„Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe.
Laßt uns nun die Werke der Finsternis ablegen
und die Waffen des Lichts anziehen.“

(Röm.13:12)

Aktuelles

Ist die Künstliche Intelligenz Fluch oder Segen?

 

„Und die Frau sah, dass der Baum gut zur Nahrung und dass er eine Lust für die Augen und dass der Baum begehrenswert war, Einsicht zu geben; und sie nahm von seiner Frucht und aß, und sie gab auch ihrem Mann bei ihr, und er aß.  Da wurden ihrer beider Augen aufgetan, und sie erkannten, dass sie nackt waren;“ (1.Mo.3:6-7)

Als ich vor etwa zwanzig Jahren begann, im Auto ein Navigationsgerät zu verwenden, ertappte ich mich dabei, dass ich jedes Mal ein schlechtes Gewissen bekam, wenn ich mich versehentlich nicht an die Anweisung jener Stimme hielt, die mir den Weg wies. Es dauerte eine Weile bis ich mich daran gewöhnte, dass das Gerät, das mit einer menschlichen Stimme zu mir sprach, zwar intelligent war, aber keine Seele besaß. Es konnte zwar in Sekundenschnelle den kürzesten Weg berechnen, war aber nicht in der Lage, einen Roman oder ein Gedicht zu schreiben, geschweige denn Antworten auf komplizierte, mathematische bzw. philosophische Fragen zu finden, Steuererklärungen abzugeben, medizinische Diagnosen zu stellen, Gerichtsurteile zu fällen oder den geeignetsten Ehepartner zu finden. Heute kann die Künstliche Intelligenz (KI) dies alles.

Vor ein paar Wochen rief mich mein jüngerer Bruder Patrick ganz begeistert an und berichtete mir, dass er mithilfe der Künstlichen Intelligenz (KI) allein durch einen bloßen Befehl Bilder erzeugen kann, die wie ein Foto aussehen, aber dennoch nicht real sein konnten (Beispiel: „Mache mir ein Foto, auf dem Petrus am Schreibtisch sitzt und ein Bild malt!“). Bald darauf schickte er mir eine Audiodatei, auf welcher sich täuschend echt angeblich zwei Radiomoderatoren über den Inhalt meiner Internetseite unterhielten, nachdem Patrick der KI den Befehl gab, dies zu tun. Und dann sandte er mir ein sehr melodisches Lied, in welchem der Sänger meine Firma besang und in Reimform einen von der KI frei erfundenen Text über meine Mitarbeiter machte. Daraufhin bat ich Patrick, dass er doch mal aus einem Gedicht über Psalm 45, das ich mal vor Jahren schrieb, eine passende Melodie komponieren lassen möge, was er mir dann auch prompt zusandte. Die Stimme der Sängerin war absolut nicht von einer echten Frauenstimme zu unterscheiden und sang ganz wunderschön. Und dann schickte mir Patrick eine sehr lustige, satirische Audiodatei über seine Hühner, welche die KI mit Patricks eigener Stimme gesprochen hatte, die man nicht mehr von seiner echten Stimme unterscheiden konnte. Und heute Morgen erhielt ich dann von ihm ein Video von einer sehr hübschen Frau, die sich auf Spanisch namentlich an mich und Ruth wandte und uns empfahl, doch meinen Bruder Marcus mitzunehmen auf unsere bevorstehende Perureise – wohl gemerkt: auf Spanisch!

Was ist eigentlich Künstliche Intelligenz?

Wenn man all dieses hört, könnte man wirklich denken, dass es sich bei der Künstlichen Intelligenz um ein allwissendes Wesen handelt, das wie ein Dämon ganz plötzlich aufgetaucht ist, um die Menschen zu täuschen (tatsächlich sind die Fähigkeiten der KI ja etwas unheimlich und erinnern an Offb.13:13-14, wenn man diese Stelle auf technische Wunder deuten will). In Wirklichkeit ist die Idee von einer Formalisierung des Denkens und der automatischen „Berechnung“ einer logischen Antwort schon über 2000 Jahre alt. Schon Sokrates, Euklid und Aristoteles entwickelten strukturierte Methoden zum folgerichtigen Denken, um Logikfehler zu vermeiden: Wenn A = B ist und B = C, dann ist auch A = C. Aus diesen theoretischen Grundlagen entstand im Mittelalter die Idee von einer Berechenbarkeit aller Dinge, um Probleme zu lösen und Handlungsvorschriften zu geben. Der Begriff Algorithmus geht zurück auf den persischen Universalgelehrten Al-Chwarizmi (780 – 835), lateinisiert Algorismi, der das Algebra-Rechenverfahren entwickelte. Im 17. Jh. versuchten mehrere Philosophen, das rationale Denken so systematisch zu gestalten wie Algebra oder Geometrie. Leibnitz verglich die Logik der Mathematik mit der Logik der Sprache und wollte analog zum Taschenrechner eine Denkmaschine erfinden. Diese wurde Anfang des 20. Jh. dann vom englischen Mathematiker Alan Turing  (1912-1954) entwickelt, wodurch er die Begriffe des Algorithmus und der Berechenbarkeit mathematisch fassbar machte, indem er mit den Symbolen 0 und 1 jeden Prozess der mathematischen Deduktion nachbilden konnte. Daraus entstand die in der KI wichtige Programmiersprache Lisp.

Intelligenz kommt vom lat. intellegere = erkennen, einsehen, verstehen (inter = zwischen, legere = lesen, wählen) und ist die geistige Leistungsfähigkeit, um z.B. Probleme zu lösen. Da es jedoch sehr verschiedene Bereiche und Ausprägungen von kognitiven Fähigkeiten gibt, gibt es keine Einigung darüber, wie diese zu bestimmen und zu unterscheiden sind, weshalb es auch keine allgemeingültige Definition von Intelligenz gibt.  Ebenso sind aber auch die Möglichkeiten der KI (derzeit noch) begrenzt auf die Erkennung und Deutung von Mustern, um Vorhersagen zu treffen (z.B. über das Wetter oder medizinische Diagnosen). Seit den 90er Jahren lernen Autos autonomisches Fahren (z.B. bei Tesla), indem sie auf alle möglichen Eventualitäten eingeübt werden. Hierbei kann es in seltenen Fällen zu ethischen Dilemmata kommen, indem die KI  zwischen zwei Übeln entscheiden muss, welches das geringere Übel ist. Derzeit ist man dabei, die KI auf menschliche Werte und Normen auszurichten, um die KI auch in Krankenhäusern oder im Gericht einzusetzen. Noch ist der Mensch in vielen Bereichen klüger als die KI, die aktuell schon ca. 70 % der menschlichen Intelligenz besitzt (2012 waren es nur ca. 45 %). Man rechnet damit, dass die KI ab 2030 die menschliche Intelligenz übertreffen wird. Dies geschieht durch ein regelmäßiges Training, indem ein sog. Generatives Modell, das z.B. ein Bild oder eine Stimme nachahmt, solange von einem sog. Diskriminativen Modell auf Fehler korrigiert wird, bis es vollkommen identisch ist mit dem Original. Das gleiche geschieht aber auch beim Programm Chat GPT, wenn es entsprechenden Experten gelingt, der KI zu beweisen, dass sie sich hier und da auch mal irrt oder zu unpräzise Antworten gibt. Oftmals verschweigt die KI z.B. wichtige Daten, obwohl ihr diese bekannt sind, weil sie auf ein bestimmtes Narrativ programmiert wurde (z.B. bei Fragen zur Corona-Pandemie, zum Klimawandel oder zur Evolutionstheorie). Durch das Überführen von Irrtümern oder Widersprüchen lernt die KI hinzu und verbessert sich immer mehr. Ulrich Skambraks (TOPIC) berichtete z.B. kürzlich, wie die von muslimischen Programmierern aus Kenia trainierte KI zwar Witze über den HErrn Jesus widergab, sich jedoch weigerte, Witze über den Propheten Mohammed zu erzählen mit dem Hinweis: „Ich respektiere alle Glaubensrichtungen und religiöse Figuren und mache daher keine Witze über solche Persönlichkeiten.“

Welche Gefahren gehen von der KI aus?

Da die KI auf das Erkennen von Mustern trainiert wurde, kann es immer wieder mal zu Korrelationsfehlern kommen. Beispiel: In dem Land X wurden die meisten Nobelpreisträger geboren; zugleich aber wird in dem Land X auch die meiste Schokolade konsumiert. Ergo ist Schokolade gut, um einen Nobelpreis zu erlangen. Korrelation ist eben nicht Kausalität. Dies kann gerade in der Terrorismusbekämpfung durch Drohnen oder Überwachungskameras zu fatalen Fehlern führen, da die KI z.B. (noch) nicht zwischen einer Umarmung und einem Angriff unterscheiden kann. Wie schnell könnte durch das Vertrauen auf die KI sogar ein Atomkrieg ausgelöst werden? Eine weitere Gefahr für die Zukunft ist zudem, dass Kriminelle oder Diktatoren die KI benutzen könnten, um Menschen zu täuschen durch Bild-Manipulation und Stimmen-Synthetisierung. Wenn man aber am Ende nichts und niemandem mehr glauben kann, dann werden auch jene Dinge infrage gestellt, die für das Zusammenleben der Menschen unverzichtbar sind (z.B. gerechte Gerichtsurteile). Wenn z.B. jemand in Zukunft die echte Stimme seines Enkels am Telefon hört (Enkeltrick), wird es noch schwieriger, zwischen Sein und Schein zu unterscheiden (vergl. 1.Mose 27:22-27).

Es gibt nicht wenige KI-Entwickler, die sogar befürchten, dass die KI durch Erreichen einer Superintelligenz eines nicht allzu fernen Tages die Menschheit versklaven oder auslöschen könnte. Es gibt Transhumanisten, die die Mehrheit der Menschen als „Nutzlose Esser“ betrachten und sich deshalb von dieser entledigen wollen (z.B. der israelische Historiker Noah Yuval Harari). Den Zeitpunkt der unumkehrbaren Übernahme der Welt durch die Maschinen wird als technologische Singularität bezeichnet und vom jüdischen Erfinder Ray Kurzweil für das Jahr 2045 prognostiziert. Kurzweil ist davon überzeugt, dass eine superintelligente KI am Ende ihrer Entwicklung als höher qualifizierte Maschine nicht mehr von ihrem Konstrukteur, der geringer qualifiziert ist, überwacht werden kann. Denn sobald ihm die Kontrolle entgleite, wird eine superintelligente Maschine sich rechtzeitig gegen jeden Versuch, sie zu deaktivieren, wehren, indem sie unumkehrbare Mechanismen programmiert. Aber selbst wenn es den Experten noch gelingt, die KI zu regulieren und vor sich selbst oder vor Missbrauch durch faschistoide Psychopathen zu schützen, wird es doch unvermeidlich sein, dass durch die KI in naher Zukunft die Mehrheit der Berufe überflüssig wird und dadurch Millionen von Menschen ihre Arbeit verlieren. Diese freigesetzten Angestellten werden sich als nutzlos empfinden und sich vor Scham immer mehr in die Selbstisolierung zurückziehen. Und selbst dann besteht noch die Gefahr, dass es demnächst KI-gesteuerte humanoide Roboter gibt, die den Vereinsamten die Illusion vorgaukeln, dass sie geliebt werden, so dass sie nur noch in einer rein virtuellen Welt den Rest ihres Daseins fristen. Elon Musks Firma SpaceX plant deshalb schon jetzt, das Problem der Überbevölkerung durch eine Ansiedelung von Menschen auf dem Mars zu lösen bzw. um im Fall einer globalen Gefahr das Überleben der Menschheit zu sichern.

Wie ist die Künstliche Intelligenz biblisch zu bewerten?

Bei jeder neuen Erfindung ist es normal, dass Gläubige zunächst mit Skepsis reagieren bis hin zur Hysterie. Ellen G. White z.B. warnte 1894 vorm gerade aufgekommenen „Fahrradwahn“. In der Regel waren es aber gerade bibeltreue Christen, die völlig zurecht vor den ethischen Folgen bestimmter technischer Entwicklungen warnten, wie etwa vor der Gentechnik, dem Klonen oder der künstlichen Befruchtung, wo hingegen den Ungläubigen der moralische Kompass fehlte. Und genauso wachsam und kritisch müssen wir auch jetzt das Phänomen der Künstlichen Intelligenz prüfen und das Gute behalten (1.Thess.5:21).

Grundsätzlich dürfen wir die Errungenschaften der Welt „gebrauchen“ (1.Kor.7:31), und es ist uns „alles erlaubt“, sofern es nützlich ist und uns nicht in Abhängigkeit bringt (1.Kor.6:12). Das Buch der Sprüche lehrt uns, dass eine prinzipielle Ablehnung von Erkenntnis kein Zeichen von Frömmigkeit, sondern von Torheit ist. Zudem lieben wir als Kinder Gottes die Wahrheit und wollen „am Verstande Erwachsene“ sein (1.Kor.14:20), die auch in wissenschaftlichen Fragen wahrheitsgetreu antworten können, wenn wir gefragt werden. Hier kann uns Chat GPT gelegentlich nützlich sein, sofern es nicht um ideologische Fragen geht. Törichte Streitigkeiten entstehen ja nicht zuletzt dadurch, weil manche nur ein „gefühltes Wissen“ haben, dieses aber als unbestreitbare Wahrheit verkaufen wollen! Wie verlockend ist die Vorstellung, wenn Menschen sich nicht mehr streiten brauchen wegen ihrer unterschiedlichen Ansichten, weil die KI Klarheit schafft! Hier besteht aber auch die Gefahr, der KI blind zu vertrauen. Die alten Griechen bedienten sich ja des Orakels von Delphi, wenn sie nicht mehr weiterwussten. Im Zeitalter des Internet hatte man bisher auf das digitale Universallexikon Wikipedia zurückgegriffen, wenn man nach mehr Informationen suchte. Damit wird leider suggeriert, als ob es für eine bestimmte Frage nur eine richtige Antwort gäbe, obwohl dies in der Praxis meist gar nicht der Fall ist. Gerade in politischen oder weltanschaulichen Fragen haben die Menschen in der Regel ganz unterschiedliche Positionen, die man nicht einfach durch KI-Gläubigkeit vereinheitlichen kann. Positiv fällt auf, dass die KI sich in kontroversen Fragen der Politik oder der Religion äußerst vorsichtig verhält und keine eigene Meinung vertritt. Insgesamt sind die Antworten von kritischen Fragen ohnehin eher oberflächlich.

Bedenklich ist jedoch, wenn Prediger z.B. sich eine Bibelauslegung von der KI herstellen lassen, zumal eine solche unmöglich geistlichen Tiefgang haben kann. „Wir deuten geistliche Dinge durch geistliche Mittel“. Die KI hingegen ist nicht in der Lage, Geistliches anzunehmen oder zu erkennen, „weil es geistlich beurteilt wird“ (1.Kor.2:13-14). Abgesehen davon wäre es Betrug, wenn ein Prediger eine Leistung, die er gar nicht erbracht hat, als seine eigene ausgibt. Ebenso kann die KI einer bestimmten Sekte dazu missbraucht werden, einen Chatbot (Dialogsystem) auf ihrer Internetseite einzurichten, der nur mit den sektiererischen Überzeugungen dieser Gruppierung gespeist wurde und entsprechend eigene Antworten als objektive Lehraussagen der Bibel ausgibt. Richtig kriminell wird es aber erst, wenn Gottlose zukünftig einen Prediger verleumden, indem sie eine bestimmte Predigt mit der KI verfälschen, um ihn dadurch in Misskredit zu bringen oder mit falschen Aussagen vor Gericht anzuklagen, wobei sie KI-generierte Audio- oder Videodateien als Beweis verwenden (Mt. 5:11). Zwar kann man im Ernstfall durch die Überprüfung der Metadaten, Stimmfrequenzanalyse oder Deepfake-Erkennungssoftware erkennen, ob ein Video/Audio gefälscht ist, aber das Gerücht verbreitet sich in der Regel schneller als die Wahrheit und lässt sich nicht so leicht aus der Welt schaffen. Aber das war schon immer der Fall und sollte uns daher nicht beunruhigen.

Bei aller Vorsicht sei aber trotzdem betont, dass die KI in jedem Fall ein unaufhaltsamer Fortschritt ist, den auch wir Gläubige uns ohne ein schlechtes Gewissen nutzbar machen können. Sie erspart uns jedes Mal eine aufwendige Suche im Internet nach der richtigen Antwort, hilft uns beim Erlernen von Fremdsprachen oder bei der Suche nach den günstigsten Produkten und erstellt für uns Grafiken, Texte und Videos ohne großen Aufwand. Die eingesparte Zeit lässt sich dann für jene Aufgaben nutzen, welche nicht durch die KI ersetzt werden können, wie etwa das Aufsuchen von einsamen und benachteiligten Geschwistern (Jak.1:27).

 

Persönliches:

Nach 14 Jahren, die meine Frau Ruth nun schon an der als unheilbar geltenden Krankheit Fibromyalgie leidet mit täglichen Schmerzattacken und Medikamentenabhängigkeit, wurde sie am 25.10.2024 von einem Tag auf den anderen vom HErrn geheilt, so dass sie jetzt keine Schmerzmittel mehr einnehmen muss wie Tramal, Gabapentin, Tilidin und Amitriptylin. Sie hatte schon so oft einen Entzug versucht, aber es nie geschafft. Jetzt hat sie nur noch sehr leichte Schmerzen, die sie gut ertragen kann und nicht vergleichbar sind mit den bisherigen. Zudem hat sie jetzt auch eine feste Arbeit in einer Tierartpraxis gefunden mit sehr liebevollen Kollegen. Ruth ist überschwänglich dankbar für all den Segen, den sie so plötzlich vom HErrn erhalten hat.

Ganz anders verlief hingegen die Entwicklung meines Zwillingsbruders Marcus. Er leidet seit 20 Monaten an Depressionen wegen des unerwarteten Heimgangs seiner Frau Christine (58), die am 09.08.2023 zum HErrn ging. Da Marcus das Alleinsein nicht aushält, hat er sich zuletzt immer an mich geklammert und mich überall hin begleitet, sei es dass er mit mir zusammen auf den Baustellen arbeitet oder sei es nach Feierabend, wenn er mit uns isst und sich bei uns ausruht. Leider hat er in dieser Zeit schon dreimal eine Psychose erlitten, die letzte erst vor einer Woche, indem er jedes Mal vorübergehend Katalepsie und Wahnvorstellungen hat. In solchen Phasen von ein bis zwei Wochen isst und trinkt er nichts und verweigert zudem Medikamente. Da wir am Wochenende wieder für zwei Monate nach Peru reisen, haben sich seine Depressionen zuletzt sehr verstärkt. Er will auf keinen Fall mehr allein in seinem Haus wohnen, sondern sucht einen Bruder, mit dem er vorübergehend zusammenziehen kann. Leider haben wir bis jetzt niemanden gefunden, weshalb ich Euch um Eure Fürbitte ersuche.

Wie schon eben geschrieben, fliegen – wenn Gott will und wir leben – meine Frau und ich am 08.12.2024 nach Peru. Ich komme voraussichtlich am 31.01.25 wieder zurück. Falls jemand von Euch wieder etwas spenden möchte für die Bedürftigen in Lima, kann er uns bis zum 07.12. eine Spende auf unser Konto überweisen:

Sparkasse in Bremen, IBAN: DE88 2905 0101 0080 4353 16   BIC: SBREDE22XXX, Verwendungszweck: „Peru“

– „Such, wer da will, ein ander Ziel“ Teil 15

Oktober bis Dezember 2019

Ist der HErr nur für die Gesunden gekommen?

Mittlerweile gingen Ruth und ich schon ein Jahr regelmäßig in die St.-Martini-Gemeinde zu Bruder Olaf Latzel und hatten zuhause unseren Hauskreis mit Geschwistern aus dieser Gemeinde.  Was mir an Olaf besonders gefiel, war, dass er trotz seines hohen Ansehens bei den Gläubigen deutschlandweit dennoch sehr demütig und nahbar war. Er wollte für uns einfach nur „der Olli“ sein und lud jeden, der wollte, zu sich in die Seelsorge ein. Im Oktober lud Olaf die Ehepaare in der Gemeinde dann zu einem mehrtägigen Eheseminar ein, an dem wir jedoch nicht teilnahmen. Später sollte dieses Eheseminar unseren Olli jedoch noch in Teufels Küche bringen und eine Strafanzeige wegen Volksverhetzung zur Folge haben.

Während wir also sehr glücklich und dem HErrn dankbar waren für dieses geistliche Zuhause, rief mich eines Abends mein Bruder Patrick an und klagte darüber, dass er sich in seiner FeG-Gemeinde in Vechta überhaupt nicht mehr wohl fühle. Der Prediger der Gemeinde, Dieter Schulte, mit dem Patrick die Gemeinde einige Jahre zuvor gegründet hatte, lehnte nämlich Patricks Frau Daniela ab, nachdem ihm diese schon einmal mit den Worten beschimpft hatte: „Was bist Du eigentlich für ein komischer Pastor!“. Patrick hatte ihm von Anfang an in einem seelsorgerlichen Gespräch bekannt, dass Daniela wegen einer bipolaren Störung gelegentlich etwas verhaltensauffällig sei und hatte deshalb um Nachsicht gebeten. Dieter kam jedoch mit Danielas psychischen Auffälligkeiten nicht klar und setzte im Gemeinderat ein Hausverbot für sie durch. Für Patrick war dies allein schon unerträglich, denn damit waren all seine Bemühungen, Daniela für den Glauben zu gewinnen, auf einen Schlag sabotiert worden. Als Patrick dann Anfang Mai mit Daniela zu einem verabredeten Gemeindeausflug mit dem Rad erschien, verlangte Dieter, dass Daniela nicht teilnehmen dürfe, was für Patrick das Fass zum Überlaufen brachte und er die Gemeinde verließ.

Doch obwohl Patrick inzwischen eine neue Gemeinde gefunden hatte, kränkte es ihn noch immer, dass Dieter ihn mit solch einer Gleichgültigkeit einfach gehen ließ, ohne auch nur einmal auf all die Emails von ihm einzugehen, in welchen er Dieter sein unchristliches Verhalten vorwarf. Patrick fragte sich, ob er es dem HErrn und Seiner Gemeinde nicht schuldig sei, die Treulosigkeit von Dieter gemäß Matth.18: 15-17 und 1.Tim.5:20 öffentlich zu verurteilen. Doch zunächst bat er mich als Zeugen, ob ich nicht auch mal einen Brief an Dieter schreiben könne, um ihn zur Buße und Umkehr zu bewegen. Dies tat ich dann auch, erhielt aber ebenso keinerlei Antwort von ihm, weshalb wir den Brief dann auf meiner Seite veröffentlichten (https://derhahnenschrei.de/offene-briefe-an-irrende-brueder/sollte-man-psychisch-gestoerte-menschen-aus-der-gemeinde-ausschliessen/). Als Daniela jedoch dann von dem Brief erfuhr, geriet sie mal wieder außer sich vor Wut, weil ich sie als psychisch gestört ansah. Während ich mit Patrick auf der Terrasse ein Bier trank, nahm sie die Flasche und kippte mir das Bier über den Kopf, während ich es über mich ergehen ließ: „Siehst Du, Daniela: Du beweist doch jetzt gerade selbst wieder, dass Du nicht ganz normal bist.“ Darauf schrie sie mich an, dass ich sofort ihr Haus verlassen solle, was ich dann auch tat. Als ich zum Auto ging und sie mich noch immer anbrüllte, versuchte ich einen Exorzismus, der jedoch nichts bewirkte, sondern sie nur noch mehr auf die Palme brachte.

Patrick war jedoch dankbar für meine Hilfe und empfand es als Genugtuung, dass Dieters unbiblisches Verhalten jetzt öffentlich bekannt gemacht wurde. Viel zu selten geschieht es ja heute, dass die vielen Missstände unter Gottes Volk und deren verantwortliche Täter auch mal beim Namen genannt werden. So sah Patrick z.B. zu jener Zeit mit Sorge, wie auch ein anderer Pastor seiner damaligen Gemeinde in Bremen sich ständig auf Facebook beklatschen ließ von seinen Anhängern, was ihm Anlass gab, ihn dafür mal zu ermahnen. So schrieb er unter einem seiner FB-Artikel folgenden Kommentar: „Lieber Ingo, … mir fällt schon seit langem auf, dass Du Dich auf Facebook immerzu nur feiern lässt… Du nutzt FB als Bühne… Aber wie kann man das eigene Handeln hinterfragen, wenn einem alle nur zujubeln und sagen: Toll gemacht!‘ Ich mag Dich, deshalb habe ich acht auf Dich. Fühle Dich bitte nicht angegriffen. Ich möchte nicht in einer Gemeinde sein, wo es nicht mehr möglich ist, kritisch zu hinterfragen. In den letzten 30 Jahren meines Christseins haben mich jene Brüder vorangebracht, die mir Korrektur boten.“ Daraufhin bekam Patrick Schmähungen von allen Seiten. Einer schrieb ihm z.B.: „Dummheit und Stolz sind geschnitzt aus demselben Holz! Gute Besserung!“ Der Pastor rief ihn abends um 22.30 Uhr an und kritisierte Patrick scharf, dass er ihn öffentlich bloßgestellt habe. Patrick fragte ihn daraufhin: „Wenn Du die öffentliche Lobhudelei von all Deinen 2.599 Anhängern erlaubst, dann solltest Du doch auch mal die eine kritische Stimme hören und nicht so beleidigt reagieren.“

Zu meiner Überraschung hatte Patrick sich nun einer russlanddeutschen Pfingstgemeinde angeschlossen, bei der er sich pudelwohl und überglücklich fühlte. Scheinbar hatte Gott die Enttäuschung mit dem Dieter dazu benutzt, damit Patrick endlich diese laue Freikirche verließ und sich einer strengeren, bibeltreuen Gemeinde anschloss. Durch seine fröhliche und offenherzige Art gewann Patrick schon bald die Herzen der Russlanddeutschen und er wurde sogleich ihr Techniker und Filmer (z.B. bei Feierlichkeiten oder Großtaufen), da er sich gut mit dem Internet auskannte. Doch als Patrick eines Tages einen Mitgliedsantrag stellte, erklärten die Ältesten der Gemeinde ihm, dass er nur aufgenommen werden könne, wenn er auch die Geistestaufe empfange und in Zungen sprechen könne. Patrick erklärte, dass er nach seinem Bibelverständnis die Geistestaufe für die Wiedergeburt halte, die er ja bereits erfahren habe und dass nicht alle Gläubigen zwangsläufig die Gabe der Zungenrede haben müssen („Reden etwa alle in Zungen?“ 1.Kor. 12:30). Der führende Bischof der Bruderschaft entgegnete, dass diese Bedingungen aber bei ihnen eine unverhandelbare Voraussetzung seien für eine Mitgliedschaft. Patrick erklärte: „Bruder Alexander, wenn Du mich nicht in die Gemeinde aufnehmen willst, dann verstößt Du gegen Römer 15:7 („Nehmt einander an, gleichwie Christus euch angenommen hat“) und wirst es einmal vor Gott verantworten müssen“. Nun meldeten sich auf einmal die Alten in der Gemeinde zu Wort, die Patrick durch seine Heiterkeit in ihr Herz geschlossen hatten und bestanden darauf, dass er unbedingt aufgenommen werden müsse, da er zum Leib Jesu gehöre und er eine absolute Bereicherung für die gemeinde sei. Schließlich gab der Vorstand nach und drückten bei Patrick ausnahmsweise mal ein Auge zu. Patrick war überglücklich, und die ganze Gemeinde freute sich, dass er nun voll und ganz zu ihnen gehörte.

Mit Butterbroten das Brot des Lebens verkündigen

Wie jedes Jahr wollten Ruth und ich auch diesmal wieder in Peru überwintern. Da die letzten Besuche in missionarischer Hinsicht reich gesegnet waren, hatte auch Ruth diesmal den Wunsch, mich bei den evangelistischen Einsätzen zu unterstützen. Wegen der großen Armut hatte sie die Idee, Wasserflaschen und Butterbrote an die Armen zu verteilen, denen ich das Evangelium Jesu Christi verkündigte. In Peru muss ja niemand wirklich verhungern, aber viele Peruaner hungern und dürsten nach Gerechtigkeit (Mt.5:6). Die Kommunisten im Land rufen ständig zum Aufruhr gegen die Regierung auf, und wir Christen müssen den Leuten sagen, dass ihr Hunger nach Gerechtigkeit und Vergeltung nur durch den HErrn Jesus gesättigt werden kann, wenn Er bald wiederkommt (Jes.40:10), wobei man jedoch zu Ihm gehören muss.

In den ersten Tagen nach unserer Ankunft hatten wir jedoch zunächst eine schwere Erkältung, so dass ich tagsüber mit Schüttelfrost im Bett blieb und las. Leider wurde es nachts dann noch schlimmer, denn ich hatte Fieber, Hals- und Kopfschmerzen und musste ständig ins Taschentuch schnäuzen, weshalb mir der Schlaf abhandenkam. „Ich werde des Umherwerfens satt bis zur Dämmerung“ sagte Hiob (Hi.7:4). Zudem kam, dass man in unserer Hochbausiedlung bis weit in die Morgenstunden laute Musik hörte, da immer irgendwelche Nachbarn gerade am Feiern waren. Ich dachte: Vielleicht sollte ich mal aufstehen, hingehen und sie im Geiste der Sanftmut ermahnen, dass sie doch mehr Rücksicht nehmen sollten auf die große Mehrheit, die schlafen wollte. Am Morgen lasen wir 2.Könige 4, wo es um Wohltaten ging, die Gläubige anderen tun, und zwar solchen, die zuvor auch selbst bereit waren zum Gutestun, weil Gott sich nichts schenken lässt. Elisa erkannte, dass die völlig verarmte Frau wenigstens etwas noch besaß, dass sich vermehren ließ, nämlich Öl. „Wer hat, dem wird gegeben werden und er wird auch noch übrighaben“ (Mt.13:12). Man kann sich natürlich fragen, warum die Hilfe Gottes oftmals erst sehr spät kommt. Meistens greift der HErr erst dann ein, wenn eine Lage aussichtslos erscheint, um uns zu zeigen, dass wir dennoch „nicht ohne Ausweg“ sind (2.Kor.4:8). „Gefäße“ sind Menschen, die offen sind für das Evangelium. Das erinnert mich an eine Begebenheit, als mein Schwiegervater damals in den 60er Jahren alleine im Gebirge mit dem Evangelium unterwegs war und auf einmal kein Geld und somit nichts mehr zu Essen hatte. Er hatte gebetet und den HErrn daran erinnert, dass Er doch versprochen hatte, dass Er Seine treuen Knechte nie Hunger leiden lassen würde (Ps.37:25). Doch als der Abend kam, ergriff ihn die Verzweiflung. Er hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen, hatte keine Übernachtungsmöglichkeit und fror in der Kälte. Er flehte unter Tränen zum HErrn, dass Er ihm doch jetzt Hilfe senden möge, da er doch schließlich mit dem Evangelium unterwegs sei. Als er gerade „Amen“ gesagt hatte, kam eine Frau vorbei namens Irma Bendezú und sprach ihn an: „Entschuldigen Sie, Sie sind doch der Prediger, der heute Vormittag auf dem Markt gepredigt hatte. Sagen Sie, haben Sie vielleicht Hunger? Ich lade Sie gerne zu uns nach Hause ein. Sie können auch bei uns übernachten.“ Luis dankte Gott und erzählte der Frau, dass dies kein Zufall sei, dass sie ihm begegnet sei, sondern von Gott so geführt. Beim Abendessen erklärte Luis der ganzen Familie das Evangelium, und nach einander bekehrte sich die ganze Familie. Er konnte sozusagen alle Gefäße mit Öl füllen, weil er völlig auf Gott vertraute.

Als es mir nach drei Tagen wieder besser ging, schmierte ich etwa 30 Butterbrote mit Wurst, Marmelade oder Karamell-Creme, um sie zusammen mit Bruder Ricardo am Nachmittag zu verteilen. Da klopfte es an der Tür und zwei ältere Damen stellten sich als Zeuginnen Jehovas vor. Ich erklärte ihnen, dass auch ich ein Zeuge Jehovas sei, aber kein Sklave der Wachturm-Gesellschaft. Sie fingen dann an, mir zu erklären, dass Gott einen Namen habe, bestritten jedoch dann meinen Einwand, dass Gott sogar viele Namen habe. Dann sagte ich: „Bevor wir weiterreden, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass ich als Christ an das Gebot in 1.Tim2:12 gebunden bin, dass eine Frau nicht lehren darf und ich als Mann dies deshalb auch nicht zulassen kann. Wenn Sie jedoch Fragen an mich haben, kann ich Ihnen diese gerne beantworten.“ Hier widersprach mir die eine der beiden „Es steht aber auch geschrieben: ‚Der Siegesbotinnen ist eine große Schar‘ (Ps.68:11). Wir lehren hier ja nicht von der Kanzel, sondern verbreiten das Evangelium!“ Ich dachte: Na, die kennt sich aber aus! „Sie brauchen mir aber gar nicht mehr das Evangelium zu verkünden, denn ich bin ja selber längst Christ. Aber wenn wir jetzt ein Lehrgespräch führen wollen, dann soll ich als Mann lehren nach der Schrift und Sie sollen lernen.“ Dazu waren sie jedoch nicht bereit und gingen wieder.

Gegen 15:30 Uhr kam dann Ricardo zu mir, und wir machten uns mit Traktaten und den geschmierten Sandwichbroten auf den Weg in die Innenstadt. Ich hatte mir zuvor extra mein T-Shirt mit dem aufgedruckten Bibelspruch in Spanisch angezogen: „Tut Buße, denn das Reich er Himmel ist nahe gekommen!“ Wir gingen in den Stadtpark, um unsere Butterbrote gezielt zu ärmlich aussehenden Parkbesucher zu verteilen. Ich sagte jedes Mal: „Entschuldigen Sie, ich habe ein kleines Geschenk für Sie...“ dann holte ich ein oder zwei Butterbrote aus dem Kasten und übergab sie mit den Worten: „Der HErr Jesus Christus ist das Brot des Lebens und hat sich für uns gegeben; wenn Sie Ihn haben, werden Sie nicht mehr hungern…“ Ricardo hat dann immer meine Worte ergänzt: „Aber Sie müssen erst Buße tun von Ihren Sünden und Jesus Christus um Vergebung bitten und nicht Maria oder irgend ein anderer Heiliger, denn nur Jesus ist der wahre Retter!“ Die Leute haben sich immer ganz herzlich bedankt und beteuert, dass sie auch an Jesus glauben und auch immer beten würden. Dann gab ich ihnen noch ein Traktat mit und wir gingen weiter.

Auf dem Plaza de San Martin begann ich nun zu Predigen und lud die Leute im Anschluss ein, Fragen zu stellen. Einer fragte, ob die katholische Kirche die Hure Babylon sei. Ich erklärte, dass es zwei katholische Kirchen gäbe, nämlich zum einen die „ganz Vollständige“ (griech. καθολικός), zu der alle Gläubigen aus allen Gemeinden aller Zeiten gehören, und zum anderen die Römisch-Katholische Kirche. In der Kirchengeschichte war die RKK über viele Jahrhunderte die alleinherrschende Staatskirche, zu der alle Christen gehören mussten, ob sie wollten oder nicht. Hier gab es also Überschneidungen des Begriffes „katholisch“. In dem Maße, wie die RKK sich des Staates bediente, um Andersgläubige auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen oder Kreuzzüge gegen Muslime zu führen, wurde sie zur Hure Babylon aus Offb.17+18, die den Glauben zur Durchsetzung gesetzloser Interessen missbrauchte. Einer der Zuhörer machte den Einwand, dass die wahre Kirche Jesu doch der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit sei (1.Tim.3:15) und der HErr doch verheißen habe, dass Seine Kirche nicht von den Pforten des Hades überwältigt werden wird. „Nach Ihrer Darstellung ist ja aus der Gemeinde des HErrn die Hure Babylon geworden, oder etwa nicht?“ – „Nein, so kann man das nicht sagen. Vielmehr ist es so geschehen, wie der HErr es im Gleichnis vom Acker beschrieb, dass der Teufel falsche Christen unter die echten streute, die die Aufgabe haben, falsche Lehren wie Sauerteig in das Feinmehl der gesunden Lehre hineinzumengen, bis die ganze Lehre durchsäuert ist, so wie der HErr es in einem anderen Gleichnis beschreibt. Es gibt viele falsche Dinge, die überhaupt nicht biblisch sind, z.B. die Marienverehrung, die Eucharistielehre, die Babytaufe, die Priester, der Vatikan, usw.“

Auf einmal erinnerte ich mich daran, dass wir von den 30 Butterbroten noch gut die Hälfte gar nicht verteilt hatten. Spontan bot ich den Zuhörern an, dass sie sich gerne bedienen dürften und sich jeder eine Stulle nehmen durfte. Im Nu war die Kiste leer. Dann fragten sie mich, zu welcher Gemeinde ich gehöre und ob sie mich mal besuchen kommen dürften. Ich gab ihnen meine Adresse und lud sie zu unserer Bibelstunde ein. Dann fiel mir ein, dass wir ja auch noch ein paar Schriften für Gläubige und Neue Testamente hatten. Als ich sie hervorholte, rissen sie mir diese förmlich aus der Hand. Um ein letztes Neues Testament gab es sogar noch ein Gezerre (Was für ein Unterschied zu Deutschland!).

