„Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe.
Laßt uns nun die Werke der Finsternis ablegen
und die Waffen des Lichts anziehen.“

(Röm.13:12)

– „Such, wer da will, ein ander Ziel“ Teil 8

 

Januar bis Februar 2018

Machet alle Nationen zu Lernenden

Am 10.01.18 flog ich mit meiner Frau Ruth nach Lima, wo wir durch Gottes Gnade wohlbehalten ankamen und von unserem Bruder Ricardo Pineda (63) abgeholt wurden. Nachdem Ruths Eltern inzwischen beide heimgegangen waren, hatte Ruth die elterliche Wohnung in der Nähe vom Stadtzentrum von Lima geerbt. Als wir am Abend die Tür aufschlossen, mussten wir erstmal schnell die Fenster öffnen, da es streng nach Schimmel roch. Die Wohnung musste dringend mal renoviert werden und die ganzen alten und von Motten zerfressenen Möbel und Türen gehörten auf den Sperrmüll. In diesem Zustand konnten wir auf jeden Fall noch keine Gäste zu unserer Hausgemeinde einladen.

Am nächsten Tag wechselten wir erst einmal Geld und kauften auf dem Wochenmarkt ein. Zum Mittag aßen wir Cebiche (ausgesprochen: „Sevitsche“), das peruanische Nationalgericht, das dort in etwa so beliebt ist, wie bei uns ein Döner. Es besteht aus rohem Fisch, der klein geschnitten, mit Limettensaft angemacht wird unter Hinzunahme von Zwiebeln, Chili, Süßkartoffel, Maniok, Seetang und geröstetem Mais. Ich freute mich so sehr, meine Ruth zum ersten Mal nach langer Zeit wieder so glücklich zu sehen. Am späten Nachmittag ging ich mit Ricardo zu seinem Neffen Miguel, der noch nicht gläubig ist. Zunächst spielten wir eine Weile Tischtennis und dann sprach ich ihn auf den Glauben an. Er erzählte uns, dass er bisher immer ein guter Katholik war, aber dass er seit einiger Zeit in einer unehelichen Beziehung lebe. Ihm sei bewusst, dass dies nicht recht sei, aber könne sich auch nicht vorstellen, dass Gott so kleinlich sei und er allein deshalb schon in die Hölle käme. Zudem habe er gehört, dass das Christentum möglicherweise kopiert wurde von der Religion der alten Ägypter. Wir sprachen 2 Stunden mit ihm und beantworteten ihm viele Fragen. Wir merkten, dass er allmählich weich wurde, aber zu einer Lebensübergabe hat es noch nicht gereicht. Trotzdem beteten wir zum Schluss noch zusammen und befahlen ihn dem HErrn und Seiner Retterliebe an.

Am darauffolgenden Tag fuhren wir in die Innenstadt von Lima, um dort das Evangelium zu predigen. Bei einer Bevölkerung von etwa 33 Millionen Peruanern, leben allein 11 Millionen in der Hauptstadt Lima. Lima ist eine ziemlich schmutzige Stadt. Da es nie regnet, sind die Häuserwände meist alle von einer dicken Staubschicht bedeckt. Bedrückend ist auch die allgegenwärtige Armut, weil es hier keinerlei Sozialhilfe gibt; bettelnde Indiofrauen und Kinder finden sich hier zuhauf an jeder Straßenecke. Einer der beiden großen Plätze im Stadtzentrum ist der Plaza de San Martin, wo ich bei der letzten Reise mit Bruder Klaus Rost (46) gepredigt hatte. Dieser Platz eignete sich besonders gut, weil es dort viele Sitzgelegenheiten und schattenspendende Bäume gab. Es war so eine Art Areopag, wo sich Intellektuelle trafen, die keine Arbeit hatten, den ganzen Tag über Politik diskutierten und über die korrupte Regierung schimpften. Doch als wir ankamen, war der Platz durch eine Vielzahl von Polizisten gesperrt, weil es in den Tagen zuvor dort regelmäßige Demonstrationen gegeben hatte mit Sachbeschädigungen. Wir suchten einen anderen Ort in der Fußgängerzone, aber es gab überall viel zu laute Musik Wir stellten uns dann in eine Ecke und ich betete mit ihr, dass der HErr uns doch Weisheit geben möge, was wir tun sollten.

Dann gingen wir zurück zum Platz, wo wir am Rande eine große Menschenansammlung sahen, die einem professionellen Musiker zusah. Plötzlich kam ein Polizeiwagen und hielt an. Zwei Polizisten stiegen aus und erklärten, dass der Musikant alles abräumen müsse, da er keine Erlaubnis habe, dort öffentlich zu spielen. Daraufhin geriet die Menschenmenge in Rage und beschimpfte die Polizisten von allen Seiten. Der Musikant räumte alles ein und zog von dannen, aber die Leute waren aufgebracht, weil es doch schließlich nicht um Politik sondern um Kunst ging. Die Situation drohte zu eskalieren, weil sich die Polizisten allmählich von dem Pöbel bedroht sahen. Beinahe fluchtartig fuhren sie wieder davon, während die Menge nicht wusste, wohin mit ihrer Wut.

Alle standen also noch einen Moment herum, da merkte ich, dass der HErr unser Gebet erhört hatte. Es war, als hätte der HErr mir einen Fußball direkt vors Tor gelegt und ich brauchte den Ball nur noch reinstoßen. So holte ich schnell meine Bibel hervor und fing an, laut das Evangelium zu predigen. Sofort umringte mich die Menge und hörte mir eine Weile zu. Es waren etwa 100 oder 150 Personen. Doch dann ging es los, dass sie mir ins Wort fielen, mir widersprachen und Fangfragen stellten. Es waren überraschend viele Atheisten unter ihnen, aber auch jede Menge junge Leute, die still waren und einfach nur zuhörten. Zeitweise redeten alle gleichzeitig auf mich ein, so dass ich gar nicht wusste, wem ich zuerst antworten sollte. Der HErr schenkte mir aber Konzentration, dass ich die Fangfragen auch immer wieder biblisch beantworten konnte. Doch dann tat sich ein besonders aggressiver Redner hervor, der mir voller Wut eine Standpauke hielt. Zu meiner Überraschung war aber das meiste, was er sagte, im Prinzip richtig, so dass ich mich fragte, warum er eigentlich so wütend war. Es stellte sich am Ende heraus, dass er einer christlichen Sekte angehörte, namens Alpha und Omega, die zwar an die Bibel glaubt, aber zusätzlich noch an andere Dinge wie Außerirdische etc. Auf jeden Fall wurde diese Podiumsdiskussion am Ende ruhig und sachlich geführt, sodass ich Vieles aus dem Wort Gottes erklären konnte.

Als ich mich am Ende verabschiedete, kamen drei Brüder auf mich zu, die wissen wollten, zu welcher Gemeinde ich gehörte usw. Auch einer der Agnostiker wollte sich noch mit mir unterhalten über die scheinbaren Widersprüche in der Bibel. Er holte plötzlich eine völlig zerlesene Bibel aus seinem Rucksack, die an vielen Stellen unterstrichen war, was uns sehr überraschte. Ich gab ihm Zeugnis davon, dass ich selber vor 4 Jahren noch ein Agnostiker war, aber dass sich all meine Argumente in Luft auflösten, als der HErr sich mir offenbarte. Er erzählte uns, dass er aufgrund einer unheilbaren Krankheit mit starken Schmerzen sich das Leben nehmen wollte, aber ein Freund ihm sagte: „Bevor Du das tust, lass uns doch noch mal zu einem brujo (Hexer) gehen, denn vielleicht wird er dich heilen können.“ Und tatsächlich ging es ihm schon kurz darauf wieder viel besser, was er jedoch dem Schamanen zuschrieb. Der fremde Geist, den er sich dadurch eingefangen hatte, hinderte ihn möglicherweise daran, den HErrn anzunehmen.

