„Und ich werde ihre Gefangenschaft wenden, die Gefangenschaft Sodoms … und deine Schwestern, Sodom und ihre Töchter, werden zurückkehren zu ihrem früheren Stand… damit du dich erinnerst und dich schämst und den Mund vor Scham nicht mehr auftust, wenn ich dir alles vergebe, was du getan hast, sprich der Herr, HErr.“ (Hes.16:53+55+63)
Persönliches Vorwort
Wenn ich heute zum ersten Mal zu Gast wäre in einer ganz neuen Gemeinde und mich ganz nach hinten in die letzte Reihe setzen würde, dann würde man nach dem Gottesdienst neugierig auf mich zu kommen, mich willkommen heißen und mich nach meiner Herkunft fragen, um mich näher kennenzulernen. Würde ich dann sagen, dass ich kürzlich gerade positiv auf Covid-19 getestet wurde, dann würde man mich wohl immer noch freundlich anlächeln, aber etwas auf Distanz zu mir gehen. Würde ich aber sagen, dass ich homosexuell sei oder heroinabhängig, dann würde man zwar immer noch Sympathie und Mitgefühl für mich haben, aber mich ermahnen, dass ich mich dringend in christliche Seelsorge begeben müsse. Wenn ich aber sagen würde, dass ich ein fröhliches Kind Gottes sei, den HErrn Jesus liebe und an alles glaube, was in der Heiligen Schrift geschrieben steht und (deshalb auch) an die Allversöhnung glaube, dann kann es mir passieren – so wie kürzlich in einer Pfingstgemeinde in Radeberg – dass ich sofort vor die Tür gesetzt werde.
Es würde mir schon noch zugestanden, mir die Errettung aller Menschen zu wünschen. Aber wenn ich glaube, dass dieser Wunsch eines Tages in Erfüllung geht, gelte ich bei einigen schon als unnüchterner Träumer; und wenn ich auch noch davon überzeugt bin, dass dies in der Bibel stehe, sehen mich sogar als hochgefährlich. Warum ist das eigentlich so? Warum werde ich von so vielen meiner Brüder und Schwestern in Christo jedes Mal rücksichtslos vorverurteilt, gemieden, stigmatisiert und verbannt, so als ob ich ein Aussätziger wäre? Dabei tue ich doch nichts anderes wie Paulus, der von sich sagen konnte, dass er „allem glaube, was in dem Gesetz und in den Propheten geschrieben steht, und die Hoffnung zu Gott habe, welche auch selbst diese annehmen, dass eine Auferstehung sein wird, sowohl der Gerechten als der Ungerechten“ (Apg.24:14-15).
Nikodemus sprach damals zu den Hohenpriestern und Pharisäern: „Richtet denn unser Gesetz den Menschen, ehe es zuvor von ihm selbst gehört und erkannt hat, was er tut?“ Dieses Buch ist all jenen gewidmet, die die Verpflichtung erfüllen wollen aus 1.Thes.5:21 „Prüfet aber alles, das Gute behaltet!“ Möge der HErr jeden Leser reichlich segnen!
Bremen, 23.11.2020 Simon Poppe
Einleitung
„Was Du nicht willst, dass man Dir tu‘, das füg‘ auch keinem anderen zu“ ist ein geflügeltes Wort, das schon der HErr Jesus in ähnlicher Weise formulierte (Mt.7:12). Diese schlichte Regel menschlichen Anstands wurde von Gott bereits in den zehn Geboten konkretisiert, wo es u.a. im 9. Gebot heißt, dass wir kein „Zeugnis des falschen Anscheins“ geben dürfen (5.Mose 5:20). Das dort gebrauchte hebr. Wort SchaW° meint eine Scheinwahrheit, die man als „eindeutig belegt“ verbreitet und durch die man nicht nur selbst getäuscht ist, sondern auch andere täuschen kann, die man ironischerweise gerade dadurch vor Täuschung schützen will. Gott aber hatte den Kindern Israel auferlegt, dass sie nicht nur nicht lügen sollten, sondern auch nicht manipulieren oder einen falschen Eindruck erwecken sollen, um Zuhörer durch rhetorische Mittel zu manipulieren.
Im Neuen Testament geht das Liebesgebot aber viel weiter. Nicht nur, dass wir kein Unrecht tun dürfen, sondern wir sollen die Rechte der Schwächeren stärken, anstatt sich der eigenen Stärke zu rühmen (1.Kor.12:22). „Schwach“ sind z.B. in Lehrfragen die Minderheiten unter den Gläubigen, weil sie gegenüber den Vertretern der Mehrheit benachteiligt sind. Würde z.B. die AfD irgendwann die Mehrheit im Bundestag haben, dann würde den heutigen Pressevertretern die Legitimation fehlen, weiter gegen die AfD Stimmung zu machen, weil sie nicht mehr den Rückhalt der Mehrheit hätten. Unter Kindern Gottes sind solche perfiden Tricksereien mit Halbwahrheiten, Stigmatisierung und Manipulation nicht erlaubt und auch nicht hinnehmbar, sondern wir sollten um Christi willen vielmehr ehrlich und fair sein, d.h. Rücksicht nehmen auf unsere benachteiligten Brüder.
Vor ein paar Monaten hörte ich eine Predigt von Bruder Lothar Gassmann mit dem Titel: „Drei Betäubungsmittel für die endzeitliche Christenheit“. Gemeint war damit die Babytaufe, die Allversöhnung und die Lehre von der Unverlierbarkeit des Heils. Dies weckte meine Aufmerksamkeit, denn seit meiner Bekehrung glaube ich an die Gültigkeit der ganzen Heiligen Schrift und somit auch daran, dass Gott alle Menschen retten und zur Erkenntnis der Wahrheit bringen will (1.Tim.2:4). Weil ich glaube, dass Gott „ein Retter aller Menschen ist, besonders der Gläubigen“ werde ich wie Paulus schon seit langem „geschmäht“ (1.Tim.4:10), und man unterstellt mir, eine unbiblische Irrlehre zu vertreten, manche behaupten sogar : „ein falsches Evangelium“ (so als ob man allein durch den Glauben an eine unendliche Qual im Feuersee gerettet werden könne!). Niemand wird durch den Glauben an die Allversöhnung errettet, daher kann es keine Heilsbotschaft sein. Wer indes die Allversöhnung für ein anderes Evangelium hält, sagt damit doch indirekt, dass der Glaube an eine unendliche Höllenqual Bedingung sei, um errettet zu werden und verkündigt theoretisch dadurch selbst ein erweitertes und damit verfälschtes Evangelium.
Der Bruder sagte in seiner Predigt u.a. über die „Allversöhner“: „Es sind Geschwister, die so viel Liebe haben, dass sie sich nicht vorstellen können, dass einer verloren geht.“ Das ist bemerkenswert. Kann man tatsächlich ZU VIEL Liebe haben? Kann ein Übermaß an Liebe gar schädlich sein? Was er meinte, ist wohl eher die Gefahr der Unnüchternheit und der falschen Kompromisse (1.Sam.15:9-23, Mt.16:22-23). Aber von der echten „Liebe aus reinem Herzen und ungeheucheltem Glauben“ kann man doch gar nicht zu viel haben (1.Tim.1:15). Verglichen aber mit Gottes Liebe, reicht unsere Liebe bei weitem nicht heran. ER ist sogar bereit, alle Sünden und Lästerungen der Menschen zu vergeben (Mark.3:28) und hat zu diesem Zweck Seinen einzig geborenen Sohn Jesus Christus hergegeben, damit Er für uns Sein Leben ließ! Wieviel mehr sollte Er uns mit Ihm nicht auch alle schenken, für die wir regelmäßig beten (Röm.8:32)! Aber wenn sogar wir, die wir „böse sind“ (Luk.11:13), bereit wären, die Ungläubigen nach einer notwendigen, mehr oder weniger langen, aber „angemessenen“ Strafe wieder zu begnadigen, warum sollte dann Gott nicht auch dazu bereit sein? Kann denn etwa unsere Liebe und unser Erbarmen größer sein, als die Liebe und das Erbarmen Gottes?!
Nun aber zu meiner Analyse der Predigt von Bruder Lothar Gassmann. Hiob sagte ja: „Soll nicht das Ohr die Worte prüfen, wie der Gaumen die Speise kostet?“ (Hi.12:11).
A. Stellungnahme zu den Argumenten von Br. Lothar Gassmann
1. Das Spiel mit den Negativen Konnotationen
In Richt.12:5-6 lesen wir von einem Beispiel, wie schnell wir Menschen auf Schlagwörter reagieren können, um eine standrechtliche Aburteilung zu bewirken ohne nähere Untersuchung. Wir kennen das ja alle von uns selbst, dass bestimmte Trigger-Worte sofort eine positive oder negative Assoziation bei uns hervorrufen, die durch die Verwendung dieses Reizwortes „mitschwingt“. In der Sprachwissenschaft bezeichnet man dies ja als Konnotation; man kann auch sagen: es ist das, was „zwischen den Zeilen“ gesagt wurde, was sich der Hörer schon denken kann. Zu solchen emotional aufgeladenen Reizwörtern zählt z.B. das Wort „charismatisch“, „Evolution“ oder „Migrationshintergrund“. Für sich genommen bezeichnen diese Worte ganz neutrale, kulturelle Phänomene, die alle ihre jeweilige Existenzberechtigung haben, aber in bestimmten christlichen Kreisen negativ besetzt sind. Es sind Worte, die „einem genügen“, um sie sofort in eine gedankliche Schublade zu stecken, weil man meint, schon genug darüber zu wissen. Zu diesen anstößigen Begriffen zählt leider heute unter den meisten Christen auch das Wort „Allversöhnung“, obwohl es eigentlich nur das bezeichnet, was in Kol.1:20 geschrieben steht: „…und durch Ihn alles (w. das All) zu versöhnen zu Ihm hin“.
Eine negative Konnotation kann man schaffen, indem man regelmäßig einen neutralen Begriff mit einem negativ besetzten Begriff verbindet, weil sich dann im Gehirn der Zuhörer allmählich eine entsprechende Verschaltung bewirken lässt, z.B.: AfD = Nazis, außerhalb der Kirche = Sekte, Wiederheirat = Ehebruch, Allversöhnung = Irrlehre, Impfen = Profitgier der Pharmalobby, Juden = Weltverschwörung, usw. Wenn man also immer wieder solche Worte miteinander zusammenbringt, dann hinterlässt man Spuren im Gehirn der Zuhörer. Eine solche strategische Verwendung von Reizworten nennt man Manipulation und ist ziemlich perfide, wenn nicht sogar teuflisch ist.
Um dies zu veranschaulichen, zitiere ich hier mal aus dieser Predigt ein paar Satzteile und Stichworte, bei welcher Bruder Lothar die biblische Allversöhnungslehre aus Kol.1:20 mit Reizwörtern oder Namen in Verbindung bringt, die unabhängig von ihrer Berechtigung beim Hörer unwillkürlich sofort negative gedankliche Verknüpfungen hervorrufen: „Die Allversöhnungslehre geht auf die THEOSOPHIE zurück und ist über Origenes aus dem alexandrinischen RELIGIONsbereich ÄGYPTENS in das Christentum EINGEDRUNGEN (wie ein Fremder!) … das ist die EVOLUTIONSLEHRE von HEGEL beeinflusst… HÖHERENTWICKLUNG der Menschheit … ist auch bei RUDOLF STEINER zu finden… UNIVERSALISMUS… Wunschtraum… gefährliches BERUHIGUNGSKISSEN… BETÄUBUNGSMITTEL in der Endzeit… FEGEFEUER ähnlicher Zustand, berührt sich mit dem KATHOLISCHEN… nichts anderes als KATHOLISCHES FEGEFEUER … Jane Leades GEISTOFFENBARUNG… SWEDENBORG…SCHLEIERMACHER, BARTH, BULTMANN… Das wäre ein ZWINGEN! … Gott wollte keinen KADAVERGEHORSAM. Keine HAMPELMÄNNCHEN, die Arme und Beine in die Luft heben, … Es geht nicht um unser GEFÜHL…“
Wenn jemand all diese hervorgehobenen Stichworte liest, aber die biblische Allversöhnung gar nicht kennt, dann ist der Fall für ihn sofort klar, und er/sie glaubt, dass man sich nicht weiter damit beschäftigen müsse, denn die genannten Personen und Begriffe stehen für jeden bibeltreuen Christen verständlicherweise unter dem Bann. So sollte es nicht verwundern, wenn vielen offenen Gläubigen auf diese Weise der Zugang zur biblischen Allversöhnung versperrt wird, den man nicht durch Voreingenommenheit, sondern nur durch ein Prüfen der Schrift erlangen kann (Mt.23:13, Apg.17:11). Wir werden aber von Gott dazu aufgefordert, dass wir an Hand der Heiligen Schrift „alles prüfen“ sollen (1.Thes.5:21). Prüfen bedeutet aber nicht ein Abgleich mit meiner bisherigen vorgefassten Meinung (denn dann wäre es nur der Wunsch nach Bestätigung), sondern ist der aufrichtige Wunsch, sich im Falle eines Irrtums von Gottes Wort korrigieren zu lassen, weil man mehr als alles andere „den Willen Gottes tun will“ (Joh.7:17). „Die Weisheit von oben ist als erstes lauter, sodann friedfertig, vorbildlich, (wohlwollend) überzeugbar [d.h. bereit, sich überzeugen zu lassen], angefüllt mit Erbarmen und guten Früchten, nicht zweifelnd beurteilend [d.h. nicht schwankend, nicht zwiespältig, entschieden, entschlossen], ungeheuchelt“ (Jak.3:17).
Wohlgemerkt soll die Überzeugungsbereitschaft sich allein auf der Heilige Schrift gründen und nicht auf rhetorischen Tricks und erst recht nicht auf irgendwelche Geisteroffenbarungen. Nachdem ich mich vor Jahren zum HErrn Jesus bekehrte, bin ich wie Paulus „nicht mit Fleisch und Blut zu Rate gezogen“ (Gal.1:16), und ich habe mich auch nicht für irgendwelche Philosophen interessiert, was diese meinen oder nicht meinen (Kol.2:8), sondern mich trieb allein der Wunsch, aus der Schrift von Gott zu erfahren, was Gott mit den Unerretteten nach dem Gericht am Weißen Thron noch vorhat. Und wenn der Heilige Geist mich dann nicht auf all jene Bibelstellen aufmerksam gemacht hätte, auf die ich noch zu sprechen kommen werde, dann hätte ich nie und nimmer an die Allversöhnung geglaubt. Denn warum sollte sich jemand freiwillig der Schmach durch andere Gläubigen aussetzen wollen, von der Paulus in 1.Tim.4:10 schreibt? Und auch alle anderen Brüder, die ich kenne und die wie ich die Allversöhnung erkennen durften, sind keineswegs irgendwie gefühlsduselig oder schwärmerisch, und haben diese auch nicht von irgendwelchen Esoterikbüchern oder Totengeistern erworben, sondern allein durch intensives Schriftstudium. Deshalb sind diese ganzen Anspielungen auf Spiritismus, Philosophie, Theosophie oder bibelkritischer Theologie im Zusammenhang mit der Allversöhnung unzutreffend und interessegeleitet. Es mag vielleicht sein, dass auch irgendwelche Esoteriker auf eine Allversöhnung hoffen, aber das ist dann ohnehin wohl kaum die biblische Allversöhnung, sondern nur eine eigenwillige Wunschversion davon.
2. Die Verwendung von „Strohmann-Argumenten“
So wie viele Gegner der Allversöhnung, diffamiert leider auch Bruder Lothar Gassmann diese, indem er ihr Ansichten unterstellt, die gar nicht auf sie zutreffen. Eigentlich sollte man als Theologe doch die entscheidenden Unterschiede zwischen der biblischen Allversöhnung und dem unbiblischen Universalismus kennen, der besagt, dass alle ungläubigen Menschen auch ohne Gericht und Strafe einfach so errettet sind, wenn sie sterben. Diese Auffassung vertrat ja z.B. der Theologe Karl Barth und wohl auch die ungläubigen Bibelkritiker Schleiermacher und Bultmann. Aber kann man mich mit jenen in einen Topf stecken? Oder wenn er von „Betäubungsmitteln“ oder „Beruhigungskissen“ sprichst, dann mag das sicherlich auf die Lehre von der Unverlierbarkeit des Heils zutreffen, aber keineswegs auf die Allversöhnung. Denn ohne Frage werden ja die ungläubigen Toten von Gott gerichtet und bestraft, weshalb von einem Beruhigungskissen doch gar keine Rede sein kann. Mir wird ja immer unterstellt, wir würde Ungläubige dazu verführen, sich erst nach dem Tod bekehren zu wollen, damit sie das Leben hier auf Erden noch so lange wie möglich genießen können. Tatsächlich gibt es aber wohl weltweit keinen einzigen Menschen, der zwar an die Allversöhnung, das Gericht und den Feuersee glaubt, es aber dennoch nicht für nötig hält, sich zu bekehren, weil er angeblich auf eine Errettung nach dem Tod spekuliert. Das sind unreflektierte Unterstellungen, die im Grunde den Zweck verfolgen, die Allversöhnungslehre als etwas Gefährliches darzustellen.
Wenn man eine Behauptung kritisiert oder gar widerlegt, die niemand wirklich behauptet hat, nur um den Anschein zu erwecken, dass diese Teil der gegnerischen Ansicht sei, dann nennt man dies in der Rhetorik ein sog. „Strohmann-Argument“; denn es ist gleichsam so, als würde man auf eine leblose Strohpuppe eindreschen. Anstatt sachlich auf die tatsächlichen Argumente des Streitgegners einzugehen, werden ihm dann verzerrte, übertriebene, falsch dargestellte und damit leicht zu widerlegende Scheinargumente untergeschoben, um den Eindruck zu erwecken, dass diese unhaltbare Darstellung angeblich die Position des Gegners sei. Ähnlich verhält es sich, wenn man sich Bibelstellen herauspickt, die angeblich von der Gegenseite benutzt werden, aber in Wirklichkeit kaum überzeugend wirken für den tatsächlichen, infrage kommende Streitgegenstand und sich deshalb leicht widerlegen lassen. Oder aber man verwendet absichtlich einen Vergleich, der wesentlich einfacher zu widerlegen ist als die eigentlich zu widerlegende These. Das trifft z.B. zu, wenn Bruder Lothar suggeriert, als würden die „Allversöhner“ das Gericht und die Qual im Feuersee gar nicht ernst nehmen, indem er sagt: „Das äonische Läuterungsfeuer ist nichts anderes als das katholische Fegefeuer“. Hier würde ihm nicht nur jeder katholische Geistliche widersprechen, sondern auch der andere Allversöhnungskritiker Wilfried Plock, der besser zu differenzieren weiß. Die biblische Allversöhnung spricht weder von einer „Läuterung“ im Feuersee, noch von einem „Fegefeuer“, sondern von einem Evangelisieren im Totenreich (1.Petr.3:19, 4:6, Joh.5:24-25) und einer „Lebendigmachung“ der Gestorbenen (1.Kor.15:22 mit Joh.6:63), sowie einem „HErr werden über Lebende und Gestorbene“ (Röm.14:9 – Der hier verwendete Aorist „Herr werde“ schließt ein „Herr sein“ aus, denn er beschreibt einen fortlaufenden Vorgang, der erst mit dem Erreichen abgeschlossen ist).
Dass die Allversöhnungslehre – wie oft behauptet – „an keiner Stelle der Bibel“ zu finden sei oder angeblich ein betäubender oder gar verderblicher Einfluss von ihr ausgehen würde, scheint mir eine unbewiesene Schutzbehauptung. In Wirklichkeit ist es genau andersherum: Nicht die Allversöhnungslehre hält die Menschen von der Bekehrung ab, sondern die Unendliche-Verdammungs-Lehre; denn Millionen von Menschen hätten sich doch längst bekehrt, wenn viele Christen ihnen nicht irrtümlicherweise einen völlig unglaubwürdigen und in sich widersprüchlichen Heilsplan Gottes vermittelt hätten. Die Unendliche-Verdammungs-Lehre war auch für mich 1996 u.a. der Anlass, dass ich nicht mehr an die Bibel glauben konnte und war in der Folgezeit dann ebenfalls ein Haupthinderungsgrund, um wieder an den Gott der Bibel glauben zu können (aber dazu werde ich später noch kommen). Man kann auch hier wieder einen Vergleich ziehen zur Politik: Während die Altparteien eine Zusammenarbeit mit der AfD ablehnten, weil sie angeblich „keine demokratische Partei“ sei, haben sich ausgerechnet diese Parteien als schlechte Verlierer erwiesen und in völlig undemokratischer Weise Anfang Februar 2020 verlangt, dass das demokratisch nicht zu beanstandende Wahlergebnis in Thüringen einfach annulliert werden soll. In beiden Fällen wird bei einem Missverhältnis zwischen einem ideologischen Anspruch einerseits und der missliebigen Realität andererseits einfach versucht, die Realität zu verbiegen, anstatt seine eigenen ideologisch geprägten Prämissen infrage zu stellen. Man versucht, im Namen des Rechts das Recht zu beugen, weil man sich in der Mehrheit weiß. Wären die Mehrheitsverhältnisse aber anders, dann würde man sich solche Tatsachenverdrehungen nicht zutrauen, da sie dann sofort von allen scharf kritisiert worden wären. Zweierlei Maß und zweierlei Gewichte sind dem HErrn aber ein Gräuel.
Auch in Bezug auf den Evangelisationseifer hat das Wissen um Gottes Rettungsplan für alle Menschen keinerlei nachweisbaren lähmenden Einfluss, sondern genau das Gegenteil: Gerade WEIL ich die Zuversicht habe, dass mein evangelistischer Einsatz für den HErrn nicht vergeblich ist, sondern die Saat eines Tages aufgehen wird, bin ich umso mehr motiviert, jeden Samstagnachmittag in der Bremer Innenstadt zu predigen oder Traktate zu verteilen, selbst wenn heute noch kaum einer zuhört. Gott hat mir ja verheißen, dass sich eines Tages jeder Mensch vor dem HErrn Jesus niederknieen wird, um Ihn als HErrn zu bekennen (Phil.2:9-11). Viele Evangelikalen betonen ja selbst immer wieder, dass niemand dazu gezwungen werde, weil der HErr Jesus ja „keine Marionetten“ geschaffen habe, sondern verheißt, dass die Menschen Gott „im Geist und in der Wahrheit anbeten“ (Joh.4:24). Es kann in Phil.2:11 auch niemand sagen „HErr ist Jesus Christus“, wenn er/sie nicht den Heiligen Geist hat (1.Kor.12:3). „Denn JEDER, der den Namen des HErrn anruft, wird gerettet werden“ (Joel 3:5, Röm.10:13). Und was dann jede Zunge bekennen wird, steht in der zitierten Stelle in Jes.45:24: „‘Nur in dem HErrn hat Er mir zugesprochen Gerechtigkeit und Stärke‘. Zu Ihm wird man kommen [Joh.6:37], und es werden beschämt werden alle, die gegen Ihn entbrannt waren [vergl. Hes.16:63]“. Wenn ich aber glauben würde, dass nur die „Erstlinge Seiner Schöpfung“ gerettet werden (Jak.1:18), also nur gerade einmal 1–5 %, dann kann ich gut verstehen, dass so viele Christen samstags lieber Fußball gucken oder Einkaufsbummel machen, anstatt Traktate zu verteilen, weil sich der Aufwand dann weniger „lohnt“.
3. Die unbelegbare Unendlichkeit
Wenn es um das Wort „alle“ in der Bibel geht, z.B. in Röm.5:18, 11:32, 1.Kor.15:22 usw., dann wird vonseiten der Allversöhnungsskeptiker gefordert, dass das Wort „alle“ nicht immer „alle im absoluten Sinne“ bedeuten müsse, obwohl es durch den Artikel „TA PANTA“ = die alle, das All, tatsächlich ausnahmslos alle sind. Wenn es aber um das Wort „ewig“ geht, dann soll es auf einmal keine Differenzierungen mehr geben können, sondern „ewig heißt ewig“, obwohl das hebr. Zeitwort OLaM (gr. AIOo‘N) sich nachweislich an vielen Stellen nur auf etwas Vorübergehendes beziehen kann (2.Mo.21:6, 29:9, 1.Sam.3:13, 2.Chron.6:2, Neh.2:3, Ps.104:5, Pred.1:4, 9:6, Jer.20:17, 35:6, Dan.2:4, 3:10, 5:10, 6:6+21,1, Jona 2:6, Mark.11.14, u.a.). Das z.B. die „Strafe ewigen Feuers“ (Jud.7) für Sodom nicht unendlich sein kann, hatte ich ja schon eingangs in Hes.16:53-63 veranschaulicht, und ich wüsste auch keine einzige alternative Auslegungsmöglichkeit als die, dass Sodom irgendwann vorzeitig aus der Haft entlassen wird, wie ja schon der HErr Jesus andeutet in Mt.11:24. Die Menschen werden im Gericht eben nicht alle über einen Kamm geschoren, sondern bekommen alle ihr jeweiliges individuelles Strafmaß, „GEMÄSS IHRER WERKE“ und nicht UNgemäß ihrer Werke, das nur in einer entsprechenden Verweildauer im Feuersee unterschieden werden kann und nicht etwa in der jeweiligen Hitzetemperatur. Gerade WEIL Gott absolut gerecht ist und keine Person im Gericht bevorzugt, muss er auch alle ähnlich gelagerten Fälle mit gleicher Rechtsprechung behandeln, und ich glaube, dass die meisten Menschen noch nicht einmal annähernd an die Sünden Sodoms heranreichen.
Ein Bruder versuchte, mir Hes.16:53-63 mal so zu erklären, dass nicht die Sünder aus der Gefangenschaft herauskommen, sondern nur deren „Töchter“ (obwohl damit nach Judas 7 eigentlich nur die „umliegenden Städte“ mitsamt ihren Bewohnern gemeint sind). Dann stellt sich jedoch die Frage, warum Gott die Töchter der Sünder gefangen nehmen ließ, wo doch nach Hes.18 das Kind nicht anstelle der Eltern zur Verantwortung gezogen werden kann. Und nebenbei gesagt, steht an anderen Stellen, dass Gott auch bei anderen Völkern „die Gefangenschaft wenden wird am Ende der Tage“, z.B. von Moab (Jer.48:47), die Gefangenschaft Ammons (Jer.49:6) oder die Gefangenschaft Elams (Jer.49:39). Der Zusatz „am Ende der Tage“ schließt die Möglichkeit aus, dass mit der Gefangenschaft nur eine irdische gemeint sei konnte, die schon seit Jahrhunderten vorüber ist, sondern diese Zeitangabe bezieht sich an anderen Stellen auf den Zeitpunkt der Auferstehung (Dan.12:3), wenn die Kinder Israel zu dem HErrn umgekehrt sind und „sich zitternd wenden werden zu dem HErrn und zu Seiner Güte am Ende der Tage“ (Hos.3:5). Die Befreiung dieser Völker kann sich also nur aus ihrer Gefangenschaft im Hades beziehen, weil sie den HErrn angenommen haben.
Das Standartargument gegen eine Endlichkeit der „äonischen Qual“, das von Augustinus stammt, bezieht sich auf Mt.25:46 und lautet: „Da für die ‚ewige Qual‘ und das ‚ewige Leben‘ das gleiche Zeitwort im selben Satz verwendet wird, kann die Qual nur genauso lange andauern wie das Leben“. Das ist logisch und selbstverständlich richtig. Und dennoch bedeutet AIOo‘NIOS nicht „unendlich ewig“, sondern nur „äonisch“ bzw. „äonenlang“. Die Definition für das „äonische Leben“ ist gemäß Mark.10:30 und Luk.18:30 das Leben im „kommenden Äon“. Demnach kann aber auch die Definition für die „äonische Qual“ in Mt.25:46 nur die sein, dass es die Qual im kommenden Äon ist. Da aber die Äonen zeitlich begrenzt sind und die Bibel vom Beginn und Ende von Äonen spricht (Mt.13:39-49, 24:3, 28:20, Röm.16:25, 1.Kor.2:7, 10:11, Eph.3:9+11+21, Kol.1:26, 2.Tim.1:9, Hebr.9:26, Jud.25), kann weder das äonische Leben noch die äonische Qual unendlich sein. Selbst die Dauer eines Äons ist nicht nur unbekannt, sondern völlig variabel. Man muss bedenken, dass der griechische Begriff AIOoN hier als Entsprechung des hebräischen bzw. aramäischen Pendants eingeführt wurde (etwa über die Septuaginta, der griechischen Übersetzung des sog. Alten Testaments). Der hebräische Begriff OLaM kann aber sowohl im Sinne eines langen Zeitraumes verstanden werden, einer kalendarisch fixierten Zeitspanne entsprechen, für einen nicht absehbaren aber potenziell endlichen Prozess stehen, sowie als Umschreibung für Ewigkeit gebraucht werden. Inwieweit diese Möglichkeiten ausgeschlossen werden können, hängt vom durchaus nicht immer eindeutigen Kontext ab und ist im Einzelnen gar nicht entscheidbar, etwa weil Mehrdeutigkeiten offensichtlich beabsichtigt waren. Eine Festlegung kann daher allein aus dogmatischen Gründen für diese Fälle allenfalls in die Formulierungen hineingelesen werden. Anhand der Grammatik und Semantik ist diese jedoch meistens nicht beweisbar. So finden wir neben Mt.25:46 auch andere Beispiele im Neuen Testament, wo das Wort „äonisch“ im gleichen Satz jeweils als begrenzten wie auch als unbegrenzten Zeitraum genannt wird: In Röm.16:25-26 ist von „ewigen Zeiten“ die Rede, in denen ein jetzt enthülltes Geheimnis verschwiegen war, die also abgelaufen sind, und vom „ewigen Gott“, der Seinem Wesen nach ewig ist und nicht nur äonisch. Auch in Tit.1:2 ist im gleichen Satz vom „ewigen Leben“ und von „ewigen Zeiten“ die Rede.
Der Begriff OLaM (aram. ĀLa‘M) stammt vom hebr. Verb aLa’M ab und bedeutet „verhüllen“ und steht entsprechend für eine unbekannt lange, „verhüllte“ Zeitspanne. Dies entspricht den regulär üblichen Sprachgewohnheiten in orientalischen Kulturen bis heute, denn diese zeichnen sich durch einen eher vagen und durchaus nicht präzisen Zeitbegriff aus. Man erkennt dies auch daran, dass es im Althebräischen- wie Aramäischen streng genommen überhaupt keinen exakten Zeitbegriff gab, sondern vielmehr zwischen abgeschlossenen und fortlaufenden Prozessen unterschieden wurde. Übersetzungen in die Vergangenheit oder Zukunft sind daher in der Regel nachträgliche Interpretationen der Übersetzer. Dies gilt auch für die Formulierung „hin zu (den) Äonen der Äonen“ (griech. ÄIS TOU’S AIOoNAS TOoN AIOo‘ NOoN in Offb.14: 10). Die meisten Übersetzer haben sich hier lediglich mit der geläufigen Redewendung „von Ewigkeit zu Ewigkeit“ begnügt, wobei scheinbar immer wieder von anderen abgeschrieben wurde. Wenn man aber an Hand der Bibel herausfinden möchte, was die wörtlichere Wiedergabe „hin zu den Äonen der Äonen“ bedeuten könnte, dann braucht man sich nur mal die ähnlich formulierten Verse anschauen: „Knecht der Knechte“ (1.Mo.9:25), „Gott der Götter“ (5.Mo.10:17, Dan.2,47), „Herr der Herren“ (Ps.136:3, Offb.17:14), „König der Könige“ (Esr.7:12, Hes.26:7), „Fürst der Fürsten“ (Dan.8:25), „Himmel der Himmel“ (5Mo.10:14, 1.Kön.8:27), „das Heilige der Heiligen“ (d.h. das Allerheiligste 2.Mo.26:33, 1.Kön.6:16). Ohne Frage handelt es sich hier bei all diesen um die gleiche Redewendung wie bei der obigen mit „Ewigkeit“. Würde man die Übersetzung mit „von… bis…“ auch bei den anderen anwenden, käme nur noch grober Unfug heraus: „von Gott zu Gott“? „Vom Herrn zum Herrn“?! Nein, das funktioniert nicht, und die Worte „von“ und „bis“ stehen da auch gar nicht. Vielmehr geht es bei all diesen Beispielen immer nur um etwas Überragendes innerhalb einer gleichartigen Bezugsgruppe. „Der Himmel der Himmel“ meint den höchsten Himmel, das „Heilige des Heiligen“ meint das Allerheiligste und „die Äonen der Äonen“ meinen „die entscheidenden Äonen“.
Der Glaube, dass man AIOoN mit „Ewigkeit“ übersetzen müsse (anstatt richtigerweise mit „Zeitalter“), beruht auf dem bangen Unbehagen, dass man den „ewigen Gott“ ja dann zu einem „äonischen Gott“ degradieren würde. Diese Prämisse ist jedoch ein Trugschluss, denn Gott ist selbst dann ewig, wenn Er u.a. der „König der Äonen“ ist (1.Tim.1:17), weil Er eben NICHT NUR der König der Äonen ist. Er ist ja auch nicht nur – aber auch – der „Gott Israels“, sondern Er herrscht auch „unter den Nationen“ (Ps.22:28). Und genauso ist unser „äonisches Leben“ nicht notwendiger Weise mit Ablauf der Äonenzeit zu Ende, zumal es ja verheißen ist, dass wir „allezeit bei dem HErrn sein werden“ (1.Thess.4:18). Dass es nach der Äonenzeit noch weiter geht, verrät uns die hebräische Formulierung „OLaM Wö-äD“, d.h. „äonisch und fortdauernd“: 2.Mo.15:18, Ps.9:5, Ps.10:16, 21:4, 45:6, 45:6+17, 48:14, 52:8, 104:5, 119:44, 145:1+2+21, Dan.12:3, Mi.4:5. Keine einzige dieser Stellen spricht von der Bestrafungsdauer für die Ungläubigen. Von daher ist die immer wiederkehrende Behauptung, dass die Qual im Feuersee unendlich sei mit keiner einzigen Bibelstelle belegbar. Sie ist vielmehr ein tragischer Mythos, der von Augustinus in die Welt gesetzt wurde und seit 2000 Jahren einen erbarmungslosen und in sich widersprüchlichen Gott darstellt, der mit dem biblischen Gott nichts zu tun hat.
4. Das ungereimte Gottesbild
Wir sollen uns als Gläubige ja kein Bild machen von Gott, also auch keine Vorstellung, sondern wir dürfen uns nur nach dem orientieren, wie Gott sich selbst uns geoffenbart hat. Gott ist zwar souverän in Seinen Entscheidungen, aber Er handelt dennoch nicht willkürlich, sondern ist an Seinen Namen (d.h. Sein Wesen, Seine Charaktereigenschaften) gebunden und „Er kann sich selbst nicht verleugnen“ (2.Tim.2:13). Das heißt, dass Er nicht einmal so und dann plötzlich völlig entgegengesetzt sein kann. Nur dadurch, dass Gott Sein Wesen nicht ändert, können wir Ihm überhaupt erst vertrauen. Und wie wunderbar, dass Gott selbst die Liebe ist. Das bedeutet, dass alle Seine Entscheidungen von der Liebe geleitet, getragen und von der Liebe motiviert werden. Und anders kann es auch gar nicht sein. Man stelle sich nur mal vor, wenn Gott auf einmal nicht mehr die Liebe wäre! Dann wäre das Universum wie ein Gebäude, dem plötzlich die Fundamente entzogen wären – alles wäre auf einmal instabil und würde in sich zusammenfallen. „Wenn Er Sein Herz nur auf sich selbst richtete, Seinen Geist und Seinen Odem an sich zurückzöge, so würde alles Fleisch insgesamt verscheiden und der Mensch zum Staube zurückkehren“ (Hi.34:14-15). ER ist der „Vater der Erbarmungen und Gott allen Trostes“ (2.Kor.1:3), der dem verlorenen Schaf nachgeht, bis Er es findet.