Ein streitbarer Lehrer fiel unter die Räuber

Am Abend kamen Ricardo und seine Tochter Sara, sowie die Brüder Hugo und Edilberto zur Bibelstunde. Nach dem gemeinsamen Gebet, fing ich an, über die kirchengeschichtliche Bedeutung der Sendschreiben aus Offb.2 und 3 zu reden. Auf einmal klopfte es an der Tür und einer der Zuhörer vom Nachmittag trat ein, ein großer und sehr schlanker Mann mittleren Alters. Er stellte sich als Lehrer namens José-Jesus aus Piura vor, setzte sich und hörte unserer Unterredung still zu. Nach der Bibelstunde und Gebet gab Ruth ein Essen und Trinken an die Besucher. Auf einmal erzählte uns Bruder Edilberto (76), dass er sich morgen auf die Reise in den Urwald nach Pucallpa und Iquitos machen würde, um dort Traktate zu verteilen. Ich war ganz überrascht über diese Nachricht, denn das hatte ich gar nicht erwartet von diesem alten Bruder. Ruth sprang sofort auf, holte eine gewisse Summe von den Spendengeldern und ließ sie mich dem Bruder vertraulich übergeben. Wir beteten dann noch einmal besonders für diese Reise des Bruders und entsandten ihn mit dem Segen des HErrn. Als dann alle gegangen waren, fragte ich Jose-Jesus, ob er mal von sich erzählen wolle, wer er sei und woher er komme. Dann stand er flugs auf (wie ein Gefreiter beim Militär) und sagte mit ernster Stimme: „Mein Name ist Jose Jesus …, geboren bin ich am 11.09.1972 in einem Dorf … im Distrikt … als viertes von insgesamt sechs Kindern der Eheleute… usw.“ Ich dachte, dass ich das so genau eigentlich gar nicht wissen wollte und sagte: „Setz Dich doch wieder, José, und entspann Dich; wir sind doch hier unter uns und es reicht eigentlich, wenn Du nur kurz mal erzählst, wer Du bist und was Gott an Dir getan hat.“ Doch dann erzählte José anderthalb Stunden lang ohne Unterbrechung, was er alles in den letzten 20 Jahren seines Lebens erlebt hatte, und es war keineswegs langweilig…

Nach seinem Studium auf Lehramt wurde er vom Schulamt in den Nordosten des Landes entsandt in eine ländliche Region namens Ayabaca, wo er als Grundschullehrer arbeiten sollte. Dieser Landstrich war aber dafür bekannt und berüchtigt, dass er schon seit Jahrhunderten unter einer anarchistischen „Selbstverwaltung“ stand, auf die weder Polizei noch Militär Einfluss hatten, sondern mafiöse Familien-Clans nach Willkür und traditionellen Regeln herrschen, die von allen stillschweigend akzeptiert werden. Die Menschen leben dort in Endogamie, d.h. es gibt nur wenige Großfamilien, die alle miteinander verwandt sind, weil man immer nur untereinander heiratet. Die führende Familie, die hier hauptsächlich das Sagen habe, stamme von der Volksgruppe der Sarcos. Hierbei handelt es sich um sephardische Juden, die helle Hautfarbe, grüne Augen und z.T. sogar rotblonde Haare hätten. Sie stammen aus jener Vertreibung aus dem Jahre 1493, als Königin Isabel die Juden aus Spanien vertrieb. Diese hatten jedoch längst den katholischen Glauben angenommen, übten ihn jedoch mit einem eigenwilligen Götzendienst aus. Z.B. finden in den Kirchen keine Messen mehr statt, sondern stattdessen Hahnenkämpfe, bei denen sich die Einheimischen mit Zuckerrohrschnaps betrinken und sich häufig dann mit der Machete zum Spaß bekämpfen. Neben heidnischem Aberglauben und Schamanentum haben sie aber auch einen speziellen Götzendienst, indem sie ein riesiges Holzkreuz als eine Art Glücksbringer und Gottheit verehren und um dieses herumtanzten. Einmal im Jahr, zu einem bestimmten Fest, muss dann irgendein Mensch ermordet werden. Dieser Mord ist eine Art „Opfer“ und wird auch von niemandem geahndet.

Ich unterbrach José und wies ihn noch mal darauf hin, dass er es nicht zu ausführlich machen brauche, sondern mal auf den Punkt kommen möge. Er bat noch um etwas Geduld, denn diese lange Einführung sei wichtig gewesen, um zu verstehen, warum ihm alles Folgende passiert sei. Dann erklärte er, dass es in dieser bergigen Region jede Menge Lagunen gebe auf 2.800 m Höhe, wo die Leute Magie betrieben, und zwar wurde in bestimmten Lagunen weiße Magie und in anderen schwarze Magie betrieben. Wenn man sich also an einer Person rächen wolle, dann gab man den Hexern Geld, um diese Person durch eine Art Schaden-Zauber zu verwünschen. Und genau das sei ihm passiert, weil er es gewagt hatte, die örtliche Verwaltung wegen Korruption und Vetternwirtschaft zu verklagen, nachdem er seinen Lehrerjob 2003 plötzlich, unverschuldet und unrechtmäßig verlor zugunsten eines Familienmitglieds der Bürgermeisterin. In den darauffolgenden 10 Jahren führte er einen juristischen Krieg gegen die Behördenwillkür und musste plötzlich erleben, wie man ihn mehrfach sogar versucht hatte, umzubringen. Er wurde verleumdet, falsche Zeugen haben gegen ihn ausgesagt und Akten verschwanden plötzlich. Dennoch hatte er zwischendurch auch immer wieder Teilerfolge erzielt, so dass er seinen Glauben an die Justiz nicht aufgab.

Doch 2013 überstürzten sich dann die Ereignisse: er besaß ein kleines, altes Haus in Ayabaca, der Provinzhauptstadt, hatte aber ein Jahr lang bei seiner krebskranken Mutter in Piura verbracht, um sie zu pflegen. Doch als er zurückkam, erlebte er den Schock seines Lebens: sein Haus war verschwunden; man hatte es in der Zwischenzeit ohne seine Erlaubnis abgerissen und dem Erdboden gleich gemacht. Er beschwerte sich bei den Behörden und erfuhr, dass dies auf Anordnung jener Bürgermeisterin geschah, weil es angeblich Risse im Haus gab, die das Haus hätten zum Einsturz bringen und dadurch die öffentliche Sicherheit gefährden können. Er verlangte sofort Schadenersatz und eine Herausgabe aller seiner Habe, die er sich mühselig in verschiedenen Lagerhallen zusammensuchen musste. Doch für einen Prozess fehlte ihm nun das Geld, um seinen Anwalt zu bezahlen, denn man hatte ihn inzwischen wegen angeblicher psychischer Instabilität die Lehrerlaubnis entzogen, so dass er kein Einkommen mehr hatte. Er machte daraufhin einen Sitzstreik vor seiner Schule, und musste plötzlich erleben, wie eine Gruppe von sechs Frauen ihn vor den Augen der traumatisierten Grundschüler so schwer mit Kabeln und Stöcken verprügelten, dass er ohne polizeilichen Schutz das Weite suchen und auf seiner Flucht auch noch von einem Hund gebissen wurde. Er zog nach Chimbote in ein billiges Hotel. Da er aber das Zimmer nicht mehr bezahlen konnte, wechselte man das Schloss und behielt sein restliches Hab und Gut als Pfand, inkl. seiner ganzen Papiere, bis er seine Schulden bezahlt hätte. Nun war ihm klar, dass er ein Opfer von Hexenmagie geworden war.

Er zog daraufhin 2014 nach Lima und erkrankte an der Tuberkulose. Doch 15 Tage, bevor seine Therapie beendet wäre, kündigte ihm dann auch noch die Privatkrankenversicherung. Schwerkrank mit einer hochansteckenden Infektionskrankheit musste er nun für die Fortsetzung seiner Therapie kämpfen, die ihm schließlich auch gewährt wurde. Er lebte inzwischen als Obdachloser auf der Straße und verdiente sich zwei Mahlzeiten am Tag durch das Sammeln von recycelbarem Müll, durch den er etwa 10 Soles pro Tag bekam. „Wenn ich aber nur 6 Soles verdiente, reichte es nur für eine Mahlzeit und ich musste hungern“. Dann erfuhr er plötzlich vom Tod seiner Mutter, was ihm völlig das Herz brach, denn sie war der einzige Mensch, der ihn liebte. Nun war ihm jeder Lebensmut entschwunden und er fragte sich, warum Gott dies alles zugelassen habe. Er weinte Tage und Wochen lang. Eines Abends im Juli 2019 fand ihn ein junges Ehepaar, wie er hungernd und frierend in einem Versteck kauerte. Die Eheleute waren evangelikale Christen. Sie nahmen ihn in ihr Haus auf, gaben ihm zu Essen, und er konnte sich duschen. Von nun an nahm er auch regelmäßig an den Gottesdiensten teil und wurde liebevoll wie ein Bruder behandelt. Da das Ehepaar ihn aber nicht länger bei sich wohnen lassen konnte, mietete der Bruder für ihn eine Ein-Zimmer-Wohnung an, die er selbst bezahlte. Er vermittelte ihm auch einen Job als Wärter für eine staatliche Gesundheitsbehörde, aber unter der Bedingung, dass er seine Schulden bei ihm nach und nach zurückzahlen müsse. Doch am 26.11.2019 wurde er in das Büro der Gebäudeverwaltung gerufen und man gab ihm eine Kündigung, da sich angeblich Besucher über ihn beschwert hätten, dass er unfreundlich gewesen sei.

Nun war er wieder arbeitslos und hatte Angst, dass er demnächst auch noch seine Wohnung wieder verlieren könnte, da er seine Schulden nicht bezahlen kann. Er traue sich schon gar nicht mehr, zur Gemeinde zu gehen, weil der Bruder dann erfahren würde, dass er seine Arbeit wieder verloren habe. Ich ging mit José-Jesus hinaus und wir setzten uns auf eine Parkbank: „Weißt Du, José, Du hast mir jetzt zwei Stunden lang Deine ganze Lebensgeschichte erzählt, und ich hätte nie gedacht, dass sie so traurig ist. Was ich allerdings vermisst habe, war, dass Du auch mal etwas über Deine Beziehung zu Gott sagst“. – „Wie meinst Du das?“ fragte er. „Naja, Du weißt ja, dass wir Christen sind, und deshalb versuchen wir immer, Gott in all unseren Überlegungen mit einzubeziehen, d.h. zum Beispiel zu fragen: Warum hat Gott das zugelassen? Was will Gott mir damit sagen? Glaubst Du eigentlich an Gott?“ – Zögernd antwortete er: „Natürlich glaube ich an Gott. Ich bin schon von Kind an gläubig.“ – „Du meinst katholisch gläubig?“ – „Ja, aber ich bin heute eher evangelisch gläubig, habe aber auch mein eigenes Bibelverständnis. Z.B. glaube ich nicht an die Dreieinigkeit und auch nicht an den Sonntag.“ – „Wann hast Du Dich denn bekehrt?“ – „Das kann ich eigentlich gar nicht sagen, ich habe ja schon immer geglaubt.“ Dann versuchte ich ihm behutsam zu erklären, dass es beim Glauben nicht allein um den Glauben an Gott geht, und erst recht nicht um bestimmte Lehrauffassungen, sondern darum, dass man durch den Glauben an das, was der HErr Jesus auf Golgatha für uns getan hat, eine Wiedergeburt erfährt und von Gott ein neues Herz bekommt. Ich erzählte ihm dann von mir, wie ich mich mit 16 J. bekehrt hatte, aber wie ich mich mit 46 Jahren noch einmal bekehren musste, weil ich zwischenzeitlich auch 18 Jahre lang ungläubig war.

Schließlich fragte ich ihn, ob er eigentlich in der Bibel lese. Er sagte, dass er eine ganze Weile darin gelesen habe, aber dass er in der letzten Zeit nicht mehr darin lese. Ich fragte ihn, warum nicht. Plötzlich sagte er mit stockender Stimme: „Mein Verhältnis zu Gott hat sich zuletzt sehr verschlechtert… Ich kann einfach nicht mehr an die Liebe Gottes glauben, – nach all dem, was passiert ist… Ich muss auch ständig an meine Feinde denken und an das, was sie mir angetan haben.“ Auf einmal fing er sehr stark an zu Heulen und zu Schluchzen. Ich nahm ihn in den Arm und redete tröstend zu ihm, dass Gott all dies erlaubt habe, damit er sich zu ihm bekehre und fortan all seine Hilfe beim HErrn suche. Er schluchzte unentwegt weiter und so blieben wir eine ganze Weile bis er sich beruhigt hatte. Dann fragte ich ihn, ob er bereit sei, jetzt sein Leben dem HErrn zu übergeben, damit Gott ihm ein neues Herz schenke. Er war dazu bereit, und wir beteten gemeinsam. Er betete, dass der HErr Jesus ihm doch all seine Schuld vergebe, dass er all die Jahre selber gekämpft habe, anstatt auf Gott zu vertrauen, und dass der HErr ihm doch endlich einen Neubeginn schenken möge durch Seinen Heiligen Geist. Wir sagten „Amen“ und umarmten uns. Ich fragte ihn, ob ich ihm eine Bibel schenken dürfe (zum Glück hatte ich diesmal wenigstens eine Verschenkbibel dabei). Ich ging in die Wohnung und holte sie. Dann gab ich ihm mal eine ausreichende Geldspende für die nächste Woche und erklärte ihm, dass wir uns nächste Woche wiedersehen würden zur Bibelstunde.

Eine christliche Kommune in Cajamarca

Für die neue Woche hatten wir eine Reise ins Hochgebirge geplant, und zwar nach Cajamarka (gesprochen Cachamarca), einer Ortschaft in einem Andental in 2.750 m Höhe. Die Stadt erlangte im Jahr 1532 Bekanntheit, weil dort der Inkakönig Atahualpa und der Marquis Don Francisco Pizarro zum ersten Mal auf einander stießen. Durch einen Überraschungsangriff töteten die Spanier auf einen Schlag 3.000 Indianer und nahmen Atahualpa gefangen. Man bot ihm die Freiheit an, wenn er es schaffen würde, dass seine Leute einen Raum von etwa 50 qm (1,5 Wohnzimmer) bis an die Decke mit Gold und Silber füllen würden. Der Inkakönig erfüllte sein Versprechen, doch die Spanier ließen ihn dennoch nicht frei. Knapp ein halbes Jahr später im Jahr 1533 wurde er von den Spaniern mit der Garrotte erwürgt.

Die Umgebung von Cajamarca ist sehr fruchtbar, ein Ort wo buchstäblich Milch und Honig fließen in solchen Mengen, dass er berühmt geworden ist für seinen Käse. Am nächsten Morgen stand der Besuch bei einer christlichen Kooperative auf dem Programm. Strenggläubige Christen hatten dort in der Nähe vor 35 Jahren ein Dorf nach dem Muster der Urgemeinde gegründet namens Porcón. Später eröffneten sie noch einen Zoo mit Wildtieren aus Peru, die dort in ihrem natürlichen Habitat leben. Als ich dies hörte, war ich natürlich sehr neugierig, weniger auf die Tiere als auf die Glaubensgeschwister. Nach 1,5 Stunden fuhr unser Kleinbus durch ein Tor in einen Wald hinein, in welchem alle 50 m ein großer Bibelvers auf etwa 1 qm großen Plakaten hing. Von einer Anhöhe aus konnte man dann die hügelige Landschaft sehen voll mit Tannen, die es hier in Peru eigentlich gar nicht gibt (im Gebirge gibt es nur Eukalyptusbäume). Der Touristenführer Miguel erklärte uns, dass dieses Grundstück von 12.000 ha ursprünglich vor 35 Jahren eine baumlose Ödnis war, die mit Hilfe von Spendengeldern aufgeforstet wurde, indem man 13 Millionen Nadelholz-Setzlinge einpflanzte, die aus Chile und Kanada geliefert wurden. Heute verdiene die Kooperative mit der Verarbeitung und dem Verkauf des Holzes, aber neuerdings auch durch den Tourismus.

Wir stiegen aus auf dem Dorfplatz, wo ebenfalls an jedem Haus Bibelverse hingen, meist aus den Psalmen, die z.T. ungewöhnlich und auch hochemotional waren, wie z.B.: „Nicht Menschen hast du belogen, sondern Gott“. Ich ahnte schon, dass die christliche Kommunität wohl auch sehr sittenstreng ist. Als nächstes fiel mir auf, dass die Bewohner alle Indios waren in ihrer traditionellen Tracht; ich sah keinen einzigen Weißen. Man sah Indiofrauen, die Kleider strickten bzw. aus einem Wollknäuel am Stab einen Wollfaden sponnen. Sie trugen ihre typisch indianische Kleidung, und in ihrem Laden verkauften sie Kunsthandwerk, das sie offensichtlich selber hergestellt hatten. Dann ging’s los; wir stiegen auf einen Hügel und sahen zunächst eine kleine Herde Vicuñas in unmittelbarer Nähe. Diese Lama-Art ist sehr selten, aber auch sehr scheu und zierlich. Ihr extrem weiches Fell gehört zu dem Teuersten, was es auf dem Textilmarkt zu kaufen gibt. In freier Natur bekommt man sie fast nie zu Gesicht. Dann gingen wir von einem Gehege zum nächsten und sahen Hirsche, einen Kondor, Rebhühner, Vicachas, Andenfüchse, Emus, jede Menge Greifvögel, Wildschweine, Löwen, Jaguars, Affen, Brillenbären und Papageien. Dann gingen wir zum Mittagessen in das dorfeigene Restaurant mit Blick auf die Küche, wo die Indiofrauen bei offenem Feuer das Essen zubereiteten. Es gab Alpakafleisch mit Reis und einem Maiskolben, aber ich hatte keinen Hunger, weshalb nur Ruth aß und mich probieren ließ. Ich wollte mehr über die Bruderschaft erfahren und sprach einen jungen Indio an. Er sei hier geboren und auch zur Schule gegangen, denn sie haben ihre eigene Grundschule und eine „Segundaria“. „Wie konnte sich die Kooperative eigentlich dieses riesige Grundstück leisten, da sie doch nur aus besitzlosen Landarbeitern bestand?“ wollte ich von ihm wissen. „Ursprünglich hatten es Amerikaner gekauft; aber dann wurde das Grundstück Anfang der 70er Jahre im Zuge der Bodenreform enteignet unter der Militärdiktatur von Präsident Velasco Alverado. Eine Gruppe von gläubigen Bauern unter Führung von Bruder Alejandro übernahmen dann das Grundstück, wurde aber später von Gläubigen aus den USA und Belgien unterstützt.“ – „Welcher christlichen Benennung gehört ihr an?“ fragte ich ihn. „Keiner. Wir sind einfach nur Christen und leben nach der Bibel“. – „Habt ihr Fernsehen?“ – „Die meisten nicht, aber es wäre nicht verboten.“ – „Und habt Ihr Internet?“ – „Ja natürlich.“ sagte er.

Als wir später wieder im Bus saßen, las ich in einem Heft näheres über die Entstehungsgeschichte von Granja Porcón: Ihr Gründer Alejandro Quispe Chilón (71) wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf dem Land auf und hatte auch nie eine Schule besucht. Zusammen mit seinem Bruder Felipe gründete er dort 1975 eine Landarbeiter-Kooperative und bekam zusammen mit anderen Kooperativen das 12.881 qm große Grundstück vom Staat überschrieben. Da sie jedoch kein Geld hatten und der Anbau von Gemüse viel zu wenig abwarf, lebten die Einheimischen zunächst weiter in bitterer Armut. Doch dann hatte Alejandro eine Vision: In Jes.41:19-20 las er: „Ich werde Zedern setzen in der Ödnis, … Zypressen, Tannen und Kiefern allzumal, damit sie sehen und erkennen und zu Herzen nehmen und verstehen, dass die Hand des HErrn dies gemacht hat, und der Heilige Israels es schuf“. Ausgehend von dieser Verheißung machte Alejandro in der Ratsversammlung der Kooperativen-Delegierten den Vorschlag, dass das hügelige Grundstück mit Tannen und Zedern aufgeforstet werden sollte. Die anderen Gesellschafter hielten ihn für verrückt und lehnten seinen Vorschlag ab. „Sollen wir etwa Holz essen?“ Er erwiderte: „Wir werden kein Holz essen, aber wir machen uns Essen mit dem Holz und verkaufen es weiter.“ Die Gesellschafter fragten skeptisch: „Wie viele Jahre werden wir warten müssen, bis die Bäume groß genug sind, um sie fällen zu können?“ Er sagte: „20 Jahre.“ Sie reagierten empört und sagten: „Wir brauchen heute etwas zu Essen und nicht erst in 20 Jahren!“ Daraufhin stiegen die allermeisten (im doppelten Sinne) „Ungläubigen“ aus diesem Projekt aus und zogen mit ihren Familien nach Lima in der trügerischen Hoffnung, dort Arbeit zu finden. Diejenigen aber, die Gott vertrauten, blieben zurück und ließen sich mithilfe ausländischer Bürgschaften und Kredite Baumsetzlinge liefern, so dass Granja Porcón heute die größte künstliche Bewaldung in Peru ist und weltweit zu den erfolgreichsten Entwicklungshilfe-Projekten zählt.

In Granja Porcón leben derzeit ca. 1.200 Christen. Niemand besitzt ein eigenes Grundstück mit Haus, sondern alles gehört allen. Die Männer arbeiten zusammen auf den Feldern und in der Forstwirtschaft, während die Frauen sich gemeinsam um die häuslichen Arbeiten und die Auferziehung der Kinder kümmern. Auf 400 ha leben etwa 700 Kühe, Schafe und Lamas. Sie haben ein eigenes Sägewerk und stellen selber Möbel her. Zudem haben sie Becken, wo sie Forellen züchten und auch eine Imkerei. Sie leben also nahezu autark, was in der bevorstehenden Drangsalszeit sehr nützlich sein würde. Ich hatte den jungen Mann gefragt, ob auch eine ausländische Familie aufgenommen werden könnte. Er sagte: „Selbstverständlich, denn wir haben in unseren Statuten nur die Bedingung, dass man gläubig sein muss, ansonsten zählen weder Rasse noch Hautfarbe oder Sprache. Allerdings kann sich hier niemand ein Grundstück kaufen, sondern muss mit dem Prinzip der Gütergemeinschaft einverstanden sein.“ Na, das hört sich doch gut an!

Gesund an Körper und Geist

In der Berglandschaft von Cajamarca gab es sehr viele Sehenswürdigkeiten, z.B. Höhlen mit Petroglyphen aus der Prä-Inka-Zeit und auch jede Menge Aquädukte (Wasserkanäle), die schnurgerade in den Felsen gemeißelt waren wie bei den alten Römern. Nachdem wir eine ganze Woche lang Wanderungen in der Natur gemacht hatten, gingen wir am Samstag mal aus Neugier in eine Gemeinde der Siebenten-Tags-Adventisten. Um 9:30 Uhr begann dort zunächst die sog. „Sabbatschule“, bei welcher sich die Gläubigen in mehreren Stuhlkreisen zusammensetzen, um über die täglichen Lektionen aus einem Sabbatschulheft zu sprechen. Thema war diesmal Nehemia 13. Ein älteres Ehepaar bat uns jedoch, dass wir uns als Gäste einmal kurz vorstellen sollten. Als sie erfuhren, dass wir aus Deutschland kamen, sagten sie, dass sie ebenso aus Deutschland seien und gerade zu Besuch wären bei ihrer Tochter, die mit ihrem peruanischen Ehemann in Cajamarca wohne. Nach der Bibelstunde wurden die Stühle wieder in Reihen zurechtgerückt, und der eigentliche Gottesdienst begann. Nachdem wir ein paar Lieder gesungen und gebetet hatten, kündigte der Pastor die Taufe eines 11-jährigen Mädchens an. Dabei musste das Mädchen vor der Gemeinde mehrere Fragen des Pastors mit den Worten: „Ich verspreche es!“ beantworten, was mich sehr stark an den Alten Bund erinnerte in 2.Mo.19, wo das Volk dem Mose ebenso ein Versprechen ablegte, dass sie eigentlich gar nicht zu halten imstande waren. Ist ein 11-jähriges Mädchen eigentlich überhaupt schon mündig bzw. „geschäftstüchtig“, um in einen Bund mit Gott einzutreten? fragte ich mich. Na ja…

Irgendwie konnte ich es nicht für einen Zufall halten, hier im peruanischen Hochgebirge Deutsche anzutreffen, denn man sah in dieser Region so gut wie nie Weiße. Ihnen aber ging es wohl genauso, weshalb uns das Ehepaar beim Hinausgehen ansprach, ob wir noch etwas Zeit hätten; wir setzten uns zunächst noch einmal hin und unterhielten uns. Roland und Delmira kamen aus Bad Fallingbostel und waren so wie wir erst seit zwei Wochen in Peru. Sie luden uns ein zu einem gemeinsamen Mittagessen bei ihrer Tochter, die in der Nähe des Flughafens wohne. Wir bedankten uns für das Angebot und nahmen es gerne an. Dass wir keine Adventisten sind, schien sie nicht zu stören, und ich vermied es, mit ihnen über den Sabbat zu diskutieren. Stattdessen kamen wir irgendwie auf das Thema Abendmahl, und Roland hielt einen ausführlichen Vortrag darüber, dass der HErr Jesus unmöglich „vergorenen Wein“ verwendet haben konnte, sondern nur unvergorenen Traubensaft, den er gemäß Joh. 2 als „guten Wein“ bezeichnete. Warum die Pharisäer den HErrn Jesus als „Trinker“ beschimpften oder die Korinther beim Abendmahl „betrunken“ waren, konnte er mir nicht erklären; stattdessen wusste er aber, wie man Traubensaft in der Hitze des Orients haltbar machen könne, und zwar indem man ihn luftdicht verschloss. Das hatte meine Frau übrigens auch mal gemacht, als sie fürs Abendmahl im Spanischkreis selbstgemachten Traubensaft mitbrachte; aber als ich die Flasche öffnete, spritzte der halbe Flascheninhalt sofort an die Decke. Da ich ihm aber nicht widersprechen wollte, behielt ich diese Erfahrung für mich.

Zum Mittag gab es zunächst einen Blattsalat mit Tomaten und Olivenöl und als Hauptgang einen Eintopf mit Gemüsesorten aus der Region. Vom Thema Alkohol kamen wir als nächstes auf das Thema Tabletten bzw. Medizin im Allgemeinen, und da erklärte Roland, dass er ein Arzt im Ruhestand sei. Diese Gelegenheit wollte ich nutzen, um ihn mal zu den Themen Bluttransfusion, Organspende und Impfen zu befragen. Zum Glück sah er es genauso wie ich, dass uns diese medizinischen Möglichkeiten von der Schrift her nicht untersagt sind, zweifelte jedoch, ob Impfstoffe oder Bluttransfusionen wirklich immer den Nutzen bringen würden, den man von ihnen erhoffe, sondern sah vor allem die Gefahr des Missbrauchs durch Profitgier. Dann kamen wir auf die rheumaähnliche Erkrankung meiner Frau zu sprechen. Er erklärte uns, dass Studien ergeben hätten, dass Menschen aus dem afrikanischen und asiatischen Raum (zu dem auch jene der indigenen Rasse zählen, da sie ja über Alaska den amerikanischen Kontinent bevölkert haben) keine Milchprodukte vertragen würden, da sie auf diese meist empfindlich mit entzündlichen Erkrankungen reagieren würden wie Rheuma oder Gicht. Überhaupt sei Milch normalerweise nur für den sofortigen Konsum bestimmt und ursprünglich bei einer gesunden Kuh auch nur in geringen Mengen verfügbar (4-5 Liter/Tag), während die Kuh ihr Kalb stillt. Die heutigen Kühe sind jedoch so hochgezüchtet, dass sie Jahr für Jahr bis zu 40 Liter Milch am Tag produzieren müssen.

Um das Wachstum von Nutztieren zur Schlachtreife zu beschleunigen, gibt man den Tieren vier verschiedene Antibiotika, die die selbstregulierende Wirkung von Darmbakterien unterbinden sollen, so dass die Tiere schnell dick werden. Diese Antibiotika nehmen wir aber durch den Fleisch- und Fischkonsum in uns auf, so dass sie auch bei uns das Übergewicht fördern und damit auch all die bekannten Zivilisationskrankheiten. Selbst wenn wir also von der Bibel her alles essen dürften, sei durch die moderne Massentierhaltung inzwischen fraglich geworden, ob Fleisch und Milchprodukte überhaupt noch „nützlich“ seien für den Körper. Die vegane Ernährung würde bei Schmerzpatienten wie Ruth zwar nicht zur völligen Heilung führen, aber sie würde die Krankheitsschübe ähnlich wie bei MS-Kranken deutlich reduzieren und den degenerativen Prozess der Erkrankung zum Erliegen bringen. Das hörte sich alles sehr überzeugend an, und wir beschlossen in dem Moment, dass wir von nun an zusammen eine vegane Ernährung anstreben möchte – nicht nur zum Schutz der Tiere, sondern auch zur Gesundmachung und Gesunderhaltung. Der HErr hatte also dieses Ehepaar dazu benutzt, um Ruth und mir hierin die Augen zu öffnen.

„Wirst Du zu 100 % errettet sein, wenn Du heute Nacht stirbst?“

Als wir wieder zurück in Lima waren, kam mein Schwager Walter zu Besuch, der eigentlich Ruth sprechen wollte wegen einer fehlerhaften Stromabrechnung. Ich bot ihm ein Glas Lúcuma-Saft an und wir unterhielten uns eine Weile. Ich fragte ihn: „Sag mal Walter, die Freundin, die Dich am Sonntag begleitet hatte, um uns vom Flughafen abzuholen – ist das nur so eine Bekanntschaft oder bist Du mit ihr auch intim?“ – Er antwortete freimütig: „Ja, ich schlafe mit ihr auch gelegentlich, ist doch klar!“ – „Aber Du weißt, dass das Sünde ist, denn Ihr seid nicht verheiratet miteinander“. Er entgegnete: „Aber das ist doch ganz normal und jeder andere Mann würde das doch auch tun!“ – „Aber Du bekennst doch, Christ zu sein. Dann bist Du umso mehr verpflichtet, die Gebote Gottes einzuhalten. Die Bibel nennt das Hurerei was Ihr tut, und die Hurer kommen nicht in das Reich Gottes!“ – „Im Grunde hast Du ja recht, Simon, aber wenn Gott so streng wäre, dann würde am Ende doch sowieso keiner gerettet werden, denn fast alle Männer haben schon Hurerei getrieben.“ – „Also ich bin jungfräulich in die Ehe gegangen und habe meine Frau auch noch nie betrogen.“ – „Ja, das mag ja sein; vielleicht gibt es 5 % aller Männer, die das noch nicht getan haben.“ – „Das Problem ist, dass Du das Wort Gottes nicht ernst nimmst. Aber ich sage Dir, dass Du verloren gehen wirst, wenn Du nicht Buße tust und damit aufhörst.“ – „Ich habe auch vor, damit aufzuhören.“ – „Aber noch nicht sofort? Stell Dir mal vor, Du hast morgen einen Herzinfarkt und stehst dann vor dem HErrn Jesus. Was wirst Du Ihm dann sagen wollen, wenn Er dich fragt, warum Du nicht umgekehrt bist von dieser Sünde?“ Walter sagte nichts. Da lud ich ihn ein, am Abend an unserer Bibelstunde teilzunehmen.

Ruth hatte die Idee, auch mal unseren direkten Nachbarn Antonio zur Bibelstunde einzuladen, mit dem sie früher zur Jugendstunde ging. Er war damals noch gläubig, ging aber dann in die Welt zurück und wurde zum Hurer und Alkoholiker. Sie fragte ihn und er sagte prompt zu. Wir beteten und Ruth bot allen belegte Brötchen an und ein Glas Limonade sowie eine Tasse Fencheltee. Dann predigte ich an Hand von Psalm 50 über das Gericht, das am Hause Gottes anfange und über die Notwendigkeit, Gott zu fürchten und Ihm dankbar zu sein, denn Gottes Zorn wird sich ja gerade über jene ergießen, die sich für schlauer hielten und keine Notwendigkeit zur Buße und Umkehr sahen. Als wir dann zum Schluss kamen, sagte ich zu Walter und Antonio: „Ich freue mich, dass Ihr heute mal bereit wart, dabei zu sein, und ich möchte die Gelegenheit nutzen, um Euch einmal ganz ehrlich zu bekennen, dass Ihr Euch noch einmal zurückbekehren müsst zum HErrn, denn Ihr wisst, dass Ihr schon seit Jahren nicht mehr dem HErrn folgt. Wenn Ihr nicht umkehrt, dann werdet Ihr verloren gehen, denn Hurer und laue Christen wie Ihr werden nicht in das Reich Gottes eingehen, sagt die Heilige Schrift. Deshalb flehe ich Euch an, zum HErrn zurückzukehren, denn dies ist vielleicht die letzte Chance für Euch. Wenn Ihr morgen sterbt, dann müsst Ihr Euch 100 % sicher sein, dass Ihr dann beim HErrn seid…“ Ruth kniff mir in diesem Moment heimlich in die Seite, so als wollte sie mir sagen, dass ich nicht so hart reden sollte. Ich ließ mich jedoch nicht beirren, sondern fragte Walter direkt:

Glaubst Du, dass Du mit 100 %-iger Sicherheit errettet sein wirst, wenn Du heute Nacht stirbst?“ Zu meiner Überraschung sagte Walter: „Nein, sondern ich bin mir eher sicher, dass ich nicht errettet werde.“ – „Aber wenn Du das weißt, warum kehrst Du dann nicht heute noch zum HErrn um und bittest ihn wie der verlorene Sohn um Vergebung?“ fragte ich. „Weil ich nicht zu den Berufenen zähle. Mein Vater wollte ja, dass ich in seine Fußstapfen trete als Evangelist, aber am Ende hat Gott nur meinen Bruder Israel errettet, aber nicht mich, weil ich treulos war. Es ist in der heutigen Welt so schwer, ein frommes Leben zu führen, wie Du es beschreibst. Solche Christen wie Du sind ja ganz selten. Ich habe einfach nicht diese Gabe so wie Du und diesen Eifer. Ich kann das nicht und eigne mich nicht dafür. Aber ich hoffe, dass Gott mich trotzdem annimmt…“ – „Aber wir können ohnehin aus uns selbst nichts tun; wir sind von Gott abhängig. Aber genau darum geht es ja, dass wir uns von Gott verändern lassen,“ sagte ich. „Wir müssen einfach nur Gott gehorchen, so wie Schüler dem Lehrer gehorchen. Den Lernerfolg können wir ganz getrost Gott überlassen; wir dürfen nur nicht die Schule Gottes schwänzen, so wie Du es jetzt all die Jahre getan hast. Der HErr berücksichtigt auch, wenn wir irgendwelche geistigen oder charakterlichen Defizite haben. Es geht ja nicht darum, viel zu wissen, sondern darum, dass wir das Gelernte anwenden und umsetzen. Deine Mutter Lucila z.B. hatte nur eine sehr begrenzte Intelligenz, aber sie hat immer getan, was sie vermochte. Wem wenig gegeben ist, von dem verlangt der HErr auch nicht mehr, aber wir dürfen uns nicht dahinter verstecken, dass wir nicht genug begabt seien, um dann am Ende wie der faule Knecht mit leeren Händen da zustehen.“

Dann wand ich mich an Antonio und fragte ihn: „Und wie ist es mit Dir, Antonio? Ich habe gehört, dass Du mal einen guten Anfang genommen hattest mit dem HErrn, aber dann vom Wege abgekommen und wieder in die Welt gegangen bist. Heute ist die Gelegenheit, dass auch Du wieder zurückkehren kannst zum HErrn, indem auch Du Ihn im Gebet um Vergebung bittest und noch einmal ganz neu anfängst. Was meinst Du?“ Er sagte mit unterwürfiger Stimme: „Ja, es ist wahr, dass ich mich vom HErrn entfernt habe. Aber ich habe nie aufgehört, an Ihn zu denken...“ Dann hat er noch vieles weitere gesagt, aber ich habe ihn nicht gut verstanden, weil er sehr genuschelt hat. Ich schlug dann vor, gemeinsam zu beten, und dass jeder sich beteiligen möge, wenn er will. Als dann die Runde an Walter kam, betete er: „Gesegneter Vater, ich bitte Dich, dass Du mir meine Sünden vergibst, dass ich nicht dem HErrn Jesus gefolgt bin in den letzten Jahren. Ich bitte Dich, dass Du mich rettest, dass ich eines Tages auch in Dein himmlisches Reich komme. Bitte helfe mir, dass ich von jetzt an, Dir gehorche und Deinen Willen tu. Amen“. Nun betete Antonio und sagte: „Himmlischer Vater, auch ich bitte Dich, dass Du mich erneuern mögest, und dass … (unverständlich) … Amen“. Was für eine Freude, dass die beiden an diesem Abend Buße taten und ihren Wunsch äußerten, zum HErrn umzukehren! Möge der HErr in ihnen wirken, dass es doch nicht nur bei diesem Lippenbekenntnis bleiben möge, sondern auch noch echte Frucht entstehe! Wir standen auf und umarmten uns.

