ihrer Freundin Maruja (ausgespr. Marucha) und deren Cousine Doris machten. Es ging zum einen um Walters Enkel Aldahir, der wegen Raubmordes im Gefängnis von Huaraz einsitzt und zum anderen um einen weiteren Fall von Kindesmissbrauch, allerdings diesmal traurigerweise in der unmittelbaren Verwandtschaft meiner Frau. Der Fall liegt zwar auch schon 20 Jahre zurück, aber er ist jetzt gerade bekannt geworden und Ruth sieht sich in der Pflicht, diese Sünde anzusprechen und den Schuldigen zur Rede zu stellen. Da aber die Sache sozusagen noch „in der Schwebe“ sei und auch noch gar nicht sicher, ob die betreffende Person Buße tun werde, soll bis dahin nichts darüber an die Öffentlichkeit gelangen. Leider fehlt mir darüber hinaus die Erinnerung, was sonst noch alles an dem Tag geschehen ist, aber es wird auch wohl nicht wichtig gewesen sein.

Lima, 28.01.2020 Am Dienstag hatten wir den ganzen Tag einen Stromausfall, der jedoch tags zuvor angekündigt wurde, da man wohl Reparaturarbeiten im Stromnetz vornehmen müsse. Auch in Spr.15 fanden wir bei der morgendlichen Bibellese gleich zu Anfang zwei Verse die auf besonders auf die „linde Zunge“ abzielen (Ver 1 +3). Da wir Menschen größtenteils nicht (immer) geistlich sind, können wir harte Worte – auch wenn sie noch so wahr sind – kaum ertragen, erst recht nicht, wenn sie sich kritisch gegen unsere Person wenden und nicht nur unser Verhalten, sondern gar wohl möglich uns selbst in Frage stellen. Wir sagen uns dann sofort: „Das lass ich mir nicht gefallen!“ ohne überhaupt erst mal richtig zuzuhören und ¨über die Kritik nachzudenken, ob sie nicht vielleicht sogar doch berechtigt sei, oder doch wenigstens einen Teil an Wahrheit beinhaltet. Wenn wir das aber von uns selbst wissen, warum gehen wir dann davon aus, dass andere nicht genauso empfinden wie wir und muten ihnen so unverdauliche Sätze zu, von denen wir doch eigentlich ahnen können, dass kaum einer sie ertragen kann. Das wäre ungefähr so, als würden wir eine Schaufel Mehl nehmen und von dem anderen verlangen: „Hier, mach den Mund auf friss!“ Stattdessen kann der andere unser Botschaft doch nur aufnehmen, wenn sie 1.) von der Menge her nicht zu viel Kritik auf einmal enthält (also statt einer Schaufel nur ein Löffel), und 2.) wenn die Kritik nicht so trocken ist wie Mehl, sondern vermengt ist mit ein wenig „Fett und Zucker“, d.h. weich und mit ein wenig Lob verbunden. Ein gutes Beispiel ist Gideon in Richt.8:1-3, als die Männer von Ephraim mit ihm schimpften, dass er ihre Hilfe nicht in Anspruch genommen hatte. Anstatt selbst mit ihnen zu schimpfen, dass er alles alleine machen musste, hat er sich völlig vor ihnen gedemütigt und ihnen – wie wir im Deutschen sagen – „Honig um den Bart geschmiert“, d.h. seine Taten absichtlich runter gespielt im Vergleich, was sie als nächstes noch tun würden. Damit hat er sie gewonnen.