Es ist keineswegs egal, wie wir über Gott denken. Von Hiob heißt es nicht nur, dass er „nicht sündigte“, sondern auch, dass er „Gott nichts Ungereimtes zuschrieb“ (Hiob 1:22). Hiob hatte sich zwar in seinen Mutmaßungen über Gottes Motive weit hinausgelehnt, aber er hat nie an der Güte Gottes gezweifelt, auch wenn er sie nicht spürte. Seine Freunde hingegen hielten Gott für einen Geschäftspartner, mit dem man eine Handelsvereinbarung machen, Ihn aber ansonsten von sich fernhalten könnte. Solange man sich an bestimmte Regeln hielte, könne man machen, was man wolle (z.B. Hiob 22:2-3+21). Für sie war Gott wie ein Automat, in den man Geld hineinwirft und dann seine Limo bekommt. Aber das reichte Gott ganz und gar nicht. Deshalb sagt er zu Eliphas: „Mein Zorn ist entbrannt wider dich und wider deine beiden Freunde; denn nicht geziemend habt ihr von mir geredet, wie mein Knecht Hiob… Hiob, mein Knecht, möge für euch bitten; denn ihn will ich annehmen, damit ich nicht an euch tue nach eurer Torheit; denn nicht geziemend habt ihr von mir geredet, wie mein Knecht Hiob“ (Hiob 42:7-8). Auch wir stehen in Gefahr, dass wir meinen, mit Gott Handel treiben zu können, indem wir z.B. unbewusst denken: „Ich habe mich rechtzeitig bekehrt und taufen lassen, deshalb habe ich mir jetzt rechtmäßig das ewige Leben verdient; die anderen hingegen haben sich nicht rechtzeitig bekehrt und taufen lassen, deshalb verdienen sie auch nicht das ewige Leben.“
Natürlich würde kein echter Christ so reden und noch nicht einmal sich selbst dies eingestehen. Stattdessen wird immer wieder zurecht betont: „Es war absolut unverdiente Gnade, dass ich errettet wurde!“ Aber wenn die heutigen Christen wirklich alle so durchdrungen wären von ihrer eigenen Begnadigung, warum pochen dann viele immer so auf ihren angeblich „freien Willen“ bzw. ihrer „Entscheidungsfreiheit“, als wenn es doch noch etwas gäbe, dessen sie sich insgeheim rühmen den anderen gegenüber? Wie unbiblisch das Konstrukt des angeblich „freien Willens“ in Bezug auf die Errettung ist, erkennen wir an Jesu Worten in Joh.15:16 „Ihr habt nicht Mich auserwählt, sondern Ich habe euch auserwählt“. Und ferner sagt Paulus: „Es liegt also nicht am Menschen mit seinem Wollen und Bemühen, sondern an Gott und Seinem Erbarmen“ (Röm.9: 16). Die Errettung ist Chefsache und viel zu wichtig, als dass Gott sich da von dem Menschen hereinpfuschen lassen würde. Deshalb ist es auch falsch zu sagen: Gott will zwar alle erretten, aber Er kann es nicht, weil der Wille des Menschen Ihn daran hindere. Dann unterstellt man nämlich Gott, dass Er einen Turm bauen wollte, aber leider nicht genügend Fähigkeit hatte, um diesen auch zu Ende zu bauen und deshalb Sein Vorhaben vor der Zeit abbreche, indem Er sich mit dem Wenigen zufrieden gebe (Luk.14:28-30). Dass Gott grundsätzlich jeden Menschen retten kann, den Er retten will, bestätigt der HErr Jesus in Bezug auf die Reichen, die nach menschlichem Maßstäben unmöglich errettet werden können, aber dass bei „Gott alle Dinge möglich sind“ (Mark.10:27). Die Frage ist also nur: Will Er denn überhaupt alle retten? Allerdings!
Würden sich die Evangelikalen heute nicht durch die Lehre vom „freien Willen“ so viel auf ihre eigene Cleverness einbilden, dann hätten sie viel mehr Mitleid mit den Verlorenen und würden sich nicht scheinheilig mit dem unbiblischen Scheinargument zufrieden geben: „Die anderen wollen ja unbedingt in die Hölle, deshalb kann Gott sie nicht daran hindern.“ Dadurch wird Gott unbewusst als ohnmächtiger und gleichgültiger Prinzipienreiter verlästert, der hilflos mit ansehen muss, wie Seine wertvollen Geschöpfe zum größten Teil vom Satan geraubt werden. Was für ein Armutszeugnis wird dem allmächtigen Gott ausgestellt! Der HErr sagt zwar zu Israel: „Ihr habt nicht gewollt“, aber Er lässt Sein Volk trotz ihres Starrsinns nicht im Stich, sondern bereitet durch die Wiedergeburt einen Weg, durch welchen Israel trotz seiner Widerspenstigkeit dennoch erneuert werden wird. Gott weiß sich zu helfen. Er hat alle Mittel, und Er weiß sie auch richtig einzusetzen. Gott scheitert nicht. „Siehe, Ich bin der HErr, der Gott alles Fleisches; sollte Mir irgendein Ding unmöglich sein?“ (Jer.32:27) „Alles, was Gott wohlgefällt, tut Er in den Himmeln und auf der Erde, in den Meeren und in allen Tiefen“(Ps.135:6). „Gott schafft das Wollen wie auch das Vollbringen nach Seinem Wohlgefallen“ (Phil.2:13) und kann die Herzen der Könige neigen „wohin immer Er will“ (Spr.21:1).
Ich habe gelernt, dass es so etwas gibt wie eine scheinheilige „Superfrömmigkeit“. Damit ist gemeint, wenn man sich aus Heuchelei noch frommer darstellt als man in Wirklichkeit ist, indem man z.B. sagt: „Meine Sünden haben eine unendliche Höllenstrafe verdient!“. Was im ersten Moment sehr fromm klingt, ist bei näherer Betrachtung eine unreflektierte Anmaßung und Übertreibung, denn etwas Unendliches kann man sich als endlicher Mensch nicht „verdienen“, weder ein unendliches Leben noch eine unendliche Strafe. Wir Menschen sind viel zu begrenzt in unseren Möglichkeiten und vollkommen unbedeutend. Erst die Gnade Gottes in Jesus Christus gibt uns und unseren Taten überhaupt eine Bedeutung, aber noch längst keine unendliche. Was wir haben und sind ist allein VON Gott, DURCH Gott und FÜR Gott (Röm.11:36).
Mir wird ein Gedanke allmählich immer deutlicher: wer sich der christlichen Mainstream-Auffassung von einer unendlichen Höllenqual für die Ungläubigen anschließt, entscheidet sich damit zugleich auch dafür, Menschen abzuschreiben, ja, sich in eine Hauptsache-ich-bin-dabei-Mentalität abzuschotten. Bei der gedanklichen Zuordnung von Menschen in solche, die für den Feuersee bestimmt sind, geschieht im Grunde eine Abschreibung, d.h. „Wertminderung“, indem man sie als „nicht mehr rettbar“ einstuft. Diese Vorstellung zerstört aber allmählich auch die Retterliebe im Herzen. Evangelisation verkommt dadurch zu einem Feigenblatt, zu einer Alibi-Veranstaltung, als würde es nur darum gehen, sein eigenes Gewissen zu beruhigen nach dem Motto: „Ich habe ja meinen Teil getan, und wenn die anderen trotzdem nicht errettet werden, ist das nicht mehr meine Schuld!“ Wenn ich aber glaube, dass Gott die anderen auch wirklich erretten will, dann schreibe ich sie nicht von vornherein ab, sondern bemühe mich um sie, auch wenn der Weg noch so weit sein wird. Haben wir uns etwa das Reich Gottes verdient, weil wir die richtige Entscheidung für Jesus getroffen haben? Wohl kaum. Haben aber dann die Ungläubigen den Feuersee verdient, weil sie keine Entscheidung für Jesus getroffen haben? Nein, sondern sie kommen gerade deshalb in den Feuersee, DAMIT sie spätestens dort umdenken und sich zum HErrn Jesus bekehren; denn der HErr Jesus ist ja nach Seinem Tod am Kreuz wie Joseph im „Gefängnis“ gewesen, d.h. im Hades (Apg.2:31) und im Abgrund (Röm.10:7), um den Gestorbenen das Evangelium zu predigen (Joh.5:25, 1.Petr.3:19, 4:6), und um die dadurch gläubig Gewordenen anschließend ins Paradies zu überführen (Luk.23:43).
Gott ist der Gott, der niemanden abschreibt, deshalb sollten wir es auch nicht tun. Der HErr geht nicht an dem Verlorenen einfach vorbei, deshalb sollten wir es auch nicht tun. Dass Gottes Liebe größer ist als meine, ist für mich der größte Trost überhaupt. Der Feuersee ist kein KZ ohne Wiederkehr, sondern eher wie ein Straf- und Erziehungslager, um den Menschen zum Umdenken zu bewegen. Gott ist der Gott der Hoffnung und nicht der Hoffnungslosigkeit. Wer glaubt, dass das Erbarmen Gottes ein Verfallsdatum hat und Seine Geduld irgendwann ein Ende hat, der kann schon in diesem Leben völlig verzweifeln und sich sagen: „Gott kann mir nicht mehr vergeben, denn ich habe es mit meinen Sünden zu sehr übertrieben“. Tatsächlich habe ich schon Gläubige gehört, die zu mir in seelsorgerlichen Gesprächen sagten: „Es lohnt sich für mich nicht mehr, gegen die Sünde anzukämpfen, denn Gott hat mich ohnehin längst verworfen. Dann gehe ich eben verloren, – was soll’s! Es kommt jetzt eh nicht mehr drauf an. Deshalb genieße ich wenigstens noch die kurze Zeit auf Erden in der Sünde, wenn es doch ohnehin keine Hoffnung mehr für mich gibt!“ Der Bruder, der diese Worte sprach, war keineswegs ein Junggläubiger, der die Bibel noch nicht kannte, sondern schon 13 Jahre gläubig und kannte die Heilige Schrift besser, wie jeder andere. Er hatte eine herausragende Gabe zum Predigen und wäre ein sehr wertvoller Diener des HErrn geworden, wenn er nicht zu früh schon den Kampf gegen eine bestimmte Sünde aufgegeben hätte. Vielmehr ließ ihn seine Vorstellung von einem ständig enttäuschten und unerbittlichen Schuldeneintreiber-Gott, dem er es nie rechtmachen konnte, am Ende glauben, dass er Gottes Langmut inzwischen verspielt hatte. Er hatte zwar eine große Gottesfurcht, aber Sein falsches Gottesbild hinderte ihn daran, einfach immer wieder mit Freimütigkeit hinzutreten zum Thron der Gnade, um sich die rechtzeitige Hilfe zu erbitten (Hebr.4:16). Einfach mal dieses destruktive Gottesbild infrage zu stellen, um stattdessen auf einen barmherzigen Erzieher-Gott zu vertrauen, der ein Erretter aller Menschen ist, besonders der Gläubigen, dazu war er nicht bereit, sondern hatte eine tiefe Ablehnung gegen die biblische Allversöhnung. Vielleicht war es gerade sein Stolz, der ihn an einer echten Buße hinderte.
5. Wird der Mensch dann nicht etwa durch Qualen gezwungen, sich zu bekehren?
Nein, denn der Feuersee ist keine Folterkammer, um ein Geständnis zu erzwingen, sondern ein Ort äußerster Finsternis, der den Menschen zur Besinnung und damit zum „Heulen und Zähneknirschen“ bringen soll. Deshalb standen Abraham und Lazarus am Rande des Hades bereit, um dem Mann seelsorgerlich beizustehen und seine Fragen zu beantworten („Scheol“ kann man übersetzen mit „Der Ort des Fragens und Bittens“, abgeleitet von Scha’aL = fragen, bitten). Leider hatte er noch nicht die entscheidende Frage gestellt „Wie kann ich errettet werden?“, aber er hatte immerhin schon ein wenig das Mitleid erlernt, als er darum bat, man möge seine Brüder warnen. Durch die Gerichte lernt der Mensch die Gerechtigkeit (Jes.26:9). Sie sollen ihn dazu bringen, dass er wie der Schächer am Kreuz bekennt: „Ich erleide, was meine Taten wert sind, aber der HErr Jesus hat nichts Unrechtes getan.“ Dieses Eingeständnis wurde für ihn schließlich zur Eintrittskarte ins Paradies. Die Erinnerung, dass das milde Handeln Gottes einen das ganze Leben hindurch begleitet hat, führt die Menschen zur Einsicht, dass sie selbst all die Jahre undankbar waren (Röm.2:4).
Um die Grausamkeit einer angeblich unaufhörlichen Quälung euphemistisch zu vertuschen, wird immer wieder behauptet: „Es wird keiner zu seinem Heil gezwungen!“ Einige fügen dann noch zynisch hinzu: „In der Hölle gibt es nur Freiwillige.“ Die Frage ist, was wir unter „Zwang“ verstehen. Sahen wir uns etwa nicht auch „gezwungen“, den HErrn Jesus um Gnade anzurufen bei unserer Bekehrung, weil wir nicht verloren gehen wollten? Und selbst wenn heute Christen scheinheilig widersprechen und darauf bestehen, dass sie sich nicht aus Angst bekehrt hatten, sondern weil sie „von der Liebe des Heilands überwältigt“ waren, so bliebe doch auch hier ein gewisser innerer Zwang, die entgegengebrachte Liebe zu erwidern. Die Behauptung, völlig ohne irgendeinen Zwang eine freie Entscheidung zu treffen, entspringt dem humanistischen Menschenbild des Idealismus, dass der Mensch im Grunde „Herr seiner selbst sei“ (Rousseau), dass die Willensfreiheit „allem Sein vorausgehe und dadurch absolute Reflexion“ sei (Fichte). Die ständige Wiederholung der Behauptung, Gott würde die Menschen „nicht zwingen“, soll den Eindruck vermitteln, als würde der Mensch eine Wahl haben wie ein Kunde, der sich zwischen zwei Produkten entscheiden müsste. Tatsächlich aber handeln Menschen immer nur aufgrund von Notwendigkeiten, also einem inneren Zwang, um zu Überleben. „Lasst euch retten“ lautet die Aufforderung des Evangeliums, während es im Gesetz noch hieß: „Wähle!“ Wenn ich jedoch einen Menschen einlade, dann kann ich ihn nicht gleichzeitig im Falle der Ablehnung mit einer unumkehrbaren Strafe drohen und ihm „die Hölle heiß machen“ für den Fall, dass er nicht kommen will. Denn dadurch erreiche ich u.U. genau das Gegenteil, nämlich Kopfschütteln und Spott. Samuel Keller, der als Evangelist Zigtausende Seelsorgegespräche führte und über alles genau Buch führte, berichtet von weit über tausend Menschen, die zu ihm sagten, sie würden die Bibel und das Evangelium kennen, aber sie wollten mit solch einem Gott nichts zu tun haben.
Um den Zwang oder die Drohung hinter der Evangeliumsverkündigung zu verharmlosen, bemühen manche auch Sätze wie „Gott zwingt uns nicht, aber Er warnt uns vor der Hölle“. Warnen kann man aber nur vor einer Gefahr, die man selbst nicht verursacht. Die Hölle ist jedoch nicht so ein zufälliges Missgeschick wie das Coronavirus, sondern ein angedrohtes Strafgericht Gottes. Warum auch nicht? Wer an die Hölle glaubt, der wird selbstverständlich alles tun, um diese nicht zu erleiden, egal ob man sie nur einen Tag, tausend Jahre oder eine Ewigkeit lang erleiden müsste. Eine andere Verschleierungstaktik ist die Aussage, dass „Gott die Ablehnung der Ungläubigen AKZEPTIEREN würde, sie aber dann die Konsequenzen erleiden müssten.“ Mit „Konsequenz“ wird der Eindruck erweckt, als handle es sich beim Feuersee um die tragische Entfesselung eines unumstößlichen Naturgesetzes, für dessen Wirkung sich der Mensch aus freien Stücken entschieden hätte. Manche Allversöhnungsleugner vergleichen die Ablehnung des Evangeliums mit der Unterschrift unter einen Ehevertrag oder einer wirtschaftlichen Fehlinvestition mit unvorhersehbaren Folgen. Tatsächlich ist „Konsequenz“ aber nur ein Euphemismus (verschleiernde Sprache) für eine unendliche Quälung der Mehrzahl der Geschöpfe Gottes im Feuersee. Offensichtlich traut sich heute niemand mehr, die Dinge beim Namen zu nennen, weil man sich die Absurdität nicht vor Augen stellen will. Es ist wie im Märchen „Des Kaisers neue Kleider“: Niemand möchte sein Unbehagen eingestehen und alle verwenden eine Art Orwellsches „Neusprech“. Und wahrscheinlich muss man wirklich ein Kind sein, um arglos festzustellen: „Der Kaiser ist ja nackt!“
6. Aber wäre der HErr Jesus denn dann nicht ganz umsonst gestorben?
Nein. Denn wenn Er nicht für uns alle gestorben wäre, dann gäbe es für niemanden Vergebung der Schuld. Wir haben uns vielmehr an den Gedanken gewöhnt, dass es auch Verlierer geben muss, weil es sonst keine Gewinner geben könne. Hinter der Frage nach dem Sinn des Opfers Jesu steckt möglicherweise unausgesprochen eine ganz andere Frage: „Habe ich mich denn dann nicht ganz umsonst schon so früh bekehrt, wenn am Ende sich doch sowieso alle noch bekehren werden?“ So sagte ja auch schon Asaph: „War es denn völlig umsonst, dass ich mir ein reines Gewissen bewahrte und mir nie etwas zuschulden kommen ließ?“ (Ps.73:13). Als ich 17 Jahre alt war, habe ich diese Frage auch mal gestellt an dem Tage, als ich mit dem 59-jährigen Bruder Edgard Böhnke auf dem Weg zur Kirchenverwaltung war, um auszutreten: „Edgard, eigentlich ist das doch unfair, dass der HErr mich schon mit 16 errettet hat, denn jetzt muss ich mein ganzes Leben lang beten und in der Bibel lesen, und bekomme jetzt gar nicht mehr die Möglichkeit, noch vorher die Welt kennenzulernen. Du hingegen hast Dich erst mit 49 bekehrt und konntest auch noch ein wenig das Leben genießen.“ Edgard lachte damals über meine Ehrlichkeit, aber im Grunde offenbarten meine Worte nur, was auch viele andere insgeheim denken, aber sich nicht zu sagen trauen: „Diese letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und Du hast sie uns gleich gemacht, die wir die Last des Tages und die Hitze getragen haben“ (Mt.20:12). Es ist also oftmals eine Art Missgunst vorhanden, weil man den Glauben als Entbehrung empfindet. Wen wundert’s, dass manche Autoren unverhohlen zugeben: „Sollen denn dann all das Leid und die Entbehrungen so vieler Glaubensmänner ganz umsonst gewesen sein, wenn am Ende alle gleichbehandelt werden?“ Wer so redet, sagt damit doch im Grunde, dass diese Opfer weniger aus Liebe zum HErrn erbracht wurden, als vielmehr, um für sich Pluspunkte zu sammeln.
Die Frage nach dem Wert des Erlösungswerkes setzt die Überlegung voraus, dass Gott bei dem Plan, alle Menschen erretten zu wollen, doch auch ganz auf den Sühnetod Jesu und eine Bestrafung in der Hölle hätte verzichten können, denn sonst ergäbe diese Behauptung überhaupt keinen Sinn. Scheinbar liegt hier aber eine Denkblockade vor, denn man kann sich die Notwendigkeit des Opfers Jesu und das Gericht Gottes scheinbar nicht ohne die Bedingung vorstellen, dass nur ein winziger Anteil der Geschöpfe Gottes errettet werden dürfe. Denn bei nüchterner Betrachtung ist es doch im Grunde genau anders herum: Der HErr Jesus wäre nahezu umsonst gestorben, wenn z.B. nur 1 oder 2 Promille (0,1 – 0,2 %) aller Seiner Geschöpfe am Ende errettet werden. Man schätzt, dass schon 100 Milliarden Menschen auf Erden lebten. Nehmen wir also mal an, dass von diesen am Ende 1 %, d.h. 1.000.000.000 errettet wären, dann gäbe es noch immer 99 Milliarden Menschen, die angeblich für immer und ewig unter grausamsten Qualen im Feuersee gepeinigt werden sollen. Was aber soll das noch mit einer Freudenbotschaft zu tun haben? Da wäre es doch noch unendlich mal gnädiger, wenn der HErr Jesus wenigstens die Existenz derjenigen auslöschen würde! Aber die Anhänger dieser gruseligen Lehre messen dem HErrn scheinbar noch nicht mal so viel Barmherzigkeit zu.
Derzeit leben etwa 7,8 Milliarden Menschen auf der Erde. Da aber die meiste Zeit im Schnitt nur 100 Millionen auf der Erde gelebt haben, was bei einer Menschheitsgeschichte von 6000 Jahren ca. 3 Milliarden Menschen beträgt. Selbst wenn die Rate der Wiedergeborenen bei 10 % liegen würde, dann wären am Ende 300.000.000 Menschen errettet. 300 Millionen kann man aber noch zählen. Gott hat aber verheißen, dass die Zahl derer, die am Ende gläubig werden, „unzählbar“ sein wird, „wie die Sterne am Himmel“ und „wie der Sand am Ufer des Meeres“. Man müsste Gott sonst der Lüge bezichtigen, wenn es tatsächlich nur 1.500.000.000 wären, denn es gibt auf der Erde etwa 70.000.000.000.000.000.000.000 Sandkörner. Und die Zahl der Sterne ist noch weit höher: Allein in unserer Galaxie gibt es 200.000.000.000 Sterne und man schätzt die Anzahl der Galaxien auf mindestens 350.000.000.000. Demnach wären es sogar weit mehr als 7.000.000.000.000.000.000.000.000 Sterne! So viele Menschen haben aber bei weitem nicht auf der Erde gelebt. Gerade WEIL der Vater Seinen eigenen Sohn nicht verschont hat und Ihn ans Kreuz schlagen ließ, begnügt sich der Vater nicht mit so einer winzigen Zahl, sondern verlangt, dass alle errettet werden sollen – eine unzählbare Menge, so wie es Sterne am Himmel gibt. „Es ist zu gering, dass du mein Knecht seiest, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten von Israel zurückzubringen; ich habe dich auch zum Licht der Nationen gesetzt, um mein Heil zu sein bis an das Ende der Erde“ (Jes.49:6).
Nun wird man einwenden, dass doch auch von den mehr als 600.000 Israeliten, die aus Ägypten auszogen, nur zwei Männer ins verheißene Land kamen (Josua und Kaleb). Und auch bei der Flut sind am Ende nur acht Seelen gerettet worden, während alle anderen Menschen umkamen. Spricht der HErr denn nicht auch von einer „kleinen Herde“, der das Reich gegeben wird (Luk.12:32)? Ja, in der Tat finden in diesem Äon „nur wenige“ den Weg zum Leben (Mt.7:14). Aber wir sind ja auch nur die „Erstlingsfrucht Seiner Geschöpfe“ (Jak.1:18). Ein Bauer wird aber nicht nur die ersten reifen Äpfel an seinen Bäumen ernten und die übrigen, noch unreifen Früchte mitsamt seinen Bäumen verbrennen. Das wäre völlig unsinnig, bei all der Mühe, die er sich gab, und all der Geduld, die er hatte. Der HErr Jesus sagte: „Sammelt die übriggebliebenen Brocken, auf, dass nichts umkomme“ (Joh.6:12). Wenn der HErr sich also schon Gedanken macht über relativ wertlose Brotreste, wie viel mehr hat Er sich dann erst Gedanken gemacht, wie Er auch noch die übrigen Seiner Werke einsammeln kann! „Der HErr ist gut gegen alle, und Seine Erbarmungen sind über alle Seine Werke“ (Ps.145:9). „Gott sinnt darauf, dass ein Verstoßener nicht für immer von Ihm verstoßen bleibe“ (2.Sam.14: 14). Strafe hat aber immer auch das Ziel der Besserung, denn wenn Gott ausdrücklich Seinen Willen bekundet, dass Er ALLE MENSCHEN retten will, dann wäre es völlig unglaubwürdig, wenn Er dieses Ziel schon allein wegen des Todes eines Menschen nicht mehr weiterverfolgen würde. Es wäre halbherzig und unwahrhaftig. Gott aber verfolgt Sein Ziel auch nach dem Tod weiter und wird am Ende auch zum Ziel kommen, so wie er ja auch heute Menschen bekehrt. „Jedes Geschöpf im Himmel, auf Erden und unter der Erde“ wird eines Tages dem Lamme Gottes die Ehre geben (Offb.5:13). Selbst die Spötter, die in der Sintflut umkamen, hat der HErr nicht vergessen, sondern ihnen im Totenreich das Evangelium gepredigt (1.Petr.3:18-20). „…selbst für Widerspenstige, damit der HErr, Gott, eine Wohnung habe“ (Ps.68:18).
7. Kann man die Herrlichkeit Gottes genießen, wenn alle anderen gequält werden?
Als ich noch nicht gläubig war, hatte ich als überzeugter Tierschützer mal die Idee, Fotos von geschundenen Tieren aus den Mastbetrieben heimlich in den Kühlregalen der Supermärkte zu verteilen, damit den Leuten der Appetit am Fleisch vergehe. Mit schockierenden Bildern auf Zigarettenverpackungen arbeitet ja auch die EU, um bei den Rauchern ein Umdenken zu bewirken. Der Mensch kann nämlich bis zu einem gewissen Grad durch Ablenkung das Böse verdrängen. Wenn wir aber ständig das Elend von verhungernden Kindern in der Dritten Welt vor Augen hätten, dann könnten wir uns an nichts mehr erfreuen. Als ich mal in Kolumbien mit Freunden bei McDonald war, schauten uns von außen durch die Scheiben hungernde Kinder beim Essen zu, so dass wir nur die Hälfte essen konnten, damit sie den Rest nehmen konnten. „Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisset, wieviel mehr wird euer Vater, der in den Himmeln ist, Gutes geben denen, die Ihn bitten“ (Mt.7:11). Wenn wir uns das Elend der Verlorenen schon kaum lange ansehen könnten, wieviel weniger könnte Gott es ertragen! „Ich wohne in der Höhe und im Heiligtum, und bei dem, der zerschlagenen und gebeugten Geistes ist, um zu beleben den Geist der Gebeugten und zu beleben das Herz der Zerschlagenen“ (Jes.57:15). Das ist unser Gott! Halleluja!
Bei der Frage nach dem Glück der Erlösten angesichts des Leides im Feuersee berührt man auch bei den Befürwortern der Ewigen-Qual-Lehre einen wunden Punkt. Alle Menschen sind prinzipiell zum Mitleid begabt, denn sie besitzen im Gehirn sog. Spiegelneuronen, die sie dazu befähigen, das Leid anderer nachzuempfinden. Jemand schrieb einmal: „How can heaven and hell coexist? How can any sane and loving human being be happy knowing that millions of people, innocent or not, are being tortured for eternity? This heaven would be a place void of emphathy, an asylum for psychopaths. How can this heaven be any good?“ (übersetzt: „Wie können der Himmel und die Hölle zusammen koexistieren? Wie kann irgendein geistig zurechnungsfähiger und liebender Mensch glücklich sein, wenn er weiß, dass Millionen von Menschen, ob unschuldig oder nicht, auf ewig gefoltert werden? Dieser Himmel wäre ein Ort ohne Erbarmen, ein Asyl für Psychopathen. Wie könnte dieser Himmel überhaupt irgendwie gut sein?“).
Ist der Himmel nur etwas für empathielose Psychopathen? Wie sehr wird doch der „Gott und Vater unseres HErrn Jesus Christus, der Vater der Erbarmungen und Gott allen Trostes“ (2.Kor.1:3), verunglimpft durch die lästerliche Lehre von einer unendlichen Qual! Dabei steht doch ausdrücklich geschrieben: „Er wird NICHT immerdar rechten und nicht ewiglich nachtragen“ (Ps.103:9). Das stünde doch im völligen Widerspruch! An anderer Stelle erklärt er auch, warum: „Ich will nicht ewiglich rechten und nicht auf immerdar ergrimmt sein; denn der Geist würde vor mir verschmachten, und die Seelen, die Ich ja gemacht habe“ (Jes.57:16). Jetzt wird natürlich gleich wieder der Einwand erhoben: „Das gilt doch nur für das Volk Israel!“ Schließlich heiße es doch in Vers 21: „Kein Friede den Gesetzlosen!“ Ja, aber es wird auch kein Friede für die Gesetzlosen in Israel geben, bevor sie sich nicht zum HErrn bekehrt haben. Aber es wird „Frieden für die Fernen und die Nahen“ geben (Vers 19). Denn bei Gott ist kein Ansehen der Person. Was für die einen gilt, gilt auch für die anderen. „Gott hat (ausnahmslos) alle (zuvor) in den Unglauben eingeschlossen, damit Er sich (am Ende) (ausnahmslos) aller erbarme“ (Röm.11:32). Er will „Seinen Geist ausgießen über alles Fleisch“ (Joel 3:1), damit am Ende „alle Seine Werke Ihn preisen sollen“ (Ps.145:9-10). Aber dazu muss Er erst „die Lippen der Völker in reine Lippen umwandeln, damit sie alle den Namen des HErrn anrufen und Ihm einmütig dienen“ (Zeph.3:9). Alles Bibelstellen, die einfach überlesen und nicht beachtet werden.
In Offb.21:3-5 lesen wir von der himmlischen Herrlichkeit: „3Und ich hörte eine laute Stimme aus dem Himmel sagen: Siehe, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und Er wird bei ihnen wohnen, und sie werden Sein Volk sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott. 4Und Er wird jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. 5Und der auf dem Thron saß sprach: Siehe, Ich mache alles neu…“ Auch hier stellt sich die Frage, ob mit „jeder“ Träne nur die der zu Lebzeiten Bekehrten gemeint ist oder auch aller Menschen. Die Formulierung „die Hütte Gottes bei den Menschen“ weist uns darauf hin, wer mit „sie“ gemeint ist, von denen es dann heißt: „Sie werden Sein Volk sein“ – gemeint sind hier offenbar alle Menschen, denn sonst müsste es heißen: „die Hütte Gottes bei Seinen Kindern“ oder „…bei Seinen Auserwählten“. Nun wenden die Befürworter einer unendlichen Höllenqual ein, dass in Vers 8 doch von jenen anderen die Rede ist, die nach ihrer Auffassung keinen Teil daran haben sollen, nämlich die „Feiglinge, die Untreuen und mit Gräueln befleckten und Mörder und Hurer und Zauberer und Götzendiener und alle Lügner – ihr Teil wird in dem See sein, der mit Feuer und Schwefel brennt; das ist der zweite Tod“. Hier sei doch offensichtlich, so die Allversöhnungskritiker, dass es einen zweifachen Ausgang der Geschichte gäbe, denn sonst würde es doch heißen: „…ihr vorläufiger Teil“ oder „…ihr vorübergehender Teil“, nicht wahr?…
Nun, ohne Frage wird es einen zweifachen Ausgang der Geschichte geben, aber nicht für alle Ewigkeit. Bei dem „Teil“ geht es hier nicht um ein „ewiges Erbteil“, sondern um eine Zuteilung infolge eines Urteils. Die zugeteilte Bestrafung der bis dahin Gesetzlosen ist „das Teil ihres Bechers“ (Ps.11:6), den sie trinken müssen (d.h. erleiden sollen). Wie lange dieses Leid im Feuersee währt, wird hier nicht gesagt, aber das finden wir an anderen Stellen, nämlich in Offb.19:3 und 20:10, wo es in beiden Stellen wörtlich heißt: „… hin(führend in) die (überragenden )Äonen der Äonen“, d.h. sie dauert mindestens solange an, bis die überragenden bzw. entscheidenden Äonen am Ende der Äonenzeit erreicht sind, wo sie nämlich ihre Strafe spätestens verbüßt haben und der HErr Jesus dann auch ihr persönlicher HErr und Heiland werden kann und soll.
Bis dieser Zeitpunkt erreicht ist, dass der HErr all Seine Feinde unter die Füße Jesu und unter Seine Hauptschaft gebracht hat (1.Kor.15:25, Eph.1:10), kann es für ein treu liebendes Gotteskind, das von der Retterliebe Gottes beseelt ist, noch keine vollkommene Freude und keinen vollendeten Trost geben. Deshalb sind die Worte in Offb.21:3-5 auch nicht zeitgleich mit dem Strafgericht in Offb.21:8 zu verstehen. Denn wenn es „keine Trauer, noch Geschrei, noch Leid“ mehr geben soll, dann kann es zeitgleich auch nicht mehr die Trauer über die verlorenen Angehörigen oder das Geschrei und das Leid im Feuersee geben, da diese Verheißung dann ja gar nicht wahr wäre. Deshalb stehen all diese Verheißungen auch immer in der Zukunft: „Er wird… sie werden… der Tod wird…“ Das Futur zeigt, dass das Positive nur wachstümlich erreicht wird (wobei die im Feuersee mit einbezogen sind). In Vers 8 steht hingegen keine Zeitform, ja noch nicht einmal ein Verb steht im Grundtext: „…ihr Teil (ist? könnte sein? wäre?) in dem See…“. Im Grunde ist allein das fehlende Verb schon ein Hinweis des Heiligen Geistes, dass die Zukunft in Bezug auf das Schicksal der noch nicht erretteten Menschen offen ist. In jedem Fall aber werden sie eine gerechte Strafe erhalten, damit sie am Ende erkennen und einsehen, dass der HErr absolut gerecht mit ihnen war und ihnen nach ihren bösen Werken gerecht und angemessen vergolten hat (Jes.49:26, Hes.14:23, 17:24).
8. Was ist aber mit der Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes?
Ein häufiges Argument, das man immer wieder hört, ist dies: „Gott ist nicht nur Liebe, sondern Er ist auch heilig und gerecht!“ Selbstverständlich ist Er das, und niemand könnte je etwas anderes behaupten. Durch solche allgemein anerkannten Feststellungen soll offensichtlich der Eindruck erweckt werden, als würde die Allversöhnung von einem Gott ausgehen, der gutmütig und nachsichtig über die Sünden der Menschen hinwegsieht und am Ende einfach sagt: „Schwamm drüber“. Das ist natürlich völlig verkehrt und unbiblisch. Gottes Großherzigkeit bedeutet nicht, dass Gott zugleich auch gleichgültig sein kann gegenüber den Verbrechen, die in der Welt geschehen sind. Die Täter zu schonen, käme einer Verhöhnung der Opfer gleich. Die Gerechtigkeit Gottes erfordert es, dass er einen Ausgleich schaffen muss, damit niemand einen Anlass hat, sich über sein eigenes Schicksal zu beklagen, sondern im Gegenteil, jeder Grund findet, Gott zu loben. Die Aussicht auf ein zukünftiges Gericht Gottes schafft in der Gegenwart Rechtssicherheit, indem jeder fromme und gerechte Gottesknecht weiß, dass er nicht selbst Gerechtigkeit mit Gewalt herbeiführen muss. Gott wird auch nicht zum Rundumschlag ausholen, sondern er wird ein sehr detailliertes und gut begründetes Urteil über jeden Menschen fällen. Der HErr Jesus sagt sogar, dass „die Menschen am Tag des Gerichts von jedem unnützen Wort, das sie geredet haben, Rechenschaft ablegen müssen“ (Mt.12:36).
Durch die Erwähnung der Heiligkeit Gottes soll wohl suggeriert werden, als käme die Begnadigung der Unerretteten einem unbedachten Dammbruch gleich. Man stellt sich den Gott der Allversöhnung scheinbar wie eine Angela Merkel vor, die ihr Land fahrlässig mit Millionen von Einwanderern überschwemmt habe, nach der Devise: „Wir schaffen das!“ Tatsächlich gibt es hier gewisse Parallelen zwischen der Skepsis gegenüber der Einwanderungspolitik Merkels einerseits und der Ablehnung der Allversöhnung andererseits. So wie man sich z.B. bei den Flüchtlingen nicht vorstellen kann, dass aus ihnen einmal gut ausgebildete Fachkräfte und Rentenbeitragszahler werden, genauso will man nicht glauben, dass Gott aus steinernen Herzen von Schwerstverbrechern wie Hitler und Stalin einmal liebevolle Glaubensbrüder zurechtmachen kann. Hier wird die Macht des Geistes Gottes unterschätzt, der auch uns problemlos zu verändern vermochte. Selbstverständlich wird kein Sünder oder Lügner in die Stadt Gottes eingehen (Offb.21:27), weil sie sich zuvor völlig reinigen und verändern lassen müssen durch den HErrn Jesus. Niemand kommt zum Vater, als nur durch Ihn; aber Seine Liebe und Güte hat kein Verfallsdatum. „Denn ein Augenblick ist in Seinem Zorn, ein Leben in Seiner Gunst; am Abend kehrt Weinen ein, und am Morgen ist Jubel da“ (Ps.30:5).
