„Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe.
Laßt uns nun die Werke der Finsternis ablegen
und die Waffen des Lichts anziehen.“

(Röm.13:12)

– „Einmal auf dem Schoß Gottes sitzen“ Teil 25, Juli-Dez. 2014

Juli bis September 2014

Gilt Gottes heilbringende Gnade für alle Menschen (Tit.2:11)?

Durch meine Umkehr zu Gott war mein ganzes bisheriges Denken wieder auf Werkseinstellung zurückgesetzt worden. Der Verlust aller bisherigen, törichten Überlegungen gab mir nun die Chance, mir von Gott noch einmal ganz neu alles erklären zu lassen ohne alle Voreingenommenheit von Menschen. So bat ich Gott um Orientierung und Weisung, damit ich nicht erneut in die Irre gehen möge. Was wollte Gott mir z.B. verdeutlichen durch meine Krankheiten? Der zunächst befürchtete Hirntumor sollte mir vielleicht zeigen, dass mein bisheriges Denken (Hirn) wie durch eine Wucherung in meinem Kopf eingeschränkt war. Und das Adenom in meiner Nebenniere wies im Bilde gesprochen noch auf verborgene Sünde in meinem Innern, die sozusagen noch herausoperiert werden musste, um weiteren Schaden zu verhindern. Die „Niere“ steht ja symbolisch für das Gemüt eines Menschen („es geht mir an die Nieren“), und speziell das Hormon Aldosteron soll den Salzgehalt im Körper regulieren. „Salz“ schützt das Fleisch vor dem Verderben, aber das Übermaß an Salz in meinem Blut gefährdete nun nicht nur mein natürliches Leben, sondern auch mein geistliches.

Wenn ein Essen versalzen ist, dann ist es ungenießbar. Und wenn ein Glaube von einem übermäßig strengen Gott ausgeht, dann verwundert es nicht, dass man sich irgendwann von einem solchen Gottesbild abwendet. Mir war es aber damals nicht gelungen, mir Gott anders vorzustellen; für mich war allein die Bibel maßgeblich, und diese vermittelte mir damals ja die Vorstellung von einem Gott, dem ich es nie recht machen konnte, der immer nur enttäuscht von mir war und der jeden Menschen für ewig verdammen würde, der sich Seinem Befehl nicht bedingungslos und bedenkenlos fügt. Ich hatte ja damals in meinem Abschieds-„Brief des Demas“ aus Tilmann Mosers „Gottesvergiftung“ Folgendes zitiert: „Das beruhigende Gesicht meiner Mutter, wenn sie früher vor dem Einschlafen mit uns betete, wurde ersetzt durch die Fratze eines unerbittlichen Schuldeneintreibers, der mich mit meiner Angst vor der Verlorenheit immer wieder neu erpresste zur Annahme einer sklavischen Angewiesenheit auf seine Gnade, die von ihm immer wieder neu erbettelt werden muss und die er wie ein Wucherer nur provisorisch vergibt mit dauerndem Widerrufsrecht… Gott ist der Konkursverwalter der Liebe… Er gedeiht in den Hohlräumen menschlicher Ohnmacht und Unwissenheit. Er blüht aus der Lebensangst der Menschen, aus allem Unverstandenem, das sie erlebten; vor allem aber aus ihrer Ungeborgenheit und ihren seelischen Entbehrungen… Seine erdrückende Wirklichkeit entstammt ihrer Isolierung, ihren Kontaktstörungen, ihrer Sprachlosigkeit anderen Menschen gegenüber. Sie beteten zu ihm, … weil ihnen sonst niemand zugehört hätte. In ihrer Verzweiflung haben sie Gottes Antwortlosigkeit als unendliche Geduld und Wohlwollen gedeutet. Sie hätten ihr Elend auch ihrem Wellensittich zuflüstern können.“ (Tilmann Moser, „Gottesvergiftung“, 1976)

Nun aber waren all diese lästerlichen Überlegungen hinfällig, denn Gott HATTE ja zu mir geredet. Ich bildete mir das nicht ein. Aber war Er wirklich so ein „Schuldeneintreiber“ und „Konkursverwalter“, für den ich Ihn damals hielt? Oder war dieses destruktive Gottesbild nicht vielmehr dem Charakter von Daniel Werner geschuldet, der mir mit seiner rigiden, humorlosen und strengen Art ein solch falsches Gottesbild vermittelt hatte? In der Gegenwart dieses alten Bruders war ich ständig in Anspannung und Alarmbereitschaft; denn sobald ich etwas Falsches sagte, wurde ich ja sofort von ihm gerügt. Er gab mir nie das Gefühl, richtig zu sein, und so dachte ich damals ja auch über Gott. So wie Esau, dem Rothaarigen, hatte Gott für mich damals keinen Segen mehr übrig, so dass ich nun 18 Jahre lang „fern von der Fettigkeit der Erde meinen Wohnsitz“ hatte und „ohne den Tau des Himmels von oben her“ (1.Mo.27:39).

Aber stimmte es denn nicht, dass „der biblische Gott die Menschen mit der Annahme einer völlig unglaubwürdigen Drohbotschaft erpresst, indem Er von ihnen den Glauben an ein überflüssiges Menschenopfer fordert“? Warum musste Jesus sterben, wenn doch niemand Gott irgendwelche Bedingungen stellen konnte, um den Menschen zu vergeben? Die alten Zweifel von damals waren wieder da. Aber diesmal wollte ich nicht wieder der Verzweiflung und dem Unglauben Raum geben, sondern nach einer Antwort suchen, wie sich diese Widersprüche auflösen könnten. Ich betete und fragte Gott um eine Antwort aus diesem gedanklichen Dilemma. Und dann nahm ich meine alte Bibel zur Hand, um nach einer Lösung zu suchen. Dabei kam mir ein Gedanke, dem ich weiter nachspüren wollte, ob er mit dem Wort Gottes im Einklang stand: Was wäre, wenn alle Maßnahmen Gottes das eine Ziel verfolgen, dass die Menschen schrittweise von Ihm zum Gehorsam erzogen werden – so etwa, wie ein Vater seine Kinder schrittweise erzieht? So fing Er mit den Kindern Israel an und gab ihnen Sein Gesetz, damit sie durch das Bemühen, Seine Gebote zu halten, die Erfahrung machen sollten, dass sie dazu gar nicht in der Lage sind aus eigener Kraft. Und dann gab Er den Gläubigen durch das Opfer Seines Sohnes Jesus am Kreuz von Golgatha einen Erlösungsweg, damit sie durch die Vergebung und die Kraft der Wiedergeburt durch den Heiligen Geist befähigt werden, nach Gottes Willen zu leben.