Das Schreien der Elenden vergisst Gott nicht  (Psalm 9:12)

Am nächsten Tag ging ich wieder in die Innenstadt von Lima. Da sah ich einen ärmlich gekleideten Venezolaner, den man sofort an seinen weichen Gesichtszügen erkannte. „Erlaubst Du mir, dass ich Dir ein wenig aus dem Wort Gottes erzählen darf?“ – „Ja, warum nicht.“ – „Weißt Du, was das Evangelium ist?“ – „Nein.“ sagte er. Dann erklärte ich ihm den Heilsplan Gottes und die Notwendigkeit einer persönlichen Gemeinschaft mit dem HErrn Jesus. Dann fragte ich ihn, ob er mal etwas von sich erzählen wolle, welche Erfahrung er bisher mit Gott gemacht habe. Juan-Carlos (26) kam vor einem Jahr nach Peru und hatte mittlerweile auch einen kleinen Aushilfsjob gefunden, durch den er sich über Wasser halten kann. Er fühlte sich jedoch sehr einsam, da er in Peru niemanden kenne und seine Familie noch in Venezuela blieb. „Juan-Carlos, ich glaube, dass es kein Zufall ist, dass ich Dich angesprochen habe, sondern ich soll Dir vom HErrn ausrichten, dass Er Dich retten will. Möchtest Du das?“ – Er zögerte und war sehr verunsichert. Mit leiser Stimme sagte er: „Ja“. Wir beteten gemeinsam, und er bekannte seine Schuld vor Gott und seine Bereitschaft, den HErrn Jesus aufzunehmen. Ich beglückwünschte ihn zu seiner Entscheidung, lud ihn zu unserer Bibelstunde ein und tauschte noch mit ihm unsere Adressen und Telefonnummern aus.

Dann stand ich auf und ging weiter über den Platz, wobei ich Ausschau hielt nach Personen, die möglichst tatenlos auf den Bänken saßen, um sie anzusprechen. Da sah ich einen anderen traurig an einer Wand gelehnt stehen. Ich fragte ihn: „Was hältst Du davon, wenn wir uns mal hinsetzen, um miteinander zu reden?“ Statt Verwunderung spürte ich eher eine Art Erleichterung bei ihm über meinen Vorschlag und wir setzten uns. Ich wiederholte noch einmal, warum der HErr Jesus in die Welt gekommen sei und warum jeder Mensch umkehren müsse von seinem bisherigen Weg. Dann bot ich ihm an, doch mal etwas von sich zu erzählen. Mario sagte mit leiser Stimme: „Mein Leben ist bisher ein einziges Desaster gewesen. Im Grunde begann mein ganzes Elend, als ich aus dem Gefängnis kam…“ Ich unterbrach ihn: „Vielleicht solltest Du noch etwas früher beginnen. Wieso warst Du denn im Gefängnis?“ – „Na, wegen Raub. Ich war 7 Jahre im Gefängnis. Aber danach habe ich nichts mehr verbrochen“. Dann berichtete er mir, wie er versehentlich von einem Haus runterfiel und sich dadurch einen komplizierten Trümmerbruch am rechten Arm zuzog, durch welchen er nur eingeschränkt arbeiten kann. Da er nicht genug Geld nach Hause brachte, habe der Vater ihn aus dem Haus geworfen, so dass er seit einem Jahr auf der Straße lebe. „Ich bin völlig verzweifelt, weil ich kaum zu Essen habe und Angst habe, krank zu werden, weil ich mir keinen Arzt leisten kann. Ich bin ja bereit, jede Arbeit zu machen, wenn ich nur etwas Geld bekäme, um zu leben…“

Ich erzählte Mario die Geschichte vom barmherzigen Samariter, dass dies der HErr Jesus sei, der gerade solchen Menschen aus der Not helfen will, die sich als „halbtot“ erkannt haben, um sie von ihren Sünden zu heilen und in eine Herberge zu bringen. „Der HErr Jesus hat schon alles für Dich getan. Auch an Dich hat Er vor 2000 Jahren gedacht, als Er am Kreuz für Dich starb und Dir damit ein Geschenk gemacht, das Du nur noch willig in Empfang nehmen musst durch den Glauben. Willst Du errettet werden?“ – „Ja. Was muss ich tun?“ – „Bekenne dem HErrn Deine Sünden und bitte Ihn um Gnade und Vergebung, dann wirst Du gerettet.“ Ich fing an zu beten und gab ihm danach ein Zeichen. Dann betete er, allerdings so leise, dass ich fast nichts verstand. Ich sah jedoch, dass Tränen aus seinem Gesicht auf die Erde tropften. Dann umarmte ich ihn und hieß ihn in der Familie Gottes willkommen. Wir standen auf und spazierten etwas über den Platz (weil es dort, wo wir saßen, stark nach Urin roch). Ich erklärte ihm, dass ich bereit sei, ihm aus seiner Not zu helfen, soweit ich es vermag, aber dass er auch der Buße würdige Früchte bringen müsse. Dies hieße, dass er sich als nächstes taufen lassen und regelmäßig zu den Versammlungen kommen sollte. Wir würden ihm auch eine Bibel schenken, falls er sich keine leisten könne. Er sagte: „Selbstverständlich will ich all dies jetzt tun. Meine Frage wäre nur, ob Sie mir vielleicht etwas zu Essen geben könnten…“ – „Ja, kein Problem. Ich lade Dich ein, mit mir was zu essen. Und morgen Abend kommst Du zu unserem Hauskreis, einverstanden?“ Wir gingen in ein nahegelegenes China-Restaurant, und er bestellte für sich einen Arroz Chaufa (Reis-Teller mit kleinen Gemüse- und Fleischstücken) für ca. 2,- €.

Da ich noch etwas Zeit hatte bis Ruth kam, hörte ich einer Rede zu von einem dieser Kommunisten. Als dieser mich sah, erkannte er mich wieder und lud mich zu einer weiteren Debatte ein. Wie beim letzten Mal vereinbarten wir, dass jeder von uns nun jeweils immer 5 Minuten Zeit habe, um etwas ins Mikrophon zu sagen zu der Zuhörerschaft. Ich sollte anfangen und nahm das Mikrophon: „Liebe Leute, ich bedanke mich, dass ich diese Gelegenheit hier bekomme, über meinen christlichen Glauben zu sprechen. Was die politischen Ansichten meines Vorredners betrifft, so kann ich seine Wut über die Korruption der Politiker gut nachvollziehen. Diese Welt ist wirklich voller Ungerechtigkeit, und es wird Zeit, dass die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden. Aber in dieser Welt wird es nie eine vollkommene Gerechtigkeit geben können, weshalb Gott, der Schöpfer dieser Welt, einen Tag bestimmt hat, an dem Er alle Menschen gerecht richten wird, und zwar durch Seinen Sohn Jesus Christus. Gott will eine neue Welt schaffen, in der Gerechtigkeit wohnt. Aber dazu muss erst der Mensch selbst erneuert werden durch den Geist Gottes ...“

Nach 5 Minuten nahm Andrés das Mikrophon wieder in die Hand: „Die Natur lehrt uns, dass der Mensch für den Kommunismus geboren ist. Seht Euch die Sonne an: sie scheint für alle Menschen! Seht Euch die Natur an: sie bietet Nahrung für alle Menschen! Welche Farbe hat das Blut? Jawohl! es ist rot!“ Das Publikum lachte und klatschte. In dem Moment tippte mir Ruth von hinten auf den Rücken. Ich wandte mich zu den Veranstaltern und zeigte an, dass ich nun leider gehen müsse. Ich hörte ein großes Seufzen in der Menge, nahm Ruth an die Hand und ging weg ohne mich umzudrehen.

– Der Streit über die Erbsünde, die Vorbestimmung und der Freie Wille – Was lehrt die Bibel?

 

Wir, die wir zuvorbestimmt sind nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt nach dem Ratschluss Seines Willens“ (Eph. 1:11)

 

Kürzlich ist ein Streit ausgebrochen zwischen den beiden Bibellehrern Roger Liebi und Dirk Noll über die Frage der Auserwählung und des Freien Willens, zu dem ich im Folgenden Stellung nehmen möchte. Doch zunächst möchte ich betonen, dass ich in dieser Frage kein Experte bin, der schon einige hundert Abhandlungen zu diesem Thema gelesen hätte, die in den letzten 1900 Jahren bereits zu dieser Frage verfasst wurden. Tatsächlich bin ich bloß ein theologischer Laie bzw. Dilettant, der sich nur am Rande mit dieser Streitfrage befasst hat, da ich regelmäßig in der Bibel lese. Übrigens bedeutet das Wort „Dilettant“ nicht etwa – wie viele glauben – dass ich in völliger Unkenntnis des Sachverhalts einfach nur mal meinen Senf dazu geben will nach dem Motto „Es ist schon alles gesagt, nur eben noch nicht von allen“ (Karl Valentin), sondern dass ich aus Liebe zum Wort Gottes Freude daran habe, mich mit biblischen Themen zu beschäftigen (von ital. „dilettare“ = sich erfreuen, Spaß haben an etwas, vergl. engl. „to delight“ = sich ergötzen). Es ist also in Wirklichkeit keine Schande, ein Dilettant zu sein.

Was bedeutet „Erbsünde“?

Da es sich hier um einen rein theologischen Begriff handelt, der nicht in der Bibel vorkommt, gibt es unterschiedliche Definitionen des Wortes, die sich mit der Bibel weder belegen noch widerlegen lassen. Der Kirchenvater Augustinus (354 – 430 n.Chr.) lehrte, dass in Adam alle Menschen zu Sündern wurden von Geburt an, obwohl in Röm.5:12 lediglich gesagt wird, dass durch Adam die Sünde in die Welt hineinkam, „WEIL alle gesündigt haben“. Sein Zeitgenosse Pelagius (354 – 418) vertrat indessen die These, dass der Mensch nicht von Natur aus böse und unfähig sei zum Guten, sondern dass er erst durch seinen freien Willen zum Sünder werde. Er kritisierte Augustinus, der in seinen Augen Gott zum Urheber des Bösen mache, da Er den Menschen für etwas verurteilen würde, was angeblich in seiner Natur angelegt und unvermeidlich wäre. Stattdessen betonte Pelagius, dass der Mensch nach dem Ebenbild Gottes geschaffen sei und daher auch für seine Fehlentscheidungen von Gott zur Rechenschaft gezogen werden könne. Augustinus hingegen betonte, dass Gott allein den Willen des Menschen beherrsche und Er nach Seinem Belieben ihn begnadigen oder verwerfen könne, indem Er ihn seiner natürlichen Bosheit überließe.

Aus biblischer Sicht lässt es sich wohl kaum leugnen, dass der Mensch durch seine Lüste von Geburt an zur Sünde befähigt wurde, so wie David schreibt: „Siehe, in Ungerechtigkeit bin ich geboren, und in Sünde hat mich empfangen meine Mutter“ (Ps.51:5). Trotzdem rechnet Gott dem Menschen die Sünde nicht als Schuld zu, solange er sich dieser gar nicht bewusst ist (Joh.9:41, Röm.5:13). Deshalb sagt Gott in 1.Mo.8:21, dass das „Dichten des menschlichen Herzens böse ist von seiner Jugend an“. Deshalb gibt es auch in der Gesetzgebung eine Strafmündigkeit erst ab dem 14. Lebensjahr (§19 StGB), weil man davon ausgeht, dass ein Kind zwar schon Straftaten begehen kann, aber erst als Jugendlicher ein Bewusstsein für dessen Folgen entwickelt hat (vergl. Röm.7:9-10). Der „Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen“ steht symbolisch für das Gesetz Gottes, weshalb Adam und Eva plötzlich ihre Blöße vor Gott erkannten. Pelagius irrte jedoch, als er lehrte, dass der Mensch auch ein sündloses Leben führen könne, denn faktisch ist der natürliche Mensch dazu gar nicht in der Lage, was uns nicht nur das Wort Gottes sagt (Psalm 14 und 53), sondern unsere alltägliche Erfahrung (Pred.7:20). Aber auch Augustinus irrte, als er annahm, dass die Menschen schon von Geburt an vor Gott schuldig seien durch die Sünde Adams und dass Gott die Menschen nach Seiner Willkür zum ewigen Heil oder zur ewigen Verdammnis bestimmt habe (Prädestinationslehre). Denn zum einen wird Gott die Menschen nach ihren eigenen Werken richten (Offb.20:12), und zum anderen handelt Gott nicht willkürlich, sondern „nach Vorsatz“, d.h. nach klaren und fairen Regeln (Röm.9:11).

Was bedeutet „Vorherbestimmung“?

Die meisten Evangelikalen tun sich heute schwer mit dem Wort „Vorherbestimmung“ und meiden deshalb diesen Begriff, obwohl er mehrfach in der Bibel vorkommt (Apg.4:28, Röm.8:29-30, 1.Kor.2:7, Eph.1:5+11). Stattdessen wird lieber von einer „Entscheidung für Jesus“ gesprochen, die jedoch nirgends in der Bibel steht. Der Grund ist klar: Wenn der Mensch selbst sein Schicksal wählen kann, dann kann man Gott später dafür auch nicht verantwortlich machen, wenn der Sünder verloren geht, denn er hat ja selbst schuld daran, weil er zu Lebzeiten nicht das Heilsangebot in Christus angenommen hat. Diese Lehre vom freien Willen geht zurück auf den holländischen Theologen Jacob Hermann (1560–1609), der unter der latinisierten Form seines Namens Jacobus Arminius bekannt war und dessen Lehre deshalb auch Arminianismus genannt wurde. Im Unterschied zu Pelagius leugnete Arminius nicht die Verdorbenheit der menschlichen Natur, hielt den Menschen jedoch auch nicht für so verdorben, dass er nicht aus eigenen Stücken in der Lage wäre, das Heilsangebot Gottes anzunehmen oder abzulehnen. Die biblische Lehre von der Auserwählung Gottes integrierte er, indem er diese abhängig machte vom freien Willen der Menschen: Gott wusste in Seinem Vorherwissen, wer auf Seine Gnade mit Glauben antworten würde und erwählte diesen Menschen daraufhin. Im Gegensatz zu Augustinus betonte Arminius, dass das Heilsangebot für alle Menschen gelte, also prinzipiell alle gerettet werden könnten, wenn sie nur glauben wollen würden. Entsprechend hänge aber auch die Treue des Gläubigen von ihm selbst ab, so dass er später genauso gut wieder sein Heil verlieren könne, wenn er nicht im Glauben bleibe. Gott zwinge den Menschen also zu nichts, mache ihn aber für seine Entscheidungen voll umfänglich verantwortlich. Dadurch blieben Gottes Gerechtigkeit und Liebe gewahrt. Von einer echten Vorherbestimmung und Auserwählung Gottes kann aber nicht mehr die Rede sein, denn Gott wird dabei ja lediglich zum Erfüllungsgehilfen des Menschen, der sein Schicksal selbst in die Hand nimmt und sich sein Heil durch seine positive Entscheidung verdient. Im Gegensatz dazu stellt Paulus klar, dass unsere Errettung nicht von unserem Wollen und Mühen abhängt, sondern von Gott, der unseren Willen lenkt (Röm.9:16, Phil.2:13).

Wenn man den Abschnitt von Römer 9:11-23 unvoreingenommen liest, dann könnte man daraus folgern, dass Gott Seine Auserwählten dazu bestimmt hat, errettet zu werden und die Ungläubigen dazu bestimmt hat, verlorenzugehen. Entsprechend war diese doppelte Prädestinationslehre das logische Fazit von Johannes Calvin (1509 – 1564), der wie Luther allein die Gnade ohne eigene Werke vertrat. Wenn man jedoch den Zusammenhang beachtet, so bezieht sich Paulus nicht auf alle Menschen, sondern speziell auf seine „Verwandten nach dem Fleische, welche Israeliten sind“ (9:3). Zudem erwehrt sich Paulus hier gegen das unausgesprochene Argument, dass ein gerechter Gott dazu verpflichtet sei, alle gleich zu behandeln, indem Er entweder alle errettet oder niemanden. Und dann ist es zwingend nötig und unerlässlich, die ganzen drei Kapitel 9 bis 11 bis zum Ende zu lesen, weil sich Gottes Heilsplan an eine strenge Reihenfolge hält. Denn zum Schluss wird ja deutlich, dass am Ende der Zeit „ganz Israel errettet werden wird“, nachdem die „Vollzahl der Nationen eingegangen“ sein wird (V. 25). Der Ruhm von Gottes Souveränität besteht also darin, dass Gott „ALLE zusammen in dem Unglauben eingeschlossen hat, damit Er sich aller erbarme“ (V. 32).

Wer hat denn nun recht?

In diesem Sinne haben weder Calvin und Arminius recht: Die Calvinisten irren sich, indem sie Gott Willkür und Ungerechtigkeit unterstellen durch die Behauptung, dass Gott den Nicht-Auserwählten angeblich von vornherein die Möglichkeit nehmen würde, auch noch errettet zu werden. Dadurch machen sie Gott zum Lügner, wenn doch geschrieben steht, dass Gott „alle Menschen erretten will und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ sollen (1.Tim.2:4). Zugleich aber erklären sie die Gläubigen für unmündig und entheben sie aller Verantwortung, da sie ja angeblich die Gnade Gottes für unwiderstehlich halten und die Gläubigen ganz automatisch wie eine Märklin-Eisenbahn immer auf Gottes Gleisen rollen, ohne abbiegen zu können. Die Arminianer hingegen tun so, als würden sie völlig frei und souverän eine gute Wahl getroffen haben, so als ob sie sich beim Autokauf für das bessere Modell entschieden hätten. Denn der unbiblische Begriff „Entscheidung“ untertreibt völlig die Dramatik und absolute Gefahr, in welcher sich jeder Mensch befindet und degradiert die lebensnotwendige Rettung durch den HErrn Jesus zu einer plumpen Wahl zwischen mehreren Offerten, die völlig frei und ohne Druck getroffen werden könnten. Dabei verkennen sie die Worte des HErrn in Joh.15:16 „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern Ich habe euch auserwählt“, sowie in Joh.6:44 „Niemand kann zu Mir kommen, es sei denn, dass der Vater ihn ziehe“. Wenn ich meine Errettung meiner eigenen Entscheidung für Jesus verdanken würde, dann raube ich Gott den Ruhm, der Ihm allein gebührt.

Die Auflösung dieses scheinbaren Widerspruchs zwischen Vorherbestimmung und Freiem Willen ergibt sich in dem Moment, wo wir Gläubigen unsere Verstockung und Denkfaulheit aufgeben, indem wir endlich „an alles glauben, was die Propheten geredet haben“ (Luk.24:25): Gott will wirklich alle Menschen erretten und zur Erkenntnis der Wahrheit führen, – jedoch nicht alle in diesem Zeitalter! Nirgendwo in der Heiligen Schrift finden wir auch nur einen einzigen Hinweis, dass die Möglichkeit zur Buße und Bekehrung mit dem jetzigen Leben verfällt und damit auch Gottes Möglichkeit, einen Sünder zu begnadigen. Im Gegenteil: In Joh.5:24-25, 1.Petr.3:19 und 4:6 lesen wir, dass auch den Gestorbenen das Evangelium verkündigt wird, die zwar dann noch gerichtet werden müssen, weil sie nicht zu Lebzeiten geglaubt haben, aber dennoch errettet werden. Der HErr Jesus ist gestorben und auferstanden, „damit Er HErr werde sowohl über Gestorbene wie über Lebende“ (Röm.14:9). Nur jene, die den Antichristen annehmen bzw sich selbst nach dem Tod nicht bekehren wollen und folglich auch nicht ins Buch des Lebens eingeschrieben werden, müssen noch in den Feuersee geworfen werden, um durch Gottes unmittelbares Einwirken mit Feuer und Schwefel zur Buße gebracht zu werden. Bei Menschen ist eine solche Umkehr undenkbar, aber bei Gott sind alle Dinge möglich, wenn Er Sein Endziel erreichen wird, einmal „alles in allen“ zu sein (Mt.19:26, 1.Kor.15:28).

Dass bei Gott „kein Ansehen der Person“ ist (Röm.2:11, Eph.6:9, 1.Petr.1:17), bedeutet nicht, dass Er allen Menschen die gleichen Vorteile geben muss und niemanden bevorzugen darf, sondern dass Er all Seinen Geschöpfen die gleichen Grundrechte gibt, zu denen auch die Möglichkeit der Errettung zählt. Dies lässt sich sehr gut am Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg erkennen (Matth.20:1-16): Alle bekamen am Ende das Gleiche und Vereinbarte, aber nicht alle mussten dafür dieselben Mühen aufwenden. Grund dafür ist, weil Gott auch Faktoren berücksichtigt, die wir in unserem begrenzten Urteilsvermögen leicht übersehen. Der HErr sagt z.B.: „Wem viel gegeben ist, von dem wird auch viel verlangt werden“ (Luk.12:48). Ein Auserwählter Gottes ist ein Mensch, der von Anfang an die besseren Startvoraussetzungen hatte, um nicht nur gläubig zu werden, sondern auch das Potential hat, außergewöhnlich viel Frucht zu bringen. Das bedeutet aber nicht, dass er diese Vorteile nicht auch vergeuden kann und am Ende sogar sein Heil wieder verliert. Die Gläubigen in Matth.7:22 hatten das Vorrecht, vom HErrn besonders begabt zu sein, aber sie lebten heimlich auch als Gesetzlose, was der HErr sah und weshalb Er sie verleugnete, weil Er nichts mehr mit ihnen zu tun haben wollte (Vers 23). Ebenso aber gibt es viele Nicht-Auserwählte, die von Anfang an weniger Chancen hatten, gläubig zu werden, aber bei denen die Errettung überraschenderweise dennoch vor der Zeit gelang, was selbst sogar den HErrn Jesus immer wieder in Staunen versetzte (z.B. bei der kanaanitischen Frau in Mt.15:21-28). Die Worte des römischen Hauptmanns in Mt.8:8-10 waren für den HErrn so ungewöhnlich, dass Er sogar die gewagte These hinzufügte, dass am Ende mehr Benachteiligte am Tisch des HErrn sitzen würden als die ursprünglich berufenen „Söhne des Reiches“ (Mt.8:11-12).

Wer also „zum ewigen Leben verordnet“ ist und wer nicht (Apg.13:48), das kann sich jederzeit ändern, weil auch bei Gott die Zukunft nicht bis ins Letzte geplant, sondern z.T. offen ist. Unsere Fürbitte für alle Menschen ist nicht bloß ein formelles Ritual, das nichts bewirkt, sondern trägt einen enormen Anteil dazu bei, wie sehr die Errettung eines Menschen in der unsichtbaren Welt betrieben wird. Dabei stehen Gott und den Engeln viele Möglichkeiten zur Verfügung wie etwa Träume. Diese schenkt Gott aber nicht maximal zwei oder dreimal, sondern MINDESTENSzwei oder dreimal“ (Hiob 33:15-30), und zwar nicht aus Alibigründen, sondern weil Er wirklich jeden Menschen erretten will. Wenn dieses Vorhaben jedoch auch nach vielen Versuchen nicht gelingt, tut Er diesen Menschen erstmal beiseite (weshalb in Röm.1:26+28 nicht von einem „Dahingegeben“, sondern von einem „Beiseitegegeben“ griech. PARÄDOoKÄN die Rede ist). So war ja auch das alttestamentliche Volk Gottes zunächst „missraten in seiner Hand“ (Jer.18:4), weshalb Gott es für zwei Jahrtausende beiseite getan hat und sich erst am Ende der Tage wieder den Söhnen Israels annehmen wird (Hose 3:4-5, 6:2-3). Dass Gott schon Jahrhunderte zuvor mit Gewissheit die Errettung Israels beschließen und ankündigen kann, liegt daran, weil Er nicht auf das Einverständnis der Juden angewiesen ist, sondern die Errettung allein Sein Werk ist. Deshalb sagt Paulus: „Als es aber Gott, der mich von meiner Mutter Leibe an abgesondert und durch Seine Gnade berufen hat, gefiel, Seinen Sohn in mir zu offenbaren, …“ (Gal. 1:15-16). Die Bekehrung von Paulus ist eigentlich ein Musterbeispiel, um zu erkennen, dass nicht der Mensch eine Entscheidung trifft zum Heil, sondern Gott allein, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.

 

 

– „Such, wer da will, ein ander Ziel“ Teil 14

 

August 2019

Ist Arbeiten reine Zeitverschwendung?

Als wir Mitte August in meiner Firma Betriebsurlaub machten, hatte ich wieder Gelegenheit, zusammen mit meinem Auszubildenden und Glaubensbruder Simeon (22) für eine Woche eine Deutschland-Rundreise zu unternehmen, um verschiedene Brüder zu besuchen, die ich größtenteils noch nicht persönlich kannte, sondern nur über Facebook kennengelernt hatte. Nachdem wir morgens von Bremen aus losfuhren, war unsere erste Station in Witten bei Dortmund bei einem polnischen Bruder namens Marcel (34). Dieser war lange Zeit dem dänischen Charismatiker Torben Sondergaard gefolgt, hatte aber allmählich den Eindruck gewonnen, dass dieser ein Betrüger sei. Da seine Frau sich nun von ihm trennen wollte, geriet Marcel in große Not und bat mich um seelsorgerlichen Rat. Deshalb bot ihm an, dass wir uns auf der Durchreise auch mal kurz persönlich treffen könnten.

Als wir gegen Mittag in Witten ankamen, lud uns Marcel zum Essen nach McDonalds ein. Während des Essens fragte mich Marcel, warum ich auch Bekehrungen im Totenreich für möglich halte, wo doch die Toten eigentlich im Zustand der Bewusstlosigkeit sind. Ich erklärte ihm, dass es mindestens seit dem Jahr 585 v.Chr. geistige Aktivität im Scheol gäbe, als Hesekiel in Kap. 32:21+25 schrieb: „Es reden mit ihm die gewaltigen Helden mitten aus dem Scheol… die vom Schwert Durchbohrten… sie tragen ihre Schmach“. In Jes.14 hingegen sind 2.500 Jahre später jene Könige nicht mehr „in Schmach“, sondern „in Ehren, ein jeder in seinem Haus“, wenn der Satan zu ihnen hinabgestoßen wird. Diese Könige steigen bei der Ankunft Satans sogar von ihren Thronen auf, obgleich sie immer noch „kraftlos sind“ (Jes.14:9-11). Meine Vermutung war, dass diese Könige inzwischen durch die Verkündigung des Evangeliums im Totenreich Buße getan hatten, so dass sie zwar immer noch „gerichtet werden menschengemäß nach dem Fleische“, aber aufgrund ihrer Bekehrung zum HErrn Jesus gerettet sind (Joh.5:25, 1.Petr.4:6). Wer sich jedoch schon hier auf Erden bekehrt, „kommt nicht ins Gericht“ (Joh.5:24). „Aber sind mit den Toten aus Joh.5 nicht die geistig Toten gemeint?“ fragte Marcel. „Nein. Von geistig Toten spricht Paulus zwar auch mal an einer Stelle in Epheser 2, aber normalerweise sind immer die buchstäblich Gestorbenen gemeint.“ – „Aber sagt der HErr nicht, dass sie erst am Jüngsten Tag auferweckt werden? Wie können sie sich dann im Totenreich unterhalten, geschweige denn sich bekehren?“ – „Am Jüngsten Tag werden die Toten auferstehen, aber sie sind vorher schon lange bei Bewusstsein, wie man in der Geschichte vom reichen Mann und Lazarus sehen kann. Und letztlich haben ja auch die allermeisten Toten aus dem Alten Testament den HErrn Jesus angenommen, als Er ihnen nach Seiner Kreuzigung das Evangelium im Totenreich predigte“ (1.Petr.3:19). Marcel war über diese Auslegung sehr überrascht und bat mich, diese ihm noch einmal schriftlich und wenn möglich auf Englisch zuzusenden. Zum Abschied gab ich ihm noch drei meiner sieben Bücher, die ich gerade druckfrisch aus Rumänien erhalten hatte.

Wir fuhren dann weiter nach Dienstweiler (Rheinland-Pfalz) zu einem Bruder namens Hans-Joachim (64), den ich ebenfalls über Facebook kennengelernt hatte. Dieser hatte sich nach seinem Studium der Physik und der Philosophie entschieden, von seinen Ersparnissen zu leben. So verbrachte er viele Jahrzehnte als Lebenskünstler und Bohémien, indem er in seinem vererbten Haus sich tagtäglich seiner Leidenschaft des Schreibens philosophischer und gesellschaftskritischer Abhandlungen hingab. Durch seine kritische Auseinandersetzung mit dem Materialismus stieß Hans-Joachim vor vier Jahren auf den christlichen Glauben und bekehrte sich. Dann lernte er seine Frau Andrea kennen, die als Lyrikerin ihre Zeit damit verbrachte, Gedichte zu schreiben. Ich war etwas irritiert: „Das heißt, Du hast nach dem Ende Deines Studiums noch nie gearbeitet?“ – „Ich brauchte es zum Glück nicht, denn durch meinen sparsamen Lebenswandel konnte ich bis jetzt von meinem Erbe leben.“ – „Aber arbeiten tut man doch nicht nur, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, sondern auch um Kontakt zu anderen zu haben und das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun.“ – „Nein, das sehe ich nicht so. Das Arbeiten ist an sich reine Zeitvergeudung. Das Leben ist viel zu wertvoll, um es durch Arbeit zu verschwenden, – es sei denn, man ist auf das Geld angewiesen. Ich bin froh, dass mir solch ein Sklavendasein bisher erspart blieb, so dass ich mich ganz dem Lesen und Schreiben widmen konnte.“ – „Aber Gott will doch, dass wir sechs Tage arbeiten sollen, zumal Müßigkeit aller Laster Anfang ist. Und Paulus schreibt: ‚Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen‘. Du könntest ja das nicht benötigte Einkommen auch an Bedürftige spenden…“ Er überlegte: „Es ist ja nicht so, dass ich gar nicht arbeite. Zum Beispiel betreibe ich in meinem Garten als Hobby eine Bienenzucht.“ Daraufhin stand er auf und zeigte uns seine Bienenstöcke. Dabei erklärte er uns vieles, was man als Imker alles wissen muss. Nach dem Abendessen unterhielten wir uns noch lange über Fragen der Physik, der Evolutionstheorie und dem Kreationismus, bis wir dann gegen 23:30 Uhr zu Bett gingen.

Aussätzigen gibt man nicht die Hand

Am nächsten Morgen unterhielten wir uns nach dem Frühstück noch eine Weile und machten uns dann auf den Weg zu unserer Schwester Elisabeth (86) aus Sachsenheim (Baden-Württemberg), die uns zum Mittagessen eingeladen hatte. Als Rumäniendeutsche hat sie eine ganz außerordentliche Herzlichkeit und wir haben das gemeinsame Mittagessen sehr genossen. Nach einer gemeinsamen Gebetszeit sind wir dann weiter nach Stuttgart gefahren, wo am Nachmittag eine Großevangelisation der „Werde-Licht-Mission“ geplant war. Dort sollte ich auch meinen Freund und Glaubensbruder Eduard (28) wiedersehen, der dort mit seiner Gemeinde aus Soltau angereist kam. Da Eduard auch mal gerne jene Brüder kennenlernen wollte, mit denen ich in Kontakt stehe, aber zugleich auch an jener Evangelisation seiner Soltauer Gemeinde teilnehmen wollte, hatten wir geplant, dass er dann am Tag nach der Evangelisation mit uns mitfahren könne. Allerdings gab es erhebliche Spannungen, da die Soltauer mich ablehnten und mit mir nichts zu tun haben wollten, da ich nicht nur an 1.Tim.2:4 glaube, sondern auch an Jes.46:10. In ihren Augen war ich ein Irrlehrer, da ich mich nicht ihrer Lehre unterwerfen wollte, sondern mich in meinem Gewissen allein dem HErrn und Seinem Wort verpflichtet sah. Da sie mitbekommen hatten, dass Eduard mit mir befreundet war und mich regelmäßig besuchte, setzten sie ihn in letzter Zeit immer häufiger unter Druck, den Kontakt zu mir abzubrechen, was Eduard aber nicht wollte (vergl. 3.Joh.9-10).

Als wir ankamen, begrüßte ich zunächst einige mir bekannte Brüder, die ich auf der Veranstaltung sah, wie z.B. Alan Haufe, Joachim Krauß, Lothar Gassmann, Musa Bilgic und Josef Dražil. Dann ging ich mit Simeon die Fußgängerzone entlang und wir verteilten Traktate; wir hatten mehrere gute Gespräche, u.a. mit einem Italiener namens Enrico, der sich erst vor kurzem bekehrt hatte, aber voller Eifer war für den HErrn, nachdem er mehrere Wunder erleben durfte. Die meisten Passanten zeigten jedoch kein Interesse an der Botschaft Gottes, so wie ich es auch von Bremen kenne. Nach zwei Stunden gingen wir wieder zurück zum Schlossplatz, wo die Werde-Licht-Mission ihre Stände hatte und unterhielten uns noch eine Weile mit Brüdern. Zu meinem Bedauern stellte ich fest, dass auch vor der Bühne kaum ein Ungläubiger dabei war, sondern die Brüder unter sich blieben. Zum Schluss ging ich noch mal zu Eduard, um mich von ihm zu verabschieden. Er unterhielt sich gerade mit einem Bruder namens Eyub aus Soltau. Ich gab auch ihm die Hand, aber er sagte: „Simon, ich gebe Dir nicht die Hand, denn Du weißt, dass wir Dich als Irrlehrer betrachten und mit Dir keine Gemeinschaft haben wollen!“ Ich wünschte ihm trotzdem Gottes Segen, war jedoch tief betrübt in meiner Seele, weniger wegen mir als vielmehr wegen Eduard, weil ich mir schon vorstellen konnte, wie sie ihn heute noch bedrängen würden, nicht mit mir zu reisen.

