„Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe.
Laßt uns nun die Werke der Finsternis ablegen
und die Waffen des Lichts anziehen.“

(Röm.13:12)

– Deutschlandreise 05.-12.09.20

Deutschlandreise 05.-12.09.20


Bremen, 05.09.2020: Bereits am
Vorabend war ich mit meiner Frau Ruth gegen 21:00 Uhr nach Hannover-Bothfeld gefahren, wo unsere Tochter Rebekka zusammen mit unserem Schwiegersohn Dennis wohnt, um dort eine Nacht zu verbringen. Am heutigen Morgen sollte ich Ruth und Rebekka zum Hbf. Hannover bringen, von wo sie dann gemeinsam für eine Woche nach Prag  reisen würden, um noch ein letztes Mal zusammen als Mutter und Tochter eine schöne Zeit miteinander zu verbringen, bevor die junge Ehe von Rebekka dies zeitlich nicht mehr zulassen würde. 


Am Morgen las ich mit Ruth in unserer Bibellese Hebräer 13. Der Hebräerbrief will ja vor allem zwei Sachen ausdrücken: zum einen die überragende Bedeutung des HErrn Jesus Christus, der schon überall im Alten Testament erkennbar war; und zum anderen, dass der neue Bund noch um ein Vielfaches heiliger, größer, ernster und gewaltiger ist als der alte Bund, für den diese Attribute ja schon gegolten hatten. Der Schreiber möchte uns Gläubigen eindringlich ins Gewissen reden, dass wir diese kurze Zeit hier auf Erden als entscheidende Chance nutzen sollten, um all das zu verwirklichen, zu was uns Gott berufen hat, nämlich u.a. Bruderliebe, Gastfreundschaft, Gefangenenbesuche, eheliche Reinheit, materielle Bescheidenheit und vor allem Leidensbereitschaft, indem wir wie Jesus die Schmach des Kreuzes außerhalb des „Lagers“ tragen. Der HErr ist derselbe, heute wie damals, und wir dürfen Seine Hilfe und Seinen Beistand heute noch genauso erleben wie alle Glaubenszeugen zu biblischen Zeiten. Das möchte der Heilige Geist auch mir heute zusprechen, wo wir uns jetzt gleich auf die Reise machen.


Wir fuhren im strömenden Regen zur FlixBus-Haltestelle am Bahnhof von Hannover, beteten noch einmal gemeinsam und verabschiedeten uns. Dann fuhr ich los nach Halle (Saale) zu Bruder Johannes Büttner (32), der mich schon mit ein paar anderen Brüdern zum gemeinsamen Evangelisieren erwartete. Es hatte inzwischen aufgehört, zu regnen, und die Innenstadt von Halle war voll mit Leuten wegen eines Jahrmarkts. Der Bruder Dirk Wegner (56), der gerade aus Hagen zu Besuch war, spielte auf der Gitarre und sang etwa 100-mal hintereinander das Lied „Komm zu dem Herrn, denn er hat den Sieg“. Der Refrain, der nur aus einem ständig wiederholten „Halleluja“ bestand, erinnerte mich ein wenig an die monotonen Lieder von Hare Krishna, (wegen der ständigen Wiederholungen).
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Aber die Stimmung war sehr fröhlich und unbeschwert. Johannes machte sogar mit der Susanne einen Ringeltanz, und ich legte mir meine Faltplakate-Weste an, so dass man schon von Weitem sehen konnte, um was es in den Traktaten ging, die ich verteilte. Die Leute waren leider sehr abweisend und schauten uns nur mit einem mitleidigen Lächeln an. Sie dachten wohl, dass wir eine Gruppe von Irren sind. Johannes hatte mir schon erzählt, dass 94 % der Bürger von Halle Atheisten sind. Vor 300 Jahren war es noch ganz anders, – da war Halle eine der gottesfürchtigsten Städte in Deutschland mit sehr vielen Kirchen, als August Hermann Franke und andere Pietisten die Halleschen Waisenhäuser gegründet hatten. damals riefen die Menschen “Hosianna!“ und heute sagen sie nur noch: „Kreuziget ihn!“ So schnell kann sich alles ändern.


Trotz zahlreicher Ablehnung haben dennoch ausreichend viele die Traktate angenommen, besonders auch Araber, denen ich jeweils eine Jesus-Film-DVD auf Arabisch schenken konnte (diese werden auf Spendenbasis von Bruder Ralf Schiller kostenlos an interessierte versandt, Tel. 01773366000). Gegen 14:30 Uhr verabschiedete ich mich dann von den Geschwistern und fuhr weiter nach Radeberg, um den Bruder Lutz (60) abzuholen, den ich schon seit ein paar Jahren durch Facebook kennen gelernt hatte, um gemeinsam weiterzufahren nach Bautzen, wo wir von den Geschwistern Johannes und Diana, sowie Bruder Klaus erwartet wurden. Wir aßen gemeinsam Abendbrot, und jeder erzählte zum Kennenlernen von seinem bisherigen Leben. Anschließend lasen wir gemeinsam einen Text aus 1.Korinther 3:11-17, bei dem es um die Frage ging, was mit den „Baustoffen“ gemeint ist. Bruder Johannes legte dar, dass es sich hier nicht um die Werke von Gläubigen handele, wie meistens angenommen wird, sondern um die Menschen, um die sich die Mitarbeiter Gottes in einer Gemeinde kümmern. Ich warf ein, dass man sehr viel Energie und Lebenszeit verschwenden könne, wenn man sich nicht entschieden von falschen Christen absondere, die im Grunde „Gefäße zu Unehre“ seien, 
dienur eine Form der Gottseligkeit haben, aber deren Kraft verleugnen“ (2.Tim.2:13). Bruder Lutz stellte noch die Frage in den Raum, ob es sich bei diesen Baustoffen nicht auch um alle Menschen der Welt handeln könnte, da doch nach Vers 11 es keine andere Grundlage gebe als Jesus, auf der Menschen ihr Leben bauen könnten. Johannes und Klaus widersprachen jedoch dieser Idee, da es in diesem Text ja nur um die Gemeinde gehe und nicht um die ganze Welt.


Bautzen, 06.09.2020: Nach der Gebetszeit begann ich am Morgen den Jakobusbrief Kap. 1 zu lesen. Wie demütig, dass Jakobus sich nicht als Bruder des HErrn Jesus hervortut, obwohl er es war, sondern lediglich als „Knecht Gottes und des HErrn Jesus Christus“ vorstellt, was ja im Grunde auch eine große Ehre ist. All jene Gläubigen, die den HErrn Jesus nur als Sohn Gottes aber nicht als Gott sehen können, sollten sich fragen, warum die Apostel den HErrn Jesus immer wieder im gleichen Atemzug mit Gott nennt und Er an einigen Stellen auch direkt als Gott bezeichnet wird (Röm.9:5,Titus 2:13).


Nach dem Frühstück fuhr ich mit Bruder Lutz zurück nach Radeberg und von dort weiter nach Ludwigsstadt (Bayern), wo ich gegen Mittag bei den Geschwistern Bernd und Brigitte ankam. Da wir uns fast ein Jahr lang nicht mehr gesehen hatten gab es viel zu berichten beim Mittagessen, vor allem über den „Fall Natalia“, über den ich ja schon im letzten Rundbrief geschrieben hatte, und der bei den Geschwistern blankes Entsetzen hervorgerufen hatte.

Am Nachmittag erhielten wir Besuch von Bernds Schwestern Sigrid und Adelheid, mit denen wir zusammen Kaffee und Kuchen zu uns nahmen und über das bevorstehende antichristliche Weltreich sprachen. Anschließend machte ich mit Bruder Bernd eine kleine Wanderung in der idyllischen Landschaft des Frankenwaldes bei untergehender Sonne. Wir sprachen über die zeitliche Abfolge der Ereignisse in den zukünftigen letzten sieben Jahren der antichristlichen Weltregierung, waren uns aber in der Frage der Entrückung nicht ganz einig (Bernd geht aufgrund von Stellen wie Lukas 12:38 und der sog. Nachtwachenlehre nach Arthur Muhl davon aus, dass es mehrere Entrückungen gebe). Die biblische Prophetie war dann auch noch bis spät in die Nacht unser Gesprächsthema.