So wie die Söhne Jakobs durch ihren Bruder Joseph in Ägypten das Heil erfahren sollten, sollen im Neuen Bund nicht nur die Juden, sondern alle Menschen vor dem geistlichen Hungertod gerettet werden. Erst gaben sie ihr Hab und Gut und später dann auch ihre Seelen, um gerettet zu werden. Genauso wird es ja auch im Neuen Testament beschrieben, dass die Gnade Gottes in Jesus Christus allen Menschen zum Heil erschienen sei, damit wir durch sie wie Kinder auferzogen werden sollen. Und die Drohung mit der Hölle dient dabei als nützliche Erziehungsmethode, um sich nicht aufzulehnen gegen die Erziehung Gottes. Ja, das macht Sinn! sagte ich mir. Gott ist also kein Erpresser, sondern ein Erzieher! Er meint es nur gut mit den Menschen, so wie ein Vater es gut meint mit seinen Kindern. Aber ein Vater droht auch, damit seine Kinder ihn ernst nehmen. Er verrät ihnen nicht gleich seine Absichten, weil sie noch nicht so weit sind, um sie richtig verstehen zu können. Hätte Gott statt Mose gleich den HErrn Jesus als Erretter präsentiert, dann wären sie nie zur Sündenerkenntnis und zu einer echten Buße gekommen. Es bedurfte eines allmählichen Denkprozesses, der den Menschen dahin bringt, seine völlige Verlorenheit und Abhängigkeit von Gottes Gnade zu erkennen.

Aber warum hat der Glaube an den HErrn Jesus nur bei so wenig Menschen zum Umdenken geführt? Wie viele Leute glauben entweder gar nicht oder sind in irgendwelchen falschen Religionen gefangen? Dabei sind viele Menschen durchaus aufrichtig auf der Suche nach Gott und wollen nur Ihm gefallen und geben deshalb ihr Bestes. Warum hat Gott diesen Menschen Seinen Willen nicht deutlicher zu erkennen gegeben? Und warum gilt die Chance zur Bekehrung eigentlich nur für dieses Leben, wenn Er doch will, dass alle Menschen gerettet werden sollen? Wo steht eigentlich in der Bibel, dass sich der Mensch nur in diesem Leben bekehren kann? Sofort fiel mir Hebr.9:27 ein: „Und ebenso wie es den Menschen gesetzt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht…“ Warum gibt Gott Seinen Heilswillen so schnell wieder auf? Was hindert Ihn denn daran, auch nach dem Tod die Menschen weiter von Seinem Heilsangebot zu überzeugen, damit sie es annehmen? Ist mit dem Tod des Menschen Seine Geduld zu Ende? Oder begnügt Er sich mit einer „kleinen Herde“ von Schafen (Luk.12:32) und lässt dann die übrigen für ewig im Feuersee brennen? Warum sollen sie für immer gequält werden? Er hätte ihnen doch auch einen ewigen Gnadentod schenken können. Welchen Sinn hat eine Strafe, wenn sie nie ein Ende haben soll?

All diese Fragen gingen mir durch den Kopf während ich mit unseren Hunden Charly und Daisy spazieren ging. Ich hatte Angst, dass dieses kleine Pflänzchen meines Glaubens schon bald wieder ersticken könnte an all den zweifelnden Fragen, für die ich dringend eine Antwort brauchte. Die meisten Christen würden wahrscheinlich gar nicht so viel grübeln, sondern einfach glauben und gut. Aber ich wusste, dass diese Fragen eine Antwort erfordern, da sie andernfalls wie ein „Kolbenfresser“ schon bald wieder am Motor meines Glaubens nagen würden. Ich brauchte eine Antwort von Gott, damit mein Glaube ein stabiles Fundament in der Schrift erhält. Also betete ich und bat den HErrn: „Was ich nicht sehe, zeige du mir. Öffne meine Augen, damit ich sehend werde, HErr, denn ich tappe noch immer im Dunkeln. Bitte hilf mir, dass ich nicht wieder in die Irre gehe. Warum willst Du nicht auch den anderen Menschen gnädig sein?

Auf einmal kam mir die Allversöhnungslehre in den Sinn, die ich ja vor Jahren mal in einer 42-Seiten langen Schrift widerlegt hatte, als ich noch nicht vom Glauben abgefallen war. Wäre diese vielleicht die Lösung? Nein, auf keinen Fall! Das ist doch reines Wunschdenken, sagte ich mir. Nirgends in der Bibel steht, dass Gott den Unerretteten nach dem Tod noch eine Chance gibt. – Oder doch? Ich erinnerte mich, wie der alte Bruder Bernd Fischer mir damals versuchte, die Allversöhnung zu beweisen an Hand von Jes.45:22-24. Er sagte: „Wie kann ein Mensch sagen: ‚Nur in Jahwe habe ich Gerechtigkeit und Stärke‘ ohne dass er gläubig ist?“ – Ich sagte: „Das stimmt. Aber das gilt nur für die Menschen, die im 1000-jährigen Reich gläubig werden.“ – „Das steht da aber nicht, sondern es heißt ‚jede Zunge‘.“ – „Ja, aber das kann doch nur für die Menschen gelten, die sich noch zu Lebzeiten bekehrt haben!“ – „Aber in der Parallelstelle in Phil.2:10-11, wo diese Stelle zitiert wird, heißt es ergänzend ‚der Himmlischen, der Irdischen und Unterirdischen‘, also auch der Gestorbenen“. – „Stimmt, aber sie sagen das ja nicht alle freiwillig, sondern einige werden auch dazu gezwungen.“ – „Kann jemand gezwungen werden, den HErrn Jesus als HErrn zu bekennen? Doch wohl kaum, denn das würde Gott niemals ehren. Außerdem werden sie ja auch alle bekennen, dass sie nur in dem HErrn Gerechtigkeit und Stärke haben. Sie bekennen also ihr Heil.“ – Ich überlegte damals und sagte schließlich: „Ja, Du hast mich Schachmatt gesetzt. Aber ich werde trotzdem nicht die Allversöhnung annehmen, denn nur weil ich selbst keine Erklärung für diese Stelle finde, heißt das nicht, dass es keine Erklärung gibt.“ – Wir sprachen fortan nicht mehr über dieses Thema. Aber meine Weigerung, eine Lösung für diese Bibelstelle zu finden, bewirkte in der Folgezeit, dass ich kein weiteres Licht mehr bekam, sondern mich innerlich verhärtete.

Ich begann, andere Stellen in der Bibel aufzuschlagen, die mir von damals noch in Erinnerung waren, wie z.B. 1.Petr. 3:18-20 oder 4:6. Hatte der HErr Jesus den Verstorbenen tatsächlich das Evangelium gepredigt, als Er ins Totenreich hinabfuhr? Aber was war mit dem reichen Mann im Hades, der nicht mehr hinauskommen sollte? Vielleicht sollte er aber nur so lange leiden, bis er den „letzten Heller“ seiner Schuld abgebüßt hat (Mt.5:26)? Und dann könnte er den HErrn Jesus annehmen… Aber warum hat Abraham ihm das nicht gesagt? Aber er hat ja auch nicht gefragt… Ja, das ist wirklich seltsam, dass er überhaupt nicht fragt, was eigentlich los ist. Stattdessen ging es ihm nur um Erleichterung der Haftbedingungen… Vielleicht ahnte er schon, weshalb er Pein leiden soll, aber war noch zu stolz, um seine Schuld einzugestehen… Aber möglicherweise hat er später wie der Räuber am Kreuz seine Schuld bekannt und um Gnade gefleht, so dass er wieder befreit werden konnte. Das würde erklären, warum sich Abraham und Lazarus in Sicht- und Hörweite befanden, um ihn seelsorgerlich zu begleiten; denn immerhin hätten sie ja genauso gut schon am Tische sitzen können im Reich Gottes… Aber da steht ja nichts, dass er später befreit wurde. Aber es steht auch nicht, dass er nicht befreit wurde… Aber der HErr Jesus hatte doch später im Hades das Evangelium verkündigt. Warum sollte Er das getan haben, wenn nicht mit der Absicht, dass die Menschen sich bekehren? Wo steht denn in der Bibel, dass eine Bekehrung nach dem Tod nicht mehr möglich sei?

