„Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe.
Laßt uns nun die Werke der Finsternis ablegen
und die Waffen des Lichts anziehen.“

(Röm.13:12)

– Wo ist dein Bruder?

„Wo ist dein Bruder?“

Diese Frage stellte Gott einst dem Kain, und sie richtet sich heute an uns. Antworten wir etwa auch wie er: „Ich weiß nicht; bin ich etwa meines Bruders Hüter?“ (1.Mo. 4:9) – In Wirklichkeit hat er ihn getötet.  Auch wir können durch Bruderhass Totschläger sein (1.Joh.3:15)! Wie viele Brüder haben wir vielleicht schon auf dem Gewissen?

Viele unserer Brüder sind heute Mitglieder christlicher Gemeinden oder Sekten, deren Hirten oftmals nicht die Schafe, sondern die Wolle begehren, und nicht das Haus Gottes, sondern ihre eigenen Häuser bauen (Hagg.1:2-9). „Über das ganze Land hin sind Meine Schafe zerstreut worden, und da ist niemand, der nach ihnen fragt, und niemand, der sie sucht“ (Hes. 34:6). Als damals der HErr Jesus als Retter kam, war es nicht nur um der verlorenen Schafe des Hauses Israel willen, sondern auch, „auf dass er die zerstreuten Kinder Gottes in EINS versammelte“ (Joh. 11:52). Diese Absicht drückt er im Gebet so aus: „…auf das sie alle EINS seien, gleich wie du, Vater, in mir und ich in dir, auf dass auch sie in uns EINS seien…“ (Joh.17:21). Der HErr möchte uns heute in EINS versammeln, und wer nicht mit Ihm sammelt, zerstreut (Markt. 12:30).

Im Anfang war noch eine harmonische Einmütigkeit unter den Brüdern (Apg.2:46). Wir lesen: „Die Menge derer aber, die gläubig geworden, war ein Herz und eine Seele… Und große Gnade war auf ihnen allen“ (Apg.4:32-33). Der HErr hatte ihnen verheißen, dass die Welt durch die inbrünstige Liebe, die sie zu einander hatten, sie als Seine Jünger erkennen könnte (Joh.13:35). Doch schon bald kamen Gleichgültigkeit und Sektierei unter den Jüngern auf (1.Kor.1:10-13), und ein jeder sprach in seinem Herzen: „Bleibe für dich und nahe mir nicht, denn ich bin heiliger als du“ (Jes.65:5). In der Behausung Gottes blieb auch nicht ein Stein auf dem anderen.

Voraussehend musste Bruder Paulus uns ermahnen, mit aller Demut und Sanftmut zu wandeln, „mit Langmut, einander ertragend in Liebe, euch befleißigend, die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Bande des Friedens. Da ist EIN Leib und EIN Geist, wie ihr auch berufen worden seid in EINER Hoffnung eurer Berufung. EIN Herr, EIN Glaube, EINE Taufe, EIN Gott und Vater ALLER, der da ist über allen und durch alle und in uns allen“ (Eph.4:2-3). Diese Aufzählung weist auch auf die eigentlichen Fundamente hin, in welchen wir Gläubige keine Toleranz üben dürfen. Wir haben aber kein Recht, diese Grenze eigenmächtig auszuweiten, denn es steht geschrieben: „Verrücke nicht die alte Grenze, welche deine Väter gemacht haben“ (Spr.22:28).
 
Um diese Einheit zu bewahren ist ein geduldiges Aufeinander-Achthaben erforderlich, nicht ein Kontrollieren oder Beherrschen, sondern „zur Anreizung zur Liebe und so guten Werken“ (Hebr.10:24). Viele Brüder haben sich heute leider mit der Zersplitterung und Zerstreuung unter den bibeltreuen Christen abgefunden, in dem sie es als ein notwendiges Kennzeichen der Endzeit empfinden. Es steht jedoch geschrieben: „Jaget dem Frieden nach mit ALLEN und der Heiligung, ohne welche niemand den HErrn schauen wird; indem ihr darauf achtet, dass nicht jemand an der Gnade Gottes Mangel leide, dass nicht irgend eine Wurzel der Bitterkeit aufsprosse und euch beunruhige, und die Vielen dadurch verunreinigt werden“ (Hebr.12:14-15).