Ludwigsstadt, 07.09.20: In meiner morgendlichen Bibellese blieb ich immer noch in Jakobus 1 hängen, da dort eine Fülle von Belehrung zu finden ist. Glaubensprüfungen sollen für uns kein Anlass zur Betrübnis, sondern zur Freude sein, da sie uns Gelegenheiten bieten, unseren Glauben unter Beweis zu stellen. Ein Kind reift durch Erziehung und ein Lehrling lernt durch Erfahrung, – und so ist es auch in der Schule Gottes. Vor allem sollen wir im Leid Geduld üben, da erst dadurch unser Glaube bewährt und als wertvoll erachtet werden kann. Hier muss ich sofort an meine Frau Ruth denken, die schon seit zehn Jahren unter starken Schmerzen leidet, die sogar noch schlimmer geworden sind trotz unzähliger Gebete. Wir sollen ja „ausharren bis ans Ende“ und nicht einfach vorzeitig die Hoffnung aufgeben. Das will ich mir merken.


Am Vormittag plauderten wir über knifflige Fragen der Heiligung, zum Beispiel inwieweit Kunst, Musik und Humor für uns Gläubige ihre Berechtigung haben. Bernd erklärte, dass wir zwar nicht den Lüsten des Fleisches dienen dürfen, aber auch ein völlig asketisches Leben uns als Gläubige auf Dauer überfordern kann, da wir noch immer eine Seele haben, die genauso wie unser Körper Bedürfnisse hat, die befriedigt werden wollen. Gott hätte die Natur ja auch sonst zum Beispiel ohne Blumen oder Vogelgezwitscher erschaffen können, wenn Gefühle völlig bedeutungslos wären. Auch sprachen wir über das Thema Sexualität in der Ehe, die ja bei Mann und Frau ganz unterschiedlich ist und mit zunehmendem Alter auch an Bedeutung verliert. Wir waren uns einig, dass auch hier ein Kind Gottes nicht das Seinige, sondern das des anderen suchen sollte, um dadurch wirkliche Liebe zu üben.


Am Nachmittag kamen wieder Adelheid und Sigrid zu Besuch, und wir sprachen über die aktuellen Verschwörungstheorien und auch über die Bedeutung der Zahl 7 in der Bibel. Am Abend hatten wir dann Bibelstunde in Lichtentanne, wo ich über Klagelieder 4:1-6 sprach und es auf den Zustand der heutigen Gemeinde bezog. Statt gegen Ungerechtigkeit in der Welt zu protestieren, sollten wir Gläubige lieber über den Zustand der Gemeinde heute trauern. Viele laue Geschwister werden noch verloren gehen, aber das sollte uns nicht zu Hochmut, sondern zu Mitleid veranlassen, so wie Paulus über seine jüdischen Brüder trauerte (Römer 9:1-3) und David über Saul und Absalom weinte.


In der Nacht erhielt ich eine E-Mail von einem gewissen M          (die Namen müssen bis zur Überführung und Verurteilung der Täter noch geschwärzt bleiben), gegen dessen Sohn r          ich vor 6 Wochen eine Strafanzeige wegen rituellem Kindesmissbrauch und Kinderpornographie gemacht hatte. Er warf mir vor, wie ein erwachsener Mensch überhaupt all diese haarsträubenden Anschuldigungen glauben könne, die Natalia H. gegen ihren Ex-Mann erhoben hatte, da doch jeder merken müsse, dass diese Frau psychisch gestört sei. Ich schrieb ihm zurück, dass mir an einer Aufklärung des Falles gelegen sei und fragte ihn, ob wir uns nicht treffen könnten, um über die Vorfälle zu sprechen. Er willigte ein, dass wir uns am folgenden Mittwochnachmittag im Haus in Hockenheim treffen könnten, wo nach Natalias Angaben 2016 Kinder in einem Kellerraum gefangen gehalten wurden, um mit ihnen Kinderpornos zu drehen. Dort könne ich gerne die Kellerräume inspizieren, um nach Hinweisen zu suchen, die den Vorwurf von Natalia stützen oder widerlegen könnten.


Ludwigsstadt, 08.09.20: Heute Morgen las ich in Jakobus 1, dass wir „nicht Hörer des Wortes, sondern Täter des Wortes“ sein sollen, und dass unser Gottesdienst darin bestehen solle, dass wir „Waisen und Witwen“ (d.h. Hilfsbedürftigen) in ihrer Not beistehen mögen (V.22+27).
Das griechische Wort „besuchen“ (ÄPISKÄPTÄSThAI) bedeutet nicht nur aufsuchen, sondern auch „Ausschau halten nach jmd.“ (im englischen „to look for someone“), d.h. jede Gelegenheit als von Gott gegeben zu erkennen, um anderen beizustehen. Auch das will ich mir vornehmen, nämlich nicht nur den Bibeltext lesen (wie eine Pflichterfüllung), sondern ihn auch in die Tat umsetzen („das Wort ward Fleisch“). Und ich will zu meinem Bruder nicht nur scheinheilig sagen: „Ich bete für dich“ (vergl. 1.Joh.3:17), sondern seine Not als Aufforderung vom HErrn erkennen, ihm auch praktisch zu helfen.


Nach dem Frühstück verabschiedete ich mich von Bernd und Brigitte und machte mich auf den Weg Richtung Nürnberg, um die Familie Stanojevic in Bad Windsheim zu besuchen. Ich hatte diese serbisch-stämmige Großfamilie ja schon letztes Jahr zum ersten Mal besucht und war sehr berührt über das mächtige Handeln Gottes in dieser Familie. Ganz ohne Menschenhilfe hatte sich der HErr ihnen allen durch Träume offenbart, und schon in kürzester Zeit hatten sie durch schwere Prüfungen hindurch gelernt, wie sie dem HErrn in aller Konsequenz treu nachfolgen sollten. Besonders beeindruckt war ich von der engen Verbundenheit der fünf leiblichen Geschwister und ihrer Ehepartner, die damals noch fast alle unter einem Dach wohnten. Mit diesem Zusammenhalt war es aber inzwischen vorbei, denn es hatte eine Spaltung stattgefunden wegen der Frage der Unverlierbarkeit des Heils, was sehr schade ist. Denn eigentlich sollte eine unterschiedliche Ansicht in dieser Frage keinen Anlass zum Streit – und erst recht nicht zur Trennung – geben. Vielleicht konnte ich auf diese jungen Geschwister irgendwie einwirken…


Als ich ankam und den Wagen parkte, sah ich drei Personen vor dem Haus warten. Ich dachte mir nichts dabei und ging durch die offene Tür nach oben ins Haus. Da kam mir Mariana (49), die Mutter der jungen Geschwister entgegen. Ich begrüßte sie und fragte nach ihrem Wohlergehen. Sie antwortete mit bedrückter Stimme: „Gar nicht gut“. Als ich dann oben die anderen alle begrüßte, die ebenso traurig aussahen, erzählten sie mir, was passiert war: Ihr Sohn Mike (25) hatte neben seinen drei Kindern noch einen vierten Sohn aus seiner ersten Beziehung, nämlich Mian (5). Als er 2015 zum Glauben kam, trennte er sich von seiner damaligen muslimischen Freundin und heiratete die bosnische Glaubensschwester Ivana, wobei er Mian mit in die Ehe nahm, da sich seine Ex-Freundin nicht um den gemeinsamen Sohn kümmern konnte bzw. wollte. Inzwischen hatte diese jedoch den Mike gegenüber dem Jugendamt beschuldigt, ein religiöser Fanatiker zu sein, der den Sohn Mian indoktrinieren und gegen die leibliche Mutter aufhetzen würde. Nachdem das Jugendamt die Vorwürfe überprüft hatte, entschied es sich, Mian aus der Familie hinauszunehmen und einer Pflegefamilie zu übergeben. Da sich Mike jedoch weigerte, seinen Sohn aufzugeben, drohte man ihm zusätzlich mit Gefängnis, so dass er schließlich aufgab. Heute war nun der Tag, an dem Mian abgeholt werden sollte von den drei Mitarbeitern vor der Tür, und sie gestatteten Mian noch, sein Mittagessen aufzuessen und sich von seinen Eltern zu verabschieden. Mike redete auf ihn ein, dass er am Glauben festhalten möge und erinnerte ihn an Josef, der ebenfalls seiner Familie entrissen wurde und in einem fremden Land aufwuchs – und dennoch durchhielt, weil der HErr mit ihm war. Und dann spielten sich herzzerreißende Szenen ab, als Mian schreiend ins Auto getragen wurde und Mike ihm hinterherrief wie David: „Mein Sohn! mein Sohn!“ (2.Sam.19:4).