Auftritt im peruanischen Fernsehen

Am Wochenende fuhren wir in die Wüstenstadt Ica, im Süden von Peru, wo der Bruder von Ruth namens Israel Condori (63) wohnt, zusammen mit seinen beiden Söhnen Jonathan (31) und Joel (30). Ica ist in einem Tal, das umgeben ist von bis zu 200 m hohen Sandbergen (Dünen), die sich kilometerweit bis zur Atacamawüste erstrecken an der Grenze zu Chile. Aufgrund des Klimaphänomens El Niño hat es hier noch nie geregnet; dennoch bekommt der Ort genügend Wasser zur künstlichen Bewässerung aus den Gebirgsflüssen. Bruder Israel hat hier innerhalb einer Art Parzellengebiet ein Landhaus mit einem großen ummauerten Grundstück voller großer Mango-, Avocado-, Maracuja- und Limettenbäumen. Im Haus gibt es einen großen Versammlungsraum und viele Zimmer. Die Sonne scheint dort im Sommer bei ca. 40 °C im Schatten, und auch in der Nacht ist es im Haus mit ca. 35 °C wärmer als draußen, so dass man kaum schlafen kann. Zudem bellen auch noch die ganze Nacht Hunde aus der Nachbarschaft.

In der Nacht zum Sonntag weckte mich Ruth kurz nach 4.00 Uhr, denn die Erde bebte. Wir beteten zusammen um Bewahrung, und noch bevor wir Amen sagten, hatte es auch schon wieder aufgehört. Später erfuhren wir, dass es ein Erdbeben der Stärke 7,2 auf der Richterskala war, und dass es in Arequipa auch Tote und Verletzte gegeben haben soll. Am Morgen fuhren wir nach dem Frühstück zum Friedhof nach Parcona, am Stadtrand von Ica, am Fuße des Gebirges. Ruth weinte am Grab ihrer Mutter und legte Blumen ab. Nach dem Mittag bekamen wir Besuch von den Söhnen Israels zusammen mit Joels Familie. Sie wollten mit uns unsere Silberne Hochzeit feiern und luden uns nach dem Essen zu einem Ausflug ein nach Huacachina, einer Oase in der Wüste, wo man auch schwimmen konnte. Im Anschluss machten wir eine kleine Wüstenwanderung.

Am Abend war dann Gottesdienst mit anschließendem Abendmahl. Nach der Lehre des kanadischen Missionars Dr. Arthur Allen Vincent (1897-1991), der damals all diese Gemeinden mitgegründet und über Jahrzehnte durch Besuche betreut hatte, kann man das Abendmahl nicht am Vormittag feiern, da es ja „Abendmahl“ heiße. Im Anschluss, nachdem alle gegangen waren, erzählte mir Joel, dass eine ehemalige Freundin ihn verklagt habe auf Unterhaltszahlung, da er mit ihr einen Sohn gezeugt habe. Er hatte dies zunächst abgestritten und einen Vaterschaftstest verlangt. Jetzt aber hatte sich herausgestellt, dass er wirklich der Erzeuger sei. Joel bat mich um Rat, und ich schimpfte mit ihm, welche Schande er als Sohn gläubiger Eltern auf den Namen des HErrn gebracht habe. Es sei nun eine Selbstverständlichkeit, dass er zur Strafe jetzt auch für seinen unehelichen Sohn Unterhalt zahlen müsse. Er weinte vor mir und bat den HErrn im gemeinsamen Gebet um Vergebung. Leider wollte seine Ex-Freundin nichts mehr mit ihm zu tun haben, weshalb eine Versöhnung nicht möglich sei. Ich empfahl ihm, dass er sie wenigstens um Vergebung bitten solle für all das Unrecht, dass er ihr angetan habe und alle ihre Forderungen erfüllen müsse.

Für Montagvormittag hatte Israel ein Treffen organisiert mit dem lokalen Fernsehsender Canal 9. Er hatte mir schon vor ein paar Tagen angekündigt, dass ich dort als Deutscher die Möglichkeit bekommen würde, in einem Interview etwas über Deutschland, Peru und die Zukunft der Welt zu sagen. Deshalb betete ich zum HErrn, dass Er diese Gelegenheit gebrauchen möge, um mir die richtigen Worte in den Mund zu legen zum Zeugnis. Bei der Bibellese am Morgen kam mir in Mt. 9:36-38 der Gedanke, dass auch die Peruaner im doppelten Sinne ohne „Hirten“ waren. Denn die Präsidenten der letzten 20 Jahre waren alle korrupt und hatten die Staatskasse um viele Millionen Dollar ausgeplündert, während das Volk z.T. in bitterer Armut lebte. Hinzu kam die immer weiter angestiegene Verbrechensrate in Peru. Schon bei geringsten Überfällen werden die Opfer gleich erschossen. Auch hat sich die Mafia in Lima breit gemacht und erpresst die Geschäfte. Ein Ladenbesitzer, der sich weigert, Schutzgeld zu bezahlen, dessen Laden fliegt schon kurz darauf in die Luft. Auch Bürgermeister, Präfekten oder Stadträte arbeiten oftmals mit der Mafia zusammen. Sogar Kinder werden häufig zu Mördern, weil sie strafunmündig sind.

Da wir etwas verspätet zum vereinbarten Live-Interview kamen, gab es keine Möglichkeit mehr, vorher noch mit dem Moderator der Fernsehanstalt zu sprechen. Es blieb nur noch Zeit, mir ein Mikrofon anzustecken, denn die Live-Sendung ging schon los. Die erste Frage, die er mir stellte, war, wie ich als Deutscher die gegenwärtige politische Situation in Peru einschätzen würde. Zum Glück hatte ich mich zuvor etwas informiert über den Präsidenten Pedro Pablo Kuczinsky (von allen einfach nur „PPK“ genannt) und den sog. Odebrecht-Skandal, in den er verwickelt war. Um mich jedoch nicht zu blamieren, lenkte ich das Gespräch auf die weltweiten Krisen und erklärte, dass sich durch diese biblische Prophezeiungen erfüllen würden. Nur einmal kam ich kurz ins Stocken, als ich über die Staatsverschuldungen sprach und nicht wusste, wie man das Wort „Insolvenzverschleppung“ übersetzt. Und dann kam die Frage, welchen Lösungsvorschlag ich denn sehen würde für all diese Krisen. Ich sagte: „Es wird Sie vielleicht überraschen, wenn ich das sage, aber es gibt keine Lösung! Die Welt ist dem Untergang geweiht, weil sie sich von den Geboten Gottes abgewandt hat. Die Apokalypse ist unaufhaltsam, und sie ist schon in der Bibel vorhergesagt worden. Die einzige Möglichkeit zur Rettung besteht darin, sich Jesus Christus anzuschließen, indem man Ihn als HErrn und zukünftigen Weltherrscher anerkennt.“ Dann sprachen wir noch über den falschen Messias, der kurz vor der Wiederkunft Christi kommen würde. Und wenn der Fragesteller mich auch vielleicht für verrückt gehalten hatte, so ließ er sich dies nicht anmerken. Nach 20 Minuten war das Interview vorbei, er bedankte sich und wir gingen.

