„Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe.
Laßt uns nun die Werke der Finsternis ablegen
und die Waffen des Lichts anziehen.“

(Röm.13:12)

– „Lebenszeugnisse von Knechten Jesu Christi“ Teil 11

 

Lebenszeugnisse von Knechten Jesu Christi   Teil 33:

Huldrych Zwingli (1484-1531) 

Neben Luther war auch Zwingli ein großer Reformator, und zwar in der Schweiz. Zwingli wurde 1484 in Wildhaus im Kanton St. Gallen als Sohn eines wohlhabenden Bergbauern geboren. Bereits mit fünf Jahren verließ er die Familie und zog zu seinem Onkel nach Weesen, dem Dekan Bartholomäus Zwingli. Zehnjährig besucht er die Lateinschule in Basel. Danach wurde Zwingli Novize in einem Dominikanerkloster. Dort fiel er als guter Sänger und Musiker auf. Aufgrund seiner schulischen Begabung schickte ihn sein Onkel Bartholomäus an die Universitäten von Wien und Paris. In Basel schloss er schließlich sein Studium mit dem Titel des Magister Artium ab (1506). In dieser Zeit wurde Zwingli in Konstanz zum Priester der katholischen Kirche geweiht und als Stadtpfarrer nach Glarus berufen. Noch befand er sich weitgehend im Einklang mit katholischer Tradition und Theologie. Unter anderem organisierte er die Überführung eines angeblichen Splitters vom Kreuz Christi in die örtliche Kreuzkapelle. Von Glarus aus unternahm er eine Wallfahrt nach Aachen und zog zweimal als Feldprediger mit dem Schweizer Militär nach Italien. Die dabei beobachteten Grausamkeiten des Krieges ließen Zwingli zum Pazifisten werden, der Gewalt nur als letztes Mittel akzeptieren wollte.

Nebenher verbesserte er seine Griechisch- und Lateinisch- Kenntnisse, um die historischen Quellen der Theologie und Philosophie in Originalsprachen lesen zu können. Doch auch zur Bibel, die Zwingli nun intensiver auf Griechisch zu lesen begann, bekam er eine neue Beziehung: […] du musst […] die Meinung Gottes rein aus Seinem einfältigen Wort lernen. Da begann ich, Gott um Sein Licht zu bitten, und die Schrift fing an, mir klar zu werden, obwohl ich sie nur las.“ Außerdem stand Zwingli damals mit zahlreichen anderen Gelehrten in regem brieflichem Kontakt und organisierte die Gründung einer örtlichen Lateinschule. Zwingli zog sich 1516 in den bedeutenden Wallfahrtsort Einsiedeln zurück. Als Priester war er für Predigt und Seelsorge an der einfachen Bevölkerung zuständig. Da ihm die Deutung der Bibel allein aus dem Blickwinkel kirchlicher Dogmatik unzureichend erschien, ging er dazu über, Bibelstellen mit thematisch ähnlichen Stellen zu vergleichen und damit besser zu verstehen.

1519 wurde Zwingli auf Wunsch der Zünfte als Priester an die Hauptkirche Zürichs, das Großmünster, berufen. Aus Prestigegründen entschied man sich für den ehrgeizigen und gebildeten Priester, der bereits von sich reden gemacht hatte. Von Anfang an setzte er sich über die kirchlich verordnete Perikopenordnung hinweg und legte stattdessen die biblischen Bücher der Reihe nach aus, beginnend mit dem Matthäusevangelium. So wollte Zwingli seinen Zuhörern die Bibel im Zusammenhang vorstellen und auch wenig beachtete Stellen miz einbeziehen. Überhaupt wurde ihm die Bibel zum enzscheidenden Maßstab für Theologie und Gemeindepraxis. In den folgenden Jahren wandte sich Zwingli gegen die Verehrung von Bildern, Reliquien und Heiligen sowie das Zölibat und die katholische Interpretation des Abendmahls. Weil sie nicht aus der Bibel begründet werden konnten.

Im Laufe der Pestepidemie 1519 kümmerte sich Zwingli hingebungsvoll um Infizierte und ihre Angehörigen. Auch er selbst erkrankte so schwer, dass bereits Gerüchte von seinem Tod die Runde machten. Schließlich erholte sich Zwingli trotz abenteuerlicher medizinischer Therapien wieder. Zwinglis Forderung, der Bibel und nicht so sehr menschlichen und kirchlichen Konzepten zu vertrauen, führte vor Ostern 1522 zu einem demonstrativen Brechen der katholischen Fastengebote. Zwinglis Äußerungen erregten den Zorn Papst Hadrians VI., ihm Kanzelverbot erteilte und den Rat der Stadt Zürich aufforderte, den Priester als Ketzer zu ächten. Um diese Fragen katholischer Tradition öffentlich zu klären, kam es 1523 zur Ersten Züricher Disputation. In seinen 67 Schlussreden (Thesen) überzeugte Zwingli die Bürgerschaft, eigenständig über Fragen des Glaubens zu entscheiden mit der Bibel als Argumentationsgrundlage. Zwinglis Reformvorschläge wurden einstimmig angenommen: Heiligenbilder, Klöster, Prozessionen und Salbungen wurden eingeschränkt und abgeschafft. Im Anschluss an die Zweite Züricher Disputation 1523 wurden die Pfarrer verpflichtet, nur noch entsprechend biblischer Lehre zu predigen. Den Laien wurden mehr Rechte zugesprochen. Spenden für Messen für Verstorbene sollten nun den Schulen und der Unterstützung von Armen zugutekommen. Die Eucharistie wurde nur noch als Erinnerungsmahl gehalten, bei dem allen Gläubigen Brot und Wein gereicht wurde.

