„Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe.
Laßt uns nun die Werke der Finsternis ablegen
und die Waffen des Lichts anziehen.“

(Röm.13:12)

– Smyrna – Keine Angst vor dem Leid

Die 7 Sendschreiben: 2. Smyrna

Keine Angst vor dem Leid

»Ich weiß um deine Werke und deine Drangsal, deine Armut (dennoch bist du reich) und die Lästerungen seitens derer, die vorgeben, selbst Juden zu sein, und es nicht sind, sondern eine Synagoge Satans sind sie. Fürchte nichts, was du demnächst erleiden wirst. Siehe der Widersacher schickt sich an, einige von euch in das Gefängnis zu werfen, damit ihr versucht werdet, und ihr werdet 10 Tage lang Drangsal haben. Werde getreu bis an den Tod, und Ich werde dir den Kranz des Lebens geben.« (Offb.2:9-10 KTN)

Die Gemeinde in Smyrna

Smyrna [gr. Σμύρνη SMY´RNA = »Myrrhe«, vom aram. ܡܪܝܪܐ MRIRO »Bittere, bitter (Leidend)e«], die heutige Stadt Izmir, war in damaliger Zeit eine der reichsten Handelsstädte Asiens. Nachdem der Hafen von Ephesus versandete, wuchs die Bedeutung Smyrnas als Hafenstadt.

Der Name Smyrna ist vielsagend. Die Myrrhe wird gewonnen, indem man den Myrrhenbaum einschneidet, sodass allmählich das Harz herausfließt. Dieses soll zunächst einen bitteren Geschmack haben, aber verbreitet, wenn man es erhitzt, einen angenehmen Wohlgeruch, weshalb es im Orient sehr beliebt ist (Mt.2:11). Es soll sogar heilende Wirkung haben bei entzündlichen Darmerkrankungen (z.B. colitis ulcerosa). Geistlich gesehen ist die Botschaft klar: Auch wir müssen ja beschnitten werden, um mehr Frucht zu bringen (Joh.15:2), und was im Munde uns zunächst bitter und ungenießbar erscheint, wirkt sich am Ende zu unserem Heil und zu Gottes Wohlgeruch aus. »Siehe, zum Heile ward mir bitteres Leid« (Jes.38:17).

Der Bote der Versammlung in Smyrna (wahrscheinlich der Bischof Polykarp, der am Ende mit 86 Jahren auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde) bekommt vom HErrn keinerlei Vorwurf, sondern nur Trost und Zuspruch, denn die Gemeinde litt ja unter massiver Verfolgung. Er ruft sie zum Durchhalten auf. Sie sollten zur Ehre Gottes ihr Leid »getreu bis in den Tod« ertragen, um die »Krone des Lebens« zu erlangen (Jak.1:12, 2.Tim.4:8). Der HErr versichert ihnen: »Ich weiß um deine Drangsal«. Denn auch Er hat ja viel Unrecht und Schmerzen erleiden müssen, als Er von den Soldaten verspottet und geschlagen wurde: »…der gescholten, nicht widerschalt, leidend nicht drohte, sondern sich dem übergab, der gerecht richtet« (1.Petr.2:23). Auch Er wurde von den Juden gelästert, obwohl Er ihnen doch die Botschaft des Heils gebracht hat. Deshalb spricht Er ihnen hier das Jude-Sein ab und nennt sie eine »Synagoge des Satans«. Denn so wie ein »echter Israelit« in den Augen des HErrn nicht an seiner Nationalität anerkannt wird, sondern daran, dass in Ihm »kein Trug« ist (Joh.1:47), so wird man auch nicht durch die Beschneidung der Vorhaut zum echten Juden, sondern durch die Beschneidung des Herzens (Rom.2:28-29).