Morgens kam uns Elsa, die Schwester unseres Spanischkreisleiters Omar Llanos, besuchen, um ein Geschenk für ihren Bruder in Deutschland mitzugeben. Es schien, als habe die Katholikin Elsa sich aufgrund ihres 3-monatigen Deutschland-Aufenthalts im Herbst 2019 und ihrer Teilnahme an den Gottesdiensten von uns, still und heimlich bekehrt, denn sie erzählte uns, dass sie jetzt eine andere sei, weil sie einen großen Hunger nach Gottes Wort habe und eine Liebe zum HErrn, die sie all die Jahre nie hatte. Sie umarmte uns beide mindestens zwei Minuten lang und ging dann wieder. Dann machten auch Ruth und Eva sich wieder auf den Weg in die Tierarztpraxis, während ich ein paar Arbeiten in der Wohnung verrichtete. Es war auch heute leider wieder so heiß, dass mich zwischendurch immer wieder kurz duschen musste mit kaltem Wasser, denn der Ventilator funktionierte ja nicht wegen des Stromausfalls. Für heute Nachmittag hatten sich Israel und Jonathan angekündigt, die noch Geschenke und Briefe hatten für Geschwister in Deutschland, die wir mitnehmen sollten. Da ich mit meinem Tagebuch sehr im Rückstand war, hatte ich erst mal solange weitergeschrieben bis der Akku vom Laptop leer war.

Dann nahm ich meine Tasche, füllte sie mit Traktaten und fuhr mit dem Bus zum nahe gelegenen Plaza de Manco Capac. Ich hatte diesmal nicht viel Zeit zum Evangelisieren, da ich um 17:00 Uhr wieder zurück sein musste, um Israel und Jonathan die Tür aufzumachen. Ich verteilte erst einmal eine halbe Stunde lang mein Traktat über der Mariengötzendienst. Dann suchte ich nach geeigneten Gesprächspartnern unter den vielen Besuchern des parkähnlichen Platzes, was nicht so einfach war, da gut die Hälfte auf ihr Handy starrte. Doch dann sprach mich ein alter Mann von der Tribüne des Manco-Capac-Denkmals an und bat mich, mich neben ihn zu setzen. Raul (70) sagte: „ich kenne Sie, denn ich habe Sie schon predigen gesehen auf dem Plaza de San Martín. Vielleicht können Sie mir mal erklären, wo in der Bibel steht, dass Maria die Mutter Gottes sei.“ Ich stutzte und antwortete: „Das kann ich nicht sagen, weil es diese Bezeichnung in der Bibel nicht gibt. Absichtlich hat der HErr Seine leibliche Mutter nie als ‚Mutter‘ bezeichnet, sondern immer nur als ‚Frau‘, so als habe Er damit schon andeuten wollen, dass man aus Maria keine Muttergottheit machen soll.“ Raul stellte sich mir dann als Katholik vor, der jedoch vielem in der Katholischen Kirche kritisch gegenüber eingestellt sei. Er hatte eine weit überdurchschnittliche Bildung und kannte sich besonders in der Kirchengeschichte gut aus. Deshalb nutzte ich die Gelegenheit und erklärte ihm an Hand von Offb.2 und 3 die Bezüge zur Kirchengeschichte, was ihn offenkundig verblüffte, und erklärte ihm dann, dass die Katholische Kirche zwar Thyatira sei, die vom HErrn viel Lob bekommt – im Gegensatz zu Laodizea – aber dass die Katholische Kirche teilweise eben auch die Hure Babylon sei, aus der wir Gläubige heute austreten müssen, um nicht ihrer Sünden mitteilhaftig zu werden. Wir sprachen dann über den Marien- und Heiligen-Götzendienst aber auch über die Transsubstantiationslehre, ohne dass er mir – zu meiner Überraschung – dabei widersprach, sondern mir interessiert zuhörte. Irgendwann erfuhr ich, dass es bereits 17:30 Uhr sei, weshalb ich mich schnell verabschiedete und mich auf den Weg zurück nach Matute machte.