Dieser „Heils-Egoismus“ fing bereits vor 150 Jahren an, als die Gläubigen die Engel nicht mehr als Brüder ansahen, sondern ihre Bedeutung in der Heilsgeschichte allmählich heruntergespielt wurde. Wir kennen alle das Lied „O lasset uns lobsingen“, wo in der 3. Strophe behauptet wird: „Die Engel sind erhoben, zum Dienen und zum Loben, doch Söhne sind sie nicht. Kein Tod hat sie gekettet, kein hoher Preis gerettet, kein Arm geführt aus Nacht zum Licht. – ER wählte Seine Kinder, nur aus der Mitt‘ der Sünder…“ Die Engel sind aber selbstverständlich Söhne Gottes (1.Mo.6:1-4, Hiob 1:2, 2:1, 38:7, Jud.5-6) und natürlich können auch Engel sündigen und „haben gesündigt“ (Hiob 4:18, 2.Petr.2:4) und verloren dadurch ihre Unsterblichkeit (Ps.82:6-7). Aber da der HErr Jesus gekommen ist, „um Sünder zu erretten“ und deshalb den ganzen Kosmos errettet hat (1.Joh.2:2), hat Er auch die Engel gerettet, die ja auch zum Kosmos gehören (1.Kor.4:9). Die Stelle in Hebr.2:16 ist ungenau übersetzt; richtig muss es heißen: „Er ergreift nicht die Engel“. Heute aber will man von Errettung der „Himmlischen“ (Phil.2:10) nichts wissen, denn diese sind ja nach den Worten von Carl Brockhaus nur „zum Dienen und zum Loben“ da. Was für eine Lieblosigkeit! dass man für die Engel, die wir richten werden (1.Kor.6:3), jede Hoffnung auf Begnadigung und Erlösung von vornherein kategorisch ausschließen will, obwohl sie sich durch ihre Sünden gar nicht mehr von jedem anderen Sünder unterscheiden, der das Heil in Christus braucht! Man unterstellt Gott im Grunde, dass Er den Engeln zwar die Fähigkeit zum Sündigen anerschaffen habe, aber keinerlei Vorkehrung getroffen hätte, um sie zu erretten!
Die Gerechtigkeit Gottes bedeutet, dass die Menschen GEMÄSS ihren Werken gerichtet werden und nicht ungemäß ihrer Werke (Offb.20:12). Der HErr sagt, dass die Ungläubigen nach dem Gesetz Moses gerichtet werden (Johannes 12:45). Danach gilt „Auge um Auge, Zahn um Zahn.“ Das bedeutet, dass der Mensch eine seinen Werken angemessene Bestrafung bekommt und nicht eine unangemessene. Da eine unendliche Strafe jedoch maßlos ist, kann sie per Definition auch nicht gerecht sein. Wenn bei Gott theoretisch ein anderes Rechtsempfinden oder andere Gerechtigkeitsmaßstäbe gelten würden als bei uns Menschen, dann würde Gott mit zweierlei Maß messen bzw. mit unterschiedlichen Gewichtungen. Diese sind Ihm aber erklärtermaßen ein Gräuel: „Zweierlei Gewichtssteine, zweierlei Epha, sie alle sind dem HErrn ein Gräuel“ (Spr.20:10). Nicht nur gäbe es dann gar keine Rechtssicherheit mehr, sondern Gott hätte uns dann auch in die Irre geführt, wenn sich am Ende herausstellen würde, dass Sein Gesetz bei der Rechtsprechung am Weißen Thron gar keine Anwendung fände, sondern irgendwelche ganz anderen „göttlichen“ Regeln, die uns gar nicht zugänglich waren. Allein solch ein Verhalten wäre im juristischen Sinne eine Rechtsbeugung. Die Ungläubigen würden ihr Urteil auch zurecht nie anerkennen, sondern würden es als „Recht des Stärkeren“ verunglimpfen. Der Name Gottes, d.h. Sein Ruf wäre unwiederbringlich geschädigt. Noch schlimmer: Sein Reich könnte auf Dauer gar nicht mehr bestehen, denn „Gerechtigkeit und Gericht sind Seines Thrones Grundfeste“ (Ps.89:14) und nur „durch Gerechtigkeit steht Sein Thron fest“ (Spr.16:12).
Die Tolerierer einer endlosen Qual im Feuersee glauben im tiefsten Grunde gar nicht daran, dass Gott gerecht sei, sondern gehen von einer – für den menschlichen Verstand nicht zugänglichen – „göttlichen Gerechtigkeit“ aus, die sich vor niemandem rechtfertigen müsse. Solch eine „Gerechtigkeit“ verdient diese Bezeichnung nicht mehr, sondern käme der Willkür eines Tyrannen gleich. Gott ist aber kein Tyrann, sondern ein „gerechter Richter“ (Ps.7:11, 2.Tim.4:8), der „Richter der ganzen Erde“, wie Abraham ihn nannte (1.Mo.18:25). „Richten“ kommt von „richtig“, d.h. es muss zwingend einen allgemein anerkannten und gültigen Maßstab geben, um ein Urteil auch als „richtig“ und gerecht beurteilen zu können. Und dieser wird uns in Gottes Wort klar genannt, und zwar entweder das Gesetz Moses oder aber – falls dieses nicht bekannt sei – der Maßstab, nach welchem ich andere beurteilt und verurteilt habe (Mt.7:1, Röm.2:1-3). Es ist also ganz entscheidend, was jemand gewusst oder nicht gewusst hat. Der weltliche Spruch: „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“ gilt bei Gott nur bedingt und hängt von der Gewissenslage des einzelnen ab. Der HErr sagt: „Jener Knecht, der den Willen seines Herrn wusste und sich nicht bereitet, noch nach seinem Willen getan hat, wird mit vielen [nicht: mit unendlich vielen] Schlägen geschlagen werden; wer ihn aber nicht wusste, aber getan hat, was der Schläge wert ist, wird mit wenigen geschlagen werden. Jedem aber, aber, dem viel gegeben ist, viel wird von ihm verlangt werden; und wem man viel anvertraut hat, von dem wird man desto mehr fordern“ (Luk.12:47-48). Hier wird auch deutlich, dass die Gläubigen und insbesondere die Prediger eine viel strengere Beurteilung von Gott bekommen (Jak.3:1). Deshalb richten sich alle Höllenandrohungen des HErrn immer wieder an die Gläubigen und nicht an die Ungläubigen.
Das „gerechte Gericht Gottes“ ist maßvoll und nicht maßlos (Röm.2:5). Ein jeder erntet, WAS er gesät hat und nicht, was er NICHT gesät hat (Gal.6:7). Im Prinzip wird also alles immer 1 : 1 vergolten werden. Der Mörder soll z.B. mit seinem Leben bezahlen, d.h. er muss möglicherweise für die gleiche Lebensdauer, die er seinem Opfer am Weiterleben gehindert hat, im Feuersee verbringen. Bei zusätzlicher Treulosigkeit muss man sogar „das Doppelte erstatten“ (2.Mo.22:1), und ein Dieb sogar „vierfältig“ (2.Mo.22:1, 1.Sam.12:6, Luk.19:8), – aber in allen Fällen nicht unendlich. Wenn alle für die unterschiedlichsten Delikte genau die gleiche Strafe bekämen, dann wäre das nicht nur ungerecht, sondern man hätte sich theoretisch auch den ganzen Aufwand mit dem Gericht und den Büchern ersparen können. So einleuchtend das klingt, aber die Vertreter der Endlosverdammung haben diesen simplen Gedanken bisher nicht in Erwägung gezogen. Für sie hat das Gericht am Großen weißen Thron offensichtlich nur noch den Zweck, die ohnehin schon längst eingeschüchterten und verängstigten Sünder noch einmal vorzuführen und sie wie bei einem stalinistischen Schauprozess von oben herab abzukanzeln, ohne irgend eine Aussicht auf Gnade und Erbarmen. Schon zu Beginn des Prozesses steht im Prinzip bereits fest, wie das Urteil lauten wird. Juristisch nennt man solch eine Inszenierung einen „Schauprozess“. Es geht nicht mehr um die Feststellung der individuellen Schuld, sondern nur noch um Demütigung und Propaganda.
Im Gericht Gottes werden hingegen die Werke beurteilt. Dabei können sogar gute Werke, wie z.B. das Darreichen eines Glases kalten Wassers an einen Jünger mindestens ein milderndes Urteil zur Folge haben. Die ausdrückliche Erwähnung dieses Beispiels vom HErrn Jesus in Mt.10:42 wird von den meisten Auslegern heute kaum beachtet. Es passt so gar nicht zur allgemeinen Auffassung, dass Werke angeblich vor Gott nicht zählen würden. Dabei sagt der HErr ganz klar: „Er wird seinen Lohn NICHT verlieren“. Das gleiche gilt für Mt.5:26, wo der HErr sagt: „…du wirst nicht von dannen herauskommen (aus dem Gefängnis), bis du auch den letzten Heller bezahlt hast“ (Luk.12:59). Es kann zwar niemand ohne den HErrn Jesus errettet werden, aber man kann durchaus seine Strafe abbüßen. Wenn man behauptet, dass man seinen „letzten Heller“ noch nicht mal annährend bezahlen könnte, dann würde man dem HErrn unterstellen, dass Er hier lügt (oder aber sarkastisch ist, was genauso anrüchig wäre). Israel hat z.B. während der 70 Jahre in Babylon „seine Schuld abgetragen“, ja sogar „ein Zweifaches empfangen von der Hand des HErrn für alle ihre Sünden“ (Jes.40:2). Damit war ihr Schuldkonto beglichen und sie konnten nun wieder Gnade empfangen vom HErrn. Wenn man nun bedenkt, wie schwerwiegend die Sünden Judas waren (sie verbrannten ihre Kinder zu Ehren des Gottes Molech!), so reichen nur wenige Menschen an diese Gräuel heran. Die Begnadigung Israels ist für uns heute eine starke Vorschattung auf die Vergebungsbereitschaft, die Gott auch mit den übrigen der Nationenmenschen hat, damit sie alle am Ende den HErrn bis zum Erfolg suchen (Apg.15:17). Und wenn dann immer wieder die Frage aufkommt: „Soll am Ende etwa auch noch Satan errettet werden?“ dann kann man nach dem Zeugnis der Schrift nur antworten: „Ja, der besonders!“ Denn dieser wird ja in Jes. 14 mit dem König von Babel verglichen, der sich genauso gegen Gott erhob, bis er von den Menschen ausgestoßen wurde für „sieben Zeiten“ (sieben Äonen?). „Und am Ende der Tage erhob ich, Nebukadnezar, meine Augen zum Himmel, und mein Verstand kam mir wieder; und ich pries den Höchsten, und ich rühmte und verherrlichte den ewig Lebenden …“ (Dan.4:34). Mehr wollte Gott nicht, als dass er das erkennen sollte, und welch ein Triumph für den HErrn, wenn sich am Ende auch noch sogar Sein Erzfeind Ihm freiwillig unterwirft und Ihm alle Ehre gibt, die Ihm gebührt! Erst dann kann Gott „alles in allen“ sein (1.Kor.15:28).
Zuletzt sei noch bemerkt, dass die Menschen „nach ihren WERKEN“ gerichtet werden und nicht nach ihrer Erkenntnis oder ihrem Bekenntnis; denn Menschen können sich immer irren. Gleichwohl folgen u.U. aus Irrtümern natürlich auch sündhafte Handlungen. Aber nur, weil jemand den HErrn Jesus zu Lebzeiten nie kennengelernt hat oder durch eine falsch dargestellte Evangeliumsverkündigung nicht bereit war, an Ihn zu glauben, reicht dies allein nicht aus, um verdammt zu werden. Denn dann müssten auch unbekehrte Säuglinge, Kinder, geistig Unmündige, Urwaldbewohner, usw. und jeder, der den HErrn Jesus in den letzten 2000 Jahren gar nicht kennenlernen konnte, weil er/sie in anderen Religionen aufwuchs – alle in der Hölle landen und das selbst, wenn sie zu Lebzeiten die tugendhaftesten Menschen waren. Der faule Knecht in Mt.25:24-26 hatte eine völlig entstellte und irrige Lehrauffassung über den HErrn Jesus; aber Dieser tadelt ihn deshalb nicht mit EINER Silbe, sondern wirft ihm lediglich vor, keine guten Werke vorweisen zu können. Die guten Werke folgen aus der richtigen Erkenntnis, aber der Sinn der Errettung ist nicht die richtige Erkenntnis, sondern die guten Werke, die aus der richtigen Erkenntnis resultieren.
9. Die Gerechten unter den Völkern
Selbst wenn im absoluten Sinne niemand gerecht ist vor Gott (Röm.3:10) und man auch nicht durch eigene Werke gerettet werden kann (Eph.2:9), so gibt es dennoch ein „relatives Gerechtsein“ in der Bibel, das sich auf Menschen bezieht, die den HErrn Jesus noch nicht kannten, z.B. Hiob usw. So heißt es in Röm.2:7, dass diejenigen, die „mit Ausharren in gutem Werke Herrlichkeit und Ehre und Unverweslichkeit“, die bekommen „ewiges Leben“; „denn nicht die Hörer des Gesetzes sind gerecht vor Gott, sondern die Täter des Gesetzes werden gerechtfertigt werden“ (Röm.2:13). Die Rechtfertigung geschieht hier nicht in der Gegenwart, sondern in der Zukunft („werden gerechtfertigt werden“). Diese kann natürlich nur durch den HErrn Jesus erfolgen, denn „niemand kommt zum Vater, als nur durch mich“ (Joh.14:6). Aber durch die gerechten Taten schaffen diese Menschen sich eine gute Voraussetzung, um später das Heil in Christus anzunehmen. Deshalb sagte der Engel zu Kornelius vor seiner Errettung: „Deine Gebete und deine Almosen sind hinaufgestiegen zum Gedächtnis vor Gott“ (Apg.10:4).
„Dem Gerechten wird auf Erden vergolten“ sagt die Schrift (Spr.11:31), aber einigen wird auch erst „bei der Auferstehung der Gerechten vergolten“ (Luk.14:14). Es gibt Katholiken oder Orthodoxe, die ihr ganzes Leben lang Gott gedient haben mit Lob und Dank, ohne wiedergeboren zu sein. Sie kommen deshalb zwar noch nicht sofort ins Reich Gottes, aber der HErr verheißt ihnen: „Wer Lob opfert verherrlich Mich, und bereitet dadurch den Weg vor, damit ich ihm das Heil Gottes zeige“ (Ps.50:23). Und das gilt genauso für alle anderen Religionen: „…Sondern in jeder Nation: Wer Ihn fürchtet und Gerechtigkeit wirkt, ist Ihm angenehm“ (Apg.10:23). „Gott ist nicht ungerecht, eures Werkes zu vergessen“ (Hebr.6:10). Die Evangelikalen sollten sich deshalb von der irrigen Idee verabschieden, dass Werke bei Gott gar nichts zählen, sondern allein der richtige Glaube und die Bekehrung für Ihn maßgeblich sei, denn wenn dieser Glaube keine Werke nach sich zieht, dann ist er ohnehin nutzlos (Jak.2:14+24). Und andersherum sind nach den Worten von Paulus auch jene Heiden, die von Natur her erkannt haben und ausüben, was die Gebote Gottes vorschreiben, vor Gott gerecht gesprochen. Sie werden trotz ihrer geistigen „Vorhaut“ (Ahnungslosigkeit) zu den am Herzen Beschnittenen gezählt, da sie „das Werk des Gesetzes geschrieben zeigen in ihren Herzen“ (Röm.2: 15). Deshalb sagt der HErr Jesus: „Ich sage euch aber, dass viele von Osten und Westen kommen und mit Abraham und Isaak und Jakob zu Tische liegen werden in dem Reiche der Himmel, aber die SÖHNE DES REICHES werden hinausgeworfen in die äußere Finsternis…“ (Mt.8:11-12).
Über jene Werke und Herzenshaltungen, die den Weg vorbereiten, damit der HErr ihnen das Heil Gottes zeigen kann, spricht der HErr Jesus gleich am Anfang der Bergpredigt. Seine Einladung geht dort gar nicht ausdrücklich an wiedergeborene Christen, sondern Er verheißt auch ganz allgemein vielen anderen Leuten den Eintritt ins Reich Gottes: So mag es zum Beispiel auch unter den Muslimen viele geben, die „arm im Geiste“ sind oder unter den Hindus solche, die in ihrem Leben viel Leid und Trauer erleiden mussten und von Gott eines Tages getröstet werden (Mt.5:3-4). Und wie viele Menschen haben nie einer Fliege etwas zu Leide getan, sondern sind sanftmütig und sogar Friedensstifter; nach der Verheißung des HErrn Jesus werden sie eines Tages als „Söhne Gottes“ das Land ererben (Mt.5:5+9). Und wie viele Menschen haben sich während ihres Lebens für das Unrecht in der Welt eingesetzt und wurden verfolgt, obwohl sie nicht den HErrn Jesus kannten! Sie haben jahrelang im Gefängnis oder Konzentrationslager „nach der Gerechtigkeit gehungert und gedürstet“; sie werden nach dem Tod nicht auch noch weiter gefoltert werden, sondern endlich zu ihrem Recht kommen (Mt.5:6+10). Und wie viele Agnostiker wird es gegeben haben, die ihr ganzes Leben lang Barmherzigkeit und Mildtätigkeit an den Hungernden und Bedürftigen der Welt geübt haben! Sie sollen nach den Worten des HErrn Jesus „Barmherzigkeit erlangen“, denn die Barmherzigkeit rühmt sich gegen das Gericht (Mt.5:7, Jak.2:13). Und wie viele Menschen durfte ich schon kennenlernen, die zwar nicht gläubig waren, aber ein „reines Herz“ hatten voller Einfalt und Arglosigkeit (Mt.5:8)!
Viele Menschen sind auf dem breiten Weg der Sünde und Weltliebe und gehen darauf verloren, wenn sie nicht Buße tun. Aber nicht ALLE Menschen! denn um auf den breiten Weg zu gelangen, muss man erst mal durch die weite Pforte hindurch, d.h. eine bewusste Entscheidung treffen, ohne Gott leben zu wollen. Diese Entscheidung haben aber längst nicht alle getroffen, sondern viele sind auf der Suche nach Gott, ohne Ihn bisher gefunden zu haben. Oder aber sie glauben, Ihn gefunden zu haben, dienen aber in Wirklichkeit einer religiösen Einrichtung anstatt Gott, wie z.B. der Wachtturmgesellschaft, den Mormonen oder der Römischen Kirche (*). Aber „Gottes Gnade ist erschienen, um allen Menschen das Heil zu bringen“ (Tit.2:11). Und wenn ein religiöser Mensch in Unkenntnis des Evangeliums die Gebote Gottes einhält und sogar lehrt, dann wird er „groß geheißen im Reich der Himmel“ (Mt.5:19), denn bei Gott ist kein Ansehen der Person (Röm.2:11). Es kann sein, dass der HErr nach seinem Tod dann auf ihn zutreten wird mit der Frage: „Glaubst du an den Sohn Gottes?“ und dieser dann wie der Blindgeborene antworten wird: „Wer ist es, Herr, damit ich an Ihn glauben kann?“ (Joh.9:36). Solche haben also eine absolute Bereitschaft zum Glauben, so dass ihre Bekehrung dann nur noch reine Formsache ist. Aber selbst wenn sie bis zur Wiederkunft Christi nicht erfahren, wer der HErr Jesus ist, so werden sie es spätestens dann erfahren, wenn der HErr ihnen sagen wird: „Kommet her, Gesegnete meines Vaters, ererbet das Reich, das euch bereitet ist von Grundlegung der Welt an; denn mich hungerte, und ihr gabet mir zu essen; mich dürstete, und ihr tränktet mich; ich war Fremdling, und ihr nahmet mich auf; nackt, und ihr bekleidetet mich; ich war krank, und ihr besuchtet mich; ich war im Gefängnis, und ihr kamet zu mir“ (Mt.25:34-36). Sie selbst gehörten nicht zu den Brüdern des HErrn, aber sie taten ihnen Gutes. Deswegen werden sie noch einmal die Chance bekommen, sich zu bekehren. (*Die römische Kirche wird im Sendschreiben an Thyatira gelobt und gehört zur Gemeinde Jesu, nicht aber solche, die sich völlig außerhalb stellen und die 7-fältige Gemeinde an dem einen Halm total delegitimieren. Nach dem Urteil des HErrn ist die röm. Kirche viel weniger verdorben als Laodizea. Auch hat z.B. die Fegefeuer-Lehre eine biblische Grundlage, die nur entzerrt werden müsste. Laodizea hat gar keine wirkliche biblische Lehre vom Totenreich und hält den reichen Mann für ein Muster der ewigen Verdammnis, wobei die meisten davon ausgehen, Gehenna und Feuersee seien identisch).
Nach 1.Petr.4:6 werden diese Gestorbenen noch gerichtet „menschengemäß nach dem Fleisch“, im Unterschied zu jenen, die schon zu ihren Lebzeiten gläubig wurden (Joh.5:24); aber sie werden dennoch „leben Gott gemäß nach dem Geist“. Ich vermute, dass bis zum Tage des Gerichts die Mehrzahl der Menschen sich bekehrt haben und ins Buch des Lebens eingetragen werden, so dass nur noch sehr wenige in den Feuersee müssen. Aber auch dieser ist nicht die „absolute Gottesferne“, sondern im Gegenteil die „absolute Gottesnähe“, die die Unbekehrten kaum ertragen können. Für diese Vermutung gibt es drei Hinweise: Das Feuer in der Bibel ist immer ein Symbol für die Liebe (Hohel.8:6) und damit für Gott selbst, der die Liebe ist (5.Mo.4:24). Der „Schwefel“ im Feuersee bedeutet übersetzt „das Göttliche“ (griech. THÄION, vergl. THÄOS = Gott). Und ihr „Wurm, der nicht stirbt“ (Jes.66:24), auf den der HErr in Mk.9:44,46,48 Bezug nimmt, kann in der Symbolsprache der Bibel eigentlich nur der HErr Jesus sein, der in Ps.22:6 bekennt: „Ich aber bin ein Wurm und kein Mann, der Menschen Hohn und der vom Volke verachtete“. Das hebr. Wort ToWLaaT ist zugleich auch der blutrote Farbstoff Karmesin, der in der Stiftshütte immer wieder verwendet wird und aus der Koschenilleschildlaus gewonnen wird. Man kann also sagen, dass es das Blut Jesu ist, das in dem unauslöschlichen Feuer der Liebe Gottes den Sünder immer wieder in Erinnerung gerufen wird, bis er zum Zerbruch und zur Buße kommt. Gerade die qualvolle Feststellung der Gegenwart Gottes lässt die Menschen zu Boden fallen (Joh.18:6, 1.Kor.14:25). Aber sie fallen nicht ins Bodenlose, sondern sie stehen ja unter ständiger Beobachtung durch die Heiligen Engel (wozu wir gehören werden) und des Lammes (Offb 14:10), um sie – wie Abraham und Lazarus beim reichen Mann in der Gehenna – seelsorgerlich zu betreuen. Das ist Seelsorgearbeit mit positivem Ziel und Ergebnis; andernfalls wäre es für uns und den HErrn die Hölle im Himmel (oder gemäß der total verruchten und sadistischen Lehre von Hejkoop, dass die Gequälten für uns im Dunkeln sind und wir für sie im hellen Licht).
Dieser „Wurm“ hat möglicherweise auch den Wunderbaum in Jona 4 abgefressen, bei dem es sich symbolisch um den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen handelt, d.h. dem Gesetz Gottes, der dem Menschen vorübergehend einen „Schatten der zukünftigen Güter“ (Hebr.10:1) spendet, aber den Menschen auch zu einer Selbstgerechtigkeit verleiten kann, so dass ihnen die „Sonne der Gerechtigkeit“ nicht scheinen kann (Mal.4:2, 2.Kor.3:12-18). Jona hat sich über diesen „Wurm“ geärgert, war aber auch schon vorher verdrossen, weil er nicht einverstanden war damit, dass Gott sich umstimmen ließ und ihn dadurch wie einen Narren aussehen ließ, der ein Gericht ankündigt, das nicht eintrifft. Kommt einem das nicht bekannt vor in Bezug auf die Allversöhnung? Wie viele Gläubige werden am Ende auch missmutig reagieren, wenn sie sehen werden, dass Gott sich auch der übrigen Menschen noch erbarmt und sie begnadigt! Dabei sollte Jona sie noch nicht einmal zur Buße aufrufen, sondern ihnen die Strafe Gottes als etwas Festbeschlossenes und Unabwendbares übermitteln, so wie es auch heute die Gläubigen tun. Wenn aber nach dem Tod die meisten Menschen Buße tun sollten und Gott sich des Übels über sie gereuen ließe, – wie wäre dann unsere Reaktion? Gott begründet Seine Entscheidung gegenüber Jona noch nicht einmal mit der Buße Ninives, sondern erinnert ihn lediglich daran, dass sie „noch nicht einmal unterscheiden können zwischen ihrer Rechten und ihrer Linken“ (Jona 4:11). Trifft aber nicht genau dies auch auf 90 % der gesamten Menschheit zu (im Bilde gesprochen)? Sollte sich Gott nicht über sie erbarmen, wo doch Seine Erbarmungen nicht zu Ende sind mit dem Tod, sondern „jeden Morgen neu“, und Er „nicht ewiglich verstößt, sondern wenn Er betrübt hat, sich erbarmt nach der Menge Seiner Gütigkeiten“ (Klag.3:22-32)?
10. Der Krampf mit 1.Petrus 4:6
Wenn nicht sein kann, was nicht sein darf, dann versucht man, eine Bibelstelle so sehr in eine annehmbare Richtung zu biegen, dass sie Risse bekommt und bricht. Die Leugner der biblischen Allversöhnung, die ja immer sehr großspurig und dreist behaupten, dass „die Bibel an keiner einzigen Stelle die Allversöhnung“ bezeuge oder dass es angeblich „eindeutig belegt sei, dass es eine ewige Höllenqual gebe“, tun sich indes bei einigen dieser angeblich nicht existierenden Stellen in der Bibel sehr schwer, sie anders als im Sinne der Allversöhnung zu deuten. So „eindeutig“ sie ihre Überzeugungen auch sonst bewertet haben und so einmütig und geschlossen sie ansonsten gerne nach außen die Allversöhnung kritisiert haben, so widersprüchlich und uneinig sind sie sich allerdings bei der Stelle in 1.Petr.4:6, wo es mindestens drei verschiedene Deutungsversuche gibt, die jedoch alle drei nicht funktionieren:
a.) Da es ja für sie nicht sein kann, dass hier Gestorbenen die frohe Botschaft verkündigt wird, behaupten die einen, dass es sich gar nicht um buchstäblich Gestorbene handelt, sondern angeblich um „geistlich Tote“ (vergl. Eph.2:1), die daraufhin – noch während ihres Lebens – zum Glauben fanden. Dies kann aber schon aus zwei Gründen nicht funktionieren, denn: zum einen werden diese Toten ja noch „gerichtet nach dem Fleisch“, während es von denen, die schon zu Lebzeiten an den HErrn Jesus glauben, heißt, dass sie „nicht mehr gerichtet werden“ (Joh.5:24). Zum anderen zeigt aber auch der Kontext, dass es hier unmissverständlich um buchstäblich Gestorbene handelt, denn im Satz zuvor heißt es am Ende: „…der bereit ist, die Lebenden und die Toten zu richten“ (Vers 5).
b.) Andere deuten diese Stelle in dem Sinne, dass diesen Toten zwar wie in Kap. 3:18-20 noch einmal das Evangelium verkündigt wurde durch den HErrn Jesus, als dieser bei Seiner Kreuzigung ins Totenreich hinabfuhr, aber dass nur die Gläubigen aus dem Alten Bund dadurch herausgebracht werden sollten aus dem Scheol, während die anderen nur informiert werden sollten, dass sie demnächst gerichtet und dann ewig verdammt werden (Joachim Langhammer). Für Letztere soll die „Frohbotschaft“ also darin bestanden haben, dass sie – ohne vielleicht je zuvor das Evangelium gehört zu haben – von nun an für immer gequält werden sollen, ohne gegen dieses Urteil Berufung einlegen zu können und ohne Aussicht auf Begnadigung. Auch diese sadistische Auslegung funktioniert natürlich nicht, denn es sind ja genau die Gleichen, die im Anschluss an die Evangeliumsverkündigung sowohl gerichtet als auch gerettet werden sollen. Denn sonst müsste es heißen: „…damit die einen gerichtet werden… und damit die anderen gerettet werden sollen“.
c.) Eine weitere Idee, die u.a. auch McArthur vertritt, ist folgende: Das Gerichtet-werden beziehe sich gar nicht auf das Gericht am Großen weißen Thron, sondern um ein bereits „Von-Menschen-gerichtet-worden-Sein“ im Sinne einer Hinrichtung um des Evangeliums willen. Auch diese Deutung funktioniert nicht aus mindestens zwei Gründen: erstens hätte ihnen ja gar nicht mehr das Evangelium gepredigt werden brauchen, wenn sie doch bereits um desselben willen hingerichtet wurden, denn dann hätten sie es ja kennen müssen. Zweitens geschieht die Evangeliumsverkündigung bei den Gestorbenen ja gerade mit der Absicht, „DAMIT sie (nur noch) menschengemäß gerichtet werden mögen“ bzw. „DAMIT sie Gott gemäß leben mögen im Geiste“. Zweck des Evangeliums ist aber nicht automatisch, dass wir von Menschen hingerichtet werden. Abgesehen davon würde eine solche Absicht ja nicht nur für bereits gestorbene Gläubige gelten.
Wie man es also dreht und wendet – man findet keine funktionierende Auslegungsmöglichkeit, die wirklich alle Zweifel ausräumen könnte, es sei denn, man sperrt sich nicht so vehement gegen die Möglichkeit, dass auch den ungläubig Gestorbenen noch das Evangelium gepredigt wurde (und wird), damit sie nicht im Gericht Gottes verurteilt sondern begnadigt werden aufgrund der Annahme des Evangeliums. Es gibt auch noch andere bereits genannte Bibelstellen, durch welche man die Brüder, die starr und verstockt an einer unendlichen Verdammnis festhalten wollen, „schachmatt setzen“ kann, und zwar Hes.16:53-63 und Jes.45:22-24. Letztere Stelle war es übrigens, die auch mich damals stutzig machte, als sie mir zum ersten Mal von einem Bruder gezeigt wurde. Denn wenn absolut alle Menschen („jede Zunge“) einmal bekennen würden: „Nur in dem HErrn habe ich Gerechtigkeit und Stärke“, dann müssen auch all diese gläubig sein, denn dieser Satz kommt einem Glaubensbekenntnis gleich (wortwörtlich heißt das hebräische Wort „hat-Er-gesprochen zu mir“ bzw. „hat-Er- mir -zugesprochen ‹umfassende ›Rechtfertigung/Gerecht‹igkeitsverwirlich›ung und Stärke“). Das wird auch nicht eingeschränkt durch die folgenden Worte: „es werden beschämt werden, die gegen Ihn entbrannt waren“; denn „beschämt“ kann nur jemand werden, der etwas geschenkt bekommt, dass er nach eigener Ansicht gar nicht verdient hat und deshalb „schamrot“ wird (Hes.16:63). Und auch die Erwähnung des „ganzen Samen Israels“ am Ende ändert nichts daran, dass sich „alle Enden der Erde“ zu Gott „wenden und errettet werden“ sollen (V. 22).
11. Wie kann man als Christ überhaupt an eine unendliche Quälerei glauben?
Wie kann ein Christ, der seine Feinde lieben soll (Luk.6:35) und seinem Bruder 70 x 7 mal vergeben sollte (Mt.18:22) überhaupt glauben, dass Gott, der die Liebe selbst ist, irgendwann nicht mehr in der Lage ist, Seine Feinde zu lieben, so dass Er ihnen angeblich nicht mehr vergeben könne??! Derselbe Gott, der noch nicht einmal am Tod des Gesetzlosen Gefallen hat (Hes.33:11), sondern sogar wollte, dass alle Menschen gerettet werden – derselbe Gott soll sich nach dem Gericht etwa in ein erbarmungsloses Wesen verwandeln und kein Mitleid mehr haben mit den Verlorenen, um sie dort wieder herauszuholen (1.Sam.2:6)? Wie soll das möglich sein? Wenn selbst wir, die wir böse sind, solch eine Grausamkeit selbst noch nicht einmal unserem ärgsten Feind wünschen würden, wie können dann Gläubige dem vollkommensten Wesen überhaupt eine solch bestialische und grauenvolle Bestrafung zutrauen? Was geht da im Kopf (und Herzen) vor? Schon allein jeder normale Mensch würde doch vor der Vorstellung einer ewigen Peinigung erschrecken und sagen: „Was soll das noch mit einem liebenden Gott zu tun haben?“ Selbst dem schlimmsten Verbrecher aller Zeiten würde wohl bei einer solchen Tat schaudern, und er würde Skrupel haben, solch eine Entscheidung gutzuheißen. Warum aber traut man dann Gott so etwas zu?
Dieses Phänomen lässt sich nicht mehr mit falsch gedeuteten Bibelstellen allein rechtfertigen, sondern es hat möglicherweise sogar eine dämonische Komponente. Wir wissen ja, dass der Teufel immer darauf bedacht sind, den Heiligen Namen unseres Gottes in den Schmutz zu ziehen, und wenn es ihm wie Bileam gelingt, das Volk Gottes zur Sünde zu verleiten, z.B. durch Missachtung des 3. Gebotes den Namen des HErrn (d.h. Sein Wesen) zu verunglimpfen, dann reizen wir Gott zum Zorn und verhindern dadurch selbst, dass Er uns segnen kann. Ein Bruder schrieb einmal: „Wer Gott zum grausamsten aller Wesen erklärt, weil er Ihm ein sinnloses, ja sogar unaufhörliches Quälen unterstellt, beweist, dass er einer frevlerischen, dämonischen Lehre verfallen ist.“
Freilich würde ich niemandem irgendwie frevlerische Motive unterstellen, sondern bin im Gegenteil davon überzeugt, dass dieses von Augustinus* bedenkenlos übernommene Dogma völlig unbewusst und unreflektiert Einzug ins Christentum gefunden hat, und damit auch in die Herzen der meisten Christen heute. Man hat es ohne Frage im guten Glauben angenommen, dass es sich dabei doch schließlich um eine Lehre Jesu und der Apostel handeln müsse und diese Lehre trotz großer Bauchschmerzen bereitwillig übernommen. Dabei spielte der Umstand, dass die Ewige-Hölle-Lehre von der großen Mehrheit der gesamten Christenheit geglaubt wird, eine nicht unwesentliche Rolle. (*Hier sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Augustinus nicht Griechisch konnte und dass in Smyrna und Philadelphia sehr viele sehr anerkannte Lehrer die Allversöhnung geglaubt und dezent vertreten haben, und die damals auch von den meisten Allversöhnungsgegnern nicht Irrlehrer genannt wurden. Auch Augustinus tat das nicht).
Diese erschreckende kollektive Gelassenheit angesichts eines schieren Wahnsinns erinnert mich nicht nur an das gruppendynamische Stillhalten im bereits erwähnten Märchen „Des Kaisers neue Kleider“, sondern auch an das sog. „Milgram-Experiment“. Im Jahr 1961 machte der amerikanische Professor Stanley Milgram ein sozialpsychologisches Experiment, um herauszufinden, welche Rolle Autoritätshörigkeit dabei spiele, wenn z.B. Soldaten im Krieg Befehle ausführen, die eigentlich gar nicht mit der Menschenwürde im Einklang zu bringen sind. Nicht zuletzt ging es dabei um die Frage, ob bei der Aufklärung der nationalsozialistischen Verbrechen die These zuträfe, dass die Deutschen besonders pflichtversessen Befehlen gehorchen, ohne sie zu hinterfragen, oder ob dies auch für alle Menschen gelte („Are Germans different?“). Als Versuchspersonen dienten dabei Freiwillige, denen man erzählt hatte, es würde um eine Verbesserung des Lernerfolges bei der Anwendung von Strom gehen. Ihre Aufgabe bestand darin, vor einem Schaltpult zu sitzen und durch eine große Scheibe auf einen angeblichen Probanden zu schauen, der auf einen elektrischen Stuhl gefesselt war. Dabei sollte er auf Anweisung des Versuchsleiters einen Regler bedienen, um die jeweilige Strommenge auszulösen, die der „Proband“ bei falscher Beantwortung einer Frage erhalten solle. Der angebliche Proband, war natürlich ein Schauspieler, der die Wirkung der in Wirklichkeit nicht ausgeführten Stromstöße nur durch Schmerzgrimassen vortäuschen sollte, was der Teilnehmer aber nicht ahnte.