Da wir am Mittwoch nach Ecuador reisen wollten, mussten wir schon am Nachmittag nach Lima zurück. Weil es dort auf dem Land kaum Firmen oder Fabriken gibt, sind die Gläubigen in Ica z.T. sehr arm; deshalb hatten wir für sie Spenden aus Deutschland mitgebracht und Spielsachen für die Kinder. Mit der Verteilung hatten wir Roxana und Israel beauftragt, da diese die Armut und die Bedürfnisse der Geschwister besser kennen als wir. Nachdem wir am Abend wieder in Lima angekommen waren, aber noch einen Tag Zeit hatten vor unserer Abreise nach Ecuador, sind wir am Folgetag nachmittags ins Stadtzentrum gefahren, um das Evangelium zu verkünden. Wie sich dann herausstellen sollte, war die gute Hand unseres Gottes über uns:

Menschenfänger

Der Plaza de San Martin war diesmal zugänglich, und überall sah man größere Menschenansammlungen, wo jeweils Vorträge gehalten wurden über politische oder religiöse Themen. Ich ging zu einem der drei oder vier Vorträge und erkannte schnell, dass der Redner mir noch von meiner letzten Reise in 2016 bekannt war. Er erklärte den Menschen den Marxismus und behauptete, dass man alle Gesellschaftssysteme in zwei „Konzepte“ (Gruppen) aufteilen könne, nämlich die „Materialisten“ (die Guten) und die „Idealisten“ (die Bösen). Zur Letzteren zählten in seinen Augen natürlich auch die Religiösen, insbesondere die Katholiken, weil sie die Menschen auf ein besseres Leben vertrösten würden, um sie dadurch umso leichter unterdrücken und ausbeuten zu können. Ich entgegnete ihm, dass der Marxismus ja selber eine idealistische Religion sei und dass der Kommunismus Millionen von Toten verursacht habe. Jesus aber habe hingegen Gewaltlosigkeit gepredigt, weshalb all jene keine Christen seien, die Gewalt verüben. Er liess mich insgesamt nur dreimal sprechen, aber dann nicht mehr zu Wort kommen. Zum Glück gab es dafür andere, die ihm auf hohem, intellektuellem Niveau widersprechen konnten. Allerdings war die Mehrzahl der Zuhörer auf der Seite des Marxisten, weil er ihnen wegen seines bescheiden. indigenen Aussehens sympathischer erschien. Zum Schluss ließ der Marxist einen Klingelbeutel durch die Reihen gehen mit dem Hinweis, dass er von diesen Vorträgen leben würde.

Dann ging ich zur nächsten Menschenansammlung von etwa 100 Leuten, wo zwei junge Burschen mit Mikrofon und Verstärker den kurz bevorstehenden Besuch des Papstes Franziskus in Lima anprangerten. Es stellte sich bald heraus, dass es sich bei diesen um Nationalisten handelte, welche die Prä-Inka-Kultur als ein goldenes Zeitalter glorifizierten. Als mich einer der Redner sah mit meiner Bibel in der Hand, lud er mich ein, nach vorne zu kommen, um einen Kontrastandpunkt zu vertreten. Daraufhin folgte eine fast eineinhalbstündige, z.T. hitzig geführte Debatte, in welchem wir beide jeweils immer 5 Minuten sprachen und dann dem anderen das Mikrofon überreichten. Wir sprachen über die Evolutionstheorie, über die Eroberung des Inkareiches und die Kirchengeschichte. Vor allem aber durfte ich immer wieder die Evangeliumsbotschaft erklären. Mein Gegner, namens Leonardo, wurde häufig sehr ausfallend und sagte immer wieder „Caracho!“ („Verdammt nochmal!). Und wenn ich mal lauter wurde, sagte er: „Bruder, reg dich ab, denn als Christ musst du doch sanftmütig sein wie eine Taube!“ Ich entgegnete: „Ach, und du etwa nicht?!“ und er sagte: „Nein, denn ich bin ja vom Teufel, deshalb darf ich alles!“ -was zu allgemeinem Gelächter führte. Am Ende lud mich Leonardo für den 30.01. ein, die öffentliche Debatte über scheinbare Widersprüche in der Bibel fortzusetzen.

Als ich mich dann verabschiedete, gingen einige hinter mir her und stellten mir Fragen über das Evangelium und den Heilsplan Gottes. Mir fiel auf, dass die Zuhörer auf dem Platz wesentlich einfältiger und ungebildeter waren als die Redner. Wahrscheinlich verstanden sie nur die Hälfte von dem, worüber wir redeten, sondern wollten einfach nur von ihrem Gefühl her sehen, welcher der beiden Redner irgendwie auf sie den besseren Eindruck machte. Die Redner waren daher im Grunde wie „Rattenfänger“ (oder biblisch gesprochen: „Menschenräuber“), denen die Menge bereitwillig alles abnahm, wenn es nur irgendwie intelligent klang. Umso wichtiger ist es, dass auch wir Gläubigen den gekreuzigten Christus verkünden, denn der Feind schläft nicht. Plötzlich fiel mir ein, dass ich mir von meinem Schwager ein paar Traktate geben ließ mit seinem Stempel, die ich herausholte und die mir förmlich aus der Hand gerissen wurden. Währenddessen gesellte sich ein anderer Bruder zu uns und erklärte die Heilsbotschaft, und als Ruth mich am Ärmel zog, weil sie nach Hause wollte, nahm er das Heft in die Hand und predigte weiter. Möge der HErr diesen Dienst segnen und zu dem ein oder anderen gesprochen haben! Und möge der HErr mich vor Hochmut bewahren, indem mir allezeit bewusst sei, dass ich nur ein unnützer Knecht bin, der nur seine Schuldigkeit tut.

Reise nach Guayaquil

Am Morgen machten Ruth und ich uns auf den Weg nach Guayaquil, der größten Stadt in Ecuador, zusammen mit Bruder Ricardo. Zum Glück ist auch er genauso kommunikativ wie meine Frau, denn dem Redebedarf, den Ruth hat, könnte ich nie gerecht werden. Ricardo ist von seinem Wesen her etwas neurotisch und überängstlich. Er muss immer alles unter Kontrolle behalten. Das konnte zuweilen ziemlich anstrengend werden, da ich ja genau das Gegenteil bin. Gerade solch eine Reise kann man gar nicht so genau planen, sondern muss sich einfach auch ein wenig leiten lassen, um zu erkennen, was Gott mit einem vorhat. Aber zum Glück war er wenigstens nicht empfindlich oder beleidigt, sondern hat eher ein dickes Fell. Theologisch gesehen unterscheiden wir uns in unserer Auffassung über die zahlreichen Kirchen und Benennungen. In Ricardos Augen handelt es sich bei all diesen um „falsche Religionen“, die von Freimaurern gegründet wurden und die Menschen betrügen. Als ich ihn darauf hinwies, dass sogar Laodizäa zu den Leuchtern zählt, in deren Mitte der HErr wandelt, behauptete er einfach, dass die Evangelikalen, Baptisten oder Pfingstler nicht zu Laodizäa gehören würden.

Als wir in Guayaquil ankamen, holte uns Bruder Felix Ramirez (45) vom Flughafen ab. Obwohl nur 34 °C auf dem Thermometer waren, fühlte sich die subtropische Luft eher wie 50 °C heiß an, wie in einem Backofen. Felix sagte: „Obwohl ich hier geboren bin, werde ich mich nie an diese Hitze gewöhnen.“ Er fuhr uns zu seiner Mutter Gladys Ramirez (77) nach Chongon, einer Ortschaft etwa 25 km westlich, wo wir auch übernachten sollten. Zusammen mit Felix` Familie aßen wir Abendbrot und unterhielten uns über die Vergangenheit. Felix erzählte uns, dass die Brüder Nelson Mogollon und Jorge Calvache inzwischen gestorben seien. Seit dem Scheitern unseres Kinderheim-Projekts 1996 war ich kaum noch in Ecuador gewesen. Deshalb musste ich ihnen bekennen, dass ich damals auch meinen Glauben an Gott verlor, worüber sie sehr erschrocken waren. Ich erzählte ihnen die Umstände und wie der HErr mich vor 4 Jahren wieder zurückholte aus der Verbannung. Am Ende sagte Gladys: „Simon, du machst mir ja richtig Angst. Mach das bloß nie wieder, dass du einfach den guten Hirten verlässt!“ Ich versprach es ihr.