Als wir wieder zurück in der Wohnung waren, sprachen wir lange miteinander über das Thema und ich tröstete die Eltern. Eigentlich wollten wir noch zusammen Brüder besuchen in Nürnberg, aber weil es schon spät am Nachmittag war, blieben wir und sprachen noch lange über bestimmte Lehrfragen, wie z.B. die Allversöhnung. Mike erzählte mir, dass der HErr ihm und seinen leiblichen Geschwistern ständig durch Träume neue Erkenntnisse offenbart habe, so dass er auch Klarheit in Lehrfragen erhielt. So hatte er lange Zeit Zweifel, ob die vielen Erscheinungen der charismatischen Bewegung alle auch vom Geist Gottes seien und Er fragte den HErrn. Und kurz darauf erzählte der kleine Mian am Tisch, dass er einen Traum hatte von einer Taube und einem bunten Papagei, der alles nachplapperte. Und dann sah er, wie der Papagei die Taube angriff und mit seinem Schnabel verletzte. Mike deutete die Taube als Heiligen Geist und den Papagei als den falschen Geist der Charismatik, der schillernd bunt daherkommt und alles Echte nachahmt. Ich sagte ihm, dass diese Deutung aus meiner Sicht korrekt sei, da Geister in der Bibel immer mit Vögeln verglichen werden. Auch hatte Mike erkennen dürfen, dass Jesus und der Vater nicht die gleiche Person seien, wie er lange Zeit glaubte.


Bad Windsheim, 09.09.20: Morgens las ich in Jakobus 2 über die Benachteiligung von armen und benachteiligten Geschwistern in einer Gemeinde. Auch heute ist es in gewisser Weise so, dass man leider gerne solche Brüder bevorzugt, die „arisch“ sind und einen „hohen Wuchs“ haben (1.Sam.16:7), während dunkelhäutige und schwarzhaarige Brüder wie der Mike eher misstrauisch beäugt werden, weil man in ihnen vielleicht einen faulen Zigeuner vermutet. Dabei hat doch der HErr gerade das Geringe der Welt erwählt, um das Beliebte zu beschämen. Deshalb sollte auch unser Geschmack sich an Gottes Geschmack orientieren, anstatt an der Welt, und wir sollten jene Brüder höher achten, die in der Welt geringgeachtet werden (1.Kor.1:27, 12:23). Zu den armen und einfachen Geschwistern kann man sicherlich auch den Bruder Mike zählen, der mit nur niedriger Schulbildung, ohne abgeschlossene Lehre sich und seine Familie schon seit Jahren mit gering bezahlten Tätigkeiten über Wasser hält. Geistlich hingegen hat der HErr ihn bisher reich beschenkt, indem Er ihm ein sehr feines Gespür für menschliche Charaktere gegeben hat, was er selbst als „Gabe der Geisterunterscheidung“ bezeichnet. Aufgrund seiner vielen Träume und seiner Begabung zur Traumdeutung sieht er sich selbst als einen Propheten wie Jeremia an, der das Volk Gottes vor dem Abfall von der Glaubenstreue warnen soll. Sein heiliger Ernst beeindruckte mich, denn er lächelte praktisch nie, erst recht nicht über komische Bemerkungen oder Scherze. Seine beschwörende Art des Redens bewirkte bei vielen, dass sie ihn für einen irren und größenwahnsinnigen Fanatiker hielten, den man besser meiden sollte. Um ihn indes zu ermuntern und aufzuerbauen, versicherte ich ihm, dass ich seine Gnadengabe der Geisterunterscheidung für echt hielte und ermutigte ihn, diese Gabe im Dienst für den HErrn anzuwenden. Später sollte sich herausstellen, dass ich ihm durch dieses Lob geschadet hatte, denn ihm fehlte noch die geistliche Reife, um solch ein Lob überhaupt verkraften zu können, ohne dabei hochmütig zu werden.

Mike fragte mich, ob er mich auf der weiteren Fahrt begleiten könne, weil der HErr ihm dies gezeigt habe. Ich hatte nichts dagegen und dachte, dass er mir sogar nützlich sein könnte, nicht nur um mich abwechselnd beim Fahren und gemeinsamem Evangelisieren zu unterstützen, sondern auch, um herauszufinden, ob es sich bei den Leuten in Hockenheim um pädophile Satanisten handeln würde. 

So machten wir uns also nach dem Frühstück auf den Weg nach Baden-Württemberg. Unterwegs bestärkte ich ihn noch, seine prophetische Gabe zu nutzen, indem ich sagte, dass wir uns gut ergänzen würden. Ich hätte zwar mehr Bibelwissen und Erfahrung, aber mir fehle es an menschlicher Intuition, da ich schon immer sehr leichtgläubig sei und mich z.B. vom äußeren Anschein leicht blenden lasse. Er hingegen hätte so ein feines geistliches Gespür wie ein Profiler und könnte die Wahrheit vielleicht ans Licht bringen.

Ich erzählte ihm die Geschichte von Natalia und dem „Kinderschänder-Ring“, der nach ihrer Aussage Kinder in einem Kellerverlies in Hockenheim gefangen hielt, um sie für Kinderpornos zu missbrauchen und der auch die Kinder von Natalia missbraucht und angeblich bei satanischen Ritualen habe zusehen lassen, wie Babys getötet wurden. „Und da fährst Du noch hin?“ fragte Mike. „Nicht ich allein, sondern wir beide“ – „Wann?“ – „Heute Nachmittag um 15:00 Uhr.“ Er schluckte. „Und das sind echte Satanisten?“ – „Keine Ahnung. Das wollen wir ja gerade herausfinden. Da kannst Du mal Deine Gabe der Geisterunterscheidung anwenden.“ – „Dann müssen wir sehr dafür beten!“ – „Ja, das habe ich auch schon, und wir werden es vorher noch mal tun, dass der HErr auf uns achtgebe.“

Gegen 12:00 Uhr kamen wir zunächst in Heilbronn an, und da wir noch etwas Zeit hatten, evangelisierten wir in der Fußgängerzone, wobei wir abwechselnd predigten und der andere jeweils Traktate verteilte. Dann fuhren wir weiter nach Hockenheim und hatten noch eine kleine Gebetsgemeinschaft, bevor wir dann zum Haus gingen. Ich begrüßte Dr. .             und seinen Vater, und wir setzten uns an einen Tisch. Doch bevor ich eine Einleitung machen konnte, um unser Anliegen zu erklären, fing I         an, mit sanfter Stimme und einem völlig emotionslosen Ausdruck sein Bedauern über seine gescheiterte Ehe zu bekunden und über die tragischen Verdächtigungen zu sprechen, denen er sich in der Folge ausgeliefert sah. Dabei fiel mir auf, dass er kein einziges negatives Wort über Natalia verlor, was mich sehr beeindruckte. Er hatte eine ruhige, sachliche und eloquente Ausdrucksweise, wie sie für einen Akademiker typisch war. Ob er heimlich pädophil war, konnte ich nicht ausschließen, aber dass er kriminell und gewalttätig sei, fiel mir auf einmal schwer, zu glauben.

Dann begannen auch sein Vater M         und seine Schwägerin J        auf mich einzureden und beteuerten, dass Natalia eine schwere psychische Störung habe, um sich all diese Geschichten auszudenken. Ich dachte, ich müsse sie irgendwie dazu überreden, mir den Keller anschauen zu dürfen, den mir Natalia im Detail beschrieben hatte. Also sagte ich, dass ich gerne bereit sei, in diesem Konflikt zu vermitteln, aber dass ich dazu Beweisfotos bräuchte, um zukünftige Verdächtigungen auszuräumen. Auf einmal stand Mike auf und sagte mit lauter Stimme zu r        : „DU BIST EIN HEUCHLER! ICH HABE GESEHEN, DASS DU ES MIT MÄNNERN UND KLEINEN JUNGEN TREIBST UND EINEN GEIST DER UNZUCHT HAST. TU BUßE UND BEKENNE VOR GOTT DEINE SÜNDEN, DANN KANN DIR NOCH VERGEBEN WERDEN. Wenn du willst, kann ich dich von deiner Pornosucht befreien im Namen Jesu, indem wir zusammen beten.“ Und zur Schwägerin Julia gewandt sagte er: „UND DU HAST DEN HUREN-GEIST DER ISEBEL, ICH SEHE ES IN DEINEN AUGEN! TU BUßE VON DEINER HUREREI!“ Und dann wandte sich Mike zu mir und sagte: „Ich kann hier nicht mehr an diesem Tisch sitzen, deshalb gehe ich jetzt raus.“ Dann ging er hinaus und machte die Tür hinter sich zu.