Zwischen 1524 und 1529 übersetzte Zwingli die Bibel (Züricher Bibel). Zeitgenossen beschrieben Zwingli als freundlich, rothaarig, im Essen und Trinken mäßig und hatte ein freies und fröhliches Gemüt. Zwinglis außerordentliches Erinnerungsvermögen half ihm in seiner ausgedehnten Arbeit, Die Paulusbriefe hatte er auf Griechisch auswendig gelernt. Große Teile des Alten und Neuen Testaments konnte er frei zitieren. Über seine Probleme und Glaubenszweifel sprach er kaum. 1522 heiratete er die Witwe Anna Reinhardt und führte mit ihr eine glückliche Ehe aus der vier Kinder hervorgingen.

Unter seinen Anhängern bildete sich immer stärker eine Fraktion heraus, der die Vorgehensweise des Reformators nicht konsequent genug erschien. Angesichts des bald erwarteten Weltendes lehnte diese Gruppe jede Vermischung mit Staat und Gemeinde vehement ab. Die wahrhaft Frommen sollten zusammenwohnen und sich von der Welt distanzieren. Sie verweigerten die Kindertaufe und praktizierten die Glaubenstaufe, weshalb der Züricher Rat massiv gegen sie vor ging. Nachdem Gespräche nicht fruchteten, wurden sie des Landes verwiesen. Sollten sie diesem Beschluss nicht Folge leisten, drohte ihnen die Hinrichtung. Felix Manz war 1527 einer der ersten von zahlreichen Wiedertäufern, der ertränkt wurde. Viele. Die flüchten konnten. Wurden andernorts von Katholiken. Lutheranern und Reformierten verhaftet und getötet. Nach einem ihrer Führer Menno Simons ließen sie sich Mennoniten nennen.

In den 1520er Jahren vertiefte sich ein Konflikt zwischen Zwingli und Luther. Insbesondere bei der richtigen Deutung des Abendmahls kamen die Reformatoren auf keinen gemeinsamen Nenner. Luther sah im Abendmahl das direkte Heilshandeln Gottes für den Glaubenden, während Zwingli dieses lediglich als Erinnerung an den stellvertretenden Opfertod Jesu Christi sah. Schließlich einigte man sich 1529 weitgehend bei einem Treffen in Marburg. Dennoch verlief die Reformation in Deutschland und der Schweiß in jeweils eigenen Bahnen.

In den folgenden Jahren (1526-1531) kam es zu einer sich immer weiter zuspitzenden Konfrontation zwischen katholischen und reformatorischen Regionen in der Schweiz. Schließlich suchten die Katholiken bei König Ferdinand von Österreich und Kaiser Karl V, Unterstützung, während die Reformierten in einem Bündnis mit Frankreich, Ungarn, Venedig und Hessen arbeiteten. An den sich aus diesen Konflikten ergebenden, kriegerischen Auseinandersetzungen nahm Zwingli als Feldprediger teil. In der Schlacht bei Kappel nahe von Zürich wurden die reformierten Truppen überraschend geschlagen (1531). Hier verlor auch Zwingli das Leben. Um die Züricher zu demütigen, wurde sein Leichnam gevierteilt und verbrannt. Der daraufhin geschlossene Zweite Kappler Landfriede führte zur Lähmung der Reformierten und einer Weile der Rekatholisierung besonders in den Regionen um St. Gallen und im Aargau.

Zwinglis Nachfolger in Zürich, sein langjähriger Mitarbeiter Heinrich Bullinger (1504-1575), festigte die Reformation und schuf mit dem Zweiten Helvetischen Bekenntnis eine bis heute prägende Erklärung aller Reformierten der Schweiz. Zwinglis Schriften wurden schon zu seinen Lebzeiten viel gelesen und wirkten noch über Jahrhunderte hinaus nach. Die Züricher Bibelübersetzung geht auf seine Initiative zurück.