Ecuador ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Bananenrepublik, denn das Land ist der größte Bananenexporteur der Welt. Dabei gibt es zudem etwa zehn verschiedene Sorten: Angefangen von der großen grünen Banane (die ausschließlich zum Braten verwendet wird und wie Kartoffelpuffer schmeckt) bis hin zu den kleinen Guineos (die helloranges Fruchtfleisch haben und sehr süß sind). Darüber hinaus wird in Ecuador aber auch viel Kakao angebaut und exportiert, sowie Riesengarnelen. Am Morgen sind wir nach dem Frühstück in die 3-Millonen-Stadt Guayaquil gefahren. Zunächst besichtigten wir den berühmten Leguan-Park, in welchem es Hunderte von Riesen-Leguane gibt, die frei umherlaufen und fast so groß wie Krokodile sind. Die meisten dösten auf den Mangrovenbäumen in der Sonne und warteten auf die nächste Mahlzeit.  Es war wieder brühend heiß und wir tranken zusammen jeder zwei Becher Guaven-Saft mit Eiswürfeln. Dann gingen wir zum Guayas-Fluss, der über einen Kilometer breit war und eine starke Strömung hatte. Leider hatte es mich dann doch (wie immer) erwischt, dass ich Durchfall bekam, was auf Reisen nicht sehr angenehm ist, weil man nicht immer eine Toilette in der Nähe hat. Dem HErrn sei Dank – fand sich aber schon bald eine öffentliche Toilette.

Gegen Mittag gingen wir in einen Stadtpark, wo viele Leute im Schatten der Bäume ihr Mittagsschläfchen hielten. Ich war erschrocken, wie viele Bettler es in der Stadt gibt, besonders Kinder und ältere Menschen, die barfuß und völlig verdreckt waren. So viel hatte es m. E. vor 20 Jahren noch nicht hier gegeben, als ich das letzte Mal mich für mehrere Monate hier aufhielt. Wir beteten gemeinsam. Ich fing an zu predigten, und von etwa 20 Leuten im Umkreis hörten mir gerade einmal nur 5 Leute zu. Die anderen schauten desinteressiert auf ihr Handy oder unterhielten sich untereinander. Dann gingen wir etwas weiter und Ricardo predigte, aber leider viel zu leise, so dass die Leute ihn schon aus der Nähe kaum verstanden, geschweige denn Interesse zeigten. Wir gingen dann noch weiter zu einem Kleidermarkt, wo ich predigte, aber wieder genau das Gleiche: alle schauten mich nur gelangweilt an oder gingen einfach weg. Ich war zwar traurig, aber nicht entmutigt. Es wäre auch unrealistisch, wenn man jedes Mal einen solchen Erfolg erwartet wie bei den letzten Malen. Wir fuhren also wieder zurück im Bus.

Am Abend hatten wir Bibelstunde in Guayaquil mit der ganzen Versammlung, etwa 15 Geschwister und 7 Kinder. Zu meiner Überraschung wurde diese unter freiem Himmel abgehalten, nämlich im gepflasterten Vorgarten des Hauses, sodass auch die unmittelbare Nachbarschaft diese mitverfolgen konnte. Bei geschätzten 30 °C, die es abends immer noch heiß war, war diese Gewohnheit sicherlich vernünftig. Eine Besonderheit, an die ich mich aber inzwischen schon längst gewöhnt hatte, war, dass hier die Männer den Frauen zur Begrüßung immer ein Küsschen auf die rechte Wange geben. Männer hingegen umarmen sich nur und geben sich keinen Kuss (wie bei den Russlanddeutschen). Diese Tradition ist in Südamerika auch bei Ungläubigen üblich. Ricardo predigte über Römer 8 und ich über die Sendschreiben. Danach hatten wir ein gemeinsames Liebesmahl und unterhielten uns über die Vergangenheit. Bruder Dr. Galo Granados (70), der früher auch zu dieser Gemeinde gehört hatte, sich aber dann einer liberaleren Gemeinde angeschlossen hatte, war wegen uns auch gekommen und lud mich für den Sonntag in 9 Tagen ein, in seiner Freikirche zu predigen, was ich dankbar annahm.

Reise ins Gebirge und in den Urwald

Am nächsten Morgen litt ich massiv an Durchfall, ausgerechnet wo wir doch heute ins Gebirge fahren wollten! Es war schlimm, denn ich hatte in der Nacht sogar die Matratze der Geschwister verunreinigt. Ich hätte gestern nicht am Abendessen teilnehmen dürfen! sagte ich mir. Aber ich demütigte mich im Gebet darunter und aß den ganzen Tag kaum etwas. Bevor wir dann losfuhren, kauften wir noch schnell ein paar Medikamente. Die 5,5-stündige Busfahrt durch das Andengebirge war ziemlich anstrengend, zumal der Bus immer wieder anhielt, um neue Passagiere mitzunehmen, meistens Indios. Auch stiegen jedes Mal Verkäufer von Kokosmilch, Früchten, gerösteten Bohnen und sogar Hühnersuppe in den Bus, um ihr Essen an die Passagiere zu verkaufen. Die Anden liegen etwa 3.000 bis 4.000 m über dem Meeresspiegel. In dieser Höhe gibt es vor allem Eukalyptusbäume und Gräser, aber teilweise auch noch Ackerbau an den Berghängen. Von dieser Plattform gehen dann die Berge bis zu 6.900 m hoch. Gerne hätte ich mit Ruth und Ricardo mal eine Bergwanderung gemacht, aber das würde meine Frau kräftemäßig kaum schaffen. Dabei kann man noch bis 4800 m mit dem Auto hochfahren. Dort oben ist natürlich nur noch eine „Mondlandschaft“ aus Geröllsteinen, wo nichts mehr wächst. Und ab 5.000 m beginnt dann die Schneegrenze. Wenn man aber an einem Tag innerhalb weniger Stunden von der Küste bis auf eine Höhe von 3.000 m fährt, dann spürt man nicht nur einen Druck in den Ohren, sondern auch Kopfschmerzen und hat das Gefühl, dass man nicht genügend Luft bekommt. Sogar die Haut bekommt eine leichte violette Färbung aufgrund des geringeren Sauerstoffgehalts in der Luft. Der Körper braucht meist einen Tag, bis er sich an die Höhe gewöhnt hat.

Am späten Nachmittag kamen wir in Ambato an, das auf 2.570 m in einem Tal auf der Rückseite der Anden liegt, am Fuße des Vulkans Chimborazo (6.310 m), der aufgrund seiner Entfernung zum Erdmittelpunkt als der höchste Berg der Erde gesehen werden kann. Woran wir jedoch nicht gedacht hatten, war, dass es oben im Gebirge natürlich viel kälter ist als unten an der Küste, etwa 8 – 10 °C. Wir hatten nur Sandalen mit und kurzärmlige Hemden. Ricardo schämte sich nicht, sich einfach seinen langärmligen Pyjama überzuziehen, was wirklich sehr lustig aussah. Wir fanden ein Hotel für 10 $ pro Nacht, wo wir warm duschen konnten. Die Indios hier sprechen mit einem starken Akzent, der fast etwas Portugiesisch klingt.