Die Anfeindung und Verfolgung geschah aber nicht nur von Seiten der ungläubigen Juden, sondern auch und besonders von Seiten der Heiden, welche im christlichen Glauben eine Konkurrenz sahen zu ihrer angestammten Götzenverehrung. Smyrna war genauso wie Ephesus und Pergamus eine Hochburg des Götzendienstes. Auf jedem Hügel, der die Bucht umsäumte, stand ein Götzentempel, so dass man Smyrna auch als die »Krone Ioniens« bezeichnete. Später nahm auch der Kaiserkult immer mehr zu, so dass die Weigerung der Christen, den Kaiser als Gott zu verehren, als eine Beleidigung für die Römer empfunden wurde und die Christen deshalb zu Staatsfeinden erklärt wurden. Dass die Gläubigen treue, gehorsame und friedliebende Untertanen waren, wurde von den Römern noch nicht als Vorteil erkannt, da sie in ihrem Überlegenheitsdenken blind dafür waren. So hatte ja auch schon der Prophet Daniel das römische Weltreich als eines gesehen, das hart wie Eisen war, das alles zerstören und zermalmen würde (Dan.2:40). Es ist zugleich jenes »vierte Tier« aus Daniel 7, von dem es heißt, dass es »schrecklich und furchtbar und sehr stark« sei, mit eisernen Zähnen, »es fraß und zermalmte, und was übrig blieb, zertrat es mit seinen Füßen« (Vers.7).

Die Ankündigung des HErrn, dass sie »10 Tage Bedrängnis« haben würden, könnte sich zum einen auf eine konkrete Situation beziehen, in welcher der HErr sie damals trösten wollte, dass diese besondere Prüfung von Gott begrenzt sei und nicht länger als 10 Tage andauern würde. Die 10 Tage finden sich in der Bibel immer wieder als Zeit der Prüfung: 10 Tage sollte Rebekka noch bei ihrer Familie bleiben, um erst dann mit dem Knecht Abrahams fortzuziehen (1.Mo.24:55). 10 Tage hatte Nabal noch Gelegenheit zur Buße gehabt, bis der HErr ihn schlug (1.Sam.25:28). 10 Tage vergingen auch in Jer.42:7, die der HErr dem Überrest Judas scheinbar noch einmal Bedenkzeit gab, ihren Schwur wieder zurückzunehmen, als sie sich sogar auf den HErrn selbst als Zeugen berufen hatten, dass sie auf jeden Fall den Willen Gottes befolgen würden, was sie am Ende aber dann trotzdem nicht taten. Und 10 Tage sollten auch die Babylonier dem Daniel und seinen Freunden Zeit geben, um anschließend zu prüfen, ob durch den alleinigen Genuss von Gemüse ihre Angesichter tatsächlich blasser aussehen würden als sonst (Dan.1:12-14).

Wim Ouweneel vermutet darüber hinaus auch eine Anspielung auf 10 große Verfolgungszeiten, die es während der römischen Kaiserzeit gegeben hat, nämlich unter: Nero (ab 54), Domitian (ab 81), Trajan (ab 98), Hadrian (ab 117), Septimus Severus (ab 193), Maximinus (ab 235), Decius (ab 249), Valerian (ab 254), Aurelian (ab 270) und Diokletian (ab 284). Die letzte Verfolgung unter Diokletian, der das damit das Christentum vollständig ausrotten wollte, dauerte darüber hinaus exakt 10 Jahre, nämlich von 303 bis 313 n.Chr. Sein Edikt enthielt folgende Maßnahmen: Verbot aller christlichen Gottesdienste, Zerstörung der Kirchen, Verbrennung der Schriften, Inhaftierung christlicher Beamter, Ämterverbot für Christen, Einkerkerung und Folter aller Bischöfe und Presbyter, Todesstrafe für die Verweigerung des Kaiseropfers. Besonders die Verfolgung und Hinrichtungen unter dem für wahnsinnig gehaltenen Kaiser Nero waren so heftig, dass viele ihn für den angekündigten Antichristen hielten. Doch die Hoffnung durch ein baldiges Ende des Leidens durch die nahende Wiederkunft des HErrn half den Gläubigen, standhaft durchzuhalten. Und trotz all dieser Verfolgungen vermochte das Römische Weltreich die Gemeinde nicht auszulöschen (Mt. 16:18), sondern ganz im Gegenteil trug das Martyrium dieser Christen erst recht zur Ausbreitung des Christentums bei, mehr noch als jede Predigt.