Ich konnte mir ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. M           war der erste, der das Wort ergriff: „Das war jetzt ein Scherz, oder?“ – „Ich fürchte nein“, sagte ich, „der Bruder ist noch jung, und ich habe ihn auch jetzt erst kennengelernt, aber er sagt von sich, dass er ein Prophet sei.“ – „Aber Sie glauben das doch nicht etwa auch, oder?“ – „Ich kann und will mir hierzu gar kein Urteil erlauben, denn dazu sehe ich mich außer Stande.  Aber ich möchte gerne zur Aufklärung in dieser Frage beitragen. Aber dazu müsste ich wirklich mal einen Blick in den Keller werfen, um ein paar Fotos zu machen“. J        sagte: „Sie können überall hier im Haus Fotos machen, wir haben nichts zu verbergen!

Daraufhin standen wir auf und ich ging mit den Leuten in den Keller. Überall lag Gerümpel und Sperrmüll, auf etwa fünf oder sechs Räume verteilt. Eine Bodenluke, die zu dem geheimen Verlies führen würde, konnte ich nirgends finden. Es sah aus wie ein ganz normaler Keller. Hatte sich Natalia diese Geschichte also doch nur ausgedacht? Aber wie kann man als Christ sich eine solche Geschichte ausdenken?! Wie kann man unschuldige Leute mit solchen Vorwürfen belasten? Ich war völlig ratlos und verabschiedete mich von den Leuten. Als wir losfuhren, erzählte mir Mike, dass er sich ganz sicher sei, dass diese Leute lügen, aber dass er sich auch vorstellen könne, dass auch Natalia zum Teil gelogen haben könnte. Ich sagte nur, dass ich jetzt genauso schlau sei wie zuvor, aber dass vielleicht der Besuch bei Natalia Aufklärung bringen könnte…

Nun fuhren wir drei Stunden hinunter nach Hechingen, wo wir schon von Bruder Hans-Udo Hoster zum Abendessen erwartet wurden. Als wir ausstiegen sagte Hans-Udo zum Scherz: „Leider kommt ihr zu spät, so dass ihr kein Abendessen mehr bekommen könnt“. Ich sagte nur lächelnd: „Ach schade, wir haben solch einen Hunger.“ Dann lachten wir beide und gingen hinein. Wir setzten uns an den reich gedeckten Abendbrotstisch und unterhielten uns über die Erlebnisse auf unserer Reise. Die ganze Zeit blieb Mike ganz still. Als wir dann einen langen Spaziergang machten, erzählte Mike, wie er und seine Familie zum Glauben kam. Während wir auf dem Wanderweg waren, gab Hans-Udo den Passanten jeweils ein Traktat, so dass der Redefluss von Mike immer mal wieder kurz unterbrochen wurde. Als wir wieder zurück waren und uns zum Gespräch an den Tisch setzten, sagte Mike auf einmal überraschend: „Ich muss mal einen Eindruck sagen, den mir der Geist Gottes eingegeben hat. Bitte entschuldigt, dass ich ganz offen sein muss, aber das ist wirklich nicht böse gemeint. Lieber Hans-Udo, der HErr hat mir gezeigt, dass in deinem Leben Heuchelei ist und dass du auch einen Geist der Witzelei hast. Und du, liebe Schwester Elsbeth, hast eine tiefe Traurigkeit in deinem Herzen, so dass ich sicher bin, dass du einen Geist der Traurigkeit hast, der dich schon seit Jahren quält und von dem du frei werden musst. Dies sage nicht ich, sondern der Geist Gottes in mir, und ich muss das sagen, weil es die Wahrheit ist.“ Bevor Hans Udo sich dazu äußern konnte, wandte ich ein: „Das kann gar nicht der Geist Gottes gewesen sein, denn Dein Urteilen ist überhaupt nicht biblisch. Wir haben überhaupt nicht die Aufgabe, das Verborgene des Herzens zu beurteilen (1.Kor.4:5), und das hat auch kein einziger Prophet der Bibel je getan“. Mike unterbrach mich sofort: „Das kannst du gar nicht beurteilen, weil du diese Geistesgabe – wie ich sie habe – gar nicht hast. Der HErr hat mich dies sehen lassen, und es steht geschrieben, dass wir Weissagungen nicht verachten sollen“. – „Ja, aber im nächsten Vers steht: ‚prüfet aber alles und nur das Gute behaltet‘. Was du hier aber sagst, ist ganz und gar nicht gut und in Ordnung, denn du beschuldigst den alten Bruder völlig ungebührlich und ohne Grund, obwohl er dir seine Gastfreundschaft angeboten hat, und das ist niemals vom Heiligen Geist, sondern völlig lieblos. Die Liebe aber ist ‚milde‘, d.h. wörtlich ‚gebrauchsfähig‘. Wenn du aber solche ungeheuerlichen Gehässigkeiten sagst, kann deine Kritik niemals Wirkung haben, selbst wenn sie berechtigt wäre, weil sie unannehmbar und unverdaulich ist.“ Mike erwiderte: „Du argumentierst seelisch und menschlich, aber nicht geistlich. Es steht auch geschrieben, dass die Liebe sich nicht mit der Ungerechtigkeit freut, sondern mit der Wahrheit. Du aber willst immer Menschen gefallen und sagst das, was die Menschen hören wollen, aber ich muss das sagen, was der Geist Gottes mir gebietet.“ – „Dann ist das aber ein falscher Geist, der Dir das sagt, weil es fundamental dem Wort Gottes widerspricht. Wir sollen nicht die Motive anderer beurteilen, sondern nur ihre Werke. Und außerdem steht geschrieben: ‚Vor grauem Haare sollst du aufstehen und die Person eines Greises ehren, und du sollst dich fürchten vor deinem Gott. Ich bin der HErr‘ (3.Mo.19:32). Der Geist Gottes wird dir aber nie etwas eingeben, was dem Wort Gottes widerspricht.


Nun mischte sich Hans-Udo ins Gespräch: „Ich würde auch gerne mal was dazu sagen. Und zwar habt ihr beide ja aus 1.Korinther 13 zitiert, und dort gibt es auch noch einen weiteren Vers, den ich hier mal vorlesen möchte: ‚Als ich Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und beurteilte wie ein Kind. Als ich aber erwachsen wurde, tat ich das Kindische hinweg. Mike, Du hast heute gezeigt, dass du wirklich noch ein Kind im Glauben bist und deshalb nehme ich Dir auch nicht übel, was Du über uns gesagt hast. Es ist ohnehin keine Kunst, wenn man jemandem vorwirft, zu heucheln, denn diesen Vorwurf kann man praktisch jedem Menschen machen, weil niemand wirklich immer aufrichtig ist. Wenn Du aber wirklich mir eine Sünde vorwerfen willst, dann musst Du sie auch konkret begründen, denn sonst kann niemand etwas mit dem Vorwurf der Heuchelei anfangen.“ Mike antwortete: „Als wir zum Beispiel vorhin spazieren gingen, da hast du die ganze Zeit immer wieder Traktate verteilt, um uns zu beeindrucken. Das zum Beispiel ist Heuchelei.“ Hans Udo grinste und sagte: „Warum hat der Heilige Geist Dir dann nicht auch gezeigt, dass ich jeden Abend beim Spazierengehen Traktate mitnehme und sie jedes Mal den Passanten gebe?“ Nun meldete sich auch Schwester Elsbeth zu Wort: „Junger Mann, es stimmt, dass ich häufig traurig bin, aber dies ist hormonell bedingt und ich bringe dies auch immer wieder dem HErrn. Aber Er tröstet mich auch dann, und deshalb geht es mir danach auch immer wieder sehr gut. Gott gebraucht auch alles Negative immer wieder zu unserem Besten.“ Ich ergänzte dies mit den Worten Jesu: „‘Glückselig die Trauernden, denn sie sollen getröstet werden‘ – Traurigkeit ist also nichts Böses, von dem wir befreit werden müssten, sondern sogar eine Voraussetzung zur Erlangung der Seligkeit!“ Mike war jedoch uneinsichtig und beharrte darauf, dass er diese Botschaft sagen musste, weil sie angeblich vom HErrn war. Er verabschiedete sich vorzeitig von uns, um ins Bett zu gehen, und ich sprach noch eine Weile mit Hans-Udo über alles Mögliche. Als ich mich eine Stunde später zu Mike ins Bett legte, war er noch wach und wir sprachen noch etwa eine halbe Stunde über seine Kritik. Ich sagte ihm zum Trost, dass ich seine prophetische Gabe nicht grundsätzlich infrage stellen würde, dass er aber zuweilen sich irren kann und über das Ziel hinausschieße. Nach 1.Kor.14:29 muss auch das Wort eines Propheten beurteilt werden können. Dann schliefen wir ein.


