„Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe.
Laßt uns nun die Werke der Finsternis ablegen
und die Waffen des Lichts anziehen.“

(Röm.13:12)

– „Lebenszeugnisse von Knechten Jesu Christi“ Teil 7

Lebenszeugnisse von Knechten Jesu Christi  Teil 19:

Benedikt von Nursia (480 – 547 n.Chr.)

Bete und arbeite“ ist die wohl bekannteste Ordensregel der nach Benedikt benannten Benediktinermönche. Ein weiterer, weniger bekannter Grundsatz Benedikts lautet: „Solo Deo placere cupiens“ = „Ich begehre, nur Gott zu gefallen“. In diesem Bekenntnis wird die Haltung eines Mannes deutlich, der aus Angst, in einem oberflächlichen Leben den Blick auf Gott zu verlieren, sein Studium abbrach, um in den Folgejahren in verschiedenen möchischen Lebensformen Gottes Nähe zu suchen. Dabei sollte das Gebet ihm immer wieder seine Abhängigkeit von Gott vor Augen führen, von dem alles herkommt und auf den alles letztlich zuläuft.

Benedikt („Gesegneter“) wuchs als Sohn eines reichen Landbesitzers in Nursia auf, dem heutigen Norcia, das etwa 170 km nördlich von Rom liegt. Im Jahr 500 kam er zum Studium nach Rom. Die Stadt war zu jener Zeit nur noch ein Schatten ihrer einstigen Größe und Pracht. Denn nachdem das Römische Weltreich 476 untergegangen war, verlor die Stadt am Tiber immer mehr an Bedeutung. Politische Streitigkeiten führten 498 zur Einsetzung zweier Päpste, Symmachus und Laurentius, die bis 506 um ihren Einfluss stritten. Auch das trat nicht gerade zum Ansehen der römischen Kirche bei.

Schon während seiner Studienzeit war Benedikt auf der Suche nach Gott. Zunächst nahm er noch an den studentischen Vergnügungen teil. Nach seiner Bekehrung erschien ihm ein solcher Lebensstil jedoch gänzlich unpassend, um Gott näher zu kommen. Daher entschied er sich, sein Studium abzubrechen – obgleich ihn die Wissenschaften durchaus interessierten – um sich einer freien Asketen-Gemeinschaft bei Enfide anzuschließen. Dann zog er sich in eine Höhle bei Subiaco zurück, wo er drei Jahre wie die orientalischen Einsiedler in vollkommener Abgeschiedenheit lebte. Täglich ließ ihm der Mönch eines benachbarten Klosters an einem Seil ein Brot herab. Das war sein einziger Kontakt zur Außenwelt. Wie andere Einsiedler fühlte er sich in dieser totalen Einsamkeit besonders intensiv den Versuchungen des Teufels ausgesetzt. So erschien ihm beispielsweise in einer Vision eine schöne Frau, um ihn sexuell zu verführen. Ein andermal zerschlug der Satan die Glocke, mit der Benedikt seinen Brüdern Signale gab.

Mit der Zeit empfand Benedikt die mönchische Einsamkeit immer stärker als Egoismus. Als er von einer Gruppe junger Gottessucher ins nahe gelegene Kloster bei Vicovaro gerufen wurde, sagte er zu. Die kleine Gemeinschaft lebte ohne feste Struktur und gemeinsame Ordnung. Indem Benedikt ihren gemeinsamen Alltag organisierte, wurde er unversehens zum Gründer des westlichen Möchtums. Sein Ziel war es, im Kloster die Gemeinschaft der Glieder am Leibe Christi im Kleinen zu verwirklichen. Das mönchische Leben sollte stärker auf Gott und auf den nächsten ausgerichtet werden. Benedikts Reformbemühungen stießen aber nicht nur auf Beifall. Einige verärgerte Mönche versuchten sogar, ihren unliebsamen Abt mit vergifteten Wein zu umzubringen. Daraufhin verließ Benedikt Vicovaro.

Wieder zurück in Subianco gründete Benedikt in einem Gebäude das Kloster San Clemente. Er teilte die Mönche in Gruppen auf, die jewils von einem geistlichen Vater, dem Abt, geleitet wurden. Er selbst kümmerte sich um die Schulung der jungen und besonders begabten Brüder. Nach Intrigen des neidischen Priesters Fiorenzo und verbalen Angriffen des Bischofs von Tivoli verließ Benedikt die Region. Zuvor hatte man erneut versucht ihn zu töten, diesmal mit vergiftetem Brot.