Als Israel dann kam, erzählte ich ihm von den neuesten Ereignissen und fragte, ob er mit mir zusammen den Augusto und Felix besuchen gehen würde. Israel fand die Idee gut, weshalb wir hinaufgingen. Nachdem sich Israel mit Felix über alte Zeiten ausgetauscht hatten, wie sie als Kinder in Matute Fußball gespielt hatten (sie hatten sich 35 Jahre lang nicht gesehen), begann ich, aus Johannes 5 vorzulesen, und Israel übernahm dann das 6.Kapitel, wobei wir beide nach einem Abschnitt jeweils einen kurzen Kommentar gaben. Am Ende erklärte ich noch, dass wir jetzt wieder runter müssen, da die Bibelstunde anfinge, aber wenn sie wollten, könnten sie natürlich gerne mit teilnehmen. „JA, ich will unbedingt!“ sagte Augusto, und da war die Sache auch schon entschieden. Als ich 19:15 Uhr gerade wieder ins Haus kam, klopfte Mario an der Tür. Ich freute mich, dass er sein Versprechen eingehalten hatte und wir setzten uns ins Wohnzimmer. Ich erklärte dem Israel kurz, wer der Mario sei und bot ihm dann an, dem Mario mal selbst ein paar Fragen zu stellen, damit sie ins Gespräch kämen. Um 19:30 Uhr kam auf einmal Julio mit seiner ganzen Familie samt Oma zur Bibelstunde. Nun ist es aber in Peru (und besonders unter den Armen, zu denen auch Julios Familie gehört) so, dass man Besuche vorzugsweise ums die Mittags- oder Abendzeit macht, um dann entsprechend auch noch ein Mittags- oder Abendessen zu bekommen (während das für uns Deutsche eher ein Grund wäre, gerade nicht um diese Uhrzeiten einen Besuch abzustatten, um niemandem beschwerlich zu fallen). Da ich das also schon ahnte, fragte ich aus Höflichkeit, ob sie schon zu Abend gegessen hätten oder ob ich Ihnen ein Abendessen anbieten darf. Julio nickte sofort mit breitem Grinsen. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich ja eigentlich gar nichts vorbereitet hatte, sondern diese Frage nur aus Höflichkeit gestellt hatte. Doch zum Glück sah ich dann, dass Ruth eine Mais-Käse-Suppe für sich, Eva und Israel gekocht hatte. Julios Familie bestand aus 5 Köpfen; hinzu kamen noch Israel und Mario. Also musste ich die Suppe so aufteilen, dass sie wenigstens für diese sieben Esser reicht (Ruth, Eva und ich könnten später ja auch etwas anderes noch essen. Also verteilte ich die Suppe in sieben tiefe Teller und Schalen, und es reichte gerade so eben.

Dann kam auch noch Ricardo mit Hugo, sowie Felix mit Augusto vorbei, sodass das 10-qm-groβe Wohnzimmer inzwischen mit 12 Personen recht voll geworden war (zum Glück hatte Julios Familie die Teller schon aufgegessen, sodass ich nicht in Verlegenheit geriet, auch den anderen noch etwas anbieten zu müssen. Israel machte dann die Einleitung mit Gebet und einigen Choritos (Kurzliedern), und ich verteilte an die Besucher jeweils eine Bibel, die ich Ihnen dann auch schenkte. Als ich dann mit meinem eigentlichen Thema beginnen wollte nämlich Psalm 119, merkte ich schon bald, dass die Besucher damit schon überfordert waren, denn ganz offensichtlich hatte über die Hälfte von ihnen noch nie in der Bibel gelesen und deshalb schon Schwierigkeiten, überhaupt diesen Psalm zu finden. Ich wechselte also das Thema und erzählte ihnen einfach mit eigenen Worten mal die Geschichte von Joseph, wobei ich jeweils auch die Parallelen zum Leben des HErrn Jesus aufzeigte. Hugo unterbrach mich zwischendurch und fragte, wie ich denn das Verhältnis zwischen Joseph und dem Pharao mit Jesus und Gott vergleichen könne, wo doch der Pharao „ein böser und grausamer Tyrann sei, der seine Berater und Zeichendeuter sofort hinrichten ließ“. Ich korrigierte ihn, dass er ihn hier wohl mit dem Nebukadnezar verwechsele (Dan.2), dass man aber aufgrund von Phil 2 schon eine deutliche Anspielung auf das Leben des HErrn Jesus erkennen könne. Ich musste aufpassen, dass nicht durch zu viele Zwischenrufe der „rote Faden“ und damit die eigentliche Botschaft verloren gehe. Auch die Großmutter der Familie, also Julios Mutter Beatrix (85) machte ständig irgendwelche Zwischenrufe, so dass ich annahm, dass sie schon etwas dement sei; z.B. sagte sie ständig „Kiro!“, wenn ich vom HErrn sprach. Aber genau das Gegenteil war der Fall, denn es stellte sich plötzlich heraus, dass sie weit mehr Bibelkenntnis und Geistesfülle besaß, als ich mir je hätte erträumen lassen. Mit dem Wort „Kiro“, wollte sie in Wirklichkeit „ΚΥΡΙΟΣ“ sagen, also das griechische Wort für „HErr“…