Nach meinem Bibelverständnis gibt es in der Bibel nur vier Gründe, die uns dazu veranlassen sollten, nach Ablauf der vom HErrn Jesus vorgeschriebenen Gemeindezuchtordnung in Matth. 18:15-17 uns von Gläubigen zu trennen:

Wenn ein sog. „Bruder“ in Sünde lebt und nicht Buße tun will. Dazu zählen „Hurerei, Habsucht, Götzendienst, Schmähung, Rauschsucht und Raub“ (1.Kor.5:11)
Wenn jemand den Glauben anderer zerstört (2.Tim.2:16-21)
Wer die Lehre vertritt, dass Jesus nicht im Fleische kam bzw. kommt (1.Joh.4:2, 2.Joh.7)
Wenn jemand einen „unordentlichen Wandel“ führt (2.Thess.3:11+14)

Trennungen, bei denen keiner dieser vier Gründe zutrifft, sind illegal und damit Sünde! Leider werden diese vier Gründe heute manchmal auch sehr eigenwillig ausgelegt, um sie als Vorwand für Absonderung zu verwenden. Auch in der Urgemeinde gab es eine ganze Menge Streitpunkte, die in den Briefen der Apostel erwähnt werden, jedoch nicht zu einem Ausschluss aus der Gemeinde führten. Die Korinther z.B. tolerierten auf der einen Seite die gröbsten Sünden, wie z.B. Inzucht (1.Kor.5), waren aber auf der anderen Seite völlig zerstritten in zivilrechtlichen Fragen (1.Kor. 6), sowie in Fragen der Ehe (1.Kor.7) und der Geistesgaben (1.Kor. 12+14), so dass sie Paulus um Klärung und Schlichtung baten. Es gab sogar unter ihnen „etliche“, welche die Auferstehung leugneten (1.Kor. 15:12). Dennoch kam selbst bei den Korinthern niemand auf die Idee, einzelne Gläubige auszuschließen aus der Gemeinde, erst recht nicht wegen unterschiedlicher Ansichten, denn außerhalb der Gemeinde des HErrn gab es nur noch das feindliche Heidentum, und ein Vertriebener hatte zugleich auch keinen Anteil mehr am Reich Gottes (1.Sam.26:19).

Wir heutigen Laodicäa-Christen halten uns für so viel klüger als die damaligen Urgemeinden. Wir glauben, dass Paulus damals einfach noch viel geduldiger sein musste, weil die Gemeinde ja noch im Entstehen war. Heute aber sei ja schon längst der ganze Ratschluss Gottes bekannt und da würde Gott viel strengere Maßstäbe anlegen als damals. Deshalb sagt der HErr Jesus uns heutigen Gläubigen in prophetischer Vorhersage:
„Weil du sagst: Ich bin reich und bin reich geworden  und bedarf nichts, und weißt nicht, dass du der Elende und der Jämmerliche und arm und blind und bloß bist. Ich rate dir, Gold von Mir zu kaufen, damit du reich werdest; und weiße Kleider, damit du bekleidet werdest, und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde; und Augensalbe, deine Augen zu salben, auf dass du sehen mögest. Ich überführe und züchtige, so viele ich liebe. Sei nun eifrig und tue Buße!“ (Offb. 3:17-19).

Zu den Werken des Fleisches zählt Paulus auch das Bestreben, eine „Partei“ (Häräsis) zu gründen innerhalb des Volkes Gottes (Gal. 5:20-21) – nach dem Motto: Alle anderen sind verkehrt, nur wir sind die Richtigen und mit den anderen wollen wir nichts zu tun haben. „Wer sich absondert, trachtet nach einem Gelüst“ (Spr. 18:1). Der Teufel ist sehr listig: die einen verführt er dadurch, dass sie durch Verweltlichung und Vermischung (Ökumene) zu „Feinden Gottes“ werden (Jak.4:4) und die anderen überlistet er durch ihren Hochmut, indem sie sich wegen nichtiger Gründe abspalten und dadurch unbewusst die Einheit des Leibes Christi zerstören.

Anstatt sich um die Irrenden und geistlich „Kranken“ zu kümmern, wie es der HErr Jesus tat, sondern sich viele Gläubigen lieber in falsch verstandener Frömmigkeit von einander ab wie die Pharisäer, weil sie sich nicht die Hände schmutzig machen wollen beim Waschen der Füße. Der Teufel war der erste, der eine Partei gründete unter den Söhnen Gottes, indem er ein Drittel der „Sterne des Himmels“ fortriss (Offb.12:4). Später waren es dann die Menschen, die unter sich eine Partei bildeten, um einen Turm zu bauen, der bis an den Himmel reichte. Statt im Gehorsam zu Gott die Erde zu füllen (1.Mose 9:11), wollten sie sich lieber einen „Namen machen“, um nicht über der ganzen Fläche der Erde zerstreut zu sein (1.Mose 11:4).

Als Moses dann später das Volk Israel aus Ägypten führte, waren es wieder einzelne Unzufriedene, die sich zusammengeschlossen hatten, um als „Rotte Korahs“ einen Sonderweg zu beanspruchen (4.Mose 16). Parteien (Sekten) bilden sich besonders leicht, wenn keine Führung Gottes mehr da ist, sondern jeder tut, was recht ist in seinen Augen. In Richter 20 taten sich die Stämme Israels in einem scheinbar gerechten Parteienkampf zusammen, um gegen die Stadt Gibea und den Stamm Benjamin zu kämpfen. Gott aber gab ihnen in diesem Vorhaben zunächst kein Gelingen, weil sie nicht den Balken in ihren eigenen Augen sahen.