529 zog Benedikt mit einigen Freunden in die 80 km entfernten Berge von Casinum. Auf dem Monte Cassino gründete Benedikt das Mutterkloster aller Benediktiner und entwarf eine weltoffene Form des Möchtums, das nicht nur auf die eigene Heiligkeit fixiert war. Den vorher an dieser Stelle stehenden Apollotempel ließ er abreißen. Bei der Bevölkerung, die Benedikt in Krisenzeiten tatkräftig unterstützte, stand er in hohem Ansehen. Er ließ Nahrung an die Armen verteilen, pflegte die Kranken und betete für die Sterbenden. Es wird auch von vereinzelten Heilungen und Totenauferweckungen berichtet. „Ein andermal war in dieser Gegend eine Hungersnot ausgebrochen. Großer Mangel an Lebensmitteln bedrängte alle; auch im Kloster von Benedikt fehlte bereits der Weizen. Fast alle Brote waren schon verzehrt, so dass für die Mahlzeit der Brüder nur noch fünf vorhanden waren. Da nun der ehrwürdige Vater sah, wie niedergedrückt die Brüder waren, suchte er sie wegen ihres Kleinmuts mit sanftem Tadel zurechtzuweisen und durch eine Verheißung aufzurichten: ‚Warum seid ihr traurig, weil ihr kein Brot habt? Heute gibt es zwar nur wenig, morgen aber werdet ihr im Überfluss haben.‘ Am folgenden Tag fand man 200 Scheffel Mehl in zwei Säcken vor der Pforte des Klosters. Bis heute weiß niemand, durch wen der allmächtige Gott sie hatte bringen lassen. Als die Brüder das sahen, dankten sie Gott. So lernten sie aus der Erfahrung der Fülle, in der Not nicht zu zweifeln.“

Unter Berücksichtigung der Aussagen des Evangeliums formulierte Benedikt 540 seine Kloster-Regeln. Dabei verzettelte er sich nicht in unzähligen Einzelverordnungen, sondern konzentrierte sich auf grundsätzliche Fragen des Zusammenlebens. Sicher ist das einer der Gründe, warum sein Konzept über Jahrhunderte hinweg trotz aller kulturellen Veränderungen Menschen anzog und von ihnen praktiziert worden ist. Immer ging es ihm weit eher um die innerliche Beziehung des Mönchs zu Gott als um restriktive, äußere Regeln. Einem Asketen, der sich mit einer Kette gebunden hatte, empfahl er: „Wenn du ein Diener Gottes bist, kette dich nicht an Eisen, sondern an Christus.“ Äußere Strenge, die oft von älteren Christen überbewertet wird, tritt bei Benedikt hinter die Bindung an Jesus Christus zurück, dem Herrn aller Gesetze. Natürlich förderte er keine Anarchie. Regeln waren für ihn aber auch kein Selbstzweck.

Benedikts Regeln waren nicht dazu gedacht, den Mönch zu einer Art Elitechrist zu machen. Seine Ordnungen sollten jedem Gläubigen helfen, das Leben zu ordnen und besser auf Gott auszurichten. Der Christ soll von einem Bewusstsein der Gegenwart des liebenden Gottes durchdrungen sein. Dann kann er in allem, was ihn umgibt, Zeichen Seiner Macht und Liebe erkennen. Immer wieder betonte Benedikt, dass die Anweisungen seiner Mönchsordnung anhand der Bibel überprüft werden müssten. Im Gottesdienst und in der privaten Andacht stand für Benedikt das persönliche Bibelstudium jedes Mönchs im Mittelpunkt, um sich und andere nötigenfalls korrigieren zu lassen. Die Brüder sollten sich vor Einseitigkeiten hüten und lernen, zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem zu unterscheiden. Er wusste aus eigener Erfahrung, wie sehr Menschen dahin tendieren, ihre eigene Sichtweise der Dinge für absolut anzusehen. Daher sollte jeder Mönch stets bereit sein, sich etwas sagen zu lassen. Gehorsam und Bereitschaft, sich einer höheren Autorität unterzuordnen, waren Benedikt wichtig. Im Zusammenleben der Jerusalemer Urgemeinde sah er ein Vorbild der Mönchsgemeinschaft. Man studierte die Schriften, betete viel, übte Liebe und besaß alles gemeinsam.