Schon zu Beginn des fragwürdigen Experiments werden sicherlich ein paar der Freiwilligen zunächst Bedenken geäußert, ob solch eine Studie überhaupt moralisch vertretbar sei. Ihnen wurde aber dann versichert, dass dies alles schon seine Richtigkeit habe und sie sich keine Sorgen machen bräuchten. Dann ging’s los, dass der Versuchsleiter dem angeblichen „Schüler“ Fragen stellte, die der Proband bei fehlerhafter Antwort mit einem Stromstoß von 45 V bestrafen sollte. Bei jedem weiteren Fehler wurde die Strommenge jeweils um 15 Volt erhöht. Um seine Schmerzen für den ahnungslosen Probanden glaubhaft zu machen, bat der „Schüler“ (Schauspieler), dass er das Experiment abbrechen und befreit werden wolle, aber man ließ es ihm nicht zu (zum Wohle der Wissenschaft). Ebenso wurde der Student mit zuvor festgelegten Sätzen zur Fortsetzung des Experiments angehalten: 1. „Bitte fahren Sie fort!“ 2. „Das Experiment erfordert, dass Sie weitermachen!“ 3. „Sie müssen unbedingt weitermachen!“ 4. „Sie haben keine Wahl, Sie müssen weitermachen!“ Bei 200 Volt gab der „Schüler“ Schreie von sich, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließen. Bei 300 Volt weigerte sich schließlich der „Schüler“, die Fragen weiter zu beantworten. Doch obwohl die Stromstärke nach der Anordnung des Versuchsleiters immer weiter erhöht werden sollte, stellten von insgesamt 40 Teilnehmern nur 14 das Experiment in Frage und brachen es vorzeitig ab. Die anderen ließen auf Befehl den Scheinprobanden bis zur maximalen Spannung von 450 V quälen, bis dieser sich nicht mehr bewegte. Bis dahin waren die Versuchspersonen ausnahmslos in einem aufgewühlten Gemütszustand, hatten Gewissensbisse und hätten gerne den Versuch abgebrochen; dennoch reagierten sie auch weiterhin auf jedes Wort des Versuchsleiters und gehorchten ihm bis zum Schluss.
Die menschliche Psyche hat verschiedene Möglichkeiten, eine normalerweise unerträgliche Gewissenslast zu überwinden. Man spricht hier von „Dissonanzauflösung“ oder „Dissonanzreduktion“. Neben der Suche nach echten Lösungen für ein konkretes Problem, kann ein moralisches Fehlverhalten auch dadurch entschuldigt oder verdrängt werden, indem man sich auf einen Befehlsnotstand beruft (wie es die Nazis taten) oder indem man die Verantwortung auf andere schiebt: „Das Weib, das Du mir gegeben hast, sie gab mir und ich aß…“. Gewissensbisse können auch dadurch unterdrückt werden, indem man sich im Kreise von Gleichgesinnten weiß, wo man sich gegenseitig in der unmoralischen Denkweise beschwichtigen und sogar bestärken kann mit Scheinargumenten („Eine Krähe hackt der anderen nicht das Auge aus“). Hier kann es sogar zu einem Überbietungswettbewerb kommen, wem es von allen gelingt, die beste Ausrede zu finden. Am einfachsten ist es freilich, sich auf selektive und eigenwillig interpretierte Informationen zu berufen, wie z.B. auf Bibelstellen, die einen scheinbar in der selbstgewählten Meinung bestätigen. Aber man wird nicht dadurch rechtschaffener oder strenggläubiger, indem man – ohne mit der Wimper zu zucken – wie beim Milgram-Experiment in unerbittlicher Weise einer unendlichen Höllenstrafe für seine Mitmenschen zustimmt, sondern indem man streng und unerbittlich gegen sich selbst und seine eigenen Sünden vorgeht.
Gott entbindet uns auch nicht aus unserer Verantwortung, unser Verhalten und unsere Entscheidungen von der Liebe leiten zu lassen. Selbst wenn es sich bei der lästerlichen Vorstellung einer endlosen Verdammung nur um ein fehlerhaftes Verständnis von bestimmten Bibelstellen handelt, sind wir als Christen dazu verpflichtet, durch ein gründliches aber auch ergebnisoffenes und überzeugungsbereitwilliges Prüfen (Jak.3:17) der in dieser und anderer Ausarbeitungen dargelegten Argumente an Hand der Heiligen Schrift nach einer Lösung zu suchen, um diese Verunglimpfung des dreimal heiligen Namens Gottes durch die Lehre von einer angeblich endlos währenden Qual im Feuersee abzuwenden. Wer aufrichtig sucht, der wird auch finden; aber wer nicht sucht, sondern mit Gleichgültigkeit und einem gewissen Hochmut dieses Bild von einem erbarmungslosen Gott unbeirrt hinnehmen will, der sollte unbedingt mal in sein Herz schauen und im Gebet den HErrn bitten: „Was ist nicht sehe, zeige Du mir; wenn ich Unrecht verübt habe, so will ich es nicht mehr tun“ (Hiob 34:32). Die Barmherzigkeit, Liebe, Sanftmut und Langmut, die uns gelehrt wird, kann sowas jedenfalls nicht ertragen und müsste doch verzweifelt nach der Wahrheit suchen. Abraham rang z.B. mit Gott: „Sollte der Richter der ganzen Erde nicht Recht üben?“ (1.Mo.18:25). Für Abraham war es undenkbar, dass Gott ein total anderes Rechtsempfinden haben könnte als er selbst. Für Abraham war es auch undenkbar, dass Gott eine Zusage abändern oder zurücknehmen könnte. Kol.1:20 lehrt z.B. die 100%-Allversöhnung, – und die sollte Gott etwa später durch Offb.14:10-11 und Offb.21:8 und 22:15 auf die Größenordnung von 1 % herabgesetzt haben? Auch nur 1 Promille Herabsetzung wäre Zerstörung des Glaubens Abrahams. Viele darbystisch oder calvinistisch beeinflusste Gläubige erklären es sogar für unzulässig, sich wie Abraham auf ein natürliches Rechtsempfinden zu berufen, sondern man müsse blindlings selbst dem Unrecht zustimmen, wenn es von Gott vermeintlich so entschieden wurde. So schreibt z.B. Peter Lüling Im Kalender „Leben ist mehr“ vom 31.1.2019 „Nicht, weil es ‚an sich‘ schon gut wäre, sondern, was Gott will, wird dadurch ‚gut‘, dass er es will. Und es ist auch allein darum ‚gut‘, weil er es will. Gott hält sich also an keine Norm, Gott ist die Norm. Er folgt keiner Ordnung, sein Wille, den er geoffenbart hat, ist die Ordnung.“ Gott ist demnach also nicht objektiv gesehen gut, um Seiner Güte und Werke willen, sondern allein aufgrund Seiner angeblich willkürlichen und möglicherweise auch wandelbaren Festlegung, was „gut“ sei. Aber ist dies nicht der Ruhm eines Tyrannen, wenn das Belieben des Mächtigen als solches schon gerecht ist?
12. Woher kommt nur die Ablehnung der Allversöhnung und der Hass auf deren Vertreter?
Anstatt missgünstig zu sein wie der ältere Bruder im Gleichnis vom verlorenen Sohn, sollten wir uns darüber freuen, dass Gottes Heil „bis an das Ende der Erde“ wirksam werden wird (Jes.49:6). Der HErr Jesus will ALLE zu sich ziehen (Joh.12:32), damit „ALLE“ den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren (Joh.5:23). Alles was Odem hat soll eines Tages den HErrn loben, und wenn uns bewusst wird, dass der HErr wirklich „alles tut, was Ihm wohlgefällt“ (Ps.115:3), „Ihm alles möglich ist“ (Mt.19:26) und „kein Ding Ihm verwehrt werden kann“ (Hi. 42:2), dann dürfen wir auch im Glauben für die Errettung aller Menschen bitten, wie es uns ja auch geboten ist in 1.Tim.2:1 und dürfen gewiss sein, dass der, der doch Seinen einzigen Sohn nicht verschont, sondern Ihn für uns alle gegeben hat, „uns mit Ihm auch ALLE schenken“ wird, um die wir Ihn bitten (Röm.8:32). Die Fürbitte würde sonst auch gar keinen Sinn machen, wenn Gott sich nicht umstimmen ließe.
Im tiefsten Inneren wünscht sich natürlich jeder Gläubige, dass Gott sich doch am Ende aller erbarmen möge, besonders wenn man Angehörige hat, die nicht gläubig sind, und wo kaum mehr Hoffnung besteht, dass sich daran zu Lebzeiten noch etwas ändert. Aber niemand würde sich so ohne weiteres trauen, die Allversöhnung als mögliches Happy End für Gottes Heilsplan in Erwägung zu ziehen, da man dann ja unter seinesgleichen sofort als geächtet gilt. Man fürchtet, menschlich gesprochen, dass man der mangelnden Bibeltreue bezichtigt werden könnte, und dann ist man bei Fundamentalisten ja schon eine persona non grata (unerwünschte Person). Die Anerkennung innerhalb einer Gemeinde oder eines christlichen Netzwerkes ist jedoch äußerst wichtig und für einen Prediger, der von Spenden lebt, sogar existenziell, weshalb man die Möglichkeit, dass an der Allversöhnung vielleicht doch etwas dran sein könnte, lieber von vornherein ausschließt und sich deshalb auch gar nicht erst mit deren Argumenten auseinandersetzen will. Zudem ist die Anhängerschaft der Allversöhner so niedrig, dass man mit ihr kein Blumentopf zu gewinnen ist. Und da niemand unbedingt einer Außenseitergruppe angehören will, macht man sich gar nicht erst die Mühe, die Argumente anhand der Bibel zu prüfen, denn selbst, wenn sie zuträfen, wäre der Preis zu hoch, um sich neu zu positionieren.
Aber wie ist dieser Hass auf die Anhänger der Allversöhnung zu erklären? Vielleicht liegt es daran, dass die Allversöhnung auf den ersten Blick zu schön klingt, um wahr zu sein, weshalb sie so etwas Verführerisches und damit Anrüchiges hat. Es liegt in unserer menschlichen Natur, dass wir eine Versuchung dadurch abzuwehren suchen, indem wir ihr mit übertriebenem Eifer entgegentreten. So hat es z.B. schon öfter Politiker gegeben, die sich nach außen als „Saubermänner“ gaben und leidenschaftlich gegen die multikulturelle Gesellschaft und den Islam hetzten, aber z.B. heimlich homosexuell waren (P. Fortyn, M. Kühnen). Es ist so, als wollten sie ihre eigene Schwäche bekämpfen, indem sie sich schwache Minderheiten als Opfer suchen, um diese an den Pranger zu stellen. Man will von sich ablenken und ruft laut: „Haltet den Dieb!“
Solch eine Heuchelei ist vor Gott besonders verwerflich. Gerade wenn Menschen völlig darauf verzichten, andere zu richten, werden sie nach der Verheißung Jesu nicht (mehr) gerichtet (Mt.7:1). Nirgendwo in der Schrift finden wir eine Berechtigung, Kindern Gottes wegen eines anderen Bibelverständnisses den Glauben abzusprechen oder sie aus der Gemeinde auszuschließen, und trotzdem geschieht dies heute viel zu oft. Als die Jünger dem HErrn sagten, sie hätten einen Jünger daran gehindert, dem HErrn zu dienen, weil er nicht IHNEN folgte, sagte der HErr: „Wehret ihm NICHT!“ (Mark.9:39). Heute aber bekommen die Brüder, die die Allversöhnung vertreten, fast in allen Gemeinden Predigtverbot und gelegentlich sogar Hausverbot. Man will sich rein und unbefleckt halten wie die Laodizea-Gemeinde und merkt gar nicht, dass man dadurch auch den HErrn ausgesperrt hat (Spr.30:12). „Die da sprechen: Bleibe für dich und komm mir nicht zu nahe, denn ich bin viel heiliger als du: Diese sind mir wie ein Rauch in meiner Nase und wie ein Feuer, das den ganzen Tag brennt“ (Jes.65:5). Als Glieder am selben Leib kann keiner von dem anderen sagen: „Ich bedarf deiner nicht“ (1.Kor.12:21). Zur Zeit der Apostelgeschichte gab es das gar nicht, dass jemand wegen unterschiedlicher Bibelauslegung aus der Gemeinde verstoßen wurde und dann in einfach in eine andere Gemeinde ging, denn die Gläubigen und Gemeinden hielten zusammen und übten in Lehrfragen Toleranz (Phil.3:15). Denn außerhalb der Herausgerufenen gab es nur noch das finstere Heidentum. Deshalb sagte David zu Saul: „…sie haben mich am heutigen Tag ausgestoßen aus dem Erbteil des HErrn, indem sie sprechen: ‚Geh doch und diene (meinetwegen) anderen Göttern!‘“ (2.Sam.26:19).
Es gibt bei vielen Verantwortlichen der heutigen Laodizea-Gemeinden eine gewisse Ratlosigkeit, wie sie mit den sog. „Allversöhnern“ umgehen sollen. Die meisten sprechen ihnen nicht das Heil ab, können sich aber deshalb auch nicht auf 2.Joh.9 berufen, da dort von solchen die Rede ist, die „Gott nicht haben“ oder die „nicht Jesus Christus im Fleische kommend bekennen“ (2.Joh.7), was beides nicht auf die Allversöhner zutrifft. Deshalb werden sie zwar meistens geduldet, man lässt sie jedoch nicht predigen, da sie mit einem Makel behaftet sind, der irgendwie stört. Sobald diese Brüder dann aus irgendwelchen anderen Gründen zu unliebsamen Personen werden, entledigt man sich ihrer, wie es Diotrephes tat (3.Joh.9), indem man sich dann einfach fadenscheinig auf die Allversöhnung beruft, da man ja weiß, wie anrüchig allein schon dieses Wort klingt vor einem heutigen „Synedrium“ (Mt.26:60, Apg.6:13). Dabei behandelt die Allversöhnung lediglich eine Streitfrage innerhalb der biblischen Prophetie, also ein in fernster Zukunft liegendes Ereignis, dass mit dem moralischen Verhalten eines Bruders heute absolut nichts zu tun hat.
Es hat auch noch nie einen einzigen Ungläubigen gegeben, der sich aufgrund der Allversöhnung noch nicht bekehren wollte. Das ist eine verlogene Schutzbehauptung, weil man nichts anderes vorzubringen weiß, um die behauptete „Gefährlichkeit“ dieser biblischen Lehre zu begründen. Sie ist auch keineswegs „ungesund“ oder „einschläfernd“, sondern im Gegenteil äußerst erbaulich und motivierend. Leider hat man sie durch gezielte Propaganda über Jahre zu einem Popanz aufgebauscht. Gerade weil es so wenige Vertreter der Allversöhnung gibt, ist es leicht, auf sie einzudreschen. Aber es ist auch äußerst feige, und wir wissen ja, dass Gott die Feigen verabscheut (Offb.21:8). Perfiderweise wird aber gerade den Brüdern, die an die Allversöhnung glauben, Feigheit und Unwahrhaftigkeit unterstellt, weil sie sich nicht sofort zur Allversöhnung bekennen, sondern aufgrund der vielen Ablehnung vorsichtig geworden sind. Man unterstellt ihnen z.T. eine „subversive Maulwurfstätigkeit“, wenn sie sich in Einzelgesprächen freimütig zur Allversöhnung bekennen. Um nicht immer wieder aus Gemeinden ausgeschlossen zu werden, haben viele aber inzwischen ganz darauf verzichtet, sich zur AV-Lehre zu bekennen. So wie ja auch Johann Albrecht Bengel mal gesagt haben soll: „Wer sie [die Allversöhnung] nicht erkennt, ist ein Ochse, wer sich aber zu ihr bekennt, ist ein Esel“. Als der Bruder Jung-Stilling im 18. Jh. nach einem Namen suchte, wie er seinen Freundeskreis von Verstoßenen nennen wollte, angesichts all der Anfeindungen von anderen Christen, nannte er ihn: „Die Stillen im Lande“, angelehnt an einen Psalm Davids: „Ich werde Dich preisen in der großen Versammlung, unter zahlreichem Volke Dich loben. Lass sich nicht über mich freuen, die ohne Grund mir feind sind… Denn nicht vom Frieden reden sie; und gegen die Stillen im Lande ersinnen sie trügerische Dinge“ (Psalm 35:18-20).
Wenn sich jedoch mal einer aus der Deckung wagt und sich freimütig zur biblischen Allversöhnung bekennt, dann riskiert man heute, von allen ausgegrenzt und ausgeschlossen zu werden, egal ob man von Gott eine klare Berufung hat zum Predigen oder Lehren und dazu entsprechend begabt wurde. Wie der HErr klopfen wir geächteten Brüder vergeblich an die Türen der Laodizea-Gemeinde, um Einlass gewährt zu bekommen (Offb.3:20). „Wer hat unserer Verkündigung geglaubt, und wem ist der Plan des HErrn offenbar geworden?“ (Jes.53:1). Wie oft hat man mir vorgehalten, ich möge mich doch mal fragen, warum nur so wenig Christen an die Allversöhnung glauben, und ich solle mich doch mal selbstkritisch fragen, ob nicht schon allein dies ein Beweis sei, dass sie gar nicht von Gott sein könne, da der Heilige Geist sie doch dann allen geoffenbart hätte. Dann entgegne ich immer wieder, wie viele denn die Auferstehung des HErrn Jesus erwartet hatten unter all Seinen Jüngern. Und genauso wie damals, würde auch ich den Gläubigen heute vorhalten: „Oh ihr Unverständigen und trägen Herzens, zu glauben an alles, was die Propheten geredet haben!“ (Luk.24:25). Wenn Martin Luther sich an der Mehrheitsmeinung der damaligen Christen orientiert hätte, dann würde wir vielleicht nie eine Reformation gehabt haben, sondern noch im finsteren Mittelalter leben.
Immer dann, wenn die Gemeinde des HErrn in den letzten 2000 Jahren auf gutem Wege war und eine herzliche Bruderliebe bestand unter Gottes Volk, haben auch viele Brüder die Allversöhnung erkannt und wurden von den anderen nicht nur toleriert, sondern auch genauso wertgeschätzt wie alle anderen. Das war z.B. in den ersten drei Jahrhunderten der Fall, in welcher ein Großteil der Gläubigen an die Errettung aller Menschen glaubte, z.B. Theophilos, Klemens, Origenes, Gregorius von Nazianz, Diodor von Tarsus, Gregorius von Nyssa, Theodoret, Fakundus, Theodor von Mopsuestia. Andere Gemeindeväter sahen die AV zwar nicht, aber sie standen der Lehre wohlwollend gegenüber (Ignatius, Irenäus, Ambrosius, Didymus, Chrysostomus, Hieronymus). Genauso war’s dann auch in der Reformation (16.Jh.) und im Pietismus in Europa (17.-18. Jh.), dass viele bibeltreue Gläubige an die Allversöhnung glaubten und es unter ihnen zu einer großen Erweckung kam: Martin Bucer, Hans Denk, Johann Wilhelm Petersen, Christian Gottlieb Pregitzer, Michael Hahn, Friedrich Christoph Oetinger, Johann Albrecht Bengel, Jung-Stilling, Johann Christoph Blumhardt und sein Sohn Christoph Friedrich Blumhardt. Der HErr Jesus übte keinerlei Kritik an Philadelphia (Bruderliebe), sondern sagte ihr nur: „Halte fest, was du hast bis Ich komme“. Während Er die verderbenbringenden Irrlehren Bileams (Hurerei mit der Welt), der Nikolaiten (Klerikalismus) und Isebels (katholischer Götzendienst) scharf kritisierte, verlor Er kein einziges kritisches Wort über die Smyrna- und Philadelphia-Gemeinden. Die schärfste Kritik indes erhielt indes die Laodizea-Gemeinde (heutige Freikirchen und Evangelikale), da sie von sich glaubten, nicht mehr auf die Väter der Gemeinde zu hören, da sie mit all ihrem Wissen eine Art Deutungshoheit und Wahrheitsmonopol zu besitzen glaubten; und das sehen wir ja heute.
In einer Ausgabe des Heftes „Der schmale Weg“ schrieb Bruder Lothar Gassmann über Matth.13 und stellte darin das „Unkraut“ als „die Ungläubigen“ hin. Der HErr meint aber damit vom Teufel besäte Gläubige. Weltmenschen werden überhaupt nicht gesät, sondern nur Christen. Der Irrtum ist überaus verbreitet, es ist aber eine Verleumdung der Ungläubigen, und Verleumdung ist in jedem Fall schwer schuldhaft. Leider denken sehr viele Antiallversöhner, dass man solchen, die sowieso verloren gehen, den bürgerlichen Anstand vorenthalten oder ungestraft Unrecht antun darf. Am Unrecht der Allversöhnung nehmen auch sehr achtbare Laodizea-Christen mit vorbildlichem Lebenswandel teil. Die Krankheit von Laodizea ist der Sauerteig der Pharisäer. Der Sauerteig der Sadduzäer ist die Krankheit der Bibelkritischen. Der Sauerteig des Herodes breitet sich durch die Enthüllungen und Verschwörungstheorien im Internet immer weiter unter den Christen aus. Heute ist ja bei vielem gar nicht mehr feststellbar, was wahr oder was Lüge ist. Auch das hemmungslose Richten/Urteilen und die Unfähigkeit, gerecht zu denken und zu urteilen, erfasst immer mehr echte Gläubige. Zu den Aufgaben des Propheten Elia, der vor dem zweiten Kommen des HErrn Jesus die Gemeinde wiederherstellen und vorbereiten soll auf den HErrn, damit sie nicht „mit dem Bann geschlagen werde“, gehört es, dass er „die Herzen der Söhne zu den Vätern wenden“ wird (Mal.3:24), d.h. dass sich die Nachgeborenen wieder mehr für die Weisheit ihrer Glaubensväter interessieren und ihrem Vorbild nacheifern. Schon jetzt haben einige Brüder damit begonnen, die Texte der Kirchenväter wieder zu lesen und stellen überraschend fest, wie aktuell sie auch für die heutige Zeit Anwendung finden können und sollten. Solche Brüder haben bereits vom HErrn Augensalbe gekauft und Buße getan wegen ihres Hochmuts zu glauben, dass sie bereits allen Reichtum an Wissen und Erfahrung besäßen und keiner Korrektur mehr bedürften (Offb.3:17-19).
Die Hure Babylon wird die Irrlehre von der unendlichen Höllenqual zum Anlass nehmen, die sog. „fundamentalistischen“ Christen allesamt als grausame Fanatiker zu verleumden, die kein gesundes Rechtsempfinden hätten, sondern lieber an einen erbarmungslosen Gott glauben. Und dann könnten sich auf einmal viele Christen schämen, aber keine Zeit mehr haben, zu einem gesunden Bibelverständnis umzukehren. Stattdessen könnten sie den Glauben an die Inspiriertheit der Heiligen Schrift aufgeben und sich wie damals die sog. „Deutschen Christen“, die sich 1933 völlig gleichgeschaltet Hitler ergeben hatten, dem kommenden Führer unterwerfen. Dieser Abfall der Christenheit ist in 2.Thes.2:3 schon angekündigt. Es sind jene „Sterne“, die durch den Wind des Zeitgeistes vom Himmel fallen werden (Offb.6:13).
B. Widerlegung der Argumente von T. Zimmermanns und Dirk Schürmann
Gemäß der kirchengeschichtlichen Auslegung der Sendschreiben in Offb. 2 und 3 befinden wir uns heute in der letzten Gemeindeausprägung vor der Rückkehr des HErrn, nämlich der von LAODIZEA („Volksgerechtigkeit“). Zuvor entstand im 17. und 18. Jh. in Deutschland mit dem Pietismus eine Erweckungsbewegung, die sich konsequent auf die Bibel gründete und die Erkenntnisse aus der Reformation in die Tat umsetzte. „In dieser Gemeinde mit dem Namen PHILADELPHIA („Bruderliebe“) in der man im freien Gespräch der Brüder die Bibel betrachtete (der Anfang der späteren Bibelstunde), gewann man daraus die innige Liebe zu Gott und zum HErrn Jesus und aus deren erbarmender Liebe zu allen Geschöpfen (Ps.145:9) die Bruderliebe zu allen Menschen: die zu den engsten Glaubensbrüdern, zu den Namenchristen, zu den in Sünde versklavten Menschen, zu den anderskirchlichen Christen, zu den Heiden, zu den von allen gehassten Juden, zu den im Himmel befindlichen Gläubigen, zu den Engeln und viele auch zu den gestorbenen Menschen – d.h. zu den Brüdern in Christus und zu den Brüdern in Adam, im Himmel auf Erden und unter der Erde. Diese Gemeinde erhielt vom HErrn ebenso wie die SMYRNA-Gemeinde (Offb.2:8-11) nur Lob ohne Tadel (Offb.3:7-13). In ihr wurde die Allversöhnungslehre von vielen anerkannten Christen geglaubt und (in zurückhaltender Weise) gelehrt – ganz so wie schon in der Smyrna-Gemeinde. Auch wurde die Allversöhnungslehre damals ebenso wie der Calvinismus und der Arminianismus allgemein toleriert“ (Bernd Fischer, „Die große Verleumdung Gottes“, 2020, S.1).
Leider hatten die Philadelphia-Christen mehrheitlich nicht über das 19. Jh. hinaus an dieser Bruderliebe festgehalten, wie der HErr ihnen gebot, sondern es entstand bald darauf die heutige Laodizea-Christenheit (Evangelikale) mit ihrem Elitebewusstsein („Sauerteig der Pharisäer“) und ihrer völligen Fehleinschätzung über ihren tatsächlichen Zustand in den Augen Jesu (Offb.3:14-20). Dabei wurde der biblische Schwerpunkt vom Lebenswandel in Liebe und Gerechtigkeit als sichtbares Zeichen der Wiedergeburt (1.Joh.2:29, 4:7) immer weiter verschoben – hin zu einem einmaligem Bekehrungserlebnis und zu einem bloßen Bekenntnis zur Lehrauffassung der eigenen Gruppierung. Wie zu der Zeit Jesu hat sich heute wieder eine allgemein anerkannte Führerschaft über das Volk Gottes herausgebildet, die sich ähnlich wie die Pharisäer damals das Recht herausnimmt allgemeinverbindlich zu entscheiden, wie die Bibel auszulegen sei. Und wer nach ihrer Auffassung als „Irrlehrer“ zu gelten habe, wird dann von dieser Führerschaft in Büchern verketzert, so wie es damals der Vatikan durch seine Bann-Bullen tat.
Anstatt sich also wie zu der Zeit der Apostel gemeinsam an einem Ort zu treffen, „um diese Sache zu besehen“ (Apg. 15:6), nimmt jede Parteiung sich das Recht heraus, eigenmächtige Anathemas über die jeweils andere Gruppe zu verhängen und fördert dadurch immer weiter die Spaltung im Leibe Christi. „Die da sprechen: Bleibe für dich und komm mir nicht näher, denn ich bin heiliger als du: Diese sind ein Rauch in meiner Nase, ein Feuer, das den ganzen Tag brennt“ (Jes.65:5). Nachdem ich vor ein paar Monaten z.B. dem Br. Lothar Gassmann eine ausführliche Stellungnahme zum Thema Allversöhnung geschickt hatte, bekam ich von ihm die kurze Antwort: „Lieber Simon, […] Die Argumente sind mir natürlich längst bekannt. Dennoch sehe ich es von der Bibel her anders. Schalom, Dein Lothar“. Inwieweit er es anders sah, wollte er mir nicht mitteilen, sondern verwies auf ein Buch von Br. Thomas Zimmermanns, in welchem dieser gegen die Allversöhnung Stellung bezog. Ich habe mir dieses und auch ein weiter Buch gegen die Allversöhnung von Bruder Dirk Schürmann durchgelesen und möchte die darin enthaltenen Argumente hier mal im Folgenden der Reihe nach veröffentlichen, um ihre Stichhaltigkeit und Belastbarkeit an Hand der Heiligen Schrift zu prüfen.
1. Unterstellungen und Vorurteile
1.1. Gefühle als Maßstab
Von Seiten der Allversöhnungsleugner wird den Vertretern der Allversöhnung immer wieder unterstellt, dass sie sich bei ihrer Positionierung von ihren Gefühlen leiten lassen anstatt von der Heiligen Schrift: „Man macht seine Gefühle zum Maßstab der Beurteilung: Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ein Gott der Liebe Menschen für ewig im Feuer brennen lässt; … ‚Ich kann mir nicht vorstellen‘ – das ist in jedem Fall ein schlechter Lehrmeister bei der Auslegung der Bibel“ (Dirk Schürmann in „Versöhnung statt Allversöhnung“, 2020, S.116). Wie einfach, wenn es so wäre. Tatsächlich handelt es sich hier aber um eine plumpe Unterstellung, durch die man es sich zu leicht macht. Denn so wie alle Kinder Gottes geht es auch den an die Allversöhnung glaubenden Geschwistern um nichts anderes als um die Wahrheit des geoffenbarten Wortes Gottes. Welch ein Selbstbetrug wäre es, wenn sich Christen eigenmächtig über das Zeugnis der Schrift hinwegsetzten und einfach nur ihren Gefühlen nachgäben! Dann aber könnten sie genauso gut ihren Glauben an die Gültigkeit der Heiligen Schrift aufgeben, wenn sie ihre eigenen Wünsche zum Maßstab ihres Glaubens machen würden.
Grundsätzlich ist nicht immer falsch, gelegentlich sein Bauchgefühl zu nutzen, wenn man z.B. in der Mathematik zu einem Ergebnis kommt, das einem unwahrscheinlich vorkommt. Da aber Gefühle täuschungsanfällig sind, können sie nur als erster Eindruck dienen, um einen Verdacht zu wecken, aber nicht ein gründlicheres Prüfen ersetzen. Bezogen auf die Allversöhnung hat es gar den Anschein, dass man sich seitens ihrer Gegner eine völlige Enthaltsamkeit aller natürlicher Empfindungen auferlegt hat, so wie es etwa die Wachleute in den Konzentrationslagern taten, aus Angst ihre vermeintliche Pflicht zu verletzen. Dies gelingt freilich nur durch das rhetorische Vermeiden einer klaren Sprache und damit einem Verzicht auf Wahrhaftigkeit.
1.2 „Menschlichkeit“, „Humanismus“
„Aus lauter Menschlichkeit und intellektuellem Feingefühl weist man die Idee einer ewigen Hölle von sich“ (Arthur E. Wilder-Smith, „Allversöhnung: Ausweg oder Irrweg?“, 1985, S.44). Auch hier wird wieder unterstellt, als würde es einem Allversöhner gar nicht um die Wahrheit gehen, weshalb man ihn deshalb gerne in die Nähe des aufklärerischen Humanismus rückt, der eine Vervollkommnung des Menschen ohne göttliches Einwirken für möglich hält. Sich selbst bescheinigt man dadurch indirekt eine völlige Unempfänglichkeit vor emotionalen Einwirkungen. Man gibt vor, nüchtern und unbestechlich zu sein, während die Allversöhner nicht bereit wären, „jeden Gedanken gefangen zu nehmen unter den Gehorsam des Christus“ (2.Kor.10:5). Stattdessen seien sie offen für Philosophie, und stellen ihre Maßstäbe von Gerechtigkeit und Menschenliebe über die des Wortes Gottes.
1.3 Exegetisches „Zurechtbiegen“
„Haben sie das Wort Gottes akzeptiert und sich ihm unterworfen oder haben sie es sich so lange zurechtgebogen, bis es so gesprochen hat, wie sie sich Gott vorgestellt haben“ (Schürmann, S. 117). Die Unterstellung, dass die AV-Vertreter sich das Wort Gottes „zurechtbiegen“ würden, ist zwar aus Sicht ihrer Gegner verständlich, aber nüchtern betrachtet ein sehr schwerer Vorwurf. Denn damit behauptet man ja, dass diese Brüder bewusst das Wort Gottes verfälschen würden, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Aber selbst, wenn dies nicht absichtlich, sondern nur faktisch – aber ungewollt- geschähe, würde dahinter eine mangelnde Liebe zur Wahrheit stecken und ein damit verbundenes, billigendes Inkaufnehmen von Irrtümern zur Durchsetzung der gewünschten Aussage (2.Kor.4:2). Die Unterstellung einer solchen Motivation fällt aber unter das Verbot des bösen Richtens (1.Kor.4:5). Die Liebe unterstellt dem Nächsten aber nichts Böses (Röm.13:10), sondern „glaubt alles“.
1.4 Origenes, der Erfinder der Allversöhnung?
Eine Spielart der Manipulation, die gerne auch bei sog. Aufklärungsbüchern oder Dokus verwendet wird, ist die angebliche, pseudo-sachliche Betrachtung einer Lehre unter Maßgabe ihres willkürlich behaupteten Ursprungs. So wird ja z.B. von Seiten der Wissenschaft der Ursprung der biblischen Geschichte nicht aus der Bibel selbst abgeleitet, sondern bei den Sumerern vermutet, von denen die biblischen Autoren angeblich abgeschrieben hätten (tatsächlich war es genau anders herum). Oder – um ein weiteres Beispiel zu nennen – sagen die Adventisten ja, dass der Ursprung des Sonntagsgottesdienstes auf Kaiser Konstantin zurückginge, weil er trotz seiner Bekehrung angeblich immer noch dem Kult der unbesiegbaren Sonne huldigte. Tatsächlich hatten aber schon die Apostel sich am ersten Tag der Woche versammelt (Apg.20:7, 1.Kor.16:2), was auch die Gemeindeväter Barnabas und Justin bestätigten.
Eine solche Geschichtsklitterung gibt es auch in Bezug auf die Allversöhnung. Man versucht es so darzustellen, als ob erst Origenes (185-254 n.Chr.) der „Erfinder“ der Allversöhnungslehre sei, obgleich sich auch frühere Kirchenväter, z.B. Clemens von Alexandria (150 – 215 n.Chr.), und sogar selbst Paulus dazu bekannten, dass Gott ein „Retter aller Menschen“ sei (1.Tim.4:10). Origenes war also nicht ein Erfinder, sondern ein FINDER der Allversöhnung. Er wurde zwar 552 n.Chr. von der Katholischen Kirche als Ketzer verurteilt, aber das wurden auch andere, wie z.B. Jan Hus und Martin Luther. Zu seinen Lebzeiten war Origenes von sämtlichen Christen der Urgemeinde als Bibellehrer hoch angesehen, selbst bei seinen Kritikern. Er hat zahlreiche Bibelkommentare geschrieben und die frühe Christenheit vor falschen Lehren beschützt. Sein Glaube an eine „Wiederherstellung aller Dinge“ gab zu seiner Zeit nie Anlass zu Streit, wohl aber seine Überzeugung, dass der HErr Jesus Seinem Vater untergeordnet sei gemäß 1.Kor.15:28. Auch trifft es nicht zu, dass er der Gnosis nahestand, obgleich man bei ihm schon auch platonische Einflüsse feststellen konnte.
Immer wieder wird den Allversöhnungsvertretern unterstellt, sie hätten sich nicht vom Wort Gottes, sondern von menschlicher Philosophie beeinflussen lassen (Kol.2:8). Eine substantiierte Herleitung für diesen Vorwurf bekommt man indes nicht. Stattdessen werden nur vage Begriffe wie Parsismus, Theosophie oder Gnosis in den Raum geworfen, um durch die negative Besetzung dieser Begriffe eine Vorverurteilung zu bewirken, damit man sich gar nicht erst aufgeschlossen und unvoreingenommen von der Bibel her mit dieser Lehre beschäftigt. Schon allein das Wort Philosophie hat eine negative Konnotation bei uns Bibelgläubigen, obwohl der Begriff selbst ja eigentlich etwas durchaus Biblisches ausdrückt, nämlich die Liebe zur Weisheit, durch die wir unseren himmlischen Vater erfreuen (Spr.29:3). Das Buch des Predigers ist im Grunde ein philosophisches Buch, indem es die höchste menschenmögliche Weisheit ohne Gottesoffenbarung beschreibt.