Simeon und ich gingen zum Parkhaus und fuhren nach Leimen (bei Heidelberg), wo wir bei unserem Bruder Lukas (52) übernachten durften. Lukas ist wie ich Malermeister und hat sieben Kinder, die alle sehr mittelalterliche Namen haben, wie z.B. Huldreich, Leberecht, Heimtraut usw. Dem Lukas war vor zehn Jahren seine Frau weggelaufen und hatte ihn mit den sieben Kindern allein gelassen. Seither bemühte er sich, die Familie finanziell über Wasser zu halten. Da er in den Wintermonaten meist zu wenig Aufträge hatte, konnte er oftmals die Miete nicht pünktlich bezahlen. Nun aber hatte der Vermieter ihn gekündigt unter dem Vorwand des Eigenbedarfs. Da es für eine so große Familie aber schwierig ist, ein vergleichbar geeignetes Haus zu finden, gab man ihm vor Gericht eine Frist bis zum August 2020, um dann notfalls zwangsgeräumt zu werden. Wir versprachen ihm, seine prekäre Lage fortan gemeinsam im Gebet vor Gott zu bringen. Am Abend unterhielten wir uns über die Frage, ob der HErr Jesus nur der Sohn Gottes sei oder aber auch Gott selbst. Wegen Lukas´ Überzeugung, dass der Titel Gott nur für den Vater gelten dürfe, war auch er schon von vielen Brüdern und Gemeinden abgelehnt worden, obwohl auch er sich nur auf Bibelstellen stützte, wie z.B. Joh.17:3 und 1.Tim.2:5. Vor 25 Jahren lehnte mich Lukas noch ab, nur weil ich Kontakt mit Allversöhnern hatte; nun aber war er tolerant geworden, weil auch er inzwischen zu spüren bekam, wie das ist, wenn man wegen Erkenntnisunterschieden von anderen wie ein Aussätziger behandelt wird.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, sah ich auf meinem Handy eine Sprachnachricht, die Eduard mir um 0:48 Uhr geschickt hatte. Mit stockender Stimme teilte mir Eduard mit, dass man ihm die Pistole auf die Brust gelegt hatte: „Entweder Simon oder Deine Gemeinde“. Es ging ihnen diesmal aber nicht nur darum, dass Eduard nicht mit mir reisen sollte, sondern dass er den Kontakt zu mir endgültig abbrechen müsse, um weiter in die Gemeinde gehen zu dürfen. Schweren Herzens teilte mir Eduard nun mit, dass er von diesem Hin und Her müde sei und sich endgültig für seine Gemeinde entschieden hätte. Daraufhin schrieb ich ihm: „Natürlich kann ich Deine Entscheidung verstehen, und auch wenn ich glaube, dass sie falsch war, nehme ich sie aus der Hand des HErrn (Röm.8:28). Ich selbst bin Kummer gewohnt, und mir ist es nur um Dich leid, weil Du nicht aus freier Entscheidung Deinem Gewissen vor Gott folgen konntest, sondern von Leuten wie Diotrephes (3.Joh.1:9) dazu gezwungen wurdest. Dadurch aber hat diese Clique von Eyub die Gemeinde in Soltau zu einer Sekte gemacht, in der die Schafe einem Wolf folgen, der eigenmächtig darüber entscheiden darf, mit wem die Schafe Gemeinschaft pflegen dürfen und mit wem nicht. Die Frage, ob in Röm.11:32, Kor.15:22 oder Kol.1:20 mit dem Wort ‚alle‘ [mit Artikel, d.h. wörtl. ‚(absolut) alle‘] nur 1 % aller Geschöpfe gemeint sind oder wirklich ALLE, hat schon von Anbeginn der Gemeinde zu Diskussionen unter den Brüdern geführt, und in Zeiten, als die Gemeinde noch in einem gesunden Zustand war, wurde diese Frage noch in Brüderlichkeit und in gegenseitiger Wertschätzung für einander besprochen. Aber wegen der zunehmenden Gesetzlosigkeit unter Gottes Volk sind leider auch die Herzen der ansonsten Bibeltreuen derart erkaltet, dass man kein Interesse mehr hat, gemeinsam um die Wahrheit zu ringen (Matth.24:12).

Aber Laodizea hat vom HErrn keine Verheißung bekommen, noch zu bestehen, wenn der HErr wiederkommt; nur einzelne, die dem HErrn ihre Herzenstür aufgetan haben, indem sie Buße taten, werden zu jenen Überwindern gezählt, die einmal mit dem HErrn auf Seinem Thron mitsitzen dürfen. Dazu muss man aber bereit sein, die Schmach Christi außerhalb des Lagers zu tragen (Hebr.13:12). David versammelte sich mit 400 anderen Verstoßenen draußen in einer Höhle. Sein Bruder Jonathan aber wollte nicht auf die gemütliche Atmosphäre im Hause Sauls verzichten und kam dafür am Ende mit Saul zusammen um. Ich habe dich von Anfang an wie einen Sohn geliebt, aber mir ist klar, dass Du auch eine richtige Gemeinde haben musst. Deshalb will ich es Dir nicht unnötig schwer machen und Deine Entscheidung respektieren. Ich verzeihe Dir auch Deinen Wortbruch und werde Dir in meiner Liebe und im Gebet auch weiterhin treu bleiben. Der HErr richte zwischen mir und Eyub! Möge der HErr Dich beschützen und bewahren vor allem Bösen! Sei der treuen Fürsorge des HErrn anbefohlen! „Gehe hin in Frieden! Der HErr sei zwischen mir und dir …!“ (1.Sam.20:42). Simon

Am jenem Sonntag sind wir nach dem Frühstück zur russlanddeutschen Brüdergemeinde in Heidelberg gefahren, wo auch die Kinder von Lukas regelmäßig hingehen. Der Gottesdienst wurde diesmal ausschließlich von den Jugendlichen der Gemeinde gestaltet und stand ganz unter dem Motto „Wunder im Weltall“. Neben vielen interessanten Informationen zur Schöpfung Gottes wurde u.a. über das Leben des gläubigen Astronauten James Irwin (1930-1991) berichtet. Nach seiner Mondlandung 1971 wurde er Prediger und unternahm auch eine Expedition zum Berg Ararat, wo Noah mit der Arche landete. Rätselhaft bleibt, warum er trotz seines Glaubens auch Mitglied bei den Freimaurern war (33°!). Vielleicht aber war er das nur, um sie für Christus zu gewinnen (1.Kor.9:19-22). Insgesamt hat mir der Gottesdienst sehr gut gefallen und ich freute mich über die vielen Jugendlichen, dass sie schon in ihrer Kindheit das Wort Gottes eingepflanzt bekamen. Möge der HErr sie reichlich segnen und bewahren vor dem Bösen!

Ein kleiner Liebesdienst in Gersthofen

Nach dem Gottesdienst fuhren wir wieder zu Lukas, aßen dort zum Mittag und sprachen noch eine Weile über unsere Erlebnisse als Malermeister, insbesondere über meinen Zwillingsbruder Marcus, der mit Lukas schon seit Jahren aufs Engste befreundet ist. Dann beteten wir und machten uns auf den Weg nach Hechingen, wo wir schon erwartet wurden von meinem Freund und Bruder Hans-Udo (81) und seiner Frau Elsbeth. Wir aßen gemeinsam zu Abendbrot und gingen dann spazieren in der malerischen Landschaft am Fuße des Hohenzollern-Schlosses. Dabei unterhielten wir uns u.a. nochmal über die Trinitätslehre und die Ein-Gott-Lehre (mich selbst hat bisher weder die eine noch die andere Lehre sonderlich interessiert, da sie beide rein gar nichts mit unserer Verantwortung vor Gott zu tun haben). Nach einer weiteren Gebetsgemeinschaft ließ ich Hans-Udo noch ein paar meiner Bücher da zum Verschenken und machte mich mit Simeon spätabends auf den Weg nach Augsburg. Während wir uns auf dem Weg über Fragen der Heiligung unterhielten, blitzte es am Nachthimmel fortwährend, ohne dass es regnete. Erst als wir gegen 23.30 Uhr beim Bruder Harald (60) in Langweid am Lech ankamen, brach ein heftiges Gewitter mit Starkregen los, das die ganze Nacht andauerte.

Während des Frühstücks am nächsten Morgen erklärte mir Harald, dass eine arme Glaubensschwester namens Sabine (50) aus Gersthofen schon seit Wochen in ihrem Wohnzimmer schlafen muss, da die Wände in ihrem Schlafzimmer wegen Schimmelbefall dringend neu tapeziert werden müssten. Da wir beide Maler waren und Zeit mitbrachten, bat er uns, ihr kostenlos das Zimmer neu zu tapezieren und zu streichen, was wir auch gerne tun wollten. So fuhren wir zunächst zum Baumarkt und kauften die nötigen Materialien ein. Dann fuhren wir zu Schwester Sabine, die sich sehr freute über diese Hilfe, mit der sie gar nicht gerechnet hatte. Leider fehlte es uns an geeigneten Werkzeugen, so dass wir ständig improvisieren mussten. Zudem war es mit etwa 35 C unerträglich heiß im Dachbodenzimmer, so dass uns der Schweiß aus allen Poren drang. Da wir auch keine Malerkleidung dabeihatten, arbeiteten wir in Unterhose. Zum Mittag hatten wir dann aber den ganzen Raum fertig tapeziert mit Raufasertapete, und Sabine servierte uns ein leckeres Mittagessen (100 % vegetarisch). Dann ruhten wir uns kurz aus und strichen schließlich alles noch einmal mit weißer Wandfarbe, so dass das Zimmer am späten Nachmittag fertig wurde. Dann duschten wir uns, nahmen unser Gepäck und fuhren am Abend weiter nach München, wo uns Bruder Jonathan (28) und seine Frau Carolyn (31) erwarteten.

Seit dem letzten Besuch bei ihnen vor etwa einem Jahr hatte Schwester Carolyn über 50 kg abgenommen, so dass ich sie kaum wiedererkannte. Wir aßen gemeinsam Abendbrot und sprachen bis weit in die Nacht hinein über die heutige Gemeindesituation. Dabei kam der Wunsch auf, doch noch einmal all jene Geschwister, die sich nirgendwo mehr versammeln – da sie aufgrund von Lehrstreitigkeiten überall ausgeschlossen oder aber sich absondern mussten – einzuladen zu einer überkonfessionellen Bibel-Konferenz, wo jeder die Möglichkeit bekommt, seine Lehransichten in einem Vortrag darzulegen und biblisch zu begründen, damit dann anschließend ein offener Dialog stattfinden könne im Sinne von Mal.3:16. Ziel sollte es sein, dass man den andersdenkenden Bruder – wenn auch nicht überzeugt – wenigstens zu mehr Verständnis und Toleranz bewegen könnte, damit die Spaltungen unter Gottes Volk überwunden werden können. Jonathan und ich waren uns einig, dass sich auch sogar unter den Katholiken und Orthodoxen durchaus einige echte Geschwister befinden, die den Wunsch haben, biblische Fragen gemeinsam beantworten zu können. Es fehle eigentlich nur noch an einer Initiative wie in 2.Chr.30:1, dass man sämtliche Gläubigen in Deutschland so wie damals einlädt, um gemeinsam „Passah zu feiern“ im Sinne von 1.Kor.5, indem wir den Sauerteig aus unserem Leben verbannen und endlich das Haus Gottes wieder aufbauen, anstatt immer nur an unseren eigenen Häusern bzw. Gemeinden weiterzubauen (vergl. Haggai 1). Kein Wunder, dass sich in Deutschland kaum einer bekehrt, solange wir Gläubigen selbst auch noch nicht Buße getan haben wie in Esra 9, Nehemia 9, und Daniel 9!

Digitale Kastration

Eigentlich wollten wir mit Jonathan am nächsten Tag in München evangelisieren, aber da es mitten in der Woche war, musste er zur Arbeit. Da heute aber auch noch zwei Besuche in Nürnberg und Fürth anstanden, entschied ich mich, erstmal dort hinzufahren, um zu sehen, wieviel Zeit uns noch bliebe zum Missionieren. So fuhren wir als erste zu Bruder Norbert (73) nach Fürth. Da wir unseren Besuch jedoch nicht vorher angekündigt hatten, war leider niemand zu Haus, so dass wir weiter zu Bruder Johannes (51) fuhren, der jedoch ebenso nicht da war. Ich hinterließ den Brüdern jeweils eine Nachricht und meine drei Bücher als Geschenk und fuhr dann mit Simeon in die Nürnberger Innenstadt zum Predigen. Als wir das Parkhaus verlassen hatten, waren wir so sehr in ein Gespräch vertieft, dass wir auf der Suche nach der Fußgängerzone überhaupt nicht mehr auf den Weg achteten. Als wir dann endlich ankamen, verteilten wir zunächst Traktate auf der Karolinenstraße. Als ich dann bei der Lorenzkirche predigen wollte, war Simeon nicht da und ging auch nicht ans Handy. Plötzlich fiel mir auf, dass wir überhaupt nicht auf den Weg geachtet hatten und ich stellte zugleich fest, dass mein Smartphone nur noch 6 % Akkuladung hatte. In welchem Parkhaus hatte ich unser Auto geparkt? Ich Dussel hatte vor lauter Zerstreutheit auch noch den Parkschein im Auto liegen lassen! Viele Gedanken schossen mir durch den Kopf: Was ist, wenn mein Mobilphone gleich ausgeht? Was ist, wenn Simeon mich nicht findet, zumal er telefonisch auch nicht erreichbar war? Wie konnten wir unter all den vielen Parkhäusern der Innenstadt erkennen, welches das unsrige ist? Wir könnten den ganzen Nachmittag mit Suchen verbringen! Doch dann erinnerte ich mich an die Verheißung in Ps.55:23 „Wirf dein Anliegen auf den HErrn, und Er wird für dich sorgen“. Ich betete also und bat den HErrn um Hilfe und Weisheit, was ich jetzt machen solle.

Getrost und voller Zuversicht schaute ich noch mal auf den Stadtplan in meinem Smartphone. Die Akku-Leistung war inzwischen auf 3 % gesunken. Ich versuchte, den Weg zu rekonstruieren und entdeckte ein Parkhaus in der Schustergasse, das in Frage kam. Ich versuchte mir den Weg zu merken, was nicht so leicht war, da wir weit entfernt waren. Der Akku ging auf 2 % runter. Da das Internet viel Akkuleistung schluckt, machte ich Fotos vom Stadtplan, um das Mobilphone offline nutzen zu können. Dann ging ich die Fußgängerzone hinunter im stillen Gebet, als ich auf einmal Simeon erblickte, der Traktate verteilte. Er sagte, dass er mich auch schon suchte und sein Handy im Auto liegen gelassen hatte. Ich ließ mir meine Anspannung nicht anmerken und bat ihn nur, ab jetzt zusammen zu bleiben. Auf dem Hefnersplatz begann ich zu predigen, weil dort viele Leute draußen an Tischen saßen und dadurch Zeit zum Zuhören hatten. Dann gingen wir ein Stück weiter und ich las laut die Bergpredigt in Mt.5-7 vor, wobei mir einige interessiert zuhörten. Dann begann es zu nieseln, so dass wir uns auf den Rückweg machten. Doch dann sprach Simeon einen jungen Passanten an und gab ihm ein Traktat. Die beiden unterhielten sich eine ganze Weile, während ich in einiger Entfernung mit meinem Schild am Fußgängerzonenrand stand und für Simeon betete. Nach etwa 15 Minuten stellte ich mich dazu und sprach mit dem jungen Mann, der sich als „Agnostiker“ vorstellte. Max (21) hatte nach seinem Hauptschulabschluss eine Ausbildung zum Gleisbauer begonnen, aber dann abgebrochen. Seither hatte er sich schon überall beworben, aber nur Absagen erhalten. Ich erklärte ihm das Evangelium, aber er blieb zunächst skeptisch. Immer wieder bat er um Bedenkzeit, da er zunächst alles in Ruhe prüfen müsse. Er wolle sich zuerst mal eine Elberfelder Bibel kaufen (von der er gehört hatte, dass sie sehr gut sei), und wolle sich erst dann entscheiden, ob er Christ werden wolle. Diesen Ansatz fand ich gut, und es erinnerte mich an Apg.17:11.

Dann erhielt ich einen Anruf von meinem Freund und Glaubensbruder Daniel (34), der sich schon seit Wochen nicht mehr gemeldet hatte und auch nicht ans Telefon ging. Er berichtete mir, dass er mal wieder in schwere Unzuchtsünde gefallen sei und deshalb aus Scham keinen Kontakt mit Brüdern haben wollte. Inzwischen habe er sich aber wieder etwas aufgerappelt und wolle ein weiteres Mal den Kampf gegen die Augenlust aufnehmen. Ich bot ihm an, dass mein jüngerer Bruder Patrick ihm helfen könne, da er ein Internetexperte sei und ihm auf Wunsch den Zugang zu pornographischen Seiten ein für alle Mal blockieren könnte, so dass er nicht mehr in Versuchung fallen könne. Er müsse diese „digitale Kastration“ nur wirklich wollen. Daniel willigte ein, und wir vereinbarten, dass er sich nächste Woche mit meinem Bruder treffen solle, um diese Zwangsmaßnahme durchzusetzen. Ich sagte: „Dem HErrn sei Dank, lieber Daniel! Heute ist Deinem Hause Heil wiederfahren und alle Engel Gottes freuen sich über Dich, wenn Du diesen Schritt konsequent gehst!“

Die wunderbare Errettung einer Zigeunerfamilie

Die vorletzte Etappe unserer Reise sollte nach Bad Windsheim gehen (Westfranken, Bayern), wo uns ein Bruder namens Mike (24) eingeladen hatte. Er hatte schon vor zwei Jahren meine Rundbriefe abonniert, aber dann vor einem Jahr einen Traum gehabt, dass ich ihn besuchen würde, aber ich nahm diesen Hinweis damals nicht so ernst und reagierte nicht. Jetzt aber hatte er mich erneut angeschrieben und mich an diesen Traum erinnert. Da er in der Nähe von Nürnberg wohnte, bot ich ihm an, ihn auf der Rückreise besuchen zu kommen, was er freudig annahm. So fuhren wir zu jener Adresse und waren zunächst überrascht von der Größe dieses Hauses, das mit geschätzten 600 qm eher einem großen Gemeindehaus ähnelte. Die rumänisch-serbische Großfamilie feierte gerade, den 24. Geburtstag von Mike. Zu diesem Anlass war auch sein Vater Zoran (50) eingeladen, sowie Mikes Brüder Nenad (22) (mit dessen Frau Vesna) und Nicola (18), sowie seine Schwester Anna (29) und deren Kinder Angelina, Julietta und Jeshua. Mikes Mutter Miriana (50), lebte von ihrem ungläubigen Ehemann Zoran getrennt. Sie alle gehören der Volksgruppe der Wlachen an, deren Siedlungsgebiet in Ostserbien liegt.

Zunächst bemühte ich mich, dem Zoran zu verdeutlichen, dass er sich bekehren müsse, was nicht leicht war, da er sich bereits für bekehrt hielt, jedoch noch völlig an den Traditionen der serbisch-orthodoxen Kirche festhielt und die Grausamkeit des biblischen Gottes kritisierte. Nachdem sich die Gäste verabschiedet hatten, setzten wir uns ins Wohnzimmer, und die Geschwister Anna, Nico, Miriana und Mike berichteten uns nacheinander, was der HErr bisher schon in ihrem Leben bewirkt hatte: Die Familie wuchs in Nürnberg auf und wurde viele Jahre lang vom alkohol- und spielsüchtigen Vater tyrannisiert, der sich nicht darum scherte, ob die Kinder genug zu essen hatten, was schließlich zur Trennung der Eltern führte. Vor sechs Jahren war es schließlich die geistig zurückgebliebene Schwester von Miriana, die aufgrund einer sehr schmerzhaften Magenkrebs-Erkrankung in die Wohnung der Familie einzog, um gepflegt zu werden. Obwohl sie den Verstand eines Kleinkindes hatte, erzählte sie jedem immer vom HErrn Jesus, und dass Er bald wiederkommen würde.

Doch eines Tages geriet sie infolge eines Beschimpfens über ihren Körpergeruch in geistige Verwirrung und stürzte sich vom Balkon. Aufgrund einer Hirnblutung starb sie noch in derselben Nacht, was die Familie in einen Schock versetzte. Doch kurz darauf erschien sie der ältesten Tochter Anna in einem Traum, in welchem sie die Familie noch einmal zur Umkehr aufrief und der Anna die Anweisung gab, in Gottes Wort zu lesen. So las Anna zunächst nur das Buch der Offenbarung und war außer sich über all die Gerichtsankündigungen. Obwohl sie selbst noch nicht bekehrt war, versuchte sie mit ihrem Vollblut-Temperament schon gleich die ganze Familie vor dem Gericht Gottes zu warnen. Ihre beiden Brüder Mike und Nikola waren indes seit Jahren abgetaucht in die virtuelle Welt eines Nintendo-Computerspiels namens „Tekken“, durch welches sie bereits ein so hohes Level erreicht hatten, dass sie zu den führenden Spielern von Deutschland zählten. Dort bekamen sie wohl die Anerkennung und Wertschätzung, die ihnen vom Vater versagt blieb. Doch dann bekam auch Nikola (damals 14) Träume, in welchen ihm der HErr oder ein Engel erschienen, so dass auch er begann, in der Bibel zu lesen. Er bekehrte sich und ließ sich vom HErrn zu einem neuen Menschen umgestalten. Der einst übergewichtige und gehänselte Junge fastete regelmäßig und wurde schließlich zu einem schlanken und feurigen Eiferer für den HErrn. Durch Offenbarungsträume kamen schließlich auch die Mutter, sowie Mike und ganz zuletzt auch Nenad zum Glauben.

Doch schon bald erfüllte sich auch bei ihnen das Wort in Mt.10:34-38, dass um des Evangeliums willen eine Spaltung quer durch die Familie ging mit erheblichen Anfeindungen, durch welche der Feind versuchte, den Glauben der Jungbekehrten wieder zu zerstören bzw. auf eine harte Probe zu stellen. Der Ehemann von Anna z.B. schnitt ihr unter Drogeneinfluss mitten in der Nacht mit einem Haarschneidegerät einen Großteil des Haupthaares ab und verleumdete die Familie bei dem Vermieter, so dass dieser ihnen kündigte. Eines Tages stand der Vater von Vesna vor der Tür, zusammen mit ihrem Großvater, einem „Mafiapaten“, und forderten unter Androhung von Gewalt, dass Vesna wieder zurückkehre ins Elternhaus, obwohl sie legal mit Nenad verheiratet war. Während die beiden Besucher im Wohnzimmer laut ihre Forderungen brüllten, schlossen sich die anderen in ihre Zimmer ein zum Gebet, so dass sie eine wirksame Gebetskette bildeten. Auf einmal kam der Heilige Geist über Nicola, so dass er furchtlos ins Wohnzimmer ging und unvermittelt mit lauter Vollmachts-Stimme etwas auf Hebräisch sagte, dass alle Anwesenden zurückschrecken ließ. Der Schwiegervater und Großvater von Vesna verließen daraufhin fluchtartig das Haus, weil ihnen das zu unheimlich vorkam. Wie durch ein Wunder bekehrte sich in der Folgezeit dann auch noch der Vater von Vesna und ging später in eine messianische Gemeinde. Sie erzählten uns bis spät in die Nacht die unvorstellbarsten Erlebnisse, die sie haben durften, so dass wir am Ende nur auf die Knie gehen konnten, um gemeinsam Gott anzubeten, der all diese Taten gewirkt hatte.

„…Und hast es Unmündigen geoffenbart“ (Mt.11:25)

Als ich um 3:00 Uhr in der Nacht wach wurde, hörte ich auf einmal, wie Simeon neben mir im Schlaf redete. Überraschenderweise sprach er nicht auf Deutsch, sondern auf Arabisch, dass er eigentlich nicht gelernt hatte! Schon am Abend zuvor hatte er am Ende der Gebetsgemeinschaft in Zungen geredet, und es hörte sich wie Arabisch an. Als ich ihn am Morgen darauf ansprach, konnte er sich an nichts erinnern. Eigentlich wollten wir nur eine Nacht bei dieser Familie übernachten, doch die Geschwister drängten uns, doch wenn möglich noch einen weiteren Tag zu bleiben. Denn so wie sie mit uns das praktische Glaubensleben geteilt hatten durch ihre Zeugnisse, sollte nun auch ich ihnen mehr von der biblischen Theorie erklären (Röm.1:12, 1.Kor.12:7-11). Wir vereinbarten, dass wir nach dem Mittag gemeinsam in die Innenstadt von Nürnberg fahren sollten, um dann am Abend eine Bibelstunde in der Wohnung von Nenad und Vesna zu halten. So bewaffneten wir uns reichlich mit Traktaten, Bibelspruch-Westen und T-Shirts und fuhren nach Nürnberg, wo wir etwa drei Stunden predigten und Traktate verteilten. Als erstes kam während einer Verkündigung eine alte Dame auf mich zu mit starkem Akzent. Sie war eine irische Katholikin und wollte mir die „Kostbarkeit der Ohrenbeichte“ durch einen ordinierten Priester empfehlen. Ich erklärte Ann (ca. 85) dann auf Englisch die Notwendigkeit einer persönlichen und intimen Beziehung zum HErrn Jesus, die mit der Wiedergeburt und Erneuerung durch den Heiligen Geist beginne. Sie bejahte alles, was ich sagte, so dass ich sie am Ende fragte, ob ich gemeinsam mit ihr beten dürfe. „Selbstverständlich“ sagte sie, und dann betete ich auf Englisch, dass der HErr sie doch erretten möge und wir uns einmal in der Herrlichkeit wiedersehen mögen. Am Ende sprach auch sie ein lautes „Amen!“, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob sie alles verstanden hatte.

Auf einmal kam ein Hippie an mir vorbei, der leicht vom Haschisch berauscht schien. Ich gab ihm ein Johannesevangelium mit den Worten: „Du siehst so aus, als solltest Du das lesen!“ Daraufhin hielt er an und fragte mich, was das mit seinem Aussehen zu tun hätte. Ich sagte: „Du siehst irgendwie aus wie Jesus, deshalb hatte ich das gedacht.“ Er blätterte in dem Büchlein und sagte: „Wenn ich das durchgelesen habe, werde ich es an jemanden anderes weiterverschenken, ok?“ Ich sagte ihm: „Ja, sehr gerne!“ Dann predigte ich vor sitzenden Passanten, als mich plötzlich ein älterer Herr ansprach. Er berichtigte mich in einer kleinen Aussage, so dass ich ihn zunächst für einen Bruder hielt. Herr Weber (ca. 75) war aber katholischer Theologieprofessor im Ruhestand und kannte sich hervorragend in der Bibel aus. Wir unterhielten uns eine ganze Weile, wobei er in allen Dingen mit mir übereinstimmte (sogar in der Frage, dass man nicht zu Maria beten dürfe). Auf einmal mischte sich ein 10-jähriger Junge ins Gespräch, der zusammen mit seinem 9-jährigen Bruder neben uns auf der Bank saß und mit großem Eifer die Lehren des HErrn Jesus bezeugte, die er – wie er sagte – „schon im Kindergarten gelernt hatte“ (vergl. Ps.8:2). Der arabisch aussehende Junge erklärte uns auf Nachfrage, dass er und seine Familie aus Syrien kämen und zur Melchitischen  Gemeinde gehörten, die sich wohl auf Melchisedek berief. Von dieser hatte auch der Theologieprofessor noch nie etwas gehört, so dass wir annahmen, dass es sich um eine kleine Minderheit handeln muss. Dann kam auch der Vater der beiden hinzu und erklärte uns im gebrochenen Deutsch, dass sie Flüchtlinge wären, was ich mir schon dachte.

Dann kam auf einmal Mike zu mir mit einem Mann aus dem Irak und sagte: „Hier, Simon, dies ist ein Glaubensbruder, mit dem ich mich gerade unterhielt. Aber er hat viele Probleme, und da kannst Du ihm vielleicht besser helfen.“ Der Iraker hieß Atheer Lalo (37), aber ich sollte ihn Arti nennen. Er hatte im Irakkrieg als Soldat gegen den IS gekämpft und leidet seither unter einem posttraumatischem Belastungssyndrom. Er kam in Deutschland zum Glauben an den HErrn Jesus, hatte sich aber dann in eine Johanna verliebt und mit ihr ein Kind gezeugt (ohne verheiratet zu sein). Er habe darüber Buße getan und wolle das Heiraten jetzt nachholen. Seine Freundin, die im 8. Monat schwanger sei, wolle ihn aber nicht heiraten, weil er zu Wutausbrüchen neige. Sie wolle aber, dass er die Vaterschaft anerkenne, damit sie staatliche Unterstützung beantragen könne. Arti fragte mich nun, ob er die Vaterschaft leugnen sollte, um sie zur Heirat zu nötigen, was ich natürlich nicht empfahl. Ich erklärte ihm, dass er schon allein um des HErrn willen ihr diese Bitte erfüllen müsse, ganz zu schweigen davon, dass er nur auf diesem Wege wieder ihr Herz gewinnen könne. Dann bekannte mir Arti, dass er auch noch ständig Pornos schaue, da er die Einsamkeit nicht ertragen könne. Ich erklärte ihm, dass es die Möglichkeit gäbe, seinen Zugang zu den Pornos sperren zu lassen. Arti sagte daraufhin: „Ja, ich kenne schon, wie des geht, mit OpenDNS kann man blockieren, das habe ich schon gehört.“ Daraufhin sagte ich: „Ach! Du weißt schon wie das geht? Und warum machst Du es dann nicht? Du könntest Dir natürlich auch die Augen herausreißen, aber Dir den Zugang zu versperren ist weitaus schmerzloser!“ Daraufhin ging Arti wie der reiche Jüngling von dannen.

Auch Simeon und Nicola hatten einige Gespräche mit Ungläubigen, und durch Mike hat sich sogar jemand zum HErrn bekehrt, ein gewisser Klaus. Am Abend fuhren wir dann zur Wohnung von Nenad und Vesna, die uns ein schönes Abendessen bereitet hatten. Im Anschluss saßen wir noch beisammen und teilten Zeugnisse miteinander, was wir mit dem HErrn erlebt hatten. Ich berichtete ihnen, wie der HErr vor einem halben Jahr einen dreifachen Mörder in Lima zum Glauben führte, Mario Gallego (29). Später sprachen wir im Auto noch über das Thema Selbstbefriedigung und Pornografie, und was die Bibel dazu sagt.

Am nächsten Tag beim Frühstück erzählten mir Mike und Nicola, dass sie im Moment einen Konflikt hätten mit ihrem Vermieter, der sie aus dem Haus klagen wolle. Am 27.08. sei die letzte Gerichtsverhandlung, in welcher sich dies entscheiden würde und wir sollten dafür beten. Ich machte ihnen Mut, dass der HErr auf jeden Fall nur das Beste für sie erwählen würde, auch wenn es zunächst nicht immer danach den Anschein hätte (Röm.8:28). Später stellte sich dann heraus, dass sie tatsächlich den Prozess verloren hatten und innerhalb von vier Wochen eine neue Wohnung finden mussten. Nachdem wir noch eine Gebetsgemeinschaft hatten, sind Simeon und ich dann weitergefahren nach Ludwigsstadt in Nordbayern, an der thüringischen Grenze, wo wir schon von Bernd und Brigitte Fischer (80 u. 82) zum Mittagessen erwartet wurden bei Bernds jüngerer Schwester Adelheit in Lichtentanne. Nach dem Mittagsschlaf machten wir dann einen Spaziergang in der schönen Berglandschaft und sprachen über die Endzeit und die Notwendigkeit der Buße für die heutigen Laodizea-Gemeinden, da sie andernfalls in der bevorstehenden Drangsal durch den Antichristen nicht bestehen würden. Damit Simeon sich nicht bei diesen hochtheologischen Gesprächen langweilt, habe ich ihm zwischendurch immer alles „übersetzt“, da ihm die Hintergründe unbekannt waren. Bernd riet mir dringend, nicht nach Peru auszuwandern, da ich in der Zukunft hier gebraucht werde. Ich nahm diesen Rat als Wille Gottes an und verwarf daraufhin unsere Auswanderungspläne. Obwohl Bernd auch an eine Vorentrückung glaubt, betonte er, dass es auf Erden auch noch solche geben müsse, die die Vielen zur Gerechtigkeit weisen (Dan.11:32) und dass es nicht angehen könne, dass in der größten Not ausgerechnet die „Matrosen“ das sinkende Schiff als erste verlassen und sich um die übrigen Passagiere nicht mehr kümmern (Apg.27:30-31). Das leuchtete mir ein, und ich beugte mich unter diesen gutgemeinten Rat.

Abends hatten wir dann eine Bibelstunde bei Bernds älterer Schwester Sigrid. Das Thema war Apg.15:16-17 in Zusammenhang mit Amos 9:11-12, wo es u.a. um „die übrigen der Menschen“ geht, aber auch um „alle Heiden, über welchen mein Name angerufen ist“. Das Anrufen des Namens des HErrn bedeute die Fürbitte für einen Ungläubigen. Bernd erzählte, dass er sich angewöhnt habe, für jeden Passanten auf der Straße immer eine stille Fürbitte zu tun, damit er errettet werde. Denn all diese Fürbitten seien nicht umsonst, wie wir aus dieser Stelle erfahren, sondern werden gleichsam gesammelt und haben ein Gewicht bei Gott (Offb.8:3-4). Wenn man unter den „übrigen der Menschen“, die den HErrn eifrig (und bis zum Erfolg) suchen sollen bedenkt, dass das Wort „suchen“ im Präsens stehe, dann ist dieses Suchen auch nicht auf irgendeine Frist begrenzt, sondern gelte solange, bis sie Ihn auch gefunden haben, und sei es dass sie zuvor vom HErrn ins Totenreich hinabgeführt werden müssen, um von dort wieder heraufzukommen (s. 1.Sam.2:6, Ps.107:10-14). Das Wort „Edom“ in Amos 9:12 sei abgeleitet von Adam und könne man auch als „Erdlinge“ übersetzen, weshalb die Wiedergabe von Jakobus in Apg.15:17 im Prinzip richtig sei. Mir kam die Idee, dass man einmal alle Zitate aus dem AT im NT miteinander vergleichen sollte, denn gerade dort, wo sie scheinbar voneinander abweichen, hat der Heilige Geist für uns eine besondere Belehrung, da beide Lesarten jeweils einen wichtigen Aspekt zeigen.

Am letzten Tag unserer Reise wollte ich Bernd eigentlich noch zeigen, wie er seine ganzen PDF-Aufsätze auf seiner Seite www.gtü-bibel.de direkt auf seine Internetseite integrieren kann, damit sie leichter auffindbar sind. Denn ich fand es schade, dass man selbst durch Suchmaschinen wie Google kaum die Inhalte seiner wertvollen Lehraufsätze finden kann, weil sie alle durch das PDF-Format verschlüsselt sind. Da die Rückreise aber noch über sechs Stunden währen würde, entschieden wir uns, lieber noch einen letzten Spaziergang zu machen, bei welchem Simeon nochmal Fragen stellen konnte, was ihm in seinem Glauben derzeit bewege. Simeon interessierte sich speziell für die Geistesgaben und was die Bibel darüber sage. Er selbst hatte ja nach eigenem Bekunden vor etwa einem Jahr die „Geistestaufe“ erhalten und könne seither in Sprachen reden. Obwohl Bernd und ich grundsätzlich glauben, dass die Sprachenrede seit der Zeit der Apostel allmählich aufgehört hat (1.Kor.13:8), wollen wir nicht grundsätzlich ausschließen, dass der HErr einem Seiner „geringsten Brüder“ nicht auch heute noch diese Gabe schenken kann.

Als wir uns dann am späten Vormittag auf die lange Rückreise machten, erzählte mir Simeon, dass er sehr darunter leide, dass sich seine Eltern nie um seine Bildung gekümmert hätten. Er ging zwar auch mal vier Jahre in die Grundschule, aber dann hat man ihn sofort auf die Sonderschule getan, da man bei ihm eine Lernbehinderung festgestellt hatte. Statt gefördert zu werden, wurde er dort aber nur verwahrt, indem er nur noch malen und spielen sollte. Heute schämt er sich nun mit 22 J., wenn er sich mal mit einem Erwachsenen unterhalten muss, weil dieser sofort merken würde, dass Simeon keinen Grips habe. Das sei ihm jedes Mal peinlich, so dass er jedem Gespräch aus dem Wege gehe. Besonders hasse er seinen Vater, einen Alkoholiker, weil dieser ihn und seine Brüder nur in die Welt gesetzt habe, ohne sich je um sie gekümmert zu haben. Auch seine Mutter habe sich nur um das leibliche Wohl der acht Kinder gekümmert, war aber mit der Erziehung völlig überfordert, so dass die Kinder sich selbst überlassen blieben. Ich konnte den Schmerz von Simeon gut nachempfinden, da es auch bei meinen Eltern nicht viel anders lief. Aber ich ermahnte Simeon, dass er nun als Christ lernen müsse, seinem Vater zu vergeben, auch wenn ihm dies noch so schwerfallen möge. Er könne Liebe lernen durch die Fürbitte für seine Eltern, denn wenn man dem HErrn regelmäßig die Angehörigen und Bekannten im Gebet bringe, dann wachse allmählich auch wieder die Liebe zu diesen. Zudem solle er nicht traurig sein, denn er sei noch jung und könne seinen Bildungsrückstand noch aufholen. Ich bot ihm an, von nun an bei jeder sich bietenden Gelegenheit ihm ein wenig Allgemeinbildung beizubringen, wofür er sehr dankbar war.

Wir fingen sogleich an mit der Weltgeschichte. Ich begann mit der „Steinzeit“ und erklärte ihm immer weiter in Jahrhundertschritten, was alles besonders in den letzten 2000 Jahren in der Welt passiert war. Immer wenn ich einen Begriff nannte, den er schon mal gehört hatte (aber nicht zuordnen konnte), machte er ein überraschtes „Ach soooo, jetzt versteh ich!“ – was mich auch selbst angespornt hatte. Irgendwann zeigte uns die Tankanzeige an, dass nicht mehr viel Benzin im Tank sei. Trotzdem fuhren wir einfach immer weiter in der Hoffnung, demnächst einen Rastplatz zu finden. Aber im Raum Halle war über viele Kilometer keine einzige Tankstelle, so dass mein Tank immer leerer wurde. Als ich nur noch einen Liter hatte, gerieten wir plötzlich in einen 10 km langen Stau mit Stop-and-go-Verkehr. Wir beteten und flehten um Gottes Beistand. Dann kam der Friede Gottes in unsere Herzen, und alle Sorge war verflogen. Um Sprit zu sparen, schaltete ich die Klimaanlage aus, was bei der brütenden Hitze natürlich nicht angenehm war. Schließlich erreichten wir eine Ausfahrt, wo wir tanken konnten und dankten dem HErrn. Mein 50 Liter-Tank wurde dann mit 49,81 Litern wieder voll, so dass wir um 17.30 Uhr wohlbehalten in Bremen ankamen. Gelobt sei der HErr, dass auf dieser langen Reise niemand zu Schaden kam, außer vielleicht ein Dutzend Mücken an meiner Windschutzscheibe!