Am nächsten Morgen machten wir uns früh auf, ließen unsere Sachen im Hotel und fuhren mit dem Bus in den Urwald nach Puyo, wo es für Touristen eine ganze Menge zu sehen gab. Die dreistündige Busfahrt ging praktisch 2.500 Meter die Anden herab, und wir hatten eine wunderschöne Aussicht auf die gewaltigen Berghänge, Wasserfälle und reißenden Flüsse unten in den Bergschluchten. Am Vormittag besuchten wir einen Tierpark in Baños, einem Vorort von Puyo, wo man Affen, Papageien, Pumas, Bären, Tapire und sogar Kondore besichtigen konnte. Am Nachmittag machten wir in Puyo eine Wanderung durch den Regenwald, entlang des Puyo-Flusses. Weil es gerade zuvor geregnet hatte, war die Luft schwülwarm, aber angenehm sonnig bei etwa 27 °C (normalerweise ist es hier bis zu 40 °C). Zum Glück hatten wir Repelente mitgebracht, d.h. eine Schutzcreme gegen Mückenstiche, denn an Flussläufen gibt es hier sehr viele Moskitos. Es war wirklich wunderbar, all die vielen Pflanzen zu sehen, wie Gott sie geschaffen hat: riesige Bäume, ungewöhnliche Palmen und Orchideen und einen großen Ameisenbau in 2 m Höhe direkt an einem Baum angebaut. Wir waren alle sehr beeindruckt. Leider konnte ich keine Fotos machen, weil mein Handy nicht mehr zu laden war (scheinbar der Akku kaputt). Wir hätten uns auch noch die Indianersiedlungen ansehen können, von denen es zahlreiche gab, aber die Zeit hätte dafür nicht mehr gereicht. Am Ende unserer Wanderung, sahen wir an einer breiten Stelle des Flusses etwa 20 Personen stehen und bei näherem Hinsehen stellte sich heraus, dass eine alte Frau getauft wurde – mitten im Urwald! Was für ein schöner Anblick! Dem HErrn sei Dank! Am Abend fuhren wir wieder die 2.500 m hinauf nach Ambato, wo unser Hotel war.

Wenn man zu dritt solch eine lange Reise macht, dann können immer wieder Spannungen entstehen, weil jeder seine eigenen Bedürfnisse und Interessen hat. Umso wichtiger ist es dann, auf einander Rücksicht zu nehmen und sich von der Liebe Gottes leiten zu lassen. Am Morgen hatten wir eine Diskussion über die Weiterreise. Ruth und Ricardo wollten nicht länger mit dem Bus fahren, weil ihnen das zu anstrengend war. Eine Busfahrt nach Bogota (Kolumbien) dauert von Quito aus 23 Stunden, kostet aber auch nur umgerechnet rund 25 Dollar. Ein Flug hingegen würde uns mindestens das Zehnfache kosten, und dann auch noch zurück, und das zu zweit, da sind wir vielleicht schon bei 1000 Dollar! Aber so viel Geld wollten Ruth und ich nicht ausgeben, weil unser Reisebudget begrenzt war. Wir überlegten also, auf Kolumbien zu verzichten, aber das wollte Ricardo nicht, und ich eigentlich auch nicht, weil ich Bruder Pepe Gomez dann sehr enttäuschen würde, den ich schon zweimal versetzt hatte. Ruth aber wollte auf dem schnellsten Weg wieder zurück nach Lima, weil sie starke Schmerzen hatte und es überhaupt bereute, mitgekommen zu sein. Sie bot an, dass Ricardo und ich doch alleine unsere Reise fortsetzen könnten und sie direkt nach Lima fliege. Wir entschieden uns dann aber, dass wir erst mal eine längere Gebetsgemeinschaft haben sollten, um uns dann vom HErrn leiten zu lassen, wie es weiter gehen soll.

Nach dem Gebet ging es Ruth schon deutlich besser. Allerdings litten wir alle inzwischen unter Kopfschmerzen und Atembeschwerden, weil dieser ständige Wechsel zwischen den Klimazonen auf den Kreislauf schlägt. Besonders Ricardo hatte zeitweise richtig Atemnot. Zum Glück hatten wir japanisches Minzöl dabei, das ihm sehr half. Wir frühstückten und fuhren mit dem Bus nach Quito, der Hauptstadt von Ecuador, die nur etwa 2,5 Stunden entfernt lag. Quito ist mit 2.850 m überm Meeresspiegel die höchstgelegenste Hauptstadt der Welt, aber mit 31 °C deutlich wärmer als Ambato, da Quito direkt auf der Äquatorlinie verläuft (daher kommt auch der Name von ECUADOR). Wir fanden eine Herberge im Stadtzentrum für 7 Dollar/Nacht, die sogar noch komfortabler war, als die in Ambato, und erkundigten uns über Flugpreise. Es stellte sich dann heraus, dass ein Flug von Quito nach Bogotá hin- und zurück zwischen 400 bis 600 Dollar kostet, was uns doch zu teuer war. Deshalb entschieden wir uns nach Gebet und reiflicher Überlegung, unseren Plan zu ändern und ein weiteres Mal auf Kolumbien zu verzichten.

Nach dem Mittagessen gingen wir in die historische Altstadt von Quito mit ihren vielen Kathedralen aus der Kolonialzeit. Quito ist eine sehr katholische Stadt, deshalb waren an diesem Sonntag auch alle Geschäfte geschlossen. Hier finden regelmäßig Prozessionen statt, bei welchen sich die Männer mit nacktem Oberkörper selbst geißeln oder sich mit Stacheldraht fesseln lassen. Die Priester tragen dazu unheimliche Büßer-Kutten, die an den KuKluxKlan erinnern, oder schwere Holzkreuze, die sie durch die Straßen schleppen. Wir gingen auf den großen Marktplatz von Quito, wo sich zu meiner Freude viele Menschen befanden, genauso wie in Lima. Ich ging zu einem der Menschenansammlungen hin und – siehe da! – zwei Christen diskutierten mit den Zuhörern und erklärten, dass die einzig gültige Taufe diejenige sei „im Namen des HErrn Jesus“, aber auf keinen Fall nur „im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Ich hörte eine Weile zu und warf dann die Frage auf, warum dies eigentlich so wichtig sei und ob es überhaupt ein Thema sei, um darüber einen öffentlichen Disput zu führen, wo doch viele Zuhörer noch nicht einmal gläubig sind. Als sie dann auch noch über die Frage der Dreieinigkeit diskutieren wollten (es waren offensichtlich Unitarier), habe ich mich umgedreht und mit den neben mir Stehenden über das Evangelium gesprochen, so dass sich allmählich zwei Gruppen bildeten. Die Leute stellten erfreulicherweise sehr gute Fragen, die ich von der Bibel her beantworten durfte. Doch dann trat ein Mann herzu, der scheinbar der „Gnosis“ angehörte, denn er lehnte das Alte Testament ab. Da er mich kaum zu Wort kommen ließ, bot ich ihm an, eine eigene Diskussionsgruppe zu beginnen, wo er dann alleine sprechen könne. Er wurde dann still, notierte sich aber Argumente, die er mir entgegensetzen wollte. Da ich z.B. nur die Reina-Valera-Übersetzung hatte, die auf dem Textus receptus basiert, er aber eine Nestle-Aland-Übersetzung hatte, wollte er dadurch beweisen, dass meine Bibel verfälscht wurde, da ganze Sätze in seiner Bibel fehlten. Damit er die ahnungslosen Zuhörer nicht noch mehr verwirrte, gab ich eine etwas längere Erklärung, wie sich diese tatsächliche Diskrepanz aus meiner Sicht erklären ließe. Von da an ließ ich ihn auch nicht mehr zu Wort kommen, weil ich merkte, dass der Feind ihn geschickt hatte.