Was auch interessant ist: Der reiche Mann spricht Abraham mit „Vater“ an, so als ob er ihn kannte. Und Abraham nennt ihn „Sohn“. Abraham macht ihm auch keinen Vorwurf, dass er sich nicht rechtzeitig bekehrt habe, sondern nur, dass er sein Gutes schon empfangen habe während seines Lebens. Auch von Lazarus heißt es nicht, dass er wiedergeboren war oder nicht. Scheinbar geht es gar nicht um die Frage, ob man bekehrt sei oder nicht, sondern nur um eine Entschädigung von erlittenem und Vergeltung von verursachtem Unrecht. Na sowas, dachte ich. Das steht aber ja in krassem Widerspruch zur gängigen Auffassung, dass nur Bekehrte errettet werden! Plötzlich kamen mir die Worte des HErrn Jesus in der Bergpredigt in den Sinn. Er beglückwünschte Menschen, die gar nicht notwendigerweise gläubig sein mussten! Gab es etwa nicht auch bei den Muslimen Trauernde? Oder bei den Buddhisten Friedensstifter? Und wie viele Agnostiker haben ihr ganzes Leben lang nach der Gerechtigkeit gehungert und gedürstet! Meint der HErr auch solche? Wenn nicht, warum drückt Er sich dann nicht präziser aus? Weil Er eben nicht unterscheidet zwischen Christen und Nichtchristen, sondern zwischen Gerechten und Ungerechten bzw. Opfern und Tätern…ja genau! Das macht Sinn. Denn sonst würde z.B. eine jüdische Familie, die im KZ gefoltert und ermordet wurde, anschließend für immer in der Hölle weitergequält, während ein KZ-Folterer, der sich nach dem Krieg bekehrt hat, für ewig im Paradies wäre. Nein, die Sache war mir jetzt klar. Schon allein wegen der Gerechtigkeit Gottes muss es am Ende eine Begnadigung für alle geben!

Es ist nicht alles Gold, was glänzt

Im Sommer kam Traian aus Rumänien, und zu meiner Überraschung hatte er auch seine Frau Elisabeth mitgebracht. Da sie kein Geld hatten, bot ich ihnen an, in meiner Werkstatt zu wohnen, denn ich hatte ja ein kleines Büro mit Sofa und Waschbecken, das zwar zum dauerhaften Aufenthalt eine Zumutung war, aber auch keine schlimmere als dort in Recea, wo sie herkamen. Ich ließ 10.000 Werbeflyer drucken und vereinbarte mit Traian einen Stundenlohn von 10,- €, wobei er täglich 2-3 Stunden morgens verteilen sollte. Da man etwa 100 Zettel pro Stunde schafft, hatte er die nächsten zwei Monate erstmal gut zu tun, bis ich neue Zettel drucken lassen müsste. Um über die Runden zu kommen, gab ich den beiden zunächst einen Vorschuss von 300,- € und erklärte Traian, dass ich ihm vertrauen wolle und er mich nicht enttäuschen dürfe, zumal ich ja jetzt auch ein Christ geworden sei. Traian freute sich sehr, dass ich den HErrn Jesus angenommen hatte und bat mich darum, für ihn zu beten, da seine Frau Elisabeth unfruchtbar sei und sie sich so sehr ein Kind wünschten. Auch sei sein Vater inzwischen gestorben, weshalb er seine Mutter nach Deutschland bringen wolle und sie eine Wohnung suchten.

Zur selben Zeit lernte ich durch meinen Bruder Marco auch eine Gemeinde in Rothenburg kennen, die von einem Bruder Andreas Schmidt geleitet wurde. Andreas war Krankenpfleger und hatte mit seiner Frau Iris 13 Kinder. Eines Tages fragte mich Andreas, ob ich einen seiner Söhne als Praktikant nehmen könne: „Simon, ich will dir nicht verhehlen, dass mein 15-jähriger Sohn Aaron ein sehr schwieriger Junge ist. Erschrick bitte nicht, wenn Du feststellen wirst, dass Aaron gelegentlich sehr frech ist. Eigentlich ist er aber ein sehr guter Junge und sehr talentiert, besonders in handwerklichen Dingen. Leider ist er aber gerade in der Pubertät und versucht ständig allen zu beweisen, dass er ein cooler Typ ist. Deshalb ist er jetzt auch schon aus drei Schulen geworfen worden. Das Schulamt teilte uns jetzt mit, dass er aus ihrer Sicht ‚unbeschulbar‘ sei, da er den Unterricht dazu missbrauche, ständig durch freche Sprüche die Aufmerksamkeit der Klasse auf sich zu lenken. Deine Firma ist jetzt die letzte Chance für uns, dass aus Aaron noch mal etwas Vernünftiges wird.“ Ich sagte: „Mach Dir keine Sorgen, Andreas, ich habe keine Zweifel, dass ich Aaron mit Gottes Hilfe schon wieder auf den richtigen Weg bringen werde.“

Da ich nun ziemlich viele Mitarbeiter hatte, die ich gerade bei Regentagen nicht immer beschäftigen konnte, kam mir eine Idee. Ich rief unseren Prediger Marco an und sagte ihm, dass ich erfahren habe, dass nun auch mit dem Ausbau des Obergeschosses in der Gemeinde begonnen wurde und dazu jede Menge Freiwillige gesucht würden. Ich bot ihm also die Hilfe unserer Firma an, um sämtliche Wände dort zu spachteln und mit Glasgewebe zu tapezieren. Er müsse dafür nichts bezahlen außer die Materialien. Marco war darüber sehr froh und zeigte mir die Räume und was er genau vorhatte. So vergingen etwa zwei bis drei Wochen, und schon bald hatten wir die gesamte obere Etage der Gemeinde von etwa 1000 qm Grundfläche fertig. Der Praktikant Aaron hatte sich inzwischen mit meinem Lehrling Tim angefreundet, der ja ebenso aus gläubigem Elternhaus kam. Sie hatten sich für das Wochenende verabredet, um gemeinsam nach Köln zu fahren. Erst später erfuhr ich, dass sie dort an einer Nazi-Demonstration gegen die Salafisten teilnahmen, bei der es zu schweren Ausschreitungen kam und sogar Polizeiautos angezündet wurden.

Am Sonntagmorgen rief mich auf einmal der Prediger an und berichtete mir, dass an mehreren Stellen Sabotage verübt wurde: Der Siphon vom Waschbecken sei absichtlich gelöst worden, der Toilettenspülkasten sei von innen manipuliert und unbrauchbar gemacht worden und schließlich habe jemand Zahnpasta unter die Türgriffe geschmiert. Der Verdacht fiel sofort auf Aaron. Ich entschuldigte mich bei Marco und erklärte ihm, wie peinlich mir das sei, nachdem ein Jahr zuvor ja auch mal eingebrochen war. Dann rief ich Andreas an und fragte ihn, ob er dies seinem Sohn zutrauen würde, was dieser aber verneinte. Aber mir war klar, dass sowas nur ein Pubertärer machen würde.