Als Simeon dann am 01.09.2019 ins dritte Lehrjahr kam, ließ ich ihn auf seinen Wunsch hin in meiner Werkstatt wohnen, wo es ein Zimmer mit Bett, Schrank und Tisch gab, sowie ein kleines WC mit Waschbecken und Küchenecke. Simeon war überglücklich für dieses Angebot, da es das allererste Zimmer war, wo er völlig unabhängig war und es sich nach eigenen Wünschen einrichten konnte. Da er gut zeichnen konnte, malte er sich Bilder und sogar Gebete an die Wände, was meine Mitarbeiter sehr in Staunen versetzte. Zur gleichen Zeit fing auch Bruder Tunay (28) ein Praktikum bei mir an. Leider stellte er sich trotz seiner muskulösen Statur immer wieder so ungeschickt an, dass Simeon mit ihm schimpfte. Tunay reagierte darüber sehr empfindlich und wollte schon nach drei Tagen sein Praktikum wieder abbrechen. Ich hatte auch den Eindruck, dass Tunay eifersüchtig war auf Simeon. So absurd das klingen mag, aber in seiner kindlichen Denkweise, wollte Tunay mich ganz für sich allein haben.

 

Was lehrt die Bibel über die Dämonen?


„Und Er sagte zu ihnen: Geht hin in die ganze Welt und verkündigt das Evangelium der ganzen Schöpfung … Diese Zeichen aber werden denen folgen, die glauben: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben …“
 (Mk.16:15+17a)

 

Sollen wir heute noch Dämonen austreiben?

Obwohl es keine einzige Bibelstelle gibt, die belegen könnte, dass das Gebot, die Dämonen auszutreiben, heute nicht mehr gelte, glauben überraschend viele Christen, dass es damit inzwischen vorbei sei und alle tatsächlichen Austreibungen heute dämonischer Betrug seien wie auch bei der Zungenrede oder den Heilungswundern. Man traut dem HErrn scheinbar nicht mehr zu, dass Er derselbe ist wie damals (Hebr.13:9) und dass Er auch heute noch durch uns die Dämonen austreiben kann. Dabei ist der Bedarf heute mindestens genauso hoch wie damals (wenn nicht sogar noch höher!). Wer also behauptet, man könne heute keine unreinen Geister mehr austreiben, der dient damit unbewusst den Interessen der Dämonen, damit sie weiter unbehelligt ihr Unwesen treiben können. Andere Gläubige behaupten, dass man zur Dämonenaustreibung „Vollmacht“ haben müsse oder eine besondere „Gabe“ bzw. einen „Auftrag vom HErrn“, da wir sonst wie jene sieben Söhne des Hohenpriesters von den Dämonen angegriffen werden könnten (Apg.19:14-15). Aber auch dies ist im Grunde nichts anderes als eine Schutzbehauptung, denn der HErr hat uns als Seinen Jüngern ja sowohl die Vollmacht (Mt.10:1-11:1, Luk.10:1-19) als auch den Auftrag gegeben in Mk.16:15-18 zusammen mit dem Missionsbefehl. Die jüdischen Exorzisten aber hatten weder eine Vollmacht noch einen Auftrag vom HErr bekommen, sondern imitierten einfach nur den Paulus, um dadurch Ruhm zu erlangen. Und auch der Vorwurf des HErrn in Mt.7:22-23 bezog sich nicht auf die Dämonenaustreibung, die ja ein gutes Werk war, sondern weil sie heimlich auch „Täter der Gesetzlosigkeit“ waren. In Jes.58:6 bekommen wir den Auftrag, dass wir „die Fesseln des Unrechts lösen sollen, die Knoten des Joches öffnen und dass ihr JEDES Joch zerbrechet“, indem wir für die Gebundenen fasten und Fürbitte tun sollen (Mk.9:29).

Wodurch bekommt man einen Dämon?

Dämonische Gebundenheit oder gar Besessenheit hat seine Ursache in der Regel durch praktizierten Okkultismus (d.h. durch Magie und Aberglaube), aber auch durch Gräuelsünden, durch die der Name des HErrn verunehrt wurde (z.B. falsche Schwüre, Götzendienst, Pornokonsum, Heuchelei, bewusster Ungehorsam etc.).  Schon durch abergläubische Rituale wie etwa das Rosenkranzgebet (150 mal hintereinander das Ave Maria und Vateruser aufsagen) verspottet man so sehr die Heiligkeit Gottes, dass man unter dämonischen Einfluss kommt. Jedes Mal, wenn der Heilige Geist durch unser Gewissen zu uns redet und wir uns einfach darüber hinwegsetzen, bieten wir der Geisterwelt Raum, um uns zu verführen und zu binden. Nun gibt es jedoch einen Sonderfall, dass nämlich auch schon unschuldige Kinder eine dämonische Gebundenheit haben können wie etwa sog. psychische Störungen (Schizophrenie, neurotische Zwänge, Essstörungen, Phobien, Multiple Persönlichkeiten) oder aber auch sexuelle Verirrungen (Homosexualität, Pädophilie, Trans-Identität u.a.), die keine Folge eigener Schuld sein können. Hier handelt es sich möglicherweise um einen sog. Generationenfluch, wie ihn Gott in 2.Mo.34:7 andeutet: „… Der die Ungerechtigkeit der Väter heimsucht an den Kindern und Kindeskindern, am 3. und am 4. Gliede derer, die Mich hassen“. „Heimsuchen“ bedeutet hier ein Ahnden von Schuld durch eine Benachteiligung. Es geht hier um das Sühnen von Ungerechtigkeit, nicht aber um das Vererben von Sünde. Denn ein Homosexueller, der sich später zum HErrn Jesus bekehrt, ist ja nicht gezwungen, seine Homosexualität auszuleben, sondern soll sich selbst verleugnen und durch die Kraft und Gnade des HErrn zum Überwinder werden. Seine mögliche Ehelosigkeit ist dann das „Kreuz“, das er um Christi willen bereitwillig aufnimmt. Wenn er auf diese Weise dem Teufel widersteht, dann flieht er vor ihm mitsamt seinen Dämonen (Jak.4:7). Vor allem muss ein Betroffener auch um Vergebung für die Verfehlung seiner Vorfahren bitten (z.B. Gräueltaten im Nationalsozialismus, sexuelle Ausschweifungen seit den 68er Jahren), damit er befreit wird. Die Fürbitte für seine Freunde hatte auch Hiob von seinen Plagen befreit (Hi.42:7-9).

Können Gläubige überhaupt noch dämonisch belastet sein?

Viele fragen sich zurecht, ob es überhaupt möglich ist, dass ein Kind Gottes unter dämonischen Einfluss kommen kann, wo wir doch den Heiligen Geist haben, der in uns wohnt (Röm.8:9+11, 1.Kor.3:16). Wird etwa der Heilige Geist diese Wohnung teilen mit einem dämonischen Geist? Und hat der HErr nicht verheißen, dass Er uns „wirklich frei“ macht und bei unserer Bekehrung die Macht des Teufels über uns zerstört (Luk.11:21-22, Joh.8:32)? Nun, zum einen war es auch bei den uns zum Vorbild gegebenen Kindern Israels so, dass sie bei der Landnahme schon von Anfang an faule Kompromisse mit den vorigen Bewohnern machten, anstatt sie auszutreiben, so dass diese sie später zum Götzendienst verleiteten (Jos.17:13, Richt.1:32). Dann lernen wir von König Saul, der durch den Geist des HErrn eine Erneuerung erfuhr (1.Sam.10:6+9-10), dass durch fortlaufenden Ungehorsam „der Geist des HErrn von ihm wich und ein böser Geist von dem HErrn ihn ängstigte“ (1.Sam.16:14). Auch wir Christen im neuen Bund, die wir den Heiligen Geist als Mitbewohner in uns aufgenommen haben, können durch „fremde Besucher“, die wir „ins Haus“ lassen, den Geist Gottes so sehr betrüben, dass Er uns wieder verlassen muss (Eph.4:30): „Denn wenn … ihr einen anderen Geist empfangt, den ihr nicht empfangen habt, … so ertrüget ihr es gut“ (1.Kor.11:4). Wir sehen ja heute besonders in charismatischen Gemeinden, dass viele Gläubige von einem Schwarmgeist geleitet werden, der sich als Geist Gottes ausgibt. Zugleich lesen wir in 2.Tim.2:25-26, dass Christen zu „Widersachern“ werden können, wenn sie in eine Fangschlinge des Teufels geraten sind. Der gleiche Petrus, der in Mt.16:17 noch ein Lob vom HErrn erhielt, weil er durch eine Offenbarung Gottes den Christus als Sohn des lebendigen Gottes bekannt hatte, wurde schon sechs Verse später vom HErrn als Teufel angeredet, weil er nicht auf das sann, was Gottes ist (Mt.16:23). Das jüdische Volk, das für uns die Septuaginta schrieb, wurde später vom HErrn als „Synagoge des Satans“ bezeichnet (Offb.2:9, 3:9), und in Offb.18:3-5 erfahren wir, dass sogar eine Kirche wie die römisch-katholische zu einer „Behausung von unreinen Geistern“ degenerieren kann, aus der die Gläubigen austreten sollen.

Sind die Dämonen in Wirklichkeit Geister von Verstorbenen?

Ob die Dämonen gefallene Egel sind oder Totengeister, lässt sich mit der Schrift weder belegen noch widerlegen. Es gibt jedoch ein bemerkenswertes Zeugnis eines treuen Bruders aus dem 19. Jh., und zwar Johann-Christoph Blumhardt (1805-1880). Er war ev. Pfarrer in Möttlingen und gehörte zur Erweckungsbewegung. In den Jahren 1841 bis 1844 kümmerte er sich intensiv um eine junge Glaubensschwester namens Gottliebin Dittus (28), die dämonisch besessen war. Die unreinen Geister wurden zwar durch Gebet und Fasten jedes Mal erfolgreich ausgetrieben, aber es fuhren später immer wieder neue Dämonen in sie ein, die teilweise noch schlimmer waren (vergl. Mt.12:43-44). Grund dafür war eine bestimmte Sünde, welche die Gottliebin einmal in ihrer Einfalt tat, indem sie eine mit einem Fluch belegte Geldsumme und eine Mehlspende an sich nahm, als sie Hunger hatte, obwohl sie wusste, dass es solche Fallen verzauberten Geldes gab. In vielen Gesprächen, die der Pfarrer mit den Geistern führte, stellte sich heraus, dass es sich bei diesen tatsächlich um Geister von Verstorbenen handelte, die während ihres Lebens Zaubereisünden begingen und nie darüber Buße getan hatten. Teilweise waren es Frauen aus der Kirche, die Blumhardt noch gut von früher kannte und die nun eine panische Angst hatten, in die ewige Verdammnis zu kommen. Deshalb machten sie viel Krach und Spuk im Haus, um auf sich aufmerksam zu machen. Sie versuchten auch immer wieder, Blumhardt anzugreifen, aber ein unsichtbarer Schutzschirm von Gott umgab ihn. Blumhardt wusste, dass er auf keinen Fall irgendwelche außerbiblischen Methoden verwenden dürfe wie etwa Weihwasser oder Kruzifixe, da er durch solch einen Aberglauben die Kraft Gottes verleugnen würde. Stattdessen betete er immer wieder und wies den Dämonen im Namen des HErrn einen anderen Ort zu, wie es auch der HErr Jesus tat (Mt.8:30-32). Nach zwei Jahren Gebetskampf war die Gottliebin endgültig frei, und der letzte Dämon rief laut: „Jesus ist Sieger!

Sollen wir auch den Dämonen das Evangelium verkündigen?

Heute wird J. C. Blumhardt immer wieder verleumdet von Brüdern wie R. Ebertshäuser, R. Holzhauer, B. Peters, oder B. Gscheidle, die ihm vorwerfen, dass er sich von den Dämonen täuschen ließ und sich niemals mit ihnen hätte unterhalten dürfen. Dabei hat auch der HErr Jesus, dessen Nachahmer wir sein sollen, mit ihnen gesprochen (1.Kor.11:1, 1.Thes.1:6). Jesus hat ebenso die Dämonen befragt und hat die Antwort der Dämonen nach ihrem Namen auch nicht einfach angezweifelt. Er hat sie auch nicht etwa angebrüllt, wie es heutige Exorzisten in falscher Weise tun, sondern gewährte ihnen sogar ihre Bitten, weil „Er gut ist gegen alle und sich über alle Seine Werke erbarmt“ (Ps.145:9). Blumhardt hat sich also wirklich ganz treu an das Wort des HErrn gehalten. Sogar wenn er die Bitten der Dämonen nach einem neuen Ruheort gewährte (z.B. in seinem Garten oder auf der hintersten Kirchenbank), dann immer nur ausdrücklich mit der Maßgabe „Wenn Jesus es erlaubt!“ Da Pfarrer Blumhardt davon überzeugt war, dass auch die Dämonen Gottes Geschöpfe sind (Joh.1:3) und deshalb die Vergebung du Erlösung in Christus brauchen, um errettet zu werden, hat er auch ihnen in einer ansonsten leeren Kirche das Evangelium gepredigt, so wie es auch der HErr Jesus im Totenreich tat (1.Petr.3:18-20). Denn wenn wir die Worte des HErrn ernst nehmen in Mark. 16:15, dann sollen wir das Evangelium ja der GANZEN Schöpfung predigen, und zu dieser gehören auch die Geister in den himmlischen Örtern (Eph.3:10, 1.Kor.4:9). Auch die „Unterirdischen“ werden eines Tages die Knie vor dem HErrn Jesus beugen und Ihn als ihren HErrn bekennen (Phil.2:9-11), auch wenn sie heute noch so gottlos und böse sind. Weil Blumhardt diese Glauben aus dem Wort Gottes hatte, ließ er die Beleidigungen und Vorwürfe der Dämonen einfach über sich ergehen und betete weiter (Übrigens wurde auch ich einmal von einem Dämon beschimpft mit den Worten „Halt die Fresse!“, während ich versuchte, einen Bruder von diesem zu befreien). Die Treue zum Wort Gottes hat Gott dann am Ende belohnt, indem die Gottliebin völlig frei wurde und am Ende als Hausmädchen in der Pfarrersfamilie diente.

 

– „Lebenszeugnisse von Knechten Jesu Christi“ Teil 11

 

Lebenszeugnisse von Knechten Jesu Christi   Teil 33:

Huldrych Zwingli (1484-1531) 

Neben Luther war auch Zwingli ein großer Reformator, und zwar in der Schweiz. Zwingli wurde 1484 in Wildhaus im Kanton St. Gallen als Sohn eines wohlhabenden Bergbauern geboren. Bereits mit fünf Jahren verließ er die Familie und zog zu seinem Onkel nach Weesen, dem Dekan Bartholomäus Zwingli. Zehnjährig besucht er die Lateinschule in Basel. Danach wurde Zwingli Novize in einem Dominikanerkloster. Dort fiel er als guter Sänger und Musiker auf. Aufgrund seiner schulischen Begabung schickte ihn sein Onkel Bartholomäus an die Universitäten von Wien und Paris. In Basel schloss er schließlich sein Studium mit dem Titel des Magister Artium ab (1506). In dieser Zeit wurde Zwingli in Konstanz zum Priester der katholischen Kirche geweiht und als Stadtpfarrer nach Glarus berufen. Noch befand er sich weitgehend im Einklang mit katholischer Tradition und Theologie. Unter anderem organisierte er die Überführung eines angeblichen Splitters vom Kreuz Christi in die örtliche Kreuzkapelle. Von Glarus aus unternahm er eine Wallfahrt nach Aachen und zog zweimal als Feldprediger mit dem Schweizer Militär nach Italien. Die dabei beobachteten Grausamkeiten des Krieges ließen Zwingli zum Pazifisten werden, der Gewalt nur als letztes Mittel akzeptieren wollte.

Nebenher verbesserte er seine Griechisch- und Lateinisch- Kenntnisse, um die historischen Quellen der Theologie und Philosophie in Originalsprachen lesen zu können. Doch auch zur Bibel, die Zwingli nun intensiver auf Griechisch zu lesen begann, bekam er eine neue Beziehung: […] du musst […] die Meinung Gottes rein aus Seinem einfältigen Wort lernen. Da begann ich, Gott um Sein Licht zu bitten, und die Schrift fing an, mir klar zu werden, obwohl ich sie nur las.“ Außerdem stand Zwingli damals mit zahlreichen anderen Gelehrten in regem brieflichem Kontakt und organisierte die Gründung einer örtlichen Lateinschule. Zwingli zog sich 1516 in den bedeutenden Wallfahrtsort Einsiedeln zurück. Als Priester war er für Predigt und Seelsorge an der einfachen Bevölkerung zuständig. Da ihm die Deutung der Bibel allein aus dem Blickwinkel kirchlicher Dogmatik unzureichend erschien, ging er dazu über, Bibelstellen mit thematisch ähnlichen Stellen zu vergleichen und damit besser zu verstehen.

1519 wurde Zwingli auf Wunsch der Zünfte als Priester an die Hauptkirche Zürichs, das Großmünster, berufen. Aus Prestigegründen entschied man sich für den ehrgeizigen und gebildeten Priester, der bereits von sich reden gemacht hatte. Von Anfang an setzte er sich über die kirchlich verordnete Perikopenordnung hinweg und legte stattdessen die biblischen Bücher der Reihe nach aus, beginnend mit dem Matthäusevangelium. So wollte Zwingli seinen Zuhörern die Bibel im Zusammenhang vorstellen und auch wenig beachtete Stellen miz einbeziehen. Überhaupt wurde ihm die Bibel zum enzscheidenden Maßstab für Theologie und Gemeindepraxis. In den folgenden Jahren wandte sich Zwingli gegen die Verehrung von Bildern, Reliquien und Heiligen sowie das Zölibat und die katholische Interpretation des Abendmahls. Weil sie nicht aus der Bibel begründet werden konnten.

Im Laufe der Pestepidemie 1519 kümmerte sich Zwingli hingebungsvoll um Infizierte und ihre Angehörigen. Auch er selbst erkrankte so schwer, dass bereits Gerüchte von seinem Tod die Runde machten. Schließlich erholte sich Zwingli trotz abenteuerlicher medizinischer Therapien wieder. Zwinglis Forderung, der Bibel und nicht so sehr menschlichen und kirchlichen Konzepten zu vertrauen, führte vor Ostern 1522 zu einem demonstrativen Brechen der katholischen Fastengebote. Zwinglis Äußerungen erregten den Zorn Papst Hadrians VI., ihm Kanzelverbot erteilte und den Rat der Stadt Zürich aufforderte, den Priester als Ketzer zu ächten. Um diese Fragen katholischer Tradition öffentlich zu klären, kam es 1523 zur Ersten Züricher Disputation. In seinen 67 Schlussreden (Thesen) überzeugte Zwingli die Bürgerschaft, eigenständig über Fragen des Glaubens zu entscheiden mit der Bibel als Argumentationsgrundlage. Zwinglis Reformvorschläge wurden einstimmig angenommen: Heiligenbilder, Klöster, Prozessionen und Salbungen wurden eingeschränkt und abgeschafft. Im Anschluss an die Zweite Züricher Disputation 1523 wurden die Pfarrer verpflichtet, nur noch entsprechend biblischer Lehre zu predigen. Den Laien wurden mehr Rechte zugesprochen. Spenden für Messen für Verstorbene sollten nun den Schulen und der Unterstützung von Armen zugutekommen. Die Eucharistie wurde nur noch als Erinnerungsmahl gehalten, bei dem allen Gläubigen Brot und Wein gereicht wurde.

Zwischen 1524 und 1529 übersetzte Zwingli die Bibel (Züricher Bibel). Zeitgenossen beschrieben Zwingli als freundlich, rothaarig, im Essen und Trinken mäßig und hatte ein freies und fröhliches Gemüt. Zwinglis außerordentliches Erinnerungsvermögen half ihm in seiner ausgedehnten Arbeit, Die Paulusbriefe hatte er auf Griechisch auswendig gelernt. Große Teile des Alten und Neuen Testaments konnte er frei zitieren. Über seine Probleme und Glaubenszweifel sprach er kaum. 1522 heiratete er die Witwe Anna Reinhardt und führte mit ihr eine glückliche Ehe aus der vier Kinder hervorgingen.

Unter seinen Anhängern bildete sich immer stärker eine Fraktion heraus, der die Vorgehensweise des Reformators nicht konsequent genug erschien. Angesichts des bald erwarteten Weltendes lehnte diese Gruppe jede Vermischung mit Staat und Gemeinde vehement ab. Die wahrhaft Frommen sollten zusammenwohnen und sich von der Welt distanzieren. Sie verweigerten die Kindertaufe und praktizierten die Glaubenstaufe, weshalb der Züricher Rat massiv gegen sie vor ging. Nachdem Gespräche nicht fruchteten, wurden sie des Landes verwiesen. Sollten sie diesem Beschluss nicht Folge leisten, drohte ihnen die Hinrichtung. Felix Manz war 1527 einer der ersten von zahlreichen Wiedertäufern, der ertränkt wurde. Viele. Die flüchten konnten. Wurden andernorts von Katholiken. Lutheranern und Reformierten verhaftet und getötet. Nach einem ihrer Führer Menno Simons ließen sie sich Mennoniten nennen.

In den 1520er Jahren vertiefte sich ein Konflikt zwischen Zwingli und Luther. Insbesondere bei der richtigen Deutung des Abendmahls kamen die Reformatoren auf keinen gemeinsamen Nenner. Luther sah im Abendmahl das direkte Heilshandeln Gottes für den Glaubenden, während Zwingli dieses lediglich als Erinnerung an den stellvertretenden Opfertod Jesu Christi sah. Schließlich einigte man sich 1529 weitgehend bei einem Treffen in Marburg. Dennoch verlief die Reformation in Deutschland und der Schweiß in jeweils eigenen Bahnen.

In den folgenden Jahren (1526-1531) kam es zu einer sich immer weiter zuspitzenden Konfrontation zwischen katholischen und reformatorischen Regionen in der Schweiz. Schließlich suchten die Katholiken bei König Ferdinand von Österreich und Kaiser Karl V, Unterstützung, während die Reformierten in einem Bündnis mit Frankreich, Ungarn, Venedig und Hessen arbeiteten. An den sich aus diesen Konflikten ergebenden, kriegerischen Auseinandersetzungen nahm Zwingli als Feldprediger teil. In der Schlacht bei Kappel nahe von Zürich wurden die reformierten Truppen überraschend geschlagen (1531). Hier verlor auch Zwingli das Leben. Um die Züricher zu demütigen, wurde sein Leichnam gevierteilt und verbrannt. Der daraufhin geschlossene Zweite Kappler Landfriede führte zur Lähmung der Reformierten und einer Weile der Rekatholisierung besonders in den Regionen um St. Gallen und im Aargau.

Zwinglis Nachfolger in Zürich, sein langjähriger Mitarbeiter Heinrich Bullinger (1504-1575), festigte die Reformation und schuf mit dem Zweiten Helvetischen Bekenntnis eine bis heute prägende Erklärung aller Reformierten der Schweiz. Zwinglis Schriften wurden schon zu seinen Lebzeiten viel gelesen und wirkten noch über Jahrhunderte hinaus nach. Die Züricher Bibelübersetzung geht auf seine Initiative zurück.

 

Lebenszeugnisse von Knechten Jesu Christi   Teil 34:

Matteo Ricci (1552-1610) 

Lange bevor im 19.Jh. englische Missionare wie Robert Morrison und Hudson Taylor in China das Evangelium predigten, gab es bereits Bemühungen der Assyrischen Kirche des Ostens im 8. und 10.Jh durch die Nestorianer, die die Uiguren und Keraiten zum Glauben führten. So kam es, dass Dschinghis Khan seinen Sohn mit einer christlichen Prinzessin verheiratete. Dennoch waren Fremde in China über Jahrhunderte nicht willkommen, besonders wenn sie für eine andere Religion oder Kultur werben wollten. Im 14.Jh. wurden alle Missionare des Landes verwiesen. Erst im 16.Jh. gelang es dem italienischen Jesuiten Matteo Ricci, das Vertrauen der Chinesen zu gewinnen, so dass der chinesische Kaiser Shen-tsung im Nachruf auf Matteo Ricci bezeugen konnten: „Er ist gekommen, uns Barmherzigkeit und Liebe zu lehren… Er ist wahrhaftig einer von uns geworden.“

Der frühreife Matteo wurde mit sieben Jahren schwer krank und beschloss bereits damals, in den Priesterstand zu treten. Es waren vor allem die Gedanken von Franz von Assisi, die ihn zeitlebens prägten. Doch schloss er sich dem neugegründeten Jesuiten-Orden an. Er erlernte als einer der ersten die chinesische Sprache, doch verwehrte man ihm zunächst den Zutritt ins Landesinnere. Deshalb erlernte Ricci als nächstes die Kultur, Philosophie und Denkweise der Chinesen, um sich ihnen anzupassen. Er ließ sich eine konfuzianische Gelehrtenkleidung anfertigen und übernahm den Lebensstil und die Höflichkeitsformen des Konfuzianismus. Ein weiterer Schritt auf diesem Weg war, dass er und seine Mitbrüder sich chinesische Namen gaben. Niemand sollte sie von nun an für Ausländer halten. Er wollte dem Christentum in China eine für Chinesen verständliche Form geben, die für sie annehmbar und in ihre eigene Kultur integrierbar war.

Das Studium der konfuzianischen Philosophie war also Teil seiner missionarischen Bemühungen. In den klassischen Büchern des Konfuzianismus fand er, dass die Chinesen schon immer ein höchstes Wesen angebetet hatten, den „Kaiser des Himmels“ (T´ein-ti). Auf Konfuzius aufbauend konnte seiner Meinung nach die christliche Mission die wahre Gotteslehre im Lande verbreiten. Ja, Ricci sah in dem alten, chinesischen Philosophen sogar ein Werkzeug Gottes zur Gewinnung Chinas zum christlichen Glauben. Für Ricci war das zentrale Problem der Mission die Frage der Übersetzung des Evangeliums, Übersetzen bedeutete für ihn einpflanzen des Evangeliums in den chinesischen Boden, und er war sich durchaus der Gefahr bewusst, dass dadurch die biblische Lehre verfälscht werden könnte. Daher übernahm er nur bestimmte Begriffe aus den Werken von Konfuzius, die den Chinesen bereits vertraut waren, gab ihnen jedoch eine neue, biblische Bedeutung. Dies funktionierte auch nur deshalb, weil der Konfuzianismus sehr viele Parallelen hatte zur biblischen Lehre. Die sich immer weiter verbreitenden Lehren des Taoismus und Buddhismus lehnte Ricci jedoch als abergläubische Verderbnis der Religion ab.

Die Grundidee des Gründers der Jesuiten, Ignatius von Loyola, zuerst bei den Gebildeten und Mächtigen Eingang zu finden, um später auch das Volk gewinnen zu können, setzte Ricci gezielt um, so dass ihm bald alle Türen offenstanden. Der bekannteste unter den Bekehrten war Hsü Kuang-ch´i aus Shanghai, der Großsekretär des Kaisers, der als solcher sehr einflussreich war in China. Er konnte seine Hand über die Kirche halten, wann immer sie in Gefahr war. 1595 ermöglichte er seinem Glaubensbruder Matteo, in der alten Gelehrtenstadt Nan-shan zu predigen, wo er später den Titel Shen-jen erhielt, den höchsten, den man damals in der chinesischen akademischen Welt erhalten konnte. Ricci war nun als Dr. Li-Ma-tou in den höchsten Kreisen der chinesischen Gesellschaft bekannt. Selbst der Kaiser wurde auf ihn aufmerksam. Beim zweiten Versuch, in die Hauptstadt und somit zur Zentrale der Macht vorzustoßen (1600), wurde er unterwegs ausgeraubt und sogar ins Gefängnis von Tianjin geworfen. Durch ein Schreiben des Kaisers wurde er wieder freigelassen und durfte in die Hauptstadt Peking kommen, wo er dann bis zu seinem Tod 1610 blieb. Der Kaiser, der ihn bald nach seiner Ankunft empfing, war von der Persönlichkeit des Fremden so beeindruckt, dass er ihn des Öfteren in den Palast befahl. Es entwickelte sich eine Freundschaft zwischen den beiden, die es der Jesuitenmission ermöglichte, in Peking zu bleiben. Einer der Mitbrüder Matteos beschrieb ihre Missionsstrategie so: „Wir kleiden uns wie die Chinesen und essen, trinken und leben so wie die Chinesen. Die Zeit jetzt ist nicht eine Zeit der Ernte.“ Die Missionsarbeit Riccis wurde nach seinem Tod fortgesetzt vom deutschen Arzt und Mathematiker Johannes Schreck (1576-1630) und dem Astronom Adam Schall von Bell (1592-1666).

 

Lebenszeugnisse von Knechten Jesu Christi   Teil 35:

Paul Gerhardt (1607-1676)

Obwohl Paul Gerhardt zu Lebzeiten kein herausragender Lehrer oder Missionar war, wirkt er mit seinen erbaulichen Kirchenliedern noch heute. Paul Gerhardt wurde 1607 in Gräfenhainichen nahe der Lutherstadt Wittenberg geboren. Sein Vater war Gastwirt und zeitweilig Bürgermeister des kleinen Ortes. Seine Mutter stammte aus einer evangelischen Pfarrersfamilie. Die ländliche Umgebung mit ihrer vielfältigen Natur hat den jungen Paul tief beeindruckt und Spuren in seinen Liedern hinterlassen. In der kirchlichen Schule des Ortes wurden dem Jungen Lesen und Schreiben, Glaubensinhalte und Musik nahegebracht. Mit zwölf Jahren verlor Paul seinen Vater, und zwei Jahre später starb auch die Mutter. Mit 15 Jahren kam Gerhardt auf die sächsische Fürstenschule nach Grimma. Die Erziehung in dem ehemaligen Augustinerkloster war streng. Die Zimmer waren unbeheizt, die Schüler trugen einfache Kutten. Der Tagesablauf begann um 5 Uhr früh. Dann wechselten sich Gebetszeiten, Andachten, Unterricht und praktische Arbeite miteinander ab. Besonders wichtig wurde die „reine lutherische Lehre“ und die Beherrschung des Latein genommen. Damals war die lateinische Sprache Grundlage aller höheren Bildung. Fast alle wissenschaftlichen Bücher und universitären Vorlesungen in ganz Europa waren in Latein. Kontakte der Schüler außerhalb wurden als unwillkommene Ablenkung verstanden und waren deshalb verboten. Einmal in der Woche gab es einen gemeinsamen Spaziergang.

Als 20-Jähriger schloss der Dichter die Schule ab, um an der Wittenberger Universität Theologie zu studieren. Auch dort verstand man sich als Hort der reinen, lutherischen Lehre. Besonders grenzten sich die Professoren von der katholischen und der durch Calvin geprägten reformierten Kirche ab. Neben der lutherischen Orthodoxie betonten einige Lehrer den praktischen Glauben und empfahlen Erbauungsbücher von Johann Arndt (1555-1621), z.B. seine „Vier Bücher vom wahren Christentum“.

Mehrfach wurde Gerhardt in diesen Jahren mit der Brutalität des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) konfrontiert. 1631 besuchte der Schwedenkönig Gustav Adolf als siegreicher evangelischer Feldherr Wittenberg. 1637 plünderten schwedische Soldaten Gerhardts Heimatdorf Gräfenhainichen und steckten die Häuser in Brand. Auch sein Elternhaus wurde dabei zerstört. Wenig später starben sein Bruder Christian und Tausende anderer Bürger an der Pest. Die Bilder von Krieg, Zerstörung und tödlicher Krankheit blieben Gerhardt lebenslang in Erinnerung und tauchten auch in seelsorgerlichen Liedern immer wieder auf (z.B. „Befiehl du deine Wege“). Nach Beendigung seines Studiums zog Paul Gerhardt als Erzieher und Privatlehrer nach Berlin. Zu diesem Zeitpunkt hielt er sich noch für unfähig und unwürdig, die Verantwortung eines Pfarramts zu tragen. Nahezu nichts unternahm Gerhardt, um seine Karriere voranzutreiben. In Berlin lernte er den Kantor an der St. Nicolai-Kirche kennen, Johann Crüger. Dieser hatte schon 1640 erfolgreich ein geistliches Gesangbuch herausgegeben unter dem Titel „Praxis Pietatis Melica. Das ist Übung der Gottseligkeit in christlichen und trostreichen Gesängen“. Der Kantor überzeugte Gerhardt, hier achtzehn seiner Dichtungen zu veröffentlichen, darunter die Lieder „Wach auf mein herz und singe“ sowie „Nun ruhen alle Wälder“.

1651 wurde Paul Gerhardt schließlich mit 44 Jahren in Berlin als Pfarrer ordiniert und dann im 20 km entfernten Mittenwalde als Probst angestellt. Hier betreute er 700 Seelen des Dorfes. Mit dem Westfälischen Frieden (1648) war der Dreißigjährige Krieg inzwischen vorüber, doch die Spuren dieser zerstörerischen Zeit waren noch immer unübersehbar. In vielen Landstrichen waren bis zu 50 % der Bevölkerung durch den Krieg und die anschließenden Hungersnöte ums Leben gekommen. Weitere Menschen starben in den folgen Jahren an der Pest und anderen Seuchen. Felder lagen brach, der Handel war weitgehend zusammengebrochen, Häuserruinen erinnerten noch an die brutale Vergangenheit. Die Bevölkerung war sittlich verroht und geistig verwildert. Glaube und Religion hatten für viele einen negativen Zug bekommen. Mit großem Elan machte Paul sich daran, seine weitgehend brach liegende Gemeinde wiederaufzubauen. Viel Zeit investierte er in Predigten, Gottesdienste, Unterricht, Seelsorge und Hausbesuche. 1655 heiratete er die ihm längst vertraute Anna Maria Berthold (1622-1668) aus Berlin. Ihre erste Tochter Maria starb bereits in ihrem ersten Lebensjahr. Auch drei weitere Kinder Gerhardts verloren sehr früh ihr Leben.

Mit fünfzig Jahren wurde Gerhard als dritter Pastor an die Berliner Hauptkirche St. Nikolai berufen (1657). Dort arbeitete er mit dem sorbisch-stämmigen Kirchenmusiker Johann Crüger zusammen, in dessen Gesangbuch Gerhardt schon verschiedene Lieder veröffentlicht hatte. Mit diesem Pfarramt mitten in Berlin kam Gerhardt zu Ansehen und bescheidenem Wohlstand. In seiner Arbeit konzentrierte er sich auf den Katechismus-Unterricht und die Stärkung des geistlichen Lebens. Sicher trug der große Erfolg von Crügers Gesangbuch nicht unwesentlich zur raschen Verbreitung von Gerhardts Liedern bei. Die 29. Auflage erschien 1702 mit einem Vorwort des einflussreichen Pietisten Philipp J. Spener in Berlin. 1736 umfasste das Buch bereits 1316 Lieder und wurde von den Frommen im Land gerne benutzt. Paul Gerhardt steuerte dazu 95 seiner Dichtungen bei. Auch Crügers Nachfolger als Kantor, Johann Georg Ebeling, förderte die Verbreitung der Kirchenlieder Gerhardts wie etwa „Du meine Seele singe“ und „Die güldne Sonne“. Der bescheidene Gerhardt unternahm nichts, um sich in den Vordergrund zu spielen oder seine Lieder zu bewerben.

In seinen Dichtungen zeigt sich Paul Gerhardt sehr vielfältig und kreativ. Themen, Versmaß und Strophenbau variieren stark. Mit starken Ausdrücken und bunten Bildern hielt sich der Dichter zurück, was sicher dazu beitrug, dass auch spätere Generationen sich mit seinen Texten identifizieren konnten. Nach dem Muster alttestamentlicher Psalmen dichtete Gerhardt häufig mit Doppelungen. In seinen Liedern redet Gerhardt als Tröster und Seelsorger. Wichtig waren ihm die Bibel, die lutherischen Lehren, die Heilstaten Gottes, Sein Handeln in Natur und Menschenleben sowie der Blick auf die himmlische Ewigkeit. Einige Lieder können dem Kirchenjahr zugeordnet werden. Er dichtete allein sieben Weihnachtslieder (z.B. „Ich steh an Deiner Krippe hier“). Immer wieder fast Gerhardt in seinen Dichtungen Bibeltexte zusammen. Allein 26 beziehen sich direkt auf biblische Psalmen, vor allem mit der Bitte um Führung und Frieden (z.B. „Du meine Seele singe“). Die Bedeutung des Todes Jesu Christi am Kreuz besingt Gerhardt in „O Haupt voll Blut und Wunden“.