Der Abt, zumeist ein älterer, erfahrener Mönch, sollte nicht nur geistlicher Vater sein, sondern auch Richter. Besonders häufig wurden Mönche wegen Ungehorsam und Murren zur Ordnung gerufen. Meistens genügte ein Gespräch unter vier Augen. In schwereren Fällen wurde der Betreffende vor der ganzen Mönchsgemeinschaft zurechtgewiesen. Half auch das nicht, konnte der Übeltäter vom gemeinsamen Gebet oder vom Essen ausgeschlossen werden. Gelegentlich bekamen Schuldige auch die Rute zu spüren. In jedem Fall sollte für den Bruder gebetet werden. Über den Abt hieß es im 2. Kapitel:

o   „Er vertritt im Kloster die Stelle Christi … Deshalb darf der Abt nur lehren, was der Weisung des HErrn entspricht. Sein Befehl und seine Lehre sollen … die Herzen seiner Jünger durchdringen.

o   Der Abt denke immer daran, dass in gleicher Weise über seine Lehre und über den Gehorsam seiner Jünger beim erschreckenden Gericht Gottes entschieden wird. …

o   Der Abt bevorzuge im Kloster keinen wegen seines Ansehens. Denn ob Sklave oder Freier, in Christus sind wir alle eins.

o   Wenn der Abt lehrt, halte er sich immer an das Beispiel des Apostels, der sagt: ‚Tadle, ermutige, weise streng zurecht‘ (2Tim.4,2). Das bedeutet für ihn: Er lasse sich vom Gespür für den rechten Augenblick leiten und verbinde Strenge mit gutem Zureden.

o   Er muss wissen, welch schwierige und mühevolle Aufgabe er auf sich nimmt, Menschen zu führen und der Eigenart vieler zu dienen. Muss er doch dem einen mit gewinnenden, dem anderen mit tadelnden, dem dritten mit überzeugenden Worten begegnen…“

Das Kloster auf dem Monte Cassino wurde 1944 durch einen amerikanischen Luftangriff vollständig zerstört, obwohl die Mönche versicherten, dass die Deutschen das Kloster aus Rücksicht nicht für sich missbrauchten.

 

Lebenszeugnisse von Knechten Jesu Christi  Teil 20:

Bonifatius (672 – 754 n.Chr.)

Die missionarische Tätigkeit der katholischen Kirche im frühen Mittelalter entfaltete sich in Mitteleuropa vor allem durch das Wirken des Bonifatius („Wohltäter“), der eigentlich Winfried hieß. Er wird der größte Missionar im dunklen Zeitalter genannt und ist einer der bemerkenswertesten Missionare in der gesamten Geschichte der Ausbreitung des Christentums. Er war ohne Frage von Herzen darum bemüht, den Missionsauftrag des HErrn zu erfüllen, so wie er und die katholische Kirche ihn verstanden. Und doch spiegelt sich in seinem Lebensweg die immer oberflächlicher werdende geistliche Prägung des Christentums in Europa wieder. Der Kirche wurde mehr Bedeutung beigemessen als Christus, den Sakramenten mehr als der Schrift.

Bonifatius wurde gegen Ende des siebten Jahrhunderts in Devonshire in England geboren. Als Jugendlicher trat er ins Kloster ein, und im Alter von 30 Jahren wurde er zum Priester geweiht. Obwohl er viele Möglichkeiten hatte, sich in seiner Heimat als Geistlicher einen Namen zu machen, war sein größtes Anliegen die Christianisierung der Heiden auf dem Kontinent. Bedingt durch politischen Widerstand und Unruhen im Lande, war seine erste Reise zu den Friesen in Holland jedoch ein Misserfolg. Bonifatius kehrte zurück und war versucht, in England zu bleiben und eine Stellung als Abt in einem Kloster anzunehmen. Die Idee von einer Auslandsmission hatte er jedoch nicht aufgegeben, und so kehrte er drei Jahre später im Jahr 718 auf das Festland zurück. Päpstliche Anerkennung und Unterstützung waren sehr wichtig, und aus diesem Grund reiste er nach Rom und erreichte dort auch sein Ziel – die Bestätigung seiner Arbeit durch den Papst, was sein ganzes Lebenswerk beeinflussen sollte. Er war nun nicht mehr ein unabhängiger Missionar, der einfach umherzog, der heidnischen Welt die Gute Nachricht zu verkündigen. Er war ein Gesandter Roms, damit beauftragt, die päpstliche Autorität über die Kirche im Mittelalter zu errichten.

