„Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe.
Laßt uns nun die Werke der Finsternis ablegen
und die Waffen des Lichts anziehen.“

(Röm.13:12)

– Micha 6,8 – Liebe in Verbundenheitstreue

Micha 6,8 – Liebe in Verbundenheitstreue

   Wenn unter evangelikal geprägten Gläubigen jemand ein Richtgebot der Bibel befolgt, indem er z.B. seinem Glaubensbruder ein Verhalten als sündhaft vorhält (Mt18,15) und biblisch be­grün­det, dann führt das heute oft dazu, dass der Kritisierte und oft auch noch andere Glau­bens­brü­der – meist unter Berufung auf Bibelstellen – dem Kritiker Gegenvorwürfe machen und ihm die Gemeinschaft aufkündigen. Dabei werden zur Begründung auch oft Meinungs­ver­schie­den­hei­ten in Lehrfragen hervorgeholt. Dieses Ver­hal­tensmuster finden wir in der Bibel bei Abner, dem Heerführer Sauls, der nach dem Tod Sauls dessen Sohn Isch-Boschet als König über die Nordstämme eingesetzt hatte (2S2,8-9):

2S3,7-10: 7 Und Saul hatte eine Nebenfrau, ihr Name war Rizpa, eine Tochter des Aja. Und Isch-Boschet sagte zu Abner: Warum bist du zu der Nebenfrau meines Vagers eingegan­gen? 8 Da wurde Abner sehr zornig über die Worte Isch-Boschets und sagte: Bin ich ein Hundskopf, der zu Juda hält? <Bis> heute er­wie­se ich Verbundenheitstreue/ Huld (EÜ: Güte) am Haus deines Vaters Saul, an seinen Brüdern und an seinen Freunden, und ich habe dich nicht in die Hand Davids geraten lassen, und jetzt ziehst du mich wegen des Vergehens mit der Frau zur Rechenschaft? 9 So möge Gott Abner tun und so ihm hinzufügen! Ja, wie der HERR dem David geschworen hat, so werde ich ihm tun: 10 das Königtum vom Haus Sauls weg­nehmen und den Thron Davids aufrichten über Israel und über Juda, von Dan bis Beerscheba!

   Abner gab zu, dass sein Huren mit der verwitweten Nebenfrau Sauls ein Vergehen war, hielt dies aber aufgrund seiner Verdienste um Isch-Boschet und Israel für berechtigt und Isch-Boschets Vorhaltung deshalb für unberechtigt. Und jetzt, nachdem David schon 7 Jahre König über das Haus Juda in Hebron war, fiel ihm der Schwur Gottes für David ein, gemäß dem David auch das Königtum über das Haus Israel zustand. So kündigte er Isch-Boschet die Verbundenheitstreue, die er ihm bisher er­wie­sen hatte, und begründete dies mit dem Willen Gottes. Zu Lebzeiten Sauls hatte er Saul in seinem gesetzlosen Verhalten gegen David und die Priester Gottes gestützt, und jetzt hing er dem Liebesentzug an dessen Sohn ein frommes Mäntelchen um. Zwischen dem sündigen Ver­hal­ten Abners und seiner heimtückischen Er­mor­dung sehe ich einen ursächlichen Zusam­men­hang. Joab ermordete Abner aus unberechtigter Blutrache (2S3,27), aber Gott benutzte diese Mordsünde zum Gericht über Abner.

   Abner hatte im Vers 8 seine Verbun­den­heits­treue am Haus Sauls genannt und sie dann gekündigt. Verbundenheitstreue oder Bundes­treue ist die Zentralbedeutung des hebräischen Wortes Chä-´SäD. Die Elberfelder Bibel (EÜ) gibt Chä´SäD in der Regel mit „Gnade“ wieder, hat aber dafür in Hos6,4+6 „Güte“ und als Anmer­kung „o. Gnade; o. Liebe; o. Bundestreue“; in Hos10,12 „Gnade“ und als Anmerkung „o. Bundestreue“. Die EÜ-Studienbibel gibt für Chä´SäD an: Güte, Gnade, Treue, Verbun­den­heit, Gemeinschaftspflicht, Großherzigkeit, Gunst. Außerdem findet man in den Lexika auch die Wiedergabe Huld. In meinem Gtü-Lexikon steht: Huld/ hold<e Ar>t, Bun­des­treue/ Verbun­den­heitstreue/ Solidarität, Frömmigkeit, Loyali­tät, Großherzigkeit, wohlwoll<ende Zuwend>ung; Plural: Huld<erweisung>en/ Huld<zusag>en.

   Besondere Bedeutung hat Chä´SäD in Mi6,8:

Mi6,8EÜ Man hat dir mitgeteilt, o Mensch, was gut ist. Und was fordert der HERR von dir, als Recht zu üben und Güte zu lieben und demütig zu gehen mit deinem Gott?

   In der GtÜ ohne Sonderzeichen lautet der Vers:

Mi6,8GtÜ ER-hat- z dir -berichtet/ vorn< vor die Augen gestell>t, <o> Mensch, was gut <ist>. Und was forscht< suchend> JHWH von dir, {dn wn}nämlich Tun <des> Rechts und Liebe <der>{die geprägt ist von} Verbundenheitstreue und <in> bescheid<enem Zurückhaltung Üb>en <zu >gehen mit deinem Gott?