 

Lebenszeugnisse von Knechten Jesu Christi   Teil 36:

Blaise Pascal (1623-1662)

Heute ist er kaum noch bekannt, aber zu seiner Zeit war Blaise Pascal, der nur 39 Jahre alt wurde, ein absolutes Genie, sowohl als Wissenschaftler als auch als Christ. Im 17.Jh. steckte die Naturwissenschaft und die Aufklärung zwar noch in den Kinderschuhen, aber immer mehr Gelehrte wandten sich von der Bevormundung von der Kirche ab und vertraute auf Fortschrittsfähigkeit des menschlichen Denkens. Gegen diesen Trend setzte sich Blaise Pascal erfolgreich ein und wies auf die Grenzen des menschlichen Verstandes hin. Zu seiner Zeit galt Pascal nicht nur als Wissenschaftler, sondern zugleich als Ingenieur, Logiker und Philosoph. Nach ihm wurde die physikalische Einheit Pascal (Pa) für Druck und Spannung. Zentral für seine Weltsicht waren prinzipielle Überlegungen, die Gott und den Menschen betreffen: Wer ist Gott? Wer oder was ist der Mensch? Wie ist seine Stellung in der Welt und vor Gott zu begreifen?

Blaise Pascal wurde 1623 in Clermont-Ferrand in Frankreich geboren. Sein Vater war Jurist und arbeitete am Obersten Steuergerichtshof. Seine Mutter kam aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie. Nach ihrem Tod siedelte sein Vater mit ihm und seinen zwei Schwestern nach Paris um, als Pascal drei Jahre alt war. Blaise Pascal entwickelte sich zum mathematischen Wunderkind, obwohl er zunächst nur in den alten Sprachen unterwiesen wurde. Schon früh beschäftigte Pascal sich mit eifrig mit mathematischen und naturwissenschaftlichen Problemen. Mit elf Jahren verfasste er eine kurze Abhandlung über Schallerregung in schwingenden Körpern. Bereits als Kind leitete er die ersten 32 Sätze der Euklidischen Geometrie her. Früh wurde er in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen und lernte dort den schon damals berühmten Philosophen und Mathematiker René Descartes (1596-1650) kennen. Bereits mit 18 Jahren quälten Pascal ständige Nervenschmerzen. Später gab er an, keinen Tag schmerzfrei verbracht zu haben. 1647 wurde er von einer Lähmung betroffen, die ihn zwang, sich fortan mit Krücken fortzubewegen. Ständig litt Pascal unter teils unerträglichen Schmerzen in Kopf und Bauch. Um die ständig kalten Beine und Füße zu wärmen, trug er immer mit Alkohol getränkte Strümpfe.

Damals gab es einen katholischen Theologieprofessor aus Holland, Cornelius Jansen (1585-1638), der lehrte, dass der Mensch allein aus Glauben ohne Zutun seiner Werke gerettet werde; doch schließlich bestimme Gott allein, wer gerettet werde und wer nicht. Im Gegensatz zu den französischen Jesuiten jener Zeit ging Jansen davon aus, dass der Mensch seinen freien Willen durch den Sündenfall verloren habe. Deshalb dürfe auch das logische Denken nicht überbewertet werden. Der Verstand sei dem vertrauenden Glauben weit unterlegen, wenn es um die Erkenntnis Gottes gehe. Die Sakramente ordnete er in ihrer Bedeutung einer persönlichen Beziehung zu Gott unter. Diese Gedanken wurden 1653 vom Vatikan durch eine päpstliche Bulle verurteilt. Als jedoch 1646 zwei Brüder, die diesen Jansenismus vertraten, über mehrere Monate im Haus der Pascals wohnten, um den hüftkranken Vater gesund zu pflegen, überzeugten sie den nachdenklichen Blaise von ihrer Lehre, so dass er sich in der Folge zum HErrn bekehrte.

Um nicht mehr an seine Zahnschmerzen denken zu müssen, löste Pascal eines Nachts so nebenher ein mathematisches Problem, an dem sich Generationen von Mathematikern die Zähne ausgebissen hatten. 1640 wurde sein Werk, die Abhandlung über Kegelschnitte, gedruckt. Diese mathematische Meisterleistung machte Pascal mit 16 Jahren in der wissenschaftlichen Welt schlagartig bekannt. Als Descartes dieses Manuskript las, schrieb er es Pascals Vater zu, da er nicht glauben konnte, dass ein Jugendlicher dazu fähig wäre.

Mit 19 Jahren erfand Pascal die erste Rechenmaschine, einem Vorläufer des Taschenrechners und Computers, die mathematische Operationen mechanisch ausführen konnte. Damit wollte er seinem Vater ein praktisches Instrument für dessen Steuerkalkulationen zur Verfügung stellen. Pascal fragte sich, ob man die endlosen Additionen nicht mit einem Mechanismus vereinfachen könnte. In wochenlanger Arbeit konstruierte er einen Apparat, mit dem er bis zu achtstellige Summen korrekt addieren konnte. Jahrelang arbeitete der junge Mann an Verbesserungen der Mechanik, bis er im Jahr 1645 die erste fehlerfreie Rechenmaschine der Öffentlichkeit vorstellen konnte. Leider konnte er in den folgenden Jahren gerade einmal nur 50 dieser Geräte an französische Finanzbehörden verkaufen. Dennoch versetzte es Wissenschaftler aus ganz Europa in Staunen.

Damals gingen viele Forscher noch von Annahmen aus, die sie bis dahin nie überprüft hatten. Pascal erkannte die Notwendigkeit von experimentell nachprüfbaren Beweisen für jede wissenschaftliche These und wurde dadurch zum Wegbereiter der modernen Wissenschaft. So beschäftigte sich die Gelehrten z.B. seit der Antike mit der Frage, ob es im Weltall ein Vakuum gäbe oder einen gas-ähnlichen Äther ähnlich unserer Atmosphäre. Pascal hatte die Idee, den Luftdruck zu vergleichen, der zwischen Berg und Tal ist, und maß diesen mithilfe eines gerade erfundenen Barometers auf den 1465 m hohen Berg Puy de Dime. Und tatsächlich war die Quecksilber-Säule oben viel niedriger als im Tal, so dass er damit indirekt den Beweis für eine Atmosphärenhülle um die Erde herum geführt hatte, welche die Erde vor dem eiskalten und luftleeren Weltraum schützt.

In den Jahren 1648 bis 1654 ging es Pascal gesundheitlich etwas besser. Er bezog eine luxuriöse Wohnung und hatte Bedienstete. Durch den Kontakt zu religionskritischen Glücksspielern versuchte Pascal die Gesetzmäßigkeiten des Münzwurfs zu ergründen, wodurch er die Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsberechnung entdeckte. Bis heute werden diese Berechnungen z.B. von Versicherungsgesellschaften verwendet.

Seine Schwester Jaqueline machte sich Sorgen um ihren Bruder wegen seiner Leichtlebigkeit und ermahnte ihn, umzukehren. Sie betete, dass Gott ihn doch zur Buße führen möge. Dies geschah dann auch tatsächlich durch einen schweren Kutschenunfall, den Pascal wie durch ein Wunder überlebte. Pascal erkannte die Botschaft Gottes darin und veränderte seinen Lebenswandel auf radikale Weise. Seine Gottesoffenbarung schrieb er auf ein Pergament, das er in seine Weste einnähte: „Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, nicht der Philosophen und Gelehrten […] Gott Jesu Christi […], nur auf dem Wege, den das Evangelium lehrt, ist Er zu finden […] Tränen der Freude – Ich hatte mich von Ihm getrennt, den Quell lebendigen Wassers […]. Jesus Christus! Jesus Christus! Möge ich nie mehr von Ihm geschieden sein!“

Nach seiner zweiten Bekehrung unterwarf sich Pascal extremen Kasteiungen. Er enthielt sich angenehmer Speisen, unterdrückte die Gefühle natürlichster Zuneigung und verteilte großzügig Almosen. Immer stärker wurde der Glaube zum Ausgangspunkt seines Lebens und Denkens. In seiner Schrift Pensées („Gedanken“) legt Pascal die Schwächen des Materialismus bloß und entwickelt ein nach christlichen Maßstäben realistisches Menschenbild und argumentiert mit logischen Argumenten. In der sog. „Pascalschen Wette“ stellt er z.B. das Risiko einer unendlichen Strafe dem vergleichsweise geringen Risiko vergeblicher, irdischer Einschränkungen gegenüber und kommt zu dem Ergebnis, dass es vernünftig sei, an Gott zu glauben, da der erwartete Gewinn den Einsatz unendlich kompensieren würde.

Kurz vor seinem Tod kam Pascal die Idee, etwas für die Armen in Paris zu tun, indem er die allererste Omnibuslinie erfand, und zwar die sog. „Fünfgroschenkutschen“. Zu diesem Zweck hatte Pascal an belebten Plätzen und Straßenkreuzungen umfassende Verkehrsbeobachtungen angestellt und ausgewertet. Damit wurde er indirekt zum Gründungsvater der Pariser Metro.

Als sein Gesundheitszustand sich immer mehr verschlechterte, war Pascal trotz seiner Entkräftung fest entschlossen, den ihm von Gott geschenkten Glauben in praktischen Taten sichtbar werden zu lassen. Er spendete viel und nahm 1662 eine arme Familie bei sich auf. Als eines der Kinder tödliche Pocken bekam, warf er die Familie nicht etwa aus dem Haus, sondern überließ die ganze Wohnung jener Familie und zog zu seiner Schwester. Für ihn war Krankheit der natürliche Zustand des Christen. Als er 1662 dann an einer Hirnblutung starb, erhielt er wunschgemäß ein Armenbegräbnis und vermachte die Hälfte seines Vermögens den Armen.

– „Such, wer da will, ein ander Ziel“ Teil 13

Januar – März 2019

Elijah Nathan  Teil 2  – Ein Christ, der sich als Muslim ausgab

Nachdem ich aus Peru zurückkam, nahm ich Kontakt zu Elijah Nathan auf, damit er mir mein Auto zurück geben möge, das ich ihn für die Zeit meiner Abwesenheit ausgeliehen hatte. Inzwischen hatte ich ja schon von Dirk erfahren, dass Elijah (eigentlich heißt er ja Maikel) inzwischen zum Islam zurückgekehrt sei, aber er wusste ja nicht, dass ich das schon wusste. Als wir uns dann in mein Wohnzimmer setzten, sagte Elijah zu mir: „Simon, ich muss dir etwas bekennen. Ich habe eine Dummheit begangen.“ – „Erzähl mal! Was hast Du denn angestellt?“ Verlegen überlegte er, wie er es erklären konnte: „Weißt Du, ich war verzweifelt und wollte Astrid und unser gemeinsames Kind unbedingt wieder zurückgewinnen. Ich hatte Angst, dass die Muslime sie immer weiter in den Islam hineinziehen und sie am Ende irgendeinen Muslim heiratet. Deshalb bin ich mit ein paar Freunden nach Berlin gefahren zu meinem Erzfeind, um ihn zu verprügeln und meine Frau von dort mit Gewalt wieder zurückzuholen. Aber diese Aktion ging voll nach hinten los und Astrid wollte am Ende auch nicht mitkommen. Und dann hatte ich noch eine viel verrücktere Idee:

Und zwar rief ich mehrere Muslime an und auch meinen Erzfeind, um ihnen mitzuteilen, dass ich nun doch den Islam annehmen wolle. Sie reagierten begeistert und verlangten von mir, dass ich die Schahada sprechen möge, um mich endgültig vom Christentum loszusagen, was ich dann auch tat. Einige nannten mich daraufhin wieder ihren Bruder und hießen mich herzlich willkommen. Überall verbreiteten sie im Internet, dass ich jetzt wieder Muslim geworden war. Meine Frau freute sich überschwänglich und ließ mich wieder zu sich kommen. Sie sagte, dass jetzt wieder alles gut sei und sie die ganze Zeit für mich zu Allah gebetet habe, damit ich mich bekehre. Ich habe ihr natürlich nicht verraten, dass ich nur so tat, als wäre ich jetzt auch Muslim. Aber einige angesehene Muslime inkl. mein Erzfeind zweifelten an meiner Behauptung und wollten mehr Beweise sehen. Deshalb machte ich Videos gegen den christlichen Glauben und versuchte zu beweisen, dass der Islam die einzig wahre Religion sei. Und dann glaubten auch sie mir.“

Ich war erschüttert. „Also dann glaubst Du noch an den HErrn Jesus?“ – „Ja, natürlich!“ – „Aber wie konntest Du Ihn dann so verleugnen!? Und was hast Du Dir denn überhaupt davon versprochen?“ – „Ich hatte gehofft, dadurch Zeit zu gewinnen und dann ganz behutsam auf Astrid einzuwirken, damit ich sie von der Irrsinnigkeit des Islam überzeugen könnte.“ – „Und? Ist Dir das gelungen?“ – „Nein, es kam leider ganz anders, denn ich flog auf.“ – „Und wie ist das passiert?“ – „Ich hatte mich einem christlichen Bruder anvertraut, den ich schon seit Jahren kenne und ihm deshalb vertraute. Er hatte versucht, mich für den christlichen Glauben zurückzugewinnen, und da bekam ich ein schlechtes Gewissen und bekannte ihm die Wahrheit. Ich hatte gehofft, dass er mir für dieses tollkühne Husarenstück gratulieren würde, aber er war entsetzt darüber und verlangte von mir, dass ich meinen Betrug sofort bekennen und mich bei allen dafür entschuldigen solle. Das wollte ich aber auf keinen Fall, um Astrid nicht wieder zu verlieren. Deshalb benutzte nun auch der Bruder eine List, indem er das Gespräch zwischen uns heimlich aufnahm. Mit dieser Aufnahme wandte er sich nun an meinen Erzfeind, und dann war alles aus und vorbei. Zum zweiten Mal warf mich Astrid raus und sagte, dass es diesmal endgültig sei. Und nicht nur bei den Muslimen, sondern auch bei den Christen bin ich nun endgültig in Ungnade gefallen. Ich habe es mir mit allen verscherzt.“

„Vor allem hast Du den heiligen Namen des HErrn Jesus leichtfertig in den Dreck gezogen, indem die Muslime nun sagen können: Schaut Euch diese Christen an, wie sie einfach ohne weiteres ihren Gott verraten und sich über uns lustig machen! Du solltest Dich jetzt wirklich mal bei allen entschuldigen und vor allem Gott um Vergebung bitten!“ – „Ja, das stimmt. Ich habe auch schon Gott um Vergebung gebeten. Aber ich fürchte, dass ich Astrid und mein Kind nun nie mehr wiedersehen werde. Ich habe alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann! Was würdest Du mir denn jetzt raten, Bruder?“ Ich überlegte. „Weißt Du, hättest Du Gott vertraut und einfach nur für die Errettung von Astrid gebetet, dann hätte der HErr ein Wunder schenken können, indem Er Astrid zur Buße führt. Deine Eigenmächtigkeit aber hat Deinen Verstand ganz schön verfinstert, um überhaupt auf solch eine idiotische Idee zu kommen. Vor allem musst Du jetzt wirklich Buße tun, d.h. umdenken und nach Gottes Willen fragen.“ – „Ja, ich weiß,“ antwortete Elijah, „aber was ist Gottes Wille? Gott antwortet mir nicht.“

„Gottes Wille findest Du in Seinem Wort, vor allem in den vielen Beispielgeschichten im Alten Testament, in welchen wir uns wiedererkennen sollen. Deine Geschichte erinnert mich z.B. ein wenig an David, als er aus Furcht, in die Hand des Feindes zu fallen und dadurch seine Familie zu verlieren, auf die törichte Idee kam, zu den Erzfeinden Israels überzulaufen, wenn auch nur zum Schein, so wie Du es tatst. Damit sein Bluff nicht aufflog, tat David alles, um den Philisterkönig zu täuschen, so dass jede Menge Unschuldige sterben mussten. Am Ende aber hat Gott dem David kein Gelingen geschenkt, sondern es geschah genau das, was David verhindern wollte: er verlor seine Familie.“ – „Das ist ja genau meine Geschichte!“ sagte Elijah. „Und wie ging sie dann weiter?“ – „David demütigte sich vor Gott und verhielt sich vorbildlich, so dass Gott ihm seine Familie wieder zurückgab aus der Hand des Feindes.“ – „Wo steht das in der Bibel?“ – „In 1.Sam.27 und 30.“ – „Aber wie sieht das ganz konkret aus? Wie demütige ich mich und verhalte mich vorbildlich?“ – „Indem Du als erstes Astrid einen Brief schreibst und sie um Vergebung bittest. Du musst ihr sagen, dass Du an allem schuld bist und sie deshalb gut verstehen kannst, dass sie von Dir nichts mehr wissen will, dass Du aber trotzdem immer auf ihre Rückkehr warten würdest. Und dann musst Du jeden Tag für sie beten, dass Gott sie wieder zu Dir zurückführe. Und warte geduldig, ob Er es tut“ –

Erwartungen und Enttäuschungen

Nach mehreren missglückten Versuchen bat mich Elijah, ob ich ihm diesen Brief an Astrid nicht diktieren könnte, was ich dann auch tat. Und dann bat ich ihn, sich auch bei den Muslimen und den ganzen Christen in Deutschland zu entschuldigen, dass er sie an der Nase herumgeführt hatte. „Du musst jetzt auch der Buße würdige Früchte bringen, indem Du in den nächsten Jahren erst einmal ganz auf weitere Videos verzichtest, damit alle sehen, dass Deine Buße echt war. Denn Du hast anderen gepredigt und bist selbst verwerflich geworden. Paulus hatte davor gewarnt, dass ein Jungspross wie Du ungeeignet ist, um das Volk Gottes zu führen, da ein solcher sich erst einmal bewähren muss als ‚untadelig, verheiratet, nüchtern, besonnen und lehrfähig, damit er nicht aufgeblasen dem Gericht des Teufels verfalle‘ (1.Tim.3:2+6). Daran hast Du Dich aber bisher nie gehalten, denn auch von mir hast Du Dir früher nichts sagen lassen.“ – „Ja, natürlich, ich werde mich jetzt erstmal völlig zurückhalten und mich um eine Ausbildung bemühen, gar keine Frage“ versicherte mir Elijah. „Könntest Du mir vielleicht nochmal etwas Geld leihen zur Überbrückung für die nächsten Tage? Sobald ich wieder Geld habe, zahle ich es Dir sofort zurück.“

Ich gab ihm weitere 100,- €, so dass er mir jetzt 250,- € schuldete. Und dann sagte ich ihm noch: „Weißt Du, wir machen alle Fehler, aber entscheidend ist, dass wir sie nicht immer wiederholen, sondern etwas daraus lernen. David hatte aus seinem eigenmächtigen Handeln gelernt, indem er von nun an immer erst Gott befragte. Saul hingegen hat ständig immer nur eigenwillig gehandelt. Und selbst als er sein Handeln bereute, ging es ihm vor allem darum, dass Samuel ihn vor den Ältesten ehren möge, anstatt dass er sich um die Ehre Gottes sorgte. Deshalb hat Gott ihn verworfen. Du musst Dich also entscheiden, ob Du Dir künftig David zum Vorbild nehmen willst oder Dich wie Saul verhältst…“ – „Nein, nein, ich werde mein Leben jetzt auf jeden Fall ändern, verspreche ich Dir!“ Wir umarmten uns, und er zog seines Weges.

Nun meldete sich auch Dirk bei mir und berichtete, wie es um ihn und seine Familie auf den Philippinen stand. Er versuche, das Geld zusammenzukriegen, um sie nach Deutschland zu holen, habe aber Anfang Januar einen herben Rückschlag erlitten, indem die Reisfirma ohne nähere Begründung ihn einfach gekündigt hatte innerhalb der Probezeit. Da das Jobcenter ihm noch nichts gezahlt hatte, konnte er seine letzte Miete und die vom Februar noch nicht bezahlen und hatte Angst, seine Wohnung zu verlieren. Er bat mich deshalb, ob ich seinem Vermieter die 1.200,- € für die beiden Monate überweisen könne, und er würde mir diese dann in Raten zurückzahlen, zusammen mit den 1.800,- €, die er mir bereits schuldete. Er tat mir sehr leid, weshalb ich mich einverstanden erklärte.

Einige Tage später bekam ich einen Bußgeldbescheid wegen zu schnellen Fahrens, sowie eine Rechnung für eine ambulante Krankenhausversorgung. Es stellte sich heraus, dass Elijah nicht nur mit meinem Wagen geblitzt wurde, sondern hatte auch einen Unfall gehabt und dabei meine Adresse angegeben. Ich rief ihn an, und er bekannte mir, dass er mit meinem Wagen versehentlich von der Straße abgekommen sei und im Graben gelandet war. Dabei habe er sich verletzt, so dass der Krankenwagen kommen musste. „Und warum hast Du mir das nicht erzählt?“ – „Ich war an dem Tag nochmal nach Astrid gefahren, um sie mit einem Blumenstrauß um Vergebung zu bitten, aber sie hat mich nicht einmal reingelassen. Deshalb war ich so frustriert, dass ich zu schnell gefahren war und den Unfall verursachte. Aber mach Dir keine Sorgen, Simon, ich bezahl die beiden Rechnungen selbstverständlich. Du kannst sie ja erstmal für mich begleichen und ich erstatte Dir umgehend die Auslagen, spätestens bis Ende Februar.“

Doch als wir Mitte März hatten, war noch immer kein Geld zurückbezahlt, und Elijah ging auch nicht ans Telefon. Daher ging ich in seinen Videokanal auf YouTube, um einen Hinweis auf ihn zu bekommen. Da sah ich ein Video, dass er in der Zeit seines angeblichen Glaubensabfalls gemacht hatte. Darin versuchte er, anhand des Codex Sinaiticus zu beweisen, dass die Bibel verfälscht wurde, indem er nachwies, dass Joh.8:1-12 und Markus 16:10ff in der ältesten Abschrift des Neuen Testaments fehlten und deshalb später angeblich hinzugedichtet wurden. Bruder Josef Drazil hatte daraufhin ein sog. Reaction-Video gemacht, um die Behauptungen von Elijah Nathan zu entkräften. Ich dachte nur: Wie kann er nur dieses schwierige Thema gewählt haben, um seinen Abfall vom Christentum vorzutäuschen! Denn er nahm dadurch ja billigend in Kauf, dass ungefestigte Christen dadurch Zweifel an der Bibel bekommen könnte!

Als ich auch im Juli noch immer nichts zurückerstattet bekam und er mich scheinbar auch blockiert hatte, ging ich wieder auf seinen Kanal – und siehe da: er machte wieder Videos, indem er sich mit den Muslimen stritt! Er hatte also noch immer nichts dazugelernt, und alle seine Versprechen waren nur heiße Luft!  So ein Heuchler, dachte ich: Da gibt er sich hier als engagierten Christen aus, aber kommt nicht einmal auf die Idee, seine Schulden zu bezahlen. Daraufhin schrieb ich ihm einen Kommentar unter eines seiner Videos, dass er doch bitte mal seine Schulden bei mir bezahlen möge, bevor er sich hier so in Pose stellt. Daraufhin schrieb er mir zurück, dass ich jenem bösen Knecht gleichen würde aus Luk.18, der sagte: „Zahle, was du mir schuldig bist!“ Daraufhin zitierte ich Psalm 37:21, wo es heißt: „Der Gesetzlose borgt und zahlt es nicht wieder zurück; der Gerechte aber ist gnädig und gibt“. Nun schrieb mir Elijah Nathan eine SMS und drohte mir, dass er mich verklagen würde wegen übler Nachrede, weil ich ihn öffentlich bloßgestellt hatte. Daraufhin antwortete ich mit 1.Tim.5:20 „Die da sündigen, überführe vor allen, damit auch die übrigen Furcht haben“. Mir schien allmählich, dass er gar kein echter Christ war, sondern nur ein Narzisst wie Ivo, der das Christentum nur benutzte, um sich selbst als besseren Menschen darzustellen.

Aber auch von Dirk bekam ich noch immer kein Geld zurück, sondern erfuhr von seinem Vermieter, dass er aus Bremen weggezogen sei. Da er seine letzten Mieten nicht bezahlt hatte, habe der Vermieter das Deponat einbehalten. Für mich war dies insofern eine schlimme Nachricht, da ich im Verlauf des Jahres selbst in eine Überschuldungskrise geraten war aufgrund säumiger Kunden. Zeitweise lag mein Kontostand mit 12.000,- € im Minus. Ich fragte Dirk per WhatsApp, was los sei. Seine Antwort erschrak mich, aber weniger seine Textnachricht als vielmehr das Foto, das er mir von sich schickte: in weniger als einem Jahr war der einst abgemagerte Dirk richtig dick geworden, geradezu aufgedunsen. Er sah aus wie ein abgehalfterter Alkoholiker, elendig, blass und krank. Ich dachte nur: Oh nein! und stellte lieber keine Fragen. Er versprach, dass er mir jetzt jeden Monat 50,- € zurückzahlen wolle. Aber dies geschah nur zwei Mal, dann überwies er mir noch mal 5,- € und dann kam gar nichts mehr. Die Not von Dirk muss so groß gewesen sein, dass er aus lauter Scham leider ganz den Kontakt zu mir abbrach. An meiner Liebe und Fürbitte für ihn hat das aber nichts geändert. Bis heute habe ich nie mehr etwas von ihm gehört.


Georg und die Gabe der Krankenheilung

Zu den vielen Bekanntschaften, die ich auf Facebook machte, gehörte auch ein Bruder namens Georg (55), der mir sehr sympathisch schien, weshalb ich ihn eines Tages anrief. Er erzählte mir, dass er 2009 zu den vergleichsweise wenigen zähle, die an der sog. Schweinegrippe erkrankten. An dieser wäre er beinahe gestorben, weshalb er seine Heilung als Wunder erlebte und so zum Glauben an Gott fand. Eines Tages besuchte er einen Vortrag über einen gewissen Bruno Gröning (1906-1959), der in den 50er Jahren in der frühen Bundesrepublik viele Menschen geheilt haben soll. Während dieses Vortrages hatte Georg auf einmal ein sehr intensives Bekehrungserlebnis, auf dem er plötzlich die Gabe der Krankenheilung erhielt. Sofort begann er, diese Gabe anzuwenden bei seiner krebskranken Nachbarin, indem er ihr die Hände auflegte und für sie betete. Sofort wurde sie gesund nach seiner Aussage. Als er kurze Zeit später mit seinem Hund spazieren ging, sah er eine kranke Taube auf dem Boden, die in den letzten Zügen war. Er nahm sie auf die Hände und betete für sie um Heilung. Plötzlich war sie wieder quicklebendig und flatterte aus seiner Hand. Und auf gleiche Weise erlebte Georg immer wieder, dass Gott durch ihn Kranke heilte.

Diese Geschichte beeindruckte mich sehr, zumal ich den Georg als einen sehr einfältigen und demütigen Bruder erlebte, der weit entfernt war von Sensationshascherei. Auch war es mir sympathisch, dass er nicht zur Charismatik gehörte, sondern sich mit ein paar aramäischen Geschwistern im Raum Rheda-Wiedenbrück versammelte, etwa drei Stunden von Bremen entfernt. Sollte Gott dem Georg vielleicht wirklich die Gabe der Krankenheilung gegeben haben (1.Kor.12:9)? Durch den Bruder Harald, der ja durch T.B. Joshua geheilt wurde, hatte ich mich ja schon mal mit dem Thema beschäftigt und mir das Buch von Willem Ouweneel gekauft „Heilet die Kranken!“ Eigentlich gehört Ouweneel als einer der Leiter der Brüderbewegung ja zu den Skeptikern von übernatürlichen Wirkungen des Heiligen Geistes heute. Aber als er auf Anraten seiner Tochter 2001 nach Nigeria flog, um sich selbst mal einen Eindruck zu verschaffen, wurde er nach zweimonatiger Prüfung und vielen Gesprächen überzeugt, dass T.B. Joshua tatsächlich ein Mann Gottes war, durch den Gott Heilungswunder und Dämonenaustreibung wirkte. Und der HErr Jesus sagte ja, dass der Teufel nicht sich selbst austreiben würde, da sein Reich dann nicht mehr bestehen könnte (Luk.11:15-22). Von daher können echte Heilungen nur von Gott sein und nicht vom Teufel.

Diese Überlegungen teilte ich mit Ruth, die ja inzwischen schon seit acht Jahren an der Fibromyalgie litt. Hatte Gott mir den Georg vielleicht gerade deshalb über den Weg laufen lassen, damit wir ihn besuchen und Ruth sich von ihm heilen lassen sollte? Ruth war skeptisch, denn warum sollten wir drei Stunden weit fahren, wenn Gott Ruth doch genauso gut in Bremen heilen könnte? „Weil Gott vielleicht unseren Glauben prüfen möchte. Der Syrer Naaman sagte ja auch, dass es in Syrien viel bessere Flüsse gegeben hätte, um sich zu waschen, weil er nicht sofort erkannte, dass es hier um seinen Glauben ging. Lass uns doch mal den Georg besuchen, und dann werden wir ja sehen, ob Gott durch ihn ein Wunder schenken will oder nicht!“ Am Ende überredete ich Ruth, und wir machten uns am Wochenende auf den Weg nach Dellbrück.

Als wir ankamen, begrüßte uns eine Schwester herzlich und ließ uns Platz nehmen unter einem großen Feigenbaum. Nun kam auch Georg hinzu, dessen niedrige Statur zu seiner demütigen Art passte. Wir unterhielten uns zunächst darüber, wie jeder zum Glauben gekommen sei, um uns näher kennenzulernen. Die Schwester erklärte, dass sie und ihr ungläubiger Ehemann Aramäer seien, deren Eltern aus der östlichen Türkei eingewandert sind. Die Aramäer waren schon immer Christen und Aramäisch sei ja auch die Sprache des HErrn und der Jünger gewesen. Während sie mir an Beispielen die aramäische Schrift und Ausdrucksweise erklärte, dachte ich, dass sie mit ihrer Leibesfülle und kurzen Hose nicht gerade fromm wirkte. Kurz darauf kam auch noch ihre gläubige Schwester dazu, und wir gingen ins Wohnzimmer, um für die Heilung zu beten. Zumindest dachten Ruth und ich das. Aber stattdessen stellte Georg einen Stuhl in die Mitte und bat Ruth darauf Platz zu nehmen. Und dann legte er ihr ohne gemeinsames Gebet die Hände auf, während er etwa zwei Minuten lang mit geschlossenen Augen ein Flüstergebet sprach. Währenddessen beobachtete ich, wie er mit der anderen Hand merkwürdige Zuckungen machte.

Ich war irritiert und betete leise, dass der HErr Ruth beschützen möge, damit jetzt nicht ein fremder Geist in sie eindringe; denn richtig biblisch fand ich das nicht. Ruth dachte genau das gleiche und erbat den Schutz des HErrn. Uns beiden gefiel es ganz und gar nicht, dass Georg vorher nicht erstmal mit uns gemeinsam gebetet hatte, was wir ihm dann auch sagten: „Du hattest vergessen zu beten!“ Doch statt zu antworten, fragte Georg Ruth: „Und hast Du was gespürt? Ich habe nämlich ganz deutlich gespürt, wie die Kraft Gottes sich manifestiert hat. Habt ihr das auch gesehen?“ – „Ja, Deine Hand hat gezittert. Aber warum haben wir nicht vorher gebetet?“ – „Ich habe ja im Stillen gebetet, und ihr hättet das auch tun sollen. – Hast Du denn jetzt noch Schmerzen, Ruth?“ – Sie lächelte: „Na ja, ehrlich gesagt, ja, ein bisschen.“ – „Manchmal dauert das noch einen Moment, aber das wird jetzt immer weniger, wirst Du sehen.“

Ich war beeindruckt, wie sicher sich der Georg war, hatte aber auf einmal eine starke Skepsis. Die Ehre Gottes muss doch bei alledem im Mittelpunkt stehen. Aber selbst jetzt kam Georg nicht auf die Idee, uns als Gastgeber zum Gebet einzuladen, wie das doch das Selbstverständlichste war. Inzwischen wusste ich schon selbst nicht mehr, ob ich noch mit ihnen gemeinsam beten wollte, denn eine spontane Heilung war ja auch (noch) gar nicht passiert. War das alles wirklich nur fauler Budenzauber? Wozu waren wir dann überhaupt hergekommen? Ich ließ mir aus Höflichkeit jedoch nichts anmerken, und wir nahmen noch beim gemeinsamen Kaffee und Kuchen-Essen teil. Georg hatte mir ein großes Buch mitgebracht, das er mir ausleihen wollte. Zu meiner Überraschung war es ein Johannesevangelium, und ich fragte ihn, warum er mir das geben wolle, da ich es doch in meiner Bibel habe. Erst jetzt bemerkte ich, dass es sich um einen Roman gleichen Namens handeln musste, denn als Autor stand dort Jakob Lorbeer. Den Namen hatte ich schon mal flüchtig gehört, konnte ihn aber nicht zuordnen. Georg erklärte mir, dass er ganz begeistert sei von diesem Buch, dass ein Mann Gottes mithilfe des Heiligen Geistes geschrieben hatte und das über das vollständige Leben Jesu auf Erden berichtet. „Aber warum nennt er es denn ‚Das große Evangelium Johannes‘? Und woher will er denn wissen, was der HErr über das Geoffenbarte hinaus noch gesagt und getan hat?“ fragte ich. „Weil der Geist Gottes es ihm eingegeben hat!“ – „Und warum steht hier ‚Band 1‘? Gibt es denn noch einen 2. Band?“ – „Ja, es gibt sogar noch 10 Bände!“ sagte Georg. Die Geschichte wurde für mich immer absurder. „Wozu sollte man das denn lesen, wenn Gott uns doch in der Bibel schon alles gesagt hat, was wir wissen sollen? Mir scheint das ein Scharlatan zu sein.“ Georg reagierte brüskiert: „Sei vorsichtig, was du sagst, Simon! Du solltest es doch erst einmal prüfen und dann ein Urteil fällen. Für meinen Glauben würde mir die Bibel allein niemals ausreichen!

Eigentlich hatte sich Georg durch diese Aussage schon verraten, dass er ein falscher Christ ist, dessen Glaube sich gar nicht wirklich auf der Bibel gründete. Ruth hatte unser Gespräch nicht mitbekommen, da sie sich mit der anderen unterhielt. Ich dachte, dass ich ihr erstmal noch nichts sagen sollte, um sie nicht zu beunruhigen. Als ich später zuhause in diesem „Johannesevangelium“ las, dachte ich: Das ist doch völlig lächerlich! Das ist nichts anderes als ein schlecht geschriebener Phantasieroman, den sein Autor letztlich nur mit einem cleveren Verkaufstrick an den Mann bringen wollte. Wie naiv muss man sein, zu glauben, dass das vom Heiligen Geist stammt! Ich suchte im Internet nach mehr Informationen über diesen Jakob Lorber, und je mehr ich las, desto abstruser und widersprüchlicher wurde dieses Gehabe um diesen angeblichen Mystiker. Auch wenn ich mir kaum Hoffnung machte, den Georg noch mit Fakten zu überzeugen, schrieb ich ihm einen ausführlichen Brief, um ihm meine Beurteilung aus biblischer Sicht mitzuteilen, und wir beteten zugleich, dass der HErr doch sein Herz öffnen möge. Leider reagierte Georg sehr beleidigt auf meinen Brief, und auch die beiden Schwestern, die offenbar Teil dieser Lorber-Sekte waren, verteidigten Georg, indem sie mich aufs Übelste beschimpften auf Facebook.

Bahzad Adb-al Karam – Ein Iraker gerät in Not  (Teil 1)

Bereits im Jahr 2017 lernte Bruder Bernd Fischer einen irakischen Flüchtling kennen, der gläubig wurde und sich in einer evangelischen Gemeinde taufen ließ. Bahzad Abd-al Karam (27) war seit seinem 16. Jahr Soldat aus dem Kurdengebiet im Nord-Irak, der wegen der Grausamkeit des IS 2014 desertierte und nach Deutschland floh. Da er in der Landeskirche kaum Kontakte knüpfen konnte, schloss er sich bald darauf einer evangelikalen Freikirche an, wo er den Bernd kennenlernte, der gerade zu Besuch war. Als Bernd ihn ganz alleine auf den hinteren Bänken sah, hatte er Mitleid mit ihm und lud ihn zu sich nach Haus ein. Bahzad erklärte zunächst, dass er seit seiner christlichen Taufe nicht mehr Bahzad heißen wolle, sondern Daniel. Daniel war von seinem Erscheinungsbild ziemlich depressiv und bemitleidenswert, etwa wie ein Hund, den man von klein auf immer nur getreten hatte. Sein Rücken war leicht nach vorne gekrümmt, er lächelte fast nie und es gelang kaum, ihn aufzumuntern. Durch mangelnde Zahnpflege und starkem Zigarettenkonsum waren seine Zähne so hässlich, dass er auch kaum Chancen hatte auf einen Job, geschweige denn auf eine Frau, um diese zu heiraten. Er war im also Grunde immer auf der Verliererseite des Lebens und kaum Aussicht, dass sich daran auf absehbare Zeit nochmal etwas ändern würde.