Bonifatius zog zunächst nach Deutschland, dann drei Jahre in die Niederlande. 723 machte er eine zweite Reise nach Rom und wurde dort vom Papst Gregor I. zum Missionsbischof für Deutschland geweiht. Nach seiner Rückkehr begann er mit ganzer Kraft, die Missionsarbeit voranzutreiben. Im Rheinland wurde er wegen seines Mutes berühmt. Viele der sog. Christen hatten sich während seiner Abwesenheit wieder heidnischen Praktiken zugewandt, beteten Götter an und trieben Zauberei. Um diesen Frevel zu bekämpfen, glaubte Bonifatius, drastische Mittel ergreifen zu müssen und versetzte deshalb kühn der Götzenanbetung einen entscheidenden Schlag, der ihr direkt ins Herz traf. In Geismar stand die heilige Eiche des Donnergottes. Dort rief Bonifatius eine große Volksmenge zusammen, und er begann, die „Donars-Eiche“ zu fällen, während das Volk voll Entsetzen zuschaute. Diese Tat stellte eine große Herausforderung dar, aber sie zeigte den Menschen deutlich, dass weder der Baum noch der Gott, der dort verehrt wurde, übernatürliche Kraft besaßen.

Das Ansehen von Bonifatius wuchs nach diesem Ereignis natürlich gewaltig. Es war ein Meisterwerk der Missionsstrategie. Tausende Menschen erkannten, dass der christliche Gott ihren Göttern überlegen war und waren daraufhin bereit, sich taufen zu lassen. Bonifatius war von dieser positiven Reaktion sehr ermutigt und fand sich in seinem Vorgehen bestätigt. Er zerstörte Tempel und Schreine und zerschmetterte heilige Steine. Nach einiger Zeit wurde in ihm die Frage immer lauter, ob es zulässig sei, derart aggressiv vorzugehen. Er gestand seine Zweifel einem anderen Bischof ein. Dieser gab ihm zur Antwort, er halte derart gewaltsame Methoden für unweise. Vielmehr sollte Bonifatius den Menschen Fragen über ihre Götter stellen, deren Ursprung erforschen und die offensichtlich menschlichen Eigenschaften hervorkehren. Durch die Antworten würden sie selbst die Widersprüche und Absurditäten erkennen, um sie dadurch zu beschämen.

Es lässt sich schwer einschätzen, welche Auswirkungen Bonifatius´ kämpferisches Vorgehen gerade in der Anfangsphase der Missionsarbeit hatte. Aber es war offensichtlich, dass sehr viel mehr nötig war, um eine stabile Kirche aufzubauen. Von seinen keltischen Vorfahren hatte Bonifatius das Konzept übernommen, bei seiner Missionsarbeit den Klöstern die Hauptrolle zuzuweisen, da sie ihm die Möglichkeit boten, einheimische Christen zu leitenden Aufgaben heranzubilden. Bonifatius hatte mehrere Mönche als Mitarbeiter, die er in neue Gebiete aussandte. Dort wurden zunächst Klöster gegründet und die Neubekehrten im Glauben unterwiesen.

Ein Aspekt in Bonifatius´ Wirken war vollkommen neu. Er förderte begeistert die Mitarbeit von Frauen und gab ihnen die Möglichkeit, der Sache der Mission zu dienen. Das war das erste Mal überhaupt in der Kirchengeschichte. Abgesehen von der Herrnhuter Missionsarbeit im 18.Jh. sind erst wieder im 19. Jh. Frauen an der Ausbreitung des christlichen Glaubens beteiligt gewesen.