Nach etwa zwei Stunden verabschiedete ich mich von der Menge und ging mit Ruth zum Hotel. Auch Ricardo hatte viele Gespräche gehabt, wie er erzählte. Als wir ankamen, sollte ich etwas für einen Hotelgast übersetzen. Es war ein Ägypter, der kaum Spanisch konnte, dafür aber Englisch. Es war ein koptischer Christ, der mich auf eine Tasse Tee einlud. Er kannte die Bibel ziemlich gut und konnte mir Stellen nennen, die scheinbar die Abbildung von Jesus oder den Heiligen und sogar die Fürbitte durch Maria rechtfertigen. Ich war schwer beeindruckt, entgegnete ihm jedoch, dass wir aber nicht über das hinausdenken dürfen, was geschrieben steht (1.Kor.4:6).

An unserem vorletzten Tag im Gebirge wollten wir nochmal einen Ausflug nach Otavalo machen, einer Kleinstadt im Hochgebirge, von wo aus man schöne Bergwanderungen unternehmen kann. Die Indio-Frauen, die hier wohnen, tragen Hüte und übertrieben viele goldfarbene Ketten an ihrem Hals, weil dies ihre Tradition ist. Männer und Frauen tragen beide lange Haare mit Pferdeschwanz und Mittelscheitel, so dass man sie nur durch die langen Röcke der Frauen voneinander unterscheiden kann. Als erstes sind wir durch einen Wald mit riesigen Eukalyptusbäumen zu den Wasserfällen von Peguche gewandert, die etwa 80 Meter in die Tiefe rauschten. Dann haben wir eine Höhle entdeckt, die voller Altäre mit Opfergaben für „Mutter Erde“ war. Ebenso ein Indianerzelt, wo die Schamanen Krankenheilungen ausüben. Nach dem Mittagessen sind wir zu einem etwa 9 km großen und 145 m tiefen Gletschersee mit glasklarem Wasser gefahren, der in 3.068 m Höhe liegt. Diese Laguna de Cotacachi ist eigentlich der Krater eines noch immer aktiven Vulkans, aus dem unentwegt Gase emporsteigen. Deshalb gibt es auch keine Fische im See, dafür aber zwei Berginseln mit üppiger Vegetation. Bei der Vielzahl an visuellen Eindrücken kann ich nachvollziehen, warum Humboldt sich die Mühe machte, vor 200 Jahren all diese Naturphänomene genauestens zu beschreiben, denn einen Fotoapparat hatte er damals ja noch nicht gehabt.

Nachdem wir die Nacht wieder in Quito verbracht hatten, sollte es heute wieder zurück nach Guayaquil gehen. Da unser Flug aber erst um 17.00 Uhr ging, war ich am Vormittag noch mal auf den großen Marktplatz gegangen. Dort waren wieder sehr viele Menschen, allerdings diesmal hauptsächlich Anhänger der politischen Opposition, weil eine Großdemonstration gegen den Ex-Präsidenten Correa stattfinden sollte. Dieser hatte das Land mit seiner sozialistischen Regierung über 10 Jahre lang wie ein Diktator regiert und danach eine Marionette seiner sozialistischen Partei namens Lenin Moreno als seinen Nachfolger ernannt, während er weiterhin im Hintergrund die Strippen zog und die Verfassung ändern ließ, um danach noch einmal für eine 3. Amtszeit wiedergewählt zu werden. Die Menschen waren voller Wut gegen das korrupte Establishment, das sich auf Kosten von enteignetem Privatbesitz reicher Bürger selbst bediente (Auch mir selbst wurde ja in Ecuador zehn Jahre zuvor mein Haus faktisch enteignet, das ich 1992 in Daule nördlich von Guayaquil gekauft hatte, um es als ein Kinderheim umbauen zu lassen, wozu es damals aber nicht mehr kam). Bei all dem Geschrei fühlte ich mich ziemlich entmutigt zu predigen. Da hörte ich von der anderen Seite des Platzes einen jungen Mann mit aufgeschlagener Bibel laut das Evangelium predigen. Da nahm ich es aus der Hand des HErrn, dass Er einen anderen Bruder bestellt hatte.  Später flogen wir dann wie geplant nach Guayaquil.

„Gott ist treu“

Zurück in Guayaquil fuhren wir wieder mit Ricardo und Felix ins Stadtzentrum, das etwa 30 km entfernt ist vom Haus unserer Gastfamilie. Wir gingen wieder in den Park, wo wir das letzte Mal waren, und ich begann, einfach nur laut aus der Bergpredigt vorzulesen. Leider war auch diesmal keine Reaktion bei den Leuten zu erkennen. Einer stand sogar auf und setzte sich woanders hin, weil er seine Ruhe haben wollte. Mich kränkte das aber nicht, sondern ich las einfach immer weiter über mehrere Kapitel. Auch diesmal war wieder eine Bullenhitze, und da ich mir das Gesicht nicht eingecremt hatte, war ich am Abend rot wie ein Hummer. Nach dem Mittag haben Ruth und ich dann bewusst die vielen Bettler aufgesucht, um ihnen Essen und Trinken zu kaufen. Das taten wir meist ganz pragmatisch, indem wir ihnen anboten, sich im Schnellimbiss ein Essen auszusuchen. Geld gaben wir immer nur in Ausnahmefällen, damit sie es nicht für unsinniges Zeug ausgeben. Besonders ältere Mütterchen wurden von uns bevorzugt, weil sie häufig keine Möglichkeit mehr hatten, sich anders als durch Betteln ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Auf der anderen Straßenseite sahen wir dann einen Krüppel, der von einem Mann gewaschen wurde. Ich vermute, dass dieser auch ein Kind Gottes war, der sich dieses Elenden erbarmt hatte. Das hat uns alle sehr bewegt.

An nächsten Tag haben wir den alten Bruder Enriquez (80) besucht, der inzwischen an Alzheimer litt und kaum Besuch bekommt. Er wohnte in den „Suburbios“ (Slums) der Stadt, d.h. in ziemlich bescheidenen Verhältnissen. Da er nie geheiratet hatte, wurde er von seinen beiden Nichten gepflegt. Er konnte nicht mehr sprechen, aber er freute sich über den Besuch, auch wenn er sich nicht mehr an mich erinnern konnte. In dem kargen Zimmer, wo er saß, schaute er auf eine verputzte aber ungestrichene Wand, auf der jemand mit oranger Farbe geschrieben hat: „Dios es fiel“ („Gott ist treu“). Das hat mich sehr berührt, dass er trotz seiner eingeschränkten Hirnaktivität den ganzen Tag auf diesen Schriftzug schaute, um zu wissen, dass Gott immer bei ihm war und immer treu zu ihm bleiben würde! Da er nicht mehr richtig laufen konnte, schaffte er es häufig nicht mehr rechtzeitig auf Toilette. Deshalb ließ Ruth ihm später den mobilen Topfstuhl ihrer Mutter schicken, der ähnlich wie eine Camping-Toilette funktionierte.