Als ich ihr dann mal kurz das Wort gab, sprudelte es nur so aus ihr heraus: Zunächst unterstrich sie, dass der HErr Jesus der einzig wahre Erretter sei und dass jeder in der Runde, der den HErrn noch nicht als HErrn und Retter in sein Leben aufgenommen habe, dies das doch unverzüglich tun müsse. Das Wort KÜRIOS bedeute so viel wie der absolute Befehlshaber, und wehe dem, der Seinem Befehl zur Buße und zum Bekenntnis seiner Sünden nicht nachkomme! Dann erzählte sie, wie der HErr sie durch eine schwere Krankheit vor einem Jahr errettet habe als während kürzester Zeit sämtliche schwere Erkrankungen und Komplikationen auf einmal über sie kamen und die Ärzte im Krankenhaus deshalb schon alle Hoffnung für sie aufgegeben hatten. Sie sagte, dass sie von Dämonen regelrecht verfolgt wurde, die sie malträtierten und mit höllischen Schmerzen quälten, so dass sie nur noch zum HErrn um Gnade uns Erbarmen flehen konnte. Dieser Schrei aus höchster Not habe der HErr erhört, sie wieder vollkommen geheilt und sogar zum Glauben geführt, so dass sie heute nicht mehr davon schweigen könne. Früher war sie eine schlimmer Sünderin gewesen, indem sie in ihrem Haus ein Drogenkartell geführt habe – so unglaublich das klingt, aber das war mir von Ruth schon vor Jahren berichtet worden. Ihr Sohn Julio war früher Drogenhändler wie seine jüngere Schwester, die zusätzlich noch als Prostituierte arbeitete. Eines Morgens fand man sie erhängt am Eingangstor vor Matute mit aufgeschlitztem Bauch – als Rache für eine nicht bezahlte Schuld. Für die Bandenkriminalität in den 80er Jahren vor das Matute-Viertel ja in ganz Lima bekannt und gefürchtet, sogar bis heute noch. Und diese Familie war eine Teil des Kartells. Beatrix galt damals als „schwarze Witwe“ wegen ihrer Kaltblütigkeit, und jetzt hat der HErr sie errettet – was für eine Überraschung! Als ich sie auf dieses Wunder ansprach, sagte sie, dass es damals ja auch das Drogenkartell von Cali gab in Kolumbien, das von Pablo Escobar angeführt wurde, und dass inzwischen sämtliche Drogenhändler Buße getan und den HErrn Jesus angenommen hätten, so dass man heute in Kolumbien schon von dem „cartel de Cristo“ spräche.