   Der wörtliche Ausdruck „Liebe <der> <Ver>­bun­de<nheit>streue (hebr. °aHaBha´T Chä´­SäD) hat die Bedeutung „Liebe, die geprägt ist von Verbundenheitstreue“ oder „Liebe <in> Ver­bun­den­heits­treue“ oder „bundestreue Liebe“.

   Die bundestreue Liebe ist die Grundlage der Ehe als unauflösbare leibliche Verbindung eines Mannes mit einer Frau. Diese leibliche Verbindung darf nur gelöst werden, wenn ein ungläubiger Ehepartner die Lösung will (1Ko7, 15), oder wenn ein Ehepartner sich immer wieder mit einer dritten Person leiblich verbindet, d.h. fortgesetzt die Ehe bricht.

   Eine der Ehe ähnliche Verbindung besteht zwischen dem Herrn Jesus und der Gemeinde, die Sein Leib ist. Auch diese Verbindung zwischen dem Herrn und einem Leibesglied kann nur gelöst werden, wenn das Leibesglied fortgesetzt die Bundestreue bricht, indem es trotz eindringlicher Ermahnung in 3 vorgeschriebenen Stufen fortwährend in schwerer Sünde verharrt (Mt18,15-17). Es besteht aber nicht nur die Verbindung zwischen Haupt und Leib (Christus und Gemeinde), sondern ebenso sind auch alle Glieder des Leibes miteinander verbunden (vgl. 1Ko10,16-17). Ein Glied darf sich nicht ei­gen­will­lig von seinem Nachbarglied lösen, sondern die Lösung darf nur vom Leib (= Gemeinde) im Na­men (und Auftrag) des Hauptes vorgenommen werden (1Ko5,4-5).

   Der Herr Jesus hat uns, den Gliedern Seines Leibes, geboten, dass wir einander <grund­sätz­lich und ständig>-lieben-<sollen> (Jh13,34; 15,12.17; 1J3,11). Und schon in Mi6,8 ist uns gesagt, dass diese Liebe von Ver­bun­den­heitstreue geprägt sein soll. Wo sich eine Verbundenheit zwischen zwei Gliedern des Leibes Christi gebildet hat, hält die wahre Liebe an dieser Verbundenheit fest. Wenn eine Krise eintritt, die diese Verbundenheit zu zerbrechen droht, ringt die bundestreue Liebe bei der Bruderkrise ebenso um Erhaltung der Ver­bun­den­heit wie bei einer Ehekrise. Wer die kleinere Last abwirft, wird der wohl unter der viel grö­ße­ren ausharren können?

   Das heute so häufige Zerbrechen der Ver­bun­den­heitstreue ist eine Folge des vom Herrn an­ge­sagten „Erkaltens der Liebe der vielen< Gläu­bi­gen>“ (Mt24,12). Nur wer „unter< dem Auf­er­leg­ten>-<ge>blieben-ist <bis >hin< zum> Ziel, dieser wird-<ge>rettet-werden.“ (Mt24,13).

   Es gibt nur sehr wenige Gründe, die eine Lo­cke­rung der Verbundenheit zwischen Brüdern rechtfertigen. Dazu gehört die Abweisung eines Bruders aufgrund parteiischen Verhaltens (Ti3,10-11). Legitim ist auch eine Aussetzung der Zusammenarbeit zum getrennten Arbeiten aus guten Gründen. Paulus und Barnabas gingen vor der zweiten Missionsreise getrennte Wege (Ap15,37-39). Hätten sie den Johannes Markus dazu mitgenommen, hätte dieser im Gefängnis wohl gejammert statt Loblieder zu singen (Ap16,25) und dadurch Gottes wunderbares Eingreifen verhindert. Aber die Betreuung durch Bar­nabas machte ihn zu einem wohl­ge­brauchsfähigen Mitarbeiter des Paulus (2Ti4,11) und Petrus (1P5,13).

   Lieber Bruder in Christus, lassen wir doch unsere Bruderliebe durch Verbunden­heits­treue bestimmt sein! Wenn ich das Reden und/oder Handeln meines Bruders nicht nachvollziehen kann, dann bitte ich ihn, dies biblisch zu begründen, prüfe wohlwollend seine Gründe und suche sie und seine Motive zu verstehen. Frage ich mich vor jedem Schuld­vorwurf: „Hat der Bruder wirklich ein Gebot Gottes übertreten, und wo steht es und wie lautet es? Urteilt mein Bruder ohne oder mit biblischer Grundlage, und wo steht sie geschrieben?“ Habe ich mich zuvor fest an die Demut angeknotet (1P5,5)? Stehe ich in der ungeheuchelten (Rö12,9) zueinander ausgestreckten Liebe, die eine Fülle von Sünden verhüllt (1P4,8), und zwar auf die in Jk5,20 genannte Weise? Wenn Du meinst: „Er hat es dem anderen Bruder gesagt, und das genügt!“, dann irrst Du wie der Priester Eli (1S2,24-25).

http://www.gtü-bibel.de/index.php/bibel-3

 

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