1.5 Pädagogische Unwahrhaftigkeit
Dirk Schürmann berichtet in seinem 2020 erschienen Buch von „manchen Allversöhnern“, die „gar meinen, Gott habe nur aus pädagogischen Gründen von einem ewigen Feuer oder von der ewigen Verdammnis gesprochen“ (S.118). Zurecht wirft er diesbezüglich die rhetorische Frage auf, ob „Gott es denn nötig habe, durch Unwahrhaftigkeit ein ‚pädagogisches Ziel‘ zu erreichen?“ Hier wäre im Gegenzug zu fragen, ob Schürmann glaubt, dass etwa die Allversöhner es nötig hätten, durch Unwahrhaftigkeit ihre Lehre zu behaupten. Denn faktisch gibt es wohl keinen einzigen Vertreter der Allversöhnung, der diese Meinung vertritt. Es ist sicherlich nicht abzustreiten, dass Gott selbst Lehrirrtümer zulässt (wie z.B. der Glaube, dass Christus der Sohn Davids sei), aber es würde Seinem Wesen widersprechen, wenn man Ihm unterstellte, Er würde sie absichtlich gebrauchen, um Seine Kinder durch Vortäuschung falscher Tatsachen einzuschüchtern und dadurch zu erziehen (1.Sam.15:29).
Wenn der HErr bei Seinen treuen Nachfolgern Irrtümer zulässt, dann bestenfalls zu dem Zweck, um sie vor Schaden zu bewahren. So haben wohl die meisten Seiner Jünger Ihn damals missverstanden, als Er sagte: „Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis alles dieses geschehen ist“ (Mark.13:30). Viele sahen die Erfüllung in der Eroberung Jerusalems im Jahr 70 und haben die anderen Vorhersagen einfach vergeistigt. Erst im 19. Jh. setzte sich mit der Brüderbewegung allmählich die Erkenntnis durch, dass man all die detaillierten Hinweise in der Prophetie unmöglich alle vergeistigen könne (z.B. die Ellenmaße für den Tempelbau in Hesekiel 40-47), und es erfüllte sich die Verheißung in Dan.12:4, dass sich die Erkenntnis zum Ende hin mehren würde. Dennoch sehen wir an diesem Beispiel, dass Gott gerade im Bereich der Prophetie (zu der im Prinzip auch die Allversöhnung zählt) Er es über Jahrhunderte zulassen kann, dass die Gläubigen in Unwissenheit sind.
1.6 „Gott Vorschriften machen“
Weil der US-amerikanische Pastor Rob Bell nüchtern feststellt, dass Gott nach Ansicht der meisten Christen heute „unnachgiebig Strafen über Menschen verhängt“ und dass dies „keine besonders gute Geschichte“ sei, folgert Bruder Schürmann daraus: „Folglich schreibt er Gott sozusagen vor, wie Er zu sein habe, wenn Menschen an Ihn glauben sollen“ (Schürmann, S.137). Diese polemische Formulierung, „wir dürften Gott keine Vorschriften machen“, hört man immer wieder und offenbart, mit welcher Abschätzigkeit den Brüdern der Allversöhnung mangelnde Gottesfurcht unterstellt wird. Genauso wenig, wie ein Mensch das All mit sich selbst versöhnen kann, weil dies nur Gott selbst vermochte (weshalb schon die Bezeichnung „Allversöhner“ unzutreffend ist), genauso wenig könnte ein Mensch Gott irgendwelche „Vorschriften machen, wie Er zu sein hat.“ Dieser Vorwurf soll wohl davon ablenken, dass Gott selbst sich vorgeschrieben hat, wie Er sein will, und hat uns Sein Wesen geoffenbart: „Barmherzig und gnädig ist der HErr, langsam zum Zorn und groß an Güte; Er wird nicht immerdar rechten und nicht ewiglich nachtragen“ (Ps.103:8-9). Es kann also gar keine Rede davon sein, dass wir Gott irgendetwas „vorschreiben“, sondern wir dürfen Gott einfach nur beim Wort nehmen. Würde diese Beschreibung des Wesens Gottes irgendwann aufhören, dann würde sich Gott selbst verleugnen, was aber nach 2.Tim.2:13 unmöglich ist.
1.7. Kann Gott heute „barmherziger“ sein?
Der Schriftsteller Thomas Zimmermanns, der früher mal Rechtswissenschaft studierte, unterstellt mit Strohmann-Argumenten den die Allversöhnung erkennenden Brüdern, dass sie angeblich über die Schrift hinausgehend „vielfach mit persönlichen Inspirationen, Erleuchtungen und Privatoffenbarungen“ die AV begründen würden (Zimmermanns, „Allversöhnung – Was sagt die Bibel dazu?“, 2008, S.15). Ich kenne persönlich niemanden, der dieses tut, und auch der Rechtswissenschaftler Zimmermanns versäumt es hier, Zeugen zu benennen. Des Weiteren meint er, Allversöhner zu kennen, die glauben, dass „Gott im Laufe der Heilsgeschichte barmherziger geworden sei und an den in der Bibel angedrohten ewigen Strafen nicht mehr festhalte“ (Zimmermanns, S. 13). Auch diese Darstellung soll wohl den Eindruck erwecken, als würden sich die Allversöhnungserkennenden von außerbiblischen Eindrücken leiten lassen, anstatt vom Wort Gottes.
Während es für ihn nun ein Leichtes ist, festzustellen, dass unbiblische Inspirationen nicht von Gott sein können, ist es für Bruder Zimmermanns deutlich schwerer, über Gottes Barmherzigkeit zu schreiben, da er wohl selber merkt, dass er sich widerspricht, wenn er mit Hebr.13:8 an die Unwandelbarkeit Gottes erinnert (S.13). Denn gerade der Umstand, dass Gott in der Vergangenheit genauso barmherzig war wie in der Zukunft, widerlegt ja die These, dass Gott irgendwann kein Erbarmen mehr haben könne mit den unbekehrt Gestorbenen.
2. Propaganda
Während man dem nicht wirklich bekannten Gegner alles nur erdenklich Böse zutrauen kann und dies durch Unterstellungen auf diesen projiziert, halten Parteien ihre Leute geschickt durch unterschwelliges Eigenlob und Selbstbestätigung zusammen („Wir sind die eigentlichen Bibeltreuen!“). Ein wirklicher Dialog durch das gleichberechtigte Teilen von anderen Erkenntnissen, um möglicherweise auch mal Neues zu lernen, findet außerhalb der eigenen Grenzen heute kaum mehr statt. Verständlich, – denn andernfalls müsste man ja sein – als sicher geglaubtes – Lehrgebäude immer wieder infrage stellen und korrigieren, was mit sehr viel Demütigung und Selbstverleugnung verbunden wäre. Stattdessen ist es viel angenehmer, sich mit den eigenen Leuten gegenseitig der eigenen Rechtgläubigkeit zu versichern. Dies kann auf Dauer kaum ohne Manipulation und Selbstbetrug gelingen, zumal man neben Angriffen von außen auch immer von inneren Selbstzweifeln angefochten wird („Kann ich das eigentlich wirklich glauben wollen?“).
2.1 Kann das Opfer Christi geschmälert werden durch zu viele Erlöste?
Immer wieder wird der Vorwurf erhoben, an die Allversöhnung Glaubende hätten angeblich „den wahren Charakter der Sünde zu wenig verstanden“ und hätten auch keine ausreichende Vorstellung von „Golgatha, wo Gott die Sünde an Seinem eigenen Sohn strafte… das übersteigt bei weitem unsere Vorstellungskraft, und doch ist es völlig wahr“ (Schürmann, S.127, 129). Wer meint, Christus habe uns letztlich nur von einer zeitlichen Strafe erlöst, der schmälert nach Ansicht von Dirk Schürmann das Werk des HErrn Jesus, „das uns in Wahrheit nicht von einer nur zeitlichen, sondern von einer ewigen Strafe erlöst hat. Die Härte und die Dauer der Strafe machen deutlich, wie ernst Gott über Sünde denkt… Je mehr wir unsere Sündhaftigkeit und Verdorbenheit im Licht der Heiligkeit Gottes erkannt haben, desto mehr werden wir verstehen, dass wir es verdient haben, für immer aus der Gegenwart Gottes ausgeschlossen zu sein und Seinen ewigen Zorn und die ewige Pein zu erleiden“ (Schürmann, S.150-151). Was für eine brillante Rhetorik! Ohne Frage zählt sich Bruder Dirk Schürmann zu jenen, die in dieser Tiefe des Verständnisses eingedrungen sind und deshalb verdientermaßen das Plädoyer für eine endlose Qual im Feuersee halten dürfen.
Wenn man den Ausführungen des Bruders folgt, müsste man zu dem Schluss kommen, dass der HErr Jesus gar nicht gekommen sei, um die Welt zu erretten, sondern um sie zu verdammen (Joh.12:47). Gott erschuf scheinbar die Menschheit nur deshalb, um sie später in alle Ewigkeit zu quälen und habe dies nur dadurch moralisch rechtfertigen können, indem Sein Sohn starb, um einer winzigen Schar von Auserwählten gnädig zu sein. Eine „zeitliche Strafe“ empfinget Dirk Schürmann als eine Schmälerung des Werkes Christi, dabei ist es doch nüchtern betrachtet genau anders herum: Der HErr Jesus soll nach der Vorstellung der Antiallversöhner nicht den vollen Lohn bekommen für all Sein Leid am Kreuz von Golgatha, sondern mit einer mickrigen Schar von Erstgeborenen schon zufrieden sein (Hebr.12:23). Wenn nicht die Menge an Erlösten („wie der Sand, der am Ufer des Meeres ist“), sondern die Verweildauer der Ungläubigen im Feuersee die Frucht wäre, an der sich der HErr Jesus „von der Mühsal Seiner Seele sättigen“ werde (Jes.53:11), dann war der Sinn von Golgatha nicht die Errettung der Menschen, sondern eine fragwürdige Rechtfertigung, die übrigen Menschen für ewig und ohne Gewissensbisse quälen zu dürfen.
2.2 Euphemismus = Verharmlosende Rede
Wenn man etwas Unsägliches erträglich erscheinen lassen möchte, dann kann man dies mit Sprachbildern tun, die das eigentliche, um das es geht, verhüllen oder gar vertuschen sollen. Hitler nannte z.B. die Vernichtung der Juden in Europa die Endlösung. Damit suggerierte er, dass es ein lästiges Problem gäbe, für das er eine endgültige Lösung gefunden habe, um sich dieser Last zu entledigen. So wird auch das kaltblütige Zerstückeln von Kindern im Mutterleib heute euphemistisch verharmlost als Schwangerschaftsabbruch, so als würde man eine Urlaubsreise vorzeitig abbrechen. Gibt es aber noch etwas Grausameres und Schrecklicheres als eine ewige Quälung im Feuersee?
Man mag es kaum glauben, aber den Verfechtern einer endlosen Höllenqual gelingt sogar das Kunststück, dieses unvorstellbare Leid noch mit geradezu zynisch wirkenden Vergleichen zu relativieren und mit banalen Dingen des täglichen Lebens gleichzusetzen: „Müssen wir nicht manchmal unser Leben lang wegen eines kleinen Fehlers die Folgen tragen? Ein kleiner Fehler im Straßenverkehr kann schwerste Verletzungen mit lebenslangen Behinderungen zur Folge haben oder sogar das Leben auf der Erde beenden und hat somit unvorstellbare, nicht wiedergutzumachende Konsequenzen … Warum sollten endliche Sünden nicht ewige Folgen nach sich ziehen, wenn wir doch ein ähnliches Prinzip überall beobachten können“ (Schürmann, S.129-130). Der Denkfehler, dem Bruder Schürmann hier erlegen ist, besteht in der falschen Grundannahme, dass der Mensch durch unglückliche Zufälle seinem Schicksal ausgeliefert sei und er entweder Glück oder Pech haben kann. So mag vielleicht die Welt denken, aber der HErr Jesus hat uns gelehrt, dass Gott für alle Geschicke der Menschen am Ende einen gerechten Ausgleich schaffen wird: der lebenslang benachteiligte Lazarus wird auf dem Schoß Abrahams getröstet, während der sorglose, reiche Mann am Ende das gleiche Leid erdulden muss, das er zu seinen Lebzeiten dem Lazarus wie selbstverständlich zuerkannt hat, ohne selbst für einen Ausgleich zu sorgen.
Eine an Zynismus kaum zu überbietende Verschleierung der tatsächlichen Sachlage stellt die Verwendung des Wortes „respektieren“ im Zusammenhang mit der äonischen Höllenstrafe dar, das genauso unehrlich ist, wie das Verb „entscheiden“. Der Jurist Zimmermanns verwendet sogar beide Tätigkeitsworte im selben Satz: „Gott erzwingt die Durchsetzung dieses Willens aber nicht, sondern Er sucht eine freiwillige Entscheidung des Menschen und respektiert, dass Menschen sich gegen Ihn entscheiden und nicht zu Ihm umkehren“ (Zimmermanns, S.14). Was zunächst ganz plausibel klingt, hält einer gründlichen Prüfung anhand von Gottes Wort nicht stand (Joh.15:16, Röm.9:16). Die Worte „respektieren“ oder „Entscheidung“ stehen noch nicht einmal in der Bibel, zumindest nicht im Zusammenhang mit Bekehrung.
2.3 Die Kriminalisierung der Ungläubigen
Die Vorstellung, dass sich die Menschen angeblich „gegen Gott entscheiden“ hat mit der Realität nichts zu tun und trifft allenfalls nur auf richtige Satanisten zu. Kein Mensch, der nicht an Gottes Existenz glaubt, entscheidet sich dadurch gegen Gott, denn man kann sich nur für oder gegen jemanden entscheiden, wenn man überhaupt von der Existenz dieser Person ausgeht. Hier in Deutschland glauben die meisten Menschen aber noch nicht einmal an die Existenz Gottes. Ihr Unglaube hat also gar keine moralische Kategorie, denn es hat nichts mit Bosheit zu tun, wenn man an etwas nicht glaubt, sondern mit mangelnder Überzeugtheit. In anderen Religionen glauben die Menschen sogar an einen Gott, aber sie halten aus Unkenntnis nur jeweils ihren Gott für den einzig wahren. Man kann also auch ihnen nicht vorwerfen, dass sie sich „gegen Gott entschieden“ hätten, denn sie glauben ja durchaus an den Gott, der ihnen verkündigt wurde. So einfach ist es eben nicht, wie sich manche Gegner der Allversöhnung das vorstellen.
Wenn wir von kriminalisieren sprechen, meinen wir damit ein unberechtigtes Bezichtigen eines Unschuldigen, den man durch eine Beschuldigung aufgrund eines neuen Rechtsverständnisses zum Verbrecher macht (Mt.12:7). Dieser Tatbestand liegt vor, wenn ich aus der Tatsache, dass „es keinen Gerechten“ gäbe, folgern würde, dass alle Menschen Verbrecher seien. Das glauben auch noch nicht einmal die Antiallversöhner, obwohl sie kein Problem damit haben, für eine menschenfreundliche Muslima dieselbe ewige Pein für gerecht zu empfinden wie für Adolf Hitler. Überhaupt leben viele solcher Christen in einem schizophrenen Verhältnis zu ihrer ungläubigen Umwelt: über den Gartenzaun plaudern sie mit dem Nachbarn über das trockene Wetter und den Baumbeschnitt, lachen gemeinsam über das Eichhörnchen, das sich immer aus dem Futternapf der Meisen bedient, und nach ein paar Jahren wird der Nachbar wegen eines Herzinfarkts abgeholt und verstirbt kurz darauf. Und die Christen zucken mit den Schultern und sagen: „Vielleicht hat er sich ja noch im letzten Moment bekehrt und bekommt die ‚Schächergnade‘. Und wenn nicht, dann tut’s mir ja leid für ihn, dass er jetzt ewig im Feuersee brennen muss. Schade eigentlich, – war immer ein netter Mensch, aber kann man halt nichts machen.“
Diejenigen, die eine immerwährende Qual im Feuersee billigen, haben keine Antwort auf die Vielfalt der menschlichen Schicksale, für die alle angeblich die gleiche Strafe vorgesehen ist. So viele Menschen in all den Ländern dieser Welt, die größtenteils nicht so ein komfortables Leben genießen durften, sondern mit Krankheiten, Trauer und Entbehrungen zu kämpfen hatten, die ihnen das Leben auf Erden verleidet haben! Nicht wenige von ihnen hatten – im Bilde gesprochen – die Hölle auf Erden erlebt und den Tod schließlich als Erlösung empfunden. Nach dem Dogma der Ewigverdammung sollen sie jetzt für immer weiterleiden, wenn sie den HErrn Jesus nicht zu Lebzeiten kennengelernt und angenommen haben. Sie haben keine Antwort auf die Frage, was dies eigentlich noch mit Gerechtigkeit zu tun haben soll. Aber – gelobt sei Gott – hat der HErr Jesus in den Seligpreisungen der Bergpredigt die Antwort offenbart, dass diese sich selbst dann noch erfüllen werden, wenn sie auch von der Mehrheit der Christen heute nicht geglaubt werden. Die meisten Ungläubigen sind geistig Lahme, Blinde, Taube und Verkrüppelte, die ohne Hoffnung das Leben irgendwie gemeistert haben und nicht das Vorrecht hatten wie wir, den HErrn Jesus kennen zu dürfen. Aber gerade für sie ist Er gekommen!
2.4 Die Gleichgültigkeit der „Gewinner“
Das eigentlich Erschreckende und Verstörende an den Überzeugungen der Vertreter einer ewigen Verdammnis ist das fehlende Unbehagen bei ihnen. Je mehr sie die Endlosigkeit der Höllenstrafe rechtfertigen, desto mehr ähneln sie jener gleichgültigen Hure, die zu Salomo sprach: „Weder mein noch dein soll es sein, zerteilet es!“ (1.Kön.3:26). Als Hiskia von dem Gericht über seine Nachkommenschaft hörte, sagte er: „Der HErr weiß was er tut; ich beuge mich Seinem Urteil. Wenn nur zu meinen Lebzeiten noch Frieden und Ruhe herrschen!“ (2.Kön. 20:19). Diese egoistische Gleichgültigkeit und Abgestumpftheit von Hiskia löste am Ende den Zorn Gottes aus, weil „sein Herz sich überhob“ und er dabei völlig „die Wohltat vergaß“, die Gott kurz zuvor an ihm übte (2.Chr.32:25). Wenn man glaubt, dass man selbst zu den glücklichen Gewinnern zählt, weil man sich durch eine rechtzeitige Entscheidung für Jesus ausreichend fürs Himmelreich qualifiziert habe, dann will man sich ungern den Platz an der Sonne mit jenen teilen, die erst viel später dazustoßen sollen („Futterneid“?). Beim Untergang der Titanic wurden viele mit dem Ruder weggestoßen vom Rettungsboot und ihrem sicheren Tod im Eismeer überlassen, weil man der Meinung war, dass das Boot sinken würde bei zu vielen Passagieren.
Dass Gott jeden Menschen zur Buße führen kann und will, trauen sie Ihm scheinbar nicht zu, obgleich Er doch auch sie selbst zur Buße zu bringen vermochte. Stattdessen halten sie an einem unbiblischen point of no return fest, den Bruder Thomas Zimmermanns in Pred.11:3 und Joh.9:4 belegt finden will. Er schreibt dazu: „Aus diesen Stellen wird man wohl folgern können, dass sich der von Gott abgewandte Zustand und die Bindungen an Sünde, Leidenschaften und Begierden nach dem Tod verfestigen und verewigen und eine Umkehr hiervon nicht mehr möglich ist… Es ist nicht anzunehmen, dass Gott denen, die im Zustand der Trennung von Ihm gestorben sind, die Gnade zur Buße geschenkt bekommen… Durch ein Erleiden der Strafe in Totenreich und Hölle kann es niemals zu einer freiwilligen Buße und zu einer freiwilligen Entscheidung für Gott kommen, da das Motiv einer Buße und Umkehr unter diesen Umständen nicht Liebe zu Gott sein würde, sondern nur der Wunsch, die Fortdauer der Leiden zu vermeiden.“ (S. 11)
Gelobt sei der HErr, dass wir nicht auf solche Mutmaßungen und Spekulationen angewiesen sind, denn die Bibel sagt uns ja genau das Gegenteil, nämlich dass die Menschen gerade durch die Gerichte Gottes die Gerechtigkeit erlernen (Jes.26:10). Wir können es ja aus eigener Erfahrung bestätigen, dass Gottes Züchtigungen uns zum Guten verändert haben, und so war es auch schon immer (Hebr.12). „Die Bewohner der Finsternis und des Todesschattens, gefesselt in Elend und Eisen: Weil sie widerspenstig gewesen waren gegen die Worte Gottes und verachtet hatten den Rat des Höchsten, so beugte Er ihr Herz durch Mühsal; sie strauchelten und kein Helfer war da. Da schrien sie zu dem HErrn in ihrer Bedrängnis, und aus ihren Drangsalen rettete Er sie. Er führte sie heraus aus der Finsternis und dem Todesschatten, und zerriss ihre Fesseln. Mögen sie den HErrn preisen wegen Seiner Güte und wegen Seiner Wundertaten an den Menschenkindern! Denn Er hat die ehernen Türen und die eisernen Riegel zerschlagen“ (Ps.107: 10-16). Vielleicht wird es eines Tages sogar genau anders herum sein, dass all jene, die während ihres ganzen Lebens immer nur auf der Verliererseite waren, weil sie durch ihr eigenes Verschulden von einem Elend ins nächste fielen (häusliche Gewalt, Scheidung, Alkohol, Jobverlust, Spielsucht, Schulden, Drogen, Diebstahl, Gefängnis, Krankheit), dass diese nach ihrem Tod zum HErrn Jesus finden (Joh.9:35-39), während all jene, die sich ihres Platzes am Tisch des HErrn schon sicher glaubten und kein Erbarmen hatten mit den Verlorenen, hinausgeworfen werden (Mt.8:11-12). Sagte der HErr nicht, dass die Letzten Erste sein werden und die Ersten Letzte sein würden?
2.5 Der „Lebzeiten“-Wahn
Obwohl nirgendwo in der Bibel steht, dass die Gnade und das Erbarmen Gottes ein Verfallsdatum haben, sondern im Gegenteil bezeugt wird, dass Seine Güte ewiglich währt (Psalm 136, Klag.3:22-33), glauben dennoch die meisten Christen, dass Gott den Menschen nach dem Tod nicht mehr die Möglichkeit geben würde, den HErrn Jesus aufzunehmen, um errettet zu werden. Nur wer zu Lebzeiten an den HErrn Jesus gläubig geworden ist, könne noch von Gottes Gnade profitieren, aber mit dem Tod sei dann die Gnadenfrist abgelaufen und damit alles aus und vorbei. Man stellt sich Gott scheinbar wie einen verzweifelten Viehbesitzer vor, der hilflos mit ansehen muss, wie eines Nachts sein Stall lichterloh brennt und er nur einige wenige Kühe vorher noch befreien konnte. Er wollte sie zwar alle retten, aber sie waren zu dumm, rechtzeitig den brennenden Stall zu verlassen. In diesem Fall wäre Gott theoretisch der tragischste Versager aller Zeiten und Seine Weisheit und Allmacht nur noch schöne Worte ohne Bedeutung.
Einige Allversöhnungskritiker sehen das Lebensende von Ungläubigen hingegen eher wie das Verstreichen einer Frist, die zwar den meisten gar nicht bekannt war, aber über die sich die Ungläubigen ja rechtzeitig hätten informieren können, nach dem Motto: „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“. Thomas Zimmermanns schreibt: „Aber selbst wenn man annehmen wollte, dass solche Menschen noch zur Buße fähig und willig seien… setzt dies voraus, dass der Mensch diese Gnade zu Lebzeiten in Anspruch nimmt; nach dem Tod ist dies ausgeschlossen“. In diesem Fall würde sich Gott wie ein unerbittlicher und fast schon arglistiger Versicherungsvertreter verhalten, der zu den Menschen, die nicht an Ihn geglaubt hatten, sagen würde: „Tut mir schrecklich leid, aber Sie haben dummerweise die Frist nicht eingehalten, um den Schaden geltend zu machen, deshalb können wir leider nichts mehr für Sie tun, so dass Sie mit den Folgen ihrer Untätigkeit nun leben müssen“.
Wenn man bedenkt, dass die Menschen ja alle liebend gern die Gnade und das Heil in Christus rechtzeitig angenommen HÄTTEN, WENN es ihnen glaubwürdig erschienen wäre und ihr Unglaube ja nur dadurch begründet war, dass die Botschaft für sie einfach nicht glaubwürdig klang (was nicht zuletzt auch an der Behauptung einer ewigen Höllenqual lag), dann muss man feststellen, dass die Annahme des Heils für sie nie in erreichbarer Entfernung lag. Die Welt spottet heute sogar über diese Vorstellung. In Douglas Adams Roman „Per Anhalter durch die Galaxis“ erfährt die Menschheit eines Tages, dass ihr Planet von einer außerirdischen Raumflotte zerstört werden muss, um einer galaktische Hyperraumexpressroute Platz zu machen. Als sich daraufhin die Erdbewohner darüber beschweren, teilt man ihnen mit, dass die Pläne zum Bau der Hyperraum-Umgehungsstraße bereits seit 50 Jahren in dem für die Erde zuständigen Planungsamt auf Alpha Centauri lagen, so dass genug Zeit für eine formelle Beschwerde gewesen wäre. Doch die Erdlinge ließen eine Beschwerdefrist fruchtlos verstreichen, obwohl das Planungsamt doch nur vier Lichtjahre entfernt war.
Der Denkfehler bei der Frage, ob es einmal ein Zu-spät geben werde, besteht darin, dass man nicht genauer fragt: „Für was?“ Es gibt ja sehr wohl eine „Zeit der Annehmung“ bzw. einen „Tag des Heils“ (Jes.49:8), und dieser Tag ist „jetzt“ (2.Kor.6:2). „Heute, wenn ihr Seine Stimme höret, verhärtet eure Herzen nicht“ (Hebr.4:7). „Suchet den HErrn, während Er sich finden lässt“ (Jes.55:6). Der HErr lässt sich aber nicht immer finden. Jerusalem hatte z.B. „die Zeit seiner Heimsuchung nicht erkannt“ (Luk.19:44). Und dann hat der HErr sie verstockt und sie für 2000 Jahre auf ein Abstellgleis gestellt (Hos.3:4). Aber Er bestimmt auch den Zeitpunkt für das Ende der Verstockung (Röm.11: 25, 5.Mo.30:3). Er hatte schon dem Propheten Hosea geoffenbart, dass die Wiederbelebung Israels „nach zwei Tagen“ (d.h. nach 2000 Jahren) geschehen und Er sie „am dritten Tag aufrichten“ werde (Hos.6:2-3), d.h. im Tausendjährigem Reich. Und so wie mit Israel hat Gott auch für die ungläubig Gestorbenen einen Zeitpunkt festgelegt, an welchem Er sie aus dem Feuersee befreien wird (Hes.16:53, 29:14, Jer.48:47, 49:6+39).
2.6 Verdrehung der Tatsachen
Ein bewährtes Propagandamittel in jeder Sekte und jeder Diktatur ist das Schüren von Furcht vor den Gegnern. Der natürliche Mensch unterliegt immer einem Herdentrieb und passt sich deshalb tendenziell immer lieber der Mehrheit an aus Angst davor, an den Rand gedrängt oder gar ausgeschlossen zu werden. So mag es auch heute viele Geschwister geben, die gerne an die Allversöhnung glauben würden, aber sich nicht zu ihr bekennen wollen aus Angst, von der Gemeinde ausgeschlossen zu werden (Joh.12:42). Denn wenn man hört und liest, mit welch harten Bandagen die Gegner der Allversöhnung zuweilen gegen ihre Vertreter zu Felde ziehen, kann man fast den Eindruck haben, es würde sich um einen offenen Kampf zwischen Licht und Finsternis handeln. So schreibt Dirk Schürmann: „Wir müssen uns konsequent distanzieren von einem falschen Evangelium und von einer Lehre, die das Werk des HErrn, sowie die Heiligkeit, Gerechtigkeit und Ehre Gottes angreift und die uns das Vertrauen in die Aussagen des Wortes Gottes nimmt“ (Schürmann, S.175). Für ihn ist die Allversöhnung „eine Lehre, die das wahre Christentum untergräbt und in der Lage ist, einmal erwachte Gewissen wieder in den Schlaf zu wiegen“ (S. 247).
Kann es eine Lehre geben, die mehr die Gerechtigkeit und die Ehre Gottes angreift als jene, die von einem Gott erzählt, der die Mehrzahl der Geschöpfe Gottes zu einem „ewigen Dasein ohne Gott, ohne Freude, ohne Licht und ohne Gemeinschaft“ verurteilt (S. 250)? Soll das die Lehre sein von dem „Vater der Erbarmungen und Gott allen Trostes“ (2.Kor.1:3), der „nicht will, dass auch nur EINER verloren gehe, sondern alle zur Buße kommen“ (2.Petr.3:9)? Ist es etwa nicht ein Frontalangriff auf die Gerechtigkeit Gottes, wenn behauptet wird, dass all die Bücher, in denen die Werke der Menschen aufgeschrieben wurden, nur zum Schein geschrieben wurden, weil Gott am Ende ohnehin über allen angeblich das gleiche unbarmherzige Urteil einer ewigen Verdammnis verhängen werde (Offb.20:12)? Und welche Lehre könnte wohl besser geeignet sein, die Ehre Gottes in den Schmutz zu ziehen, als jene, die aus Gott einen Heuchler macht, der Seinen Kindern Feindesliebe vorschreibt und nie aufhörende Vergebungsbereitschaft (Mt.5:44, 18:22), aber angeblich selbst irgendwann nicht mehr bereit ist, Seinen Geschöpfen zu vergeben? Eine Lehre, die dem allmächtigen Gott unterstellt, dass Er Sein Vorhaben, die ganze Welt zu retten als Lohn für das Leid Seines Sohnes, schon nach wenigen Jahren wieder aufgibt und sich mit einer vergleichsweise mickrigen Schar an Erlösten zufrieden gibt, obwohl sie doch sein sollte wie die Sterne des Himmels an Menge?
Vor dem Hintergrund all dieser lästerlichen Aspekte dieser Ewigen-Verdammungs-Lehre müsste man sich eigentlich fragen, ob man sich nicht vielmehr selbst von diesen Vertretern distanzieren muss, zumal sie auch noch den sektiererischen Anspruch hegen, für „das wahre Christentum“ zu sprechen bzw. dieses zu vertreten. Der Schriftsteller Roman Nies schrieb einmal treffend in einer Rezension zu Bruder Thomas Zimmermanns Antiallversöhnungsbuch: „Der Autor verbreitet statt der Lehre, die er angreift, dass alle Menschen im Lauf der Zeitalter am Ende doch in Dankbarkeit und Anbetung die Knie vor ihrem Heiland und Schöpfer beugen, die Gegen-Lehre, dass Gott nicht die Macht hat, den größten Teil der Menschheit davor zu bewahren in einer angeblich endlosen Hölle, die Gott selber geschaffen hat, für ihren Unglauben gestraft und gequält zu werden, in einer völlig sinnlosen Verunendlichung einer Existenz, deren Beginn sie nicht zu verantworten hatten. Diese Lehre stammt aus dem Heidentum, das an Götter glaubte, die den Menschen nicht wohl gesonnen sind. In der Bibel wird ein solcher Anti-Gott Satan genannt.“
Wenn es nicht Gott selbst wäre, sondern irgendein Mensch, den man solch ein Verhalten zugeschrieben hätte, dann würden selbst die Allversöhnungsleugner einen solchen als abgrundtief böse und verdorben ansehen. Da sie sich aber weigern, die vielen Zeugnisse von der Versöhnung Gottes mit allen Menschen am Ende der Zeit anzuerkennen, bleibt ihnen nur übrig, die Unvereinbarkeit einer unendlichen Höllenqual mit der Liebe Gottes in eine Unverstehbarkeit zu verklären. John N. Darby unternahm den Versuch eines verbalen Spagats, indem er schrieb: „Auf Seine Liebe zu verweisen und zu meinen, es sei deshalb auch Seine unausweichliche Pflicht, dementsprechend in einer ganz bestimmten Weise zu handeln, der Er sich gar nicht entziehen könne, so dass es unmöglich eine ewige Verdammnis geben könne, diese Vorstellung ist nicht nur falsch und unbiblisch, sondern auch unsinnig. Er ist Liebe, ja, aber Er ist vor allem Gott und handelt in Seiner Liebe nicht gezwungenermaßen, sondern frei und entsprechend Seiner Heiligkeit. Natürlich: Gott ist Liebe, aber Der, der Liebe ist, ist GOTT. Liebe ist ein Wesenszug Gottes und sagt uns, was Er ist. Aber die erste Frage lautet nicht: ‚Was ist Er?‘, sondern ‚Wer ist Er?‘ Er ist Gott und kann deshalb in Seiner Unumschränktheit handeln, wie Er will. ‚Alles was Ihm wohlgefällt, tut Er‘ (Ps.115:3).“ (Darby, „Es gibt eine ewige Verdammnis“, S. 29-31).
Man spürt deutlich, wie schwer sich Darby hier mit dieser Erklärung tat. Er versucht, auf Gottes Souveränität zu verweisen, übersieht dabei jedoch, dass Gott sich an Seinen Namen (d.h. Sein Wesen) gebunden hat und sich nicht selbst verleugnen kann (2.Tim.2:13). In dieser Hinsicht hat Er sich selbst also in Seiner Souveränität eingeschränkt. Er kann daher nur in Liebe und aus Liebe handeln, weil Er selbst die Liebe ist. Er kann auch nicht neu definieren, was Liebe ist, weil Er andernfalls kein Gott mehr wäre, dem man vertrauen kann. Ebenso kann Gott nicht einen anderen Maßstab für Gerechtigkeit haben als den unsrigen, denn dann würde Er ja mit zweierlei Maß messen, also selbst nach Seinem eigenen Maßstab ungerecht handeln (Spr.20:10). „Gerechtigkeit und Rechtsprechung sind Seines Thrones Grundfeste“ (Ps.89:14). Da eine maßlose Strafe aber gegen Gottes Gesetz verstoßen würde (2.Mo.21:24), könnte Sein Thron nicht mehr bestehen, wenn Er diese dennoch durchsetzen würde. Gott tut alles, was Er will, aber Er beugt nicht das Recht (Hiob 34:12). Sein erklärter Wille ist, dass alle Menschen errettet werden, und das tut Er auch.
2.7 „Am Ende auch noch der Teufel und die Dämonen“
Um bei den einfachen Lesern Empörung und Entsetzen hervorzurufen, bedient man sich immer wieder gerne der gruseligen Vorstellung, dass gemäß der Allversöhnung Gott auch noch das äußerste Extrem an Bosheit und Verdorbenheit am Ende erlösen würde, nämlich Satan selbst, der Inbegriff aller Schlechtigkeit: „Ein Teil der Vertreter der Allversöhnungslehre nimmt sogar an, dass auch der Teufel und die Dämonen nach einer langen Zeit der Strafe Buße täten und von Gott wieder angenommen würden“ (Zimmermanns, S.6). Bruder Zimmermans will hier scheinbar den Vorwurf insinuieren: „Hier seht Ihr’s doch: Die sind doch völlig verrückt geworden und schrecken vor nichts zurück! Sogar den Teufel wollen sie noch errettet wissen!“ Für Menschen mag man ja noch Mitleid empfinden, aber für den Urheber aller Bosheit und Schlechtigkeit verbiete sich doch sogar schon der Gedanke an eine spätere Begnadigung! „Solche Ausleger verkennen und verharmlosen völlig das absolut bösartige und zur Buße unfähige und unwillige Wesen dieser gefallenen Engel“ (Zimmermanns, S.16).