Am letzten Tag vor unserer Abreise hat uns Bruder Dr. Galo Granados (70) abgeholt und zum Gottesdienst in seine Gemeinde gefahren, die am Stadtrand von Guayaquil in einer sehr ärmlichen Siedlung liegt, damit ich dort predigen möge. Er hatte uns aber nicht verraten, dass es eine Pfingstgemeinde war, aber schon von 30 m Entfernung konnte man dies hören. Ich war noch nie in einer deutschen Pfingstgemeinde, aber dafür schon sehr oft in südamerikanischen Pfingstgemeinden, die es besonders viel unter den Armen gibt. In diese wird zwar eher selten in Zungen geredet oder geweissagt, dafür aber sind sie sehr laut. Vorne sang und spielte der sog. „Vorsänger“ und die anderen begleiteten seinen Gesang bis zu drei Stunden ununterbrochen mit Tanz und Zwischengesang. Das letzte Mal war ich eingeladen auf der Hochzeit von Bruder Henry Tippner, bei der es ganz ähnlich zuging. Mich stört diese völlig andere Art des Gottesdienstes nicht wirklich, es ist einfach nur befremdlich und gewöhnungsbedürftig. Als Gäste durften wir natürlich ganz vorne sitzen, genau neben dem Lautsprecher aus dem ein Klang mit über 100 Dezibel erschall. Der Sänger war noch sehr jung, aber äußerst talentiert. Selbst als Nicht-Pfingstler kann man nicht leugnen, dass er absolut „begabt“ war für diesen Dienst.

Heute sollte das zweite Mal sein, dass ich in einer Pfingstgemeinde predigen durfte. Das letzte Mal hatte mich Bruder Jorge Calvache eingeladen vor 26 Jahren, auch in Guayaquil. Damals war ich aber so töricht, dass ich die Gelegenheit dazu missbrauchte, um ausgerechnet gegen die Geistesgaben zu predigen. Meine damalige Predigt war lieblos und pharisäerisch, aber ich war damals auch erst 23 und entsprechend unreif. Heute aber predigte ich auf liebevolle Weise über die geistliche Reife durch das Ablegen der fleischlichen Lüste (1.Kor.3:1, Eph.4:14, Hebr. 5.13, Gal:4:1-3), sowie über die Urgemeinde und speziell über die Taufe. Denn in dieser Freikirche gab es die Lehre, dass erst verheiratete Erwachsene getauft werden dürfen, während den Unverheirateten prinzipiell die Taufe verweigert wurde, aufgrund der weitverbreiteten Gefahr der Hurerei. Das Problem war ja, dass man bei Neubekehrten nie mit Sicherheit wissen konnte, ob sie vielleicht heimlich noch in Hurerei leben würden (vergl. Spr.30:19). Sie aber deshalb unter Generalverdacht zu stellen und ihnen die Taufe zu verweigern, ist natürlich eine drastische Bevormundung. Dies findet auch Bruder Galo, weshalb er mich bat, dieses Thema anzusprechen. Bruder Galo hat nach dem damaligen Scheitern unseres Kinderheimprojektes ein eigenes Projekt begonnen, und zwar hat er eine christliche Schule mitten in den Slums gegründet mit nahezu ehrenamtlichen Lehrern, die die Kinder auf Grundlage des Evangeliums erzogen und unterrichteten. Er zeigte uns am Nachmittag die Schule, die sogar einen Schulhof und 6 Toilettenräume hatte. Wir waren sehr beeindruckt. Möge der HErr dem Bruder Galo Gelingen schenken bei seinen Bemühungen in seinem Dienst für den HErrn!

Unter Wölfen

Nachdem wir am Abend des 29.01. wieder in Lima ankamen, fuhr ich am nächsten Tag mittags wieder ins Stadtzentrum, denn ich hatte mich ja vor zwei Wochen mit Leonardo auf dem Plaza de San Martin verabredet, um wieder gegenseitig über die Glaubwürdigkeit der Bibel zu debattieren. Als ich um ca. 15.00 Uhr ankam, war Leonardo nicht da. Da wir keine Uhrzeit vereinbart hatten, wusste ich nicht, ob er schon da WAR oder noch kommen würde. Ich ging jedenfalls an die selbe Stelle wie letztes Mal und begann, das Evangelium zu predigen. Etwa 6 Leute hörten mir zu, von denen zwei mir Fragen stellten und offensichtlich Christen waren. Allmählich kamen immer mehr Leute hinzu, so dass es am Ende etwa 80 Menschen waren, die zuhörten. Doch auf einmal waren Leonardos Leute angekommen und bauten genau hinter mir ihre Lautsprecher und Verstärker auf und breiteten auf dem Boden ein riesiges Plakat aus, auf dem sämtliche Politiker Perus mit Gefängniskleidung und hinter Gitterstäben abgebildet waren. Auf ihren Flaggen stand „AGORA“, vermutlich der Name ihrer Organisation. Sie begrüßten mich, baten mich aber, nun aufzuhören, weil sie hier eine Kundgebung abhalten würden. Ich wies sie daraufhin, dass ich doch zuerst hier war und sie doch auch woanders hingehen könnten. Außerdem hatten wir doch für heute eine öffentliche Debatte geplant, was er scheinbar vergessen hatte. Er erklärte mir, dass gleich eine Großdemo im Stadtzentrum beginnen würde und er die Eröffnungsrede halten müsse. Er bot mir aber an, ich solle in 20 Minuten wiederkommen, wenn er seine Rede gehalten habe, und dass im Anschluss, wenn der Demonstrationszug losmarschiert sei, er mit mir den öffentlichen Disput führen könne.

Ich ging mit Ruth in die Fußgängerzone, aber sie wollte mit mir nach Hause. Ich erklärte ihr, dass ich die Gelegenheit mit Leonardo nutzen müsse und ich ihm trotz seiner Nachlässigkeit eine Chance geben müsse. Plötzlich sprach uns ein junger Mann an von denen, die mir zuvor zugehört hatten. Er sagte: „Entschuldigen Sie. Ich arbeite als verdeckter Ermittler für den peruanischen Verfassungsschutz und bin heute wegen dieser Demonstranten gekommen, um Informationen zu sammeln. Ich bin aber auch Christ und möchte Sie deshalb vor diesen Leuten warnen. Die wollen nur die Unzufriedenheit in der Bevölkerung ausnutzen, um eine Revolte gegen die Politiker aller Parteien anzuschüren. Die geben sich als Nationalisten aus, sind aber in Wirklichkeit Linksradikale. Seit der Zerschlagung des maoistischen Sendero Luminoso [„Leuchtender Pfad“] in den 90er Jahren sind viele der damaligen Terroristen inzwischen wieder aus dem Gefängnis entlassen und versuchen im Dunstkreis der linken Szene eine neue Generation von Anhängern zu rekrutieren. Sie sollten sich keine Illusionen machen, denn die wollen Sie nur für ihre Zwecke instrumentalisieren und werden Ihnen ohnehin keine Möglichkeit geben, das Evangelium zu predigen. Warum sollten sie das auch!“ Ich war sehr überrascht über seine Worte und versicherte ihm, dass ich mit Gottes Hilfe den Glauben verteidigen würde und auch mein Wort halten müsse. Wenn er mich nicht reden lassen würde, könne ich ja immer noch gehen.

Als die 20 Minuten um waren, ging ich wieder auf den Platz. Leonardo schrie Parolen und die Menge wiederholten sie stumpfsinnig. Wie damals in Ephesus wussten die meisten auch hier nicht, warum sie eigentlich zusammengekommen waren. Der Demonstrationszug setzte sich in Gang und Leonardo blieb mit einigen seiner Leute zurück. Als er mich sah, rief er mich nach vorne und erklärte den Zuschauern, dass es nun ein öffentliches „Duell“ geben würde über die Bibel. Jeder von uns habe in den nächsten anderthalb Stunden abwechselnd jeweils immer wieder genau 5 Minuten Redezeit (ein „Schiedsrichter“ würde uns stets nach 4 Minuten ein Zeichen geben, das wir nur noch eine Minute hätten). Im Anschluss können dann die Zuschauer Fragen stellen und selber auch Stellung beziehen. Ich durfte dann den Anfang machen und erklärte den Zuschauern die Heilsbotschaft des Kreuzes Christi. Leonardo erwiderte diese mit der Behauptung, dass Jesus gekommen sei, um die Reichen und Mächtigen zu vertreiben, diese sich aber bis heute erfolgreich schützen würden, indem sie Leute wie mich schicken, um das arme Volk auf ein besseres Leben nach dem Tod zu vertrösten.