Kurze Zeit später stellte sich heraus, dass Aaron auch weitere Streiche spielte: Als ich ihn einmal mit Jörg arbeiten ließ, war mir schon bang, ob das gut gehen würde, zumal Jörg mit seinem einfältigen Gemüt kaum eine Chance hätte, dem Schabernack von Aaron etwas entgegen zu setzen. Zu Feierabend rief ich Jörg besorgt an: „Na, wie war denn der Tag heute so mit Aaron?“ – „Och, ganz gut“ sagte Jörg, „nur dass es heute ziemlich heiß war an der Fassade.“ – „Ja, das kannste wohl sagen! Ich schätze bestimmt 30 °C heute.“ – „Bestimmt. Stell Dir mal vor: es war so heiß, dass sich sogar der Pinsel von Aaron von ganz allein entzündete!“ – „Hä? Das geht doch gar nicht!“ – „Doch! Hat Aaron mir erzählt. Allerdings hat er dann einen dummen Fehler gemacht, denn er wollte das Feuer nur löschen und hat den Pinsel deshalb in ein Glas gesteckt, wo aber kein Wasser, sondern Nitroverdünnung drin war, so dass es richtig heftig gebrannt hat bei der Kundin. Ich konnte gerade noch rechtzeitig löschen.“ – „Aber Jörg, da hat Dir Aaron doch ein Märchen erzählt! Glaubst Du wirklich, dass sich ein Pinsel von ganz allein entzünden kann?!“ – „Vielleicht durch gebündelte Sonnenstrahlen? Ich war nicht dabei und muss ihm doch glauben.

Aaron war also inzwischen gemeingefährlich geworden, weshalb ich noch mal mit seinem Vater sprach. Dieser wollte mir – wie er sagte – „dies nicht länger antun“ und bot mir an, das Praktikum abzubrechen. Er habe sowieso vor, demnächst ein altes Schullandheim zu erwerben, wo Aaron dann als Hausmeister arbeiten könnte. Und so beendeten wir das Praktikum einvernehmlich, zumal wir nicht unsere Freundschaft gefährden wollten. Da aber auch inzwischen Tarek ausgelernt hatte und ich ihn nicht übernehmen wollte, nahm ich Jakob Kaib (31), einen Russlanddeutschen, als Umschüler, obgleich mir bewusst war, dass er als Waisenkind psychische Probleme hatte; aber ich dachte, dass allein der Glaube mit der Zeit helfen würde, die alten Wunden zu heilen. Was ich jedoch nicht ahnte, war, das psychisch labile Menschen sehr auf ihre eigenen Befindlichkeiten fixiert sind und daher Schwierigkeiten haben, sich in ein Team zu integrieren. Ich dachte, dass die russlanddeutschen Brüder Tim und Simeon sich schon allein aufgrund ihrer gemeinsamen Herkunft gut verstehen würden, aber da hatte ich weit gefehlt. So dauerte es nicht lange, dass der 1,90 m-Hüne Tim mit dem Jakob aneinandergeriet:

An einem Tag fehlte mir nämlich ein Geselle, weshalb ich zu Tim sagte: „Hör mal, Tim, Du bist ja schon im 3. Lehrjahr, deshalb würde ich Dir für diesen Auftrag hier die Bauleitung übertragen. Ich gebe Dir Simeon und Jakob mit, die Du einweisen kannst, was sie tun sollen. Hier ist der Auftragszettel. Was meinst Du: Traust Du Dir das zu?“ – „Na klar, kein Problem!“ sagte Tim. Und dann fuhren die drei los.

Auf der Baustelle angekommen, sagte Tim zu Jakob: „Ich und Simeon werden schon mal das Treppenhaus abdecken und Du kümmerst Dich um das Bad.“ Nach etwa 20 Minuten sah Tim den Jakob, wie er ebenso im Treppenhaus abdeckte und abklebte. Tim sagte: „Ich hab‘ Dir doch gesagt, dass Du im Bad arbeiten sollst, das Treppenhaus machen WIR!“ Darauf sagte Jakob: „Der Kunde war gerade auf Toilette und es riecht sehr streng dort, deshalb mach ich das später.“ – „Nein, Du machst das jetzt! Du brauchst doch nur das Fenster aufmachen, wo ist das Problem?!“ – „Dann mach Du es doch!“ trotzte ihm Jakob. „ICH habe hier die Bauleitung, deshalb musst Du meinen Anweisungen gehorchen!“ erwiderte Tim. „Von Dir lasse ich mir gar nichts sagen, denn Du bist ja auch nur ein Lehrling und zudem auch noch zehn Jahre jünger als ich!“ – „Aber der Chef hat MIR die Bauleitung übertragen, deshalb tust Du jetzt sofort, was ich sage!“ Tim hatte Jakob am Arm gepackt und ihn ins Bad reingeschubst. Das ließ sich Jakob nicht gefallen und sagte: „Fass mich noch mal an, dann hau ich Dir auf die Fresse!“ Darauf schrie Tim ihn an: „DANN HAU AB, DU SPASTI! DAS IST MEINE BAUSTELLE, UND ICH WILL SO EINEN SPINNER WIE DICH HIER NICHT HABEN. Ich rufe jetzt den Chef an!

Tim war rausgegangen auf die Straße, damit der Kunde den Streit nicht mitbekam. Dann rief er mich aufgeregt an auf dem Handy und sagte: „Simon, ich musste den Jakob jetzt von der Baustelle verweisen, denn er gehorcht meinen Anweisungen nicht. Dieser Psychofreak ist völlig verrückt, ich komm‘ mit dem nicht klar…“ In dem Moment rannte Jakob mit einer Taschenlampe bewaffnet auf den Tim zu, um ihm diese auf den Kopf zu schlagen. Tim wehrte den Schlag ab, schubste Jakob auf den Boden und schlug mehrfach auf ihn ein, so dass Jakobs Brille zu Bruch ging. Jakob rappelte sich auf und rief sofort die Polizei an. Erst Stunden später erfuhr ich davon durch Jakob, der inzwischen eine Anzeige gemacht hatte (was aufgrund der Vorstrafen von Tim wegen Körperverletzung recht heikel war). Ich redete auf Jakob ein, dass er dem Tim doch vergeben möge aus Glaubensgründen und die Anzeige zurücknehmen möge. Jakob ließ sich schließlich überreden, verlangte jedoch eine Entschuldigung von Tim und eine Erstattung für die kaputte Brille von 150,- €. Daraufhin überredete ich Tim, sich bei ihm zu entschuldigen und übernahm die Kosten für die Brille. Dennoch wollte Jakob dem Tim nicht mehr begegnen und setzte seine Ausbildung dann in einer anderen Firma fort.