Die phänomenalen Leistungen, die Bonifatius zugeschrieben werden, hätten nicht ohne die starke Unterstützung durch KARL MARTELL vollbracht werden können. Dessen Sieg über die Araber in der Schlacht von Tours 732 stellte einen Wendepunkt im Kampf gegen den Islam dar. Bonifatius schrieb: „Ohne den Schutz des Frankenkönigs kann ich weder das Volk noch die Kirche hüten. Auch kann ich die Ausübung heidnischer Riten und frevelhaften Götzendienstes nicht ohne seinen Auftrag und die Ehrfurcht, die die Nennung seines Namens auslöst, verhindern.“

Die Tatsache, dass viele keltische Missionare verheiratet waren und dafür eintraten, dass Geistliche heiraten durften, war Bonifatius ein Gräuel. Für ihn bestand das wahre Christentum nur in der Römisch-katholischen und apostolischen Kirche. Er hasste jedes Anzeichen von Individualismus. Sein leidenschaftliches Streben nach Einheitlichkeit war so stark, dass er sogar nebensächliche Streitfragen zum Anlass nahm, die anderen als falsche Propheten abzustempeln. Hierbei ging es z.B. um das Datum des Osterfestes, die Frage, welches Fleisch gegessen werden durfte und wie häufig man das Kreuzzeichen während der Messe zu schlagen hatte.

In den letzten Jahren seines Dienstes gab Bonifatius die Leitungs- und Verwaltungsaufgaben ab, die lange Zeit fast seine ganze Kraft in Anspruch genommen hatten, und wandte sich noch einmal der Missionsarbeit unter den Heiden zu. 753 kehrte er nach Holland zurück, um dort unter den Friesen zu wirken. Doch noch vor Beginn eines Gottesdienstes wurden Bonifatius und etwa fünfzig Mitarbeitern und Nachfolgern von einer Gruppe bewaffneter Friesen überfallen und niedergemetzelt. Damit endete der Dienst des, zumeist äußerlich betrachtet, erfolgreichsten Missionars Europas im Mittelalter.

 

Lebenszeugnisse von Knechten Jesu Christi  Teil 21:

Ansgar (801 – 865 n.Chr.)

Die ersten missionarischen Bestrebungen der katholischen Kirche in Skandinavien waren, ähnlich wie in Deutschland, eng mit politischen und militärischen Unternehmungen verbunden. Die erste Kunde vom Christentum erreichte jenen Teil der Welt durch Händler. 826 n.Chr. ließ sich König Harald von Dänemark mit seiner Frau und etwa 400 Mitgliedern des Hofstaates und Getreuen taufen. Mit diesem Schritt hoffte der König, die Franken zu militärischer Unterstützung zu bewegen. Auch wenn die Massentaufen wenig mit einer geistlichen Verwandlung zu tun hatten, so bahnten sie doch Missionaren den Weg. Nachdem sich der König dem Christentum zugewandt hatte, wurde Ansgar berufen, Missionsarbeit in Skandinavien zu betreiben.

Ansgar, der häufig auch „Apostel des Nordens“ genannt wird, wurde 801 in Frankreich geboren und kam schon im Alter von fünf Jahren ins Kloster von Corbie, das zweihundert Jahre zuvor von Columban gegründet worden war. Ansgar war ein Mystiker, der Visionen und Träume hatte, und sein höchster Wunsch war es, als Märtyrer zu sterben. Darum willigte er freudig in den Auftrag ein, der durchaus mit Gefahren verbunden war. Doch seine Hoffnung, die Dänen zu bekehren, schwand schon bald, als er erkannte, dass König Harald weder politische noch militärische Macht besaß. Nach ehe drei Jahre vergangen waren, wurde Ansgar zusammen mit König Harald aus Dänemark vertrieben.

Kaum hatte man ihn gezwungen, Dänemark zu verlassen, da kam bereits eine Anfrage des Königs von Schweden, der Missionare ins Land holen wollte. Ansgar und ein anderer Mönch nahmen die Herausforderung sofort an. Das Schiff, das sie zu ihrem Zielort bringen sollte, wurde von Piraten überfallen, und sämtlicher Besitz wurde ihnen geraubt. Als sie in Schweden eintrafen, hieß König Björn sie herzlich willkommen. Er gab ihnen alle Freiheit, im Lande zu predigen. Sie erlebten viele Bekehrungen, besonders unter den Adligen – doch genau wie bei König Harald geschah die Hinwendung zum christlichen Glauben in vielen Fällen im Blick auf damit verbundene politische Vorteile.