Durch all diese Drängnisse wurden die Christen im Grunde aber zu Freiwild. Sie hatten noch nicht einmal die Sicherheit, dass der HErr sie vor dem Tod bewahren würde. Aber sie hatten die Gewissheit, dass der HErr sie selbst im Tale des Todesschattens nicht allein lassen werde, sondern bei ihnen war und mit ihnen litt: »In all ihrer Bedrängnis war Er bedrängt« (Jes.63:9). Durch diese Zuversicht waren sie trotz ihrer äußeren Verarmung innerlich reich und stark im Glauben geworden. Sie hatten erfahren, welch eine Kraft und welch ein Glück man haben kann, wenn man nur noch in der vollkommenen Abhängigkeit zum HErrn lebt. Dieses Glück wollten sie um nichts mehr in der Welt eintauschen. Aber diese Erfahrung hätten sie auch nie gemacht, wenn Gott diese Verfolgungen nicht zugelassen hätte in ihrem Leben. Wegen all dieser Ungerechtigkeit suchte Gott diese Stadt immer wieder heim mit Erdbeben, Belagerungen, Feuersbrünsten und anderen Plagen. Dennoch steht die Stadt bis heute und ist inzwischen unter dem neuen Namen IZMIR mit 4,1 Millionen Einwohnern sogar die drittgrößte Stadt in der Türkei. Vielleicht lag dies auch an der Fürbitte jener Christen für ihre Obrigkeit. Diese war über Jahrhunderte hinweg den Christen gegenüber phasenweise immer wieder feindlich gesonnen, sogar bis heute unter Präsident Erdogan. Aber bis heute gebraucht der HErr diese »Bitterkeit«, damit sie durch das Ausharren der Gläubigen Ihm ein lieblicher Wohlgeruch sei.

Keine Angst vor dem, was wir leiden werden

»Fürchte dich nicht vor dem, was Du leiden wirst«. Diesen Satz habe auch ich schon oft meiner Frau gesagt, um sie zu trösten, wenn sie gerade mal wieder eine starke Schmerzattacke hat. Sie sagt dann oft: »Was!? was ich leiden WERDE?!? D.h. es kommt noch viel schlimmer?! Willst Du mir das etwa sagen?!?« In Wirklichkeit wollte ich natürlich nur auf die Worte Jesu anspielen und sie mit Seinem Zuspruch trösten. Tatsächlich wird das Leid – egal ob es noch zunimmt oder gleich bleibt – ja erst dadurch unerträglich, wenn wir zusätzlich das Gefühl haben, dass der HErr nichts für uns tun könne, ja vielleicht noch nicht einmal da sei, um uns irgend einen Trost zu spenden.

Diese Erfahrung hat auch der HErr als treuer Gottesknecht am Kreuz erfahren müssen, als Er voller Verzweiflung rief: »Mein Gott, mein Gott, warum hast Du Mich verlassen, bist fern von meiner Rettung, den Worten meines Gestöhns?« (Ps.22:1-2). Hier spüren wir, wie sehr Er uns in allem gleichgemacht wurde. ER hätte dies alles nicht tun müssen, aber aus Liebe zu uns wurde Er so arm, damit wir durch Seine Armut reich würden (2.Kor.8:9). Man hat Ihm am Ende sogar die Kleider vom Leid gezogen und sie unter einander aufgeteilt bzw. verlost, so dass Er wahrscheinlich – entgegen vieler Abbildungen – nackt am Kreuz hing (Joh.19:23-24). »Der Hohn hat mein Herz gebrochen, und ich bin ganz elend; und ich habe auf Mitleiden gewartet, und da war keines, und auf Tröster, und ich habe keine gefunden« (Ps.69:20). Wenn es wenigstens nur Seine Brüder gewesen wären, die Ihn geschlagen und verspottet hätten, dann wäre es noch als Züchtigung hinnehmbar gewesen. Aber dass es auch noch diese unreinen und betialischen Heiden waren, in deren Hände Er gefallen war, das war selbst für den Stärksten kaum noch erträglich. Die vielen schmerzhaften Striemen und offenen Fleischwunden hatten Seinen geschundenen Körper schon so sehr geschwächt, dass Er sich kaum mehr mit Seinen Füßen aufstützen konnte, um die Körperlast, die an Seinen ausgestreckten Armen hing, abzuschwächen. Dadurch bekam unser geliebter HErr schon nach sechs Stunden wohl kaum noch Luft und ist deshalb wahrscheinlich erstickt. Dennoch hatte Er zu keinem Zeitpunkt Zweifel daran, dass der Vater Ihn am Ende liebevoll in Seine Herrlichkeit aufnehmen und Ihm zum Lohn für alles Leid die ganze Welt schenken werde.