Ergänzend dazu wendet Dirk Schürmann ein, dass es für Engelwesen ohnehin keine Möglichkeit der Sühne und Vergebung geben könne, da es ja in Hebr. 2:16 heiße: „Er nimmt sich fürwahr nicht der Engel an, sondern der Nachkommen Abrahams nimmt Er sich an“. Ich hatte ja schon in Kapitel 8 erwähnt, dass die Stelle hier ungenau übersetzt ist. Wörtlich heißt es: „Denn Er ergreift doch sicherlich nicht Engel, sondern den Samen Abrahams ergreift Er“. Das griech. EPILAMBANOMAI ist nicht ein Annehmen (PROSLAMBANOo), sondern ein Ergreifen, und zwar durchaus gewaltsam (Mt.14:31, Luk.23:26), auch im Sinne eines Verhaftens (Apg.16:19), oder aber ein Fangen in der Rede (Luk.20:20+26). Gott hatte auch Israel nicht nur erwählt, sondern auch „ergriffen von den Enden der Erde her“ (Jes.41:8-9), und dennoch waren sie nicht die einzigen. Der HErr kam ja, um den ganzen KOSMOS zu retten, und zu diesem zählen auch die Engel (→1.Kor.4:9).
Dass der HErr Jesus auch für die Engel starb, um sie zu erlösen, ist eigentlich selbstverständlich, denn wenn Engel grundsätzlich auch sündigen können und sogar von uns gerichtet werden, dann brauchen sie genauso die Möglichkeit wie wir, Erlösung zu finden. Von den „Himmlischen (Dingen und Wesen)“ lesen wir, dass sie „durch bessere Schlachtopfer gereinigt werden“ als die irdischen Abbilder (Hebr.9:23), nämlich durch das Blut des Lammes Gottes. Deshalb werden Ihn ja auch die Himmlischen Wesen eines Tages alle ohne Ausnahme als ihren HErrn bekennen (Phil.2:10-11). Dies ist schon bei Joseph vorgeschattet, dem nicht nur alle Getreidegarben (Menschen) huldigen sollten, sondern auch Sonne, Mond und Sterne (1.Mo.37:9), d.h. die Himmelswelt. Alles soll „auf das Haupt hin zusammengefasst werden in dem Christus, was im Himmel und auf Erden ist“ (Eph.1:10). „‘Alles hast Du untergeordnet unter Seine Füße‘. Denn indem Er Ihm alles ausnahmslos untergeordnet hat, ließ Er Ihm nicht eines, dass Ihm nicht untergeordnet sei. Jetzt aber sehen wir Ihm noch nicht alles untergeordnet“ (Hebr.2:8). Dazu gehören auch die Feinde Gottes: „Selbst für Widerspenstige“ (Ps.68:18). Und dass es keine gewaltsame Unterwerfung, sondern eine Unterordnung aus völliger Überzeugung geben wird, finden wir in 1.Kor.15:25-28, wo sich der HErr Jesus am Ende genauso freiwillig Seinem Vater unterordnen wird, wie zuvor alle anderen Geschöpfe Seinen Füßen untergeordnet werden, damit am Ende „Gott alles in allen sei“.
Welch ein Triumph für das Lamm Gottes, dass Er am Ende HErr geworden ist über die Lebenden und die Toten (1.Kor.14:9), dass sogar Sein schlimmster Feind zitternd und gedemütigt zu Ihm angekrochen kommt, und Ihn um Gnade anfleht! Gerade er, der ständig das Handeln Gottes voller Skepsis kritisiert hat, soll am Ende eingestehen, dass er ein Narr war und durch seine Bosheit so viel Schaden angerichtet hat. Aber was für ein Ruhm und eine Ehre für die Liebe Gottes, dass Gott sogar ihm noch vergeben kann! – nach all dem, was er angerichtet hat. „Wem viel vergeben wurde, der liebt viel“ sagt der HErr Jesus (Luk.7:47). Diese Feindesliebe können wir wirklich nicht fassen.
Dass der Teufel am Ende Buße tun wird, finden wir im Buch Daniel, Kapitel 4 vorgeschattet: Aus Jes.14 wissen wir, dass der „König von Babel“ eine allegorische Umschreibung für den Teufel ist. Sein Denken und Handeln werden im Wort Gottes durch Nebukadnezar verkörpert und anschaulich gemacht. Auch dieser hat sich immer wieder überhoben und seine Macht seiner eigenen Überlegenheit zugeschrieben, anstatt sie Gottes Güte zu verdanken. Sein Imperium wird in einem Traum mit einem Baum verglichen, der bis in den Himmel reicht, so dass die Vögel des Himmels und die Tiere des Feldes bei ihm Zuflucht suchen (Dan.4:12, Hes.31:6). „Vögel des Himmels“ symbolisieren in der Schrift immer die dämonischen Geister (Luk.8:5, 13:19, Offb.18:2). Gott hatte ihm seine Überhebung angekündigt und ebenso auch seine Strafe und spätere Begnadigung, und genauso hatte es sich dann erfüllt (Dan.4:17-34). Wir lesen dort: „Und am Ende der Tage [vergl. Jer.23:20, 30:24, 48:47, 49:39, Hos.3:5] erhob ich, Nebukadnezar, meine Augen zum Himmel, und mein Verstand kehrte zu mir zurück. Und ich pries den Höchsten, und ich rühmte und verherrlichte den ewig Lebenden, dessen Herrschaft eine ewige Herrschaft ist und dessen Reich von Geschlecht zu Geschlecht währt“ (Dan.4:31). Wenn Gott sogar einen Mächtigen wie ihn, der die Menschen mit einem Feuerofen bedrohte, wenn sie nicht sein Bild verehrten, zur Buße leiten konnte, wieviel mehr kann Gott dann auch jeden anderen selbst noch nach dem Tod zur Buße leiten!
2.8 Der Wahn von der eigenen Rechtgläubigkeit
Wer an eine endgültige Verdammnis glauben will, der verändert sich oftmals genau in jenes falsche Bild, das er sich selbst von Gott gemacht hat und bekommt dann allmählich jene bösen Charakterzüge, die er zuvor Gott zugeschrieben hat: Härte, Ungeduld, Reizbarkeit, Verbitterung, Gleichgültigkeit, Egoismus, Größenwahn, Unerbittlichkeit und Grausamkeit. Mit anderen Worten: Er lässt immer weniger die Gesinnung des Geistes Jesu erkennen, nämlich „Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Sanftmut, Treue und Selbstbeherrschung“ (Gal. 5:22). Ich habe schon Brüder erlebt, die mir nach einem zweistündigen Gespräch über das Erbarmen Gottes noch nicht einmal mehr die Hand geben wollten zur Verabschiedung. So wie Gott uns in Sein Wesen verwandeln möchte durch den Wandel im Heiligen Geist, so möchte auch der Teufel die Menschen zurückversetzen in ein tierisches Wesen, das nur noch nach dem Recht des Stärkeren handelt.
Da auch der Teufel die Heilige Schrift gut kennt, kann er sie virtuos verwenden, um mit ihr Streit, Verbitterung und Spaltung zu rechtfertigen. Er findet dann bei solchen Gläubigen ein offenes Herz, die sich aus Nachlässigkeit nie mit den Rechtsgrundsätzen Gottes beschäftigt haben, wie wir sie im Gesetz Mose finden. Dort wird in 2.Mo.21-23 an Hand vieler Beispiele veranschaulicht, dass Gott ein Gott des Maßes ist, der für jedes Unrecht ein genau festgelegtes Maß an Strafe verhängt, damit der Mensch über seinen Fehler nachdenke und zum Umdenken gebracht werde. Wer nicht hören will, muss fühlen. Bruder Dirk Schürmann versucht indes, seiner Vorstellung vom Feuersee einen Sinn abzugewinnen: „Die immerwährende Strafe für die Unbußfertigen besteht darin, dass sie durch Erfahrung lernen müssen, was sie einst ablehnten. Als sie dem Zeugnis des Heiligen Geistes nicht glauben wollten“ (Schürmann, S. 248). Ja, sie sollen etwas LERNEN – aber WOFÜR NOCH?! Wozu sagt Gott, dass Er dem Gesetzlosen seine Fehler „vor Augen halten will“, wenn dieser überhaupt keine Chance mehr zur Buße bekäme (Ps.50:21)?
Wer an einen unbarmherzigen, unerbittlichen und gesetzlosen Gott glaubt, wird häufig selber immer unbarmherziger, unerbittlicher und gesetzloser. Der HErr Jesus sagt: „Sie werden euch aus der Synagoge ausschließen; es kommt aber die Stunde, dass jeder, der euch tötet, meinen wird, Gott einen Dienst darzubringen“ (Joh.16:2). Die Juden zur Zeit Jesu glaubten, sie würden für Gottes Ehre eifern, wenn sie jemanden töten, der sich als Sohn Gottes ausgab. Und so meinen auch viele Eiferer heute, dass sie Gott wohlgefällig sind, wenn sie Brüder aus ihren Gemeinden ausschließen, deren einziges „Verbrechen“ darin bestand, „allem zu glauben, was in dem Gesetz und in den Propheten geschrieben steht“ (Apg.24:4). In den letzten sechs Jahren wurde ich allein vier Mal aus Gemeinden ausgeschlossen, aber weiß mich in bester Gesellschaft mit vielen anderen Zeugen Jesu.
3. Die Gegenargumente
Wenn wir Argumente anhand von Bibelstellen prüfen, sollten wir dem Bruder, der unsere Auffassung nicht teilt, grundsätzlich zugutehalten, dass er seine Überzeugung aus der Hl. Schrift gewonnen hat und ihm nicht einfach unterstellen, dass er sie nur missbrauchen würde, um den Anschein zu erwecken, als würde seine Wunschlehre im Einklang mit der Bibel sein. Im Gegenteil sollten wir sogar immer davon ausgehen, dass nicht er sich irrt, sondern dass möglicherweise man selbst es ist, der sich irrt und deshalb grundsätzlich die Bereitschaft haben, sich nötigenfalls korrigieren zu lassen (Jak.3:17). Auch wenn es sehr schmerzlich ist, eine lieb gewonnene Sichtweise aufzugeben, sollten wir aus Liebe zur Wahrheit immer bereit dazu sein, damit der HErr uns von Irrtümern überführen kann.
Im Folgenden werde ich mal jene Bibelstellen besprechen, die Bruder Dirk Schürmann in seinem Widerlegungsbuch „Versöhnung statt Allversöhnung“ (2020) anführt, um die angebliche Haltlosigkeit der Allversöhnungslehre zu belegen.
3.1 Bibelstellen, die scheinbar für eine ewige Verdammnis sprechen
Mt.3:12 „…aber die Spreu wird Er niederbrennen in unauslöschlichem Feuer“
Wenn es sich bei der „Spreu“ um Menschen mit natürlichen Leibern in einem echten Feuer handeln würde, dann wäre die Qual dieser Leute zwar unvorstellbar groß, aber sehr kurz, da bei einer sehr hohen Temperatur die Körper-flüssigkeiten sofort verdampfen und die Zellen zerplatzen. Da der HErr Jesus jedoch von einer „äonischen Bestrafung“ spricht (Mt.25:46), soll mit dem unverlöschlichen Feuer auch eine dauerhafte, aber nicht endlose Qual in äonischem Maßstab ausgedrückt werden.
Jedoch gibt das griech. Verb KATA-KAI’Oo einen Hinweis, dass mit dem „Herab-brennen“ ein Ziel verfolgt wird, das zu einer Änderung ihres Wesens führt. Ganz ähnlich durchlaufen ja auch die Christen während ihres Lebens auf Erden ein „Herab-ändern“ (KAT-ALLA’SSOo), das mit ihrer Bekehrung beginnt, aber erst nach der Vollendung ihres Erdenlaufs „in der Enthüllung Jesu Christi“ (1.P.1:13) abgeschlossen wird. Die meisten Bibeln übersetzen dieses Wort zutreffend mit „versöhnen“. Denn ursprünglich hat man das Wort beim Tausch von Münzen gegen Ware gebraucht, wo ebenfalls durch die Änderung der Besitzverhältnisse eine beiderseitige Befriedung entsteht. Wer diese Herabänderung zu Lebzeiten nicht freiwillig an sich vollziehen lassen wollte, wird diese Wesensänderung auf schmerzhafte Weise durchmachen müssen.
Mt.7:23 „Und dann werde Ich ihnen bekennen: Ich habe euch nie erkannt; weicht von Mir, ihr Wirkenden die Gesetzlosigkeit (EÜ: Übeltäter)!“
Der HErr sagt hier nicht: „Tut mir leid, dass wir nie das Vergnügen hatten, uns kennenzulernen“, sondern Er macht durch Seinen Vorwurf, „Täter der Gesetzlosigkeit“ zu sein, deutlich, dass Er sie sehr wohl kannte, aber dass Er sie nun genauso verleugnet, wie sie Ihn über so viele Jahre verleugnet hatten durch ihre Gesetzlosigkeit (Tit.1:16). Dass Er aber überhaupt noch mit ihnen redet und ihnen ihre Gesetzlosigkeit „vor Augen stellt“ (Ps.50:21), ist ein starkes Indiz dafür, dass Er erzieherisch auf sie einwirken will. Auch den Pharisäern, denen der HErr ankündigte: „Wie solltet ihr dem Gericht der Gehenna (EÜ: Hölle) entfliehen?“ (Mt.23:33), gab Er dennoch Ratschläge für die Zeit vor dem Gehennagericht „Reinige zuerst das Inwendige … damit auch das Auswendige derselben rein werde“ (V.26), um ihnen das Gehennagericht zu lindern oder zu ersparen. Würde man einem Mörder kurz vor dem elektrischen Stuhl noch moralische Ratschläge geben, wenn man nicht glauben würde, dass das Leben nach der Hinrichtung weitergeht?
Mt.13:42 „… und werden sie in den Feuerofen werfen; dort wird das Weinen und das Zähneknirschen sein.“ (vergl. auch Mk.8:12, Lk.13:28).
Auch hier geht es nicht darum, die Gesetzlosen einfach zu vernichten, um sich ihrer zu entledigen, sondern das Feuer soll sie zum Weinen und zum Zähneknirschen führen. Weinen und Knirschen der Zähne (Mt.8:12, 13:42,50, 22:13, 24:51, 25:30, Lk.13:28) ist von denen gesagt, die in die äußere Finsternis (Mt.8:12, 22:13, 25:30) oder nach draußen (Lk.13:28) oder in den Feuerofen (Mt.13:42, 50) geworfen werden oder ihr Teil bei den Heuchlern bekommen (Mt.24:51). Das Weinen und Zähneknirschen kann zunächst Ausdruck von Wut und Empörung sein, das dann später aus Reue und Ärger über die eigene Torheit und Verruchtheit geschieht. Es ist im Prinzip derselbe Sinneswandel wie bei den Verbrechern am Kreuz, die zunächst beide am Kreuz Jesus schmähten (Mt.27:44, Mk.15:32), von denen der eine dann schon am Kreuz zur Buße fand (Lk.23:39-43). Dieser „Feuerofen“ (gr. KA’MINOS) ist also ein Ort der Besinnung durch „Feuerqual“, der den Menschen die Möglichkeit bietet, – so wie der eine Verbrecher schon am Kreuz und der reiche Mann im Feuer der Gehenna (Lk.16:23-28) – zur Reue und zum Umdenken zu gelangen. Denn würde es Gott allein um Rache gehen, dann hätte Er sie auch einfach nur vernichten können.
Mt.25:1-13 „5Weil aber der Bräutigam die Zeit hinzog, nickten alle ein und schliefen‹fortdauernd›… 10 …und die Tür wurde verschlossen. … 11 Später kommen auch die übrigen Jungfrauen und sagen: ‚HErr, HErr, tue uns auf‘. 12 Er aber antwortete und sprach: ‚Wahrlich, Ich sage euch: Ich kenne euch nicht!‘“
Die törichten Jungfrauen hatten zwar wie die klugen brennende Lampen (Lampe = bewusstes Leben im Hl. Geist, Bekenntnis, Zeugnis), aber sie hatten kein Reserveöl in ihren Behältern (Glaubensbewährung, Konsequenzen aus Glaubenserfahrungen), so dass ihre Lampen am Verlöschen waren. Ihre Nachlässigkeit bewirkte, dass sie die Entrückung verpassten. Der HErr bewertet ihr Verhalten jedoch als Torheit und nicht als Bosheit. Es waren keine falschen Christen, sondern „Jungfrauen“ (mit Christus Verlobte, nicht dem Weltleben Verfallene), die auf ihren HErrn gewartet hatten, aber die Gelegenheiten der bewussten Ausrichtung auf Heiligung und Selbstverleugnung „verschliefen“, so dass sie ungenügend vorbereitet am Ende ihres irdischen Lebens in den in 1.Thess.4:14 und 5:10 genannten Schlummerzustand im Himmel (Hebr.12:22-24) kamen, in dem die klugen Jungfrauen geistlich wach, dagegen die törichten geistlich bewusstlos sind. Im Unterschied zu jenen aus Mt.7:23 waren sie nicht bewusst „Wirkende die Gesetzlosigkeit“, sondern sie ließen sich als Törichte mittreiben im Strom der unter den Christen (und anständigen Weltmenschen) selbstverständlich mit gutem Gewissen üblichen Gesetzlosigkeit. Wenn sie in diesem Zustand in den Hochzeitssaal kämen und dort gemäß 2.Kor.5:10 offenbar( gemach)t würden, könnten sie nicht „bestehen vor dem Sohn des Menschen“ (Lk.21:36). Sie sind den Glaubensweg zwar als echte Jungfrauen gegangen, aber nicht als „Siegende“ (Überwinder) gemäß Offb.2:7, 17, 26; 3:5, 12, 21. So bleiben sie in ihrem Auferstehungsleib von der Hochzeit ausgesperrt, damit sie bis zur nächsten Entrückung klug werden können. Sie waren zwar grundsätzlich laut 1.Kor.8:3 vom HErrn (an)erkannt (griech. GINOo’SKOo), aber Er konnte sie im Entscheidungsmoment „kennen“ (gr. OIDA), weil sie wie die Braut im Hohelied unvorbereitet waren (Hohl.5:2-5).
Mt.25:46 „Und sie werden in die äonische (EÜ: ewige) Strafe hingehen, die Gerechten aber in das äonische (EÜ: ewige) Leben.“
Allein schon das griech. Wort KO’LASIS = Züchtigung, das als Verb (KOLA´ZsOo, strafen) in Apg.4:21 in Bezug auf den Hohen Rat verwendet wurde, der die Apostel „züchtigen“ wollte, macht schon deutlich, dass die „äonische Strafe“ ein Ziel verfolgt, nämlich die Besserung und Erziehung. Zur Definition von „äonischem Leben“ in Luk. 18:30 als „Leben im kommenden Äon“ (d.h. im 1000-Jahr-Reich) und der Entsprechung von „äonischer Strafe“ als Bestrafung innerhalb des kommenden Äons hatte ich ja bereits Stellung bezogen in dem Kapitel „Die unbelegbare Unendlichkeit“ und vermeide an dieser Stelle eine Wiederholung. Während die Bestrafung jedoch nur auf die Äonenzeit befristet ist, werden wir „allezeit bei dem HErrn sein“ (1.Thes.4:17), auch dann noch, wenn das äonische Leben nach dem kommenden Äon als ewiges Leben erhalten bleibt.
Mk.8:36 „Was wird es einem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewönne, aber seine Seele verlöre?“
In diesem Äon könnte man theoretisch die ganze Welt gewinnen, aber seine Seele verlieren. Aber im kommenden Äon kann man zwar nicht die Welt gewinnen, aber man kann sich als Verlorener vom guten Hirten finden lassen.
Mk.9:43-48 „…wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt“
Auch zur Bedeutung des Wurms hatte ich schon ausführlich Stellung genommen im Kapitel „Die Gerechten unter den Völkern“ und möchte eine Wiederholung vermeiden.
Luk.16:19-31 „23In dem Hades seine Augen aufschlagend, als er in Qualen war … 26‚Und zu alledem ist zwischen uns und euch eine große Kluft befestigt …‘ ‚28…Ich habe fünf Brüder, – dass er sie eindringlich warne, dass nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen!‘“
Der reiche Mann war wie Lazarus ein gläubiger Angehöriger des Volkes Israel, denn er sprach Abraham mit „Vater“ an und wurde von diesem als „Sohn“ bezeichnet (V.24-25). Der reiche Mann war also kein Ungläubiger, sondern wurde bestraft dafür, dass er sein „Gutes empfangen habe während seines Lebens“, ohne dabei an das Gebot in 5.Mo.15:7-8 zu denken, dass er dem Armen unter seinen Brüdern reichlich geben solle aus seinem Überfluss. Er hatte also kein ausreichendes Erbarmen mit Lazarus gehabt, obwohl er ihn jeden Tag vor seiner Tür leiden sah. Nun sollte er nach dem Grundsatz „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ am eigenen Leib zu spüren bekommen, welches Leid Lazarus erlitten hat und wie sich das anfühlt, wenn niemand einem hilft.
Dieses Wort ist auch für uns Christen sehr ernst, denn auch im Neuen Bund gilt, dass das „Gericht ohne Barmherzigkeit sein wird gegen den, der nicht Barmherzigkeit geübt hat“ (Jak.2:13). Ein Angehöriger des Volkes Gottes steht also in viel größerer Verantwortung als ein am Herzen Unbeschnittener (Röm.2:26-27), denn „wem viel gegeben ist, von dem wird auch viel verlangt werden“ (Luk.12:48). Es fällt auch auf, dass sämtliche Warnungen des HErrn vor der Gehenna sich allesamt an Angehörige des Volkes Gottes richten und keine einzige an Ungläubige (Mt.5:22,29-30, 10:28, 18:9, 23:15, Mark.9:43-47, Luk.12:5, 5.Mo.32:22, Hi.31:12). Die Gehenna ist nicht das gleiche wie der Feuersee, sondern ein Ort der Bestrafung innerhalb des Hades, der besonders für jene Frommen gedacht ist, die die Gebote Gottes kannten, aber sie ungenügend beachteten. In den Feuersee kommen Menschen aber erst nach dem Gericht Gottes (Offb.20:12-15).
Dennoch erfüllt aber auch die Gehenna einen Zweck, der über die bloße Vergeltung hinausgeht. Der Scheol (griech. Hades) ist der „Ort des Fragens und des Bittens“ (vom Hebr. Scha°a’L = fragen, bitten). Der Engelwächter in Jes.21:12 sagt zu jenen, die ihn in aus Duma („Totenstille“) gefragt hatten, wie lange die „Nacht“ noch andauert, u.a. „Wenn ihr fragen wollt, dann fragt! KEHRET UM, kommet her!“ Die hebr. Aufforderung Schu´BhU kann man auch mit „Bekehrt euch!“ übersetzen und findet sich z.B. in Jes.31:6 gleichlautend: „Kehrt um, ihr Kinder Israels, zu Dem, von Dem ihr so weit abgewichen seid!“ Auf die Frage: „Was muss ich tun, um errettet zu werden?“ warteten Abraham und Lazarus jedoch zunächst vergeblich, denn der reiche Mann war erstmal nur an einer Hafterleichterung interessiert und gab immer noch Befehle, als wäre Lazarus sein Laufbursche. Abraham erklärt ihm, dass die Zeit des Wünschens jetzt vorbei ist, da er sein Gutes ja bereits empfangen habe. Er redet aber auffallend milde zu ihm ohne Häme oder Vorwürfe, sondern versucht stattdessen, ihn zu eigenständiger Einsicht anzuregen. Hätte Abraham ihn für immer abgeschrieben, hätte er sich doch jede Erklärung sparen können. Überhaupt würde allein die Anwesenheit von Abraham und Lazarus in Sicht und Hörweite gar keinen Sinn machen, wenn sie nicht seelsorgerlichen Zwecken dienen würde. Sie sollten die Fragen beantworten, die Leute wie der reiche Mann stellen könnten.
Wir erfahren nicht, wie es mit dem reichen Mann weiterging; aber schon der kurze Dialog gibt Anlass zur Hoffnung: Nachdem der reiche Mann zunächst nur auf sein eigenes Wohlergehen bedacht war, bittet er auf einmal völlig uneigennützig um die Rettung seiner fünf Brüder (er hätte theoretisch sich ja auch wünschen können, dass sie zu ihm kommen mögen, um nicht allein zu sein im Hades). Diese Bitte konnte ihm aber nicht gewährt werden, weil der echte Glaube prinzipiell nicht durch Wunder entsteht, sondern durch die Predigt des Wortes Gottes (Röm. 10:17). Seine Bitte zeigt aber sein uneigennütziges Erbarmen mit seinen Brüdern; und „Erbarmen rühmt sich gegen das Gericht“ (Jak.2,13). Wichtig ist auch der Hinweis von Abraham, dass das Hören von Mose und den Propheten vor der Qual im Hades bewahren kann, wo doch heute allgemein die Meinung verbreitet sei, dass die Gebote Moses keine Rolle mehr spielen bei der Errettung (vergl. Mark,10:19).
Joh.3:16 „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass Er Seinen ein(zig)geborenen Sohn gab, damit alle, die an Ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern äonisches (EÜ: ewiges) Leben haben.“
Der Normalfall ist seit dem Sündenfall, dass die Menschen aufgrund ihrer Sünden, verloren gehen. Das griech. Wort AP-O´LLYMI bedeutet wörtlich (ins )Ab(seits)-verlorengehen bzw. -zugrundegehen. Ab der ersten Sünde, über die ein Mensch keine Buße getan hat, ist er im Grunde schon verloren und entfernt sich dann immer weiter mit jeder neuen Sünde – wie der „verlorene Sohn“ vom Vaterhaus. Aber gelobt sei der HErr, dass der HErr Jesus, gekommen ist, „um zu suchen und zu erretten, was verloren ist“ (Luk.19:10). Verlorensein ist also für den HErrn Jesus kein Hindernis, einen Menschen zu erretten, sondern sogar die Bedingung. Und nirgendwo in der Heiligen Schrift finden wir einen Hinweis darauf, dass der HErr Jesus irgendwann Seine Suche nach den Verlorenen vorzeitig aufgibt, sondern Er sucht sie so lange, bis Er sie gefunden hat.
Joh.3:36 „Wer an den Sohn treu( glaub)t, hat äonisches (EÜ: ewiges) Leben; wer aber dem Sohn unfügsam= unüberzeug(bar und unfolg)sam-(bleib)t, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihn (ausgerichtet).“
Auch hier besteht der Denkfehler darin, dass man ein unveränderbares Bleiben des Zornes voraussetzt. Dabei waren wir alle mal „Kinder des Zorns wie auch die übrigen“ (Eph.2:3) und können uns durch unerlaubtes Be- und Verurteilen erneut „Zorn aufhäufen am Tag des Zorns und der Enthüllung des gerechten Gerichts Gottes“ (Röm.2:5). Das griech. Wort PISTÄ’WOo, treu( sei)n, treu( bleib)en, treu( glaub)en, treu( gehorch)en, treu( anhang)en, glauben, trauen, vertrauen, habe ich hier ganz bewusst mal mit „treu( glaub)en“ wiedergegeben, da der Glaube ebenso wie die Treue keine einmaligen und unumkehrbaren Tatsachen schafft, sondern diese sich genauso umkehren können wie das Nichtgehorchen (Mt.21:28-31). Wer – auch als Wiedergeborener – seinen Bruder hasst, „hat das äonische Leben nicht mehr bleibend in sich“ (1.Joh.3:15). Und jemand, der dem Sohn Gottes nicht treu war, aber auf einmal anfängt, Ihm im Glauben treu zu werden, auf dem bleibt auch nicht länger der Zorn Gottes (Hes.33:13-16).
2.Kor.4:18 „… denn das Sichtbare ist befristet (EÜ: zeitlich); aber das Unsichtbare ist äonisch (EÜ: ewig)“.
Diese Gegenüberstellung kann – so wird gefolgert – doch nur bedeuten, dass etwas Äonisches unvergänglich sein müsse, da doch Zeitliches etwas Vergängliches meint. Das Adjektiv „befristet“ (gr. PRO´S-KAIROS = PROS + KAIRO´S) bedeutet wörtlich: (einer )Zeitspanne/Gelegenheit-zu(geordnet). Das griech. Wort KAIRO´S, Zeitpunkt, Zeitspanne, Frist, Gelegenheit steht für einen Zeitpunkt oder eine Zeitspanne, die man vergleichbar einem Termin oder einer Frist festgelegt hat, um für ein erforderliches Ereignis „gelegen“ zu sein. Das Wort äonisch (gr. AIOo´NIOS) stammt von gr. AIOo´N = Äon, Weltzeitalter, das gleichbedeutend ist mit dem hebr. Wort ~Ola´M. Dieses stammt von dem hebr. Verb ~aLa`M, verhüllen, und bedeutet „verhüllt(e Entwicklungszei)t“. „Äonisch“ bedeutet „weltzeitalterlich, (in )weltzeitalterlichem( Rahmen/Maßstab/Zeitmaßstab). Die Äonen haben einen Anfang (Apg.3:21, Apg.15:18) und ein Ende (Mt.13:39-40, 1.Kor.10:11, Hebr.9:26), sind also zeitlich begrenzt. Markante Aussagen zu den Äonen:
„der Vorsatz der Äonen“ (Eph.3:11); „vor jedem Äon und jetzt und hin(führend zu) all den (künftigen) Äonen“ (Judas 25); „vor äonischen Zeiten“ (Tit.1:2, 2.Tim.1:9); „vor den Äonen“ (1.Kor.2:7); „von den Äonen (an)“ (Eph.3:9); „von den Äonen (= Beginn der Engelwelt) und von den Generationen (= Beginn der Menschheit) (an)“ (Kol.1:26); „die (End)ziele der Äonen“ (1.Kor.10:11); „(die) zusammen(fassende) (Voll)endung der Äonen“ (Hebr.9:26); „(im )Hin-(blick auf) alle die Generationen (w.: Erzeugung(sfolg)en) des (überragenden = letzten )Äons der Äonen“ (Eph.3:21);
Ereignisse, die sich im Unterschied dazu auf den künftigen Äon beziehen, wie z.B. die Strafe im Feuersee, sind ihrer Natur nach noch unbestimmbar, zumal sie erst noch festgelegt werden müssen. Deswegen ist das hebr. Wort ~Ola‘M, das dem gr. AIOo´N, Äon, Zeitalter, entspricht und von ~ala’M = verhüllen abgeleitet ist, mit „verhüllt(e Entwicklungszei)t“ zu übersetzen. Die Äonen haben einen Anfang (Apg.3:21, Apg.15:18) und ein Ende (Mt.13:39-40, 1.Kor.10:11, Hebr.9:26), sind also zeitlich begrenzt.
2.Thes.1:8-9 „…, 8um Rechts-aus(üb)ung/ Rache zu geben denen, die Gott nicht kennen, und denen, die dem Evangelium unseres HErrn Jesus Christus nicht gehorchen; 9sie werden Strafe erleiden, äonisches (EÜ: ewiges) Verderben/Zerstörung vom Angesicht des HErrn und von der Herrlichkeit Seiner Stärke.“
„Vergeltung“, so argumentiert Schürmann (S.166), habe nichts mit „Besserung“ zu tun, sondern sei eine Abgeltung für das von jenen begangene Unrecht zur Wiederherstellung des Rechts. Und diese Strafe soll als „Verderben“ erlitten werden, d.h. eine Zerstörung bzw. Unbrauchbarmachung alles dessen, was sie besitzen. Mich erinnert dies daran, wie Gott den Ungehorsam der Kinder Israel bestrafte, indem Er sie in die Hand der Midianiter gab, die dann jedes Mal den gesamten Ertrag des Landes vernichteten, so dass Israel keine Lebensmittel mehr hatte (Richt. 6:1-6). Diese Maßnahme trieb Israel in die Verzweiflung, so dass sie zum HErrn schrien. Erst dann sandte Gott ihnen einen Retter. Leider glauben die meisten Christen, dass Gott sich irgendwann in Seinem Wesen und Verhalten völlig verändern würde, so dass er Seinen Geschöpfen kein Erbarmen mehr erweisen will, wenn sie zu Ihm schreien in der Not. Dabei ist eine reine Rache völlig sinnlos und wäre eines heiligen Gottes unwürdig, wenn sie damit nicht auch ein heilsames Ziel verfolgen würde, nämlich die Buße.
Hebr.6:4-6 „ 4Denn es ist unmöglich, die, welche einmal erleuchtet … 6und die dann abgefallen sind, wieder zur Buße (wörtl. Umdenken) zu erneuern, da sie für sich selbst den Sohn Gottes wiederum kreuzigen und dem Spott aussetzen.“
Das griech. Wort A’DYNATOS heißt wörtlich unvermögend, kraftlos, unfähig und entsprechend auch „unmöglich“. Doch hängt das Vermögen einer Sache letztlich immer davon ab, für WEN oder was sie unmöglich ist. So lesen wir z.B.: „Denn das dem Gesetz Unmögliche, weil es durch das Fleisch kraftlos war, tat Gott, indem Er Seinen eigenen Sohn…“ (Röm.8:3). Wenn es aber speziell um die Errettung eines Menschen geht, so ist es „bei Menschen unmöglich“, dass ein Reicher ins Reich der Himmel eingehe, „bei Gott aber sind alle Dinge möglich“ (Mt.19:26). Ich selbst habe ja die Erfahrung machen müssen, dass es in meiner Zeit des Abfalls für sämtliche Geschwister unmöglich war, mich zur Buße zu erneuern, weil ich völlig blind und verstockt war. Aber als die Zeit gekommen war, dass Gott mich erretten wollte, hatte es Ihm keine Mühe gemacht, mir die Augen zu öffnen und mich aus meinem verlorenen Zustand herauszuerretten. Lob und Dank sei Ihm dafür!
Hebr.9:27 „Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht.“
Dies ist wohl die am häufigsten angewandte Stelle, um die Allversöhnungslehre zu widerlegen, dabei steht sie bei genauerer Kenntnis der biblischen Allversöhnung gar nicht im Widerspruch zu dieser, sondern beschreibt ja lediglich, dass es für jene Menschen, die während ihres Lebens nicht zum Glauben gefunden haben, einmal eine Auferstehung zum Gericht gibt (Joh.5:24). Wie ich schon im Kapitel über 1.Petr.4:6 ausführlich dargelegt hatte, müssen selbst diejenigen, die sich erst nach dem Tod bekehrt haben, noch ins Gericht; aber sie werden nur „menschengemäß nach dem Fleisch gerichtet“, aber anschließend trotzdem noch gerettet. Die Vorstellung, dass das Gericht Gottes von vornherein eine Verurteilung in den Feuersee vorsieht, ist schon allein deshalb absurd, weil es dann keinen Sinn mehr ergibt. Wie schon in dem Artikel über die Gerechtigkeit Gottes dargelegt, hätte Gott – wenn die Schuld, die es zu ermitteln gilt, schon von Anfang an feststehen würde, – auch gleich auf ein Gericht verzichten können und mit den Menschen sofort kurzen Prozess gemacht, indem sie wie bei einem Stalinistischen Schauprozess nur noch einmal zum Schein ihre Schuld bekennen und dann gleich sofort abgeurteilt werden.
Judas 7 „… indem sie die Strafe des äonischen (EÜ: ewigen) Feuers leiden.“
Dass diese „Strafe äonischen Feuers“ für Sodom und Gomorra aufgrund mildernder Umstände verkürzt wird und die Leute von Sodom vorzeitig aus ihrer Gefangenschaft befreit und wieder in ihren früheren Stand eingesetzt werden, hatte ich ja bereits in Hes.16:53-63 nachgewiesen. Da der HErr nicht zweierlei Gerichtsmaß verwenden und niemanden im Gericht bevorzugen darf (5.Mo.25:13-14, Spr.20:23, Röm.2:6 -15), war Er durch die größere Schuld der Bewohner von Jerusalem – aber auch derer von Kapernaum (Mt.11:24) – genötigt, den Sündern aus Sodom und seinen Tochterstädten die Strafe des äonischen Feuers zu verkürzen. Und das dies selbstverständlich nicht nur für Sodom gelten kann, macht Judas deutlich, indem er Sodom ausdrücklich als „Beispiel“ erwähnt.