Hechingen, 10.09.20: Schon sehr früh stand ich auf und betete für sämtliche Geschwister, die ich kannte, insbesondere für Natalia und ihre Kinder, aber auch für Mike und unseren geplanten Missionseinsatz heute in Stuttgart. Dann las ich in Jakobus 2 vom „Gesetz der Freiheit“, das von der Barmherzigkeit geprägt und geleitet wird. Gehorsam steht ja keineswegs im Widerspruch zur Freiheit, sondern befreit den Menschen von der unfreien Bindung an seine Lüste und Süchte. Bei richtiger Befolgung führt das Gesetz der Freiheit also immer in die Befreiung von der Sünde. Hierbei handelt es sich keineswegs um irgendein anderes Gesetz als das des Alten Testaments, aber es hat im neuen Bund erst seine wahre Bedeutung und Akzentuierung durch den HErrn Jesus erfahren (Mat. 5). Und zum Gesetz zählt z.B. auch, dass wir niemanden zu Unrecht verdächtigen dürfen, weil wir einem Gerücht geglaubt haben (2.Mo.23:1-2). Viele denken ja, dass die Worte von Jakobus so zu verstehen seien, als ob man am besten keines der Gebote Gottes halten dürfe, weil man bei Übertretung eines einzigen sonst aller Gebote schuldig wäre. Tatsächlich aber will Jakobus lediglich sagen, dass es nicht ausreicht, immer nur bestimmte Lieblingsgebote einzuhalten, sondern prinzipiell alle Gebote noch gültig sind, wobei die Barmherzigkeit bei der richtigen Auslegung der Gebote hilft.


Beim Frühstück aß Mike kaum etwas da er wohl glaubte, sich zu versündigen (Spr.23:6-8). Und dann fing er schon wieder an, dem Hans-Udo vorzuwerfen, er habe die Sünde der Witzelei begangen, als er bei der ersten Begegnung diese scherzhafte Bemerkung gemacht hatte, und dass ich diese Sünde fahrlässig decken würde, so dass ich dem Hans-Udo an der Buße hindern würde: „Du wirst eines Tages vor Gott Rechenschaft ablegen dafür, dass du mir in den Rücken gefallen bist und Hans-Udo dadurch vielleicht verloren geht!“ Ich erklärte ihm, dass er völlig übertreiben würde und sich wie Asael in 2.Sam.3 verrannt hätte, der dem Abner immer wieder hinterherlief, weil er sich unbedingt an einem Großen messen wollte und dies ihm am Ende zum Verhängnis wurde. Er solle doch lieber als junger Mann das Gebot in Klagelieder 3:29 befolgen, seinen Mund in den Staub zu legen, bis es Hoffnung für ihn gäbe. Wenn er aber nicht aufhöre, würde ihn eines Tages sein Hochmut zu Fall bringen. Mike ließ sich jedoch nicht überzeugen, weshalb ich ihm den Vorschlag machte, diesen Rechtsstreit zu beenden, indem wir ihn einvernehmlich in die Hand Gottes legten, um wie ein Schiedsrichter zwischen uns zu entscheiden. Damit war er einverstanden.


Wir verabschiedeten uns von Hans-Udo und Elsbeth und fuhren Richtung Stuttgart. Auf dem Weg urteilte Mike über mich, dass ich auch nicht frei sei von Witzelei, Heuchelei und Menschengefälligkeit. Ich gab zu, dass er in punkto Witzelei recht habe und ich mir diese Ermahnung zu Herzen nehmen würde, dass aber der Vorwurf der Heuchelei und Menschengefälligkeit wie Gummi sei, dass irgendwie immer passen würde, aber dadurch wirkungslos bliebe. Wir vereinbarten, uns nicht länger zu streiten, zumal dies nur im Interesse des Feindes sei.
In Stuttgart angekommen, legte ich mir wieder meine Schilder um und wir marschierten in die Innenstadt. Mike sagte, dass er auch gerne solch einen Schilderumhang hätte und ich bot ihm an, dass er meinen haben könne. „Das ist aber wirklich das schönste Geschenk, dass Du mir machen konntest!“ sagte er. „Das freut mich, lieber Mike. Es steht ja auch geschrieben: ‚Gib dem, der dich bittet‘“. Wir aßen zunächst etwas zu Mittag und gingen dann los. Mike sang christliche Lieder und ich verteilte alle Traktate, bis auch nicht eines mehr übrigblieb. Dann gingen wir in den Schlosspark und sprachen allein sitzende Personen an, die auf einer Bank saßen. Mein erstes Gespräch war mit einer Frau, die früher mit einem Pastor verheiratet war. Sie befürwortete den christlichen Glauben, weil „von ihm eine positive Energie ausgehe“. Als ich ihr jedoch von der Notwendigkeit der Buße und eines rigorosen Neuanfangs sprach, wurde sie unruhig und wollte das Gespräch gerne beenden. Dann setzte ich mich zu einem schwarzen Afrikaner mit Rastalocken und sprach ihn in Englisch auf das Evangelium an. Kelly (23) kam aus Nigeria nach Deutschland und bekannte, ein Kind Gottes zu sein, ging jedoch noch nicht in eine Gemeinde. Er hat auch noch nie in der Bibel gelesen, weil er nicht lesen kann. Dann erzählte er mir, dass er bei der Überfahrt auf dem Mittelmeer fast gestorben sei, da das Boot einen Motorschaden hatte und nichts zu essen da war. Er flehte damals zu Gott um Rettung und war bereit, zu sterben. Dann wurden sie zwar von der libyschen Küstenwache gerettet, kamen jedoch ins Gefängnis, wo er zwei Wochen wieder kaum etwas zu essen bekam. Er betete damals jeden Tag zu Gott, dass Er ihn doch retten möge, und dann wurde er endlich freigelassen und schaffte schließlich die Flucht nach Deutschland. Da er jedoch nicht lesen konnte, fällt es ihm sehr schwer, Deutsch zu lernen, da ihm ja selbst die Buchstaben fremd sind. Ich gab ihm die Telefonnummer eines englischsprachigen Bruders, der ihm helfen könnte, eine Gemeinde zu finden, wo er praktische aber auch seelische Unterstützung bekäme. Dann verabschiedeten wir uns.


Als Nächstes kam ich zu Mike, der sich gerade mit einer blonden, etwa 40-jährigen Deutschen unterhielt. Mike bat mich, das Gespräch zu übernehmen, und wir setzten uns in 1,5 m Abstand auf eine Parkbank. Regina erzählte mir, dass sie sich erst im Juni 2020 bekehrt habe und nun voller Freude und Interesse die Lehre im Wort Gottes „aufsauge“. Sie sei in einer sehr bibeltreuen Pfingstgemeinde (Brothaus Stuttgart) und wünsche sich nichts lieber, als dass der HErr Jesus bald wiederkommen möge. Ich erzählte ihr kurz von mir und fragte sie, ob sie irgendeine Frage habe, die ich ihr aus der Bibel beantworten könnte. Prompt wollte sie wissen, wann Jesus wiederkäme. Darauf erklärte ich ihr anhand des Gleichnisses vom barmherzigen Samariter, warum ich den HErrn um das Jahr 2030 erwarte. Dann sprachen wir noch über die Joseph-Jesus-Prophetie und über den Zeitpunkt der Entrückung – bis Mike irgendwann kam und mit mir gehen wollte. Wir tauschten noch schnell unsere Tel.-Nummern aus und verabschiedeten uns. Inzwischen waren schon rund 5 Stunden vergangen, so dass ich 15,- € Parkgebühren zahlen musste. Wir waren aber voller Freude, dass der HErr unseren Dienst so gesegnet hatte.