Als ich Bahzad (alias Daniel) ein Jahr zuvor kennenlernte, sprachen wir über die Notwendigkeit, dass er unbedingt mit dem Rauchen aufhören und seine Vorderzähne auswechseln lassen sollte durch ein Gebiss, damit er endlich Chancen auf dem Arbeitsmarkt bekommen könnte. Da er mehrere Sprachen fließend beherrschte (Kurdisch, Arabisch, Persisch, Deutsch und Türkisch), hatte er gute Chancen, als Dolmetscher oder Wächter in einer Flüchtlingsunterkunft zu arbeiten. Deshalb war die Arbeitsagentur bereit, ihm eine Zahnprothese zu bezahlen. Als christlicher Konvertit und Kriegsdeserteur, der im Falle einer Auslieferung an den Irak mit Folter oder Todesstrafe rechnen musste, hatte er in Deutschland einen dauerhaften Asylantenstatus. Allerdings machte ihm das Leid seiner Familie in den Kurdengebieten schwer zu schaffen. Seine Mutter war schwer herzkrank und brauchte dringend ein neues Herz. Bernd und andere Brüder hatten dafür etwas gespendet, aber bei der OP gab es Komplikationen, da das neue Herz nicht vom Körper angenommen wurde. Schon wieder musste sie operiert werden, aber die Familie hatte kein Geld. Bernd bat seine beiden Schwestern und andere Brüder (wie mich) um Hilfe, um die Mutter zu retten.

Doch auch unabhängig von diesen Sammlungen bat Daniel immer häufiger um Geld für seine privaten Bedürfnisse, da er immer wieder anderen notleidenden Asylanten mit Spenden half, obwohl er selbst kaum Unterstützung vom Amt bekam. Besonders ein Georgier namens Guderzi, mit dem er eng befreundete war und dessen Sohn die Abschiebung drohte, musste er immer wieder Geld für den Anwalt leihen, das er sich zuvor von Bernd auslieh. Doch dann gelang es dem Daniel, andere Asylanten zu gewinnen, um gemeinsam eine Bibelstunde zu organisieren, bei der Bernd dann predigen konnte und Daniel übersetzte. Daniel fand dann auch Arbeit in einer Glaserei und wurde schon nach kurzer Zeit unentbehrlich, da er anderen Aushilfen aus dem Nahen Osten Einweisungen gab in ihren jeweiligen Sprachen. Nun war Daniel auch zum ersten Mal in der Lage, seine Schulden in Raten zu bezahlen. Leider verlor er diese Stelle schon bald wieder aus mir nicht bekannten Gründen. So setzten wir uns zusammen und sprachen mit Daniel über seine Situation. Da er offensichtlich Schwierigkeiten hatte, eine Arbeit zu finden, da die Region im ehemaligen Zonenrandgebiet lag, wo Fuchs und Hase sich Gute Nacht sagten, bot ich ihm an, doch nach Bremen zu kommen, wo die Chancen für eine Arbeitsstelle besser standen. So fuhr er im Herbst 2018 nach Bremen, und ich besorgte ihm einen Job bei einer Gerüstbaufirma. Doch schon kurz darauf verlor er diesen auch schon wieder, weil Daniel nicht kräftig genug und dem Arbeitsdruck nicht gewachsen war.

Und dann erreichte dem Daniel ein Brief aus dem Irak, den er als schwere Prüfung erlebte: Jahre zuvor, als Daniel noch ungläubig war, bat ihn ein Freund, ob er bereit sei, für ihn vor Gericht zu lügen, um ihn als falschen Zeugen zu benennen. Dieser Freund hatte sich nämlich eine höhere Summe geliehen von einer Familie, war aber nicht mehr in der Lage, die Summe zurückzuzahlen. Deshalb wollte er vor Gericht behaupten, er hätte der Familie das Geld bereits vollständig zurückgezahlt und wollte sich dafür auf Daniel als Zeugen berufen. Daniel machte den Betrug mit, wusste aber nicht, dass die Tochter der Familie ein schweres Nierenleiden hatte und das Geld dringend gebraucht hätte für eine lebensnotwenige Operation. Da diese nun nicht rechtzeitig erfolgte, schwebte die 14-Jährige nun in Lebensgefahr. Sie hatte nur noch wenige Wochen zu leben, wenn sie nicht so schnell wie möglich eine neue Niere bekäme. Die OP würde aber 14.000 € kosten. Der Vater des Mädchens machte Daniel die schwersten Vorwürfe, dass er das Leben seiner Tochter auf dem Gewissen haben würde wegen seiner Lüge, und dass er seine böse Tat nur dadurch wieder gutmachen könne, indem er die 14.000 € beschaffen würde.

Sofort rief Bernd wieder alle möglichen Gläubigen an, um das Geld aufzutreiben, unter anderem auch mich. Ich sagte ihm, dass meine Frau Ruth nicht damit einverstanden sei, da wir schon so viel andere Projekte unterstützen würden. Am Ende gelang es Bernd trotzdem, 9.600 € aufzutreiben. Wegen der letzten 4.400 € rief er mich erneut an und bedrängte mich, dass es ja schließlich um das Überleben eines unschuldigen Mädchens gehe und wir Christen durch diesen Dienst ein wertvolles Zeugnis für die Muslime sein könnten und sie unsere christliche Liebe dadurch erfahren. In Bezug auf Ruth erinnerte mich Bernd an das Wort des HErrn, dass die Linke nicht wissen müsse, was die Rechte tut. Am Ende hatte er mich überredet und ich überwies ihm trotz meiner eigenen finanziellen Knappheit diese Restsumme.

Statt eines Dankesschreibens von der Familie oder wenigstens eines Anrufs von Daniel, dass das Geld gut angekommen war und die OP geglückt sei, bekam ich kurz darauf einen Anruf vom Bundeskriminalamt. Der Ermittler wollte wissen, warum ich so viel Geld an Bernd Fischer überwiesen hatte, der inzwischen unter Terrorismusverdacht stand zusammen mit Bahzad, da die vielen Gelder, die er regelmäßig in den Irak sandte, in Verdacht standen, für Waffeneinkäufe genutzt zu werden. Die Hausbank von Bernd hatte auf Grund des Geldwäschegesetzes einen Tipp an die Polizei gegeben, dass ein Rentner ständig seine Guthaben vom Konto abräumte, um sie an einen irakischen Flüchtling zu überweisen, insgesamt schon 74.000 €. Ich erklärte dem Terroristenfahnder, dass der Bernd ein herzensguter Glaubensbruder sei, der einfach nur viel Mitleid mit einem irakischen Flüchtling habe, der ständig irgendwelche größere Summen brauche, um seinen Verwandten und Bekannten im Irak zu helfen. Der Beamte hatte für diesen Großmut absolut kein Verständnis und warnte uns, dass die Araber eine ganz andere Moral hätten in Bezug auf die Wahrheit und dass man daher nicht umsonst von den „Geschichten aus tausend und einer Nacht“ spreche. Daraufhin besuchte der Terrorfahnder den Bernd und ließ sich sofort überzeugen, dass Bernd kein Komplize war. Das Telefon von Daniel wurde jedoch längere Zeit abgehört.

Im Frühjahr 2019 überraschte uns Daniel auf einmal mit der Nachricht, dass er im Asylantenheim eine junge Tschetschenin kennengelernt hatte, in die er sich verliebt hatte und um ihre Hand bat. Zuvor war diese von ihrem tschetschenischen Ehemann mit drei kleinen Kindern sitzen gelassen worden, so dass ihr die Abschiebung drohte. Durch eine Heirat könnte sie aber dann dauerhaft bleiben, so dass sie freudig einwilligte. Elmira war eigentlich Muslima, aber aus Liebe zu Daniel (und vielleicht auch zu seinem Aufenthaltsstatus) nahm sie dann bereitwillig den christlichen Glauben an. Um aber standesamtlich zu heiraten, brauchte sie ihre Scheidungspapiere aus Russland, die sie nur mithilfe eines Anwalts bekommen konnte. Aber auch Daniel benötigte seine Geburtsurkunde aus dem Iran, die jedoch von den Behörden verschlampt wurde, so dass auch er einen Anwalt benötigte, der ihm die Papiere besorgen musste. All dies kostete natürlich dann wieder jede Menge Geld, das sich Daniel von Bernd leihen wollte. Es nahm einfach kein Ende. Schließlich entschied sich Daniel auf Bernds Anraten, vorerst auf eine standesamtliche Hochzeit zu verzichten und sich erst mal mit einer kirchlichen Hochzeit zu begnügen. Im Sommer 2019 lud uns Daniel dann zu seiner Hochzeit ein, wo ich dann auch seine Frau Elmira und ihre drei Kinder kennenlernte. Im Anschluss wurden die Kinder vom Pastor der Landeskirche zum Christentum getauft.

Eigentlich sollte dann auch schon bald darauf die standesamtliche Trauung stattfinden, aber es gestaltete sich sehr schwierig, die notwendigen Unterlagen zu beschaffen, zumal immer wieder neue Kosten erforderlich wurden, die den Bernd und seine Frau an die Grenzen der Belastbarkeit brachten. Schon begannen die Schwestern von Bernd sich zu beklagen, dass sie schon so viel gegeben hätten und bis jetzt kaum etwas zurückbekommen hätten. Jedes Mal setzte Bernd sie so unter Druck, weil es angeblich so eilig und dringend sei, dass sie kaum Bedenkzeit hatten. Und wenn sie nichts mehr geben wollten, machte er ihnen ein schlechtes Gewissen, dass der Daniel doch so hilflos und machtlos sei. Daher riefen sie mich an und baten mich, dass ich doch mal auf Bernd einreden solle, damit diese ständige Bettelei ein Ende nehmen möge. Inzwischen kamen mir auch die ersten Zweifel, ob diese ganzen Geschichten, die Daniel uns immer erzählte, überhaupt der Wahrheit entsprachen. Ich rief Daniel an und verlangte, dass er mir mal alle seine Kontoauszüge der letzten Monate sowie die ganzen Rechnungen schicken sollte, um mir mal einen Überblick zu verschaffen, ob das eigentlich alles so richtig sei. Dies tat Daniel dann auch umgehend. Doch je mehr ich mich in den ganzen Wust einarbeitete, desto mehr häuften sich die Irritationen und Ungereimtheiten, so dass ich immer wieder mit Daniel telefonieren musste. Manche Papiere waren auf Arabisch, manche Jobcenterbriefe forderten von ihm Unterlagen, von denen ich nicht wusste, ob er sie nachgereicht hatte. Auf seinen Kontoauszügen sah man viele Barabhebungen, aber auch unglaublich viele Ratenzahlungsabhebungen, so dass das Geld, dass er vom Amt bekam, sofort wieder wegging. Am Ende sah ich nur noch eine Möglichkeit: Daniel musste zur Schuldenberatung und eine Privatinsolvenz anmelden, damit sein Konto nicht mehr gepfändet werden konnte.

Und dann kam wieder eine überraschende Wendung: Daniel teilte uns mit, dass er von seinen Brüdern im Irak erfahren habe, dass das gemeinsame Stück Land der Familie vom Staat zwangsaufgekauft wurde, da man eine große Menge Erdöl dort gefunden hatte. Auf einen Schlag hatte die Familie sehr viel Geld bekommen, von dem auch dem Daniel ein großer Anteil zustünde. Doch anstatt es ihm einfach zu überweisen, sollte aus irgendwelchen mir unerfindlichen Gründen eine Schwester vom Daniel ihm das Geld in die Schweiz bringen, von wo er es dann abholen sollte. Dazu aber waren Reisekosten notwendig, die Daniel wieder vom Bernd erbetteln musste. Da sich die Beschaffung des Geldes jedoch verzögerte, war die Schwester bei Daniels Ankunft angeblich schon wieder unverrichteter Dinge abgereist. Es war alles so verwirrend, dass ich die Geschichten schon längst nicht mehr glauben wollte. Aber das Ganze sollte dann im Jahr 2021 noch ein überraschendes Ende nehmen…

Ist ein Orgasmus Sünde?

Noch immer versammelten Florian, ich und die anderen vom Hauskreis uns einmal pro Woche abwechselnd bei mir oder beim Florian, um gemeinsam in der Bibel zu lesen. Und einmal pro Woche trafen wir uns darüber hinaus noch zum gemeinsamen Gebet im Kirchenturm der Martinigemeinde. Immer dann, wenn Bruder Wolfgang Ruland bei uns zu Besuch nach Bremen kam und bei mir übernachtete, nahm er auch gerne an den Gebetsstunden teil. Doch im Laufe der Zeit kam eine Sache immer wieder ins Gespräch, die mir bei Wolfgang missfiel: Er hatte auf seiner Internetseite einen Artikel über das Thema „Kinderzeugung“, in welchem er die Auffassung vertrat, dass der Geschlechtsverkehr allein und ausschließlich nur der Zeugung von Kindern diene und daher gläubige Eheleute, die keine Kinder mehr bekommen könnten, auch keinen Geschlechtsverkehr miteinander haben dürften. Einzelne Thesen dieser Auffassung hatte Wolfgang sogar auch in einem selbstverfassten Traktat erwähnt, wo er von „Sexsklaverei“ sprach, wenn man aus lauter Lust an der Sexualität miteinander schlafen würde. Mehrfach hatte ich den Wolfgang darauf schon angesprochen, dass dies biblisch nicht haltbar sei und er damit nicht nur Ungläubige, sondern auch Gläubige völlig überfordere. Wolfgang versprach mir, meine Argumente zu prüfen und das Traktat ggf. nochmal zu überarbeiten. „Bei dieser Gelegenheit solltest Du vielleicht auch das Wort ‚Schwulitäten‘ einfach mal austauschen gegen das Wort Homosexualität“ riet ich ihm.

Als er mir einige Zeit später seine neue Version präsentierte, war ich entsetzt. Denn sie war mit 12 Seiten nicht nur deutlich umfangreicher, sondern enthielt noch viel schlimmere Thesen als die Vorige. Auf einmal war der Verzicht auf einen Orgasmus sogar heilsentscheidend, denn er schrieb, dass jeder, der es nicht schaffe, wenigstens zwölf Monate lang keinen Orgasmus zu haben, nicht errettet werden könne. „Wie kommst Du auf sowas?!?“ fragte ich Wolfgang. „Wo steht das denn in der Bibel?“ Wolfgang erklärte, dass die Unreinen und mit Gräueln Befleckten nicht ins Himmelreich eingehen würden, und dass ja schon die Vorstellung von einer anderen Frau Grund genug sei, dass jemand ins Höllenfeuer geworfen werde. – „Wenn Du sowas den Ungläubigen in Form eines Traktates weitergibst, dann hältst Du sie im Grunde davon ab, den HErrn Jesus als ihren Retter anzunehmen. Denn damit schreckst Du sie nicht nur ab, sondern schaffst im Grunde ein ganz neues Evangelium, indem jeder, der sich sexuell enthält, automatisch errettet wird, auch wenn er das Sühneopfer des HErrn Jesus gar nicht für sich angenommen hätte. Abgesehen davon, ist diese Forderung doch überhaupt nicht biblisch belegbar!“ Wolfgang widersprach mir: „Paulus sagt deutlich, dass wir unseren Leib töten sollen und dass wir unsere Glieder nicht mehr zu Werkzeugen der Ungerechtigkeit machen dürfen, sondern sie zerschlagen und in Knechtschaft führen sollen. Wem das nicht gelingt, der hat auch nicht den richtigen Glauben, der die Welt überwinden soll!“ – „Du sprichst auf das Thema Selbstbefriedigung an. Was aber soll jemand tun, der nicht verheiratet ist?“ – „Ob verheiratet oder unverheiratet – dieses Thema betrifft alle Gläubigen, und wenn wir errettet werden wollen, dann müssen wir uns in Zucht nehmen.“ – „Das ist ja richtig, aber das kannst DU nicht einfach zur Bedingung der Errettung machen. Denn das Überwinden ist ein Prozess, und wir sollen Geduld üben mit den Schwachen.“ – „Das habe ich ja auch. Aber das ändert nichts an der Forderung des HErrn.“

Gott hat aber doch die Sexualität als Gabe gegeben, und zwar nicht nur zur Fortpflanzung, sondern auch dafür, damit Eheleute sich an einander erfreuen und ihre Liebe ausdrücken können. Ohne einen Orgasmus wäre die Fortpflanzung z.B. gar nicht möglich.“- „Das stimmt nicht“ sagte Wolfgang überraschenderweise. „Es gibt Christen, die haben Kinder gezeugt ohne Orgasmus.“ – „Wie soll das denn gehen?“ fragte ich ihn irritiert. Er überlegte kurz, wie er es mir erklären konnte: „Weißt Du, wenn der Mann erregt ist, aber kurz vor dem Orgasmus innehält, dann verliert er schon ein klein wenig Samenflüssigkeit, und diese reicht aus, um eine Zeugung hervorzurufen, aber trotzdem ohne Orgasmus. Das haben die ganz frommen Brüder aus den letzten Jahrhunderten immer so gemacht.“ – „Das habe ich ja noch nie gehört. Woher weißt Du das?“ (denn da Wolfgang unverheiratet war, konnte er das ja kaum aus eigener Erfahrung behaupten). „Ich habe das in einem Buch gelesen.“ – „Was ist das für ein Buch?“ – „Es heißt ‚Eunuchen für das Himmelreich‘ und ist von der Tochter des Bundespräsidenten Heinemann geschrieben.“ – „Ach! ich kenne das Buch von Frau Ranke-Heinemann. Habe es selbst mal gehabt. Aber Dir ist klar, dass das eine Atheistin ist?“ – „Ja, natürlich. Aber sie gibt in diesem Buch interessante Informationen, wie die Gläubigen es mit der Sexualität gehandhabt haben in den letzten 1.800 Jahren. Solche Informationen findet man sonst kaum woanders.“ – „Ich würde solch ein Buch als Christ heute nicht mehr lesen wollen, weil es voller Hohn und Spott ist.

Mir war schon klar, dass die sexuelle Enthaltsamkeit sicherlich ein erstrebenswertes Ziel darstellt, solange man diese in persönlicher Frömmigkeit und aus Liebe zum HErr übt. Aber was der Wolfgang hier forderte, war ja, dass alle Christen in völliger Enthaltsamkeit leben müssen, um gerettet zu werden, auch jene, die nicht die Gabe der Ehelosigkeit haben. Damit legte er aber anderen eine Last auf, unter der sie nur zusammenbrechen konnten. Auch Saul forderte ja mal von seinen Leuten, dass sie den ganzen Tag nichts essen durften, um dadurch effektiver den Feind zu besiegen, was aber dazu führte, dass er sie dann zu viel schlimmeren Sünden verleitet hatte. Essen und Sex sind aber ganz natürliche Bedürfnisse; und dieser Coitus interruptus („abgebrochener Geschlechtsverkehr“) zur Vermeidung eines Orgasmus ist in etwa so, als würde man auf einem Butterbrot rumkauen, aber es dann kurz vor dem Runterschlucken ausspucken. Mit Recht könnten dann die Spötter sagen: Dieser Gott schuf den Menschen also einen Sexualtrieb, verbot ihnen aber in seiner Missgunst, sich an diesem Geschenk zu erfreuen!  Hier wurde mir endlich klar, dass diese neue Lehre dämonisch war, wie Paulus es ja auch in 1.Tim.4:1-3 lehrt: „Etliche der Glaubenstreue werden abfallen, indem sie auf betrügerische Geister und dämonische Lehren achten, durch die Heuchelei von Lügenrednern, die in ihrem eigenen Gewissen gebrandmarkt sind, die verbieten zu heiraten“!

Unvermeidbare Zerwürfnisse

Nun war ich in einem echten Dilemma. Denn auf der einen Seite war Bruder Wolfgang ja wirklich ein sehr frommer und heiliger Mann, dem ich an Frömmigkeit bei weitem nicht das Wasser reichen konnte. Auf der anderen Seite zog er sich selbst den Fluch aus Galater 1 zu, weil er ein falsches Evangelium verbreitete und ich auf keinen Fall zulassen durfte, dass er diese Botschaft in unserem Hauskreis lehrte. Ich bat Wolfgang eindringlich, auf die Verbreitung dieser schädlichen Lehre zu verzichten, da ich mich andernfalls genötigt sähe, ihn aus unserer Gemeinschaft auszuschließen. Wolfgang weigerte sich leider, so dass es in der Folge zum Bruch zwischen uns kam. Als ich es den Brüdern erklärte, wunderte sich Florian über meine Härte und sah darin einen Widerspruch zu meiner bisher vertretenen These, dass man sich als Christ nicht einfach wegen jeder noch so unbedeutenden Meinungsverschiedenheit trennen dürfe. Ich erklärte ihm den Unterschied zwischen einer irrigen Meinung und einem falschen Evangelium, aber er vermutete eher, dass es sich angeblich um eine Machtdemonstration von mir handele, so als wolle ich bloß einen Bruder loswerden, der mir den Posten streitig machen könnte. Diese böse Unterstellung war rückblickend betrachtet im Grunde nur eine Projektion von Florians eigenen Befürchtungen mir gegenüber. Schon seit einiger Zeit war mir bei ihm aufgefallen, dass er einen gewissen Neid auf mich hatte, da ich aufgrund meiner Bibelkenntnis zum Leiter seines Hauskreises geworden war, der von jungen Brüdern wie Tunay und Darius viel häufiger um Rat gefragt wurde als er. Eines Tages verriet mir Florian am Telefon, dass er schon immer ein „Alphamännchen“ sein musste und keinen Ebenbürtigen an seiner Seite ertragen könne.

Es liegt in der Natur des Menschen, dass er gerne gegenüber anderen den Ton angeben möchte, und dazu bedient er sich gerne einer höheren Moral, durch welche er andere einschüchtern kann. Zu diesen Ton-Angebern im bibeltreuen Christentum zählte u.a. seit Jahren der Straßenprediger Norbert Homuth, den ich ja schon seit über 30 Jahren persönlich kannte und dessen „Glaubensnachrichten“ ich regelmäßig bezog. In seiner neuesten Ausgabe vom Juli/August 2019 schrieb er mal wieder, dass das Internet ein „Netz des Teufels“ sei und dass jeder, der eine Internetseite betreibe, das Malzeichen 666 angenommen hätte, da dies der Zahlenwert der hebräischen Buchstaben WWW sei und man ohne das Internet ja heute auch nicht mehr „kaufen und verkaufen“ könne (Offb.13:17). Da ich selbst sogar drei Internetseiten betrieb, überließ Norbert mich unbewusst des Verdachts, dass auch ich demnach ein Malzeichenträger sei, der einmal Tag und Nacht gequält werden würde (Offb.14:10-11). Diesen Vorwurf wollte ich aber nicht auf mich sitzen lassen, weshalb ich ihn daran erinnerte, dass wir „die Welt Gebrauchende“ sind (1.Kor.7:31) und alles uns von Gott zur sinnvollen Nutzung zur Verfügung gestellt wurde (1.Kor.3:23). Wenn er aber in solch einer polemischen Art und Weise sämtliche Internet-nutzende Brüder in Bausch und Bogen aburteilen würde, ganz egal, welchen noch so treuen Lebenswandel sie führen, dann macht er sich nach Spr.17:15 selbst zum Gräuel, da er auch „den Gerechten verdammt“. Eine christliche Internetseite zu betreiben, um Menschen aus der Finsternis zum Licht zu führen, sei doch etwas absolut Gutes und im Grunde nichts anderes als das, was er als Straßenprediger auch tue, jedoch mit einer viel größeren Reichweite und Effektivität. Zudem sei es doch Heuchelei, wenn er selbst doch auch für seine Recherchen ins Internet-Café gehe, um Informationen aus dem Netz zu holen. Natürlich habe das Internet auch den Charakter eines Bordells. „Aber es macht einen Unterschied, ob ich das Bordell als Kunde betrete oder ob ich vor der Tür des Bordells die Besucher zur Buße aufrufe bzw. hineingehe, um Traktate zu verteilen (vergl. Spr.1:20-22). Wenn ein Christ also das Internet nicht zur Verbreitung des Wortes Gottes nutzen will, hat man auch nichts im Internet zu suchen.“

Mit meinem Brief hatte ich Bruder Norbert wohl in Verlegenheit gebracht. Denn im Unterschied zu anderen christlichen Homepagebetreibern waren wir ja befreundet, weshalb er mich scheinbar nicht vor den Kopf stoßen wollte. Obwohl er ja selbst von Spenden lebte, hatte er mir sogar schon zweimal 50,- € gespendet, um meinen Dienst zu unterstützen, was mir sehr befremdlich vorkam. Zudem war Norbert schon seit Jahren mit dem Internetseitenbetreiber Roland Odenwald aus Flensburg befreundet, der seine GN-Artikel z.T. auf seiner Homepage www.Hauszellengemeinde.de verbreitete. Deshalb schrieb mir Norbert wohlwollend und ging auf meine Argumente gar nicht erst ein, um einen weiteren Streit zu vermeiden. Hier wurde mir klar, dass Norbert im Grunde selbst unter inneren Widersprüchen litt, in denen Anspruch und Wirklichkeit sich im Laufe der Jahrzehnte immer weiter von einander entfernt hatten und er genau dem gleichen Sauerteig erlegen war, den er anderen immer vorwarf: der Heuchelei (Luk.12:1).

Wurde die Bibel verfälscht?

 

„Die Worte des HErrn sind reine Worte – Silber, im Schmelztiegel geläutert, siebenmal gereinigt. Du, HErr, wirst sie einhalten, wirst ihn behüten vor dieser Generation ewig.“  (Ps.12:7-8)

Der HErr behütet nicht nur Sein Wort vor Verfälschungen, sondern hält sich auch selbst an Sein Wort, so dass wir Ihm uneingeschränkt vertrauen dürfen. Dies ist keineswegs selbstverständlich in der heutigen Zeit, denn wir erleben ja tagtäglich, wie Menschen wortbrüchig werden, indem sie sich nicht mehr an Vereinbarungen halten (z.B. Wahlversprechen, die nach einer Wahl einfach ignoriert werden).

Doch trotz all der Zuverlässigkeit des Wortes Gottes, versucht der Feind den Menschen heute immer wieder einzureden, dass man sich nicht auf die Heilige Schrift verlassen kann. Dies tut er auf ganz unterschiedliche Weise, je nachdem, wo die Menschen zugänglich sind für Verführung:

  1. Durch Bibelkritik, indem man sagt, die Bibel sei nicht vom Geist Gottes inspiriert, sondern von Menschen guten Willens erdichtet, die über eine große Phantasie verfügten und listigerweise Gott für ihre eigenen Interessen als Autor vorgeschoben haben.
  2. Durch die Behauptung, dass die Bibel ursprünglich mal Gottes vollkommenes Wort gewesen sei, aber dass sie im Laufe der Jahrhunderte immer wieder von Abschreibern bzw. Übersetzern verfälscht wurde, so dass wir gar nicht mehr mit Sicherheit wissen können, was wirklich noch von Gott ist und was nicht.
  3. Durch die Behauptung, dass die Bibel nicht allein Gottes Wort sei, sondern dass auch alles, was Kirchenväter oder andere Männer Gottes verkündigt hätten, ja von Gottes Wort inspiriert sei und deshalb gleichwertiges Wort Gottes sei. Der lutherische Grundsatz „Sola Scriptura“ („Allein die Schrift“) wird heute nicht nur von der Katholischen Kirche und anderen Sekten geleugnet (wie etwa der Mormonen), sondern zunehmend auch von Pfingstlern.
  4. Durch die Behauptung, dass nur jene Aussagen in der Bibel Gottes Wort seinen, wo Gott oder der HErr Jesus selbst zu Wort kommen, nicht aber unbedingt auch die Aussagen der Apostel und Propheten, die angeblich auch ihre privaten Meinungen vertreten hätten. Dies ist auch der Grund, warum Paulus neuerdings immer öfter kritisiert und seine Lehren als seine Privatmeinungen abgetan werden.
  5. Durch die Behauptung, dass die Bibel sich an die Seele des Menschen richte und sie erst dadurch Gültigkeit erlange, dass der Mensch durch eine beliebige Privatauslegung Nutzen von ihr habe.
  6. Durch die Behauptung, dass die Bibel zwar Gottes Wort enthalte, aber nicht irrtumslos sein könne, da sie ja von fehlbaren Menschen geschrieben wurde, die eben auch kulturellen und z.T. rückständigen Vorstellungen von der Welt unterworfen waren. Es bleibe daher dem Urteilsvermögen jedes Bibellesers überlassen, welche Bibeltexte er für göttlich unfehlbar und welche er für unannehmbar halte, da sie dem eigenen Empfinden und Verstehen zuwiderlaufen.

Während bis vor 400 Jahren niemand es gewagt hätte, solche Überlegungen auch nur zu denken, ist es in den letzten hundert Jahren sogar in Mode gekommen, die Bibel als Wort Gottes infrage zu stellen, um dadurch besonders klug und rebellisch auf andere zu wirken. Deshalb haben sich 1977 Brüder in den USA zusammengetan, um ein gemeinsames Manifest gegen die Bibelkritik und für die Irrtumslosigkeit der Bibel zu schreiben (sie sog. „Chicagoer Erklärung“, s. https://bibelbund.de/der-bibelbund/uber-uns/bekenntnis/chicago-erklaerung-zur-irrtumslosigkeit-der-bibel/). Dem HErrn sei Dank, dass Er schon von jeher über Sein Wort gewacht hat, damit es bis heute noch immer für uns Kinder Gottes als „unverfälschte Milch“ von Generation zu Generation zum geistlichen Wachstum verhilft (1.Petr.2:2)!

Wie kam der biblische Kanon zustande?

Da ich weder Theologe noch Historiker bin, kann und möchte ich im Folgenden keine ausführliche Darlegung geben, wie es genau zur Entstehung der biblischen Bücher und zur Festlegung des Kanons kam. Das Wort Kanon (griech. KANOoN) bedeutet Maßstab, Maßgebendes, Mustergültiges. Zwischen dem 8. bis 2. Jh. vor Chr. sammelten gottesfürchtige Juden die bis dahin entstandenen 39 Handschriften des Alten Testaments und fügten sie zusammen als offenbartes Wort Gottes. Da diese Schriftrollen im Lauf der Zeit zu zerfallen drohten, wurden sie von den Juden immer wieder neu abgeschrieben, um sie so zu erhalten. Um 200 v.Chr. wurden die Schriften ins Griechische übersetzt, der damaligen Weltsprache. Diese Übersetzung heißt Septuaginta und ist bis heute noch im Original vorhanden. Zu jener Zeit gab es sieben griechische Texte (Romane), die man aufgrund ihrer ähnlichen Thematik der hebräischen Heiligen Schrift hinzufügte – warum auch immer. Diese Apokryphen (von griech. ἀπόϰρυϕος = verborgen) waren selbstverständlich nicht von Gott inspiriert und wurden deshalb auch nicht von den Juden anerkannt.

Im Neue Testament wurden nur jene Texte aufgenommen, die von den Aposteln geschrieben oder von ihnen befürwortet wurden. Zur Entstehungsgeschichte heißt es auf Wikipedia: „Zuerst wurden die Paulusbriefe gesammelt. 2.Petr.3:15 setzt bereits eine Sammlung voraus, die laut einigen NT-Historikern schon um 70 im Umlauf war. Sie wurden in den christlichen Gemeinden als über den aktuellen Anlass hinaus maßgebliches Evangelium verlesen (1.Thess.5:27, Röm. 16:16). Paulus wünschte ihre Weitergabe auch an Gemeinden, die er nicht selbst gegründet hatte (Gal. 1:2, 2.Kor.1:1); sie wurden nach Kol.4:16 ausgetauscht, wobei vor Fälschungen gewarnt wurde (2.Thess.2:2, 2.Thess.3:17).

Bis ins 4. Jh. gab es in einigen Gemeinden auch Schriften, die zeitweise hochgeschätzt, aber am Ende doch nicht in den Kanon aufgenommen wurden. Zu denen zählt der Hirt des Hermas, das Petrusevangelium, der 1. und 2. Klemensbrief, der Barnabasbrief, die Petrusoffenbarung, das Hebräerevangelium und viele andere. Im 2. Jh. erstellte man Listen kanonischer Bücher, die sich streng an der Rechtgläubigkeit (d.h. Übereinstimmung mit der apostolischen Lehre) und dem Verwendetwerden in den Gottesdiensten richteten, jedoch von einander abwichen. Manche Kirchenväter wie z.B. Irenäus von Lyon erkannten z.B. den Barnabasbrief oder das Hebräerevangelium an, lehnten aber den Philemonbrief, die Petrusbriefe und die Johannesbriefe ab. Origenes präsentierte dann im 3. Jh. als erster eine Liste von 27 NT-Schriften, die mit dem heutigen Neuen Testament übereinstimmt. Im 4. Jh. entstand dann der Codex Sinaiticus und der Codex Alexandrinus, wobei im C. Sinaiticus noch der Hirte des Hermas und der Barnabasbrief und im C. Alexandrinus noch die Klemensbriefe enthalten sind. Im Jahr 367 zählte der Bischof Athanasius alle biblischen Bücher auf, wodurch der neutestamentliche Kanon bis heute unstrittig festgelegt wurde.

Doch an den sieben apokryphischen Schriften hielt die Katholische Kirche nach wie vor fest, zumal sie nur durch das 2.Makkabäerbuch, Kap.12 eine Rechtfertigung hatten, für die Toten zu beten. Martin Luther jedoch lehnte die Apokryphen ab, da sie nur in der griechischen Septuaginta vorkommen, nicht aber im jüdischen Alten Testament (Tanach), der allein maßgeblich sei, denn den Juden „wurde zuerst die göttlichen Aussprüche anvertraut“ (Röm.3:2) und nicht der Katholischen Kirche. Außer im Judasbrief  (Jud.14-15) zitiert keiner der neutestamentlichen Schreiber aus den Apokryphen; und selbst durch dieses Zitat aus dem Buch Henoch will Judas nicht andeuten, dass er es als kanonisch ansah (Paulus zitierte z.B. in Apg.17:28 den griech. Dichter Aratus). Auch das Buch Judit ist eine frei erfundene Geschichte, deren geschichtliche Angaben überhaupt nicht mit den historischen Fakten übereinstimmen. Oder sollte der Heilige Geist etwa falsche Zeitangaben tolerieren? Und in der Einleitung zum Buch Sirach wird sogar offen zugegeben, dass der Enkel und sein Großvater beim Verfassen des Buches „einige Worte nicht recht getroffen haben“ wegen der Übersetzung ins Griechische und bittet um Nachsicht (ein wenig merkwürdig, wenn man den Heiligen Geist als eigentlichen Autor des Buches annehmen will). Man kann die Apokryphen ja gerne lesen, wenn man will, und manches ist sicherlich auch „nützlich und gut zu lesen“, wie Luther es formuliert; aber man muss sich immer bewusst machen, dass es nicht Gottes Wort ist.

Warum fehlen in der Elberfelder Übersetzung einige Wörter oder ganze Sätze?

Die Elberfelder Bibel (ELB) gilt zurecht als eine der besten Übersetzungen in der deutschen Sprache. Aber wer es noch nicht bemerkt haben sollte: Im Vergleich zur Luther- oder Schlachter2000-Übersetzung gibt es an ziemlich vielen Stellen kleine und größere Abweichungen. Immer wieder fehlen in der Elberfelder Bibel Sätze oder Satzteile, die man aber in der Schachter2000 findet. Wollten hier etwa gottlose Theologen klammheimlich die Wahrheit verschweigen, wie es z.B. Rudolf Ebertshäuser insinuiert? (https://das-wort-der-wahrheit.de/2017/03/die-zuverlaessigkeit-des-textus-receptus/). Oder ist es genau anders herum, dass man im Laufe des Mittelalters nach und nach Ergänzungen und Einfügungen vorgenommen hat, um den Text verständlicher und harmonischer zu machen?