Dirk Schürmann kann diese offensichtliche Darstellung natürlich nicht gelten lassen und versucht deshalb, Sodom in Hes.16 nur als Name einer zukünftig zu errichtenden Stadt zu deuten: „Es geht hier nicht um die Individuen dieser Stadt, sondern um das kommunale Gebilde dieser Stadt.“ Ein „kommunales Gebilde“ kann aber weder beschuldigt werden, noch in Gefangenschaft geraten. Aber lesen wir weiter: „Es geht nur darum, dass es dort, wo einmal das Gericht stattgefunden hatte, wieder ein neues Sodom geben wird“ (D. Schürmann, „Versöhnung statt Allversöhnung“, 2020, S.244). Das ist natürlich papperlapapp, und man sollte eigentlich annehmen, dass der liebe Bruder das selber wissen sollte. Eine Stadt ist ja kein abstraktes „Gebilde“, sondern definiert sich durch deren Einwohner. Ein Gebilde kann nicht sündigen und bestraft werden, aber die Leute, die die Stadt bewohnen, schon. Und dem Namen „Sodom“ kann auch nicht die Reststrafe erlassen werden, aber den reuigen Sündern der Stadt, schon. Hes.16:53-63 ist daher der unwiderlegbarste Beweis FÜR die AV-Lehre.
Offb.14:10-11 „10… und er wird mit Feuer und Schwefel gequält werden vor den heiligen Engeln und vor dem Lamm. 11 Und der Rauch ihrer Qual steigt auf hin(führend zu) (einigen) Äonen (von mehreren) Äonen (EÜ: in alle Ewigkeit); und die das Tier und sein Bild anbeten, haben keine Ruhe Tag und Nacht…“
Über die Formulierung ÄIS AIOoNAS AIOo´NOoN = „hin(ein in) Äonen (von) Äonen“, hatte ich ja bereit im Kapitel „Die unbelegbare Unendlichkeit“ ausführlich geschrieben. Roger Liebi gibt zwar zu, dass der Begriff AIOo´N unbestimmbar ist, ist sich jedoch sicher, dass die obige Formulierung nichts anderes als eine absolute Unendlichkeit bedeuten könne. Auch Dirk Schürmann schließt sich dieser Auffassung an, zumal die ähnliche Redewendung an allen anderen Stellen mit zwei Artikeln – „hin(führend in) DIE Äonen DER Äonen“ – auch für Gott und Seinen Sohn verwendet wird (Offb.1:18, 4:9-10, 11:15). Die Bedeutung des Ausdruck „die Äonen der Äonen“ ist ganz einfach zu ermitteln, wenn man ihn mit analogen biblischen Formulierungen vergleicht. So wie (der) Herr (der) Herren (Offb.17:14; 19:16) der die anderen Herren überragende Herr und (der) König (der) Könige (Esra7:12; Hes26:7; Dan.2:37; Offb.17:14; 19,16) der die anderen Könige überragende König ist, der ihre Macht in sich zusammenfasst, so sind die (überragenden )Äonen der Äonen die die vorhergehenden Äonen überragenden Äonen, die das Ergebnis dieser Äonen in sich zusammenfassen. Es sind die letzten Äonen in der gesamten Zeit der Äonen, in denen „die (End)ziele der Äonen“ (1.Kor.10:11) auch praktisch erreicht werden. Eine Unendlichkeit der Äonen ist ebenso wenig wie bei den Königen gemeint.
Hierzu sei angemerkt, dass es sich bei dem Wort ÄIS = „hin(ein), hin( zu)“ um eine Präposition (Verhältniswort) handelt, das dem Verb „leben“ in Offb.4 eine Richtung zuweist, die ein Fortschreiten im Sinne eines „(Sein )Leb(en führ)en hin( zu) …“ ausdrückt. Es soll also keine Auskunft über die Dauer des Lebens geben, sondern die Richtung mitteilen, wohin dieses Leben fortschreitet: „Der (Sein) Leb(en führ)t hin(führend in)/hin(zielend auf) die (überragenden) Äonen der Äonen“. Und so verhält es sich auch mit dem „Rauch ihrer Qual“: „er steigt auf hin(führend in) (einige) Äonen (von mehreren) Äonen“. Gemeint sind mindestens zwei aufeinander folgende Äonen, also wohl beginnend im (oder vor dem) ersten Abschnitt des Regierens Jesu (= die 1000-Jahre) in der Gehenna des Feuers (= äonisches Feuer Mt.18:8-9) und nachfolgend noch eine individuell unterschiedliche Zeit im Feuer- und Schwefelsee.
Offb.20:15 „Und wenn jemand nicht geschrieben gefunden wurde im Buch des Lebens, so wurde er in den Feuersee geworfen“
Es gehört zu den Grundeigenschaften des HErrn, dass Er den Schuldigen „keineswegs ungestraft lässt“ (2.Mo. 34:6). Selbst für vergebene Sünde gibt Er oft noch Bestrafung wie bei den Kundschaftern (4.Mo. 14:20, 13, 36-37) und bei David nach seiner Ehebruch- und Mordsünde (2.Sam.12:13, 6, 11, 14, 18 + 13:28-29, 18:15, 1.Kön.2:25). So wie der HErr bei unserem Offenbartwerden vor Seinem Richterpodium auch Bestrafung über wiedergeborene Christen verhängt (Ps.62:13, Mt.16:27, Luk.12:47-48, Röm.2:6, 2.Kor. 5:10, Kol.3:25, 2:Tim.4:14, 1.Petr.1:17, Offb.2:23), wird Er auch bei denen, die nach ihrer Auferstehung vor dem großen weißen Thron im Buch des Lebens stehen und nach ihren Werken gerichtet werden (Offb.20:12), auch Strafe verhängen (Joh.5:29).
Viele Gläubige meinen, dass bei diesem Gericht nur pro forma im Buch des Lebens nachgeschaut werde, weil gar keiner darinstehe. Dieser Irrtum beruht auf unseren Bibeln, in denen z.B. die EÜ übersetzt: „22Denn wie in Adam alle sterben, so werden auch in Christus alle lebendig gemacht werden. 23Jeder aber in seiner eigenen Ordnung: der Erstling Christus; sodann die, welche Christus gehören bei Seiner Ankunft“ (1.Kor.15:22-23). Das Wort „Ankunft“ ist aber nur eine Nebenbedeutung des griech. Wortes PAR-OUSI´A, „Anwesenheit“, w.: An(wesend)-sein, (Da)bei-sein. Statt „bei Seiner Ankunft“ steht hier „in Seiner Anwesenheit“. Christus ist nach Seiner sichtbaren Wiederkunft (Epiphanie) die ganzen 1000 Jahre ohne Unterbrechung auf der Erde anwesend. Dies ist aus Hes.48:35 und Joel 4:21 ersichtlich und wird durch die Rabe-Taube-Prophetie 1.Mo.8:6-12 in V. 12 allegorisch bestätigt.
Während dieser ganzen 1000 Jahre werden die Menschen auf Erden („die übrig-gelassenen der Menschen“) und die im Totenreich („alle die Nationen(menschen), über die Mein Name angerufen worden ist“) „den HErrn aus(bis zum Erfolg)-suchen“ (Apg.15:17). Sobald sie den HErrn gefunden haben, werden sie ins Buch des Lebens eingeschrieben und gehören zu „denen des Christus in Seiner Anwesenheit“ (1.Kor.15:23). Durch ihr Gläubigwerden sind die auf Erden Lebenden und die im Totenreich Befindlichen schon „in dem Christus lebendig gemacht“ (1.Kor. 15:23), so wie Gott „auch uns, die wir in den Vergehungen tot waren, mit dem Christus lebendig-gemacht hat“ (Eph.2:5). Es werden also beim Endgericht die meisten Menschen im Buch des Lebens stehen und nur relativ wenige in den Feuersee geworfen werden.
Dabei fällt auf, dass der Feuersee nicht nur – wie die Gehenna – mit Feuer brennt, sondern auch zusätzlich mit „Schwefel“. Mir ist kein einziger Bibelkommentar bekannt, der auf die Rolle des Schwefels im Feuersee eingeht. Man nimmt schlichtweg an, dass der Schwefel die Wirkung des Feuers noch verstärken bzw. unterstreichen soll. Andere vermuten wohl wegen seines Geruchs – dabei riecht reiner Schwefel gar nicht, sondern nur in Verbindung mit anderen Stoffen wie Sauerstoff, Wasserstoff oder Eisen. Tatsächlich hat Schwefel aber sehr positive Eigenschaften, nicht nur als Dünger, sondern auch in der Medizin.
Die gesundheitsfördernde Wirkungsweise des Schwefels auf den Körper in Eiweißprodukten ist heute weitreichend erforscht und belegt. Er spielt eine wesentliche Rolle beim Stoffwechsel durch bestimmte Aminosäuren, fördert den Bewegungsapparat und dient der Abwehr von Viren und Bakterien. Vom Knoblauch wissen wir die reinigende Wirkung des Schwefels bei Arthrose, da Schwefel selbst an den entlegensten Orten im Darm die Placken zerstört und Schadstoffe wie Nikotin und Alkohol bindet. Geistlich betrachtet hat der „Schwefel“ also die Bedeutung von Reinigung durch Zerstörung von Hindernissen – genauso wie das „Feuer“, aber weitaus behutsamer. „Schwefel“ ist die Übersetzung des griech. Wortes ThÄION, das eigentlich das „Göttliche“ bedeutet. Es erinnert mich an das Wort Gottes, von dem es heißt, dass es „lebendig und WIRKSAM ist und schärfer als jedes zweischneidige Schwert, und durchdringend bis zur Scheidung von Seele und Geist, sowohl der Gelenke als auch des Markes, und ein Beurteiler der Gedanken und Gesinnungen des Herzens“ (Hebr.4:12).
Die Funktion des Feuersees besteht also darin, alles zu entblößen, das Wertlose zu vernichten, aber das Übriggebliebene zu reinigen, etwa wie beim Schmelzen, Sintern oder Destillieren. Der Mensch wird durch einen leidvollen, geistigen Prozess wieder „auf Werkseinstellung zurückgestuft“ (auf Neudeutsch: resettet). Erst durch diesen Läuterungsprozess wird er wieder fähig, die Gnade Gottes zu empfangen, da sie ansonsten verschwendet wäre (1.Kor.15:10, 2.Kor.6:1). Eine ganz ähnliche Läuterung machen wir als Christen ja auch heute schon durch, wenn auch in deutlich milderer Form. Gott fängt mit Seinen Gerichten im zuerst bei Seinem Haus an (Am.3:2, 1.Petr.4:17). „Jeder soll mit Feuer gesalzen werden“ (Mk.9:49). Das Wort Gericht, griech. KRI´SIS = (Ge)richt, Richten, (Be)urteilung, Urteil(sfind)ung/ -vollstreck)ung, und KRI´MA = Urteil; hebr. MiSchPa´Th = Recht, Rechts(durchführung), Rechts(norm), (Ge)richt, Richt(en), von gr. KRI´NOo; urteilen/ richten; hebr. SchaPha´Th, Recht( verschaff)en, Recht( sprech)en, richten, urteilen, bedeutet ein (Her)richten, (in die )richtig(e Stellung bring)en nach dem Maßstab des Rechts. Und das Wort „Ende“ in 1.Petr.4:17 (gr. TÄ´LOS, Ziel, Ende) bedeutet eigentlich das Endziel. Das Endziel Gottes, also Seine Absicht, Sein Plan ist aber nicht unendliche Qual der Ungläubigen, sondern deren Umkehr (Hes.18:23) und Wiederherstellung aller Dinge und Wesen (Apg.3:21), damit Gott am Ende „alles in allen sei“ (1.Kor.15:28).
3.2 Bibelstellen die offensichtlich für eine Allversöhnung sprechen
Da bereits viele Stellen genannt wurde, die die Allversöhnung biblisch belegen, soll es hier hauptsächlich um bisher noch nicht erwähnte Belegstellen gehen und insbesondere um jene Gegenargumente, die Dirk Schürmann anführt, um diese Stellen in ihrer Aussagekraft zu entschärfen oder umzudeuten.
Ps. 22:28 „Es werden eingedenk werden und zu dem HErrn umkehren alle Enden der Erde; und vor Dir werden niederfallen alle Geschlechter der Nationen.“
Interessant ist, dass hier nicht nur alle Enden der Erde zu einem bestimmten Zeitpunkt gemeint sind (etwa im Tausendjährigen Reich), sondern zugleich auch „alle Geschlechter der Nationen“, d.h. alle Generationen, die je auf Erden gelebt haben. So bezieht sich ja auch die Buße Israels in der Zukunft nicht nur auf die dann Lebenden, sondern auch ganz buchstäblich auf jene, die den HErrn Jesus durchstochen haben (Sach. 12:10-14). Sie werden also nicht nur geistig zu neuem Leben erweckt, sondern auch körperlich (Hes.37). Schürmann entgegnet hier, dass es sich in Sach.12 „um das Volk Israel an sich geht und nicht um Individuen“, zumal ja bei der Kreuzigung Jesu die meisten Stämme gar nicht mehr anwesend waren (S.232). Doch geht es hier zum einen sogar ausdrücklich um Individuen („und ihre Weiber besonders“). Und zum anderen wurde das Volk Israel zurzeit Jesu durch den Stamm Juda repräsentiert, weshalb auch der HErr Jesus und die Apostel die Juden als „Israel“ bezeichneten (z.B. Apg.2:22+36).
Jes. 45:22-24 „Wendet euch zu mir und werdet gerettet, alle ihr Enden der Erde! Denn ich bin Gott, und keiner sonst. Ich habe bei mir selbst geschworen, aus meinem Munde ist ein Wort in Gerechtigkeit hervorgegangen, und es wird nicht rückgängig werden, dass jedes Knie sich vor mir beugen, jede Zunge mir schwören wird. ‚Nur in dem HErrn‘, wird man von Mir sagen, ‚habe ich Gerechtigkeit und Stärke‘. Zu Ihm wird man kommen, und es werden beschämt werden alle, die wider Ihn entbrannt waren.“
Obwohl es sich um eine der wichtigsten Stellen handelt, die die Allversöhnung belegen, geht Dirk Schürmann gar nicht näher auf diese Verse ein, sondern erwähnt lediglich, dass die Rettung hier nur angeboten werde (S.214). Wenn man jedoch mal genau darauf achtet, wird der Schwur, den jede Zunge aussprechen wird, in Vers 24 ja genannt, nämlich: „Nur in dem HErrn habe ich Gerechtigkeit und Stärke“ [hebr. LI aMaR« wörtl. „zu mir hat Er gesprochen“, bzw. „hat Er mir zugesprochen“, und zwar vollkommene „Gerechtigkeit(s-verwirklichung) und Stärke“]. Solch einen Zuspruch kann aber kein Unerretteter für sich in Anspruch nehmen, sondern nur ein in Christus Gerechtfertigter. Wenn aber alle Zungen dieses Bekenntnis aussprechen, dann kann dies nur bedeuten, dass dann auch alle Geschöpfe Gottes, im Himmel, auf Erden und unter der Erde ihr Heil in dem HErrn Jesus bekennen (vergl. Phil.2:10-11).
Jes.46:10 „Der Ich von Anfang an das Ende verkünde, und von alters her, was noch nicht geschehen ist; der ich spreche: Mein Ratschluss soll zustande kommen, und all mein Wohlgefallen werde ich tun.“
Diese Stelle widerlegt die Behauptung, dass Gott sich zwar die Errettung aller Menschen vorgenommen habe, aber es letztlich nicht schaffen kann, da es Ihm angeblich nicht gelingen werde, alle Menschen auch zur Annahme ihres Heils zu bewegen. Dabei betont Gott immer wieder Seine uneingeschränkte Allmacht: „Siehe, ich bin der HErr, der Gott alles Fleisches; sollte mir irgendein Ding unmöglich sein?“ (Jer.32:27). „Alles was Ihm wohlgefällt, tut Er“ (Ps.115:3). „Alles, was dem HErrn wohlgefällt, tut Er in den Himmeln und auf der Erde, in den Meeren und in allen Tiefen“ (Ps.135:6). Gott ist derjenige, der in ganz souveräner und immer sinnvoller Weise entscheidet, wer wann gerettet werden soll (Apg.2:47), und sogar die Buße und der Glaube sind Gaben Gottes (Apg.11:18, Eph.2:8). Und „selbst für Widerspenstige“ (Ps.68:18), die sich jahrzehntelang auf Erden gegen das Evangelium zur Wehr gesetzt hatten, konnte Gott bisher jeden, den Er retten wollte, auch retten – selbst bei scheinbar unmöglichen Fällen: „Bei Menschen ist es [die Rettung eines Reichen] unmöglich, aber nicht bei Gott; denn bei Gott sind alle Dinge möglich“ (Mark.10:27).
Klag.3:31-32 „Denn nicht für äonisch (EÜ: ewig) verstößt der HErr, sondern wenn Er betrübt hat, erbarmt Er sich nach der Fülle Seiner Gnadenerweise.“
Bruder Schürmann betont, dass man diese Verheißung nicht aus dem Zusammenhang reißen dürfe, da dieser doch ganz klar vom gläubigen Überrest aus Israel sprechen würde (S.181). Das ist natürlich richtig; aber dieser Grundsatz gilt selbstverständlich nicht nur für Israel, sondern beschreibt ja Gottes grundsätzliche Einstellung zu Seinen Geschöpfen, die Er ohne Ansehen der Person alle gleichbehandelt. „Gott sinnt darauf, dass der Verstoßene nicht von Ihm weg verstoßen bleibe“ (2.Sam.14:14) – das konnte diese kluge Frau von Tekoa ganz allgemein über Gott sagen und es wie ein Prinzip Gottes feststellen. Gott steht für das Gute. „Er bereitet Schmerz und verbindet, Er zerschlägt, und Seine Hände heilen“ (Hi.5:18). Und das kann und wird sich auch nie ändern, weil Gott sich sonst selbst verleugnen müsste. Er kann ein Volk wie Israel vorübergehend bevorzugen, indem Er ihnen als erstes das Wort Gottes anvertraute (Röm.3:2). Aber letztlich bekommen alle dieselbe Begnadigung (Röm.11:32).
Mt.1:21 „…und du sollst Seinen Namen Jesus heißen, denn Er wird Sein Volk retten von ihren Sünden.“
Auf den ersten Blick scheint sich diese Verheißung nur auf das Volk Israel zu beschränken. Bedeutsam scheint mir jedoch, dass die Rettung ein Wesenszug Gottes geworden ist, weshalb ja auch die Taufe „im Namen Jesu“ erfolgen sollte, welches zugleich „der Name“ (Einzahl!) des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“ ist (Mt.28:19). Der Name „Jesus“ ist also zum Namen (d.h. Wesen) Gottes geworden in Christus. Es ist von nun an „kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben worden, in welchem wir errettet werden müssen“ (Apg.4:12). Dieser Name soll eines Tages von jeder Zunge bekannt werden (Phil.2:11). „Name“ (griech O´NOMA) bedeutet wörtlich das „Genannte“, d.h. alles was von einer Person gesagt werden kann. Der Name ist der (gute) Ruf einer Person. Und Gottes Ruhm soll fortan nur noch in Seinem Retterwesen bestehen (1.Tim.2:3). Und weil Gott Sein Retterwesen niemals verleugnen kann, wird Er auch nie aufhören, Menschen zu erretten. Und auch wir sollen als Nachahmer Gottes unsere Feinde lieben (Mt.5:44) und ihre Rettung anstreben. Aber würde der HErr etwa von uns etwas verlangen, was Er selbst eines Tages nicht mehr üben würde?
Mk.3:28-29 „Wahrlich, ich sage euch: Alle Sünden werden den Söhnen der Menschen erlassen (EÜ: vergeben) werden, und die Lästerungen, mit denen sie je lästern mögen. Wer aber gegen den Heiligen Geist lästert, der hat keine Erlassung (EÜ: Vergebung) in der Äon‹enzeit› (EÜ: Ewigkeit), sondern ist äonischer (EÜ: ewiger) Sünde schuldig.“ Ergänzend: Mt.12:32 „und wer ein Wort sagt gegen den Sohn des Menschen, dem wird erlassen werden; wer aber etwas sagt gegen den Heiligen Geist, dem wird nicht erlassen werden, weder in diesem ‹gegenwärtigen› Äon (EÜ: Zeitalter) noch in dem zukünftigen.“
„Erlassen“ (griech. APh-I´EMI), wörtl. ab-lassen, ‹da›von-lassen, ent-lassen, und Erlassung (griech. A´Ph-ÄSIS) zeigen deutlicher als vergeben, Vergebung, worum es hier geht. Es geht um Ab-lassen von Strafverfolgung und Erlassen der Strafe. Die in Mk.3:28 zugesagte Erlassung aller Sünden gilt für „die Söhne der Menschen“, d.h. für alle Menschen, sowohl für Gläubige wie zu Lebzeiten noch Ungläubige, und zwar im gegenwärtigen und im zukünftigen Äon – eine außerordentlich deutliche Verheißung der Allversöhnung. Weil vor „alle“ kein Artikel steht, also nicht „die alle“ = ausnahmslos alle, gibt es Ausnahmen von dieser Erlassung, nämlich für die Lästerung des Heiligen Geistes. (Diese Lästerung des Hl. Geistes kann nur einer begehen, der den Heiligen Geist hat). Wer diese Sünde begeht, bekommt dafür keine Erlassung der Strafe, sondern er muss die vollständige Strafe für diese Sünde (und vielleicht auch für alle anderen Sünden, die er begangen hat) büßen. Wie bei denen, die zu Lebzeiten keine Versöhnung mit ihrem Rechtsgegner gesucht haben (Mt.5:25), endet ihre Bestrafung erst dann, wenn sie den letzten Cent bezahlt haben (Mt.5:26). (Eine versöhnungs- und vergebungsbereite Haltung ist eine Form von Erbarmen, und nur „Erbarmen rühmt sich gegen das Gericht“ Jak.2:13).
Vergebung bedeutet den Verzicht auf eine berechtigte Bestrafungsforderung (Mt.6:12). Wer diesen Schulderlass aufgrund der Lästerung des Heiligen Geistes nicht erlangt, kann nicht auf vorzeitigen Straferlass hoffen im kommenden Äon – wie die anderen Menschenkinder (Mt.12:31-32), sondern muss seine Strafe absitzen „bis er den letzten Heller bezahlt hat“ (Luk.12:59, Mt.18:30). Da dies aber ausdrücklich nur für die Lästerung gegen den Heiligen Geist gilt, kann für die übrigen Sünden und Lästerungen der Menschenkinder doch nur gelten, dass ihnen entweder in diesem oder im kommenden Äon vergeben werden wird.
Luk.15:4 „Welcher Mensch unter euch, der hundert Schafe hat und eines von ihnen verloren hat, lässt nicht die neunundneunzig in der Wüste und geht dem verlorenen nach, bis er es findet?“
Die drei Gleichnisse in Luk.15 über ein verlorenes Schaf, eine verlorene Drachme und einen verlorenen Sohn geben uns verschiedene Aspekte vom Handeln Gottes mit „verlorenen“ Dingen oder Menschen. Allen gemein ist die Tatsache, dass diese nicht etwa nur „abgeirrt“ sind, sondern „verloren“ gegangen sind. Es ist das gleiche griechische Verb AP-O‘LLYMI, das man wörtl. auch mit „ganz/ ab(solut) verlieren bzw. verloren gehen“ oder „zugrunde richten“ i.S.v. „verderben“ übersetzen kann. Denn selbst wenn man z.B. einen verlorenen Apfel wiederfindet, hat er für den Finder keinen Wert mehr, wenn er inzwischen verschimmelt ist. Das Verlorene ist dann „ganz und gar“ (gr. AP-) unbrauchbar geworden (vergl. Jer.13:7, Mt.5:13).
Aber so wie Gott verrottete und verweste Leichen wieder zusammenfügen und zu neuem Leben zu erwecken vermag (Hes.37), so kann Gott auch geistlich Tote wieder lebendig machen, um sich dadurch zu verherrlichen. „Denn der Sohn des Menschen ist gekommen, das Verlorene zu erretten“ (Mt.18:11). Der HErr vergleicht sich mit einem Schafbesitzer, betont jedoch, dass auch jeder andere Tierbesitzer sein verlorenes Tier solange suchen würde, „bis er es findet“. Und so ist es ja auch in Bezug auf die gesamte Schöpfung, die verloren ging: Jeder andere von uns hätte doch das gleiche getan, wenn er die Macht dazu hätte. Es wäre gar eine schwere Sünde, wenn wir diese Macht nicht zur Rettung aller Menschen gebrauchen würden. Umso unverständlicher erscheint daher die allgemein vertretene Annahme, dass der gute Hirte Sein verloren gegangenes Schaf irgendwann nicht mehr suchen und retten will, weil es zwischenzeitlich den leiblichen Tod erlitten hat.
Joh.1:29 „Siehe, das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt wegnimmt.“
Im Johannesevangelium finden wir mehr als in jedem anderen Hinweise darauf, dass Gott wirklich plant, alle Menschen wieder mit sich zu versöhnen durch das Opfer des Lammes Gottes. Hier mal einige Beispiele: „Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit Er die Welt richte, sondern damit die Welt durch Ihn errettet werde.“ (Joh.3:17), „Wir selbst haben gehört und wissen, dass dieser wahrhaftig der Heiland der Welt ist“ (Joh.4:42), „Damit alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren“ (Joh.5:23), „Und Ich, wenn Ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu Mir ziehen. …Wenn jemand Meine Worte hört und nicht bewahrt, so richte Ich ihn nicht, denn Ich bin nicht gekommen, damit Ich die Welt richte, sondern damit Ich die Welt errette“ (Joh.12:32+47).
Dirk Schürmann weist in seinem Buch (S. 267) darauf hin, dass der HErr Jesus nicht die SündEN aller Menschen wegnahm, sondern nur die „SündE der Welt“, also die „Sünde als böses Prinzip“. Das stimmt zwar, aber das ist sogar weit mehr als nur einzelne Sünden, nämlich die Befreiung des Kosmos von der grundsätzlichen Macht der Sünde, durch welche der Kosmos versklavt wurde. Das Opfer des HErrn Jesus ist ja nicht nur für unsere Sünden geschehen, „sondern auch für die ganze Welt“ (1.Joh.2:2).
Apg.3:21 „Welchen freilich der Himmel aufnehmen muss bis zu den Zeiten der Wiederherstellung aller (Dinge), von welchen Gott durch den Mund seiner heiligen Propheten vom (gegenwärtigen) Äon (an) (EÜ: von jeher) geredet hat.“
Die „Wiederherstellung (griech APO-KATA´-STASIS) aller (Dinge, Wesen und Verhältnisse)“ ist wörtlich ein „Weg( vom bisherigen)-(in den )gemäßen(angemessenen)-(Zu)stand( bring)en (APO- = weg + KATA- = herab/hinab oder gemäß + STA´SIS = Stand). Zunächst einmal bezieht sich Petrus wohl auf Mal.3:23, wo das Kommen des Elias angekündigt wird, der „alle Dinge wiederherstellen wird“ (Mt.17:11). Aber zum einen bezeugt der HErr ja gleich im nächsten Vers, dass diese Wiederherstellung aller (Dinge, Wesen und Verhältnisse) ja bereits durch Johannes den Täufer begonnen hat, und zum anderen sagt Petrus, dass bereits Gottes heilige Propheten „vom (gegenwärtigen) Äon (an)“ von diesen Dingen geredet haben. Es handelt sich also um einen Plan, der bereits von Anfang an beschlossen war und erst beendet sein wird, wenn auch wirklich alle (Dinge, Personen und Verhältnisse) in den Gott gemäßen Zustand gebracht wurden. Und von diesem Plan lesen wir in 1.Mo.1:26, wo Gott die Engel auffordert: „Lasst uns Menschen (zurecht)machen (hebr. ~aSa´H) innach unserem Bilde“. Die Erschaffung (hebr. BaRa´°) von Geist, Seele und Leib des Menschen erfolgte bereits in dem ersten Adam. Aber das Zurechtmachen durch den Heiligen Geist zu vollkommenen Wesen nach dem Charakter Gottes geschieht durch den „letzten Adam“ (1.Kor.15:45), nämlich Christus, der ein lebendig machender Geist ist (Mt.5:48, Lk.20:36).
Dirk Schürmann beschränkt die „Wiederherstellung aller“ auf „alle moralischen Systeme“, was auch immer er darunter versteht (S.185). Nach seiner Auffassung geschieht dies nur bei dem Volk Israel im zukünftigen Friedensreich, und auch nur bei jenen, die Buße getan haben. Doch lesen wir mal im Vergleich dazu, was Jakobus sagt: „15Und hiermit stimmen die Worte der Propheten überein, wie geschrieben steht: 16‚Nach diesem will ich zurückkehren und wieder aufbauen die Hütte Davids, die verfallen ist, und ihre Trümmer will ich wieder bauen und sie wieder aufrichten; 17damit die übrig-gelassenen der Menschen den HErrn aus(bis zum Erfolg)-suchen, und alle Nationen(menschen), über welche Mein Name angerufen worden ist, spricht der HErr, der dieses tut‘, 18was bekannt ist vom (gegenwärtigen) Äon (an)“ (Apg.15:15-18).
Die „übrig-gelassenen der Menschen“ meint die (wenigen) Überlebenden der Endzeitgerichte, und „alle Nationenmenschen, über die Mein Name angerufen worden ist“, meint die dann im Totenreich befindlichen Weltmenschen, für die zu ihren Lebzeiten gebetet wurde Wir Christen sollen ja „für alle Menschen Flehen, Gebete, Fürbitten und Danksagungen tun“. Was heute noch fast vergeblich erscheint, wird dann überaus reiche Frucht bringen, indem die allermeisten Weltmenschen, die ja schon durch ihre Wahrnehmungen im Totenreich zum Nach-dem-HErrn-Suchen angeregt wurden, durch unsere seelsorgerische Betreuung (wie die des reichen Mannes durch Abraham) den Herrn tatsächlich finden. Das griech. Verb Äk-ZsETÄ´Oo, wörtl. „aus-suchen“, hat hier wie in Röm.3:11 und Hebr.11:6 die Bedeutung „aus(eifrig bis zum Erfolg)-suchen“ ähnlich wie das Verb ÄK-PhÄU´GOo, wörtl. „(her)aus-fliehen“, die Bedeutung „entfliehen = erfolgreich fliehen“ hat.
Röm.5:12+18 „12Darum, gleichwie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen, und durch die Sünde der Tod, und also der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil sie alle gesündigt haben; … 18Demnach also, wie es durch eine Übertretung für alle Menschen zur Verurteilung/Verdammnis (kam), so auch durch eine Gerecht(igkeitstat) für alle Menschen zur Rechtfertigung des Lebens.“
Interessant sind hier die Gegenüberstellungen von Paulus auch deshalb, weil sie verdeutlichen, dass die Rechtfertigung des Lebens für genau die gleiche Menge an Menschen gilt, wie auch die Sünde Auswirkung auf sie hatte, nämlich für absolut ALLE. Eigentlich ist dies ja auch selbstverständlich, denn wenn ein Schiff untergeht, muss es ja auch mindestens genauso viele Rettungsringe und Boote geben, wie es Passagiere an Bord gibt. Würde das Blut des HErrn Jesus und Seine Gerechtigkeit nicht für alle Menschen reichen, dann könnten sich die Gegner Gottes eines Tages darüber zurecht beschweren, dass Gott nicht ausreichend Vorkehrung getroffen hat, um im Schadensfall jedenfalls die Rettung aller zu gewährleisten. Eine Rechtfertigung würde aber niemandem nützen, wenn sie nicht auch persönlich in Anspruch genommen wird. Aber in Vers 19 verheißt Paulus nicht nur, dass „die vielen in die Stellung von Gerechten gesetzt werden KÖNNEN“, sondern er sagt, dass sie „in die Stellung von Gerechten gesetzt WERDEN“. Hier ist also nicht bloß von einem „Angebot“ die Rede, von dem man „Gebrauch machen“ müsse, wie Dirk Schürmann schreibt (S. 186), sondern eine Verheißung, die sich eines Tages vollständig erfüllen wird. Auch der Verweis, dass nur von „vielen“ die Rede sei und nicht von „allen“, verfängt nicht. Denn nicht nur gebraucht Paulus den Begriff „viele“ aus Vers 19 als Synonym für „alle“ in Vers 18, sondern alle sind zugleich auch viele.
Röm.11:15 „Denn wenn schon ihre Verwerfung zur Versöhnung der Welt führte, was wird erst ihre Wiederannahme bringen, wenn nicht Leben aus den Toten?“
Mit „ihre“ sind die Juden gemeint, die den HErrn Jesus seit nunmehr fast 2000 Jahren ablehnen. Sie wurden aus dem edlen Ölbaum ausgeschnitten, aber werden eines Tages auch wieder eingepfropft werden (V. 24). Wohlgemerkt: Es werden die gleichen Zweige wieder eingepfropft, die einstmals abgeschnitten wurden – und nicht irgendwelche ganz anderen! Doch bereits ihre Verwerfung hat zur „Versöhnung“ der Welt geführt. Die Ablehnung ihres Bruders Joseph hatte schon damals dazu geführt, dass die ganze Welt vor dem Hungertod gerettet wurde (1.Mo.41-45). Aber Paulus betont, dass die Annahme der Juden eines Tages wie die Lebendigmachung von Toten sein werde.
Röm.11:32+36 „32Denn Gott hat (ausnahmslos) alle (männlich i.S.v. Personenwesen = Menschen und Engel) in Unfügsamkeit (= Unüberzeugbarkeit und Unfolgsamkeit; EÜ: Ungehorsam) eingeschlossen, damit Er (sich über) die (ausnahmslos) alle (männl.) erbarme … 36Denn aus Ihm und durch Ihn und hin(gelangend zu) Ihm sind die (ausnahmslos) alle (sächlich i.S.v. Wesen, Dinge und Verhältnisse)! Ihm ist die Herrlichkeit in die Äonen! Amen.“
Diese beiden Verse sind Grundsatzaussagen zum Wirken Gottes, die über den unmittelbaren Kontext weit hinausgehen, was auch bei vielen prophetischen Aussagen des AT der Fall ist. Im unmittelbaren Kontext spricht Paulus von der „Vollzahl der Nationen“ spricht (V.25), die sich in der Zukunft mit der Vollzahl der Juden (V.12) vereinigt, um dann gemeinsam „ganz Israel“ zu bilden (V.26, vergl. Hes.37:15-22). Man muss ja bedenken, dass die Nationen zunächst die 10 Stämme Israels sind, die wegen ihrer Abtrünnigkeit von Gott einen Scheidebrief erhielten (Jer.3:8), sich dann mit den Völkern vermischten (Hos. 7:8) und vom „Ostwind“ getrieben nach Westen zogen (Hos.12:2). Deshalb schreibt Paulus z.B. von den Ephesern, dass sie „dem Bürgerrecht Israels entfremdet wurden“ (Eph.2:12). Hier in Europa ließ Gott der Mischung aus verheideten Israeliten und Heiden bevorzugt das Evangelium bringen und zu einem durchgehend christlichen Nationenblock werden, der dann allen Heidennationen überlegen wurde und ihnen die Zivilisation und das Evangelium brachte. Die gläubig gewordenen Heiden gehören dadurch ebenso zu den von Jakob/Israel adoptierten Söhnen Manasse und Ephraim und sind somit ebenso Israeliten wie die, die noch eine Spur israelitischer Abstammung in ihrem Erbgut haben. Somit gilt die Verheißung der Errettung „ganz Israels“ tatsächlich ausnahmslos allen gläubig gewordenen Menschen, auch wenn sie schrittweise vollzogen wird, denn die Berufungen Gottes sind unbereubar.
1.Kor.15:22+28 „22Denn so wie in Adam alle sterben, so werden auch in Christus alle lebendig gemacht werden… 28 Aber wenn Ihm die(ausnahmslos) alle (sächl.-Plural Dinge und Wesen) ungeordnet worden sind, dann wird auch der Sohn selbst untergeordnet werden Dem, der Ihm die(ausnahmslos) alle (sächl.-Plural) untergeordnet hat, damit Gott sei die(ausnahmslos) alles (sächl.-Plural) in allen“
„Lebendig-machen“ (griech. ZsOoJO-POIÄ´Oo) ist nicht das Gleiche wie „(Aufer)wecken“ (ÄGÄI´ROo), denn der HErr unterscheidet in Joh.5:21 zwischen diesen beiden Wörtern. „Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts“ (Joh.6:63). „Der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig“ (2.Kor.3:6). „Der letzte Adam ist ein lebendig machender Geist“ (1.Kor.15:45). Und alle, die in dem ersten Adam gestorben sind (d.h. im Grunde alle), werden in Christus lebendig gemacht werden. Dies aber geschieht in einer bestimmten Reihenfolge, genauso wie die Unterordnung unter Seine Füße. Und dass dieses Unterordnen nicht aus Zwang, sondern freiwillig geschieht, sehen wir beim HErrn Jesus, der sich am Ende ja ebenso dem Vater freiwillig unterordnet (es ist das gleiche Wort!).