Vom politischen Standpunkt aus betrachtet, kam Ansgars Wirken eine so große Bedeutung zu, dass Kaiser Ludwig der Fromme ein Abkommen mit Papst Grgor IV. schloss und Ansgar für die skandinavischen und slavischen Staaten Nordeuropas zum Erzbischof von Hamburg ernannt wurde. Um Ansgar in seiner Arbeit zu unterstützen, schenkte Ludwig ihm ein reiches Kloster in Westflandern. Damit hatte Ansgar die finanziellen Mittel, um den Fürsten der Provinzen Geschenke zu machen. Ansgar rief Mönche aus Corbie als Mitarbeiter zu sich, und in den nächsten Jahren machte die Kirche große Fortschritte. Eine Trennung von Kirche und Politik zu ziehen, blieb jedoch eine Gratwanderung, und die Vorteile, die der christliche Glaube einbrachte, waren in erster Linie politischer Art. Viele wurden von der Hoffnung bewegt, dass der christliche Gott und seine Vertreter hier auf Erden ihnen möglicherweise Vorteile gewähren würden. Einmal belagerte z.B. ein Heer von ungläubigen Schweden eine Stadt, hatte jedoch wenig Aussichten auf einen Sieg. Sie warfen das Los und befragten die Götter, ob sie ihnen zu Hilfe kommen würden. Die Antwort war negativ, und die Schweden wurden sehr verzagt. Einige Kaufleute, die sich Ansgars Lehre erinnerten, machten den Vorschlag, dass man das Los werfen und fragen sollte, ob Christus, der Gott der Christen, ihnen helfen würde. Das Ergebnis war positiv, die Belagerten erkauften sich den Frieden, und als die Sieger in ihre Heimat zurückkehrten, ehrten sie Christus dadurch, dass sie Fastenzeiten hielten und den Armen Almosen gaben.

Politische und militärische Siege führten häufig dazu, dass neue Gebiete unter den Einfluss der Kirche kamen. Niederlagen hingegen bewirkten oft eine Rückkehr zum Heidentum. Dies war auch 845 der Fall, als Ansgar miterleben musste, wie die Frucht seines vierzehnjährigen Wirkens durch eine Invasion aus dem Norden zunichte gemacht wurde. Eine dänische Flotte von Plünderern, angeführt von König Horvich I., überfiel Hamburg und beraubte und verbrannte die Stadt. Ansgar musste untertauchen und wusste nicht, wohin er sich wenden sollte. Als er den Bischof von Bremen um Schutz bat, weigerte sich dieser, ihm zu helfen, denn er war nach wie vor erbittert und von Eifersucht getrieben, weil Skandinavien nicht seinem Bistum angeschlossen war.

Mit militärischer Hilfe von außen wurde Hamburg bald zurückerobert, und Ansgar wurde Hamburg und Bremen gemeinsam als Bistum übertragen. König Horwich schwenkte um und verbündete sich mit den Christen. Dadurch nahm die militärische Bedrohung ab, und Ansgar war in der Lage, mehr Einsatz für den geistlichen Dienst einzusetzen, was sein größter Wunsch war. Im Innersten war er ein Asket, und Gebet und Fasten sah er als wichtigste Aufgabe an, worüber jedoch praktische Arbeiten nicht vernachlässigt wurde. Er bestand darauf, dass seine Mönche ständig beschäftigt waren, und ihn selbst konnte man dabei beobachten, wie er oft beim Beten strickte. Wie den meisten geistlichen Führern des Mittelalters wurden auch ihm große Wunder zugeschrieben, doch er wollte jeden persönlichen Ruhm vermeiden. Er sagte: „Das größte Wunder in meinem Leben wäre, wenn Gott mich je zu einem frommen Menschen machen würde“.

Ansgar starb 865 eines natürlichen Todes, nicht den Märtyrertod, nach dem er sich gesehnt hatte. Trotz aller Bemühungen war es Ansgar nicht gelungen, ein bleibendes Fundament für das Christentum in Skandinavien zu errichten. Nach seinem Tod wandten die Menschen sich wieder dem Heidentum zu, und erst nach Ablauf des zehnten Jahrhunderts gelang es der Kirche, einen bleibenden Einfluss in diesem Teil Europas zu gewinnen.

 

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