Ein Rückblick: Vom 4. Jh. an bis ins 16. Jh. wurden die neutestamentlichen Bücher und Briefe immer wieder von Mönchen abgeschrieben. Im Laufe der Jahrhunderte entstanden auf diese Weise im byzantinischen Raum mehrere hundert Bibeln, die allmählich immer mehr von einander abwichen, und zwar durch Einfügungen in den Text. Um die verschiedenen Grundtexte wieder miteinander zu harmonisieren, ging man dann ab dem 12. Jh. dazu über, Mehrheitstexte zu erschaffen, bei denen man mehrere Handschriften miteinander verglich, um nach dem Mehrheitsprinzip die häufigste Variante jedes Verses festzulegen.  Einer dieser Mehrheitstexte ist die Version des Erasmus von Rotterdam aus dem Jahr 1516, die jedoch nur aus sieben Versionen zusammengesetzt wurde, die z.T. sogar unvollständig waren (für die Offenbarung lag ihm z.B. nur eine Handschrift vor, die zudem nur aus Fragmenten bestand, so dass er die fehlenden Textteile aus der lateinischen Vulgata zurück ins Griechische übersetzen musste). Dieser qualitativ relativ schlechte Mehrheitstext wurde später textus receptus genannt („angenommener Text“) und bildete im 16. Jh. die Grundlage für sämtliche europäische Übersetzungen, sei es im Deutschen (Luther), im Englischen (King James), im Spanischen (Reina-Valera) oder Französischen (Louis Segond).

Im Jahr 1859 entdeckte der Leipziger Theologe Konstantin von Tischendorf die bis heute älteste, vollständige Bibelhandschrift in einem alten Kloster auf der Sinaihalbinsel, den Codex Sinaiticus aus dem frühen 4. Jh. (zwischen 330 – 360 n.Chr.). Damit war er noch älter als der Codex Vaticanus, der Codex Ephraemi oder der Codex Alexandrinus, die ebenso aus dem 4. – 5. Jh. stammen. Diese hatten sehr viel Ähnlichkeit. Man bezeichnete diese Codices als Alexandrinischen Texttyp, während man die erst im 9. Jh. entstandenen Mehrheitstexte Byzantinischer Texttyp nannte. Man kann die ganz alten Texte relativ leicht von den jüngeren unterscheiden, denn ab dem 9. Jh. verwendete man im Griechischen nicht mehr die Großbuchstaben (Majuskel), sondern die Kleinbuchstaben (Minuskeln), um den Text flüssiger lesen zu können. Die Unterschiede zwischen diesen waren einleuchtend: Die Byzantinischen Mehrheitstexte wurden geistlich „überarbeitet“. Aus dem „eingeborenen Gott“ in Joh.1:18 wurde der „eingeborene Sohn“, aus dem „auserwählten Sohn“ in Luk.9:35 wurde der „geliebte Sohn“ und aus dem „Sohn des Menschen“ in Joh.9:35 wurde der „Sohn Gottes“. Meistens wurden Worte oder Sätze eingefügt, um das Verständnis zu verbessern bzw. Missverständnisse zu vermeiden: Wenn Paulus schreibt: „Alles vermag ich in Dem, Der mich kräftigt“, dann fügt der Textus receptus an: „Christus“. Aus dem „Erbe durch Gott“ in Gal.4:7 wird ein „Erbe Gottes durch Christus“ und aus dem „Ich gehe nicht hinaus zu diesem Fest“ in Joh. 7:8 macht der Schreiber ein „ich gehe noch nicht zu diesem Fest“, denn später ging der HErr ja doch zu dem Fest, und der Schreiber wollte den HErrn nicht als Lügner verstanden wissen.

An mehreren Stellen dichtete ein abschreibender Mönch ganze Sätze in den Text, um ihn abzurunden. Zum Beispiel endete das Vaterunser relativ abrupt mit den Worten: „…sondern erlöse uns von dem Bösen.“ Deshalb wurde das bekannte „Denn Dein ist das Reich…“ angefügt, auch wenn es der HErr Jesus eigentlich gar nicht gesagt hatte. Da der HErr die Donnersöhne in Luk.9:55 lediglich „schalt“, ohne eine Begründung zu nennen, fügte der Abschreiber eine Begründung an: „Wisst ihr nicht, welches Geistes Kinder ihr seid? Denn der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um die Seelen der Menschen zu verderben, sondern zu erretten!“ Und dann ist da die Stelle in Apg.8:36, wo der äthiopische Kämmerer auf seine Frage ursprünglich gar keine Antwort erhält: „Was hindert mich, getauft zu werden?“ Um den Philippus nicht als unhöflich erscheinen zu lassen, lässt der Dichter ihn sagen: „Wenn du von ganzem Herzen glaubst, so ist es erlaubt! Er antwortete und sprach: Ich glaube, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist!“ (Hätte ja auch durchaus so sein können). Und dann gibt es ja jene Stelle, die man später als das berühmte „Comma Johanneum“ bezeichnete in 1.Joh.5:7-8, wo der wohlmeinende Abschreiber die Worte „Denn es sind drei, die es bezeugen: Der Geist, das Wasser und das Blut“ wie folgt veränderte: „Drei sind es, die Zeugnis ablegen im Himmel: der Vater, das Wort und der Heilige Geist, und diese drei sind eins. Und drei sind es, die Zeugnis geben auf Erden: der Geist, das Wasser und das Blut, …“ Dieser Zusatz ist schon eher eine Auslegung als eine Verbesserung zum Verständnis.

Wie sind diese vielen offensichtlichen Einfügungen biblisch zu bewerten? Hat sich der Abschreiber versündigt, indem er dem Wort Gottes eigene Gedanken hinzugedichtet hat (Spr.30:6)? Das wage ich nicht zu beurteilen. Tatsache ist aber, dass der Heilige Geist dies erlaubt hat und es den Gläubigen auch nicht schadete. Erst heute werden diese Einfügungen dazu missbraucht, um die Glaubwürdigkeit des Wortes Gottes an sich infrage zu stellen. Gläubige Schriftexperten hingegen sprechen behutsam von „Lesarten“ und halten prinzipiell alle Lesarten als vom Heiligen Geist inspiriert. Warum sollte der Heilige Geist nicht auch jene Mönche geleitet haben, die Texte zu redigieren, um sie verständlicher zu machen?

Rudorf Ebertshäuser aber dreht den Spieß einfach um und hält die viel älteren Bibel-Handschriften für Fälschungen, während er den erst im Mittelalter verfassten Textus receptus für den Goldstandard hält, da die Schreiber angeblich noch über den originalen Papyri aus dem ersten Jahrhundert verfügt haben sollen. Beide Behauptungen kann er nicht begründen. Er weiß es einfach. Seine Überzeugung gewinnt er aus dem Umstand, dass ja schließlich bis vor 150 Jahren allein die Übersetzungen aus dem Textus receptus weltweit Verbreitung fanden, während die „modernen Bibeln“, die sich auf die ältesten Handschriften gründen, ja der ach so bösen „Textkritik“ von ungläubigen Forschern wie Nestle und Aland unterlegen sind. Bruder Rudolf verwechselt hier die wissenschaftliche und wahrheitsliebende Textkritik mit der gottlosen Bibelkritik, die sich nicht mehr für den ursprünglichen Text interessiert, sondern die Glaubwürdigkeit der Bibel insgesamt infrage stellt. Als Christen sind wir aber der Wahrheit verpflichtet und dürfen uns die Faktenlage nicht so zurechtbiegen, wie es unserer Idee von Harmonie entspricht. Wir dürfen Wissenschaftlern auch nicht einfach voreingenommen Bosheit oder Ahnungslosigkeit unterstellen, nur weil deren Forschungsergebnisse nicht mit unseren Wünschen übereinstimmen.  Wie oberflächlich Ebertshäuser den alten Codex Sinaiticus im Handstreich disqualifiziert, erkennt man an der lapidaren Aussage, dass „Gott Sein wahres Wort … nicht im Abfallkorb eines Klosters versteckt habe“.

Sind „kommunikative Bibelübersetzungen“ wertlos?

Unter den sog. Kommunikativen Bibelübersetzungen versteht man solche, die den ursprünglichen Text nicht wortwörtlich übersetzen, sondern nur inhaltlich mit eigenen Worten widergeben, um ihn möglichst verständlich zu vermitteln. Und in der Tat haben manche Aussagen in der Schrift schon Empörung und Unverständnis hervorgerufen, wenn man nichts über die damalige Bedeutung eines bestimmten Wortes wusste. Z.B. will der HErr in Luk.14:26 nicht wörtlich, dass wir unsere Eltern „hassen“ sollen (was ja im Widerspruch zu dem 5. Gebot stünde, die Eltern zu ehren), sondern es ist so gemeint, wie es z.B. die Gute Nachricht widergibt, dass wir – vor die Wahl gestellt – nötigenfalls mit ihnen „brechen“ sollen, wenn sie uns daran hindern, dem HErrn zu folgen. Das Wort „hassen“ hat in der Bibel die Bedeutung von „an zweite Stelle setzen“. Zum Beispiel wirft Joab dem David vor, dass er das Volk angeblich „hasse“, weil er mehr Rücksicht nahm auf Absalom (2.Sam.19:6, vergl. auch Richt.14:16). Gott sagt, dass er Esau „gehasst“ habe, indem Er Jakob den Vorzug gab (Röm.9:12-13). Übersetzen bedeutet nicht immer, ein Wort möglichst buchstäblich widerzugeben, sondern auch die eigentliche Aussage zu vermitteln. Ich persönlich lese deshalb nicht nur in der Elberfelder, sondern auch gerne mal in der Neuen Genfer Übersetzung. Wenn es aber um Lehrfragen geht, schaue ich entweder in die GtÜ-Bibel oder die DaBhaR hinein.

Es gibt jedoch eine „Übersetzung“ der Bibel, die wir nirgends erwerben können, sondern selbst jeden Tag herstellen müssen, und dass ist die Übersetzung des Wortes in unseren eigenen Lebenswandel. „Das Wort wurde Fleisch“ im Leben des HErrn Jesus (Joh.1:14), und es soll auch bei uns vom Hören oder Lesen zu echten Taten umgewandelt werden (Jak.1:22-25). Wenn wir den Willen Gottes nur kennen, aber nicht umsetzen, dann nützt uns auch die beste Bibelübersetzung nichts. Erst durch unser Tun fangen wir an, das Wort des Lebens darzustellen inmitten einer verdorbenen und heillosen Welt wie Sterne am Nachthimmel (Phil.2:15-16). Es gibt ja Sterne, die so weit von der Erde entfernt sind, dass ihr Licht immer noch auf der Erde ankommt obwohl sie schon längst erloschen sind. Genauso aber gibt es auch Christen, die noch immer eine Leuchtkraft haben, obgleich sie schon lange kein neues Licht mehr absondern. Umso wichtiger ist daher für solche Gläubigen die Botschaft aus Jes.60:1 „Steh auf, werde licht! Denn dein Licht ist gekommen, und die Herrlichkeit des HErrn ist über dir aufgegangen. Denn siehe, Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völkerschaften; aber über dir strahlt der HErr auf, und seine Herrlichkeit erscheint über dir“ (vergl. auch Eph.5:8-14).

 

Satanische Spiele


„Wehe der Welt der Ärgernisse wegen! Denn es ist notwendig, dass Ärgernisse kommen. Doch
wehe dem Menschen, durch den das Ärgernis kommt!“ (Mt.18:7)

 

Liebe Geschwister,
Gnade und Friede sei mit Euch durch unseren HErrn Jesus Christus!

Es vergeht derzeit kein Monat, ohne dass immer wieder skandalösere Dinge in der Welt passieren, die die Leute aufschrecken und bange werden lassen:
Zuerst wurde mal wieder ein islamistischer Messeranschlag ausgeführt, über den die Medien wahrscheinlich kaum berichtet hätten, wenn es nicht diesmal zufällig gefilmt wurde und ein junger Polizist getötet wurde anstatt jenes Islamkritikers Michael Stürzenberger (30.06.24).
Dann wurde am 13.07.24 in den USA ein Attentat auf den Präsidentschaftskandidaten Trump verübt, das er wie durch ein Wunder um Haaresbreite überlebte (siehe nachfolgender Artikel).
Dann hat unsere Innenministerin Nancy Faeser am 16.07.24 plötzlich nichts Geringeres als einen Anschlag auf unsere Pressefreiheit verübt, indem sie die regierungskritische Zeitschrift Compact verbot.
Als nächstes wurden auf einmal am 22.07.24 die geheimen Protokolle des Robert-Koch-Instituts aus der Corona-Zeit veröffentlicht (4000 Seiten), durch welche ans Licht kam, dass sämtliche angebliche Schutzmaßnahmen gar keine wissenschaftliche Grundlage hatten, sondern die Maßnahmen von der Regierung selbst erfunden und angeordnet wurden – entgegen den Empfehlungen des RKI ! Das RKI warnte sogar vor den unvorhersehbaren Folgen der sog. Impfung (in Wirklichkeit eine nutzlose, aber schädliche Gen-Behandlung) und räumte schon frühzeitig ein, dass diese keinen wirklichen Virenschutz biete. Trotzdem forderten die Politiker und die Medien – wider besseren Wissens! – eine Impfpflicht und eine Bestrafung der Ungeimpften, was sich nun als größtes Verbrechen herausstellt seit Bestehen der Bundesrepublik (Millionenfache Nötigung, Freiheitsberaubung und Körperverletzung z.T. mit Todesfolge ). Die mitschuldigen Medien berichten selbstverständlich gar nicht erst über diesen Skandal oder spielen ihn runter.

Und in dieser Woche gibt es schon wieder einen Skandal: Bei der Eröffnung der Olympischen Spiele in Paris gab es ja jede Menge Empörung über die offensichtlich zur Schau gestellten, satanischen Symbole, durch welche das Christentum verhöhnt wurde: Bei einer Inszenierung wurde das christliche Abendmahl in offensichtlich blasphemischer Art und Weise von LGBTQ-Darstellern gezeigt, die z.T. fast nackt waren. Es wurde eine riesengroße, geköpfte und mit Blut besudelte Frau gezeigt und ein apokalyptischer Reiter, der die Seine entlangritt und der eine unheimliche Kutte trug. Die islamische Welt reagiert verwundert, warum das christliche Europa zu solchen Lästerungen schweigt und diese überhaupt zugelassen hat. Und dann wird von einem Frauenboxkampf berichtet, bei welchem ein biologischer Mann aus Algerien als intersexuelle Frau antrat und die italienische Boxmeisterin schon nach wenigen Sekunden K.O. schlug, so dass diese heulend den Boxring verließ. Immer mehr regen sich die Leute auf über diese woke, neomarxistische Ideologie, die hinter der LGBTQ-Bewegung steckt und die von Gott geschaffene Geschlechterordnung auf den Kopf gesteckt hat. Es zeichnet sich schon jetzt ab, dass es besonders in den BRICS-Staaten zu einer starken Gegenreaktion kommen wird, besonders in den islamischen Ländern, die ohnehin diesen degenerierten, westlichen Liberalismus schon immer gehasst haben. Von dem Antichristen wird ja gesagt, dass er den „Gott der Festungen“ (Dan.11:38) verehren wird (Faschismus?).

Ein Kind Gottes hat überhaupt keinen Grund, sich über solche Skandale aufzuregen, denn was die Welt macht, geht uns überhaupt nichts an. Die Olympischen Spiele waren schon von Anfang an gottlos, denn sie sind ja dem Gott Olympus (Satan) geweiht. Das griechische Wort SKANDALON für „Ärgernis“, „Verstrickung“ oder „Anstoß“ bedeutet eigentlich ein Fallholz, das in einer Falle zuschnappt, wenn es angestoßen wird. Der HErr Jesus sagt in Mat.18:7, dass diese Skandale (Schnapp-Fallen!) unvermeidlich sind, aber dass die Verursacher einmal schwer bestraft werden müssen. Hier stellt sich die Frage, ob wir Gläubigen nicht gerade durch die Aufregung über solche Skandale in die vom Teufel aufgestellte Falle tappen. Denn die Welt ist ja schließlich kein heiliger Ort, der von uns Gläubigen beschützt werden muss. Vielmehr sollen wir der Welt bezeugen, dass Gott gerecht ist, wenn Er eines Tages die Welt richten wird. Und wir brauchen auch nicht immer wieder neue Beweise, um zu erkennen, dass die Welt gerichtsreif ist und das antichristliche Weltreich nahe bevorsteht; sondern wir sollten im Gegenteil die wenige Zeit, die uns jetzt noch in Freiheit verbleibt, ausnutzen, um die Menschen gerade jetzt in ihrer Angst und Orientierungslosigkeit ansprechen, um ihnen vom HErrn Jesus zu erzählen.

MARANATA! Der HErr kommt bald. Seid dem HErrn befohlen!

Simon

 

Wurde das Attentat auf Donald Trump prophetisch vorhergesagt?

 

„Weissagungen verachtet nicht! Prüfet aber alles, das Gute haltet fest!“ (1.Thes.5:20-21)

Vier Monate bevor am 13.07.2024 auf den US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump ein Attentat verübt wurde, das er wie durch ein Wunder überlebte, hatte der charismatische Pastor Brandon Biggs am 14.03.2024 auf YouTube folgende Vorhersage bekannt gegeben:
Ich habe gesehen, wie Trump aufstand, und dann habe ich gesehen, wie ein Anschlag auf sein Leben verübt wurde. Diese Kugel flog an seinem Ohr vorbei und kam so nah an seinen Kopf heran, dass es sein Trommelfell zerschmetterte.“
Im Vergleich zu vielen anderen charismatischen „Prophezeiungen“, die sich nicht erfüllten oder aber so allgemein formuliert wurden, dass sie irgendwie immer zutrafen, hat Pastor Biggs hier eine ungewöhnlich präzise Voraussage gemacht, die einer Erfüllung verblüffend nahe kam. Doch bevor wir uns der Frage widmen, ob es sich hier um eine echte Weissagung vom HErrn handelt, möchte ich hier auch noch einmal die gesamt Rede von Biggs zitieren, um auch den Kontext zu beachten (https://www.youtube.com/watch?v=Ey0qVzG8_vU) :


Die Prophezeiung

»Als ich vor ein paar Wochen betete, sagte Er zu mir, Er sagte: „Brandon, ich möchte, dass Du auf das Pessach achtest, denn wenn das Pessach kommt, werden sich die Dinge noch weiter beschleunigen“. Er sagte, etwas von „Rosch Hashana“ und dass dies eine Zeit großer Beschleunigung sein wird. „Du wirst sehen, dass es eine Beschleunigung im Finanzbereich geben wird, sowie eine Beschleunigung in der Politik und im Krieg“. Er sagte mir, dass die Rückkehr Seines Sohnes unmittelbar bevorstehe, und dass vom Zeitpunkt des Pessachfestes an große Dinge stattfinden. Zum Beispiel bezüglich des Wetters wird es in Chicago und New York große Temperaturanstiege geben, und auch in einigen der anderen Gebiete im Osten. Und Er sagte, dass es in diesem Zeitraum rekordverdächtige Temperaturen geben wird. Er warnte mich vor Stürmen, Tornados, die lange Strecken zurücklegen. Der Leib Christi solle durch Gebet Macht über diese Stürme erlangen, ( = um sie zu beruhigen S.P.), denn es würde sonst lange andauern. Bei diesen Tornados handelt es sich um die größten Tornados, die wir je in der Geschichte gesehen haben. Aus diesen Fallwinden würden Windgeschwindigkeiten von 150 Meilen /Std. ( = 240 km/Std S.P.) kommen […].

Der Herr sagte mir: „Ich bin noch nicht fertig mit Amerika“. Amen, sagte Er. Es werde eine neue Welle des Patriotismus geben. Das war immer, wenn ich Trump sah, dann sah ich eine rote Welle aus Michigan kommen und dann sah ich Oklahoma, und es gab eine Glut von Menschen und sie waren alle auf diesen, sie hatten überall in Oklahoma Fackeln und sie zündeten diese Fackeln an, die wie Feuer aussahen, und brachten einen neuen Patriotismus in die Nation. Und dieses Feuer brach heraus und es breitete sich in ganz Amerika, überall und in mir aus.

Ich habe gesehen, wie Trump aufstand, und dann habe ich gesehen, wie ein Anschlag auf sein Leben verübt wurde. Diese Kugel flog an seinem Ohr vorbei und kam so nah an seinen Kopf heran, dass es sein Trommelfell zerschmetterte. Und dann sah ich, dass er in diesem Zeitraum auf die Knie fiel und er fing an, den Herrn anzubeten, und wurde in dieser Zeit radikal wiedergeboren. Die Leute glauben ja, dass er bereits gerettet sei. Dann aber brennt er wirklich für Jesus wegen dem, was ich kommen sah. Ich habe gesehen, wie Leute Fürbitte eingelegt haben und wie er dann die Präsidentschaftswahl gewonnen hat. Der Herr zeigte mir, dass es bis in den Sommer hinein große Verfolgung für ihn geben würde durch die Richter und durch das Gesetz und all diese Leute, die versuchen, ihn zu verklagen und all das Zeug, aber es würde ein Ende geben, und die Dinge würden beginnen, sich zu befreien, bis sie auf den Fall ( = Einstellung der Verfahren S.P.) zusteuerten, und dann sah ich ihn die Wahl gewinnen, indem die Patrioten herauskommen und wählen. Und dann wird es einen großer Wirtschaftsabsturz geben. Ich habe gesehen, dass sie einen großartigen Wirtschaftsplan hatten, ein schlimmerer Absturz als die große Depression ( = Weltwirtschaftskrise von 1929  S.P.). Der Herr hat mich davor gewarnt, dass es eine große, dunkle Zeit werden würde […].

Ich sah Donald Trump im Büro des Oval Office beten, und er weinte vor dem Herrn mit den Händen auf dem Kopf. Ich sah auch andere weinen, es gab Minister und Leute, von denen ich nicht weiß, ob sie Senatoren oder Kongressabgeordnete waren. Was auch immer sie waren, ich sah sie nur auf und ab mit verschränkten Armen hin und her gehen im Weiße Haus. Ich konnte die starke Gegenwart des Herrn hier spüren, und dann konnte ich diese Dunkelheit dort sehen. Es war wegen der Schwere auf Amerika wegen der Finanzkrise, die ich kommen sah […]. Die Dinge kommen in den grünen Zeiten wieder zum Vorschein, und die guten Zeiten kommen wieder zurück, aber der Herr sagte, es würde ein Jahr später wiederkommen. Es wird aber eine Zeit des Zitterns sein, und es wäre ein Zittern, um aufzuwachen. Es werde eine großartige Erweckung kommen. Es ist nicht alles Untergang und Finsternis […]. Die Leute werden sagen, dass dies ein Gericht sei, aber der Herr sagte: „Nennt dieses Urteil nicht, es ist nicht mein Urteil, es ist eine Züchtigung, es kommt eine Korrektur.“ «

Biblische Bewertung: Um eine Prophezeiung gemäß 1.Kor.14:29 und 1.Thes.5:20 zu prüfen, ist es notwendig zu erkennen, dass uns die Sehnsucht nach einer echten Vorhersage des HErrn dazu verleiten kann, für die kleinen Ungereimtheiten in der Aussage blind zu werden, da oftmals der Wunsch zum Vater des Gedankens wird. Andererseits muss man einem echten Seher zugutehalten, dass er das Gesehene mit seinen eigenen, unvollkommenen Augen sieht bzw. auch Dinge übersieht und sie dann mit seinen eigenen Worten beschreibt, die gegebenenfalls in Details abweichen können. So ähnlich die Schilderung dem tatsächlichen Anschlag aber auch ähneln mag, so unterscheidet sie sich doch in einem wesentlichen Punkt: Die Kugel flog nicht an seinem Ohr vorbei, sondern traf ihn am Ohr! Hier könnte man sogar das Sprichwort „Knapp daneben ist auch vorbei“ wörtlich nehmen: Ein Ziel zu streifen, ist nicht das gleiche wie ein Ziel zu verfehlen, und sei es auch noch so knapp. Und wenn Biggs ein „zerschmettertes Trommelfell“ gesehen haben will (von dem bisher nie etwas berichtet wurde!), warum übersah er dann das Blut an seinem Ohr? In einer späteren Stellungnahme (https://www.youtube.com/watch?v=ngYEQHFEw_4) erklärte Biggs, dass er in der Vision sehr wohl das Blut an Trumps Ohr sah, aber vermutet hatte, dass dies durch ein geplatztes Trommelfell verursacht wurde.

Nun muss trotz aller Zweifel selbst der überzeugteste Kritiker einräumen, dass Biggs immerhin mit der Gewehrkugel richtig lag, die Trump nicht zu töten vermochte. Die Wahrscheinlichkeit, dass er dies einfach nur erfunden hätte, scheint angesichts der vielen anderen Möglichkeiten nicht allzu hoch. Aber wie wahrscheinlich wäre z.B. der Gebrauch eines Messers gewesen, wo Trump doch überall mit Bodyguards umgeben war? Der Attentäter musste also aus der Entfernung schießen, und so makaber es auch klingen mag, war es verständlicherweise sinnvoll, auf seinen Kopf zielen, da nur ein Kopfschuss einen sicheren Tod garantiert. Von daher war diese Vorhersage wohl doch nicht so unwahrscheinlich, zumal man sich ohnehin fragt, warum bei all der Hetze gegen Trump erst jetzt nach so langer Zeit ein Attentat auf ihn verübt wurde, wo es doch in der Geschichte der USA schon ein Dutzend Attentate auf Präsidenten und Präsidentschaftskandidaten gab.

Und dann sollte Trump ja in der Folge dieses Anschlags zu einer echten Wiedergeburt gelangen. Tatsächlich fiel Trump ja sogar auf die Knie, aber nicht um anzubeten, wie Brandon Biggs es darstellt, sondern um in Deckung zu gehen, wie es wohl jeder getan hätte. Und als die Sicherheitskräfte ihn wieder aufgerichtet hatten, hob er die Faust in die Höhe und rief seinen Anhängern voller Eifer zu: „Kämpft! Kämpft! Kämpft!“ – Das sind nicht wirklich Worte, die aus dem Geist Gottes gewirkt sind. Er hätte seine Anhänger ja auch dazu aufrufen können, Gott für die Rettung zu danken. Auch in den Tagen danach hat Trump nicht verlauten lassen, dass er inzwischen wirklich Buße tat. Er hatte ja mal in einem Interview von 2015 bekannt, dass er Gott noch nie für irgendwas um Vergebung bat. Jetzt wäre es doch mal eine Gelegenheit für ihn gewesen, dies zu ändern, wo Gott ihn doch buchstäblich um Haaresbreite vor dem Tod bewahrt hat. Scheint Bruder Brandon hier vielleicht von dem Wunsch geleitet zu sein, dass Trump sich doch endlich mal wirklich zum HErrn Jesus bekehren möge, anstatt sich weiter mit der jüdischen Kabbala und den Lehren des Hochgradfreimaurers Norman Vincent Peale zu beschäftigen, den er über alles verehrte? Aber – der HErr weiß es – vielleicht wird sich Trump in den nächsten Wochen ja doch noch bekehren und neugeboren werden. Das wäre dann ja wirklich eine freudige Überraschung und schon jetzt ein Gebetsanliegen für uns; denn Gott will ja alle Menschen erretten, und wir sollen ja besonders für die Obrigkeit beten (1.Tim.2:1-4).

Weitere Prophezeiungen

Das Erkennungszeichen für einen falschen Propheten finden wir in 5.Mo.18:22 „Wenn der Prophet im Namen des HErrn redet, und das Wort geschieht nicht und trifft nicht ein, so ist das das Wort, das nicht der HErr geredet hat. In Vermessenheit hat der Prophet es geredet; du brauchst dich nicht vor ihm zu fürchten“. Brandon Biggs erklärte ja auch, dass es „rekordverdächtige Temperaturen in New York und Chicago“ geben würde. Nun, wir haben jetzt Ende Juli 2024, und die Temperaturen sind an diesen beiden Orten mit 27,8 ˚C völlig im Durchschnittsmittel. Was jedoch die Tornados betrifft, so sind diese tatsächlich äußerst ungewöhnlich in diesem Jahr, und zwar sowohl in Bezug auf die Häufigkeit, als auch auf die Intensität. Im ersten Halbjahr 2024 gab es mit 1.250 Tornados in den USA schon doppelt so viele wie in den letzten 10 Jahren. Mehrere Rekorde stellte der extrem weit verlaufende Hurrikane Beryl der Kategorie 5 auf, der vom 28.06. bis 09.07.24 weit östlich im Atlantik begann und mit bis zu 270 h/km quer durch die Karibik bis nach Texas stürmte. Er tötete 19 Menschen und richtete Schäden in Milliardenhöhe an. Wir sehen also, dass sich die Vorhersage zu einem Teil erfüllte, jedoch zum anderen Teil (noch) nicht.

Auf die weiteren Vorhersagen bezüglich des neu erwachten Patriotismus in Amerika, der Wahl von Donald Trump, dem großen Zusammenbruch des Finanzsystems (wohl wegen einer Hyperinflation) und einer daraus resultierenden Erweckung soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden, da diese schon jetzt absehbar sind und schon seit Jahren darüber diskutiert wird. Wir müssen hier unterscheiden zwischen einer „Prognose“ (Voraussage aufgrund einer sich bereits abzeichnenden Entwicklung) und einer echten „Prophezeiung“, die nur durch eine von Gott vermittelte Eingebung „ausgesprochen“ werden kann (PRO = „heraus“, PhEMI = „erklären“, d.h. mit Bestimmtheit sagen). Da aber selbst ungläubige Börsenexperten seit Jahren eine sich anbahnende Weltwirtschaftskrise ankündigen, eignet sich dieses Thema nicht gerade, um eine prophetische Vorhersage zu prüfen.

Um die Glaubwürdigkeit eines Propheten zu überprüfen, kann aber auch seine Trefferquote aus der Vergangenheit nützlich sein. Brüder, die sich mit seinen bisherigen Voraussagen beschäftigt haben, konnten auf Facebook nachweisen, dass Pastor Brandon schon viele Male danebenlag: So habe der HErr ihm einen bevorstehenden massiven EMP-Angriff der „Orientalen“ auf Amerika gezeigt mit Raketen aus der „UdSSR“, der den halben Mittleren Westen vernichten werde. Zudem sollte es in Italien zu einem massiven Vulkanausbruch kommen wird, der große Verwüstungen anrichten würde. Dann kündigte er an, dass es bald eine weitere Seuche geben werde, die 350.000.000 Menschen das Leben kosten würde. Es werde ein schweres Erdbeben geben, das dazu führt, „dass Hubschrauber Lebensmittel für Hunderte von Städten in ganz Amerika einfliegen müssen, weil im ganzen Land alle Brücken einstürzen werden“. Lange schon hatte er den bevorstehenden Beginn des Dritten Weltkriegs angekündigt und seine Zuhörer mit allen Einzelheiten darüber belehrt, wie dieser beginnen werde. Insbesondere hat er zuvor fälschlicherweise einen großen Wirtschaftseinbruch im Jahr 2013 prophezeit und alle dazu aufgefordert, Rationen und Vorräte zu kaufen, was dazu geführt hat, dass sich viele finanziell übernommen hatten. „Tatsächlich musste er jeden persönlich anrufen, dem er fälschlicherweise prophezeit hatte, um Entschuldigung bitten, und anschließend wurde ihm von einem Pfarrer verboten, jemals wieder in seiner Kirche zu prophezeien“. Zu jener Zeit prophezeite er auch fälschlicherweise, dass Silber auf 100 Dollar pro Unze steigen würde und dass der irakische Dinar in die Höhe schießen würde. Er forderte alle Zuhörer dazu auf, in Silber zu investieren. Tatsächlich aber stürzte der Preis ab, so dass einige ihre letzten Ersparnisse verloren).

Biblische Bewertung: Nun kann sich selbst ein Prophet mal täuschen oder in einem Detail irren, weshalb die anderen Brüder ja auch verpflichtet sind, seine Aussagen auf den Prüfstand zu stellen: „Propheten lasst zwei oder drei reden, und die anderen sollen es beurteilen“ (1.Kor.14:29). Wenn heute in charismatischen Gemeinden „Propheten“ reden, dann wird die Aussage kaum noch infrage gestellt, weil man Angst hat, „den Geist zu dämpfen“ (1.Thes.5:20) oder ihn gar zu lästern (Mt.12:31-32). Der HErr fordert uns aber ausdrücklich dazu auf, nicht jeder Prophezeiung einfach Glauben zu schenken, sondern sie muss an Hand von Gottes Wort überprüft werden, ob sie wirklich vom HErrn ist: „Geliebte, glaubet nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind! Denn viele falsche Propheten sind in die Welt hinausgegangen“ (1.Joh.4:1). Ein gutes Beispiel für eine solche Prüfung finden wir in 1.Könige 13, wo ein Mann Gottes einen klaren Auftrag von Gott erhielt, im Anschluss an seine ausgerichtete Botschaft an den König: „Du sollst kein Brot essen und kein Wasser trinken, und du sollst nicht auf dem Weg zurückkehren, den du hingegangen bist!“ (Vers 9 + 17). Doch dann kam ihm ein alter Prophet entgegen, der ihn anlog und behauptete, ein Engel habe ihm durch das Wort des HErrn dazu aufgefordert, den Mann Gottes in sein Haus einzuladen, damit er dort Brot esse und Wasser trinke (Vers 18). Er ließ sich also von ihm verführen und musste deshalb am Ende sterben, da er dem Irrtum erlag, dass Gott Seine Meinung geändert habe. Heute können wir aus dieser Geschichte schließen, dass der Heilige Geist uns niemals etwas offenbaren würde, was im Widerspruch zur Bibel stehen würde. Heutzutage ist diese Bedingung besonders wichtig.

Neben der Frage, ob eine Prophezeiung im Einklang mit der Bibel ist, gilt es zudem noch zu prüfen, ob eine prophetische Ankündigung überhaupt RELEVANT ist, also in einer konkreten Situation von entscheidender Bedeutung ist. Dies lässt sich daran erkennen, ob die Ankündigung mit einer klaren Handlungsaufforderung verbunden ist, die den Anliegen Gottes entspricht. Hierin unterscheidet sich nämlich biblische Prophetie von Hellseherei, denn bei Letzterer geht es in der Regel nicht um Gottes Willen, sondern um eine sinnfreie Inszenierung und Effekthascherei, bei der nicht Gott, sondern der Mensch im Mittelpunkt steht. Auch hier gibt es ein gutes Beispiel in der Bibel: Der Prophet Agabus sagte durch den Geist eine große Hungersnot voraus, die dann später auch eintrat. Sinn und Zweck der Prophetie war, dass die Gläubigen rechtzeitig eine Spendensammlung für die armen Christen in Jerusalem organisieren sollten. Ebenso war auch die Ankündigung der zehnten Plage über Ägypten mit der Handlungsanweisung verbunden, die Pfosten und Oberschwellen der Häuser mit dem Blut eines Lammes zu bestreichen, damit der HErr in der Nacht des Passahfestes am Haus vorübergehe (2.Mo.12:7+13). Genauso sind auch alle prophetischen Ankündigungen des HErrn in Matth.24 u.a. immer mit konkreten Handlungsanweisungen verbunden (V. 15ff).

Wenn man nun diesen Maßstab an die prophetischen Vorhersagen durch Brandon Biggs anlegt, dann fällt auf, dass es bei ihm tatsächlich solche Handlungsaufforderungen gibt: Den Stürmen sollen die Gläubigen mit Vollmacht entgegentreten, um sie zu beruhigen, wie es der HErr tat. Die Stürme sind aber gleichwohl eine Metapher für die kommende Weltwirtschaftskrise, die zwar unvermeidlich ist, aber die nicht das Ende Amerikas bedeuten werde, sondern eine „Korrektur“ darstelle, durch welche die Gläubigen zur Buße und Umkehr kommen würden, so dass dadurch eine Erweckung entstehen werde. Die Buße und Bekehrung von Trump wäre dann eine große Hilfe für den gläubigen Teil Amerikas, weil durch ihn dann weise Entscheidungen gemäß den Geboten Gottes getroffen werden könnten. Zugleich werden die Gläubigen hier zum Durchhalten aufgerufen, ähnlich wie auch der Prophet Jeremia die Juden aufforderte, sich unter das Strafurteil Gottes durch Nebukadnezar zu beugen, da es auf 70 Jahre begrenzt sei und sie danach wieder ins Land ihrer Väter zurückkehren werden. Die falschen Propheten wie z.B. Hananja in Jeremia 28 erkennt man daran, dass sie die Notwendigkeit eines Gerichts leugnen und dadurch das Volk zum Ungehorsam und zur Zügellosigkeit verleiten (Jer.28:15-17).

Fazit: Angesichts der vielen, falschen Propheten heute und des Mangels an echten Prophezeiungen aufgrund der zunehmenden Gesetzlosigkeit (Ps.74:1-9, 1.Sam.3:1), scheint mir diese Voraussage doch eher glaubwürdig und mit der Heiligen Schrift im Wesentlichen übereinstimmend.

 

 

Inhaltsverzeichnis

Etwas nicht gefunden?

Neuste Beiträge

Gastbeiträge

„Der ist kein Narr, der aufgibt, was er nicht behalten kann, damit er gewinnt, was er nicht verlieren kann.“

(Jim Elliott)