Wir fuhren nun nach Heidelberg zu Bruder Lukas Schäbs (52), der wie ich Malermeister ist und den ich schon seit über 25 Jahren kenne, um dort zu übernachten. Lukas war gerade in seine neue Wohnung eingezogen, so dass noch nicht alle Kartons ausgepackt waren. Dennoch war er trotz der Unannehmlichkeit überaus gastfreundlich und ließ durch seine beiden jüngsten Töchter Frohmute und Heidelind den Abendbrotstisch decken. Währenddessen unterhielten wir uns über die Gottheit Jesu und stellten gemeinsam fest, dass es bei dieser Streitfrage eigentlich nur um verschiedene Deutungen des Begriffes „Gott“ gehe. Mike hörte unserer Unterredung angespannt zu, meinte jedoch herauszuhören, dass Lukas die Göttlichkeit Jesu leugnen würde, weil er die Lehre von der Dreieinigkeit ablehnte.


Während des Abendessens nahm Mike nichts zu sich, obwohl er eigentlich ziemlich hungrig gewesen sein muss, da er kaum etwas gegessen hatte in den letzten zwei Tagen. Dann stand er auf und sagte: „Simon, ich kann hier nicht mehr bleiben, weil Lukas den Geist des Antichristen hat. Denn es steht geschrieben, dass, wer leugnet, dass Gott im Fleisch gekommen ist, den Geist des Antichrist hat!“ Lukas unterbrach ihn: „Das hast Du aber falsch zitiert, denn es heißt: ‚Wer leugnet, dass Christus im Fleisch gekommen ist‘ (1.Joh.4:2)…“ – Mike ging nicht darauf ein, sondern fuhr fort: „Ich darf nicht bei jemandem im Haus übernachten, der weitergeht und nicht in der Lehre des Christus bleibt; deshalb will ich lieber im Auto übernachten.“ Lukas sagte: „Aber es heißt dort: ‚den nehmet nicht ins Haus auf‘ (2.Joh.9). Du brauchst mich aber doch gar nicht in Dein Haus aufnehmen, sondern kannst Dich hier ganz frei fühlen und darfst hier übernachten“. Ich sagte: „Lass man. Er will im Auto übernachten, dann lass ihn das tun“. Ich übergab ihm den Autoschlüssel, und er verließ die Wohnung. Die pubertären Töchter von Lukas standen ziemlich unter Schock und sagten, dass ihr Vater noch nie so sehr beleidigt wurde vor ihren Augen. Ich entschuldigte mich bei ihnen für das schlechte Benehmen meines Freundes, aber Lukas nahm dies gelassen, da er solche fanatischen Eiferer schon öfters erlebt hatte. „Als er sich vorgestellt hatte, merkte ich sofort, dass er einer dieser Möchtegern-Heiligen ist.“ – „Da tust Du ihm Unrecht, denn soweit ich ihn bisher kennengelernt habe, tut er wirklich alles, um dem HErrn zu gefallen. Es fehlt ihm einfach nur noch an der Liebe und Demut, aber das wird der HErr schon noch in ihm wirken.“ – „Sicher. Aber im Moment scheint er sich ja für den Stellvertreter Gottes auf Erden zu halten. Meistens sind das ja solche Brüder mit geringer Schulbildung und Minderwertigkeitskomplexen, nicht wahr?“ Ich nickte und gestand mir ein, dass ich wohl selbst daran schuld war durch mein vieles Loben, dass er sich so sehr überhoben hatte. 


Als ich mich schlafen legen wollte, las ich auf dem Handy eine Nachricht von Mike: „Er ist ein Antichrist, weil er nicht bekennt das Gott in Fleisch gekommen ist. Gerade das tun die Zeugen Jehovas. Er sagt Jesus ist nicht Gott und erniedrigt Jesus, 
indem er Ihn von den Vater trennt“. Ich schrieb ihm zurück: „Weder in 1.Joh.4:3 noch in 2.Joh.7 geht es um die Frage,  ob Jesus und der Vater beide Gott sind, sondern um die Frage, ob Jesus im Fleische gekommen ist bzw. im Fleisch wiederkommen wird. Deshalb ist Lukas auch kein Antichrist, wenn er an Joh.17:3 oder 1.Tim.2:5 glaubt. Wenn Du Deine unnüchternen und vorschnellen Verurteilungen nicht zurücknimmst, kann ich Dich nicht weiter mitnehmen, sondern werde Dich morgen nach Haus schicken. Ich trage eine Verantwortung vor Gott und kann nicht zulassen, dass Du Dich weiter versündigst durch Dein unbiblisches Verurteilen.“ Daraufhin verglich mich Mike mit König Ahab, der seinen Feinden gefallen wollte und schrieb mir sehr lange Textnachrichten, die ich aber nicht mehr las, um mich nicht aufzuregen vor dem Einschlafen.


Leimen, 11.09.2020: 
Heute in der Früh hatte ich eine tiefe Traurigkeit und betete lange für Mike und für Natalia, die ich heute besuchen wollte, aber auch für Ruth, mit der ich schon lange nicht telefoniert hatte, dass es ihr doch gut gehen möge. Überall gab es nur Probleme und Nöte. Gott muss unbedingt eingreifen und handeln. Ich nahm mir vor, heute mal zu fasten und las meinen Bibeltext in Jak.3:1-18.

Hier geht es gleich zu Anfang um das Reden und insbesondere um das Lehren. Wer Falsches behauptet, der wird auch die Verantwortung dafür übernehmen müssen, wenn das Falsche bei anderen Schaden anrichtet. Natürlich gilt aber auch andersherum, dass er für die richtige Lehre auch profitieren kann von all dem Guten, was er dadurch bei anderen bewirkt. Deshalb heißt es in Vers 1 auch nicht „ein härteres Urteil“, sondern „ein größeres Urteil“, d.h. je nachdem größere Strafe oder größerer Lohn. Da wir uns aber häufig irren, sollten wir lernen, viel vorsichtiger zu sein und uns nötigenfalls nicht festzulegen, wenn wir uns nicht 100% sicher sind. Es ist ein Zeichen von geistlicher Unreife, wenn man sich wie Mike nicht mehr in Frage stellen will. Durch solch einen Wahn richtet man auf Dauer eine ganze Menge Streit und Rechthaberei an. Die Weisheit von oben aber lässt sich bereitwillig etwas sagen und nimmt Korrektur gerne an (Vers 17). Davon ist mein Freund Mike leider noch kilometerweit entfernt. Deshalb müssen sich unsere Wege heute trennen. Denn wenn ich ihn mit dieser Verkläger-Marotte nach Natalia mitnehme, dann schmeißt die uns sofort raus. Der HErr muss den Mike demütigen, damit er von seinem Verkläger-Wahn frei wird und das Aburteilen zukünftig dem HErrn überlässt.


Ich verabschiedete mich ohne Frühstück von Lukas und ging zum Wagen, wo Mike bereits auf mich wartete. Während ich ihn zum Bahnhof Heidelberg fuhr, warf er mir eine „falsche Liebe“ vor und dass ich mich den Menschen durch ein „falsches Kissen“ anbiedern würde, um ihre Freundschaft nicht zu verlieren. Ich erwiderte nur, dass er unter Größenwahn leide und der HErr ihn zu Fall bringen werde, um ihn zurechtzubringen. „Es ist gut, wenn Du als Soldat Christi gegen die finsteren Mächte kämpfen würdest, aber das tust Du nicht, sondern Du missbrauchst Deine Gaben und zielst auf Deine eigenen Gefährten.
Im Krieg nennt man das friendly fire, wenn man aus Dummheit auf verbündete Kameraden schießt. Ich weine um Dich, lieber Mike, denn Du hast Dich durch Deinen törichten und blinden Eifer unbrauchbar gemacht für den HErrn und bist dem Widersacher auf den Leim gegangen.“

Mike erwiderte: „Du siehst immer nur die eine Seite der Münze, aber bist blind für das Reden Gottes. Du hast selbst zugegeben, dass der HErr nie durch Träume zu Dir redet. Deshalb hättest Du auf mich hören sollen, da ich diesen prophetischen Dienst habe.“ – „Für mich bist Du im Moment ein falscher Prophet, denn Deine Kritiksucht und Streitlust ist total unbiblisch und verderblich. Dafür hast Du überhaupt keinen Auftrag vom HErrn, sondern übst einen eigenwilligen Gottesdienst. Und jetzt lass uns aufhören damit, denn das bringt gar nichts.“ Mike konnte aber nicht einfach still sein, sondern machte mir weiter schwere Vorwürfe, dass der HErr mich zur Rechenschaft ziehen werde etc. Deshalb sagte ich nur, dass er jetzt schweigen müsse, da ich jetzt in der Stille beten wolle. So fuhren wir rund 20 Minuten, ohne ein Wort zu wechseln, bis wir am Bahnhof ankamen. Wir gingen ins Foyer des Bahnhofs, und ich gab ihm Geld für die Fahrkarte, das er zunächst nicht annehmen wollte. Dann sagten wir uns Lebewohl.