Inzwischen war Traians Mutter aus Rumänien angereist, und ich hatte dem Ehepaar und der Mutter eine Wohnung besorgt. Doch da die Mutter unter Kreislaufproblemen und hohem Blutdruck litt und kein Geld für eine Behandlung hatte, bot ich ihm an, die Familie nach Delmenhorst zu einer rumänischen Ärztin zu fahren, die wir noch von früher kannten. Ich dachte, dass diese humanistisch gesonnene Ärztin die Mutter von Traian kostenlos behandeln würde. Doch als Traian nach zwei Stunden aus der Praxis kam, sagte er mit niedergeschlagener Stimme, dass die Ärztin der Mutter nicht umsonst helfen wolle. Auf dem Weg nach Bremen zeigte die Mutter mir die Medikamente, die sie derzeit nehme, und ich sagte zu Traian: „Woher habt ihr die her? Hat Euch die Ärztin die gegeben?“ Etwas verlegen sagte Traian: „Nein, die hat uns der Arzt vom Gesundheitsamt mitgegeben.“ – „Wie? Versteh‘ ich nicht. Ihr wart beim Gesundheitsamt?“ – „Ja. Dort bekommt man auch eine kostenlose Behandlung.“ – „Und warum hast Du mir das nicht gleich gesagt?! Ich dachte, dass Deine Mutter dringend eine Behandlung braucht, und Du erzählst mir erst jetzt, dass sie schon längst in Behandlung ist?! Wozu sind wir dann überhaupt ganz nach Delmenhorst gefahren?“ fragte ich wütend. Kleinlaut antwortete Traian: „DU wolltest doch, dass wir zu dieser rumänischen Ärztin fahren…“ – „Ja, aber das hätte ich doch nie gemacht, wenn ich das gewusst hätte! Du musst mir immer die GANZE Wahrheit sagen!

Mit der Wahrheit nahm es Traian in der Tat noch immer nicht so genau. Denn mittlerweile waren schon fast vier Monate vergangen und Traian hatte mich bisher noch nicht nach neuen Handzetteln gefragt, sondern hatte immer noch jede Menge, die nicht verteilt waren. Stattdessen behauptete er, dass er weit mehr als die vereinbarten 2 – 3 Stunden täglich gearbeitet habe und ich ihm deshalb zu wenig Geld pro Monat gegeben hätte. Ich bat ihm, mir eine Aufstellung zu machen, und wir setzten uns in die Werkstatt, um in Ruhe über seine Nachforderung zu reden. Als er mir dann den Zettel übergab, fiel ich fast in Ohnmacht. Ich hatte damit gerechnet, dass er noch 200,- oder 300,- € mehr haben wollte, aber Traian kam auf 3.200, – €, die ich ihm angeblich noch schulden würde. Ich wurde laut und sagte ihm mit energischer Stimme: „DAS GLAUBE ICH DIR NIE UND NIMMER, DASS DU SCHON ÜBER 600 STUNDEN FÜR MICH GEARBEITET HAST! Dann hättest Du ja theoretisch nur 16 Zettel in einer Stunde verteilt! Das ist doch völlig unglaubwürdig. Tut mir leid, Traian, das nehm‘ ich Dir nicht ab!“ Jetzt wurde auf einmal auch Traian laut und drohte mir mit Kündigung und Gericht, wenn ich ihm nicht den vollständigen Betrag bezahlen würde. Mir wurde auf einmal klar, dass ich einen riesigen Fehler gemacht hatte, dem Traian – nur weil er bekannte, Christ zu sein – einfach blind zu vertrauen. Wir einigten uns schließlich nach langer Verhandlung, dass ich ihm noch 800,- € geben würde, aber dass das Arbeitsverhältnis damit beendet sei. Während wir zum Geldautomaten fuhren, bemerkte ich durch Traians gute Laune, dass er mich über den Tisch gezogen hatte.

Oktober bis Dezember 2014

Meine eigentliche Bekehrung

Während in der Ostukraine ein Bürgerkrieg ausgebrochen war, Putin die Krim-Halbinsel besetzte und der Islamische Staat im Irak und Syrien (ISIS) gegründet wurde, herrschte in meinem Innern ein Krieg ganz anderer Art. Denn seit meiner Buße vor fünf Monaten hatte sich noch gar nicht viel verändert, außer dass ich jetzt betete und wieder an das Wort Gottes glaubte. Aber von einer richtigen „Wiedergeburt und Erneuerung durch den Heiligen Geist“, wie die Schrift sagt (Tit.3:5), konnte noch gar keine Rede sein, denn ich lebte noch immer in Sünde und hatte keine Kraft, dagegen anzukämpfen. Noch immer hörte ich weltliche Musik und schaute Hollywoodfilme, manchmal sogar auch noch Pornos. Die anfängliche Aufbruchstimmung war schon wieder verflogen, und mir wurde irgendwie bewusst, dass mir noch etwas Entscheidendes fehlte.

An einem Abend betete ich zusammen mit Ruth und wollte danach mit ihr in der Bibel lesen. Aber auf einmal brach ich in Tränen aus und konnte kaum antworten, als sie mich fragte, was los sei. Nur mit Mühe brachte ich schließlich leise die Worte hervor: „Ruthi,     der HErr     fühlt sich   nicht wohl   in   meinem   Zimmer,   und   auch   nicht   in   meinem   Leben.   Es   gibt   zu   viel Sünde.   Ich   muss   mein   Leben   ändern,     denn   so   geht   es   nicht   weiter.“ Sie streichelte mich und sagte: „Dann trenn Dich doch einfach mal von diesen ganzen weltlichen Dingen! Was willst Du noch damit?“ Ich sagte: „Ich weiß, dass ich mich davon trennen muss, aber es fällt mir sehr schwer, weil ich so viel Zeit und Geld darin investiert habe. Ich habe im Moment einfach noch keine Kraft, das alles aufzugeben, aber ich hoffe, dass der HErr mir diese Kraft noch schenkt.“ In der Tat war mein Zimmer voller Dämonen. Allein schon die ganze gottlose Musik und die atheistischen Bücher, die ich hatte, musste ich unbedingt wegschaffen. Zudem hatte ich etwa 1.300 Musik-CDs und an die 1.800 DVDs, die ich in den letzten zehn Jahren größtenteils durch das illegale Kopieren aus dem Internet und dem Brennen auf Datenträgern gesammelt hatte. Hinzu kamen noch rund 300 Bücher und 460 Hörbücher, die ich in meinem ganzen Leben nicht mehr alle hören konnte (jedes Hörbuch dauerte allein schon rund 6 Stunden, also beinahe 2.800 Stunden Lebenszeit!). Ich war im Grunde ein Medienjunkie gewesen, und die einzige Chance, die ich hatte, um frei zu werden, bestand darin, alles aufzugeben, was ich hatte (Luk.14:33).

In dem Wort „Bekehrung“ steckt das Wort „Kehren“, also nicht nur ein Umkehren, sondern auch ein Auskehren im Sinne einer Grundreinigung. So gesehen war ich noch gar nicht bekehrt, sondern nur zum Glauben gekommen. Es war schon neues Leben gezeugt worden, aber noch nicht geboren. Das erklärte auch, warum ich jedes Mal ängstlich zitterte im Gebet und meine Worte fast nur stammelnd und z.T. wirr herauskamen. Einmal sprach mich Viola, die Freundin von Marco, darauf an und sagte: „Simon, mir fällt auf, dass Du noch gar keinen vertrauten Umgang mit Gott hast, denn Du betest sehr merkwürdig, so als wenn Du noch gar kein Kind Gottes bist“. Ich sagte, dass ich mich auch noch nicht wirklich für errettet hielte und auch noch keine Heilsgewissheit hätte, da ich noch nicht wirklich glauben könne, dass Gott mich liebe. Stattdessen würde ich unentwegt zum HErrn um Gnade flehen, dass Er mich doch befreien möge von meiner Gebundenheit an die Sünde. Ich wusste, dass ich aus meiner eigenen Kraft es nie schaffen würde. Aber der Geist Gottes würde mich völlig neu machen und mir die Kraft zum Überwinden schenken.