Nicht zuletzt litt auch der HErr selbst unter den Parteien der Pharisäer und Sadduzäer, die sich zwar alle als Hüter der einzig wahren Erkenntnis wähnten, aber in deren Lehrgebäude für die Worte Jesu kein Raum mehr war. Die Pharisäer vertraten fundamental richtige Wahrheiten, wie z.B. die göttliche Inspiration und Zuverlässigkeit der ganzen Heiligen Schrift, die Existenz von Engeln, die künftige Auferstehung und das Gericht Gottes, das Abstehen von Ungerechtigkeiten und von Ungerechten. Dennoch wurden sie vom HErrn Jesus massiv kritisiert als „Heuchler“, „Blinde“ und als „getünchte Gräber“ (Matth.23), weil sie sich für etwas Besseres hielten als „die übrigen der Menschen“(Luk.18:11) und keine Barmherzigkeit mit ihnen hatten, sondern sie stattdessen immer wieder vorverurteilten. Kritik an ihnen wurde nur selten geübt, weil die Menschen fürchteten, aus der Synagoge ausgeschlossen zu werden (Joh.12:42).

Parteien verleiten zum Unrechttun, da es in der Regel keinerlei Korrektur mehr gibt, sondern meist ein einziger Führer die Richtung weist, der alle anderen zu folgen haben. Das Unrecht des Ausschlusses wird auch deshalb nicht erkannt, weil es in der heutigen Zeit üblich geworden ist, dass die Gläubigen immer dorthin gehen, wo es ihnen am besten gefällt, d.h. wo sie weder anecken, noch Anstoß erregen. Obwohl man zwar die allgemeine Zerstrittenheit unter den Christen heute beklagt, wird nicht erkannt, dass man durch sein eigenes Anhangen an eine geistige Führungsgestalt sich indirekt mitschuldig macht, indem man sich von andersdenkenden Brüdern ebenso distanziert.

„Nehmt einander auf, gleichwie auch der Christus euch aufgenommen hat, zu Gottes Herrlichkeit“ (Röm.15:7).
Paulus bewarb die zerstrittenen Korinther mit geradezu väterlicher Liebe:
„Unser Mund ist zu Euch aufgetan, unser Herz ist weit geworden. Ihr seid nicht verengt in uns, sondern ihr seid verengt in euren inneren Gefühlen. Zur gleichen Vergeltung aber (ich rede als zu Kindern) werdet auch ihr weit… NEHMET UNS AUF; wir haben niemand Unrecht getan, wir haben niemand verderbt, wir haben niemand übervorteilt. Nicht zur Verurteilung rede ich; denn ich habe vorhin gesagt, dass Ihr in unseren Herzen seid“ (2.Kor.6:11-7:3).
Heute steht der HErr selbst draußen an unserer Gemeindetür und klopft an, damit einzelne von uns Ihm die Tür öffnen (Offb.3:20). Denn wenn wir die warme Liebe des HErrn nicht üben wollen an unseren Brüdern, um derentwillen Christus gestorben ist, dann kann der HErr nicht mehr in unserer Mitte sein, sondern ist „außerhalb des Lagers“ (2.Mo.33:7, Hebr. 13:13).

Viele Geschwister bemühen sich noch nicht einmal um die Schwachen im eigenen Kreis, geschweige denn um Brüder anderer den Denominationen! Dabei brauchen gerade die Schwachen im Leibe viel mehr Liebe und Zuwendung als die Starken (1.Kor.12:20-26). Heutzutage wird das Lahme oft vernachlässigt und kommt deshalb vom Wege ab. Sollten wir uns nicht schämen, dass „vom HErrn geliebte und ersehnte Brüder“ so gleichgültig von uns behandelt werden (Phil. 4:1)! Schon im Gesetz hat Gott unsere Verantwortung für einander vorgeschattet, dass wir uns nicht entziehen können (5.Mo.22:1-4).

Suchen wir nun unsere Brüder wie Josef es tat, auch wenn sie ihre ursprünglichen Weideplätze verlassen haben (1.Mo. 37:16)? Sind wir Friedensstifter wie Moses, der in seinem Herzen ein Verlangen hatte, seine Brüder zu besuchen und sie zum Frieden zu treiben, indem er sprach: „Ihr seid Brüder, warum tut ihr einander unrecht?“ (Apg.7:23-26)? Sicherlich gibt es auch unter Brüdern immer mal wieder Unstimmigkeiten und Erbitterungen. Aber der HErr hat uns in Matth. 5:23-24 und in Kap. 18:15-17 klare Anweisung gegeben, wie wir diese vermeiden können. Wie versöhnungsbereit können doch unsere Herzen sein, wenn der HErr uns von eigener Schuld überführen kann wie 2.Chron. 28:9-15!

„Ja, wenn wir in unsern Gnadentagen eins dem andern nichts entgegen tragen
als ein Herz, der Liebe voll, dann tut jedes, was es soll.“

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