Nun fuhr ich weiter nach Ludwigshafen, um Natalia zu besuchen. Als sie mir die Tür öffnete, wies sie mich darauf hin, dass ich nicht ins Haus kommen dürfe – nicht nur weil sie mir durch meine viele Kritik und meinen eigenmächtigen Besuch bei den Feinden nicht mehr ganz traue, sondern auch weil sie unter Beobachtung stehe und böse Verdächtigungen vermeiden wolle. Ich könne aber gerne mit ihr hinterm Haus im Garten sprechen; allerdings habe sie gleich um 11:00 Uhr einen Termin bei ihrem Anwalt. Sie bot mir an, mitzukommen, und so fuhren wir zusammen in die nahe gelegene Schifferstadt zu ihrem Anwalt Theo Butz. Ich war schon neugierig, was er uns in diesem Missbrauchsfall zu sagen habe, aber er hielt sich mit Kommentaren ganz zurück und notierte sich alles, was Natalia ihm berichtete. Zu gerne hätte ich seine Einschätzung gewusst, aber sein Schweigen war nicht weniger beredt. Er hielt uns beide wohl für ziemlich leichtgläubig, durfte dies aber nicht zugeben.

Auf der Rückfahrt wies mich Natalia darauf hin, dass wir „gerade verfolgt“ werden. Ich schaute in den Rückspiegel und sah einen Audi. „Das glaube ich nicht. Schau mal, jetzt biegt er rechts ab“ sagte ich. „Ja, weil er nicht will, dass wir es bemerken“, konterte Natalia. „Aber ich hab’s sofort bemerkt“. Ich dachte: Oh nein, jetzt ist sie schon wirklich total paranoid! Sie erzählte mir von der CIA und dem Monarch-Programm MK-Ultra, durch das die „Geheime Bruderschaft“ Kontrolle über die Kinder bekäme. Ich erklärte ihr, dass dies alles völlig irrelevant sei, und dass es doch jetzt nur um die Befreiung ihrer Kinder gehen könne. Sie solle endlich aufhören, sich nur noch mit irgendwelchen Verschwörungstheorien zu beschäftigen, da man sie sonst noch für völlig unzurechnungsfähig halten würde. „Wenn wir die Straftaten nachweisen wollen, dann brauchen wir knallharte Beweise. Dieses ganze Gelaber über Freimaurer und Satanismus bringt absolut gar nichts, sondern es verwirrt Dich nur.“ Sie antwortete: „Simon, ich will nur eines wissen: Gehörst Du vielleicht auch diesem Geheimbund an und bist von ihnen geschickt worden, um mich auszuspionieren? Ich muss Dir vertrauen können, aber das kann ich nicht, wenn Du mir ständig irgendwelche Vorschriften machen willst.“ Dazu sagte ich nichts, denn das war mir wirklich zu albern. Ich hoffte nur insgeheim, dass Gott die Natalia noch einmal nüchtern werden lassen möge, denn ihre wahnhaften Ideen wurden allmählich immer absurder, so dass es nur noch eine Frage der Zeit sei, dass ich sie in der Psychiatrie besuchen müsse (2.Tim.2:26).

Als wir wieder zurück waren, bat ich Natalia, mir doch mal die ganzen Gerichtsunterlagen zu geben, um sie durchzulesen. Sie brachte mir vier Ordner mit je 300 bis 400 Seiten. Allein das rechtspsychologische Gutachten bestand aus 74 Seiten. Ich machte es mir hinten im Garten bequem, während Natalia mir eine Matratze auf die Wiese legte und ein Tablett mit Mineralwasser und einer Bibel. Durch das viele Lesen wurde ich immer wieder schläfrig und nickte zwischendurch immer wieder kurz ein. Besonders interessant für mich waren die Urteilsbegründungen und die die Zeugenaussagen der Kinder. Man ging davon aus, dass all die Schilderungen des Missbrauchs von den Kindern frei erfunden wurde, um bei der Mutter bleiben zu können. U. a. hatte E     z.B. behauptet, dass sein Vater den 1-jährigen A     in die Waschmaschine gesteckt hätte und E   schnell den Stecker gezogen hatte um sein Brüderchen zu retten. Die Staatsanwältin hielt dies für unmöglich, weil sie wohl davon ausging, dass angeblich der Waschvorgang schon eingeleitet wäre, dabei hatte E   dies gar nicht behauptet. Ich vermute, dass sein Vater sich damit nur einen makabren Scherz erlaubt hatte, um seinem Sohn einen Schrecken einzujagen. Denn warum sollte sich E   all diese Geschichten ausgedacht haben?

Natalia zeigte mir einen von E   handgeschriebenen Brief an die Rechtspsychologin, der mich entsetzte (Rechtschreibfehler habe ich absichtlich beibehalten):

Liebe Frau Agata Schubert, ich bitte ihnen dassie mir helfen, weil ich meinen Vater nie wieder sehen möchte. Er ist wirklich böse denn er hat folgendes getan:

  • Er hat mich mit seinen Pimel am gesamten Körper angespritzt. Es kam wie ein Springbrunnen. Immer ein bischen.
  • Er hat mich geschlagen ganz oft am ganzen Körper.
  • Er hat mich oft kalt gebraust und mir die Brause auf den Fuß geworfen.
  • Er hat mich in einer Kiste reingesetzt und zugenagelt.
  • Er hat mit dem Hammer gegen die Kiste geklopft.
  • Er hat die Kiste mit mir darin rumgetreten.
  • Er hat ganz laute Horormusik gemacht.

Wie kann es nur angehen, dass man dem 11-jährigen E   nicht geglaubt hat! So etwas denkt sich ein Kind doch nicht aus! Woher soll denn ein vorpubertäres Kind wissen, was eine Ejakulation ist?! Und selbst, wenn man sich nicht sicher ist, ob der Junge die Wahrheit gesagt hat, muss man doch schon allein deshalb, weil man dies nicht ausschließen kann, diese Möglichkeit in Betracht ziehen und kann diesen Jungen und seine beiden kleineren Geschwister doch nicht dauerhaft und unbeaufsichtigt in die Obhut dieses Vaters geben! Es ist doch gar kein Wunder, dass sich E   weigert, seinen Vater wiederzusehen und ihn sogar „Schwein“ nennt, wenn all dies wirklich passiert ist!