Dann wandte Beatrix (85) sich an den im Rollstuhl sitzenden Augusto (74) und bezeugte ihn mit Vollmacht, dass auch er nur glauben müsse, und dann würde der HErr ihn schon von den Ketten seiner Behinderung lösen können. „EN EL NOMBRE DEL SEÑOR!!!“ beschwor sie ihn, so dass Augusto ganz eingeschüchtert zu ihr hinauf schaute mit Tränen in den Augen. Ich erklärte ihr und den Anwesenden, dass der HErr auch bei Augusto schon ein Wunder bewirkt habe, denn früher war er ein erfolgreicher Geschäftsmann und Atheist, der sich über den Glauben lustig gemacht habe. Aber dass er inzwischen auch an den HErrn Jesus glaube, nachdem er durch seinen Schlaganfall sehr vom HErrn gedemütigt wurde und zur Buße kam. „Haleluja!“ sagte Beatrix. Dann fragte sie ihn, wann er sich denn bekehrt hat. Er sagte mit zerbrechlicher Stimme: „Vor drei Wochen.“ Das irritierte mich, weshalb ich ihn fragte: „Aber wir kennen uns doch jetzt schon seit drei Wochen…“ Eulogio sagte: „Ja. Als Sie vor drei Wochen das erste Mal zu mir nach oben kamen und mir vom HErrn Jesus erzählt haben, da habe ich mich bekehrt.“ – „Echt? Das habe ich ja gar nicht mitbekommen“ sagte ich. „Aber genauso wirkt der Heilige Geist“ wandte Bruder Hugo ein, „nämlich im Verborgenen. Der HErr hat Sie benutzt, Bruder Simon, um Don Augusto die Botschaft des Heils zu bringen. Und wir freuen uns mit ihm, dass der HErr ihn nun zu retten vermocht hat, genauso wie Sie, Schwester Beatrix. Ich merke, dass der HErr gerade ganz mächtig unter uns am Wirken ist, und das freut mich sehr.“ – „Ja genau, “ sagte Julio „und dieses Feuer darf jetzt nicht schon bald wieder erlöschen, sondern wir sollten dafür beten, dass der HErr auch weiter diese Erweckung aufrechthalten möge!“ Daraufhin sagte ich: „Dann sollten wir jetzt vor dem HErrn vereinbaren, dass diese Versammlungen weiter stattfinden sollten, selbst wenn Ruth und ich in den nächsten Monaten nicht mehr dabei sein können.“ Israel sagte: „Ja, Ihr könnt Euch doch ab jetzt immer im Haus von Julio verabreden, nicht wahr?“ – „ Ich würde vorschlagen, lieber im Wohnzimmer von Don Augusto, denn dort ist genügend Platz und außerdem kann Augusto dann auch immer dabei sein und ist nicht mehr so allein“, sagte ich. „Aber dazu müssen wir Don Eulogio fragen, denn die Wohnung gehört ja eigentlich ihm, und Augusto ist nur sein Dauergast“ sagte Felix. „Ja, das müssen wir abklären, aber er wird bestimmt nichts dagegen haben.“ Sagte ich. „Aber zusätzlich könnt ihr ja Dienstags weiterhin zu Bruder Ricardo zur Bibelstunde gehen, denn er wohnt ja auch in Matute, in Block 5. Überhaupt sollte Ricardo in Zukunft zum Gemeindeleiter ernannt werden, denn er hat dafür die beste Begabung, da er diszipliniert ist und verantwortungsbewusst.“ – „Ja, das können wir so machen“ sagte Julio.

Nach dem gemeinsamen Gebet verabschiedeten sich alle von einander, und nur Mario blieb noch, weil Ruth ihm noch eine Spende auf dem Weg mitgeben wollte. Als Ruth dann kurz darauf mit Eva ankam, kam auch Jonatan, der geschäftlich in Lima zu tun hatte, und wir erzählten ihnen, was der HErr an diesem Abend gewirkt hatte. Ruth freute sich so sehr über die Bekehrung von Doña Beatrix, dass sie darüber hinweg sah, dass alle anderen ihre Suppe aufgegessen hatten und nichts mehr für sie übrig blieb. Auch Ruth und Eva hatten heute viel erlebt in der Tierarztpraxis, und Ruth erzählte dann, wie sehr der HErr ihr bei all den Kastrationen geholfen habe. Die Familie unterhielt sich noch bis 2:00 Uhr nachts miteinander und lachten viel, aber ich war zu müde und schon um Mitternacht ins Bett gegangen.