Ich entgegnete ihm, dass ich von niemandem bezahlt sei, aber dass seine Worte sehr an Karl Marx erinnern, für den ja bekanntlich die Religion das „Opium des Volkes“ gewesen sei. Der Marxismus aber habe der Welt bisher nur Leid und Elend gebracht und sei schuld an Millionen von Toten auf der ganzen Erde, auch gerade hier in Peru durch den Terror des Sendero Luminoso in den 80ern. Deshalb würde das Volk inzwischen mehrheitlich zurecht den Marxismus ablehnen, weil der Mensch einfach nicht in der Lage sei, seinen Besitz freiwillig mit seinem Nächsten zu teilen. Das Grundübel sei eben die Bosheit, die in jedem Menschen von Jugend an stecke. Er warf mir vor, dass er nie behauptet habe, Marxist zu sein, dass aber doch Marx gar nicht so falsch lag mit seiner Forderung: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“ Darauf gab es viel Applaus von der Menge, die inzwischen auf etwa 200 Leute angestiegen war. Ich bezeugte ihnen, dass eine Vereinigung der Massen gegen Gott auch schon der Satan versucht habe und damit kläglich gescheitert sei, dass aber Gott selbst am Ende eine gerechte Welt schaffen würde durch Jesus Christus, der bald wiederkäme, um die Welt zu richten. Daraufhin erklärte Leonardo, dass schon im Garten Eden nachweislich die „Verdummung“ der einfachen Leute durch die Mächtigen begonnen habe. „Denn warum sonst“ so Leonardo „solle Gott angeblich nicht gewollt haben, dass die ersten Menschen vom Baum der Erkenntnis essen sollten?!“ Ich erklärte der Menge, dass es Gott hier nicht um allgemeine Erkenntnis ging, sondern nur speziell um die „Erkenntnis von Gut und Böse“, denn erst dadurch, dass der Mensch den Willen Gottes kennt, wird er auch schuldig vor Gott, und nur das wollte Gott dem Menschen ersparen.

Darauf stand ein dicker Mann auf von den Leuten Leonardos und hielt wütend eine Rede über die angebliche „Verantwortungslosigkeit“ und „Dummheit Gottes“, dass er doch hätte ahnen müssen, dass er seine ersten Geschöpfe ins offene Messer laufen ließe, indem er keine Rücksicht nahm auf ihre Arglosigkeit, sondern ihnen ein Verbot auferlegte, dass ihre Neugier doch erst recht hervorlockte. Zudem konnten sie doch auch die Konsequenzen noch gar nicht abschätzen, da sie gar nicht wussten, was der Tod eigentlich bedeute. Die Menge applaudierte ihm und war gespannt darauf, was ich entgegnen würde. Ich gab zunächst mal ein kurzes Zeugnis von meinem eigenen Werdegang und dass es auch bei mir einmal diese Zweifel an der Gerechtigkeit Gottes gegeben habe, bis mir Gott selbst vier Jahre zuvor begegnet sei und mir gezeigt habe, wie sich diese scheinbaren Widersprüche auflösen. Dass nämlich Gott den Menschen durch all diese Maßnahmen belehren und erziehen wollte, weil Er keine Marionetten wolle, sondern Wesen, die Ihn freiwillig und aus ganzem Herzen lieben sollten. Deshalb nahm Gott diesen Weg durch die Sünde in Kauf, habe aber selber auch sofort die Abhilfe angekündigt, indem Er die Erlösung des Menschen von der Schlange durch den Samen des Weibes verhieß (1.Mo.3:15). Leonardo sagte: „Immer wenn die Christen keine Argumente mehr haben, kommen sie mit einem ZEUGNIS, dass ihnen Gott angeblich selber erschienen sei!“ Dabei sei die Bibel ein durch und durch unmoralisches Buch, in welchem Väter ihre eigenen Kinder schwängern oder Gott den Befehl gäbe, ganze Völker auszurotten von den Kindern bis zu den Alten. Als dann ein alter Bruder aufstand, um seinen Worten entgegenzuhalten, sah ich die Gelegenheit gekommen, mich zu verabschieden, da auch Ruth schon ungeduldig auf mich wartete.

Der Tempelraub

Ruth und ich überlegten, ob wir nicht die letzten Tage, die ich noch in Peru war, nutzen sollten, um die Wohnung endlich einmal von Grund auf zu renovieren. Ich hatte noch rund 1.000 Euro und eine Woche Zeit. Also bestellten wir einen Fliesenleger, der uns den Boden in Ordnung machen sollte, während ich die gesamte alte Leimfarbe von den Wänden entfernte, damit der Schimmel wegginge und der neue Anstrich überhaupt haften konnte. Und bei dieser Gelegenheit sollten wir auch mal ein größeres Bett für uns kaufen, denn wenn wir weiterhin zu zweit in einem 1-Personen-Bett schlafen, das zudem nur 1,70 lang ist, ist das auf Dauer nicht gerade angenehm, besonders wenn man 1,94 m lang ist. Nachdem ich die Türen und Rahmen herausgerissen hatte, stellte ich sie zusammen mit den uralten Möbeln in den Hof vor unserer Wohnung. Doch obwohl diese voller Mottenfraß waren, wollten einige Nachbarn sie noch haben. Als die Woche rum war, bin ich gerade fertig geworden mit der Arbeit. Ruth wollte noch ein paar Wochen länger in Peru bleiben, weshalb ich schon am 08.02. zurück nach Deutschland fuhr.

Als ich in Bremen ankam, machte ich eine schlimme Entdeckung: nicht nur mein Handy war gestohlen, sondern auch mein Portemonnaie war nicht mehr aufzufinden, in welchem meine EC-Karte, mein Perso und mein Führerschein war! Ich hatte es zwar zuhause gelassen, aber versehentlich so gut versteckt, dass ich es nun selbst nicht mehr finden konnte. Ich suchte überall, aber fand es nirgends. Dann betete ich und bat den HErrn, dass Er mir doch zeigen möge, wo ich das Portemonnaie versteckt hatte. Mitten in der Nacht wachte ich plötzlich auf und dachte an die Erlebnisse auf der Reise. Speziell an ein ganz bestimmtes Ereignis wurde ich nun erinnert, und zwar als ich in jener Höhle war in Ecuador, wo die Indios ihren Göttern zwei Altäre gemacht hatten mit Opfergaben. Unter diesen war eine große Meeresschnecke, die mir gefiel und die ich heimlich mitnahm als Souvenir. Ich dachte mir, dass ein Götzenopfer ja nach der Schrift keine Bedeutung habe, da ein Götze nichtig ist. Doch plötzlich erschrak ich, als der Heilige Geist mich auf einmal an eine Bibelstelle erinnerte: „Der du Götzenbilder für Gräuel hältst, du begehst Tempelraub?“ (Röm.2:22). Sofort sprang ich auf und ging auf meine Knie, um Gott um Vergebung zu bitten. Dann nahm ich jene Meeresschnecke und zertrümmerte sie mit einem Hammer, bevor ich sie mitten in der Nacht in den Müll warf. Danach konnte ich wieder gut einschlafen. Am nächsten Morgen entdeckte ich wie durch Zufall mein Portemonnaie, das aus einer Ablage auf meinem Schreibtisch herausfiel. Da dankte ich dem HErrn.

 

 

 

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