Solange es noch Wut, Zähneknirschen, Protest und Rebellion gegen Gott und Christus geben wird, z.B. im Feuersee, kann man noch nicht von einer Unterordnung sprechen. Das Wort „unterordnen“ (hYPO-TA‘SSOo) meint an keiner Stelle ein Unterwerfen, das einer Niederlage folgt, sondern stets ein bewusstes und willentliches Unterstellen (Röm.13:1+5, 1.Kor.14:32+34, 16:16, Eph.1:22, 5:21+24, Tit.2:5+9, 3:1, Hebr.2:5+8, 12:9, Jak.4:7, 1.Petr.2:13+18, 3:1+5, 5:5). Ohne Frage „vermag Gott sich alles unterzuordnen“ (Phil.3:21), ohne dabei Gewalt anwenden zu müssen, denn das wäre eines allmächtigen Gottes unwürdig. „Nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch Meinen Geist“ (Sach.4:6). Es wäre doch kaum eine Ehre oder Ruhm, wenn ein unendlich mächtigeres Wesen wie Gott es nicht vermocht hätte, die Herzen Seiner Feinde zu gewinnen, sondern Seine Überlegenheit dazu missbraucht, um sie feige in die Knie zu zwingen. Auf diese Weise könnte es Ihm nie gelingen, am Ende „alles in allen“ zu werden, weil es Ihm nicht gelungen wäre, sie durch Güte zu gewinnen (Röm.2:4). Das bedeutet nicht, dass Gott dazu nicht auch schmerzhaftes Leid gebrauchen wird, wie Er es auch bei den Ägyptern machte, die sich selbst dem Joseph als Sklaven unterwarfen, um überleben zu können (1.Mo.47:23-25). Auch der verlorene Sohn musste ja zu den Schweineträbern kommen, bis er endlich Buße tat. Das Ziel Gottes wird aber sein, dass Gott ganz am Ende der Geschichte „alles in ALLEN sein wird“ (V.28).
2.Kor.5:19-20 „19…nämlich, dass Gott in Christus war, die Welt mit sich selbst versöhnend, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnend, und Er hat in uns das Wort der Versöhnung niedergelegt. 20So sind wir nun Gesandte für Christus, als ob Gott durch uns ermahnte; wir bitten an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott! (wörtl.: (Lass)t( euch) gemäß-ändern dem Gott = Lasst euch herunter( vom eigenwilligen sündigen Leben)-ändern Gott (gegenüber)!/ Lasst euch Gott-gemäß ändern!)“
Dirk Schürmann weist darauf hin, dass die Versöhnung mit der Welt keineswegs in der Vergangenheit geschah, sondern das Verb ja im Partizip Präsens stehe, es also „um einen andauernden Vorgang“ handeln würde, der noch gar nicht abgeschlossen sei (Schürmann, S. 204). Das ist im Prinzip richtig. Die juristische Grundlage der Versöhnung mit Gott wurde am Kreuz gelegt. Die praktische Verwirklichung beim einzelnen Menschen und ihre Ausdehnung auf alle Menschen ist ein andauernder Vorgang. Darum geht es aber gar nicht. Selbstverständlich wird diese Versöhnung erst wirksam in dem Moment, wo sich Menschen auch bewusst mit Gott versöhnen lassen (V.20). Entscheidend ist aber doch, dass Gott diesen Versöhnungsprozess bereits begonnen hat mit dem Ziel, dass am Ende die Welt auch mit Ihm wieder versöhnt SEI. Schon die Silbe KATA im griechischen Wort KAT-ALLA‘SSOo = „gemäß-ändern“ drückt ja schon aus, dass es nicht eine Sache ist, die man mal eben auf einen Schlag vollführen kann, sondern bei der die aktive Mitarbeit des Versöhnten gefordert ist. Und wenn am Ende die völlige Versöhnung mit der ganzen Welt stehen soll, dann dauert das nun einmal bis zur Äonenvollendung, bis alle so angemessen (KATA) verändert wurden, wie Gott sie haben wollte.
Eph.1:9-10 „9Er hat uns kundgetan das Geheimnis Seines Willens, nach Seinem Wohlgefallen, das Er sich vorgesetzt hat in Ihm 10für die Verwaltung der Erfüllung der Zeiten: die(ausnahmslos) alles (sächl.-Plural) unter ein Haupt zusammenzubringen in dem Christus, das, was in den Himmeln und das, was auf der Erde ist, in Ihm.“
Christus ist das Haupt der Gemeinde (Eph.5:23). Doch hier finden wir wieder das „alle“ mit Artikel, der fast nie mitübersetzt wurde, jedoch sich von dem „alle“ ohne Artikel darin unterscheidet, dass Letzteres nur ein relatives „alle“ mit Ausnahmen meint. Gott will also alle Wesen, Dinge und Verhältnisse unter die Hauptschaft des Christus bringen. Das griech. Wort Wort ANA-KÄPhALAIO´Oo bedeutet wörtlich „hinauf-haupten“, d.h. hier im geistlichen Sinn: bewusst nach oben orientiert dem Haupt zugehörig zu machen. Und das gilt nicht nur für die von Gott abgefallenen Wesen auf (eig.: gebiets = auf, über und unter) der Erde, sondern auch „in den Himmeln“. In diesem Sinne werden sich die Worte Jesu erfüllen: „Wenn ich von der Erde erhöht bin, werde ich ALLE zu Mir ziehen“ (Joh.12:32).
Dirk Schürmann beachtet weder den Artikel vor dem alle („die alle“), noch geht er auf das „Zum-Haupt-machen“ über das All ein, sondern erklärt, dass „es sich hier nur auf das Reich Christi im Tausendjährigen Reich beschränke, in welchem Christus allen Widerstand überwinden und die verschiedenen Zeiten zur Fülle bringen werde“ (S. 207). Das Tausendjährige Reich ist aber auch nur eine von mehreren Zeiten, die erst nach Ablauf derselben zur Fülle/Vollzahl gekommen sein können. Zudem wird in den 1000 Jahren ja noch nicht aller Widerstand überwunden sein, denn dem Teufel wird es ja anschließend noch einmal gelingen, die Nationen zu verführen und „gegen das Heerlager der Heiligen und die geliebte Stadt“ zu kämpfen (Offb.20:8-9).
Phil.2:10-11 „10…damit in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen, der Irdischen und der Unterirdischen, 11und jede Zunge aus(rückhaltlos zustimmend)-bekenne, dass Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes des Vaters“.
Obwohl hier mit keiner Silbe von irgendeinem „Zwang“ die Rede ist, legen die dogmatisch voreingenommenen Vertreter einer unendlichen Verdammung das Müssen immer wieder in diese Stelle hinein. Auch Schürmann macht da keine Ausnahme: „Doch ich sage dir: …Wenn du das nicht tust, wird eine Zeit kommen, wo du deine Knie vor Ihm beugen musst… dann wirst du deine Knie auf der Erde beugen müssen … und in dem Namen dieses Jesus werden sie ihre Knie beugen müssen … wo die Zunge bekennen muss, dass Er Herr ist…“ (S. 216-217). Was für ein Widerspruch zu der sonst immer wieder zynisch behaupteten These: „Gott zwingt niemanden, zu Ihm zu kommen“ oder „In der Hölle gibt es nur Freiwillige“. Auf einmal wird ausgerechnet die Anbetung des Lammes angeblich zu einer unfreiwilligen und mit Gewalt erpressten Pflichtübung, als ob Gott daran Gefallen haben könnte. Dabei sagt der HErr ausdrücklich: „Gott ist Geist, und die Ihn anbeten, müssen Ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten“ (Joh.4:24)!
Wenn Gott wirklich mit Gewalt Seine Feinde auf die Knie zwingen wollte, um sie zu einem Eingeständnis ihrer Schuld und eine Anerkennung Seiner überlegenen Macht zwingen wollte, dann hätte Er das von Anfang an tun können. Immer wieder lesen wir bei Mose und den Propheten „…damit sie hören und ERKENNEN und Meinen Namen fürchten…“ (5.Mo.31:12, 1.Kön.8:43, Jer.3:13, Dan.4:17, Joel.3:17, Mich.6:5 uvm.). „Opfern will ich Dir mit Freiwilligkeit; Deinen Namen will Ich preisen, HErr, denn er ist gut“ (Ps.54:6). „Dass deine Wohltat nicht wie gezwungen, sondern freiwillig sei“ (Philem.1:14). Zwanzig Mal finden wir allein die Worte „freiwillige Gabe“ in der Heiligen Schrift, wenn es um die Verehrung Gottes geht. Ein Opfertier, das auch nur einen Fehl oder Mangel hatte, konnte Gott schon nicht mehr wohlgefällig sein (3.Mo. 22:21). Wie könnte also ein erzwungenes Bekenntnis mit innerem Widerstreben dem HErrn wohlgefallen? Tatsächlich hat das hier stehende griechische Wort ÄX-hOMO-LOGÄ´Oo, w.: (her)aus-bekennen, die Bedeutung eines rückhaltlosen Zustimmens, d.h. „dasselbe (HOMO), (was jemand denkt frei )heraus– (ÄX)-sagen (LOGÄOo)“. An keiner der 10 Stellen im NT wird dieses Wort im Sinne eines widerwilligen Eingeständnisses gebraucht (z.B. Mt.3:6, Apg.19:18, Röm.14:11, 15:9, Jak,5:16). So sagte der HErr Jesus z.B. in Matth. 11:25 „Ich bekenne Dir meine rückhaltlose Zustimmung, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass Du diese Dinge verborgen hast vor Weisen und Verständigen…“ Wenn aber JEDE Zunge eines Tages freiwillig und aus vollster Überzeugung den Namen des HErrn Jesus bekennt und dazu auch noch schwört: „Nur in dem HErrn habe ich Gerechtigkeit und Stärke“ (Jes.45:24), dann kann dies nur aufgrund einer zuvor geschehenen Errettung und Wiedergeburt durch den Heiligen Geist erfolgt sein (1.Kor.12:3).
Kol.1:16+19-20 „16Denn in Ihm sind erschaffen worden die(ausnahmslos) alle( sächl.-Plural: persönlichen Wesen und Dinge), die in den Himmeln und die gebiets(auf, über und unter) der Erde, die Sichtbaren und die Unsichtbaren, seien es Throne oder Herrschaften oder (Rang)anfang(smächt)e oder (von diesen Be)vollmächtigte: die(se ausnahmslos) alle (sächl.-Plural) sind durch Ihn und hin( zu) Ihm erschaffen; … 19Denn ErGott-(fand)-Wohl-meinengefallen (daran), (dass) in Ihm die ganze voll(ständige Füll)e (ihren )gemäßenständigen-Wohn(sitz nehm)en-sollte 20und durch Ihn die(ausnahmslos) alle( sächl.-Plural: persönlichen Wesen und Dinge) (weg )vom( bisherigen)-(in den )gemäßen( Zustand)-(zu )ändern (= zu versöhnen) hin( zu) Ihm – (indem Er )Frieden-gemacht-hat durch das Blut Seines Kreuzes -, durch Ihn, seien es die (sächl.-Plural: persönlichen Wesen und Dinge) gebiets der Erde oder die(sächlich-Plural: persönlichen Wesen und Dinge) in den Himmeln.“
Ein Bruder namens Erich Sauer schrieb einmal: „Es ist ein Haupterfordernis jeder biblischen Glaubenslehre, zum mindesten an einer Stelle der Schrift mit unzweideutigen Worten ausgesprochen zu sein“ (zitiert bei Andreas Ebert „Die Lehre der Allversöhnung“). Diese Feststellung ist sicherlich zutreffend, und diese Stelle in Kol.1:16+20 bezeugt definitiv und unzweideutig die ausnahmslos gültige Allversöhnung aller von Gott erschaffenen Wesen. Aber wenn das Herz verstockt ist und nicht bereit ist, eine biblische Aussage auch bereitwillig sehen zu wollen, dann kann es noch so klipp und klar dastehen, und man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Und so wird auch diese Aussage – obwohl sie noch so klar und unzweideutig formuliert wurde, von den Gegnern der Allversöhnung nicht wahrgenommen bzw. angenommen.
Versöhnung und Frieden setzen immer eine vorhergehende Feindschaft und Krieg voraus. Durch den Sündenfall befand sich die gesamte Schöpfung Gottes in Gefahr, für immer von Gott verworfen zu werden. Aber Gott hatte noch nie „Gefallen am Tode des Gesetzlosen, sondern dass er von seinen Wegen umkehre und lebe“ (Hes.18:23). Und deshalb sandte Er Seinen Sohn, um diesen Zustand der Feindschaft ein für alle Mal zu beenden durch das Blut Seines Kreuzes. Diese Versöhnung mit dem All ist eine unumkehrbare Tatsache, die durch die persönliche Annahme jedes einzelnen Wesens nach und nach erfahren wird. Sie ist also nicht etwa an eine noch zu erfüllende Bedingung geknüpft, die im Falle des Ausbleibens die Versöhnung zum Widerruf führt. Und sie gilt auch nicht nur für die heute Gläubigen, sondern für alle Wesen, die der HErr geschaffen hat, ganz gleich ob „auf, über oder unter der Erde oder im Himmel“.
Selbstverständlich erfordert es äußerstes Geschick und Können, wenn man diese leicht verständlichen und offensichtlichen Zusammenhänge wegerklären und leugnen muss, weil doch nicht sein kann, was nicht sein darf. Dirk Schürmann nimmt sich ganze fünf Seiten in seinem Buch, um ausführlich darzulegen, dass das doch alles in Wirklichkeit ganz anders zu verstehen sei. Zunächst behauptet er, dass es sich bei dieser Versöhnung nicht um Menschen handele, sondern um „Dinge“ bzw. „das Ganze an sich“. Nun ist ihm klar, dass der HErr auch die Engel und sogar den Teufel geschaffen hat („Fürstentümer oder Gewalten“ V.16, vergl. Eph.6:12). Dennoch stellt Bruder Schürmann es so dar, als ob Satan und die gefallenen Engel nicht zur ursprünglichen Schöpfung gehörten: „Etwas, was die Fülle der Gottheit … beleidigt, war in die Schöpfung hineingekommen“ (S. 221). Und dann spricht er auf einmal nicht mehr von Versöhnung, sondern von „Reinigung“: „Engel brauchen keine Versöhnung. Dennoch muss auch der Bereich, in dem die Engel wirken, in Ordnung gebracht und gereinigt werden, damit Gott wieder Freude an Seiner Schöpfung haben kann. Eine solche Reinigung ist aber erst dann möglich, wenn die bösen Engel aus dem Bereich der Schöpfung hinausgetan worden sind“ (V.223). Nein. Die „bösen Engel“ sind ja Teil der Schöpfung Gottes, und diese wird auch nicht „gereinigt“, sondern ist bereits mit Jesus versöhnt worden am Kreuz. Die bösen Engel und auch alle bösen Menschen müssen zuerst die notwendige Strafe erleiden, bevor auch sie in den Genuss der Versöhnung kommen können. Erst so wird ein Schuh daraus.
1.Tim.2:4 „Gott will, dass alle Menschen errettet werden und zur Auf( der ganzen Linie)-Erkenntnis der Wahrheit kommen“
Wie ich bereits zu der Stelle in Jes.46:10 festgestellt hatte, kann Gott grundsätzlich jeden Menschen erretten, den Er erretten will, da bei Ihm selbst menschlich unmögliche Dinge möglich sind (Mt.19:26). Die Frage ist also nicht, ob es Gott gelingen KANN, die gesamte Menschheit am Ende zu erretten; und es ist auch nicht die Frage, ob Gott es grundsätzlich WILL, sondern ob Er es am Ende auch TUT, d.h. wie aufrichtig und glaubwürdig eigentlich Sein Retterwille ist. Der HErr Jesus hätte Sein Leben ja auch nur als Lösegeld geben können für die kleine Schar, die während ihres Lebens an Ihn gläubig wurden; aber Tatsache ist, dass Er Sein Leben für ALLE gab (1.Tim.2:6). Er hat also für alle Menschen, die je gelebt haben, den Preis für ihre Rettung bezahlt. Würde aber wohl jemand z.B. die ganzen Ackerflächen eines Landes aufkaufen, nur um den Nahrungsbedarf seiner Familie zu sichern? Er hätte doch viel weniger zahlen brauchen, wenn es ihm nur darum gegangen wäre.
Die meisten Christen stellen sich diese Fragen schon allein deshalb nicht, weil sie glauben, dass die ewige Verdammnis aller Ungläubigen ohnehin schon längst beschlossene Sache ist. Steht denn etwa nicht geschrieben, dass alle, die nicht im Buch des Lebens stehen, auf jeden Fall in den Feuersee geworfen werden (Offb. 20:15)? Und da die Namen der Eingetragenen ja ohnehin „von Grundlegung der Welt an“ darin standen, lasse sich an dem Schicksal der Nichteingeschriebenen ja sowieso nichts mehr ändern (Offb.13:8, 17:8). Wenn dies jedoch so wäre, dann stellt sich aber doch die berechtigte Frage, warum wir trotzdem noch „Flehen, Gebete, Fürbitten und Danksagungen“ machen sollen „für alle Menschen“ (1.Tim.2:1), denn wenn von vornherein festgelegt wurde, wer errettet werden soll und wer nicht, dann kann man sich doch die Fürbitte sparen, oder? Und selbst wenn ich die Fürbitte für alle Menschen nur als Pflichterfüllung praktizieren würde, warum schreibt Paulus sogar von „Flehen“? Ein inständiges Flehen für jemanden kann man doch unmöglich aus reiner Pflichterfüllung tun, denn es handelt sich beim Flehen ja um ein demütiges und herzergreifendes Betteln, um die Gewährung einer fast aussichtslosen Bitte zu erreichen.
Abraham und Mose taten dies, nachdem Gott ihnen klar und unmissverständlich das Gericht über Sodom bzw. Israel angekündigt hatte. Mose widersprach Gott indirekt, indem er Ihn an die möglichen Folgen einer voreiligen Vernichtung des ganzen Volkes erinnerte: „Warum sollten die Ägypter sprechen: Zum Unglück hat Er sie herausgeführt… Kehre um von der Glut Deines Zornes und lass Dich des Übels gegen Dein Volk gereuen. Gedenke Abrahams, Isaaks und Israels, Deiner Knechte, denen Du bei Dir selbst geschworen hast, und hast zu ihnen gesagt: Mehren will ich euren Samen wie die Sterne des Himmels…“ (2.Mo.32: 11-13). Und auch später, als sie Ihn noch einmal erzürnten und Gott sie vertilgen wollte, um noch einmal mit Mose eine ganz neue und größere Nation erwählen wollte, sprang Mose in den Riss und sagte: „…so werden die Nationen, die Deinen Ruf gehört haben, sprechen und sagen: Weil der HErr nicht vermochte, dieses Volk in das Land zu bringen, das Er ihnen zugeschworen hatte, so hat Er sie in der Wüste hingeschlachtet… Vergib doch die Ungerechtigkeit dieses Volkes nach der Größe Deiner Güte, so wie Du diesem Volke verziehen hast von Ägypten an bis hierher!“ (4.Mo.14:13-19). Hier sehen wir echte Retterliebe bei Mose, denn er machte sich Sorgen um den guten Ruf Gottes, dass dieser geschändet werden könnte, wenn Er Seine verheißene Barmherzigkeit nicht mehr üben würde.
Im Gegensatz dazu machte Jona keinerlei Anstalten, für die Bewohner von Ninive Fürbitte zu tun, sondern er richtete gleichgültig die Gerichtsbotschaft Gottes aus: „Noch vierzig Tage, dann ist Ninive völlig zerstört!“ (Jona 3:4). Er sprach noch nicht einmal eine Warnung aus: „Kehret doch um!“, sondern gefiel sich möglicherweise in der Rolle des Unglückspropheten. Genauso wird aber auch heute z.T. die eigentlich „Frohe Botschaft“ gepredigt, z.B. von der Werde-Licht-Mission. Ich war selbst dabei, als sie hier in Bremen durch die Innenstadt marschierten um den Leuten durchs Megaphon die Hölle heiß zu machen: „Du wirst für ewig in der Hölle schmoren, wenn Du nicht umkehrst und Buße tust!“ Mit einer derart selbstgefälligen und lieblosen Hassbotschaft kann man niemanden gewinnen, sondern eher abschrecken.
Selbst diejenigen, die die Allversöhnung in der Schrift nicht erkennen können, sollten doch den Glauben Abrahams und Moses haben, dass sie wenigstens versuchen sollten, Gott in Seiner Gerichtsentscheidung umzustimmen. Der HErr ließ sich des Übels gereuen, obwohl das Gericht über Ninive bereits beschlossene Sache war! Warum bitten wir heute nicht auch wie Mose: „HErr, bitte kehre doch um von der Glut Deines Zornes über die Menschen, die Dich nicht kennen! Denn wenn Du all die Ungläubigen im Feuersee quälen wirst, so werden die Engel unter sich sprechen und sagen: Weil der HErr nicht vermochte, die Menschheit in Christus zu neuen Kreaturen zu erschaffen, wie Er es eigentlich vorhatte, so hat Er sie in den Feuersee geworfen, um sich ihrer zu entledigen… Vergib doch die Ungerechtigkeit der Menschen, die weder zwischen ihrer Rechten noch ihrer Linken zu entscheiden können (Jon.4:11), nach der Größe Deiner Güte…“ Gott wird zwar „den Schuldigen keineswegs für schuldlos halten“, um Seines Namens willen (4.Mo.14:18), aber Er ist auch „langsam zum Zorn und groß an Güte“, so dass Er vergeben und begnadigen kann, wen Er will (Röm.9:18). Deshalb dürfen wir mit Freimütigkeit vor den Thron der Gnade treten, und wie Esther im Flehen, Gebet und Danksagung Fürbitte tun für alle Menschen, damit wir nicht nur Frieden haben können vonseiten der Obrigkeit, sondern auch geistigen Frieden durch das Vertrauen auf die Erbarmungen Gottes.
1.Tim.4:10 „… wir werden geschmäht, weil wir auf einen lebendigen Gott hoffen, der ein Erretter aller Menschen ist, besonders der Gläubigen.“
Es ist sicherlich zutreffend, dass Paulus hier im Zusammenhang an die Gesunderhaltung aller Menschen denkt, wenn er von Gott als vom SOTE‘R (w. „Retter“) aller Menschen spricht, zumal er ja in Vers 8 von der „leiblichen Übung“ spricht, also vom Sport, der im Vergleich zur Gottseligkeit eher von geringerem Nutzen ist. Gott hört aber nie auf, ein „Erhalter aller Menschen“ zu sein, selbst wenn Menschen sterben, denn diese Eigenschaft ist untrennbar mit dem Wesen Gottes verbunden. Wenn schon der Gerechte sich um das Leben seines Viehs kümmert (Spr.12:10), wieviel mehr erbarmt sich der HErr über die, die Ihn fürchten, selbst wenn sie Ihn gerade erst zu fürchten begonnen haben (Ps.103:13). „Er wird nicht immerdar rechten und nicht ewiglich nachtragen“ (Ps.103:9), „…denn der Geist würde vor mir verschmachten, und die Seelen, die Ich ja gemacht habe“ (Jes.57:16). Auch diese Verheißung gilt nicht nur für Israel oder die Gläubigen, sondern für alle Geschöpfe Gottes für allezeit, da Gott sich nicht ändert.
Tit.2:11 „Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen, …“
In dem HErrn Jesus ist die Gnade Gottes nicht nur allen Menschen erschienen (Luk.3:6, Joh.1:9), sondern die Gnade Gottes wird auch allen Menschen das Heil bringen.
1.Petr.3:18-20 „18Denn auch Christus hat einmal für Sünden gelitten als Gerechter für Ungerechte, damit Er euch zu Gott führen konnte, der zwar getötet wurde am Fleisch, aber lebendig gemacht wurde am Geist. 19In diesem Geist ist Er auch hingegangen und hat den Geistern im Gefängnis geheroldet, 20die einst unüberzeug(bar und unfolg)sam waren, als die Langmut Gottes zielgerichtet wartete in den Tagen Noahs, während die Arche zugerichtet wurde.“
Der HErr Jesus ist nach der Kreuzigung „hingegangen“ in den Hades, denn Petrus bezeugt die Erfüllung von Ps.16:10 in Apg.2:27+31, dass die Verheißung der Auferstehung nicht dem David galt, sondern dem HErrn Jesus. Er hatte dort eine Aufgabe zu erfüllen, nämlich den Gestorbenen das Evangelium zu verkündigen (1.Petr.4:6). Dies erinnert uns an Joseph, dessen Leben ja typologisch auf das Leben Jesu weist. Wie dieser wurde Jesus von Seinen Brüdern gehasst und ließ sich auch nicht verführen zur Hurerei, um weltliche Macht anzunehmen (Joh.6:5), weshalb Er verleumdet und unschuldig verurteilt wurde. Am Kreuz waren wie bei Joseph im Gefängnis je einer, der das Heil empfing und ein anderer, der verloren ging (Luk.23:39-43). Der HErr ging mit dem bußfertigen Räuber ins Paradies, doch zuvor musste Er im Hades/Scheol noch „die Gefangenschaft gefangen führen“ (Eph.4:8), d.h. all jene aus dem Hades mitnehmen, die durch Seine Evangeliumsverkündung gläubig wurden. Denn man muss ja bedenken, dass im Alten Testament die Gnade Gottes in Christus noch gar nicht bekannt war, zumal der HErr auch noch nicht die Sühne für ihre Sünden durch Sein Opfer am Kreuz erbracht hatte. Jetzt aber war die Tür offen und der Vorhang zerrissen, um die Botschaft des Heils in Christus anzunehmen.
Doch obwohl selbst der HErr Jesus die Verkündigung der Heilsbotschaft zu den Gestorbenen durch die Stimme des HErrn Jesus zuvor angekündigt hat in Joh.5:25, glaubt Dirk Schürmann nicht, dass diese hier in 1.Petr.3:18-20 damit gemeint sei, denn das hieße ja, dass man sich auch noch nach dem Tod bekehren könnte (und was nicht sein darf, kann auch nicht sein). Folglich muss er wie auch andere einen rhetorischen Spagat machen, indem er das Herolden des Geistes Jesu in die Zeit von Noah verlegt, der ja als „Prediger der Gerechtigkeit“ ausdrücklich in 2.Petr.2:5 bezeichnet wird. Schließlich hätten ja nach 1.Petr.1:11 auch andere Propheten durch „den Geist Christi, der in ihnen war, geweissagt“. Warum sollte nicht auch Noah im Geiste Christi das Evangelium verkündigt haben an Menschen, deren Geister nun im Gefängnis seien? Ganz einfach: weil sie die Heilsbotschaft in Christus ja noch nie zuvor gehört haben konnten, da ja selbst Noah sie nicht kannte.
Erst seit der HErr Jesus kam und für alle Menschen am Kreuz starb, verkündigt Er „Frieden, euch, den Fernen, und Frieden den Nahen“ (Eph.2:17). Und das tut Er nicht nur auf Erden, sondern auch im Himmel und unter der Erde: „‘Wer wird hinabsteigen in den Abgrund?‘ das bedeutet: Christus aus den Gestorbenen heraufzuführen“ (Röm.10: 7). Der HErr Jesus war also tatsächlich im Hades und auch im Abgrund (gr. A´BYSSOS), wo Dämonen gefangen sind (Luk.8:31, Offb.9:1-2,11, 11:7, 17:8), denn Er hat ja auch den Schlüssel zum Totenreich bekommen (Offb.1:18). Es trifft also nicht zu, was Bruder Dirk Schürmann behauptet: „Christus ging nach Seinem Tod nicht ‚ins Gefängnis‘, in den Hades, sondern ins Paradies…“ (S.240). Und dass Er den Toten zur Zeit Noahs nicht nur ihre ewige Verdammnis heroldet, sondern die Evangeliumsbotschaft, wird in 1.Petr.4:6 bestätigt, zumal die Worte „herolden“ und „evangelisieren“ im NT als Synonyme verwendet werden.
1.Petr.4:6 „Denn dazu ist auch den Toten das Evangelium verkündigt worden, damit sie zwar gerichtet werden dem Menschen gemäß nach dem Fleisch, aber leben möchten Gott gemäß nach dem Geist“.
Dass diese Toten hier keine geistig Toten sind (s. Vers 5!) und dass sie aufgrund von Joh.5:24 auch keine Gläubigen sein können, da sie ja noch gerichtet werden, hatte ich ja bereits ausführlich in einem vorigen Kapitel dargelegt und werde es deshalb hier nicht noch einmal wiederholen. Auch dem Dirk Schürmann ist der Widerspruch zu Joh.5:24 aufgefallen, weshalb er einen alternativen Vorschlag macht: „Wer sich schon während seines Lebens richten, d.h. ‚beurteilen‘ ließ, würde nicht unter das Gericht der Toten kommen… Wer sich ‚richten‘ ließ, erkannte damit einerseits die Beurteilung Gottes über sein sündiges Leben an und andererseits die Beurteilung der Mitmenschen darüber…“ Diese Feststellung ist zumindest merkwürdig. Wo steht denn geschrieben, dass man durch die Heilsannahme „gerichtet“ wird? Hat denn der HErr selbst für uns das Gericht erlitten am Kreuz? Und selbst wenn man das Wort KRI‘NOo mit „beurteilen“ übersetzen wollte wie in 1.Kor.4:5, 11:13 und 10:15, so spricht Petrus von einem „gerichtet WERDEN“, das für diese Toten noch aussteht, sich also nicht auf ihre Vergangenheit bezieht.
Als weiterer Versuch, diese für die Allversöhnungsleugner hochbedrohliche Aussage zu entschärfen, betont Schürmann die Einschränkung „nach dem Fleische“ und erklärt dazu, dass „das nicht auf Tote angewendet werden kann, weil diese kein Fleisch mehr haben“ (S. 243). Das ist natürlich schon ziemlich plump, denn jeder Bibelleser weiß doch, dass das Wort „Fleisch“ auch im übertragenen Sinn auf die Lüste und Triebe des Menschen gebraucht wird. Petrus will also sagen: „damit sie zwar gerichtet werden unter Berücksichtigung der menschlichen Schwäche“, denn das Fleisch ist ja schwach (Mt.26:41, Röm.6:19).
2.Petr.3:9 „… Er will nicht, dass irgendwelche verloren gehen, sondern dass alle zur Buße kommen.“
Petrus spricht im ersten Satzteil von „euch“, wechselt dann aber hier zur allgemeineren Form „irgendwelche“, da es nicht nur die Gläubigen betrifft, sondern für alle Menschen gilt (denn sonst hätte er auch sagen können: „dass IHR verloren geht…“). Der Retterwille Gottes steht ja auch außer Frage, und es gibt sowohl für Gläubige als auch für Ungläubige ein Verlorengehen, wenn man nicht vor der Wiederkunft des HErrn zur Buße (zum Umdenken) kommt. Beachtlich ist jedoch an dieser Aussage, dass Petrus hier die noch fehlende Buße bei einigen als Begründung nennt, warum der HErr noch nicht so bald kommen kann Es liest sich so, als wolle Petrus die Gläubigen unter Druck setzen, ihr Verhältnis mit dem HErrn so schnell wie möglich zu klären, damit Er schneller wiederkommen kann (vergl. Vers 12: „indem ihr …beschleuniget die Ankunft des Tages Gottes“). Wenn aber der HErr aus lauter Retterliebe sogar Sein Kommen verzögert, wieviel mehr muss Ihm dann an der endgültigen Rettung aller Menschen liegen, selbst wenn einige zuvor noch Gericht und Strafe erleiden müssen!
Schlusswort
Das war jetzt mal eine Auswahl von 18 Bibelstellen, die nur scheinbar die Allversöhnung widerlegen und 22 Bibelstellen, die offensichtlich für die Allversöhnung sprechen. Jeder möge nun selber prüfen anhand der Heiligen Schrift, ob diese Argumente zutreffen oder nicht. In jedem Fall ist es schmerzhaft zu sehen, dass viele Menschen nach dem Tod nicht in Christi Herrlichkeit eingehen, sondern von Ihm gerichtet und bestraft werden. Das sollte uns Gläubige doch umso mehr anspornen, das Wort in Spr.24:11 zu befolgen: „Errette, die zum Tode geschleppt werden, und die zur Würgung hinwanken, o halte sie zurück!“ Wir können zwar nicht direkt die Menschen vor dem Gericht und dem Feuersee „retten“ – das kann nur der HErr – aber wir können es indirekt, indem wir ein so vorbildliches Leben in Christus führen, dass die Menschen regelrecht angezogen werden und wie Ruth sagen: „Dein Gott sei mein Gott!“ (Rt.1:16). „Wenn du dieses tust, wirst du sowohl dich selbst erretten als auch die, die dich hören“ (1.Tim.4:16).
Die Frage zu klären, ob die Allversöhnung in der Bibel ausreichend belegt ist oder nicht, ist zwar im Vergleich zur Notwendigkeit des regelmäßigen Evangelisierens nachrangig, sollte aber keineswegs geringgeachtet werden, weil es um nicht weniger als die Ehre Gottes geht. Aus meiner Sicht wird das Wesen Gottes durch die Lehre einer ewigen Höllenstrafe massiv verunglimpft und gelästert, sowohl vor der ungläubigen Welt als auch vor der unsichtbaren Engelwelt. Das sollten wir nicht länger zulassen, sondern durch bereitwilliges Prüfen unsere Liebe zur Wahrheit unter Beweis stellen zu Gottes Ehre!
Ferner ist zu beklagen, dass gerade unter jenen, die sich als bibeltreu sehen und bezeichnen, in letzter Zeit eine immer geringer werdende Bereitschaft zu beobachten ist, sich wie in Mal.3:16 und Apg.15:6 gemeinsam zusammenzusetzen, um kontroverse Fragen in der Bibel miteinander zu klären im Geiste der Brüderlichkeit. Dass ist wohl auch nicht zuletzt die Ursache dafür, dass in Bezug auf die Argumente für oder gegen die Allversöhnung eine enorme Unkenntnis besteht, da man sich eben – wenn überhaupt – nur einseitig informiert hat. Wie viele z.B. verwechseln deshalb noch immer die modern-theologische Auffassung eines Universalismus, wie er z.B. von Karl Barth vertreten wurde, mit der biblischen Lehre von der Allversöhnung, die durchaus eine angemessene Strafe für die Gesetzlosen im Feuersee nicht ausschließt. Kein Wunder also, dass bei einer solchen Oberflächlichkeit die Lehre von der Allversöhnung als unbiblisch verurteilt und verteufelt wird. An dieser Unkenntnis sind aber nicht zuletzt auch die Vertreter der Allversöhnung selbst schuld, weil sie sich aus Furcht vor Repressalien jahrzehntelang zurückgehalten haben, ihre Überzeugung unbefangen zu vertreten.
Zuletzt sei noch erwähnt, dass die Vorstellung von einem autonomen Menschen, der sich souverän und eigenständig entscheidet, wo er die Ewigkeit zubringen will, zu einem völlig gestörten Gottesverhältnis geführt hat, bei dem Gott im Grunde keine Rolle mehr spielt, sondern allein der Mensch Herr seines Schicksals geworden ist, so als ob ein Kind sich selbst gebären könnte. Wenn man Gott die Fähigkeit abspricht, alle Menschen erretten zu können, wundert es nicht, dass man Ihm auch nicht mehr die Macht zutraut, die Gläubigen vor falschen Lehren zu bewahren, und entmündigt sie deshalb, indem man seine Gruppierung vor jeglicher Einflussnahme von außen hermetisch abschottet. Durch solch eine Bevormundung können Christen aber nie zu selbstständigen, reifen Bibelkennern heranwachsen, sondern werden in Unmündigkeit und Menschenabhängigkeit gehalten. Paulus wollte aber nicht über den Glauben anderer herrschen (2.Kor.1:24), sondern appellierte immer wieder an das eigene Urteilsvermögen der Gläubigen (1.Kor.10:15, 11:13, 14:29). Deshalb lasst uns das Wort des HErrn beachten, wenn Er spricht: „Über das Zukünftige befraget mich; aber Meine Kinder und das Werk Meiner Hände lasset Mir anbefohlen sein!“ (Jes.45:11).
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