Während ich noch auf die „Kraft aus der Höhe“ wartete, erinnerte ich mich an die Worte Jesu in der Bergpredigt: „Wenn aber dein rechtes Auge dich ärgert, so reiß es aus und wirf es von dir; denn es ist dir nütze, dass eines deiner Glieder umkomme und nicht dein ganzer Leib in die Hölle geworfen werde“ (Mt.5:29). Mir war schon klar, dass diese Aufforderung des HErrn nicht wortwörtlich gemeint sein konnte, denn sonst würden ja kein Christ mehr ein rechtes Auge haben, aber immer noch mit dem linken Auge weiter sündigen können. Es ging vielmehr darum, dass wir alles aus unserem Leben entfernen sollen, was uns zur Sünde verleiten könnte. In meinem Fall war es das Internet, durch das ich ständig versucht wurde, und zwar speziell eine ganz bestimmte Seite. Als mich dann einmal mein Bruder Patrick besuchte, der ein Experte war, was das Internet betrifft, bat ich ihn, dass er mir den Zugang zu dieser Seite ein für allemal versperren möge, damit ich selbst in Momenten der Schwäche nicht mehr verleitet werden könnte, diese Seite zu öffnen. Und dann geschah ein Wunder: Seit jenem Tage wurde ich völlig frei von meinem Verlangen nach Pornos.

Wenn ein jüdischer König zum Glaubensgehorsam erweckt wurde, z.B. Hiskia oder Josias, dann reinigte er immer als erste das Heiligtum von allem Götzendienst. Aber dann machte er weiter und begann, auch überall im ganzen Land die Götzen zu zerstören, was im Bilde gesprochen bedeutet, allen äußeren Schmutz aus dem Leben zu verbannen. Einen kleinen Anfang hatte ich nun getan, und der HErr hatte mir durch den Sieg Zuversicht geschenkt, dass ich nun weitermachen könne mit der Götzenvernichtung. Jetzt wo meine OP kurz bevorstand, die ja auch nicht ungefährlich war, wollte ich schnell noch wenigstens alles Gotteslästerliche verbrennen und vernichten, um mein Zimmer zu reinigen. Dazu lud ich meinen Bruder Marco ein, um zusammen mit Ruth und meiner Schwiegermutter auf die Parzelle meines Vaters zu fahren, um dort alle meine atheistischen Bücher und gottlose Musik-CDs zu verbrennen. Zum Zeugnis habe ich dies gefilmt (https://youtu.be/qR2SxpI0qEw).

Zwei Tage später war dann meine OP, bei der mir minimalinvasiv wenige Zentimeter neben meiner Bauchschlagader die rechte Nebenniere entfernt wurde. Am dritten Tag konnte ich schon aufstehen und machte mit Ruth einen Spaziergang auf dem Krankenhausgelände. Doch auf einmal überkam mich eine schwere Depression und mir war, als wäre mein ganzer Körper voller Tränen, die alle hinausgeweint werden wollten. Ich erklärte dies der Ruth und bat sie, wieder zurück aufs Zimmer zu gehen. Doch sobald wir ankamen, platzte es nur so aus mir heraus, und ich weinte ununterbrochen, so dass Ruth sich Sorgen machte. Unter tränenüberquollenen Augen schaute ich Ruth an und sagte: „Ruthi,   ich muss dir eine Sünde bekennen,       und zwar eine Sünde,     die ich dir in 22 Jahren unserer Ehe nie bekannt habe… Ich habe mich immer geschämt,     Dir dies zu sagen,     aber jetzt       ist der Moment gekommen     dass ich es Dir sagen muss. Bitte     erschrick   nicht…“ Und dann bekannte ich eine Sünde, die mir sehr peinlich war, und die ich deshalb an dieser Stelle nicht nennen möchte. Ruth erschrak tatsächlich, aber versuchte, sich zu beherrschen, zumal sie sah, dass ich „in Galle der Bitterkeit“ (Apg.8:23) und völlig zerschlagen am Boden lag. Mit angespannter Stimme sagte Ruth: „Auch ich…   möchte Dir etwas sagen   und etwas bekennen, …was ich Dir in all den Jahren aus Scham … immer verschwiegen habe… Und zwar…“ Und dann erzählte sie mir etwas aus ihrer Vergangenheit, das auch mich ziemlich schockierte und dass ich verständlicherweise hier nicht verraten will. Nun waren wir beide am Boden und starrten wie benommen in den Raum, unfähig dem anderen irgendeinen Vorwurf zu machen. Jetzt war alles raus. Das Unsagbare war ausgesprochen. Ab jetzt hatten wir kein Geheimnis mehr vor dem anderen.

Nach einiger Zeit stand Ruth auf und sagte, dass sie sehr traurig sei und jetzt ein wenig Zeit brauche, um das zu verdauen, was ich ihr bekannt hatte. Sie wollte nach Haus gehen, und wir umarmten uns zum Abschied. Dann war ich wieder allein auf dem Zimmer und ging auf die Knie. Ich brach wieder in Tränen aus und flehte Gott um Gnade an und um Vergebung für all meine Schuld. Ich hörte gar nicht mehr auf und betete stundenlang. Da es schon nach 21:00 Uhr war, kam niemand mehr auf mein Zimmer, und so konnte ich ungestört immer weiter beten und dem HErrn meine Sünden bekennen. Zeit und Raum verschwanden um mich her. Zwischendurch schlief ich ein, aber erwachte schon bald wieder, um weiter zu beten. Und so ging es die ganze Nacht hindurch. Früh am Morgen wachte ich schließlich auf, als es noch dunkel war. Mein Kopf war auf einmal völlig klar und ich spürte keine Traurigkeit mehr. Ich wusste auf einmal, was ich noch zu tun hatte: alle Bücher, alle CDs, alle Filme und alle Dateien, alles musste weg! In mir stieg ein feuriger Eifer auf. Jetzt war die Kraft endlich da, dass ich meine ganze Vergangenheit auslöschen konnte. In dieser Nacht wurde ich neu geboren und hatte nur noch den einen Wunsch, dem HErrn zu gefallen – koste es, was es wolle!

Einen Tag später wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen und besorgte mir etwa 20 Kartons, um all meine Bücher und CDs dort hineinzutun. Die meisten Bücher hatte ich noch gar nicht gelesen, außer die ersten Seiten, und hatten mich im Buchladen so sehr gefesselt, dass ich sie unbedingt gelesen haben wollte; aber nun interessierte mich gar nichts mehr. Ich wollte von nun an nur noch in der Bibel lesen bis zum Ende meines Lebens. Und ich wollte auch nie wieder irgendeine Musik hören oder einen Film sehen. Alles sollte nur noch weg! Meinen neuen Fernseher stellte ich einfach an die Straße. Und meine 6 oder 7 Kartons mit CDs und DVDs brachte ich zur Deponie und warf sie dort in den Container für die Gelben Säcke. Plötzlich kam der Wärter zu mir und schrie mich an: „WAS HAST DU DA GEMACHT?! DIE HOLST DU SOFORT ALLE WIEDER DORT RAUS! Hier gehört nur PLASTIK hinein und nichts anderes!“ Ich erwiderte eingeschüchtert: „Aber das sind alles nur DVDs und CDs, und die bestehen doch nur aus Plastik.“ – „Da irrst Du Dich. Ich ruf jetzt meinen Chef an, und der soll das entscheiden.“ Dann telefonierte er auf seinem Handy, während ich neben ihm wartete. Als er fertig war, entschuldigte er sich und sagte, dass das schon in Ordnung sei und ich gehen könne.