 

Lebenszeugnisse von Knechten Jesu Christi   Teil 34:

Matteo Ricci (1552-1610) 

Lange bevor im 19.Jh. englische Missionare wie Robert Morrison und Hudson Taylor in China das Evangelium predigten, gab es bereits Bemühungen der Assyrischen Kirche des Ostens im 8. und 10.Jh durch die Nestorianer, die die Uiguren und Keraiten zum Glauben führten. So kam es, dass Dschinghis Khan seinen Sohn mit einer christlichen Prinzessin verheiratete. Dennoch waren Fremde in China über Jahrhunderte nicht willkommen, besonders wenn sie für eine andere Religion oder Kultur werben wollten. Im 14.Jh. wurden alle Missionare des Landes verwiesen. Erst im 16.Jh. gelang es dem italienischen Jesuiten Matteo Ricci, das Vertrauen der Chinesen zu gewinnen, so dass der chinesische Kaiser Shen-tsung im Nachruf auf Matteo Ricci bezeugen konnten: „Er ist gekommen, uns Barmherzigkeit und Liebe zu lehren… Er ist wahrhaftig einer von uns geworden.“

Der frühreife Matteo wurde mit sieben Jahren schwer krank und beschloss bereits damals, in den Priesterstand zu treten. Es waren vor allem die Gedanken von Franz von Assisi, die ihn zeitlebens prägten. Doch schloss er sich dem neugegründeten Jesuiten-Orden an. Er erlernte als einer der ersten die chinesische Sprache, doch verwehrte man ihm zunächst den Zutritt ins Landesinnere. Deshalb erlernte Ricci als nächstes die Kultur, Philosophie und Denkweise der Chinesen, um sich ihnen anzupassen. Er ließ sich eine konfuzianische Gelehrtenkleidung anfertigen und übernahm den Lebensstil und die Höflichkeitsformen des Konfuzianismus. Ein weiterer Schritt auf diesem Weg war, dass er und seine Mitbrüder sich chinesische Namen gaben. Niemand sollte sie von nun an für Ausländer halten. Er wollte dem Christentum in China eine für Chinesen verständliche Form geben, die für sie annehmbar und in ihre eigene Kultur integrierbar war.

Das Studium der konfuzianischen Philosophie war also Teil seiner missionarischen Bemühungen. In den klassischen Büchern des Konfuzianismus fand er, dass die Chinesen schon immer ein höchstes Wesen angebetet hatten, den „Kaiser des Himmels“ (T´ein-ti). Auf Konfuzius aufbauend konnte seiner Meinung nach die christliche Mission die wahre Gotteslehre im Lande verbreiten. Ja, Ricci sah in dem alten, chinesischen Philosophen sogar ein Werkzeug Gottes zur Gewinnung Chinas zum christlichen Glauben. Für Ricci war das zentrale Problem der Mission die Frage der Übersetzung des Evangeliums, Übersetzen bedeutete für ihn einpflanzen des Evangeliums in den chinesischen Boden, und er war sich durchaus der Gefahr bewusst, dass dadurch die biblische Lehre verfälscht werden könnte. Daher übernahm er nur bestimmte Begriffe aus den Werken von Konfuzius, die den Chinesen bereits vertraut waren, gab ihnen jedoch eine neue, biblische Bedeutung. Dies funktionierte auch nur deshalb, weil der Konfuzianismus sehr viele Parallelen hatte zur biblischen Lehre. Die sich immer weiter verbreitenden Lehren des Taoismus und Buddhismus lehnte Ricci jedoch als abergläubische Verderbnis der Religion ab.

Die Grundidee des Gründers der Jesuiten, Ignatius von Loyola, zuerst bei den Gebildeten und Mächtigen Eingang zu finden, um später auch das Volk gewinnen zu können, setzte Ricci gezielt um, so dass ihm bald alle Türen offenstanden. Der bekannteste unter den Bekehrten war Hsü Kuang-ch´i aus Shanghai, der Großsekretär des Kaisers, der als solcher sehr einflussreich war in China. Er konnte seine Hand über die Kirche halten, wann immer sie in Gefahr war. 1595 ermöglichte er seinem Glaubensbruder Matteo, in der alten Gelehrtenstadt Nan-shan zu predigen, wo er später den Titel Shen-jen erhielt, den höchsten, den man damals in der chinesischen akademischen Welt erhalten konnte. Ricci war nun als Dr. Li-Ma-tou in den höchsten Kreisen der chinesischen Gesellschaft bekannt. Selbst der Kaiser wurde auf ihn aufmerksam. Beim zweiten Versuch, in die Hauptstadt und somit zur Zentrale der Macht vorzustoßen (1600), wurde er unterwegs ausgeraubt und sogar ins Gefängnis von Tianjin geworfen. Durch ein Schreiben des Kaisers wurde er wieder freigelassen und durfte in die Hauptstadt Peking kommen, wo er dann bis zu seinem Tod 1610 blieb. Der Kaiser, der ihn bald nach seiner Ankunft empfing, war von der Persönlichkeit des Fremden so beeindruckt, dass er ihn des Öfteren in den Palast befahl. Es entwickelte sich eine Freundschaft zwischen den beiden, die es der Jesuitenmission ermöglichte, in Peking zu bleiben. Einer der Mitbrüder Matteos beschrieb ihre Missionsstrategie so: „Wir kleiden uns wie die Chinesen und essen, trinken und leben so wie die Chinesen. Die Zeit jetzt ist nicht eine Zeit der Ernte.“ Die Missionsarbeit Riccis wurde nach seinem Tod fortgesetzt vom deutschen Arzt und Mathematiker Johannes Schreck (1576-1630) und dem Astronom Adam Schall von Bell (1592-1666).

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