Ein Knecht ist aber nicht größer als sein Herr (Joh.13:16, 15:20). Wenn wir Ihm nachfolgen wollen, dann müssen wir bereit sein, Ihn auch in Seinem Tode zu folgen. Aber diesen Leidenskelch zu trinken, dazu bedarf es einer langjährigen Erziehung wie bei Petrus, bis der HErr uns dazu bereit gemacht hat (Joh.21:18). Auch wir müssen heute damit rechnen, dass wir gefangen und gefoltert werden, und dass viele von uns auch den Märtyrertod sterben werden. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass die schlimmste Drangsal der Menschheitsgeschichte schon in absehbarer Zeit auf uns zu kommt, ist aus meiner Sicht sehr groß (Dan.12:1, Mt.24:21). Aber der HErr ist treu und weiß, dass die allermeisten von uns noch gar nicht bereit wären für die Drangsal, weil wir noch nicht zur Buße gekommen sind (2.Petr.3:9). Er lässt nicht zu, dass wir über unser Vermögen versucht werden (1.Kor.10:13).

Alles was Gott an Erziehungsmaßnahmen erlaubt, dient ja zu unserem Besten (Röm.8:28). Ein Baum, der auf freiem Feld wächst, geht nicht in die Höhe, sondern in die Breite. Erst durch die »Drängnis« und Enge, die Bäume in einem Wald durch andere Bäume erfahren, müssen sie in die Höhe wachsen, um genügend Licht zu erhalten. Ohne das Leiden von Hiob hätte auch er nie gelernt, was Gott ihm noch beibringen wollte. Heute glauben ja viele, dass sie allein schon durch ihr Bekenntnis zu Christus genügend Öl in ihren Lampen haben, um den HErrn auch noch in der dunkelsten Nacht der Verfolgung bezeugen zu können (Mt.25:1-13). Hierin gleichen wir wohl alle dem Petrus, der sagte, dass er seinen HErrn nie verleugnen würde, selbst wenn alle anderen dies tun würden. Auch mir hatte damals ein alter Bruder prognostiziert, dass ich eines Tages abfallen würde vom Glauben und gab mir deshalb die Worte des HErrn an meinen Namensvetter Simon in Luk.22:31-32 als Taufspruch mit auf meinen Lebensweg: »Simon, Simon, siehe, der Satan hat euer begehrt, euch zu sichten wie den Weizen. Ich aber habe für dich gebetet, damit dein Glaube nicht aufhöre. Und du, bist du einst zurückgekehrt, so stärke deine Brüder«. Und tatsächlich hatte er recht behalten, denn schon nach 12 Jahren, war ich nicht länger bereit, dem HErrn zu folgen, sondern wandte mich von Ihm ab für eine lange Zeit, bis der HErr mich als verlorenes Schaf wiederfand und zur Herde zurückbrachte (Luk.15:4-7).

In der heutigen Zeit ist es besonders schwer, ein Überwinderleben zu führen wegen all den Verlockungen in der Welt. Deswegen werden die Verheißungen in den Sendschreiben auch immer größer im Verlauf der Kirchengeschichte. Dabei hat es aber auch noch nie eine Zeit wie heute gegeben, in der es doch eigentlich sehr einfach ist, ein schönes Christenleben zu führen, zumindest nach außen hin. Aber der Mensch neigt dazu, sich an seine Umstände anzupassen, und wenn man die Wahl hat, dann wählt man natürlicherweise immer den angenehmsten Weg. Für ein gesundes geistliches Wachstum ist aber ein ungestörtes und behagliches Christenleben etwas überaus Gefährliches. Denn alles was geschont wird, verkümmert. Daher gilt das Sprichwort: »Nichts ist schwerer zu ertragen, als eine Reihe von guten Tagen«. In Verfolgungszeiten hingegen besinnen sich die Gläubigen immer wieder auf ihre eigentlichen Aufgaben und rücken im Dienst zusammen. Trotzdem dürfen wir heute den fehlenden Druck von außen nicht zum Vorwand für geistliche Trägheit nehmen. Wir sollten auch nicht »den Tag kleiner Dinge verachten« (Sach.4:10). Denn auch in Ruhephasen können wir in kleinen Dingen unsere Treue zum HErrn beweisen, damit Er uns danach auch größere Verantwortung übertragen kann. Wenn wir aber im Geringen schon untreu sind, dann versagen wir umso mehr im Großen.

