„Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe.
Laßt uns nun die Werke der Finsternis ablegen
und die Waffen des Lichts anziehen.“

(Röm.13:12)

– Der Wille Gottes

Der Wille Gottes

In Psalm 135:6 lesen wir: „Alles was dem HErrn wohlgefällt, das tut Er…“ Sicherlich werden wir diesem zunächst völlig zustimmen, weil wir wissen, dass Er allmächtig ist. Aber beim näheren Überlegen müssen wir zugeben, dass es in der Realität viele Dinge zu geben scheint, die der HErr zwar will, die aber nicht geschehen. Und auch anders herum gibt es viele Dinge die geschehen, die aber scheinbar nicht nach Gottes Willen sind. Wie ist das nun aber möglich? Besteht darin nicht ein Widerspruch? – Nein, denn die Heilige Schrift lehrt uns, dass es zwei Arten von „Willen Gottes“ gibt:

1.        Den grundsätzlichen Willen Gottes – dieser beinhaltet alle Seine Gebote und Verbote, die uns in der Heiligen Schrift gegeben worden sind.

2.        Den souveränen Willen Gottes – dieser zeigt sich uns durch all das, was tatsächlich geschieht bzw. was schon geschehen ist.

Wenn wir nun diese zwei Arten des göttlichen Willens miteinander vergleichen, ergeben sich fünf Möglichkeiten, die ich an Beispielen aus der Bibel veranschaulichen möchte: 

a.) Eine Sache geschieht, welche auch nach dem Willen Gottes war, z.B: „Und Mose sah die ganze Arbeit an, und siehe, sie hatten dieselbe gemacht, wie der HErr geboten hatte (2.Mose 39:43).

b.) Eine Sache geschieht, die nicht nach dem grundsätzlichen Willen Gottes ist, wohl aber gemäß Seines souveränen Willens: „Diesen (den HErrn Jesus), Der nach Gottes festgesetztem Rat und Vorherwissen Gottes dahingegeben worden war, habt ihr genommen und durch der Ungerechten Hände ans Kreuz geheftet und getötet“ (Apg.2:23, vergl. 1.Mo.50:20).

c.) Es gibt Dinge, die zwar nach dem grundsätzlichen Willen Gottes sind, die aber scheinbar nicht geschehen; z.B. „Unser Retter-Gott, welcher will, dass alle Menschen errettet werden uns zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ (1.Tim.2:4; vergl. Ps. 81:9-17).

d.) Es gibt auch Dinge, die weder nach dem grundsätzlichen noch nach dem souveränen Willen Gottes sind; z.B.: „und Gott sprach zu ihm im Traum: … Darum habe Ich dich auch behütet, dass du nicht wider Mich sündigest, und darum habe Ich es dir nicht gestattet, dass du sie berührest“ (1.Mose 20:6). In Seiner Allwissenheit weiß Gott auch, „was geschehen wäre, wenn“, also Dinge die wir nur hypothetisch erahnen können, die Gott aber mit Gewissheit weiß; z.B.: „Wenn zu Tyrus und Sidon die Taten geschehen wären, die bei euch geschehen sind, so hätten sie längst in Sack und in der Asche Buße getan“ (Matth.11:21, vergl. 1.Sam.23:12).  Deshalb wird es ihnen auch am Tage des Gerichts „erträglicher ergehen“ (Vers 22).

e.) Es gibt aber gewisse Dinge, in denen Gott uns bewusst weder ein Gebot noch ein Verbot gegeben hat, sondern Freiheit; z.B.: „Dieser achtet einen Tag höher als den anderen, jener hält alle Tage gleich; ein jeglicher sei seiner Meinung gewiss!“ (Röm.14:5). In dieser zuletzt genannten Möglichkeit geht es jedoch darum, die Prioritäten richtig zu setzen, dass wir z.B. fragen: „Welche ist die bessere von diesen beiden Möglichkeiten?“ Oder: „Wohin wäre es besser zu fahren, dahin oder dorthin“? Wir sollten zu prüfen vermögen, worauf es ankommt (Phil.1:9-10 ELB: „Das Vorzüglichere„), d.h. „der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes.“ (Röm.12:2). Wir sollten stets gut abwägen und kalkulieren, um jeweils immer das Ergebnis zu erzielen, das am meisten Gewinn bringt (Luk.10:38-42). Wir haben z.B. auch die Freiheit, an jedem uns beliebigen Orte zu wohnen, ob in Deutschland oder in Peru oder in Äthiopien oder wo auch immer, denn der Segen Gottes hängt nicht davon ab, wo wir sind, sondern wer wir sind, – also aus welchen Beweggründen wir handeln. Der Lot hätte z. B. auch nach Sodom gehen können, um den Sodomitern Gottes Botschaft in verkünden und ihnen ein Segen zu sein, aber stattdessen ist er nach Sodom gegangen, um die materiellen Vorteile für sich zu nutzen (1.Mo.13:10-11).