Lima, 29.01.2020 Am letzten Tag unseres Aufenthalts in Peru standen wir alle relativ spät erst auf gegen kurz nach 8:00 Uhr. Heute Morgen ging es im Spr.16:1-3 zunächst um Überlegungen und Pläne, die alle noch der Beurteilung des HErrn bedürfen. Wir können uns schon allein deshalb irren, weil uns die Motive unseres Handelns nicht immer bewusst sind und wir deshalb etwas scheinbar Notwendiges aus Eigennutz tun, der aber dann keinen Lohn bringt. Deshalb sollten wir unsere Werke immer morgens dem HErrn anbefehlen (V.3). Eine ziemlich harte Nuss ist Vers 4: „Derr HErr hat alles zu Seiner Absicht gemacht, und auch den Gottlosen für den Tag des Bösen“. Heißt das, dass der Gottlose von Gott mit der Absicht geschaffen wurde, um verloren zu gehen? Das sei ferne. Zum einen sei hier festgestellt, dass im Grundtext das Wort „Absicht“ falsch übersetzt ist, denn das hebräische Wort Ma˚aNeH heißt eigentlich „Antwort“ oder „Reaktion“ und kommt auch in Vers 1 vor. Der Satz müsste also lauten: „Alles hat JHWH für/zum Zwecke Seine Antwort/Reaktion getan, und ja sogar den Frevler für/zum Zweck den Tag des Bösen“. Nicht der „Tag des Bösen“ ist eine Reaktion Gottes auf das Tun des Frevlers, wie man allgemein annimmt, sondern der Frevler selbst ist die Antwort Gottes am bösen Tag, und zwar für Gläubige, die in Sünde gefallen sind, so wie z.B. für David, als er von Simei mit Steinen beworfen wurde und David es als Züchtigung aus Gottes Hand annahm, indem er sprach: „Lasset ihn fluchen, denn der HErr hat es Ihm geheißen (zu tun)“ (2.Sam.16:11). Mir ist auch allmählich klar geworden, dass man unmöglich jeden Morgen ein ganze Kapitel aus dem Sprüchebuch ausführlich behandeln kann, weil es einfach zu viele ganz unterschiedliche Gedanken enthält, sondern man muss sich auf einige wenige Verse beschränken, da unser Gehirn sich ohnehin nicht so viel merken kann.

Ruth musste sich nun beeilen, weil sie um 9:00 Uhr mit Walter verabredet war, um gemeinsam mit ihm und Eva ins Krankenhaus zu fahren (vergl. 24.01.). Ich blieb indes zurück, um meinen Koffer zu packen und an meinem Tagebuch weiterzuschreiben, da ich noch immer drei Tage im Rückstand war. Als Ruth zurückkam, berichtete sie, dass Walter an einer Lungenfibrose leidet, d.h. an einer zunehmenden Vernarbung/Gewebewucherung in seiner Lunge, die entweder durch den Staub in seinem Kiosk verursacht wurde oder eine Altlast seiner früheren TBC-Erkrankung ist. Er müsse jetzt viele Medikamente nehmen, die diesen Verwachsungsprozess aufhalten, denn sonst endet die Krankheit irgendwann mit dem Tod. „Vor allem muss Walter jetzt endlich mit der Hurerei aufhören und sich wirklich bekehren“, dachte ich. Wir müssen für ihn beten. Wir räumten den Kühlschrank leer, aßen sämtliches Obst, das noch übrig geblieben war und hängten die letzte Wäsche von der Leine. Um 16:30 Uhr kam dann Jaime, einer unserer Taxifahrer, um uns zum Flughafen mitzunehmen. Unterwegs las ich auf mehreren Laternenpfeilern: „Ist Ihre Monatsblutung im Verzug? Hier wird Ihnen professionell geholfen: …“ – Also im Grunde eine unverhohlene Einladung zu einer illegalen Abtreibung! Doch las ich auch etwas Erfreuliches auf der Heckscheibe eines Wagens: „Ich bin mit dem HErrn losgefahren, und sollte ich nicht zurückkehren, dann bin ich bei meinem HErrn angelangt.“ Zur Nachahmung empfohlen.