Die verfolgte Urgemeinde                   
(mit einem Beitrag von Bruder Jonathan Minko aus München)

Wie wir aus der Apostelgeschichte wissen, geschahen die ersten Verfolgungen ja bereits kurz nach Pfingsten. Die Pharisäer nutzten das Machtvakuum nach der Absetzung des Pilatus und dem Amtsantritt des Marcellus, um Strafmaßnahmen nach jüdischem Gesetz anzuwenden (gemäß 5.Mose z.B. Gotteslästerung). So wurde Stephanus angeklagt und gesteinigt (Apg. 6:8-7:60). Selbst Paulus (damals noch Saulus) tritt als Verfolger auf (Apg.8:3, 9:1-2, Gal. 1:13-14, 1.Kor.15:9, 1.Tim.1:13). Dadurch wurde ein großer Teil der Gemeinde verstreut, der aber dann das Evangelium an anderen Orten verkündigte (Apg.8:1+4); die Apostel hingegen blieben in Jerusalem (8:1).

Zunächst übte das Römische Imperium noch eine gewisse Toleranz gegenüber den sog. Privatkulten der Völker aus, indem man unterschied zwischen der persönlichen Religiosität des Einzelnen und dem staatlicherseits geforderten Kaiserkult. Solange fremde Kulte nicht grundsätzlich in Opposition zum Staatskult standen, wurden sie geduldet. Privatkulte, die den römischen Götzen und dem Staatskult ablehnten, wurden zwar als unsozial angesehen, aber deshalb nicht verfolgt. Insbesondere das Judentum wurde geduldet, sofern und solange es sich dem Kaiser unterstellte. Auch das beginnende Christentum wurde zunächst nur als Strömung innerhalb des Judentums wahrgenommen und toleriert. Dies änderte sich jedoch spätestens seit der Niederschlagung des jüdischen Aufstands im Jahre 70 n.Chr. Die Ablehnung von Götzentempeln und des römischen Synkretismus von Seiten der christlichen Konvertiten wurde als potentielle Gefahr für den Machterhalt des römischen Staates empfunden. Verfolgungen blieben jedoch zunächst nur regional und lokal begrenzt und verliefen in Wellen. Eine gesamtrömische Verfolgung der Christen geschah erst etwa ab 249 n.Chr. unter Kaiser Decius.

Unter der Herrschaft von Claudius (41-54 n.Chr.) wurden die Juden aus Italien vertrieben, da sie unter dem Verdacht standen, die öffentliche Ordnung zu stören. Hierbei unterschieden die Römer nicht zwischen Juden und Christen. Als dann Nero an die Macht kam (54-68 n.Chr.), gab es eine sehr heftige Verfolgung der Juden und Christen, zumal Letztere zu Unrecht des Brandes Roms beschuldigt wurden, den Nero wahrscheinlich selber veranlasst hatte. Nero ließ einige Christen als Brandstifter öffentlich durch Feuer hinrichten. Auch Paulus und Petrus sollen durch Neros Anordnung hingerichtet worden sein (gemäß dem 1. Brief des Clemens wurden auch die anderen Apostel größtenteils Opfer von Nero.

Nach dem Aufstand der Juden im Jahre 70 n.Chr. gerieten unter Kaiser Domitian auch die Christen in die Schusslinie, da sie unter Verdacht standen, die öffentliche Ordnung zu unterminieren. So schreibt Eusebius von Cäsarea (ᵻ 340) in seiner Historia Ecclestiastica von der Verfolgung unter Domitian: »Nachdem Domitian an vielen seine Grausamkeit erprobt, eine nicht unbeträchtliche Zahl von edlen und angesehenen Männern in Rom ohne genügenden Grund getötet und grundlos unzählige andere vornehme Männer in die Verbannung geschickt und ihr Vermögen konfisziert hatte, machte er sich schließlich noch durch seinen Haß und Kampf gegen Gott zum Nachfolger des Nero. Er war also der zweite, welcher eine Verfolgung gegen uns angeordnet hatte, während sein Vater Vespasian nicht feindlich gegen uns gesinnt war.« (Drittes Buch, 17. Kapitel)