Deshalb sollte unsere Bitte im Gebet nicht sein: „HErr, erlaubst Du mir, dass ich dieses tue?“ – denn im Grunde wissen wir doch schon, was Gott von uns will (vergl. 4.Mo.22:19), sondern wir sollten Gott bitten: „Erforsche mich, oh Gott, und erkenne mein Herz; prüfe und erkenne, wie ich es meine, und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf ewigem Wege!“ (Ps.139:23-24). ER möchte nicht nur, dass wir nicht sündigen, sondern dass wir auch durch Seinen Heiligen Geist danach trachten, was für Ihn und uns das Beste ist. „Ich will dich unterweisen und dich lehren den Weg, den du wandeln sollst; mein Auge auf dich richtend, will ich dir raten“ (Ps.32:8). Gott möchte uns dahinbringen, dass wir wie die lebendigen Wesen in Hes.1:20 immer nur „dahin gehen, wo der Geist gehen wollte“. Dies ist natürlich ein Wachstumsprozess, in dem wir heranreifen zu Erwachsenen in Christo, die allmählich „durch Übung geschulten Sinne“ anwenden, um das Gute und das Böse zu unterscheiden (Hebr.5:14), um eigenständig in der Leitung des Heiligen Geistes zu planen und weise Entscheidungen zu treffen. Unreife hingegen zeigt sich dadurch, dass man die Bibel zum Paragraphenbuch macht, um es gegen andere anzuwenden nach Art der Pharisäer. Aber: „Wenn du weise bist, so bist du weise für DICH“ (Spr.9:12).

Oftmals aber beabsichtigt der HErr, uns auf Wegen zu führen, die wir noch nicht kennen und muss dafür unsere Freiheit entsprechend einschränken, indem Er uns auf vielerlei Weise Seinen besonderen Plan kundtut. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür finden wir in Apg. 16:6-9: „Als sie aber Phrygien und die Landschaft Galatiens durchzogen, wurde ihnen vom Heiligen Geist gewehrt, das Wort in Asien zu verkünden. Und sie kamen gehen Mysien und versuchten nach Bythinien zu reisen; aber der Geist Jesu ließ es ihnen nicht zu… Und es erschien dem Paulus in der Nacht ein Gesicht:…“ Normalerweise hatten Paulus und seine Begleiter Freiheit, um an jedem beliebigen Ort das Evangelium zu verkünden, aber der HErr hatte einen besonderen Plan für sie, den sie noch nicht kannten. Der HErr hat in solchen Fällen verschiedene Möglichkeiten, um Seinen Willen kundzutun.

Wie aber können wir nun wissen, was Gott mit uns vorhat? Nun, es gibt auch in uns vielerlei „Empfangskanäle“ für das Reden Gottes: durch unseren Verstand, durch plötzliche Eingebungen oder Eindrücke, durch Hinweise in der Bibel, auf die wir plötzlich stoßen, durch den Rat eines Bruders oder durch den Frieden Gottes, der ja in unseren Herzen „entscheiden“ soll (Kol. 3:15). Bei Elia genügte schon der Ton eines „leisen Säuselns“, den er plötzlich vernahm (1.Kön.19:12). Dies alles sind aber nur Möglichkeiten, die uns den besten Weg Gottes für uns vermitteln; wenn wir aber den Willen des HErrn dennoch anders verstanden haben, gehen wir dennoch nicht in die Irre, denn Er überwaltet auch die Umwege, die wir eingeschlagen haben, um auch durch diese zu Seinem Ziel mit uns zu kommen (Röm.8:28).

Ich habe des Öfteren ein interessantes Phänomen bei uns Gläubigen beobachtet, dass typisch ist für unser häufig zweigleisiges Empfinden: wenn mich Geschwister einladen, sie zu besuchen, um bei einer Tasse Kaffee miteinander zu reden, dann sage ich gewöhnlich nicht Nein. Wenn ich ihnen dann später sage, dass ich noch einen anderen Besuch vorhabe, nämlich nach Südamerika mit der Absicht, im Werke des HErrn dort zu arbeiten, dann werde ich betroffen angeschaut, und sie sagen mir, ich solle nicht voreilig handeln, sondern zuerst einmal „den Mund des HErrn befragen, ob dies Sein Wille sei“. Aber warum hatten Sie mir das nicht empfohlen bezüglich des gemeinsamen Kaffeetrinkens bei ihnen? Und was ist dem HErrn wohl eher gefällig: den Menschen Sein Wort zu bringen oder tatenlos rumzusitzen und Kaffee zu trinken?

Ein anderes Beispiel: Wenn ich einigen Geschwistern sage: Ich möchte meine Firma aufgeben und Berufsschullehrer werden, dann würden sich wohl alle freuen und mich zu meiner Entscheidung beglück-wünschen? Wenn ich ihnen aber sage, ich möchte meine Firma aufgeben, um dem HErrn vollzeitig zu dienen, indem ich noch viele arme Seelen zum HErrn Jesus führe, dann blicken sie mich argwöhnisch an und fragen mich: „Hast du dafür denn einen Auftrag vom HErrn? Hast du auch eine Bestätigung von den Geschwistern? Und bist du denn überhaupt schon bewährt? Und hast du auch schon lange genug dafür gebetet, ob dies auch wirklich Gottes Wille ist?“ – Seltsam, nicht wahr?