Die Flugreise von Lima nach Amsterdam dauert etwa 15 Stunden. Um sich zu Zerstreuen, werden während des Fluges Filme gezeigt. Ein Film lautete „Silence“ und handelt von der Christenverfolgung in Japan im 17.Jahrhundert. Zwei Jesuiten reisen 1638 von Portugal aus nach Japan, um neben ihrem Missionsauftrag einen berühmten Pater ausfindig zu machen, von dem gesagt wurde, dass er aufgrund der grausamen Folter und Ermordung Hunderter von Christen durch die japanische Inquisition überraschend vom Glauben abgefallen sei und nun ein buddhistischer Mönch geworden sei. Als sie ankamen, erleben sie, wie die grausamen Japaner die zum Christentum konvertierten Bauern systematisch foltern, um sie zum Abschwören ihres Glaubens zu zwingen. Wer sich weigert, wird bei lebendigem Leib verbrannt, gekreuzigt oder geköpft, im schlimmsten Fall sogar über Kopf an einem Pfahl gebunden, wo die durch ein kleines Loch im Hals ganz langsam ausbluten sollen. Als dann auch die beiden Missionare gefangen werden, zwingt man sie und die Bauern, auf ein Jesusbild zu treten. Einer der beiden Jesuiten empfiehlt ihnen, dies ruhig zu tun, da es ja nur ein Bild sei. Die Bauern gehorchen alle, so dass der Inquisitor Verdacht schöpft. Er verlangt deshalb, dass sie zusätzlich noch ein Kreuz anspucken sollen, was sie nicht können. Zur Strafe pfählt man sie mitten in der Meeresbrandung (wo es Ebbe und Flut gibt), so dass sie grausam ertrinken. Die Pfarrer hingegen werden nicht gefoltert, sondern ihnen wird gesagt, dass sie all ihre Leidensgenossen vor Folter und Tod schützen könnten, wenn nur sie allein abschwören würden. Der Großinquisitor sagte wörtlich: „Ist es etwa nicht ein echter Akt christlicher Nächstenliebe, wenn man seinen Brüdern das Leid erspart, indem man selber das Opfer des Abschwörens auf sich nimmt. Unterdessen erfleht ein schwach gewordener Bauer, der den HErrn schon zweimal aus Angst vor seinem Leben verleugnet hat, die Absolution durch den Priester. Als dieser ihm die Vergebung zunächst verweigert, sagt der Apostat wörtlich: „Wenn ich vor 100 Jahren gelebt hätte, als es noch keine Christenverfolgung in Japan gab und sich die Christen ungestört ausbreiten konnten, dann wäre ich treu im Glauben heimgegangen trotz meiner Schwachheit; was aber kann ich dafür, dass ich ausgerechnet in dieser Zeit geboren wurde, in welcher ich mit dem Tod bedroht werde?

Bremen, 30.01.2020 Um 17:35 Uhr kamen wir dann endlich in Bremen an und wurden von meinem Bruder Marcus abgeholt. Ich musste mir erstmal einen Pullover und Jacke aus dem Koffer holen, denn in Bremen waren es gerade nur 9 ˚C und ich hatte nur ein kurzärmliges Hemd an. Da wir die Heizungen in unserem Haus alle ausgeschaltet hatten, war das Haus demaßen ausgekühlt, dass es innen genauso kalt wie außen war und es zwei Tage brauchte, bis es endlich wieder warm war im Haus. Aber wir sind dem Herrn von ganzem Herzen dankbar für all den Schutz und Segen auf der Reise und gleich erstmal auf unsere Knie gegangen, um Ihm zu danken. Möge der Herr Sein Werk in Peru segnen, und dass unsere Mühe am Ende nicht vergeblich gewesen sein möge! Alles sei zu Seiner Ehre und Verherrlichung!

Seid dem Herrn Jesus Christus anbefohlen!

Simon

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