Meine ganzen Bücher schenkte ich meinem Freund Richard und meine Hörbücher meiner Schwester Diana. Als ich wieder zurückkam, war mein Zimmer nicht wiederzuerkennen. Meine Wandregale waren alle leergeräumt und ich erinnerte mich an die Worte, die Gott durch Jeremia sagen ließ: „Ich denke noch an die Zuneigung deiner Jugendzeit, an deine bräutliche Liebe, als du mir nachgezogen bist in der Wüste, in einem Land ohne Aussaat. Israel war damals heilig dem HErrn…“ Auch ich war nun wieder in einer „Wüste“, in der es nichts gibt als nur den HErrn. So wie damals, als ich mit 18 Jahren bei Edgard und Hedi einzog. In meinem Zimmer gab es nichts weiter als ein Bett, einen Schrank, einen Tisch und einen Stuhl. Und auf dem Tisch lag meine unrevidierte Elberfelder Bibel und eine Konkordanz. Und an der Wand hatte ich einen Bibelvers gehängt: „Es sind die Gütigkeiten des HErrn, dass wir nicht aufgerieben sind; denn Seine Erbarmungen sind nicht zu Ende. Sie sind alle Morgen neu, Deine Treue ist groß. Der HErr ist mein Teil, sagt meine Seele; darum will ich auf Ihn hoffen…Es ist gut, dass man still warte auf die Rettung des HErrn. Es ist dem Manne gut, dass er das Joch in seiner Jugend trage. Er sitze einsam und schweige, weil Er es ihm auferlegt hat; er lege seinen Mund in den Staub; vielleicht gibt es Hoffnung. Dem, der ihn schlägt, reiche er den Backen dar, werde mit Schmach gesättigt. Denn der HErr verstößt nicht ewiglich; sondern wenn Er betrübt hat, erbarmt Er sich nach der Menge Seiner Gütigkeiten…“ (Klag.3:26-32).

Ich spürte nun die Heiligkeit Gottes in meinem Zimmer. Es war nun dem HErrn geweiht, so wie auch mein Herz. Ich durfte wie in meiner Jugendzeit noch einmal ganz neu beginnen. Der ganze Dreck aus meinem alten Leben war jetzt weg! Doch dann erinnerte ich mich, dass es noch einen Ordner gab auf meiner Festplatte mit über 500 Filmen, die etwa 300 Gigabyte groß war. Ich machte den Computer an, markierte den Ordner und drückte auf „Löschen“. Da erschien ein Fenster mit den Worten: „Der Ordner ist zu groß, um ihn in den Papierkorb zu verschieben. Wollen Sie die Dateien unwiederbringlich löschen?“ Mein Finger ruhte für ein paar Sekunden auf der Maustaste. „Wenn ich jetzt drücken würde, dann wäre in einer Sekunde der Aufwand von unzähligen Stunden Download-Zeit unwiederbringlich vernichtet“ dachte ich. „So viel schöne Kinofilme, die ich größtenteils noch gar nicht gesehen habe!“ Aber dann erinnerte ich mich an die Worte des Propheten: „Der HErr hat, um dir mehr als das zu geben“ (2.Chr.25:9). Ich schloss die Augen und drückte die Maustaste. Es gibt keinen Weg zurück!

Renate Poppe lebt!

Nachdem meine Mutter Renate (71) und ihre Freundin Iris (73) im September von einer Kur in Bad Zwischenahn zurückgekehrt waren, ging es meiner Mutter deutlich schlechter. Da es nicht weit von ihrer Wohnung das Klinikum Links der Weser gab mit einer separaten Tagesklinik für Onkologie, entschied sich meine Mutter Anfang Dezember 2014, sich dort noch einmal untersuchen zu lassen. Der Krebs hatte mittlerweile Metastasen gestreut, und meiner Mutter wurde bewusst, dass sie nun wirklich nicht mehr lange zu leben hatte. Wir besuchten sie, so oft wir konnten, wobei auch mein Krankenhausaufenthalt in dieselbe Zeit fiel. Als ich Mitte Dezember entlassen wurde, erzählte ich meiner Mutter, wie Gott mein Leben inzwischen völlig erneuert hatte und dass ich jetzt nur noch Ihm treu dienen wolle. Meine Mutter war sehr glücklich und dankbar darüber, dass sie meine Umkehr zum HErrn noch erleben durfte und war sichtbar gut gelaunt. Sie erzählte mir, dass sie einen besonderen Wunsch habe, nämlich dass ich ihr ein bestimmtes Bild malen solle, dass sie gegenüber ihres Bettes hinhängen wolle, um stets darauf zu schauen. Und zwar hatte sie aus einem christlichen Kinderbuch namens „Nicht wie bei Räubers“ von Ursula Marc so ein Bild gesehen, wo am Ende der Räuberjunge auf dem Schoß des Königs sitzen darf. Meine Mutter verband dieses Bild mit ihrer eigenen Situation, dass sie schon bald am Ziel ihres Lebens ankommen würde und sich nichts sehnlicher wünschte, als einmal auf Gottes Schoß zu sitzen. Selbstverständlich erfüllte ich meiner Mutter diesen Wunsch, zumal es ja auch in Offb.3:21 solch eine ähnlich formulierte Verheißung gab.

Kurz vor Weihnachten legten die Ärzte meiner Mutter nah, dass sie wohl nicht mehr weiter behandelt werden könne und man sie deshalb auf die Palliativstation versetzen würde, wo es nur noch um eine möglichst angenehme Sterbebegleitung ginge. Meine Mutter hatte sich längst damit abgefunden, dass sie das Krankenhaus nicht mehr lebend verlassen würde, hatte aber noch einen letzten großen Wunsch: und zwar wollte sie ihren Tod bewusst mitfeiern und zu diesem Zweck noch ein letztes Mal an einem Abschiedsgottesdienst in ihrer Gemeinde teilnehmen, wo man ihr zuliebe ein fröhliches Fest zur Ehre Gottes feiern möge. Denn der Tod eines Kindes Gottes sei doch schließlich nichts Schlimmes, sondern ein Grund zum Feiern, weil man endlich heimgehen dürfe. Und so organisierte unser Pastor auf die Schnelle einen Abendgottesdienst, wo jeder, der von uns wollte, etwas vortragen konnte, um meine Mutter in guter Erinnerung zu behalten. Kurz nach Weihnachten fand dann diese Feier statt mit meiner Mutter als Ehrengast. Ich nutzte die Gelegenheit, um der Gemeinde ein Zeugnis zu geben, was der HErr auch in meinem Leben getan hatte und dass meine Mutter bis zuletzt immer für mich gebetet hatte, dass ich doch wieder zu Gott zurückkehren möge. Auch mein Bruder Patrick erzählte einige lustige Anekdoten aus unserer Familie und alle lachten. Auch sangen wir die Lieblingslieder meiner Mutter wie „Geh unter der Gnade“, und zum Schluss verabschiedete sich jeder aus der Gemeinde unter Tränen persönlich von meiner Mutter, die auch jeden noch mal umarmte. Was für eine Verabschiedung!