Natürlich ist es nötig, dafür bewährt zu sein und eine Berufung vom HErrn zu haben usw. Aber bei all diesen Kriterien sollten wir doch nicht vergessen, dass es doch grundsätzlich der Wille Gottes ist, im Werke des HErrn zu arbeiten. Das „Wenn der HErr will und wir leben“ (Jak.4:15) bezieht sich hingegen auf andere Tätigkeiten, die nicht unter das Gebot fallen: „Handelt bis ich komme!“(Luk.19:13). Und wenn mir noch irgendeine Voraussetzung fehlen würde, z.B. Weisheit, dann gebe ich nicht einfach deprimiert mein Vorhaben auf, sondern erbitte mir diese Weisheit vom HErrn, und Er gibt sie mir „willig“ (Jak.1:5). Wir haben doch ohnehin nichts aus uns selbst, – und sollte etwa durch unsere scheinheilige Demut der Wille Gottes verhindert werden? (vergl. dazu 4.Mose 25:6-13, Hag. 1:2-9). Ist es nicht ganz selbstverständlich Gottes Wille, dass wir Menschen zu Ihm führen, ob nun hier in Deutschland oder woanders? Wird etwa ein Kind seine Eltern noch fragen, ob es auch mit seinen Spielsachen spielen darf? So gilt doch auch für uns in diesen Dingen nur die eine Richtlinie von Matth. 6:33: „Trachtet aber zuerst nach dem Königreiche Gottes und nach Seiner Gerechtigkeit, und dieses alles wird euch hinzugefügt werden.“

In der Apostelgeschichte finden wir viele Beispiele, in denen wir sehr deutlich erkennen, dass die Apostel und die anderen Jünger viel Freimütigkeit besaßen, um ganz eigenständig Entscheidungen nach dem Willen des HErrn zu treffen. Der HErr war für sie nicht in weiter Ferne und auch nicht hartherzig oder träge, dass sie Ihn immer wieder nach dem Weg fragen mussten, sondern Er wohnte in ihnen, regierte sie und konnte völlig über sie verfügen, weil sie sich nicht mehr vor ihrem eigenen Willen scheuten, den sie ja im Glauben für gestorben hielten. Hier nun einige Beispiele: „Dort war ein Jünger namens Timotheus, … Diesen wollte Paulus mit sich ziehen lassen“ (Apg.16:1-3). Wer wollte es? – Paulus! Ein weiteres Beispiel: „Apollos… ein beredter Mann, mächtig in der Schrift, kam nach Ephesus… und feurig im Geist, redete und lehrte er genau über Jesus“ – Wer hat es ihm erlaubt? Und außerdem heißt es weiter: „Als er dort ankam, wurde er denen sehr behilflich, die gläubig geworden waren durch die Gnade“ (Apg. 18:24+27). War dies nun der Wille Gottes, oder nicht? – „Denn Paulus hatte beschlossen, an Ephesus vorbeizusegeln, um, wenn es ihnen möglich wäre, auf den Tag der Pfingsten in Jerusalem zu sein“ (Apg.20:16). „…Wie unablässig ich euer gedenke, indem ich allezeit in meinen Gebeten flehe, ob mir nicht endlich einmal durch den Willen Gottes das Glück zuteilwerden möchte, zu euch zu kommen. Denn mich verlangt danach, euch zu sehen, um euch etwas Gnadengabe mitzuteilen, damit ihr gestärkt werdet, das heißt aber, dass ich mit euch mitgetröstet werde unter euch durch den gemeinschaftlichen Glauben, den euren und den meinen. Ich will euch aber nicht verschweigen, meine Brüder, dass ich mir schon oftmals vorgenommen habe, zu euch zu kommen. Ich wurde aber verhindert bis jetzt“ (Röm.1:9-13). Von den Korinthern verdächtigten einige den Paulus, dass er sehr fleischlich sein müsse, da er ja ständig eigenmächtig Pläne schmiedete – scheinbar ohne die Erlaubnis Gottes abzuwarten. Deshalb musste sich Paulus ihnen gegenüber rechtfertigen: „Habe ich nun mit Leichtfertigkeit gehandelt, als ich diesen Reiseplan entwarf? Oder mache ich überhaupt meine Pläne nach dem Fleisch?“ (2.Kor.1:17). Auch heute empfinden viele Gläubige es regelrecht als eine Anmaßung, sich einen Plan für die Zukunft zu entwerfen, weil sie sich nicht zutrauen, dass dieser nach dem Willen Gottes sein kann. Dürfen wir es aber nicht im Glauben als Tatsache annehmen, dass die Schafe des HErrn Jesus Christus auch wirklich Seine Stimme hören und Ihm folgen (Joh.10:27)? Das ist kein frommer Wunsch, sondern eine kostbare Wirklichkeit!

 

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