Nachdem ich bereits 4 – 5 Stunden lang nur gelesen (und geschlafen) hatte, ging ich die Gartentreppe hoch und klopfte an die Scheibe. Natalia machte mir auf und ließ mich eintreten (inzwischen vertraute sie mir offensichtlich). Wir setzten uns auf die Couch, und ich begann, ihr zu erklären: „Weißt Du, Natalia, Du versuchst jetzt schon seit drei Jahren, den Missbrauch an Deinen Kindern zu beweisen, aber Du bist nicht nur keinen Schritt vorangekommen, sondern hast obendrein auch noch Dein Sorgerecht verloren, nachdem man das Verfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt hat. Ehrlich gesagt sehe ich kaum noch eine Chance, dass das Verfahren wieder aufgenommen wird, denn dazu bräuchte es noch viel eindeutigere Beweise. Wenn sie noch nicht einmal den Kindern glauben, was kannst Du dann noch vorbringen? Es ist wirklich ein Skandal, dass man Dich für unfähig erklärt hat, Deine Kinder zu erziehen, und Du jetzt schon seit acht Monaten Deine Kinder noch nicht einmal sehen durftest. Das muss sich unbedingt jetzt ändern! Deshalb solltest Du Dich für Plan B entscheiden, d.h. Dich jetzt nur noch darauf konzentrieren, dass Du wenigstens zur Hälfte Deine Kinder sehen kannst. Und zwar würde ich für Dich einen Brief schreiben, dass Du inzwischen zur Einsicht gekommen bist, dass es nicht gut war, Deine Kinder gegen den Vater aufzuhetzen und Du jetzt bereit bist, mit dem Jugendamt zu kooperieren. Ich schreibe den Brief für Dich, und Du brauchst ihn nur noch zu unterschreiben.“ Natalia schüttelte den Kopf und entgegnete rigoros: „Nein, Simon, das kann ich nicht. Ich werde niemals einen Kompromiss machen mit Satanisten. Das erlaubt der HErr nicht.“ – „Das sollst Du doch auch gar nicht. Es geht doch jetzt nur darum, dass Du Deine Kinder überhaupt noch mal wiedersehen kannst und man Dich nicht für geisteskrank erklärt. Wir leben ja in einem Rechtsstaat, und Du hast als Mutter das Recht, Deine Kinder wenigstens die Hälfte der Zeit wiederzusehen. Aber dafür musst Du mit den Behörden kooperieren und Dich einsichtig geben. Denn wenn man eine Schlacht nicht mehr gewinnen kann, muss man mit seinem Gegner einen Friedensvertrag schließen, das sagt schon die Bibel in Luk.14:32.“ Natalia aber blieb dabei: „Nein, das werde ich nie machen. Ich werde mich mit diesen Leuten nicht an einen Tisch setzen, um einen Kompromiss auszuhandeln, denn die missbrauchen meine Kinder jeden Tag. Die Polizei muss endlich tätig werden. Ich werde nicht aufgeben, auf keinen Fall!“ – „Wir werden weiter für Deine Kinder beten, dass Gottes Engel sie beschützen mögen. Denn die Polizei kann uns nicht mehr helfen, denn die hatte es ja bereits versucht. Aber wenn Du jetzt nicht für Dein Sorgerecht kämpfst, dann werden Dir Deine Kinder eines Tages den Vorwurf machen, dass Du ihnen nicht geholfen hast, als Du es noch konntest. Was wirst Du dann zu ihnen sagen?“ Sie schaute traurig in ihren Schoß und sagte: „Dann ist das eben so. Dann soll er die Kinder doch missbrauchen, ich kann es ohnehin nicht verhindern. Aber ich werde mich nicht versündigen und mich von ihnen erpressen lassen!“ Da konnte ich nur noch den Kopf schütteln: „Du verzichtest auf Deine Kinder, nur um recht zu behalten? Dann bist Du nicht besser als jene gleichgültige Hure, die vor Salomo sagte: ‚Weder mir noch dir soll das Kind gehören, – egal ob es dann eben sterben muss‘ (1.Kön.3:26). Natalia, bitte, werde nüchtern! Es geht um Deine Kinder, und sie brauchen Dich JETZT! Geh auf die Forderungen der Gegenseite ein, um Deiner Kinder willen! Alles andere ist eine Illusion.“ Natalia sagte, dass sie Bedenkzeit bräuchte. Ich dachte nur: Hoffentlich lässt sie sich nicht noch mehr Zeit! Dann beteten wir gemeinsam und verabschiedeten uns.

Ich fuhr zum Übernachten zu meinem Freund Ralf Daubermann (62), den ich schon seit 30 Jahren kenne. Er wusste gar nicht, dass ich ihn besuchen kommen wollte, freute sich aber dennoch, mich zu sehen und bot mir einen Platz im Schlafzimmer an. Wir unterhielten uns noch lange in der Nacht über den Fall Natalia. Ralf, der von Beruf Psychologe war, hatte keinerlei Zweifel an der Geschichte von Natalia, wunderte sich aber auch nicht darüber, dass die Behörden nicht ermittelten, denn überall haben die Päderasten ihre Verbindungsleute, auch und gerade bei der Polizei, um die Ermittlungen zu sabotieren. Auch sprachen wir über die Coronakrise, die für Ralf lediglich eine Inszenierung war, um die Weltregierung des Antichrists vorzubereiten. Er hielt mir lange Vorträge über die Wirkungslosigkeit der Corona-Maßnahmen und empfahl mir, mich mal besser zu informieren über YouTube, dass diese ganze Pandemie doch letztlich ein Betrug sondergleichen sei, um die Menschen gefügig zu machen. „Ich empfehle Dir z.B. den Martin Sellner von der Identitären Bewegung in Österreich. Das ist ein echt kluger Mann und hat gute Argumente“. Ich war am Ende schon zu müde, um noch zuzuhören und ging schon etwas früher ins Bett.

Ludwigshafen, 12.09.2020: Früh um 5:00 Uhr konnte ich nicht mehr schlafen und ging hinunter ins Wohnzimmer, um meine Stille Zeit zu machen. Ich las in Jak. 4 zunächst über die Ursache von Streit und musste sofort an Mike denken. Wie hätte ich mich anders verhalten können, wenn er sich nicht beherrschen kann und gleich jedem Bruder wie Petrus ein Ohr abschlägt? „Die Geister der Propheten sind den Propheten untertan“ (1.Kor.14:32), d.h. niemand ist gezwungen, gleich jeden Eindruck sofort aussprechen zu müssen, sondern muss den prophetischen Geist unter Kontrolle halten können. „Besser ein Langmütiger als ein Held, und wer seinen Geist beherrscht, als wer eine Stadt erobert“ (Spr.16:32) und „Goldene Äpfel in silbernen Prunkgeräten: so ist ein Wort, geredet zu Seiner Zeit“ (Spr.25:11). Der richtige Zeitpunkt ist also mindestens genauso wertvoll für eine Rede wie die Rede selbst. Und „richtig“ bezieht sich nicht nur auf die Tageszeit, sondern auch auf die Voraussetzungen, die erfüllt sein sollten. Aber wenn ein junger Bruder sich nichts sagen lässt, sondern in dem Wohn lebt, dass nur er in direktem Kontakt mit dem Heiligen Geist stehe, dann muss Gott ihm erst einmal gehörig demütigen, um nüchtern zu werden.

Jakobus interessiert sich gar nicht für die Anlässe von Streitigkeiten, so wie auch der HErr Jesus nicht bereit war, einen Erbstreit zu schlichten durch das Anhören der beiderseitigen Argumente, sondern ganz allgemein vor Habsucht warnte (Luk.12:13-15). Zur Habsucht zählt im weiteren Sinne auch das Recht-haben-wollen, denn man möchte damit lieber selbst den Ruhm haben, anstatt diesen dem anderen zu gönnen. Wenn aber die Positionen verhärtet sind, sollte man doch lieber auf eine Klärung verzichten und „dem Frieden nachjagen mit allen“ (Hebr.12:14, 1.Petr.3:11). Oftmals haben wir nicht, weil wir nicht bitten (Jak.4:2). Da kann man nach Jahren im Glaubensleben in eine Sackgasse geraten so wie jetzt im Fall Natalia und kommt nicht auf die Idee, einfach Gott um Hilfe anzurufen. Oftmals will der HErr einfach nur, dass wir stille halten, damit Er allein für uns streiten kann (2.Mo.14:14).

Von Ludwigshafen aus machte ich mich nach dem Frühstück auf den Weg nach Herne, in der Nähe von Köln, um den Bruder Nils Esser (30) aufzusuchen. Er war Tags zuvor gerade Vater geworden und freute sich sehr, mich zu sehen. Wir hatten uns auf Facebook kennengelernt und viel Übereinstimmung in unseren Ansichten gefunden. Nils macht nebenberuflich seit 14 Jahren professionell Musik und singt auch dazu. Als ich das erste Mal ein Stück von ihm hörte, konnte ich gar nicht glauben, dass das von ihm war: es war professioneller Rap mit christlichen Texten, der besonders die Jugendlichen ansprechen sollte. Seit er gläubig ist, will er diese Gabe nur noch für den HErrn einsetzen.

Nachdem Mittag (es gab frischen Obstsalat) lasen wir Offb.12 und waren uns einig, dass es sich bei der Geburt des „männlichen Sohnes“ nicht um eine buchstäbliche, sondern um eine geistliche „Geburt“ des HErrn Jesus im Sinne von Gal.4:19 sein wird, die in den Gläubigen als eine Art Erweckung passieren wird. Nils sagte: „Die Gläubigen werden dann wie entrückt sein von den weltlichen Dingen, in denen sie zuvor gefangen waren und werden dann nur noch dem HErrn dienen“. Diese Art Auslegung gefiel mir sehr gut. Anschließend machte ich mich wieder auf den Weg nach Hannover, wo ich Ruth und Rebekka vom Bahnhof abholen musste, die sich nun in Quarantäne begeben mussten, da man ihren Urlaubsort Prag inzwischen wegen sprunghaft gestiegener Corona-Infektionen zur roten Zone erklärt hatte. Sonntagmorgens fuhren wir dann noch vor dem Gottesdienst zur Meldestelle, um sich testen zu lassen. Zwei Tage später erfuhren wir nun, dass sie negativ waren. Dem HErrn sei Dank, auch für allen Segen und Bewahrung auf der Reise! Möge alles zu Seiner Ehre und Verherrlichung gewesen sein!

                                                                                                                                                                                            

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