Als später auch die Enkel des Judas, dem Bruder des HErrn, angeklagt wurden, gaben sie vor Domitian Zeugnis von ihrem Glauben, worauf dieser sie frei ließ und verfügte, dass man die Christen fortan nicht mehr verfolgen solle. Als aber dann unter Trajan der Bischof von Jerusalem namens Symeon, der Sohn des Klopas (Joh.19:25), als Vetter des HErrn verurteilt wurde, lesen wir von diesem: »Trotzdem er Tage lang gemartert wurde, blieb er standhaft im Glauben, so daß alle und auch der Prokonsul sich wunderten, wie ein Mann von 120 Jahren solches aushalten konnte. Sodann befahl man, ihn zu kreuzigen«. Im Jahr 110 n.Chr. wird auch Ignatius, der zweite Bischof von Antiochien, verurteilt und den Tieren zum Fraß vorgeworfen. Kurz vor seinem Tod soll er gesagt haben: »Gottes Weizen bin ich, und ich werde von den Zähnen der wilden Tiere gemahlen, um als reines Brot erfunden zu werden

Als Trajans Nachfolger Hadrian 135 n.Chr. den Bar-Kochba-Aufstand niederschlagen ließ, durften sich Juden und auch Judenchristen nicht mehr der Stadt nähern, die von da an Aelia Capitolina genannt wurde. Die Christen sollten auf Hadrians Anweisung nicht mehr aufgespürt oder verleumdet werden, sondern nur nach entsprechender Überführung bestraft werden. Justin der Märtyrer wendet sich um 155 n.Chr. an Kaiser Antonius Pius in seiner Ersten Apologie mit dem Hinweis, dass das Römische Reich »in der ganzen Welt keine bessern Helfer und Verbündeten zur Aufrechterhaltung der Ordnung« habe als die Christen, die zwar allein Gott anbeten, aber dem Kaiser »im übrigen freudigen Gehorsam leisten«. Unter seinem Nachfolger Mark Aurel wird aber auch er 10 Jahre später hingerichtet. Die meisten Märtyrer wünschten sich den Tod im Amphitheater, da es als ein Zeugnis der Glaubensstärke auf das zuschauende Volk einzuwirken vermochte. So berichtet Eusesbius von dem Märtyrium des Polykarp:

»Der Prokonsul, vor den er trat, forderte ihn auf: ‚Nimm Rücksicht auf dein hohes Alter!’ und an ihn noch die anderen üblichen Worte richtete: ‚Schwöre beim Glücke des Kaisers, ändere deine Gesinnung, sprich: Fort mit den Gottlosen [d.h. den Christen]!’ Mit ernstem Blicke sah Polykarp auf die ganze Versammlung in der Rennbahn, streckte seine Hand aus, seufzte, schaute zum Himmel und rief: ,Fort mit den Gottlosen!’ Als der Prokonsul weiter in ihn drang mit den Worten: ,Schwöre, und ich werde dich freilassen! Lästere deinen Christus!’ antwortete Polykarp: ‚Schon 86 Jahre diene ich Ihm, und Er hat mir kein Leid getan. Wie kann ich meinen König, der mich erlöst hat, lästern?’… Du drohst mir mit einem Feuer, das nur einige Zeit brennt und bald wieder erlischt. Nicht kennst du das Feuer des kommenden Gerichtes und der ewigen Strafe, das den Gottlosen bestimmt ist. Doch warum zögerst du? Hole herbei, was du willst!’…

Er aber, die Hände am Rücken und festgemacht gleich einem herrlichen Widder, der aus einer großen Herde zu einem für den allmächtigen Gott angenehmen Opfer auserlesen wurde, sprach das Gebet: ‚O Vater Deines geliebten und gepriesenen Sohnes Jesus Christus, der uns Deine Erkenntnis vermittelt hat, o Gott der Engel und Mächte und aller Schöpfung und des ganzen Geschlechtes der Gerechten, die Dich vor Augen haben, ich preise Dich, daß Du mich dieses Tages und dieser Stunde gewürdigt hast, so daß ich unter der Schar der Märtyrer teilnehme an dem Kelche Deines Christus… Deshalb für alles bringe ich Dir Lob, Dank und Verherrlichung durch den ewigen Hohenpriester Jesus Christus, Deinen geliebten Sohn, durch welchen Dir mit Ihm selbst im Heiligen Geiste die Ehre sei jetzt und in alle Ewigkeit. Amen!« (Viertes Buch, 15. Kapitel)

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