Meine Mutter hatte anlässlich ihres Todes schon alles vorbereitet. Sogar die Traueranzeige, die wir in die Zeitung setzen sollten, war mit einer evangelistischen Botschaft und ihrem Namen sollte noch ergänzend das Wort „lebt!“ hinzugefügt werden, also „Renate Poppe lebt!“ Denn der HErr Jesus hatte ja verheißen: „Wer an Mich glaubt, wird leben, auch wenn er gestorben ist“ (Joh.11:25). Auch hatte meine Mutter eine Patientenverfügung geschrieben, in welcher sie meinem Bruder Marco die Vollmacht erteilt hatte, alle sie betreffenden Entscheidungen zu treffen, da sie ihre Freundin Iris damit nicht zusätzlich belasten wollte. Doch eine ganz wichtige Sache war nun noch zu erledigen: meine Mutter musste sich noch mit all jenen Personen wieder versöhnen, mit denen sie ein zerrüttetes Verhältnis hatte, allen voran mit meinem Vater Georg, aber auch mit ihrer Schwiegertochter Manuela, der Frau von Patrick. Am 31.12. kam es dann tatsächlich zu einem versöhnlichen Gespräch mit meinen Eltern, das mein Bruder Patrick fotografierte.

Januar 2015

Die letzten Tage

Anfang Januar war meine Mutter noch immer gut gelaunt, wenn wir sie besuchten und flachste mit uns rum. Doch durch die starken Schmerzmittel war sie schon leicht benebelt (oder wie wir Bremer sagen: bedrabbelt). Marco ordnete deshalb an, dass man ihr nicht so viel Schmerzmittel geben möge, damit sie noch klar bei Verstande sein könne. Doch schon am nächsten Tag nahm er diese Anweisung wieder zurück, als sich herausstellte, dass es meiner Mutter deutlich schlechter ging und sie Schmerzen hatte. Kurz darauf bemerkte meine Schwester Anna, dass man meiner Mutter viel zu wenig zu trinken gab und forderte auch hier eine Änderung, doch die Stationsärztin erklärte ihr, dass die Darreichung von Wasser eine lebensverlängernde Maßnahme sei, die meine Mutter ausdrücklich abgelehnt hatte. Meine Mutter befände sich bereits im Sterbeprozess, weshalb man jetzt alle Versorgungsmaßnahmen herunterfahre. Tatsächlich waren die Beine meiner Mutter inzwischen stark angeschwollen, weil die Flüssigkeit nicht mehr richtig vom Gewebe aufgenommen wurde, und ihre Füße waren blau angelaufen aufgrund mangelnder Durchblutung. Auch brauchte meine Mutter schon etwas Hilfe, um auf Toilette zu gehen.

Am Samstag, den 10.Januar rief Iris morgens früh an, dass es jetzt schon bald soweit sei, da meine Mutter nicht mehr ansprechbar sei. Als ich das Zimmer betrat, sagte Iris: „Deine Mutter ist bereits zwischen Himmel und Erde“. Und in der Tat lag sie aufrecht im Bett, aber bewusstlos und mit offenem Mund wie eine Tote und gab keinen Mucks von sich. Ich wollte sie streicheln, doch in dem Moment, als ich sie berührte, erwachte sie und drehte mir ihren Kopf zu. Aber irgendwie war sie auf einmal völlig anders, denn sie lächelte nicht mehr. Es war richtig unheimlich, sie so zu sehen, denn meine Mutter lächelte sonst immer. Patrick kam und versuchte, sie aufzumuntern: „Nun mach mal nicht so ein ernstes Gesicht, Muddi, schließlich geht es gleich auf große Reise!“ – „Wieso – wo geht’s denn hin?“ fragte meine Mutter. „Der Bus kommt doch gleich und nimmt dich mit in den Himmel!“ – Meine Mutter reagierte irritiert: „Ich will das jetzt alles nicht mehr. Die sollen das wieder rückgängig machen; ich will jetzt doch wieder leben und nicht mehr sterben. Wenn ist das hier endlich zu Ende?“ Patrick ging mit mir vor die Tür und sagte: „Ich fahre jetzt zurück nach Vechta. Ich kann das nicht mit ansehen, wie sie sich jetzt verändert und möchte Muddi lieber so im Gedächtnis behalten wie sie bis jetzt war.“ In den drei folgenden Tagen baute meine Mutter immer schneller ab. Sie war so sehr abgemagert, dass man bei ihrem Anblick erschrak.

Am Mittwoch den 14.01. waren wir mittags alle beisammen im Aufenthaltsraum als uns Ruth rief: „Es ist so weit! Mutter stirbt jeden Moment!“ Wir liefen alle ins Zimmer und hörten, wie meine Mutter bei jedem Atemzug Wasser in der Lunge gurgelte. Ruth befeuchtete mit einem Wattestäbchen ihre Lippen und redete ihr sanft zu: „Muddi, gleich bist Du beim HErrn.“ Wir saßen um ihr Bett herum und schauten etwa 10 Minuten lang zu, wie meine Mutter langsam ein- und ausatmete. Dann wurde die Atmung immer schwächer und hörte schließlich ganz auf. Da sprach Marco ein Gebet und dankte Gott, dass nun alles vorbei war und unsere Mutter nun im Paradies sei. Dann stimmte ich ein Lied an, bei dem spontan alle mitsangen: „Wenn nach der Erden, Leid, Arbeit und Pein, ich in die gol’dnen Gassen zieh‘ ein, dann wird das Schau‘n meines Heilands allein Grund meiner Freude und Anbetung sein. Das wird allein Herrlichkeit sein, das wird allein Herrlichkeit sein, wenn frei von Weh ich Sein Angesicht seh‘, wenn frei von Weh ich Sein Angesicht seh‘.“ Keiner von uns weinte.

Als alle hinausgegangen waren, blieb ich mit dem Körper meiner Mutter allein zurück. Ich fasste ihre Hände an. Sie waren noch immer warm. Aber das Blut konnte nun nicht mehr fließen. Der Körper war jetzt nur noch eine seelenlose Hülle. Unser Leib kehrt zum Staub zurück, aber unsere Seele geht zu Gott. Jetzt würde es noch lange dauern, aber irgendwann würde ich sie wiedersehen, so wie auch David hoffte, seinen Sohn im Totenreich wiederzusehen (2.Sam. 12:23). Jetzt hatte meine Mutter es geschafft und durfte den HErrn Jesus sehen in Seiner Herrlichkeit. Vielleicht darf sie nun auch mal auf dem Schoß des HErrn sitzen, wie sie es sich gewünscht hatte. Ich würde sie vermissen, aber sie hat es jetzt definitiv besser. Wir feierten noch einen schönen Trauergottesdienst in der Gemeinde und trafen uns im Anschluss auf dem Friedhof in Huckelriede. Es war ein sonniger, aber eiskalter Tag. Überall lag eine dünne Schneeschicht und vier Männer mit Hüten trugen den Sarg. Dann ließen sie ihn ins Grab hinab und Pastor Marco hielt eine evangelistische Ansprache mit Gebet. Anschließend fuhren wir froh und voller Zuversicht nach Haus.

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– „Einmal auf dem Schoß Gottes sitzen“ Teil 24, Jan. – Juni 2014

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